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Was braucht man, um in einem Medienunternehmen zu arbeiten?
11. April 2017, mit Joel Kaczmarek, Katja Nettesheim
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Medien-Digital-Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich sitze wieder mit der fabulösen Katja hier. Hallo Katja.
Katja Nettesheim: Hallo Joel, vielen Dank. Es wird ja immer besser mit den Begrüßungen.
Joel Kaczmarek: Ja, man muss aber ehrlicherweise sagen, so fabulös drauf sind wir heute gar nicht mehr. Wir sitzen nämlich live auf der OMR, also der Online-Marketing-Rockstars, die ich jedem von euch nur ans Herz legen kann, der das jetzt hört und noch nicht hier war. Also 25.000 Menschen flanieren durch Hamburg und tauschen sich zu Online-Marketing und Co. aus. Warum sage ich das, wenn wir nicht ganz so fabulös unterwegs sind? Da wird das manchmal abends schon ein bisschen später.
Katja Nettesheim: Das ist richtig, ja. Und hier gibt es halt auch echt viel zu sehen und wahnsinnig viel Input. Und diejenigen, die nicht da sind dieses Jahr, denen kann ich auch echt nur ans Herz legen, sich dann die Videos anzugucken, weil super cooler Input. Und um mit den Worten meines Taxifahrers von gestern zu sprechen, was wollen die denn alle da? Hat das was mit Computern zu tun? Ja, das hat was mit Computern zu tun.
Joel Kaczmarek: Ja, irgendwie so im übertragenen Sinne, das stimmt wohl. Genau, also das können wir euch nur ans Herz legen. Man hört auch ein bisschen wahrscheinlich den Event-Hintergrund hier. Also ihr seid live dabei, kriegt ein bisschen Atmosphäre mit.
Katja Nettesheim: Und die, die hier an uns vorbeilaufen, können sich auch Headsets nehmen und bei uns mit reinhören. Das heißt also, wir haben sogar live Publikum diesmal.
Joel Kaczmarek: Ich bin voll aufgeregt. A little pressure here. Ja. So, apropos live dabei, wir reden heute über ein sehr spannendes Thema, nämlich wir wollen uns darüber austauschen, welches Know-how und welches Mindset muss ich eigentlich mitbringen als Mitarbeiter in einer Medienorganisation. Wir haben ja teilweise schon mal so über Teamstrukturen geredet, da hast du natürlich viele eher so Führungsaspekte. und heute wollen wir wirklich mal auf der Team-Ebene nachdenken, wie kann ich mich eigentlich selber einbringen, was muss ich heutzutage eigentlich können, um in einem Medienunternehmen zu arbeiten, das die digitale Transformation entweder ansteuert oder schon mittendrin ist. Vielleicht fangen wir mal so ein bisschen ganz groundbreaking an. Wie sieht denn eigentlich so in deiner Wahrnehmung mittlerweile digitale Produktentwicklung aus, wenn ich in einem Medienkonzern bin?
Katja Nettesheim: Ist oder soll? Was willst du hören?
Joel Kaczmarek: Fangen wir mal mit soll an und dann kommen wir zum ist.
Katja Nettesheim: Ja, soll ist natürlich ein großes Wort. soll, ist eigentlich total kundenzentriert und entsprechend der modernen Methoden, wie wir sie ja auch aus Startups kennen, ist, ist häufig noch sehr von innen heraus, sehr auf Basis von, naja, wir können das und das und wir machen das und das und daraus kann man doch noch das und das Produkt machen und das ist dann so geil, das muss der Kunde wollen.
Joel Kaczmarek: Ja, das ist ja manchmal so ein bisschen dieser alte Verlagsstolz vielleicht, auch den wir schon in der Vergangenheit öfters mal angesprochen haben, dass man noch in dieser Denke ist, man produziert von den Kunden und nicht der Kunde ist eigentlich derjenige, den man irgendwie nachfragt. Ist das ein bisschen das Ist oder bin ich da irgendwie zu zynisch?
Katja Nettesheim: Ich würde das nicht zynisch nennen. Also man kann da nicht alle Unternehmen über einen Kamm scheren, aber es ist eine Haltung, die ich schon häufiger noch beobachte. Und interessanterweise, wenn ich hier mit Customer Centric Design und so weiter da ankomme, sind Mitarbeiter immer total begeistert. Und dann kommt als erste Frage, besprechen Sie das eigentlich auch mit den Führungskräften? Führungskräfte sind davon eigentlich in der Idee her auch begeistert, aber man muss halt sagen, die haben am meisten zu verlieren dabei. weil das, sagen wir mal, von innen heraus, die von innen heraus motivierte Produktentwicklung hat ja auch viel damit zu tun, dass Führungskräfte sagen, wir kennen unsere User, wir kennen unsere Leser oder unsere Rezipienten im weitesten Sinne. Und das ist ein Teil der Autorität. Und da brauchte ich auch eine Zeit lang, um zu verstehen, dass das eigentlich ein großer Hemmschuh, ein großes Hemmnis ist für die Einführung von Customer Centric Design und vor allem Data Driven Customer Centric Design. Das ist halt die Autorität von, sage ich mal, erfahrenen Medienmanagern ein Stück weit untergräbt. Und deswegen ist eine unserer Hauptaufgaben, die dafür zu gewinnen und ihnen auch die Vorteile von Customer Centric Design deutlich zu machen, um die Zurückhaltung, will ich mal sagen, die Zurückhaltung etwas aufzuweichen.
Joel Kaczmarek: Okay, aber dann haben wir ja schon mal so ein paar Takeaways, wie man so neudeutsch sagt.
Katja Nettesheim: Was jetzt schon, wisst ihr doch, ist 5 Minuten Podcast, da können wir ja jetzt wieder Schluss machen.
Joel Kaczmarek: Nee, aber einerseits schneide ich dann mit, wir haben irgendwie so ein Thema wie Nutzerzentriertheit, was man als Medienmacher sich irgendwie aneignen sollte. Dann irgendwie Datengetriebenheit, das ist ja sicherlich auch ein bisschen miteinander verwandt, also eigentlich sogar unmittelbar verwandt. Dass man sagen kann, ich kann meine Nutzerzentriertheit irgendwann meinen Daten ablesen oder versuche über die Daten Nutzerzentriertheit zu erzeugen, also in beide Richtungen. Und ich muss aber auch so ein bisschen eigentlich so ein eigener Evangelist manchmal sein, dass ich die eigene Führungsriege auch irgendwie mit abhole. Also man denkt ja immer, Führungsriege gibt vor, aber das ist ja nicht nur so ein Top-Down-Prozess, sondern auch Bottom-Up ein Stück weit.
Katja Nettesheim: Ja, also häufig ist es tatsächlich ein Gegenstromprinzip und in der Mitte sitzen so die Abteilungsleiterebene. Also wir haben häufig Geschäftsführer, die sehr begeistert sind über diese neuen Prozesse und die uns dann halt auch damit beauftragen, zum Beispiel das einzuführen. Und wir haben Mitarbeiter, die begeistert sind. und tatsächlich die, die am wenigsten begeistert sind, sind die in der Mitte aus den vorgenannten Gründen. Die haben viel zu verlieren und wenig zu gewinnen, sagen wir es mal so. Meinen die. Das stimmt aber nicht.
Joel Kaczmarek: Wie nimmst du solchen Leuten dann solche Ängste?
Katja Nettesheim: Oh, jetzt willst du tief in meine Dreckkiste gucken. Das kann ich ja gar nicht so verraten, weil erstens ist es sehr individuell und zweitens, wenn ich es dir jetzt sagen würde, wird es nicht mehr funktionieren. Aber was man schon mal festhalten kann, ist, dass Customer-Centric Design ein Prozess ist, der aus dem ganzen Produktentwicklungsprozess ja wahnsinnig viel Risiko rausnimmt. Das ist so ein Argument, auf das Führungskräfte schon anspringen. Und das zweite ist Das ist ja ein Prozess, der auch Spaß macht und dann wiederum zu Erkenntnissen führt, die man wiederum verwenden kann im Sinne von, ich habe jetzt Customer-Centric Design gemacht und jetzt kenne ich meine Kunden wirklich.
Joel Kaczmarek: Also so ein bisschen, dass man auch mit sich was bedrüsten kann sozusagen.
Katja Nettesheim: Ja, also manche fallen dann wieder in die alte Argumentation zurück, aber zumindest jetzt auf einer besseren Grundlage. Das ist ja schon mal was.
Joel Kaczmarek: Ich meine, man muss ja fairerweise auch sagen, das ist ja schwierig auch aufrechtzuerhalten. Also mir geht das auch so. Ich bin ja auch irgendwie mit Design Thinking quasi beruflich groß geworden und trotzdem mache ich auch gerne mal wieder den Fehler, dass ich vergesse, man konzipiert etwas, man erdenkt sich etwas und hat vergessen, den Nutzer zu fragen, obwohl das so banal einfach ist.
Katja Nettesheim: Ja, weil tatsächlich man ja der Meinung ist, das ist jetzt so geil, was man da gemacht hat und Das ist immer wieder diese Falle, man verliebt sich in die Lösung und nicht in das Problem.
Joel Kaczmarek: Ja, schönes Bild. Wie sieht es denn aus, wenn wir jetzt mal so ein bisschen die kognitive Ebene angucken? Also was muss ich so in den Denkprozessen ändern? oder welches Mindset muss ich eigentlich mitbringen? Welches Know-how auch? Also was würdest du sagen bei dem ganzen, bei dem strukturellen Denken sozusagen? Was verändert sich da in so einer Medienorganisation mittlerweile? Was musst du da eigentlich haben?
Katja Nettesheim: Ja, also strukturelles bzw. strukturiertes Denken, da bist du ja mit mir an der richtigen Stelle. Ich habe nicht umsonst Die Prozess-Queen. Ja, genau. Ich habe nicht umsonst als mein Titelbild bei Facebook, Trust the Process, wobei das von so einem Pop-Up-Restaurant mal abfotografiert war. Aber es ist tatsächlich so, Trust the Process, weil so viele Leute jammern mir immer vor, sie kommen irgendwie nicht auf Ideen oder es ist alles so unklar und verschwommen und so. Das hilft halt einfach Struktur und Prozesse und dann kriegt man halt echt viel hin. Also um nochmal auf deine Frage zurückzukommen, Grundbereiche, die ich sehen würde. Das eine ist, Klarheit zu schaffen über die Ziele und die Möglichkeiten, die man hat im Unternehmen für die digitale Transformation. Das ist etwas, das kann man auf Mitarbeiterebene nicht unbedingt alleine entscheiden, weil es eine strategische Frage ist, aber man kann es zumindest anstoßen. Und wenn wir solche Prozesse begleiten, dann stoßen wir das ganz massiv an, auch eben auf Geschäftsführungsebene, die das dann tatsächlich entscheiden können. Also Möglichkeiten und Ziele. Das heißt, wenn wir nochmal an die Ziele gehen, was ist eigentlich das Ziel meiner digitalen Transformation? Will ich tatsächlich digitale Umsätze haben in großem Umfang oder geht es mir darum, meine Leute digitaler zu machen in Köpfen und Herzen? und Umsätze sind nett, aber nicht das Hauptziel? Das sind so Fragen, die vorher geklärt werden müssen, weil man dann in ganz andere Richtungen geht, unterschiedliche Richtungen, auch unterschiedliche Instrumente für die digitale Transformation einsetzt. Macht man es organisch, macht man es acquisitorisch, partnert man mit irgendjemandem, Das sind alles Möglichkeiten, die sich aber unterscheiden, eben je nachdem, auf welche Ziele sie einzahlen. Und dafür muss man vorher die Ziele wissen. Das ist das eine.
Joel Kaczmarek: Kurze Nachfrage dazu, bevor das zweite kommt. Welches Tooling benutzt du denn dafür? Also denkst du da in so Richtung OKR oder ist das so ein Klassiker hier mit Simon Sinek, Golden Circle? Man setzt sich eine Vision und leitet daraus Ziele ab. Also was wären so Werkzeuge, womit du solche Prozesse irgendwie schärfen kannst?
Katja Nettesheim: Das kommt ganz darauf an, wie weit das Unternehmen ist. Also wenn das Unternehmen tatsächlich in der Situation ist, wo sie auch bereit sind, Werte und Visionen in Frage zu stellen, nehme ich gerne Simon Sinek. Das sind von Anfang an aber nicht so viele Unternehmen, weil die tatsächlich auch noch der Meinung sind, digitale Transformation hat jetzt nicht unbedingt was mit Werten zu tun. Und wenn ich nochmal so an meine Kunden denke, aktuell im Laufe des Prozesses kommen die dann alle drauf, dass das was mit Werten zu tun hat und dann machen wir tatsächlich diese Wertediskussion und Missionsdiskussion auch nochmal auf. Ansonsten Tooling im Bereich der Ziele unterhalb der Werte, das kann auch schlicht und ergreifend ein moderierter Workshop sein. An der Stelle braucht man nach meiner Erfahrung noch nicht wirklich ein großes Tool. Man kann es einsetzen, wenn man eine Organisation hat, die darauf anspringt, die dafür empfänglich ist. Aber es geht eigentlich auch mit einem gut moderierten Gespräch.
Joel Kaczmarek: Okay, dann habe ich dich jetzt unterbrochen. Was war denn die zweite Dimension nach Klarheit über Ziele und Möglichkeiten?
Katja Nettesheim: Klarheit über Ziele. Also wir hatten den ersten Bereich. Erster Unterpunkt, Klarheit über Ziele. Struktur. Das zweite war Klarheit über die Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Auch das, ich meine, digitale Transformation ist zwar ein Dauerprozess, aber er sollte nicht irrlichtern. Wenn man am Anfang sagt, ja macht mal, guckt mal irgendwie nach großen Investitionen. Wir wollen irgendwie unsere digitalen Umsätze verdreifachen innerhalb von zwei Jahren. Klammer auf, dazu brauche ich Mehrheitsbeteiligung an Digitalunternehmen, damit ich Umsatz rein konsolidieren kann, Klammer zu, dann brauche ich einfach Mittel dafür. Und wenn ich dann erst im Verlauf des Prozesses feststelle, dass die Mittel mir nicht gewährt werden oder nicht zur Verfügung stehen, ist es einfach schlecht für die Glaubwürdigkeit dieses Prozesses. Und man muss halt auch sagen, als Führungskraft hat man auch immer diesen Prozess zu verkaufen an seine Mitarbeiter. Und wenn der dann mit solchen, sag ich mal, Versehen beladen ist, dann kostet das Glaubwürdigkeit und macht die Verkaufsarbeit umso schwieriger. Deswegen sage ich, also von Anfang an klar machen, welche Mittel man zur Verfügung hat für den Prozess der digitalen Transformation, sowohl finanziell als auch human resources mäßig.
Joel Kaczmarek: Und wie kann ich diese beiden Punkte innerhalb deines einen Hauptpunktes jetzt, Ziele und Ressourcen, wie kann ich die als Mitarbeiter eigentlich beeinflussen? oder was sollte da meine Haltung sein, um da irgendwie Selbstklarheit über meine Möglichkeiten zu gewinnen?
Katja Nettesheim: Ja, das ist eine gute Frage, hatten wir ja eingangs schon gesagt. Das ist als Mitarbeiter hat man da eigentlich nur einen Hebel, indem man diese Entscheidungen von Management einfordert. Und je nachdem, an welcher Position man ist, gegebenenfalls auch versucht, solche Entscheidungen gut vorzubereiten. Mit den klassischen Entscheidungsvorlagen und so weiter, damit es, wenn die Führungskräfte da etwas zurückhaltend sind, diese Entscheidungen zu treffen, es ihnen zumindest leicht gemacht wird.
Joel Kaczmarek: Was ist denn noch mit dem ganzen Thema Struktur? Also gibt es da irgendwie auch Elemente, wo du sagst, Struktur kann so ein gewisses Mindset befördern?
Katja Nettesheim: Ja, also ich würde sagen, wenn wir gerade über das Thema digitale Produktentwicklung oder Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle reden, dann sind strukturierte Entwicklungs- und Strategieprozesse von großer Bedeutung. Weil was man so beobachten kann, ist, dass in sehr vielen Fällen Produkt- oder Geschäftsmodellideen eher zufällig entstehen. Und das kann nicht langen in einer – oder es langt nicht – in einer Welt, in der der Wettbewerb so eng wird und auch der technologische Wandel so dynamisch ist. Das heißt, man muss schon wirklich auf seinen Zehenspitzen stehen als Organisation, um jetzt mal bildlich zu sprechen, um immer die aktuellsten Produkte entwickeln zu können und immer ganz nah dran sein zu können an dem, was der Markt jetzt braucht. Und dann sind wir letztendlich schon beim ersten Punkt. Was gehört da rein? Also ich sehe das in drei Ebenen. Das eine ist Perspektive. Das Zweite ist Prozess und das Dritte ist Tool. Wenn wir über Perspektive sprechen, da können Mitarbeiter viel machen. Was ist denn die Perspektive, mit der ich in solche strukturierten Entwicklungsprozesse reingehen muss? Das Erste ist, als Laie reingehen auf Basis einer klaren Identität. Das hört sich jetzt ein bisschen komisch an, aber wissen, woher man kommt und was man kann, was man bisher eigentlich an Wert schafft, ist wichtig, um eine Basis zu haben. aber gleichzeitig auch zu wissen, dass man eben nicht alles weiß und nicht weiß, wie der Kunde tickt und was der will, bevor man ihn nicht selber gefragt hat. Das ist ein bisschen der Punkt, den wir so am Anfang hatten. Es hat eine gewisse Demut auch. Eine deutlich demütigere Perspektive als das, was man sonst so häufig sieht. Ich weiß, das ist sehr schwer einzunehmen, weil gerade wenn man in großen Organisationen ist, dann ist man ja eher geneigt dazu, die Größe der Organisation auch auf seine eigene Haltung zu übertragen. Aber das Einnehmen einer demütigen Perspektive zu Beginn des Produktentwicklungsprozesses ist extrem hilfreich.
Joel Kaczmarek: Wenn man eigentlich auch von der Warte kommt, ich weiß, was meine Nutzer wollen oder meine Leser oder Hörer oder Kunden oder whatever you may call them, dann ist das ja umso schwerer. Da musst du ja aufpassen, dass du nicht schon einen Blick hast.
Katja Nettesheim: Genau so ist es. Also von daher im Bereich dieser Perspektive ist es letztendlich wieder ein Dreischritt. Also das eine ist klare Identität. Das hat hier auch gerade der Boss Bothworth gesagt. Er hatte einen Dreischritt zum Change, der lustigerweise meinem ganz gut entsprach. Der sagte, Understand what you do, structure yourself to adapt and commit to the change. Also ich habe es leider jetzt nicht fertig hören können, aber ich werde das sicher nacharbeiten, weil damit rennt er bei mir ja offene Türen ein. Also eine klare Identität als Basis zu haben, reingehen als Laie in den Entwicklungsprozess und dann aber rigoros prüfen und testen. Sich nicht in die Lösung verlieben, sondern in das Problem. Das sind so die drei Komponenten der Perspektive. die ich sagen würde, sind extrem hilfreich aus der Erfahrung.
Joel Kaczmarek: Das ist ja auch eine hervorragende Brücke eigentlich zu dem ganzen Thema Prozess, weil ich fühle mich da stark an Design Thinking zum Beispiel erinnert, wo es ja auch mal so ein bisschen der Gedanke ist, dass es ein iterativer Prozess ist. Also du gehst eigentlich hin und baust diese Personas, war das damals bei uns immer. Das heißt, du befragst deinen Nutzer, baust Prototypen Nutzer, denen du irgendwie Probleme lösen willst. entwickelst darauf in schneller sozusagen Machart Lösungen und iterierst die dann eigentlich wieder, indem du da wieder hingehst und nochmal nachfragst, löst das dein Problem? Also da haben die mich auch mal beigebracht, so don't stick to the product oder to the solution. Also teilweise wurden wir, als wir darauf trainiert wurden, war das echt so, du hast eine super geile Lösung entwickelt und auf einmal hieß es ja, switch teams now. Und dann bist du so voll gefrustet und denkst, ich hab so was geiles entwickelt. Ja, aber es geht eigentlich gar nicht darum, was du gebaut hast, sondern wie du sagst, um das Problem.
Katja Nettesheim: Genau, also dem kann ich eigentlich kaum noch was hinzufügen. Du hast das wunderbar zusammengefasst. Letztendlich ist ja Design Thinking die Philosophie, die diesem ganzen modernen Produktentwicklungsprozess zugrunde liegt.
Joel Kaczmarek: Weißt du, was ich daran irgendwie schön finde? Das bildet sich ja schon ein bisschen im Namen ab. Design Thinking heißt ja eigentlich, ich denke wie ein Designer. Und warum hilft mir das bei Produktentwicklung? Weil Designer eigentlich immer automatisch nutzerzentriert denken müssen. Wenn ich hingehe und designe irgendwie ein Glas, sag ich zum Beispiel, dann überlege ich ja, wie ich so etwas anfasse. Wie trinke ich daraus? Es darf irgendwie nicht klettern. Oder immer Teekanne. Teekanne ist ja so ein Evergreen, ne?
Katja Nettesheim: Ja, wobei Teekanne ist ein schwieriger Evergreen. Er redet weiter und dann
Joel Kaczmarek: Das ist ja auch so. Wie schütte ich das? Ist das heiß? Wo fasse ich es also an, dass ich mir die Finger nicht verbrenne? Wie schaffe ich es, dass ich nicht kleckere? Wie hänge ich so ein Tee-Ei rein? Wie kriege ich so ein Tee-Ei wieder raus? Also das ist ja alles, dass ich darüber nachdenke. Wie benutze ich das eigentlich? Und welche Probleme stellen sich dabei? Und deswegen finde ich, Design Thinking gibt für mich mal dieses Bild, ein Designer denkt naturgemäß irgendwie nutzerzentriert.
Katja Nettesheim: Das stimmt, würde ich total unterschreiben. Aber das Beispiel Teekannen ist ja leider eins, die schönsten Teekannen von den größten Designern, die dabei eben auch noch sehr schön sind, sind Tropfen in der Regel. Wo ich mich dann immer frage, wer hat denn darüber eigentlich nachgedacht? Also du hast recht, manchmal verlieben sich dann die Designer in die Ästhetik und vernachlässigen so ein bisschen die Praktikabilität. Und damit haben sie mich als Kundin verloren, weil ich habe keine Lust, immer nach dem Zebrawäscher wegzurennen, nur weil die Kanne schön ist.
Joel Kaczmarek: Aber weißt du, da erinnere ich mich auch noch an ein schönes Beispiel, was wir damals von IDO gesagt bekommen haben, also ja eigentlich so die Erfinder von Design Thinking, wenn ich mich nicht täusche.
Katja Nettesheim: Oder zumindest die, die es gut in den Markt getragen haben.
Joel Kaczmarek: Ja, vielleicht auch das. Also es gibt ja viele so, Frog war ja auch noch so ein Name, der da irgendwie eine Rolle spielt. Aber da hatten sie dieses Beispiel immer, die hatten, glaube ich, Besteck entwickelt für alte Menschen, die auch gerade teilweise Arthritis hatten. Die sind dann hingegangen und haben die, ich meine, das hat jetzt nichts mit Medien zu tun, aber das kann man aufs Medienfeld, glaube ich, sehr gut übertragen. Die Message ist nämlich, man kommt manchmal bei anderen Sachen raus, als man denkt. Die haben die Griffe dicker gemacht, dass irgendwie Leute, denen die Hände oft wehtun, die vielleicht irgendwie Arthritis haben oder auch hier, wie heißt das, wenn man seine Hände nicht mehr richtig krümmen kann? Gicht nicht. Rheuma. Rheuma, genau, dankeschön.
Katja Nettesheim: Das kenne ich mich nicht mit so aus.
Joel Kaczmarek: Ich mich zum Glück auch nicht, aber du bleibst dabei. Totte Toi, russische Holz. Nein, aber dass die solches Besteck leichter anfassen können. Was war das Ende vom Lied? Das war ein Dauerbrenner auch irgendwie bei Jugendlichen, bei jungen Menschen, weil einfach diese Griffe so angenehm zu benutzen waren. Das heißt, das ist ein hervorragendes Beispiel eigentlich. Ich gehe irgendwie problemorientiert ran und lerne meinen Nutzer kennen und entwickle ein Produkt, was ich dann, ja. Aber ich will dir gar nicht hier die ganze Airtime klauen.
Katja Nettesheim: Nee, nee, das macht nichts. Ich meine, es macht ja unseren Podcast auch aus, dass wir uns angeregt unterhalten, ne. Also ein weiteres schönes Beispiel habe ich neulich mal gehört. Oral-B hat einen Produktverbesserungs-Workshop gemacht für die elektrischen Zahnbürsten. Und die Arbeitshypothese, mit der sie reingegangen sind, ist, sie wollten eine App machen, wo man sehen kann, wie lange man die Zähne geputzt hat und am besten noch so mit Gamification-Werte am längsten die Zähne geputzt und so. Und alle waren total verliebt da drin. und dann hat sich jemand durchgesetzt und hat gesagt, lass uns doch nochmal irgendwie Kunden befragen. Und siehe da, alle Kunden hassten diese Idee, weil jeder weiß, dass er zu kurz Zähne putzt und das sowieso schon wahnsinnig mit schlechtem Gewissen belegt ist. Und stattdessen kam bei raus, dass es eine Nutzergruppe gibt, die gerne eine elektrische Zahnbürste hätte, die hinten einen USB-Charger dran hat. Ich habe das jetzt noch nicht vermisst persönlich, liegt aber daran, dass ich glücklicherweise nicht mehr ganz so viel reise wie früher. Also für diejenigen, die wirklich viel Zähne putzen und viel unterwegs sind, dass die nicht nochmal ein extra Ladegerät mitschleppen müssen für die elektrische Zahnbürste, sehe ich den Use Case schon. Ich würde vermuten, es ist jetzt nicht gerade Mainstream, aber ich sehe den Use Case.
Joel Kaczmarek: Siehst du, mir fällt sogar selber noch ein Beispiel ein, aus meinem eigenen Feld, meine eigene Umfrage, Podcast zum Beispiel. Wir haben ja auch Leute gefragt, was habt ihr für Feedback zu unserem Podcast, was kann man besser machen, was kann man ändern? Und als Macher bist du immer so ein bisschen, also A, denkst du manchmal in Richtung Marketing, also wenn ich irgendwie Werbekunden da drin habe und die haben ein cooles Produkt. Wie kann ich dafür sorgen, dass irgendwie meine Nutzer auch diese Codes bekommen, dass sie Rabatte kriegen oder so? Oder wie kriege ich es hin, dass sie die Folgen regelmäßig bekommen? Und das waren teilweise gar nicht so die Probleme, sondern eins von deren Hauptproblemen war, unser Podcast war zu leise aufgenommen und die hören das aber beim Joggen oder im Auto und machen das Autoradio an. Ja, und dann denkt ihr mal, wenn du die Lautstärke hochdrehen musst, weil der Podcast zu leise ist, was passiert, wenn dich dann einer anruft? Ja, fliegen dir die Ohren raus. Aber das war ein schönes Bild für mich. Ich meine, wir geben uns immer Mühe, ja, liebe Zuhörer, wenn das zu leise ist, sagt uns das. Eigentlich nehmen wir mal sehr sensitiv auf und drehen auch nochmal hoch. Aber das war dann so ein Insight, wo ich dachte, ja, ja, Wahnsinn, da müssen wir mal drauf achten. Das sind diese Kleinigkeiten manchmal, die du im Medienkonsum so, die dann so den Ausschlag geben können.
Katja Nettesheim: Ja, ja.
Joel Kaczmarek: Ein Prozess war da auch, Nutzerfragen. Sonst kriegst du es halt nicht raus.
Katja Nettesheim: Gut. Sonst kriegst du es nicht raus.
Joel Kaczmarek: Aber dann nochmal zurück den Schritt zu machen. Also du hast gesagt, Ideenprozess systematisieren, ist ja so ein bisschen der Oberbegriff. Perspektive haben wir geklärt, dass man sozusagen diese demütige Haltung und irgendwie an den Nutzer rangeht. Und jetzt machen wir mal einen Prozess. Genau. So, jetzt hatte ich dich mit Design Thinking mich da quer reingegrätscht.
Katja Nettesheim: Nee, gar nicht, gar nicht. Du hast mir quasi ein bisschen den Steigbügel gehalten und mich auch gleichzeitig schon aufs Pferd gehievt. Ich habe jetzt gar nicht mehr so viel zu sagen, weil letztendlich sind das ja alles Design-Thinking-inspirierte Prozesse. Die gibt es dann in verschiedenster Ausprägung. Also wenn wir über Lean Startup zum Beispiel sprechen oder Jobs-to-be-done-Methode, das sind ja alles Prozesse, vom Design-Thinking-Prozess. Und da würde ich immer sagen, für ein etabliertes Medienunternehmen, dass man sich diese verschiedenen Ausprägungen mal angucken sollte, welche schon mal ein guter Aufsatzpunkt ist für einen selber, welche schon per se ganz gut passt, damit man ein Framework hat und dann das zu adaptieren auf das eigene Unternehmen. Weil viele dieser Frameworks sind super hilfreich, aber sie sind halt in der Präparation Praxis überhaupt nicht hilfreich, wenn sie zum Beispiel zu komplex sind für die Leute, die sie dann anwenden müssen oder zu kleinteilig oder oder. Das heißt, sich da eins zu nehmen, um dann das anzupassen auf die eigene Organisation, ist letztendlich so der Key.
Joel Kaczmarek: Vielleicht sollten wir auch mal den Leuten ein oder zwei Tipps geben, wo man mit diesen Methoden in Kontakt kommt, wie man sie erlernen kann. Also klar, die können jetzt irgendwie bei der Media Group, du hilfst sozusagen unmittelbar bei solchen Themen, wendest sowas an. Aber vielleicht auch für den ein oder anderen Autodidakten, was es da so an Quellen gibt. Weil als du gerade Lean Startup gesagt hast, fiel mir so ein, okay, da gibt es ein gutes Buch zu. Oder für Design Thinking kann ich zum Beispiel die School of Design Thinking in Potsdam mal angucken. Da kann ich entweder als Schüler sozusagen mich einschreiben oder als Unternehmen hingehen, mit denen Projekte machen. Das ist irgendwie ganz schön. Es gibt ja auch immer mehr Agenturen, die sowas machen. Also IDO und Frog sind ja so die Großen. Ich weiß, in Berlin gibt es irgendwie noch Dark Horse, die so aus der D-School hervorgegangen sind. Aber vielleicht hast du ja auch noch weitere Quellen. Mir fällt zum Beispiel noch ein hier, die Macher von Highrise und Basecamp. Die machen ja auch mal sehr, sehr schöne Sachen, so sehr schöne Blog-Einträge und sehr schöne Mini-Bücher eigentlich auch, wo man irgendwie genau dieses Wissen Lean Startup-Denke mitkriegt. Was sind denn sonst noch Quellen, die du hast?
Katja Nettesheim: Gut, also die Klassiker sind natürlich das Buch Lean Startup und oder das Startup Owner Manual von Steve Blank. Das ist allerdings eine ziemliche Schwarte. Also da muss man sich dann schon durchquälen wollen. Das ist aber extrem anwenderorientiert. Ja, aber man muss schon bereit sein, sich mit dieser Denkweise auseinanderzusetzen. Deswegen für etablierte Unternehmen würde ich empfehlen, dass sich da eben eine, oder eine Gruppe mit auseinandersetzt, zum Beispiel irgendwie eine Business Development Truppe oder eine Stabsstelle und das dann kondensiert und für die Organisation aufbereitet. Aber das wäre eigentlich ein sehr guter Weg. Dann gibt es noch einiges an Ressourcen rund um den berühmten Business Model Canvas und den Business Model Innovation Hub. Das ist so eine Gruppe, die auch einiges Gutes postet. Da gibt es auch Business Model Canvasse, von verschiedenen etablierten Unternehmen, die man auch so kennt, wo man ein bisschen spicken kann, auch so wie die Anwendungen sind. Das ist ganz schön. Und ehrlich, da gibt es sehr viele unterschiedliche Blocks und Ressourcen, die man nutzen kann.
Joel Kaczmarek: Ich sehe schon, wir stellen mal eine Blockroll oder sowas in der Art zusammen. Wenn es sowas überhaupt noch gibt, macht man sowas noch?
Katja Nettesheim: Ich tue mich jetzt schwer, einzelne herauszuheben, weil ich nutze so viele und dann aber auch eher punktuell. Das heißt, wir könnten tatsächlich, wenn man sowas noch macht, dann mal eine Blockroll zusammenstellen in dem Zusammenhang.
Joel Kaczmarek: So, dann lass uns aber vielleicht abschließend noch mal einen Satz sagen zu Tools. Das war ja so dein drittes Element rund um diese Systematisierung des Ideenprozesses. Das ist natürlich so ein bisschen noch Hand in Hand mit Prozess. Absolut.
Katja Nettesheim: Absolut. Also wir waren ja bei dem Punkt, sich ein Framework raussuchen, adaptieren aufs Unternehmen und dann, ich habe ja vorhin gesagt, rigoros prüfen und testen, wirklich auch mit den verschiedenen Tools an jedem Schritt des Prozesses hinterlegen. Also ich denke da immer, auch wenn es natürlich ein iterativer Prozess ist, ich denke aber trotzdem da an den Pfeil von links nach rechts, um mal zumindest die erste Schleife des Prozesses darzustellen. Und zu jedem Stage, zu jeder Phase gibt es ein Tool. Und je nachdem, was das für Phasen sind, sind die natürlich unterschiedlich. Also zu Beginn haben wir sicher irgendein Canvas. Also ich sage jetzt ein bisschen flapsig irgendein Canvas, weil es inzwischen halt so viele gibt, aber ausgehend vom Business Model Canvas oder vom Wertschöpfungsgebäude, dann in Detail-Canvasse wie Value Proposition Canvas und so gehend. Das hilft am Anfang sehr, sehr gut, um das Geschäftsmodell oder das Produkt
Joel Kaczmarek: Sag gleich mal einen Satz zu Canvas. Wir werfen mit dem Begriff immer so um uns.
Katja Nettesheim: Entschuldige, ja.
Joel Kaczmarek: Also muss man auch manchmal dran denken, ne?
Katja Nettesheim: Ja, genau. Also Canvas hat sich inzwischen so etabliert als Begriff für ein Poster. eine Leinwand, auf der man übersichtlich alle Komponenten eines Geschäftsmodells oder eines Produktes abbilden kann. Ich benutze es fast lieber für Geschäftsmodelle, weil es eben sehr umfassend ist. Also es zeigt zentral die Wertschöpfung durch dieses Geschäftsmodell und dann meistens auf der linken Seite, was brauche ich, um das zu erstellen? Und auf der rechten Seite, was muss ich machen, um es zum Kunden zu bringen? Und Reflex davon ist Kostenstruktur und Umsatzströme. Und das ist zum Beispiel hier bei Steve Blank, ist es der klassische Business Model Canvas, den Alexander Osterwalder entwickelt hat damals vor 15 Jahren, der da verwendet wird, um die erste Version des Geschäftsmodells abzubilden. Und dann aber auch in der weiteren Entwicklung dieses Prozesses, bei jeder Änderung von Dingen, weil Hypothesen validiert oder falsifiziert. in diesem Fall, also wenn Hypothesen, die dem Geschäftsmodell zugrunde liegen, falsifiziert worden sind, muss man was ändern daran. Das gibt wieder einen neuen Business Model Canvas und so hat man quasi auch so eine Historie von Prozessen. Canvases, wo man eben auch sehen kann, wie sich das Geschäftsmodell sukzessive verfeinert. Das ist quasi ein Prototyp fürs Geschäftsmodell. Ich habe in meinen Prozessen eigentlich immer drei Arten von Prototypen, die parallel laufen und sukzessive versioniert werden. Das eine ist natürlich der Produktprototyp. Von Rough Prototype über MVP bis marktfähiges Produkt. Das ist ja auch eine Versionierungshistorie. Das zweite ist der Canvas fürs Geschäftsmodell. Und das dritte ist tatsächlich ein klassischer Excel-Businessplan für die Financials. Die darf man ja auch nicht vergessen. Und ein Businessplan ist auch ein Prototyp. Und alle drei laufen parallel und werden bei jeder wesentlichen neuen Erkenntnis dementsprechend angepasst. Und um in diesem Prozess auch ein bisschen Ordnung zu halten, kann man auch überlegen, ob man halt diese Version dieser drei unterschiedlichen Prototypen immer zur gleichen Zeit ändert, gleich benannt und so weiter.
Joel Kaczmarek: Okay, also da hatten wir gesagt, der Anfangsprozess kann man gut über so ein Canvas abbilden. Was käme dann für dich oder was sind weitere Tools?
Katja Nettesheim: Dann kann man vertiefend dann nochmal reingehen, wie zum Beispiel das, was du gesagt hast mit Personas, User Journeys, verschiedene Arten von Prototypen eben auf der Produktseite, also von RevPrototype dann über einen ersten Mockup, einen Clickbar, einen Dummy und so weiter. Das sind verschiedene Tools, die man da eben einsetzt auf der Schiene des Prozesses.
Joel Kaczmarek: Schön, also ich glaube, das ist ein ganz guter Ritt, den wir mal so ein bisschen vollzogen haben. Wir können ja mal so grob ein bisschen zusammenfassen. Also wir haben ja viel geredet über digitale Produktentwicklung, wie das eigentlich abläuft. Dann so ein bisschen versucht, uns reinzuhangeln, was passiert kognitiv? Also welches Mindset, welche Know-how-Änderung muss ich eigentlich haben? wo wir diese Faktoren hatten, Klarheit über Ziele und über die Ressourcen, aber auch irgendwie strukturell ein Stück weit zu denken und sind da dann eigentlich jetzt ein bisschen in diesem ganzen Ideenprozess gelandet, wo du gesagt hast, naja, da siehst du drei Dinge, Perspektive, also eher Demut, Nutzerzentriertheit und dann gibt es irgendwie Prozesse und Tools, mit denen ich mich dem annähern kann. Gibt es irgendwie noch so abschließend ein, zwei Fakten, Dinge, die du irgendwie Mitarbeitern in digitalen Medienorganisationen mit auf den Weg geben würdest, wo du sagen würdest, das hilft auf jeden Fall, wenn man sowas beachtet, auf dem Schirm hat?
Katja Nettesheim: Na ja, also sagen wir mal so, Mitarbeiter in digitalen Medienorganisationen, die haben das in der Regel alle schon inhaliert. Mitarbeiter in Medienorganisationen to be digital, also zu digitalisierenden Medienunternehmen, denen kann ich nur sagen, ausprobieren, beständig, stetig auch immer wieder mit diesen Methoden ankommen, um auf die Art und Weise auch die Vorteile dieser neuen Methoden im Gesamtunternehmen fruchtbar zu machen. Und manchmal sind es auch ganz kleine Dinge, die die Tür öffnen. Also ein Beispiel ist, ich habe immer überraschend hohe Akzeptanzraten bei Kanban-Boards zum Beispiel. Weil Kanban-Boards, eigentlich kommt das ja aus dem Agile Software Development und ist Aus irgendwelchen Gründen auch in ganz anderen Teilen der Organisation inzwischen ein sehr beliebtes Tool. Ich kenne Dokumentare, die das anwenden mit großer Leidenschaft.
Joel Kaczmarek: Sag mal einen Satz, wie sowas funktioniert. Ich kenne das und du sicherlich auch, aber wenn man jetzt nicht so softwarenah ist, dann
Katja Nettesheim: Also ein Kanban-Board ist letztendlich eine Struktur zur Strukturierung oder zur geordneten Abbildung von Aufgaben, entweder für einen selber oder im Team. Und es kommt eben aus der agilen Produktentwicklung oder Softwareentwicklung und es ist letztendlich für alle Sachverhalte anwendbar. Das ist ein großes Blatt oder ein Whiteboard. oder es gibt es auch als Softwarebasis, zum Beispiel mit Trello und es hat verschiedene Spalten. Die eine Spalte ist eine Art Aufgabenspeicher. Die zweite Spalte sind Aufgaben, die aktuell in Bearbeitung sind. Dann sind Aufgaben, die gerade pending sind auf irgendeine Art und Weise, entweder weil sie gerade getestet werden oder weil man Rücklauf braucht und so weiter. Und dann die letzte Spalte sind Sachen, die schon erledigt sind. Man hat da so ein bisschen Freiheit, das einzurichten, wie es für einen selber so passt. Für uns hat sich vor allem diese Spalte Pending, Weil, Warten auf jemanden extrem bewährt, weil wir auf die Art und Weise auch sehr, sehr gut sehen können, wo wir eigentlich mehr nachhaken müssen. Das ist ja so was, man ist so froh, wenn man Dinge mal auf einen anderen Schreibtisch gelegt hat und dann vergisst man häufig, dass da noch was zurückkommt. Das hat man dann sehr präsent. Aber das Hauptziel ist eigentlich, dass man zum einen begrenzt, wie viele Dinge man aktiv in der Bearbeitung hat. Also es gibt da je nach Team unterschiedliche Limits, drei oder vier pro Person, die aktiv in der Bearbeitung sind. Das hilft nämlich dann auch, diese Aufgaben schneller durchs System zu kriegen. Und das Zweite ist, dadurch, dass das visuell ist und für ein Team zusammengeführt wird, weiß halt auch jeder, was beim anderen gerade aktiv in der Bearbeitung ist. Zurückkommend auf die Frage, also Tipps, wenn es schwierig ist für Mitarbeiter, solche innovativen Methoden in der Organisation umzusetzen, fangt mal mit einem Kanban-Board an, weil erfahrungsgemäß mögen das viele Leute sehr.
Joel Kaczmarek: Kann ich bestätigen. Es gibt, wie du gesagt hast, es gibt einfach, man auf einen Blick erfasst man Dinge, es hat Prozesscharakter, man reglementiert sich, dass man nicht zu viel macht und so, das stimmt. Hervorragend. Ich danke dir ganz herzlich. Ich glaube dafür, dass das ein bisschen, naja, so ein bisschen intellektuell abstraktes Thema eigentlich, wenn man über Mindsets redet. Freut mich, dass wir trotzdem so fleißig Prozesse und Tools auch durchdeklinieren konnten und ich hoffe, es hat allen draußen gefallen. Wir freuen uns immer über 5-Sterne-Bewertungen bei iTunes, by the way, weil wir auf dem Wege mehr Leute erreichen.
Katja Nettesheim: Ja, 5 Sterne. 5, 5, 5, 5.
Joel Kaczmarek: Genau. Und ich sitze übrigens vor einer großen pinken Wand auf der Online-Marketing-Rockstars-Konferenz, nämlich da steht ganz fett Podstars drauf. Das sage ich euch aus diesem Grunde. Die Podstars vermarkten unter anderem auch unsere Podcasts. Das heißt, wenn ihr Werbung schalten wollt in diesem schönen, interaktiven, aber trotzdem on-demand konsumierbaren Medium, dann macht das. Wir haben damit sehr, sehr positive Erfahrungen gemacht.
Katja Nettesheim: Und weiß was, Philipp Westermeyer hat heute Morgen bei seinen vier Trends für Marketing 2017 Podcasts erwähnt und hat gesagt, was mich echt überrascht hat, 50 Prozent der Leute, die Werbung gehört haben in einem Podcast, gehen danach auf die Seite des Werbetreibenden.
Joel Kaczmarek: Also in diesem Sinne, nicht mehr lang fackeln, erst fünf Sterne geben, dann Werbung buchen und dann beim nächsten Mal wieder einschalten.
Katja Nettesheim: Danke euch. Tschüss.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Medien: Denn Modelle, die in der Vergangenheit viel Geld in die Kassen der großen Medien und Verlage gespült haben, tun heute mitunter gähnende Leere auf. Was also tun? Dazu haben wir regelmäßig mit Medienexpertin Katja Nettesheim gesprochen, um die Geschäftsmodelle der Verlagswelt in der digitalen Zukunft sowie die Herausforderungen auf dem Weg dorthin zu verstehen.