Silver Surfer: Wie funktioniert Onlinehandel für Ältere?

18. März 2025, mit Joel KaczmarekDominik Dommick

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, herzlich willkommen. Ich habe hier meinen lieben Freund, den guten Dominik Dommick am Start. Ihr wisst von Payback. Und Dominik hat ja einen sehr, sehr großen Vorteil. Er sieht immer extrem viel in Sachen Handel, sowohl online als auch offline. Und wir gehen ja dann gerne hin und sagen, wir laden uns mal die spannendsten Leute ein, die in gewissen Branchen unterwegs sind. Und eine Branche, wo wir dann sukzessive auch reinkommen, sind wir mal ehrlich, Dominik, die wir ganz spannend finden, wo wir noch gar nicht viel geredet haben, ist der Bereich der Silver Fashion. Also vielleicht kennt ihr das ja auch, Silversurfer, wenn die Generation 50 plus im Internet unterwegs ist, was passiert denn da so? Und das Unternehmen, das wir uns heute dazu eingeladen haben und den lieben Patrick, der dort nämlich CEO ist, Patrick Boos bei der Witt-Gruppe, Die sind da super spannend unterwegs und ich glaube, wir können da auch ganz viel ableiten heute, so in Sachen, was für USPs gibt es eigentlich in dem Bereich, wie funktioniert wirklich ein Geschäftsmodell, wenn ganz glasklar ist, wem ich was verkaufe. Und ich bin auch mal gespannt, Dominik, ich glaube, es gibt sogar lustigerweise, obwohl ihr was ganz anderes macht, so gewisse Nähen zwischen euren Modellen, oder?

Dominik Dommick: Absolut.

Joel Kaczmarek: Also von daher, da darf man gespannt sein. Also was erwartet euch in der heutigen Folge? Wir werden mal darüber sprechen, wer ist denn eigentlich so Zielgruppe? Was für ein Marktpotenzial steckt da drin? Vertriebskanäle, wie digitalisiere ich eigentlich, wenn ich mich an diese Zielgruppe wende? Natürlich auch Kundenbindung, Loyalty und nach hinten raus ein bisschen Trends und Zukunftsperspektiven. Also wir haben viel vor. Von daher, lieber Patrick, schön, dass du auch da bist. Moin Moin.

Patrick Boos: Vielen Dank für die Einladung. Freue mich sehr auf das Gespräch mit euch beiden. Hallo.

Joel Kaczmarek: Erzähl doch mal kurz eine Sekunde über die Witt-Gruppe. Also wie steht ihr denn so da? Umsatz, Kundenanzahl, was du teilen magst, was du teilen kannst? Moin. Sehr spannend, was ihr macht.

Patrick Boos: Gerne. Die Witt-Gruppe ist ein Unternehmen, das Mode macht für vor allem Damen 50 plus. Man kann auch sagen, Damen 60 plus, aber so ab 50 plus geht's los. Und das machen wir mit verschiedenen Marken. Dazu gehört die Witt-Marke selber, dazu gehört Heine, dazu gehört unsere Discount-Marke SieAn. Dazu gehört in Zukunft auch die Marke SheGo. Das sind große Größen. Das machen wir in zehn Ländern, vor allem im europäischen Raum, allerdings jetzt auch in den USA. Und das machen wir vor allem mit dem Katalog nach wie vor sehr stark. Über 50 Prozent unseres Umsatzes schieben wir nach wie vor noch ausschließlich mit dem Katalog an. Zunehmend aber auch im Internet, da wachsen wir natürlich stärker. Und wir haben auch in Deutschland ungefähr 110 Fachgeschäfte, wo die Menschen eben stationär versorgt werden. Die WIT-Gruppe hat ungefähr 3.700 Mitarbeitende. Wir machen einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro in diesem Jahr, sind sehr schön gewachsen, sind sehr profitabel und wir gehören zur Otto Group. Wir sind ein sogenanntes Fokusunternehmen der Otto Group. Das heißt, wir sind ein Unternehmen, das in der Strategie Weiterentwicklung der Otto Group eine große Rolle spielt.

Joel Kaczmarek: Crazy. 1,2 Milliarden mit Fashion für U50. Crazy. Krass.

Dominik Dommick: Wir kennen uns ja seit vielen Jahren, Patrick, jetzt auch schon. Was ja zeigt, dass wir selber in die Gruppe der Silver, mindestens Server, dann jetzt langsam aufsteigen von Ebay damals noch. Was würdest du denn sagen, so aus so einem Blick, so ganz breiter Marktplatz, Ebay. Heute Morgen war ich gerade mit der Saskia frühstücken hier in Berlin. Was ist der Größter Unterschied Kunde-Wit-Gruppe zu dem, ich sag mal, breiter definierten Kunden, wie man ihn bei eBay oder bei Amazon sieht?

Patrick Boos: Ja, es sind sehr viele sehr positive Aspekte. Ein Aspekt ist zum Beispiel eine relativ hohe Loyalität. Also unsere Kundinnen sind sehr lange bei uns Kunden. Und das führt auch dazu, dass wir relativ geringe Marketingkosten haben für diese Kunden, vor allem auch für die Aktivierung der Kunden. Wir haben viele Investments in die Akquisition, aber für die Aktivierung der Kunden müssen wir nicht so viel Geld aufwenden in der Regel, wie andere Unternehmen das tun. Wir haben relativ geringere Tourenquoten, weil die Menschen weniger, würde man sagen, kritisch sind, wenn sie älter werden gegenüber den jungen Menschen. Also der typische Zalando, der typische About-You-Kunde hat wahrscheinlich höhere Erwartungen, schickt aber auch schneller mal die Sachen zurück. Wir wissen alle, die Retourenquoten im Fashion-Bereich sind jenseits der 50 Prozent oft. Das ist bei uns deutlich geringer. Und je älter die Zielgruppen werden, bis hin zu den 80, 90-Jährigen, sind sie sehr gering. Also da sprechen wir von 20 Prozent und weniger. Das macht natürlich ein Bekleidungsgeschäftsmodell sehr attraktiv und sehr interessant.

Dominik Dommick: Und geringere Erwartungen in Richtung, wie man ja jetzt raushört, bei dir Produkt und insofern auch schneller zufrieden oder vielleicht kriegt die Kundin auch eher das, was sie will und schickt es deswegen weniger zurück. Oder auch in Bezug auf Prozess, Abwicklung, Lieferzeiten und all das, was wir sonst kennen im Segment.

Patrick Boos: Eher das und zwar weniger die Erwartungen ins Produkt. Die ist sehr hoch. Also das Qualitätsbewusstsein dieser Zielgruppe ist relativ hoch. Das ist vielleicht auch eine Unterscheidung in die andere Richtung, sie legen viel Wert auf Qualität und sie legen Wert auf ein gutes Qualitätspreis Beziehung. So, die Erwartungen würde ich jetzt mal sagen, wenn du was bestellst bei irgendeinem Fashion-Unternehmen, dann willst du, dass es morgen, übermorgen, spätestens in drei Tagen da ist. Und das dauert bei uns schon mal länger, auch deswegen, weil wir natürlich ein sehr starkes Kataloggeschäft haben. Da ist es oft so, dass in dem Moment, wo du bestellst, diese Ware bei uns gar nicht mehr verfügbar ist, weil sie einfach ausverkauft ist. Das weiß natürlich der Katalog nicht im Gegensatz zu deinem Shop-System, dass das weiß. So, da kommt es dann häufiger vor, dass wir der Kundin sagen müssen, Entschuldigung, die Ware ist gerade nicht da, das dauert jetzt drei Wochen. Dann sagt sie, ach, das ist kein Problem, ich habe es nicht eilig. Das ist natürlich eine wunderbare Aussage und das führt dazu, dass in dem Fall auch weniger Stornierungen gemacht werden und weniger Dinge zurückgeschickt werden.

Joel Kaczmarek: Ist es ein bisschen auch so, dass sie auch gar nicht so viele Alternativen haben? Weil ich sage mal, wenn du jetzt eine 25-jährige Frau bist, kannst du dir, kannst du einen Stein werfen und triffst einen E-Commerce-Shop, der was für dich hat.

Patrick Boos: Ja.

Joel Kaczmarek: Das denke ich ist bei Ü50 nicht so, oder?

Patrick Boos: Das stimmt. Du kannst natürlich trotzdem auch als Ü50-Jähriger, als Ü60-Jähriger auch bei Zalando einkaufen, würdest da irgendetwas finden. Aber ein Konzept, was so auf deine Bedürfnisse als Kundin 50 oder 60 plus zugeschnitten ist, das gibt es tatsächlich in der Form ganz selten. Außer uns, ihr kennt vielleicht den Klingelversand, der ist letztes Jahr in die Insolvenz gegangen. Es gibt andere Konzepte, die in Schräglage gegangen sind oder sogar rausgegangen sind aus dem Markt. Da sind wir jetzt schon ein ziemlicher Platzhirsch.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, ich überlege gerade, wie so eine Erfahrung aussieht bei euch. Macht ihr Dinge denn dezidiert anders? Ist es zum Beispiel so, dass ihr sagt, die Buttons sind größer, die Schrift ist größer, weil ältere Menschen oft irgendwie mit Kurzsichtigkeiten Probleme haben oder weil die so mit zu vielen Features irgendwie, wenn es zu überladen ist, Probleme haben. Wenn ich so euren Shop neben den anderen halte, gibt es da so richtig sichtbare Unterschiede?

Patrick Boos: Die wirst du nicht so richtig finden. Wir legen Wert darauf, dass die Prozesse sehr einfach sind. Das merkt man vielleicht schon. Aber so in der Gestaltung, im Schriftbild und so weiter, bei der Fotoauffassung und so weiter, da sind wir relativ mainstreamig, E-Commerce-mäßig unterwegs. Man muss auch sagen, das sind natürlich dann eher die Kundinnen, die sind 50 und vielleicht 60. Und ehrlich gesagt, ich bin selber 57. Also auch ich brauche jetzt nicht irgendwie den Button, der so groß ist und eine Schrift, die irgendwie 20 Punkt ist, damit ich es lesen kann. Also da gibt es keinen großen Unterschied.

Dominik Dommick: Joel ist ja noch jünger, der hält ja Altersweitsicht für Kurzsichtigkeit. Dann merkt man, dass es ihn noch nicht voll getroffen hat. Mein Arm wird immer länger, wenn ich das Smartphone in die Hand nehme. Ja, das ist übel. Aber das heißt, du sagst prozessual, dass was den Kunden erreicht, im Sinne von auch trotzdem natürlich online oder auch im Katalog oder auch in den Prozessen, ist nicht in irgendeiner Form auffällig und besonders, sondern es ist zugeschnitten auf ihn, was das Produktangebot angeht, aber nicht besonders in den, ich sag mal, klassischen Werten oder Kriterien von Retail?

Patrick Boos: Also was den Katalog angeht, ist das schon so, dass es anders ist. Es ist eine wirkliche Wissenschaft für sich, Kataloge zu produzieren, die erfolgreich sind. Da werden Welten geschaffen, also die sogenannte Doppelseite. Das ist einfach ein feststehender Begriff in der Katalogbestückung. Wie gestalte ich eine Welt, eine Farbwelt, eine Stilwelt und so weiter? Das ist schon anders als in anderen Unternehmen. Aber ich würde mal sagen, E-Commerce, das war ja eben so ein bisschen die Frage, das ist nicht so groß unterschiedlich.

Joel Kaczmarek: Es ist eigentlich so, dass bei euch trotzdem auch Jüngere einkaufen, weil ich habe mal gehört, in der Disco habe ich es mal mitgekriegt, dass es einen Hersteller gab, der hat Besteck entwickelt, extra für ältere Menschen, wo die Griffe ganz dick waren, damit die es besser greifen können. Und es wurde total der Verkaufsschlager unter Jugend als die Gruppe, weil es irgendwie auch bequemer war. Also merkt ihr das schon auch, dass es manchmal verwässert?

Patrick Boos: Also wir haben jüngere Kunden und auch tatsächlich wissen wir aber, dass sie auch sehr häufig für ihre Mutter oder für ihre Großmutter vielleicht auch einkaufen.

Joel Kaczmarek: Das wäre das nächste, was ich mich gefragt habe. Wenn ich hier sehe, ihr bedient ja auch jenseits der 70. Geht es dann irgendwann los, dass man dann quasi so mittelbar an andere Zielgruppen eigentlich verkauft, weil die für jemanden einkaufen?

Patrick Boos: Ja, für das E-Commerce-Geschäft stimmt das oder trifft das zu. Wir haben ja noch sehr viel Telefonbestellung auch. Also wir haben eine gigantische Menge an Telefonanrufen. Wir haben eine gigantische Menge an, also wirklich tausende von Bestellanrufen. ausgefüllten Bestellunterlagen, die in unser Servicecenter kommen. Tausende wirklich am Tag. Und das ist wirklich noch ein großer Bestellweg. Der Bestellweg online ist immer noch verhältnismäßig gering.

Joel Kaczmarek: Wenn du das prozentual messen würdest, wie viel ist postalisch, wie viel ist Anruf, wie viel ist online?

Patrick Boos: Also ich kann jetzt nur ungefähr bei den Umsatzzahlen sagen, dass ungefähr 60 Prozent des Umsatzes ausschließlich mit Print gemacht wird. Da ist kein einziger digitaler Touchpoint. Und das sind dann natürlich auch meistens entweder oder sind automatisch entweder Telefonanrufe oder Bestellscheine. Die restlichen 40% teilen sich ungefähr hälftig auf in Internet-Umsätze, die angeschoben worden sind durch den Katalog. Du siehst eine Promotion-Nummer und kippst sie dann tatsächlich online an, weil du den Bestellweg angenehm findest, aber die Inspirationsleistung des Kataloges trotzdem nicht missen möchtest. Und nur 20% des Umsatzes sind tatsächlich reiner E-Commerce-Umsatz. Die werden über E-Commerce gewonnen, also über Internet gewonnen oder über App gewonnen und machen da auch ihren Kauf.

Joel Kaczmarek: Crazy.

Dominik Dommick: Was macht dir denn wirklich, also Stichwort Platzhirsch, was du vorhin gesagt hast. Und wir sind ja jetzt auch seit einiger Zeit Partner. Insofern sehe ich ja, wie sich bei euch Umsätze entwickeln, wenn ich dann auf den gesamten Markt gucke. Marktplätze per se gut unterwegs. Natürlich die wirklich großen Platzhirsche mit Amazon und dergleichen gigantisch gut unterwegs. Aber der E-Commerce per se in Deutschland letztes Jahr im Rückwärtsgang und dieses Jahr im Leerlauf, hätte ich jetzt mal gesagt. Das sieht ja bei euch ganz anders aus.

Patrick Boos: Ja, zum Glück.

Dominik Dommick: Genau. Und da bist du jedes Mal, wenn ich dich treffe, so stolz, wie du jetzt guckst. Und das ja auch zu Recht und zum Glück. Was macht dich anders? Was macht dich anders als ein Klingel, wo ich die letzten Jahre dann gesehen habe, wie es immer schlechter wurde?

Patrick Boos: Ich glaube, das ist eine Mischung von ganz vielen Dingen. Also ich glaube, was tatsächlich Gingl am Ende den Kopf gekostet hat, und da kann ich jetzt auch nur als Kunde oder als Beobachter drauf gucken, ist eine gewisse operative Exzellenz, die dann am Ende gefehlt hat und vor allem bei der Transformation gefehlt hat. Sie haben sehr umfangreiche Transformationen ihres gesamten Backends, ihrer ganzen logistischen Prozesse und so weiter gemacht. Und aus einem sowieso schon relativ schwachen Geschäft war das dann nochmal sehr kritisch für die. Was machen wir sonst? Was machen wir richtig? Ich glaube, wir haben tatsächlich wie kein anderer da draußen und das kann man glaube ich wirklich mit Stolz sagen und damit habe ich gar nicht viel zu tun, weil das ist lange vor meiner Zeit entstanden. Ich bin ja erst seit drei Jahren dabei. Ein wirklich sehr, sehr gutes Verständnis dieser Zielgruppe und jeder Unternehmer würde sagen, er hat ein gutes Verständnis seiner Zielgruppe und die Kundin steht im Mittelpunkt. Das ist natürlich auch häufig richtig. Bei uns ist es dahingehend richtig, dass du schon etwas über viele Jahre, dieses Thema über viele Jahre machen musst, um genau zu verstehen, was die Erwartungen und die Bedürfnisse der Kundin sind. Insbesondere im Hinblick auf die Passform, die sogenannte Passform. Also es ist ja nicht einfach so, dass wenn man einfach mit der Zeit etwas vielleicht großvolumiger wird, dass man dann eine einen Stil hochskalieren kann von 36 auf 38 auf 40 und das passt überall. Sondern die menschlichen Körper verändern sich einfach im Alter in einer bestimmten Form und da braucht man eben schon ein gutes Gefühl dafür und eine gute Kenntnis darüber, wo an welchen Stellen man ein bisschen mehr gibt, obwohl es eigentlich per se keine größere Größe ist als die 38. Also gutes Kundenbewusstsein oder gutes Kundenverständnis im Hinblick auf die Körperentwicklung, ein gutes Verständnis für die Kunden im Hinblick auf ihre Erwartungen, was den Service angeht. Also wenn du bei unserem Callcenter sitzt, dann geht es auch schon mal laut dazu, weil man einfach natürlich sich auf die Kunden am anderen Ende der Leitung einstellt. Man ist geduldiger, man ist freundlicher, man ist nachsichtiger, man ist kulanter. All das zahlt sich total aus für eine hohe Zufriedenheit unserer Kunden mit den Prozessen. Also das sind so ein paar Ideen mal. Und wir haben dann einfach auch tatsächlich eine gute Art gefunden, wie wir Trends am Markt, aufgreifen und in einer Form in Mode für 50, 60 plus umsetzen. Das heißt, es gibt Farben, die vielleicht mal trendy sind, die greifen wir auf, aber wir greifen natürlich nicht jedem Jugendwahn, der vielleicht da draußen existiert, nach, sondern machen das mit sehr viel Bedacht und das mag die Kundin auch sehr gerne. Und wir entwickeln teilweise wirklich Styles, die sind über viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, sind das Renner und bleiben Renner. Also wir verkaufen Hosen teilweise drei, vier Millionen Mal Und haben wirklich hohe zweistellige Millionenbeträge mit einem einzigen Artikel über die Jahre. Und das ist natürlich sowohl für uns als Geschäftsmodell attraktiv, als auch haben wir damit offenbar den Stil der Kunden und die Bedürfnisse getroffen.

Joel Kaczmarek: Ja, ganz ehrlich, ich glaube, es macht ja auch schon viel aus, die einfach auch mal anzuerkennen und zu respektieren. Lustigerweise in der Bahn heute, wie ich hierher fahre, saß eine Dame mit ihrem Rollator und wurde dann erstmal zusammengestaucht vom Schaffner, dass das ein Bereich sei, wo sie nicht sitzen dürfe, nur vor den Toiletten. Und als sie dann gefragt hat, was sollte ich denn anders machen, dann meinte sie, schauen Sie mal hier, die App Gehirn nutzen. Und du saßt so da und dachtest so, was ist denn hier los? Ja. Und deswegen, ich kann mir das total vorstellen, dass das schon hilft. Und wenn wir jetzt mal so sukzessive vielleicht auch in deiner Sphäre vordringen, auch so Vertriebskanäle, Digitalisierung uns angucken, was siehst du denn für Potenziale? Weil wenn du sagst, 20 Prozent ist eigentlich nur online direkt mit einer gewissen Dunkelziffer von irgendwie die Tochter oder der Sohn bestellt. Was kann man denn eigentlich tun, um solche Zielgruppe auch anzusprechen gezielt? Was siehst du da noch an Digitalisierungspotenzial? Vielleicht hast du ja so ein Big Picture.

Patrick Boos: Also ich gucke mit einem sehr positiven Auge in die Zukunft, weil wir einfach eine Zielgruppe haben, die anteilig steigt. Also diese Zielgruppe nimmt zu, das ist erstmal gut. Und es gibt viele Aspekte, die dafür sprechen, dass wir eine sehr rosige Zukunft haben. Natürlich gibt es auch so ein paar Challenges nach vorne hin. Die Frage ist ja, die Kundin, die heute 70 ist und im Katalog sehr profitabel für uns, ist in 20 Jahren eine, die heute 50 ist, hat die genau das gleiche Pattern, hat die genau die gleichen Erwartungen? Ist sie nicht durch Unternehmen wie Zalando oder About You, vielleicht wenn wir von Mode sprechen, ein Stück weit, ich will nicht sagen versaut, aber im Hinblick auf Retourenquoten und so weiter, was ganz anderes gewöhnt, wird die sich in eine Form entwickeln, die wir heute von dieser Ziko besehen? Das ist ein Risiko. Was ist die Erwartung meiner Frau, die heute auch Mitte 50 ist, wenn sie mal in 20 Jahren einkauft, was ist eigentlich ihre Erwartung? Das ist so ein bisschen eine Schwierigkeit. Ich glaube dass es uns gelingen muss. Und das ist die Gretchenfrage. Wie können wir, was ich eben beschrieben habe, diese Katalogwelt, die extrem inspirativ für unsere Kunden ist. Wenn du da drauf guckst, dann magst du so sagen, ja, das ist irgendwie ein Katalog. Aber das ist eine Sache, mit der zieht sich die Kundin, das wissen wir, mit ihrem Café zusammen zurück und genießt es und genießt die Zeit, die sie verbringt, sich das anzuschauen und sich davon inspirieren zu lassen. Wie ist eigentlich die wirkliche Inspiration 2.0 im Internet? Und ich habe ehrlich gesagt noch keinen Anbieter wirklich gefunden, wo ich sage, das ist mal wirklich Inspiration 2.0 und nicht nur irgendwie Produktlisten hoch und runter und Filter, die ich irgendwie nicht verstehe und so weiter. Das ist die große Frage für mich.

Dominik Dommick: Es passt ja auch so ein bisschen, finde ich. Also mich erinnert das gerade an so erstens unseren Gesprächseinstieg heute, wo wir uns zu dritt in den Kreis gesetzt haben. Da warst du noch nicht da und du sagtest, du bist ein E-Mail-Ausdrucker, weil wir hier alle mit ausgedruckten E-Mails sitzen. Und der sehr junge Kollege, der uns die Mikrofone aufgestellt hat, hat gesagt, ich habe noch nie eine E-Mail ausgedruckt. Das ist ja ein bisschen das, worüber wir hier gerade reden. Und umgekehrt ist es ja tatsächlich auch so. Liegt das jetzt, und es ist ja deine Frage, liegt das, wir gerne jetzt ein Papier mit der E-Mail ausdrucken, um uns auf so etwas vorzubereiten, daran, dass wir so sozialisiert sind oder dass vielleicht da auch Vorteile in bestimmten Und wahrscheinlich ist es irgendwo beides. Also das merken wir ja auch bei uns in der Kanalmischung, wo wir sehr, sehr froh sind, wieder als Payback zu sagen, wir können Kunden sowohl über die App erreichen und digital erreichen über Web App und Newsletter, als auch eben nach wie vor per Print mit signifikanten Printauflagen ist genau das gleiche wie bei euch auch. Und mitnichten sind das nur die Alten, sondern es ist natürlich auch ein gemischtes Verhalten, wo ich sage, an bestimmten Stellen, Orten oder für bestimmte Themen passt für bestimmte Kunden. Das ist eben sehr, sehr individuell, auch ein anderer Kanal irgendwo besser. Und gerade wenn alle auf dem Boot nach links laufen, ist das ja manchmal auch ganz gut, noch rechts zu stehen oder umgekehrt. Das war jetzt nicht politisch gemeint, sondern auf dem Boot bezogen. Nein, aber dass man einfach diese Kanalbreite anbieten kann. Ich glaube, da wird sich auch über die nächsten Jahre nicht so viel daran ändern, dass das ein Wert an sich ist.

Patrick Boos: Das ist ein Wert an sich. Und wenn ich mir überlege, was uns gerade erfolgreich macht. oder was uns besonders erfolgreich im Vergleich zu anderen Modellen macht, dann ist das genau das, was du sagst. Und diesen Katalog zu haben, noch vor zehn Jahren haben alle gesagt, das ist eine Frage der Zeit, dass das runtergeht.

Dominik Dommick: Weg mit dem alten Kram.

Patrick Boos: Weg mit dem Zeug, ja, Papier weg. Und das ist jetzt, das stellt sich als wahnsinnige Stärke heraus. Wir sind im Briefkasten mittlerweile mehr oder weniger der einzige Katalog. Das war vor fünf Jahren, das war vor zehn Jahren noch ganz anders. Da gab es diese ganzen großen Versandhändler. Jetzt sind wir da mehr oder weniger exklusiv im Briefkasten der Kundin. Und das ist was ganz anderes als Google Shopping dein Produkt neben 100 anderen Produkten, neben 100 anderen Anbietern.

Dominik Dommick: Und das meinte ich mit der Bootsmetapher gerade. Wenn du dann auf einmal auf der einen Seite alleine stehst, dann wirst du auch im wahrsten Sinne des Wortes ja alleine wahrgenommen und mehr wahrgenommen. Und das ist ein Wert tatsächlich über diese Kanalmischung auf die unterschiedlichen Nutzungsprofile auch eingehen zu können. Glaube ich, das ist ein riesen Asset, wer sowas hat. Ja.

Joel Kaczmarek: Ich bin ja mal neugierig, du sagtest ja, ihr arbeitet auch zusammen, habe ich richtig verstanden, ne? Wie geht ihr denn zum Beispiel als Payback vor, wenn du jetzt mit so einer Gemengelage konfrontiert wirst, dass ein Großteil über Katalog bestellt, dann ein bisschen online, dann ein bisschen so ein Mischmasch, weil dein Thema ist ja immer, wie kriege ich Zielgruppen reaktiviert, wie kriege ich die geführt, wie kriege ich die auf Angebote hingewiesen, was macht denn ihr dann da?

Dominik Dommick: Naja, das ist ja. erstmal ist natürlich die Frage genau, aus der wir gerade kommen, nämlich über welche Kanäle auch bei uns sprechen wir die Kundinnen an. Für Witt ist das der gleiche Kanalmix wie für About You oder ist er anders? Und natürlich ist er etwas anders. Und zum Zweiten ist es natürlich trotzdem von den Grundinteressen her auch das, du musst es eher sagen, was euch daran interessiert hat, aber Die sind natürlich wieder irgendwo gleich. Ich habe erstens mit jetzt mit Jahresanfang frische Zahl über 33 Millionen Deutschen aktiv. Natürlich darin auch eine signifikante Größe und Zielgruppe von dem Alterssignal von wird entsprechenden Kunden. Wir sind im Durchschnitt unserer Kunden tatsächlich etwas jünger als der deutsche Durchschnitt. Aber wenn du 33 Millionen aus etwas über 80 Millionen rausschneidest, dann hast du natürlich die Alten, die Jungen, die in der Mitte und irgendwo alle. Das Gesetz der großen Zahl. Und darin können wir natürlich sehr, sehr genau targeten. Das heißt, wir können Kunden zuführen. Und wir können natürlich auch, ihr habt einen höheren Loyalitätsanteil in eurer eigenen Nutzung schon als andere, aber nichtsdestotrotz können wir natürlich auch nochmal den Reminder setzen für jemanden, der das vielleicht seltener getan hat und der das dann nachweislich öfter tut danach. Also da ist das Bild wahrscheinlich sogar sehr, sehr ähnlich. Der altersbasierte Zuschnitt ist einer der spitzesten, den wir machen natürlich, weil sonst sind wir bei den meisten Angeboten etwas breiter. Bei einem Amazon bist du von klein bis groß in Anführungsstrichen unterwegs. Hier ist es natürlich schon sehr, sehr klar, welche alleine schon mal Alterstargeting-Dimensionen wir dort ansprechen.

Joel Kaczmarek: Habt ihr Zahlen zu dem Markt? Habt ihr sonst andere Angebote irgendwie gesehen? Ich meine, du hast ja gesagt, früher auch Klingel, dass du so ein Feeling hast für den 50-Plus-Markt. Also ist der wirklich so vielversprechend wie Patrick?

Dominik Dommick: Ja, das war ja so ein bisschen der Hintergrund meiner Frage. Also da gab es ja durchaus auch zwei, drei andere Spieler und es gibt ja auch weiterhin noch ein paar Spieler. Man kann schon fair und neidlos sagen und nicht nur, weil wir jetzt in diesem Podcast sitzen, dass das bei Bit ausgezeichnet funktioniert. Und das war ja die Frage vorhin auch. Was genau ist da die Secret Source, die euch dann nochmal innerhalb dieses Marktsegments auch absondert? Auch die, die die Nase vorne haben lässt. Und das glaube ich, du hast ja auch keine Geheimrezepte jetzt gerade eben genannt, sondern du hast letztendlich gesagt, das, was wir da machen, einfach gut, wenn ich es mal in sehr platte Worte fasse.

Patrick Boos: Genau, wenn du sagst, einen guten USP zu haben, das ist kein Geheimrezept, aber sagen mir wirklich viele Unternehmen oder mehr Unternehmen, die einen wirklich richtig guten USP haben.

Dominik Dommick: Genau.

Patrick Boos: Aber vielleicht nochmal zu dem Markt, weil wir eben drüber sprechen. Das ist natürlich auch wirklich ein spannender Markt dahingehend, dass es erstmal zahlenmäßig fast die Hälfte der Menschheit mittlerweile in Deutschland ist. Die Bevölkerung ist über 50.

Joel Kaczmarek: Wachsend auch noch, ne?

Patrick Boos: Wachsend. Dann haben wir einen hohen Konsumanteil, also über ein Drittel des gesamten Konsums. Das liegt bei Menschen über 50 oder 55. Das sind relativ stabile Einkommen in Form von Renten. Natürlich haben wir ein Problem der Altersarmut, das ist ein ganz anderes Thema. nochmal, aber Ich würde mal sagen, für die normale Rentnerin, die hat ein Vermögen von ungefähr 150.000 Euro im Schnitt. Das heißt, eine hat keins, die andere hat 300.000. Also das ist auch ordentlich. Und die sind, wie wir feststellen, oder die reagieren auf Krisen, die wir jetzt gerade wieder reinsteuern, weniger direkt, sondern gelassener. Wir haben schon ganz viel erlebt. Die machen sich natürlich andere Sorgen, Gesundheit und so weiter, aber finanzielle Sorgen im Mittel bei unseren Kunden existieren nicht wirklich.

Joel Kaczmarek: Und jetzt sag mal, was Dominik ja gerade so als Frage angeregt hat, wie habt ihr denn, weil wir eben schon das Thema Loyalität angeknickt haben, also agiere ich mal davon aus, dass die generell bei euch recht loyal sind, hört bei dir raus. Wie habt ihr das denn bisher gefahren? Also hattet ihr da auch eigene Incentives? oder baut ihr das jetzt mit den Payback-Kollegen auf? Wie macht ihr das?

Patrick Boos: Also man muss ja immer sagen, in der Partnerschaft mit Payback, wir inzentivieren nur E-Commerce-Umsätze. Und das war auch relativ bewusst am Anfang, wo wir sagten, die Loyalität der Katalogkunden, die ist groß. Einfach dadurch auch, dass wir der ja meistens alle zwei Wochen einen Katalog schicken. Also das ist nicht einmal im Jahr oder zweimal im Jahr, das ist alle zwei Wochen. Und dann eben noch bestimmte auf sie zugeschnittene Saisonkataloge, Sortiments, spezielle Kataloge und so weiter. Da haben wir eine sehr hohe Loyalität, weil wir da eben diesen exklusiven Kanal haben. Im Internet haben wir ihn zunehmend einfach nicht. Und deswegen brauchen wir ein anderes Tool. Wir brauchen ein Tool, um Loyalität zu steigern, um Neukunden zu gewinnen und natürlich auch das Verhalten der Kunden irgendwann ein Stück weit zu steuern. Zu bestimmten Sortimenten, zu bestimmten Preisklassen, zu bestimmten Vertriebswegen und so weiter.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, wenn du das so eindrücklich beschreibst, du hast ja auch, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, von 110 Läden gesprochen, die ihr auch habt. Was ist denn so das, wenn wir jetzt so über Vertrieb reden und über Digitalisierung, was sind denn so die Problemwelten, die ältere Menschen haben, wenn die mit Online zu tun haben, dass auch gerade Katalog und sogar stationärer Handel für euch so ein wichtiges Asset sind?

Patrick Boos: Also nach wie vor gibt es natürlich noch Berührungsängste bei den älteren Kunden mit dem Internet. Das kennt man vielleicht von den eigenen Eltern auch. Ist meine Bezahlung da sicher? Ich habe mein Passwort vergessen. Ich traue mich nicht zu fragen, wie das geht und so weiter. Ganz viele Dinge, die einfach einige Menschen davon abhalten, das zu versuchen. Und die wollen wir natürlich nach wie vor bedienen. Deswegen wird es diese Kataloge. Und solange ich lebe, wird es die geben. Und es wird die Läden auch geben. Und in den Läden versuchen wir eben auch ihnen entgegenzukommen, weil du hast eben vom Rollator gesprochen. Das fand ich so schockierend. Bei uns ist es so, dass die Kabinen so groß sind, dass du da mit deinem Rollator reingehen kannst. Da sagt man so, aha, warum nicht? Aber find mal eine Kabine, wo du dich wirklich irgendwie wohlfühlst, wo du ein bisschen Platz hast, wo du dich umdrehen kannst. wo die Spiegel in der Form angeordnet sind, dass dir das als Kundin passt. Eine Kabine, in die die Verkäuferin auch kommt. Und das ist übrigens eine echte Verkäuferin oder eine Beraterin. Das ist eben niemand, der einfach nur kassiert, sondern die bringt auch mal was in die Kabine. Und die hilft auch mal der Kundin beim Umziehen. Das ist natürlich alles das, was du bei jüngeren Menschen nicht so brauchst. Und das ist das, was diese Loyalität und diese Zufriedenheit schafft, unter anderem als Beispiel.

Joel Kaczmarek: Trotzdem, wenn wir uns mal so durch die digitale Welt ein bisschen fuchsen, also so ein Pinterest oder ein Instagram oder ein Facebook haben die ja wahrscheinlich auch. Also siehst du trotzdem auch Potenziale, dass ihr auf Social Media quasi stattfindet und das rüber konvertiert auf bestehendes Angebot?

Patrick Boos: Also wir wissen, dass unsere Kundin Social Media nutzt, insbesondere Facebook, Insta schon weniger, Pinterest natürlich noch weniger und bei den anderen sozialen Medien, die einfach jünger sind, noch weniger. Aber Facebook ist ein richtig wichtiger Kanal für die Kundin 50+. Und da machen wir die ersten Gehversuche. Ehrlich gesagt haben wir das noch zu wenig gut im Griff, aber ich bin sicher, dass da ein großes Potenzial für uns nach vorne liegt. Auch tatsächlich, um in den Austausch zu kommen mit dieser Zielgruppe, um emotionale Kampagnen zu spielen, die die Zielgruppe mag und das zu verlängern, was wir jetzt auch im TV tun. Wir sind jetzt mit dem Witzbot im TV online gegangen zum Beispiel, der sehr schön weggeht von so einer reinen Product Consideration hin zu so einer Brand Consideration mit so einem Wertschätzungsnarrativ für die alten Zielgruppen. Total schön und das werden wir jetzt alles versuchen, social und online noch besser zu verlängern. Da haben wir großes Potenzial.

Dominik Dommick: Das vielleicht tatsächlich mit Zahlen nochmal so ein bisschen hinterlegt, ist ja auch die Richtung, in der du fragst, Joel. Also das Bild der älteren Kundin, dass die eben nicht Smartphone nutzt und nichts mit Social Media zu tun hat, ist ohnehin grundfalsch. Also wenn wir in Zahlen bei uns mal so reingucken, die ich gerade mir jetzt rausgesucht hatte, also über 94 Prozent der 55- bis 75-Jährigen, also genau eure Zielgruppe, nutzt Smartphone. Und jeder Dritte dabei täglich Social Media. Also das sind nur andere Kanäle, die Nutzungsmuster sind anders. Aber es ist jetzt nicht so, dass man irgendwie in der ganz simplen Formel irgendwie sagen könnte, das ist ja das, was ich auch aus der Payback-Print-Nutzung zum Beispiel sehe. Das ist nicht so simpel, dass man sagen kann, wer über x Jahre alt ist, der präferiert Print und wer darunter ist, tut es nicht, sondern das mischt sich auch dort durch individuell. Und die Nutzungsmuster sind halt ein bisschen anders, glaube ich, in den älteren Zielgruppen. Das ist ja auch genau das, was du gerade beschreibst im Sinne von, das ist eine Social-Media-Nutzung, aber ein TikTok wäre es jetzt wahrscheinlich nicht. Und genau darauf muss man sich eben einstellen. Und ich glaube, die Inhalte sind dann auch anders. Also nicht nur die Plattformen, sondern auch die Inhaltsgestaltung ist anders und muss anders sein. Und da sind wir, glaube ich, aber auch alle im Markt, wenn ich das beobachte. Du hast es ja gerade ehrlich von euch gesagt in den ersten Schritten. Da sind wir irgendwie noch nicht. Dass die nicht nur Plattform, sondern auch Inhalt sich ein bisschen anders anfühlt für das jeweilige Alter der Zielgruppe. Das ist, glaube ich, noch nicht so durchgedrungen. Und das wird mit Sicherheit zunehmen, wenn man sich eben anschaut, wie altert unsere Bevölkerung, wo ist die Kaufkraft und so weiter.

Patrick Boos: Absolut, absolut.

Joel Kaczmarek: Ja, vor allem, ich glaube, du hast ja vollkommen recht, dass das Thema ja in deine Richtung spielt. Ich habe gelesen gestern gerade, dass die Kurzsichtigkeit, also wirklich bei Kurzsichtigkeit, nicht bei langweitsichtig, in den ganzen asiatischen Ländern massiv zunimmt, weil die Kinder alle mit Smartphones und die Dinger zu nah dran halten. Also wahrscheinlich, wenn das erstmal ins Rollen kommt, was du gerade beschrieben hast, wie kauft jemand einen in 20 Jahren, der heute 50 ist oder heute 40 oder heute 30, Da kommen wahrscheinlich noch riesige Wellen auf dich zu. Und ich überlege gerade so, gibt es eigentlich auch so Influencer in dem Alter, dass du sagst, weiß ich nicht, Günther Jauch oder Barbara Schöneberger, der Kai Pflaume. Wen haben denn solche 50 plus Damen und Herren, wo du sagst, okay, wow, wenn wir die irgendwie anspielen, dann merken wir auch was in unseren Verkaufsquoten.

Patrick Boos: Also darüber denken wir auch gerade nach. Und der erste Gedanke wäre natürlich, in der Zielgruppe zu gucken, wo unsere Kundin ist. So, und dann bist du eben sehr häufig bei älteren Damen, grauhaarig und so weiter. Und das sind ehrlich gesagt die Damen, die unsere Kundin gar nicht so gerne sehen wollen. Das merken wir auch in unseren Katalogen und in unseren Shootings. Wir haben ja keine Models, die 70 sind. Wir haben ja Models, die deutlich jünger sind. Und wir haben auch Models, die natürlich so schlank sind und vielleicht auch nicht in jeder Hinsicht dem Mittel unserer Kundin entsprechen, sozusagen. Wir denken gerade darüber nach, ob tatsächlich ein Influencer, der wirklich in dieser Zielgruppe selber ist, ob der der Richtige ist oder die die Richtige ist oder ob das nicht irgendwie einen anderen Swing hat. Aber darüber denken wir auch gerade sehr viel nach.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe gerade gedacht, ob ihr bold hättet sein können, als Gruner und Jahr das Barbara Magazin eingestellt hat, wenn ihr das gekauft hättet zum Beispiel. Also in solchen verrückten Dimensionen könnte man ja dann denken, ne? Ja, okay, interessant.

Dominik Dommick: Kai wird jetzt nie wieder mit mir reden, nachdem du ihn in den selben Topf geworfen hast.

Joel Kaczmarek: Ja, ich weiß, das ist ja auch eine Verjüngungskur.

Dominik Dommick: Ja, aber ich meine, was du ansprichst, und das ist auch interessant, ich meine, das betrifft uns jetzt wieder nicht, aber das erinnert mich an meine Beiersdorf-Nivea-Zeit vor ewigen Jahren zurück. Das ist ja immer das Interessante, gerade auch bei Mode und bei Kosmetik im Sinne der Aspiration. Auch in diesem damaligen ganz, ganz starken Der Unterschied von DAF zeigt Frauen so, wie sie häufig aussehen und dann ist die Interpretation endlich oder kann eine Interpretation sein, endlich zeigt mal jemand die Damen so, wie sie aussehen. Ein Teil der Kundinnen hat das sehr gut gefunden und begrüßt die anderen Kundinnen und sagen, naja gut, ich benutze die Produkte ja, weil ich nicht so aussehen möchte. Also insofern ist die Aspiration, dass man ja gerade das, was du sagst, durchaus vielleicht ein bisschen junger wirken möchte und vielleicht auch etwas weniger füllig wirken möchte, eigentlich die, die man auf dieser Vision, die das einem ja auch verkauft, wenn man Werbung sieht, eigentlich als Aspiration auch hat. Und deswegen ist es ja nicht so einfach zu sagen, das liegt einfach daran, dass die Werber und die Werbung uns da ein bestimmtes Bild verkaufen wollen, sondern das ist natürlich auch der Antrieb. bei Kundinnen und Kunden durchaus dadurch geprägt ist, vielleicht Dinge, die man an sich selbst nicht so gut findet, da nicht auch wiedersehen zu wollen, sondern im Gegenteil eigentlich.

Patrick Boos: Total. Und wir haben gerade eine Studie gemacht, die große WIT-Studie, wo wir eben diese Zielgruppenummer ein bisschen besser verstanden haben, zusammen mit dem Rheingold-Institut. Also wirklich eine tolle Studie. Und eine Sache, die dabei rauskam, ist, wenn man die Menschen fragt, fühlt ihr euch alt? Dann sagen die, alt sind die anderen. Also das bleibt so hängen. Alt sind die anderen. Und das passt natürlich zu dem, was du sagst. Aber ganz spannend, auch wo ich gerade über diese Studie, also ein, zwei Facts vielleicht noch von dieser Studie, die mich wirklich nochmal sehr beeindruckt haben. Und auch wenn du sagst, wir gucken positiv in die Zukunft. Eine Sache, die wirklich rauskam, ist, dass das, wir nennen das die Generation jetzt ich ist. Die Generation jetzt ich, also die sich sehr viele Jahre, Jahrzehnte für andere eingesetzt hat, als Mutter, als Ehefrau, als Kollegin, wie auch immer, sich aufgeopfert hat, wahrscheinlich auch in einigen Bereichen. Und jetzt sagt, nee, jetzt bin ich aus dem Gröbsten raus, jetzt will ich einfach nochmal leben. Und das unterscheidet die Kundin heute von der Kundin in dem Alter von vor 20, 30, 40 Jahren. Also dieser Wechsel von so einer verzichtsgeprägten aus der Kriegs- oder Nachkriegszeit kommenden von Kittelschürzen und vielleicht grautragenden Senioren hin zu einer eher hedonistischen, ich will jetzt nochmal was erleben, ich will mich jetzt nochmal ausdrücken, ich will jetzt nochmal auf Kreuzfahrt gehen, ich will nochmal eine Partnerschaft haben und so weiter. Das ist wirklich faszinierend und das setzt, glaube ich, total viel Potenzial frei für auch größeren Konsum in Zukunft in dieser Zielgruppe, die dann eben sagen, die 650.000 Euro, die ich da habe. Vielleicht vererbe ich meinem Enkel ein bisschen was, aber den Rest, den haue ich auch noch mal raus. Dann lasse ich es mir noch mal richtig gut gehen.

Dominik Dommick: Aber das erinnert mich an das Zitat unseres CFO, das Leben beginnt, wenn der Hund tot ist und die Kinder aus dem Haus sind. Das ist ja genau das, was du gerade sagst, jetzt ich. Das würde ja dramatisch, oder das hat ja wahrscheinlich auch schon jetzt dramatisch, aber wird sich dann durch die Demografie ja noch mehr verschieben, Auswirkungen auf Konsumwilligkeit und so weiter, in der Breite haben. Nicht nur in einer Nische von sondern auch in der Breite. Insofern dann nochmal, du nickst gerade sehr positiv in die Zukunft, schauen dann an der Stelle. Das muss ja sich dadurch auslösen.

Patrick Boos: Absolut.

Dominik Dommick: Und wenn man dann eben so, wie du beschreibst, Zielgruppe gut kennend und wissend, was man da zu tun hat, dann ist das, glaube ich, nicht das schlechteste Feld, in dem man dann sein möchte.

Patrick Boos: Und wenn ich vorhin gesagt habe, dass wir eine Unsicherheit haben, wie sich die Kundin in ihren Erwartungen dann später entwickelt, wenn sie in dem Alter ist, Wir werden ja nicht auf der Stelle stehen, wir werden uns ja auch weiterentwickeln. Wir werden ja nicht den Eindruck haben, dass wir das, was wir heute machen in 20 Jahren genauso noch weitermachen können. Also das wird die Kundin dann auch nochmal anders abholen. Aber ja, also dieses, da steckt irre viel Potenzial. Die Leute werden nicht nur anzahlsmäßig mehr, sondern sie werden eben auch älter. Und sie bleiben im Alter, und da denkt nicht jeder sofort an Longevity, aber die werden im Alter einfach, oder bleiben mobiler und gesünder. Ernährung, Fitness und so weiter. Also unser Fitness-Teil, unser Fitness-Katalog, die laufen so gut wie noch nie, weil die Leute auch Lust haben und Spaß daran haben, sich zu bewegen und auch älter zu werden und gesund älter zu werden. Das ist ja die Idee von Uncertainty. Also ohne dass sie diesen Begriff kennen, haben sie das total verinnerlicht.

Dominik Dommick: Aber was das bei mir nochmal triggert, das fände ich wirklich interessant, Viele, die das jetzt hören, werden ja dann trotzdem nicht mit der älteren Zielgruppe im Direkten zu tun haben. Aber was man ja auch daraus ableiten könnte, wenn man hört auf das, was du vorhin gesagt hast, was machen wir eigentlich gut, dann würde ich ja bei der Mehrzahl dessen, was du da aufgelistet hast, sagen, würde ja bei der jüngeren Zielgruppe durchaus auch passen. Also das ist nicht die größere Schriftart, Joel, wie du angesprochen hast, aber mehr auf die Kunden einzugehen, sie besser zu beraten, besser vielleicht auch aus welchen anderen Faktoren heraus abzuleiten, wie die Passform besser wäre und dergleichen, wäre ja vielleicht auch geeignet, bei anderen jüngeren Zielgruppen, Versendern, die Retourenraten zu senken. Also kann man, würdest du, wenn du dein jetziges Ich nehmen würdest und in der Zeitreise, wie viel waren es, wahrscheinlich so knapp 20 Jahre zurückreisen würdest in die Ebay-Zeit, würdest du Sachen anders machen?

Patrick Boos: Du meinst, hätte ich damals Sachen anders gemacht?

Dominik Dommick: Hättest du damals Sachen gewusst, die du jetzt weißt und würdest die sozusagen mit zurücknehmen zu einem Manager des nicht älteren Zielgruppen-Ecomas?

Patrick Boos: Boah, das ist eine Frage. Also du hast es ja damals mitbekommen, wir waren ja gemeinsam bei Ebay oder in der Ebay-Gruppe in der Zeit. Es gab ja damals diesen Schwenk zu einer besseren Buyer Experience. Also das war sicherlich eine Sache, die zu lange nicht gemacht worden ist und wo dann eben andere Unternehmen schneller gewachsen sind, weil einfach Ebay die Buyer Experience nicht gerade hoch priorisiert hatte. Also ich glaube, früher darauf zu gucken, was will die Kundin wirklich oder der Kunde wirklich und wie befriedigt man diese Bedürfnisse, das hätte sicherlich früher mehr gebracht. Aber sonst fällt mir jetzt gerade gar nicht so viel ein.

Dominik Dommick: Was ist mit dieser Passform-Thematik, über die du gesprochen hast? Die ist natürlich für euch einfacher vorherzusagen, weil die meisten Menschen im Alterungsprozess, du hast es vorhin sehr geschickt ausgedrückt, ich sage jetzt lieber nichts. sich im Volumen verändern, hast du glaube ich gesagt, ist aber trotzdem eine individuelle, nicht altersabhängige, genaueres Eingehen auf Passform. Wäre das nicht etwas, was im Fashion-Markt durchaus auch nicht nur bei den Alten noch wesentlich interessanter wäre?

Patrick Boos: Total. Damit hätte eBay jetzt keinen Stich gemacht, weil wir einfach keine Verkäufer waren, sondern nur Marktplatz waren. Aber absolut. Also auch ich Ich schätze Passform. So diese Hose, die ich jetzt hier anhabe, das ist eine Chino von so einem Versender aus England. Die kaufe ich ehrlich gesagt seit 20 Jahren mehr oder weniger so. Weil ich weiß, die 32, 32, das ist meine Hose, die passt mir. Und die Retourenquote ist ehrlich gesagt null. Und das gleiche gilt für die Sweater, die ich da kaufe und für die T-Shirts und so weiter. Also Passform ist nicht nur ein Zufriedenheitstreiber, sondern natürlich auch ein Retourensenker. Und wir wissen, was ein Prozentpunkt weniger Retouren, was für einen krassen Ebit-Effekt das hat. Also das ist absolut.

Dominik Dommick: Ist die Otto-Gruppe an anderen Stellen der Otto-Gruppe etwas aus euren speziellen Learnings?

Patrick Boos: Das müsstest du sie fragen. Ich beobachte da jetzt nicht so viel. Aber die haben natürlich auch nicht so viele Eigenmarken wie wir. Wir machen ja praktisch ausschließlich Eigenmarke. Also über 80 Prozent dessen, was wir verkaufen, ist wirklich selbst designt, selbst gestaltet. Und das macht Otto ja mittlerweile nicht mehr. Otto hat ja einen deutlich anderen Anteil an Eigenmarken.

Joel Kaczmarek: Aber ich bewundere es ja, dass du wirklich sagst, eigentlich ist es total schwer, so eine Passform im Alter immer hinzukriegen, weil da passieren einfach Dinge. Es ist ja schon für die Normalbevölkerung, die ja gefühlt relativ genormt scheint, schwer was Passendes zu finden. Also ich habe auch gerade gedacht, bei der einen Hosenmarke habe ich irgendwie 32, 30, dann mal 31, 30 und so weiter. Wie gelingt euch das, dass ihr da so präzise drin seid?

Patrick Boos: Wir haben eben wirklich diesen direkten Kontakt zu Kunden und wissen eben, was schickt sie zurück und was schicken vielleicht Kohorten von Kunden dieses neuen Styles zurück und was geben die als Retourengrund an. Das wird sofort eingearbeitet, das wird mit dem Lieferanten in Asien besprochen und so weiter. Da können wir schon ziemlich schnell darauf reagieren und da sind wir echt gut. Also die Retourenquoten, die wir haben, sind in der Regel nicht mehr wirklich Passform, also auch, aber nicht mehr so im hohen Maße Passform getrieben, sondern eher gefällt mir irgendwie doch nicht und wenn ich es an mir anschaue, dann passt es nicht oder so. Natürlich gibt es auch die sogenannten Auswahlbestellungen. Jemand bestellt sich eine 36 und eine 38 und eine 40 und so. Das gibt es auch und das treibt uns in die Retourenquote. Aber Passform als solche, da sind wir schon echt ziemlich gut. Das ist wirklich ein sehr guter USP.

Dominik Dommick: Sind Ältere vorsichtiger mit dieser Auswahlbestellung, wie du es gerade sagst? Einfach aus so einem gewissen, ich sag mal, vorsichtigeren Angang gegenüber Ressourcen und dergleichen? Also stereotypisch würde ich sagen, die Ältere ist nicht bereit, gleich zwölf Größen zu bestellen und der Jüngeren ist es egal. Kann man das so ein bisschen erkennen, dass das stimmt?

Patrick Boos: Also die ganz Alten, die kommen eben aus so einer Versandhauswelt, wo das genau so war und wo sogar die Versandhändler gesagt haben, mach das doch einfach, bestell doch einfach drei Sachen, ist doch egal. Und dann zieht es einfach zurück. Und das war natürlich auch eine Art von Kundenbindung.

Dominik Dommick: Also die machen das eher mehr?

Patrick Boos: Die machen das eher mehr, weil sie das gewöhnt waren. Man merkt aber jetzt, dass tatsächlich Nachhaltigkeit auch für die ältere Zielgruppe eine größere Rolle spielt, weil die auch so ein bisschen sagen Also was ich da eigentlich meinen Enkeln hinterlasse, da will ich schon auch ein Auge drauf haben. Nachhaltigkeit nimmt gerade echt zu. Merkst du das darin, dass die Leute bereit sind, einen Euro oder zehn mehr zu bezahlen? Noch nicht so richtig, aber die Fragen kommen mehr. Der Content, der zur Nachhaltigkeit führt, wird häufiger angeklickt und so. Das merkt man schon, wo es dann ins Wandel stattfindet.

Dominik Dommick: Was heißt Nachhaltigkeit bei euch? Gibt es bestimmte Produktlinien, die dann genau in diese Richtung

Patrick Boos: Genau, also nachhaltig heißt zum Beispiel, ist das Cotton made in Africa, also ist das irgendwie nachhaltig produzierte Baumwolle, ist das aus sustainable Fibers oder sozusagen regenerierten Fibers hergestellt, hat das bestimmte Siegel und so weiter. Das wird schon häufiger wahrgenommen jetzt.

Dominik Dommick: Aber das gibt es nicht als gesonderte Kategorie oder?

Patrick Boos: Nee, du kannst im Filter natürlich auch nach nachhaltig, das geht schon, kannst du schon danach suchen.

Joel Kaczmarek: Wie ist das eigentlich, du hast ja eben Asien und eure Hersteller erwähnt. Asien ist ja so das große Thema Live-Shopping. Du möchtest ja meinen, wenn man so an ältere Menschen denkt, wäre das nächste nach Katalog, was mir so einfällt, die QVCs und so dieser Welt. Habt ihr eigentlich eine eigene App und überlegt ihr auch über solche Dinge? Also denkt ihr darüber auch nach, dass ihr die mehr mal in so eine eigene Umgebung holt und damit solchen Programmen vielleicht auch nochmal so eine Alternative zum Katalog schafft?

Patrick Boos: Absolut, darüber denken wir nach. Jetzt ist die Reichweite noch in der App und in den mobilen Applikationen und so weiter zu gering, dass wir das wirklich profitabel machen können. Das wäre ein riesen Investment. Tatsächlich habe ich schon, ich bin selbst Teleshopping-Junkie sozusagen früher gewesen, ich finde dieses Format einfach sensationell, das Fernsehen zu nutzen, um etwas ausführlich zu beschreiben, die Vorzüge darzustellen und ich bin da früher echt Ich habe ständig irgendwas gekauft im Teleshopping. Also ich habe da eine Affinität zu und kann mir gut vorstellen, dass speziell unsere Zielgruppe dafür sich sehr gut eignet. Und das ist auch so eine Sache, die wir uns häufiger angucken, die wir immer so ein bisschen strategisch diskutieren, ob das nicht ein Format sein könnte. So eine Art Hybrid auf dem Weg vom Katalog ins Internet noch irgendwie so ein Bewegtbildformat zu finden.

Joel Kaczmarek: Also ihr habt aber schon eine App und die ballert noch nicht so richtig, habe ich jetzt gelernt.

Patrick Boos: Also was heißt die Barladies so richtig? Die hat einfach auch noch ein bisschen zu wenig. wirklich richtig gute App-Vorteile. Das ist im Grunde die Webseite in der App. Aber da arbeiten wir jetzt gerade dran, wie können wir wirklich die App, die ein tolles Kundenbindungs, wenn wir von Kundenbindung sprechen, ist es ja ein tolles Kundenbindungsinstrument. Und so die Push-Mitteilung und so weiter, das passt natürlich sehr gut zu dem, was wir sonst mit Katalogen machen. Aber da sind wir noch nicht gut genug, muss ich sagen. Da brauchen wir noch ein paar richtig gute Ideen und ein paar Ressourcen, um das auf die Straße zu kriegen.

Dominik Dommick: Den George-Forman-Grill und die Steakmesser.

Patrick Boos: Ja, klar.

Joel Kaczmarek: Ja, weil ich denke gerade so darüber nach. Also hier Superstreusel ist ja zum Beispiel so ein spannendes Startup. Die machen Streusel. Warum nur Streusel? Und die erzählten mir auch, wenn die einmal irgendwie bei Instagram so eine Live-Shopping-Geschichte machen, gehen die Zahlen hoch. Und dann denkst du so, ja, okay, Streusel easy. Dann hatte ich ein Gespräch mit Miss Pompadour. Die verkaufen Farben.

Patrick Boos: Ja, kenne ich. Superfirma.

Joel Kaczmarek: Da sagt die, ja, wir verkaufen, es ist nicht so viel, wir kaufen so 1.000, 1.500, vielleicht auch mal 2.000 bottige Farben, nachdem ich mal eine Stunde live war, wo ich beim Stuhl gefahren bin. Wie bitte? 1.500 Leute kaufen Farbe? Weil Farbe ist ja auch so gar kein, das kaufst du nicht tagesaktuell, sondern da brauchst du Bedarf. Deswegen, also wenn ich so drüber nachdenke, würde ich mir schon vorstellen, dass wenn ihr so ein bitte Instagram-Account habt und da mal irgendwie live shoppt, da geht doch bestimmt was, oder?

Patrick Boos: Ja, aber wo du gerade sagst, Miss Pumper, du hast Bedarf, ich glaube, das ist gerade jetzt noch mehr als Bedarf. Du wächst mit dieser ganzen Story um Farben und Farbwelten und Farbgestaltung und schöner Wohnen, wächst du, glaube ich, auch bedarf. Also ich finde, das machen die super. Ich bin total begeistert von der Firma.

Dominik Dommick: Da ist die Wand nicht unbedingt vergilbt und man muss sie streichen, sondern man denkt sich, sie könnte mal in einer anderen Farbe erstrahlen und reagiert dann darauf. Aber das heißt, geht ihr explizit in solche, wenn du sagst, das machen wir noch nicht genug, seid ihr da schon wirklich auf den letzten Metern solcher ausprobierenden Formate oder Oder ist es noch ein Powerpoint-Stadium?

Patrick Boos: Wir hatten ein Projekt, was sehr weit gediehen war, was wir jetzt aufgrund unserer Transformation, die wir machen müssen, zurückgestellt haben. Wir sind ja momentan in einer wirklich sehr umfangreichen Transformation, die über 100 Millionen Euro kostet, die sicherlich drei, vier Jahre dauert, wo wir unseren ganzen IT-Stack refactoren. Und wir können nicht alles parallel machen. Das ist ein riesiges Projekt.

Joel Kaczmarek: Also ihr habt IT-Legacy, die ihr sozusagen gerade behebt oder warum?

Patrick Boos: Wir haben eine sehr große Hypothek, würde ich mal sagen, in dem Bereich und die hat wahnsinnig gut funktioniert, solange wir nur Print hatten. Da war die stabil und es gab nie ein Problem. Aber wenn wir jetzt irgendwo eine Schraube aufdrehen wollen, dann müssen wir das ganze Haus irgendwie abbauen erstmal vorher. Also es ist so alles miteinander spaghetti-mäßig verwoben. Das müssen wir auf Standards bringen und auf eine größere Flexibilität bringen.

Dominik Dommick: Und wenn man dann hört, was du vorhin gesagt hast über Klingel, bei gleicher Herausforderung, dann ist das ja durchaus auch Nicht nur herausfordernd, sondern das kann auch gefährlich sein.

Patrick Boos: Das kann gefährlich sein. Wenn du einfach wochenlang keine Kataloge verschicken kannst oder wochenlang die Pakete nicht rauskriegst, dann hast du einfach recht ein Problem als Versandhändler. Also wie gesagt, ich bin da jetzt zu wenig Insider, als ich sagen könnte, das sei der einzige Grund gewesen. Aber es war sicherlich mitverantwortlich.

Joel Kaczmarek: So, wenn wir zum Schluss nochmal so ein Stück weit in die Zukunft schauen, siehst du noch so Elemente, also vielleicht softwareseitig oder auch bei euren Produkten, wo du sagst, da tut sich noch total was? Also man kann ja zum Beispiel so Sachen denken wie smarte Kleidung, nachhaltige Stoffe. Ihr könntet auch nochmal expandieren, neben Fashion vielleicht noch so angrenzende Kategorien mit dazu nehmen. Was sind da so deine Wetten?

Patrick Boos: Also ich glaube, Nachhaltigkeit ist mega wichtig und zwar wird das mehr und mehr ein Hygienefaktor. Also das werden irgendwann die Leute von uns erwarten. Bei dem, was du gesagt hast mit der smarten Kleidung, das ist glaube ich eine Sache, das ist zu klein für uns. Also nicht zu klein für uns, sondern das ist zu wenig relevant für unsere Zielgruppe. Da können wir uns dann verkünsteln, aber da glaube ich, etwas machen zu wollen, weil es einfach möglich ist und cool ist, das wird für uns keinen großen Mehrwert haben. Also du hast Sortimente angesprochen. Ich glaube total daran, dass wir diese Zielgruppe, die wir haben, die wir sehr gut kennen, auch mit anderen Dingen beglücken können. Es ist immer so eine Marketing-Strategie-Frage. Dein USP ist eben auf Bekleidung für 50 plus. Wenn du da jetzt ein Stück weit weg gehst, wir überlegen jetzt mal so ein bisschen Hardware zu machen und so. Kannst du das dann mit der gleichen Brand machen oder kannst du das nur mit den gleichen Kunden oder mit einer anderen Brand machen? Das überlegen wir gerade sehr stark. Aber wir haben 20 Millionen Kunden. Wir haben 20 Millionen Kunden in der Welt. Das ist echt ein Pfund. Und die kaufen dir nicht nur Kleidung. Die brauchen auch, was weiß ich was, Dekoartikel. Die brauchen auch Home-Tags und so weiter und so fort.

Joel Kaczmarek: Ich wollte gerade sagen, H&M Home, Zalando Beauty.

Patrick Boos: So ist es. Da geht was. Ja. Jetzt gerade bei Beauty, da hast du nochmal auch in der Logistik natürlich noch ein bisschen andere Herausforderungen. Da muss man gucken, dass das passt. Wir machen eben Kleidung, wir verkaufen tatsächlich auch ein paar Möbel und ein bisschen Home-Tags und Hardwaren. Ein-Mann-Handling-Sachen, das geht auch alles. Aber so Beauty und wo du dann verschiedene Ketten noch brauchst, das wird schwieriger. Aber ja, andere Sortimente, das ist für mich ein großes Thema. Bis hin zu Warum nicht auch mal irgendwann über Dienstleistungen nachdenken für diese Zielgruppe? Und da bewegen wir uns dann wirklich aus diesem Fashion-Segment raus. Und das ist auch eine Sache, die wir morgen machen wollen, aber über die wir uns natürlich Gedanken machen.

Dominik Dommick: Was kann das sein, Dienstleistungen in der Zielgruppe?

Patrick Boos: Das können Reisen sein, das können Pflegedienstleistungen sein und so weiter. Aber da bin ich jetzt wirklich so ganz am Anfang. Da komme ich einfach nur von dem Unfair Advantage sozusagen, dass wir diese 20 Millionen Kunden haben, von denen wir wissen, was sie sonst brauchen. Ja, genau.

Joel Kaczmarek: Ja gut, ich habe ja gelernt, Treppenlift, was es da noch alles gibt, Sanitätshaus, da geht ja noch einiges, wenn man wollte.

Patrick Boos: Ja, lustigerweise Sanitätshäuser online, das ist lustigerweise eine Sache, die geht überhaupt nicht. Da hatte Otto auch mal eine Initiative, aber der ganze Markt ist noch total abhängig von diesen stationären Sanitätshäusern, die wirklich auch in Ärztehäusern sind. Und das zu digitalisieren oder das auf so ein Distanzhandelsmodell zu bringen, das ist sehr, sehr schwer. Obwohl der Markt echt groß ist.

Joel Kaczmarek: Na gut, hey, dann lieber Patrick, es war ja wirklich ein bunter Ritt, was man alles so lernt. Ich glaube so hardly oder wirklich intensiv underestimated Zielgruppe, würde ich sagen. Von daher dir ganz, ganz viel Erfolg.

Patrick Boos: Vielen Dank auch.

Joel Kaczmarek: Und dir auch. Also ich sehe, du bist ja tief im Thema drin. Also man merkt eure Partnerschaft.

Dominik Dommick: Der eigene Altersprozess.

Joel Kaczmarek: Oder auch das, ja.

Patrick Boos: Joel, vielen Dank. Danke, Dominik.