CEO-Runde: Ist Nachhaltigkeit ein massentaugliches Geschäftsmodell?

8. September 2022, mit Joel KaczmarekDominik Dommick

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute habe ich wieder den lieben Dominik Dommick von PAYBACK an meiner Seite, denn wir wollen mal wieder ein bisschen Branchenbetrachtung machen. Wenn Dominik dabei ist, wisst ihr, dann reden wir immer über Commerce und meistens haben wir eine spannende C-Level-Runde am Start, die wir in bestimmten Verticals arrangieren. Heute ist unser Thema dabei Nachhaltigkeit. Das heißt, wir wollen mal nachforschen, ist Nachhaltigkeit eigentlich bereits zum massentauglichen Geschäftsmodell geworden? Oder ist das ein bisschen Schönfärberei, was da draußen manchmal am Markt passiert?

So, und dafür haben wir uns gleich drei Menschen eingeladen. Ihr müsst heute also euch echt anstrengen, beim Zuhören die Stimme auseinanderzuhalten. Zwei Männer, eine Frau und ich fange mal mit der Dame an. Das ist die liebe Jenni Baum-Minkus, die CEO von Gitti. Die machen Nagellacke und meine Frau war ganz heiß und interessiert, als ich erzählt habe, dass die kommt. Die ist nämlich schon mal ein Fan und wir hören gleich mehr von ihr. Dann den lieben Matthias Gebhard, der ist Geschäftsführer von Bergfreunde.de. Bestimmt vielen ein Begriff, da kann man sich eindecken, wenn man wie ich ab und zu einmal im Jahr zum Hobbyalpinisten wird oder auch zum Superprofi. Sehr spannende Dinge, die da passieren. Und last but not least, der liebe Constantin Eis, der ist Boardmember bei Lichtblick. Wer von euch also grünen Strom kauft, so wie ich, wir sind da sowohl mit der Firma als auch Privatkunde, der kommt heute auf seine Kosten. So, that being said, ihr drei, ja, drei plus eins, also vier. Moin moin, schön, dass ihr da seid.

Jenni Baum-Minkus: Hi. Hallo.

Joel Kaczmarek: Ja, jetzt habe ich euch sozusagen mit eigenen Worten vorgestellt, aber vielleicht sagt dir nochmal ein Satz jeder zu euren eigenen Firmen. Jenni, fang doch mal ganz kurz an mit Gitti, was ihr genau macht. Nagelack ist ja alles und nichts.

Jenni Baum-Minkus: Genau. Ich bin Jenni, die Gründerin von Gitti und tatsächlich machen wir nicht nur Nagelack, sondern wir revolutionieren die gesamte Beauty-Industrie. Wie machen wir das? Wir entwickeln tatsächlich innovative Formulierungen, also Produkte auf natürlichen Inhaltsstoffen und verpacken die in nachhaltigen Verpackungslösungen. Angefangen haben wir tatsächlich vor drei Jahren mit einem innovativen Nagellack auf Wasserbasis. Aber mittlerweile kriegst du bei uns alles von Nagel über Handpflege, Make-up bis hin zur Gesichtspflege.

Joel Kaczmarek: Sehr gut, sehr gut. Was kriege ich bei Bergfreunde so, lieber Matthias?

Matthias Gebhard: Also qua Mission verbinden wir Menschen mit ihren Outdoor-Leidenschaften. Heißt faktisch, du kannst bei uns alles kaufen, was du brauchst, um die beste Zeit draußen zu haben. Das tun wir seit knapp 15 Jahren relativ erfolgreich. Wir haben das letzte Jahr mit knapp 200 Millionen Euro Umsatz abgeschlossen und sind damit auch einer der größeren Player in dem Bereich und beschäftigen uns tatsächlich seit drei Jahren auch intensiv mit der Frage, wie können wir dieses Wachstum denn nicht auf Kosten des Klimas betreiben und unseren Kunden eigentlich ermöglichen, ein nachhaltigeres Leben und nachhaltige Einkaufsentscheidungen zu treffen.

Joel Kaczmarek: Ja, cool. Und Constantin, ich glaube, du bist noch am ehesten Plain Vanilla unterwegs. Also Strom und Bioqualität ist, glaube ich, relativ self-explanatory, aber hat ja tierische Dimensionen gerade, wenn wir uns mit Energie beschäftigen. Sag doch nochmal einen kurzen Satz auch zu Lichtblick.

Constantin Eis: Ja, Lichtblick ist, weil ich es einfach erkläre, der deutsche Pionier sozusagen für Ökostrom. Also die haben das erfunden vor 22 Jahren. Das ist der erste, der in Deutschland grünen Strom in jedes Haus gebracht hat. Und heute kümmern wir uns darum, Klimaneutralität nach Hause zu bekommen und auch die Menschen mobil zu machen. Und das ist auch so, wo sich die Company hin entwickelt hat. Also von Ökostrom, was ein reines Energiethema ist, hin zu einer Company, die sich um mehr Klimaneutralität kümmert.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. So, jetzt haben wir die Hörerinnen schon mal mit euren Stimmen geeicht. Jetzt wissen sie, wer hier wie klingt. Und Dominik, mit dir können wir mal anfangen, ein bisschen inhaltlicher zu werden. PAYBACK ist ja bestens verdrahtet im Markt. Also viele denken bei euch natürlich immer an die Läden, wo man die Karte vorzeigt. Aber ihr habt ja auch ganz viele Affiliate-Partner. Das heißt, auf dem Wege habt ihr ein super breites Netz an Unternehmen, die ihr eigentlich betrachten könnt von der Seitenlinie, wo ihr ganz viele Daten habt. Und deswegen ist für mich immer interessant, so am Anfang so im Gespräch immer mal deinen Blick der Marktlage zu haben. Wie ist es denn bei dir? Wie viele nachhaltige Anbieter siehst du? in eurem Portfolio und machst du da einen Trend aus? oder ist das so ein bisschen overhyped?

Dominik Dommick: Hallo erstmal. Das Schwierige an der Stelle ist, was genau ist Nachhaltigkeit? Ich glaube, über Definition können wir auch sprechen. Da sind hier die unterschiedlichsten Aspekte drin. Ich glaube, gerade wie wir hier zusammensitzen, ist es sehr, sehr umweltbezogen. Es gibt ja auch noch andere Aspekte und Teilbereiche. Das hat in den letzten Jahren auf jeden Fall deutlich zugenommen. Wir merken das schon in unserem klassischen Partnerportfolio, wie du gesagt hast. Also BAMME, REWE, DM, Penny, C&A, Bio-Lebensmittel, nachhaltige Mode, Lieferketten, Informationen, Aktionen gegen Köln. Küken töten, Bioprodukte, Nachfüllstationen und so weiter. Also das ist eindeutig zu sehen. Ich meine, das merkt jeder von uns, wenn er in den Laden geht, auch ohne Daten.

Wenn wir dann in den Online-Bereich gehen, egal ob Affiliate oder Official Partner, wie wir das nennen, da kommen einfach Brands dazu, die es vorher in dieser Wahrnehmung gar nicht gegeben hat. Und wir sehen auch, dass die Nachfragen sozusagen mitziehen. Das geht über Fashion-Angebote, HessNatur, Armed Angels, dann natürlich Partner Lichtblick, Bergfreunde tatsächlich. Wir sehen einfach, dass sowohl die Shops per se ergänzt werden, in Anführungsstrichen, und im Markt Nachfrage erfahren und eben dann auch auf der Nachfrageseite sich das entwickelt. Also absolut, glaube ich, kann man das als Trend bezeichnen. Nun haben wir gerade eine Situation, wir haben in diesem Podcast ja sowieso so ein bisschen alles simuliert, was in letzter Zeit schwierig war. Erst ist er uns ein paar Mal ausgefallen, weil immer abwechselnd einer gucken. Und jetzt hat sich die Situation auch nochmal ein bisschen, glaube ich, interessant verschärft. Sollten wir auch heute mal drüber sprechen. Also Kriegslage und Energiepreise und Haushaltspreise im Allgemeinen fühlen halt dazu, dass wir da auch wieder Veränderungen sehen. Also dass auf einmal wieder eine Abfrage sich verschiebt, weg von häufig ja auch etwas teureren Produkten hin zu einfachen Produkten und so weiter. Das sehen wir und da sollten wir heute auch nochmal drüber sprechen.

Joel Kaczmarek: Gut, ich wusste gar nicht, dass Bergfreunde bei euch sogar auch im Portfolio ist. Guck mal an, wieder was gelernt. Und jetzt möchte ich über eine Sache, bevor wir in Medias Res mit den Teilnehmenden gehen, noch eine Sache von dir wissen. Ihr macht ja immer so viele Korrelationen. Also ich habe von dir teilweise mal gelernt, dass wenn ein Partner mit euch zusammenarbeitet, dass der dann teilweise bestimmte Produkte nebeneinander stellt, weil ihr anhand eurer Daten Korrelationen feststellen könnt. Zum Beispiel, wer Katzenstreu kauft, kauft irgendwie auch Bier. Also so Sachen, die jetzt nicht so naheliegend sind. Wie ist es beim Thema Nachhaltigkeit? Gibt es da auch so Korrelationen, dass man sagt, Biosprit und keine Ahnung, Alnatura oder so?

Dominik Dommick: Ich habe mal so ein paar rausgesucht, die ganz lustig sind. Häufig sind die dann spannend, wenn man sie nicht so erwartet oder irgendwie ein bisschen ins Schmunzeln kommt. Also man kann sehr, sehr gut sehen bei uns, wenn wir eben Konsum und Ausgaben vergleichen. Viel- und Premium-Benzintanker kaufen mit deutlichem Abstand das meiste in Biomärkten. Also vielleicht etwas kontra zu dem, was man erwartet hätte. Android-Nutzer kaufen die vorgekochten Eier und iOS-Nutzer greifen zum Bio- und Freilandei.

Jenni Baum-Minkus: Absurd.

Dominik Dommick: Und Käufer von Ökomode essen interessanterweise besonders gerne Fast Food. Ich weiß nicht, ob euch das auch so ist. Und das sind tatsächlich Korrelationen jeweils in der Abweichung. 31 Millionen Kunden, Kaufverhalten, was sticht sozusagen nach oben oder unten heraus. Und das waren die drei, die ich am bestechendsten fand zu unserem Thema. Also es ist nicht immer so, wie man sich wahrscheinlich das Idealbild des Käufers malen würde, sondern häufig auch sehr, sehr widersprüchlich im Kaufverhalten. Zumindest was so die grundsätzliche Einordnung an Ja, okay, cool.

Joel Kaczmarek: Komm, dann starten wir nochmal irgendwie konkret rein. Also ich habe mir so verschiedene Cluster überlegt und als erstes würde ich mit euch gerne mal so ein bisschen über Nische versus Masse reden. Das ist ja so die Kernfrage, die einen schnell beschäftigt. Jenni, wie ist denn das bei euch? Ihr verkauft ja im Prinzip so ein Hochfrequenzprodukt, könnte man sagen. Also wenn ich jetzt in einer Drogerie, in einem DM wäre, das sind die Produkte, da kommen wahrscheinlich täglich neue Waren rein, Nagellacke und solche Dinge, die gehen raus wie warme Semmeln. Wie ist denn das? Sind da eigentlich Kunden überhaupt bereit, bei solchen hochfrequenten Sachen sich mit Nachhaltigkeit schon auseinanderzusetzen? Also ist das ein Massenthema oder musstest du da am Anfang erstmal wirklich Fersengeld zahlen?

Jenni Baum-Minkus: Also ich würde sagen, auf jeden Fall ist das schon ein Massenthema. Jetzt kommt bei uns natürlich noch dazu, dass wir ein Problem des Kunden oder der Kundin lösen, von dem sie vielleicht am Anfang noch gar nicht wusste, dass es existierte. Und zwar sind wir ja gestartet mit, dass konventioneller Nagelack leider immer noch Inhaltsstoffe enthalten kann, die Verdacht stehen, krebserregend zu sein oder sich auf den Hormonhaushalt auswirken. Und das Problem haben wir erst mal gelöst, indem wir genau auf diese Inhaltsstoffe verzichten. Auch ein Aspekt der Nachhaltigkeit, also ein besseres Produkt für den Menschen und nicht nur auch für die Umwelt. Und wenn der Kunde oder die Kunde natürlich darüber Bescheid weiß, der möchte dann schon gerne ein Produkt benutzen, wo er potenziell einen gesundheitlichen Schaden vornehmen kann, wenn es jetzt auch eine bessere Alternative gibt.

Von daher ist das für uns wahnsinnig spannend zu sehen, dass der Kunde auch bereit ist, dann natürlich dafür auch mehr Geld auszugeben, weil klar, unsere Produkte sind teurer. Was hinzugekommen ist und ich glaube, sich in den letzten zwölf Monaten noch mal verstärkt hat, ist dieser bewusste Lebensstil. Also wir haben nicht 150 Farben im Nagellack-Sortiment, sondern sehr ausgewählte Farben, die dann auch zu allen unterschiedlichen Hauttönen passen. Die entwickeln wir alle in-house. Wir produzieren in der EU, wir versenden klimaneutral und das sind alles Aspekte, die darauf reinfallen, dass wir nicht Nachhaltigkeit als einen Trend erleben, sondern als eine bewusste neue Lebenseinstellungen, wie man auch konsumieren möchte. Und ich glaube, das hat stark natürlich im Food-Bereich angefangen und wir sehen es jetzt auf jeden Fall, dass sich auch ganz stark auf den Beauty-Bereich transferiert.

Joel Kaczmarek: Ich bin ja ehrlich gesagt so ein untypischer Mann, wenn man in die Drogerie geht. Der normale Mann geht, glaube ich, hin, Deo-Bereich, Grapsch, die Marke, die er immer hat, zack und weg. Und ich gehöre zu den Kandidaten. Ich nehme immer so einen Scanner, so gibt es ja leider nicht mehr so richtig, aber so Codecheck und gucke mir die ganzen Inhaltsstoffe an. Wenn man sowas tut, kommt man relativ schnell an den Punkt. Also beim Beispiel Zahnpasta ist mir das mal aufgefallen. Ich glaube, es gibt keine Zahnpasta namhafter Art und Weise, wo nicht ein Stoff drin ist, der entweder hormonal wirksam ist oder irgendwelche Sachen, wie im Verdacht stehen, Krebs zu erregen oder, oder, oder, oder, oder. Aber lustigerweise, die Billigmarken eher, also wenn du so die DM-Eigenmarken nimmst oder Aldi oder sowas, die sind problemfrei, weil die nicht dieses ganze Shishi drin haben. Aber sind denn die Kunden wirklich so, dass die sich sowas in der Tiefe anschauen? Also gibt es da viele Verrückte so wie mich. oder ist das was, dass man das aktiv ins Marketing pushen muss?

Jenni Baum-Minkus: Also ich glaube, es gibt schon ein starkes Segment von Kunden, die danach suchen. Natürlich war aber auch ganz klar unser Pitch oder überhaupt unsere Legitimation, am Beauty-Markt aktiv sein zu dürfen, ist, dass wir dieses Problem lösen. Also so sind wir praktisch auf den Markt gestartet mit der ersten Vorbereitung. Also mit einer Nagellackformel, die auf Wasser basiert. Das hört sich jetzt für euch wahrscheinlich irgendwie total einfach an, aber tatsächlich ein Produkt, was sich einfach auf den Nagel auftragen lässt, was glänzen, hohe Deckkraft hat und was hält, basierend auf Wasser, ist eine wahnsinnig technische Herausforderung. Da haben wir anderthalb Jahre im Labor gearbeitet und waren tatsächlich das erste Unternehmen dieser Art, die überhaupt so ein Produkt auf den Markt gebracht hat. Interessant ist auch, denn dieses Produkt, es riecht nicht. Also ihr kennt das vielleicht, wenn eure Frauen zu Hause Nagellack auftragen, war streng starken Geruch und mit unserer wasserbasierten Formel hat man das gar nicht. Also von daher gerade natürlich auch über die Marketingkanäle, die wir dann natürlich genutzt haben und zum Start viel auch zusammen mit Influencern gearbeitet, ist natürlich super, weil die erklären das Produkt und das Problem, was der Kunde eigentlich hat und zeigen gleich die Lösung auf. Also von daher viel für uns, aber natürlich auch am Anfang Aufmerksamkeit für das Problem schaffen und eine Erklärung, was da überhaupt gerade am Markt erhältlich ist.

Joel Kaczmarek: Verkauft ihr eigentlich nur direkt oder seid ihr auch in den DMs und Rossmanns dieser Welt breit etabliert?

Jenni Baum-Minkus: Zum großen Teil noch direkt, also über 90 Prozent. Und wir arbeiten mit ausgewählten Stores, zum Beispiel das KDW hier in Berlin, das Oberpollinger und Alsterhaus oder das Lebermaschine in Frankreich. Also sehr Prestige-Premium-Kaufhäuser und Concept-Stores.

Dominik Dommick: Bei mir kommt eine Frage gerade. Vorhin sagtest du, wir produzieren in der EU. Wir haben ja alle mit einer gewissen Schadenfreude wahrscheinlich in den letzten Wochen so bestimmte Skandale verfolgt, wo angeblich in der EU hergestellte Produkte doch woanders herkamen und dann ganze Länder deswegen Probleme mit ihren Gründern hatten und so weiter. Also die Klimaschleifgeschichte und so weiter. Habt ihr da was gemerkt, dass sich Nachfragen verschärft haben? Stimmt das, was ihr sagt zum Thema Nachhaltigkeit? Oder ist das Marketingversprechen, wie wir da gerade gemerkt haben, dass nicht immer ganz so nachhaltig ist?

Jenni Baum-Minkus: Also wir haben auf jeden Fall in den letzten zwölf Monaten gemerkt, dass die Nachfrage sich verschärft. Wir haben ja von Anfang an, ich glaube, es ist einfach Credo der Marke, was für ein Produkt wollen wir schaffen, wo wollen wir produzieren. Also ich glaube, Nachhaltigkeit hat im Ganzen gedacht, darauf geachtet, mit welchen Laboren und Partnern arbeiten wir in Europa, sehen aber jetzt natürlich einen Rieseneffekt auf Verzögerung von Liefer-Timelines. Also ich glaube, das sei einfach, weil der Bedarf jetzt nach bestimmten Rohstoffen aus der EU ist viel höher und das wirkt sich natürlich bei uns dann direkt auf die Produktion aus.

Dominik Dommick: Aber so kritischeres Hinterfragen des Produktversprechens, das ihr habt, dass sich das auch verstärkt, das hast du nicht so?

Jenni Baum-Minkus: Wir haben auf jeden Fall eine sehr interessierte Kundengruppe, aber schon von Anfang an. Wir haben nicht festgestellt, dass es sich nochmal verschärft hätte.

Joel Kaczmarek: Und warum gibt es irgendeinen Love-Brand wie euch noch nicht bei DM? Die sind doch eigentlich immer schnell dahinter her. Online-affine Marken in hoher Qualität und so. Ist das, weil das schon so crowded ist, der Space, oder warum?

Jenni Baum-Minkus: Ich glaube, für uns natürlich eine Riesenchance, direkt an den Kunden zu verkaufen, weil wir über das Problem noch aufklären können. Also nicht jeder weiß, dass es überhaupt ein Problem mit Nagellack gibt. Und dass überhaupt, wenn ich ein Produkt wie Nagellack auftrage, ich die Stoffe zwei Stunden später meinem Körper nachweisen kann. Das heißt, all diese Informationen, die können wir ja gar nicht übertragen, wenn wir im großen Stil mit solchen Partnern zusammenarbeiten. Aber ich glaube, im nächsten Jahr wird man bestimmt das ein oder andere Gitti-Produkt noch stärker auch offline wahrnehmen. Die Firma ist jetzt drei Jahre alt. Vor drei Jahren saßen wir noch bei mir zu Hause im Esszimmer und haben die erste Formel gerade auf den Markt gebracht und sind natürlich extrem schnell gewachsen. warum wir noch nicht so stark auch dann im Retail offline aufgestellt sind.

Joel Kaczmarek: Matthias, komm, rollen wir mal zu dir rüber. Ihr seid ja auch relativ spezialisiert. Also ich hatte gestern, glaube ich, lustigerweise gerade Just Wiebelhaus vom Frankfurter Laufshop im Podcast. Der meinte, ich mache nichts im Sportbereich, was nicht mit Laufen zu tun hat. Ich muss ganz spezialisiert sein. Und ich nehme euch immer auch ein bisschen ähnlich wahr, aber korrigiere mich gerne mal, ob das falsch ist. Ich finde immer dieses Mantra, get big, get specialized or get out, ganz interessant. Ist das bei euch so, dass diese Nische, diese Spezialisierung für euch sehr gut funktioniert oder tue ich da eigentlich ein bisschen Unrecht? Weil meine Frage zieht natürlich darauf ab, gehe ich von der Nische in die Masse oder fängt man mit manchen Sachen gleich in der Masse an?

Matthias Gebhard: Ich glaube, du musst vor allem als Händler zunächst mal ganz genau wissen, was du sehr, sehr gut kannst und da musst du dann auch gut bleiben. Also insofern bin ich da bei dem gleichen Mantra wie der Kollege aus dem Laufshop. Unser Heritage, unser Mantra ist halt Bergsport. Das heißt, du kannst dich bei uns ausrüsten für eine Mount Everest Expedition und zwar von A bis Z. Die Größe oder das Volumen, das wir haben, erzielen wir natürlich dadurch, dass wir nicht nur auf die Hardcore-Kletterer abzielen, sondern natürlich auch eine gewisse Breite in dem Sortiment abbilden, weil selbst der ambitionierteste Alpinist will halt auch mal baden gehen am Strand und dann verkaufen wir ihm natürlich auch gerne die Badehose. jetzt dazu. Du brauchst diese Klarheit, wo die Spezialisierung ist, wo auch deine Skills sind. Wir reden später noch über Service auch und Beratung. Aber natürlich kannst du das Volumen auch nicht erreichen, wenn du nicht eine gewisse Sortimentsbreite hast, als Händler an der Stelle auch. Unser Zugang ist da der Bergsport.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich an ein Gespräch, was ich mal auch in so einem Fachgeschäft hatte. Da habe ich gesagt, ich hätte gerne eine Regenjacke. Und so eine Frage darfst du ja eigentlich im Fachgeschäft gar nicht stellen. Was soll die denn können? Wie viel soll die wiegen? Aus welchem Stoff? Wie atmungsaktiv? Und so weiter. Und es endete daran, dass mir dann ein Modell gezeigt wurde, das hatte so eine lange Ärmel. Und dann meinte ich so, was soll ich denn mit so einer langen Ärmel? Sind die fürs Fahrradfahren? Dann sagte der zu mir, nein, damit kannst du Kopf über einem Gletscher hängen und dir läuft das Eis nicht in die Ärmel.

Matthias Gebhard: Ja. Genau, aber wir verstehen Spezialisierung tatsächlich auch so, wir müssen gucken, also andersrum, wir reden hier von E-Commerce. Was macht erfolgreichen E-Commerce aus? Kunden, die sich letztlich wohlfühlen und dann wieder kaufen bei uns. Also dieses Flywheel ist ja überall das Gleiche und wir glauben, wir müssen letztlich dafür unseren Kunden was anbieten, was sie wünschen. Also wir müssen ihnen letztlich Nutzen anbieten. Und Nutzen erziele ich eben genau dadurch, dass ich dem Kunden, der eigentlich nur mit seinem Hund Gassi gehen will, eben nicht eine dreilagige Gore-Tex Pro-Jacke verkaufe, sondern ihm sage, die 200-Euro-Jacke tut es wahrscheinlich auch sehr, sehr gut. Also ich glaube, da ist eine gewisse Ehrlichkeit in der Beratung, in der Kommunikation. Es ist, glaube ich, ganz, ganz entscheidend dafür, dass ich langfristige Kundenbeziehungen aufbaue. Und das können wir, glaube ich, ganz gut.

Und das trifft sozusagen, glaube ich, auch so ein bisschen unseren Ansatz für Nachhaltigkeit. Grund ist mein Gefühl, wir haben Nachhaltigkeit nicht so sehr als Positionierungsmerkmal entwickelt oder weil wir sagen, wir glauben, dadurch verkaufen wir besser, sondern wir haben es letztlich für uns als Haltung irgendwie nochmal entdeckt und gestärkt. Und ich glaube, das ist die entscheidende Zutat, zu sagen, was ist das Motiv dahinter? Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Jennifer das auch so sieht. Am Ende des Tages geht es nicht darum, den Kunden zu sagen, kauf bei uns, weil das ist am nachhaltigsten, sondern der Kunde kriegt das beste Produkt und das ist auch nachhaltig übrigens oder das hat auch noch Zusatznutzen. Aber ich glaube, das ist das ganz Entscheidende. Ich war Anfang der 2000er mal bei Roland Berger als Berater beschäftigt und da hat man sich viel mit Zielgruppen und so weiter beschäftigt. Und da gab es diese imaginäre Zielgruppe der LOHAs, Lifestyle of Health and Sustainability.

Die kennt ihr vielleicht alle noch. Und damals war der Pitch von den großen Beratungen, wir gehen irgendwie an die großen Firmen da draußen und verkaufen ihnen letztlich Zielgruppen, damit sie Produkte auch für die Zielgruppen bauen können. Ich glaube, die Phase ist zum Glück vorbei. Also meine ganz starke Hypothese ist, das können wir gleich nochmal über ein paar Sachen reden, aber dass Nachhaltigkeit eine elementare Zutat ist von letztlich hochwertigen Premium-Angeboten. Das ist aber keine wirkliche Alleinstellung mehr. auch von der Herangehensweise und von der Haltung her.

Dominik Dommick: Vielleicht eine ganz interessante Anmerkung an der Stelle. Wenn du sagst, Lohas steht bei mir ja auch auf dem Zettel, ist tatsächlich einer unserer Scores. Also wir arbeiten mit Dutzenden, Hunderten von Scores zusammen.

Matthias Gebhard: Geil, die gibt es noch.

Dominik Dommick: Genau, um der Base letztendlich so Targeting zu verbessern. Das Interessante daran ist, wenn wir versuchen, die Aspekte zu kombinieren, die wir dem zuordnen würden, dann findest du auf eine Sache auf jeden Fall, und das ist eine deutlich höhere Online-Affinität als bei anderen. Das ist ganz interessant. Doppelt so hoch, als wir in den restlichen Sekunden waren.

Matthias Gebhard: Ich glaube grundsätzlich, das ist ja auch das, was du vorhin mit dem Betriebssystem hattest. Natürlich, gerade ab einem gewissen Alter, habe ich wahrscheinlich potenziell klassische Premium-Zielgruppen, um mal sozusagen in der Beratersprache zu bleiben, mit einem höheren Einkommen, einem höheren Bildungsniveau, einem stärkeren Interesse auch an bestimmten Nachhaltigkeitsthemen. Das korreliert natürlich irgendwie alles miteinander. Und am Ende des Tages hast du da wahrscheinlich den typischen modernen Grünen-Wähler.

Also ich will jetzt gar nicht über Parteien reden heute, aber diese Zielgruppe, umweltbewusste, relativ wohlhabende Menschen, die, wenn man ehrlich ist, und da möchte ich mich auch nicht ausnehmen, so ein bisschen paradoxes Konsumverhalten haben, weil auf der einen Seite kaufen sie natürlich alles im Alnatura, legen Wert auf den nachhaltigsten Nagellack und die beste Zahnpasta, aber fliegen halt dann in Urlaub irgendwie für mehrere Wochen im Jahr. Also das ist ja typisch, dass auch die Zielgruppe die schlechteste Klimabilanz hat, obwohl sie vermeintlich am meisten konsumiert im nachhaltigen Bereich. Das ist ein Paradox, da will ich auch nicht urteilen drüber, weil sonst müsste ich auch über mich selber urteilen. Aber das kriegst du nicht ganz raus aus dem Thema. Nichtsdestotrotz ist es super wichtig, dass es diese Zielgruppen gibt und dass die den Konsum auch treiben in die Richtung, weil nur so kriege ich auch Traktion und Volumen dahinter.

Dominik Dommick: Wie gehst du um mit diesem Konflikt, den wir ja alle gewissermaßen haben? Also da können wir uns, glaube ich, alle nicht ausnehmen. Ihr habt gerade den 2021-Umsatzrekord gehabt, was euch natürlich gewaltig freut. Auf der anderen Seite sind mehr Produkte natürlich auch irgendwo das Gegenteil von Nachhaltigkeit im Markt. Die finden sich auch in den Bergen und in den Flüssen wieder, weil sich irgendeiner liegen lässt. Der Malerjahr ist voll. Ich war da noch nicht, aber zumindest sieht man es ja ab und zu dann mal. Wie geht man in eurer Position mit diesem Konflikt um, dass ja eigentlich das zusätzlich verkaufte Produkt immer in sich schon wieder ein Nachhaltigkeitswiderspruch ist?

Matthias Gebhard: Das ist zunächst mal eine unlösbare Frage auch. Ich habe vorhin über Haltung gesprochen, das sind jetzt große Kategorien, aber ich glaube, am Ende des Tages geht es darum, dass man sich bewusst wird, dass man in diesem Spannungsfeld operiert, weil unsere Mitarbeiter stellen uns ja genau die gleichen Fragen, die sind sozusagen unsere größten Kritiker, dass man in dem Spannungsfeld sehr, sehr offen kommuniziert und dann auch mit den Kunden und dann natürlich versucht, Es gibt nicht schwarz und weiß, sondern irgendwie den bestmöglichen Kompromiss irgendwie zu finden für sich selber als Firma. Wir versuchen tatsächlich an der Stelle, wir haben uns relativ ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt, zu sagen, unser zukünftiger Footprint muss halt einfach deutlich nach unten gehen.

Und zwar nicht nur in dem, was wir selber tun, sondern auch in den Produkten, die wir verkaufen. Das ist ja der größte Hebel, den wir eigentlich als Händler haben. Ist gar nicht so sehr, wie viel Emissionen hat der Versand, den wir erzeugen oder wie viel Emissionen haben unsere eigenen Operations. Das ist der größte Hebel, den wir haben, ist sozusagen, welche Sortimente verkaufen wir. Also letztlich können wir es dem Kunden einfacher machen, umweltbewusster zu operieren. Und das sind die krassen Entscheidungen, die ich am Ende des Tages auch treffe, weil ich sage, Lieferant A nehme ich noch rein, Lieferant B nicht mehr. Das steht da am Ende des Tages. Spätestens dann wird es auch für uns eine relativ kommerziell relevante Diskussion sein. Aber das sind so die Ziele, die wir uns gesetzt haben und wo wir auch sehr, sehr ambitioniert unterwegs sind. Und dann geht es immer darum, das sehr, sehr offen zu diskutieren, auch intern und versuchen, die richtige Linie zu finden. Und ganz pauschal kann man die auch immer gar nicht so skizzieren.

Jenni Baum-Minkus: Tatsächlich im Beauty-Bereich finde ich das gar nicht so als Widerspruch, weil ich glaube, wir verkaufen ja ein Produkt, was du am Ende des Tages ja nicht unbedingt brauchst. Ich verstehe ja, wenn du jetzt eine Klettertour auf den Mount Everest machst, brauchst du eine gute Ausstattung. Brauchst du jetzt wirklich ein Lipgloss, um morgens rauszugehen und zur Arbeit zu gehen? Fragsam. Ich glaube aber, der Aspekt, auf den wir einzahlen, ist, dass anstatt, also du wirst dem Kunden nicht sagen können, hör auf zu konsumieren, weil das ist ja ein Spaßprodukt. Das ist ja einfach freudvoll, es macht Spaß, sich die Nägel zu machen, es macht Spaß, Beauty zu tragen. Aber anstatt ein konventionelles Produkt zu benutzen, was vielleicht schlecht für dich, deinen Körper und die Umwelt ist, schaffen wir einfach die bewusstere Alternative. Ich glaube, das ist am Ende des Tages das, was, glaube ich, uns auch antreibt, das zu machen, weil der Kunde wird nach wie vor immer das Interesse haben, diese Produkte zu konsumieren. Aber wir sehen es in der Verantwortung, einfach die besseren Produkte auf den Markt zu bringen, sowohl für Mensch als auch für Umwelt.

Joel Kaczmarek: Constantin, lass uns mal ein bisschen zu dir kommen. Wie habt ihr denn so gestartet? Weil ich jetzt gerade versuche, dieses Mantra zwischen Masse versus Nische aufzumachen. Hattet ihr auch so die Top 3% Superverdiener oder war das relativ schnell ein Reichweitenthema? Wie war das bei euch?

Constantin Eis: Ja, das ist wirklich komplett in der Nische gestartet. Also Lichtblick ist mit acht Personen gestartet. Das waren die acht ersten Mitarbeitenden. Die hatten wirklich auch ganz klar irgendwie sich als Ziel gesetzt, die Welt zu verbessern. Also das hatte am Anfang gar keinen kommerziellen Hintergrund. Dann kam die Marktliberalisierung in Deutschland. Also 1998 ist jetzt schon sehr, sehr viel Vergangenheit im Vergleich zu irgendwie einer Company, die drei Jahre alt ist, wie Gitti. Und dann war das so ein bisschen David gegen Goliath. Damals mussten die sich halt so durchkämpfen, damit sozusagen überall in Deutschland grüner Strom ankommt. Und unsere Kundengruppe, also wenn man die segmentieren möchte, ich musste gerade eben so ein bisschen schmunzeln, also wir haben auch extrem viele Daten von unseren Kunden, aber die sind sehr, sehr homogen. Also das ist auf der Targetierungsseite total angenehm.

Es sind in der Regel Leute, die sich schon ein bisschen Gedanken darüber gemacht haben. Wir haben einen sehr loyalen Kundenstamm, also die Leute sind sehr lange da. Ich habe mal im Kanzlerauberg gewohnt und am Kollwitz-Kiez standen Mitarbeiter von uns und der hat wahrscheinlich auch dafür gesorgt, dass du da gelandet bist, wo du gelandet bist. Und das ist komplett in der Nische gestartet und gleichzeitig ist dann das aber auch zu einem Massenphänomen geworden. Heute gibt es 1400 sozusagen Ökostromtarife. Also wir sind froh, dass es die gibt. Es gibt viel Angebot, aber gleichzeitig ist es dann halt auch einfach beliebig geworden. Und deshalb mussten wir uns eigentlich neu erfinden und das haben wir getan. Eben die Diskussion, welchen Lieferanten listet man einen aus? Wir haben das für uns klar beantwortet.

Als ich zu Lichtblick gekommen bin, hatten wir nicht gedacht, dass wir eine CSR-Strategie brauchen. Aber wir brauchten die auf jeden Fall und ganz dringend. Wir sind jetzt der erste Anbieter, der sagt, bis 2035 komplett Scope 3 klimaneutral zu sein. Das klingt so banal, aber das ist für uns ein Riesenbrett. Wir haben mehr als 100.000 fossile Gaskunden. Und die haben einen großen Footprint. Selbst unser Strom, und der ist sehr, sehr grün, läuft durch Netze und die werden ausgeglichen. Also wenn man so Elektrizität von A nach B schickt, also ich bin jetzt kein Physiker, aber da ist immer so ein bisschen Verlust. Das wird in Deutschland mit Braunkohle in der Regel ausgeglichen. Und alleine da Transparenz reinzubringen, war für uns eine relativ große Aufgabe und ist es nach wie vor. Und das hilft uns aber, einfach konsequent in der Strategie zu sein und unseren Weg da zu verfolgen und halt auch besser zu priorisieren.

Joel Kaczmarek: Bei mir ist es so, ich habe eine Nachbarin, die arbeitet bei Vattenfall, schon seit 20, 30 Jahren. Und neulich traf ich sie im Treppenhaus und meinte so, machst du eigentlich Ökostrom? Ja. Ich sage, wo bist du bei Lichtblick? Und in der Sekunde, wie ich es ausgesprochen habe, fiel mir auf, was das für eine unglaubliche Beleidigung war. Nein, natürlich nicht. Das würde ich niemals wagen. Wie ist denn das heutzutage? Ich habe immer den Eindruck gehabt, in der Vergangenheit, dass große Anbieter nachgezogen sind, haben dann so 50 Prozent Atomstrom gemacht, 50 Prozent grün und haben gesagt, das ist unser Bio-Angebot. Ist das noch so?

Constantin Eis: Es ist schon so. Also es gibt keinen großen Stromanbieter in Deutschland, der keinen Ökostromtarif in seinem Angebot hat. Nichtsdestotrotz sind, wenn man sich sozusagen den CO2-Footprint anguckt, von der Kilowattstunde, der ausgestoßen wird, dann sind die Großen da alle irgendwie so bei 400, 500 Kilo pro. Also das ist wirklich sehr, sehr viel dann auch auf den Kunden runtergerechnet. Wir haben da so Charts, die passen dann, also müssen wir immer die Achsen brechen, weil das gar nicht mehr drauf passt. Viele Kunden sind in Deutschland in der Grundversorgung, die Tarife sind in der Regel auch nicht grün. Also auch wenn der Strommix in Deutschland immer grüner wird, was richtig ist, sind die Kunden teilweise sehr, sehr träge noch und teilweise noch in grauen Tarifen. Das Beispiel, was du mit deiner Nachbarin hast, das ist sehr, sehr lustig, wenn man dann auf Leute trifft, dann fragt man sowas. Habt ihr denn für einen Strom? Und ganz oft ist die Antwort, dass sie es gar nicht wissen.

Du hast gerade eben gesagt, du bist Kunde, die Company ist Kunde. Das sind in der Regel bewusste Entscheidungen, die du getroffen hast, weil du dich wahrscheinlich mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Und das ist auch das, was wir nach wie vor sehen. Wir sehen nach wie vor, dass es vor allen Dingen Leute sind, die sich für das Thema interessieren. Wir haben mehrere Krisen gerade, aber die Klimakrise ist ja nicht vorbei. Also während wir sprechen, ist ja eine sehr schleichende Krise. Und was wir sehen, ist, dass gerade bei den jungen Menschen das Thema viel, viel stärker top of mind ist als bei Älteren. Also wenn man dann auch sich so die Studien anschaut oder auch wenn wir mit Kunden sprechen und Kunden, ich sage immer zu den Teams so, sprich bitte nicht mit irgendwie unserer Kernkundschaft, sondern sprich irgendwie mit den 16-, 17-Jährigen, die draußen sind. Und da ist es total top of mind. Und die Korrelationen könnten nicht höher sein.

Joel Kaczmarek: Also nachhaltiger Lebenskonsum, Aber hast du auch so diese Scheinheiligkeits-Zielgruppe, die irgendwie bei Fridays for Future irgendwie demonstriert und dann den Rückweg nach Hause mit einem SUV antritt?

Constantin Eis: Also ja, haben wir auch. Ist bestimmt ein Anteil von unseren Kunden. Also wir haben sehr viele Kunden, die auch so wirklich so Öko-Pioniere waren. Also die fahren nicht mit dem SUV, sondern die fahren mit dem Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber was ich immer wieder feststelle, ist, dass den Menschen gar nicht so bewusst ist, wie viel CO2 sie eigentlich wirklich im Footprint haben. Also sie haben kein Gefühl dafür, was es bedeutet, mit dem Flugzeug zu fliegen oder was es auch bedeutet, mit dem Auto zu fahren. Und ich glaube, da ist noch sehr, sehr viel Education zu tun und wir müssen uns auch als Gesellschaft halt fragen, wenn wir das ernst nehmen mit so einem CO2-Budget, das wir global in der Welt haben, wie bepreisen wir das und wie findet das dann auch sozusagen seinen Weg zurück in die Produkte?

Und Wir differenzieren natürlich jetzt, sind sehr auf der B2C-Seite unterwegs. Die viel größeren Veränderungen entstehen gerade auf der B2B-Seite. Also unsere Kunden kommen heute auf der B2B-Seite auf uns zu und sagen, okay, bei mir wurde im Board beschlossen, dass wir klimaneutral werden und ich habe gar keine Ahnung, wie groß mein Footprint ist. Und dann fängt man an, mit denen sich hinzusetzen und zu überlegen, wie viel CO2 emittieren die denn? Und dann kommt man ganz schnell drauf, ja, man kann ein paar Maßnahmen machen, aber es darf halt wirklich eine richtige Anstrengung und das dann auch einzupreisen. Also das ist schon noch eine Herausforderung. Das Gute ist, fossile Energie ist jetzt so teuer und wird immer teurer, also dass es immer mehr zum No-Brainer wird. Und das ist, glaube ich, die einzige positive Seite sozusagen aus dieser ganzen Misere sozusagen, in der wir uns gerade befinden, geopolitisch, dass da ein massives Umdenken gerade halt passiert einfach.

Joel Kaczmarek: Aber apropos Preis, gute Brücke, um vielleicht mal von Nische versus Masse auf so ein zweites großes Thema zu kommen, nämlich Preissensibilität und Preismanagement. Also euer Produkt, wenn ich es jetzt kaufe, ist ja nicht sexy. Das ist halt Strom, der soll gehen. Es ist vergleichbar, es ist irgendwie sehr, sehr transparent. Wie habt ihr es hingekriegt, dass man trotzdem Nachhaltigkeit als so einen Differenziator sieht, dass man sich damit auch brandet, gerade wenn dann die Großen nachziehen? und was labeln, was vielleicht gar nicht so grün ist wie ihr?

Constantin Eis: Ja, also ich glaube, es braucht einfach eine starke Marke, also Punkt Ende. In einem Commodity-Bereich, wo es 1.400 Anbieter gibt, muss man irgendwas rausstechen. Es ist eine Marke, es ist guter Service, also beim Kunden. Und dann auch Services, also wir müssen unser Produktangebot erweitern, also von Commodities hin zu Non-Commodities. Also ob das jetzt E-Mobilität ist oder ob das sozusagen die Photovoltaikanlage zu Hause ist. Der Kunde hat heute Ganz andere Herausforderungen, als er die noch hatte. Auf der B2B-Seite habe ich die gerade eben angerissen, was CO2-Neutralität und CO2-Accounting angeht. Das sind so Sachen, an denen wir sehr, sehr intensiv arbeiten und deshalb haben wir auch sozusagen den Lichtblick nochmal verändert.

Dominik Dommick: Wie hoch ist bei euch der Anteil B2B und B2C und wie ist er im Markt?

Constantin Eis: Ja, also der B2B-Markt ist viel, viel größer auf der Energieseite als auf der Privatkundenseite. Das sieht man ja jetzt auch sozusagen in der Gasdiskussion, die wir gerade in Deutschland haben. Also ungefähr 20 Prozent gehen in Gaskraftwerke von dem Gas und dann jeweils 40 Prozent Haushalte, 40 Prozent Industrie. Und es gibt halt Industriekunden, die haben Einstellige Prozent, also ein BASF, die nehmen acht bis neun Prozent vom Gas in Deutschland ab. Und das sind halt auch so Sachen, die in der Diskussion auch manchmal vergessen werden. Viel vom Wohlstand ist natürlich auch durch billige Energie entstanden. Und halt durch falsche Infrastrukturentscheidungen der Vergangenheit. Jetzt natürlich immer einfach zurückzugucken. Aber der B2B-Markt ist auf der Energieseite größer als der B2C-Markt. Viel, viel größer.

Joel Kaczmarek: Jenni, wie ist denn das bei euch, wenn wir über Preissensibilität reden? Also Nagellack, krasses Massenprodukt. Wenn ich in der Drogerie gehe, ich weiß gar nicht, wie viele Farbabstufungen es gibt, wie viele verschiedene Anbieter, Eigenmarken, Markennamen. Boah, wie ist denn bei euch das gelungen, dass ihr so eine Love-Brand kreiert und auch irgendwie so ein Preisthema durchgesetzt kriegt?

Jenni Baum-Minkus: Ich glaube, wieder auf das Thema zurückkommen, was ich anfangs schon erwähnt habe, aufzuklären, dass es damit ein Problem gibt, dass wir ein ganz starkes Alleinstellungsmerkmal haben mit den Produkten, die wir anbieten. Und dazu kommt natürlich auch noch dieser Beauty-Aspekt, du hast gerade schon angesprochen, bestimmte Farben. Wir entwickeln tatsächlich die Farben auch bei uns in-house im Team in Berlin. Und die unterscheiden sich sehr von dem, was du jetzt in der Drogerie tatsächlich sehen würdest. Und das sind natürlich zwei Aspekte. Also auf der einen Seite die für dich bessere Formulierung, was Inhaltsstoffe anbelangt, anzubieten.

Und dann natürlich auch nochmal besondere Farben. Und natürlich auch das Thema Marke kommt, glaube ich, ganz stark hinzu. Also mit Gitti sind wir sehr provokativ als Beauty-Marke unterwegs. Wir leben sehr die reale Welt von Beauty. Bedeutet, du siehst bei uns nicht die perfekt manikürten Model-Hände, sondern du siehst Hände wie dein und meine. Also bei uns ist tatsächlich jedes Alter, jedes Geschlecht, jede Farbe. Und das schon von Anfang an. Das stößt natürlich auch viel auf Provokation. Also gerade wenn wir tatsächlich Männer zeigen, die Nagellack tragen. Das ist noch ein sehr provokantes Thema in Deutschland, leider. Aber es führt natürlich auch dazu, dass du eine ganz starke Community schaffst, die das natürlich auch feiern, dass wir diese Transformation im Beauty-Markt mitbewegen.

Joel Kaczmarek: Okay, also Community-Building, höre ich daraus, ist ja ein zentraler Faktor, ja?

Jenni Baum-Minkus: Essenziell, ja.

Joel Kaczmarek: Weil das finde ich immer so, also gibt es da ein Rezept für? Weil alle Menschen, mit denen ich darüber rede, habe ich das Gefühl, da gibt es eigentlich nur eine Antwort und das ist Zeit. Meistens haben solche Menschen früh angefangen und sehr viel Energie reingesteckt und das sehr langsam über sehr lange Zeit aufgebaut.

Jenni Baum-Minkus: Ja, ich meine, also wie gesagt, uns gibt es jetzt drei Jahre. Am Anfang saß ich alleine zu Hause im Esszimmer und habe bei Instagram erzählt, vor 21 Followern, was ich da vorhabe und davon waren 20 meine Freunde und habe einfach alles von der Reise geteilt. Also alles, was schiefgegangen ist, hat anderthalb Jahre gedauert, bis überhaupt dieses erste Produkt entstanden ist. Und ich habe alles, was schiefgehen kann, ganz offen und transparent geteilt. Und das führte tatsächlich dazu, dass wir am Launch-Tag ein bisschen mehr als 1.000 Leute auf dem Newsletter hatten, die dann dafür gesorgt haben, dass unsere erste Kollektion in weniger als zwei Stunden online komplett ausverkauft wurde.

Und im ersten Jahr, wir hatten Kundenakquisitionskosten von weniger als drei Euro, weil halt einfach die Community das so stark getragen hat. Und die wächst, aber das braucht Zeit. Und das darf auch starkes Involvieren der Community. Also wir involvieren sie in die Produktentwicklung, in die Farbentwicklung und ist wahrscheinlich so ein bisschen auch so eine Essenz mit der Marke.

Joel Kaczmarek: Okay, ich muss mal gucken. Der geneigte Zuhörer, die geneigte Zuhörerin sieht es ja nicht. Du trägst heute weiß.

Jenni Baum-Minkus: Oatmilk trage ich heute. Oatmilk. Aus deiner Sicht sieht es aus wie ein Weiß, aber es ist natürlich ein ganz spezielles Weiß mit so einem leichten Vanillatouch. Oatmilk heißt die Farbe. Gibt es aber gerade nur noch limitiert. Also wenn ihr sie gerne hättet, ist tatsächlich eine Farbe gewünscht von der Community und als Community-Farbe diesen Sommer auf den Markt gebracht und nur noch wenige verfügbar. Also sollte schnell sein.

Joel Kaczmarek: Bevor wir gleich auch die lieben Matthias nochmal fragen zu dem ganzen Thema Preissensitivität, aber auch Service, würde mich mal interessieren, so eine Doppelfrage. Ist denn eigentlich immer teuer, nachhaltig auch gleich automatisch besser? Und wie ist es eigentlich so mit der Ressourcenverfügbarkeit? Weil ich könnte mir vorstellen, wenn da irgendwelche Bestoffe drin sind, die vielleicht aus Pflanzen gewonnen werden, die es in Bioqualität einfach nicht so viel gibt, dann bist du ganz schnell irgendwie am Ende der Reise bei bestimmten Produktreihen.

Jenni Baum-Minkus: Absolut. Also Ressourcenverfügbarkeit ist tatsächlich für uns ein Thema. Ganz klar, besonders wenn du halt klar definierst, von woher darf der Rohstoff nun kommen. Das ist gerade eine extreme Komplexität für uns in der Produktion und auch in der Herstellung der Produkte. Und ich glaube, am Anfang sind wir nicht davon ausgegangen, dass wir so einen schnellen Wachstum erleben, dass wir schon ganz schnell an diese Ressourcenknappheit kommen. Ich glaube Dass wir aber am Ende des Tages mit diesem Produkt und mit nachhaltigeren Inhaltsstoffen, die wir nutzen, bei uns ist das ja tatsächlich viel natürlicher Inhaltsstoff, also Nagellack auf natürlicher Basis, schon das bessere Produkt schaffen. Weil uns ist klar, das Leistungsversprechen muss der Kunde immer noch haben.

Du kannst kein Produkt auf den Markt bringen, was am Ende des Tages eine schlechtere Leistung hat als konventionelle Nagellack jetzt in dem Fall. Es muss genauso gut aussehen, halten etc., Wenn du dann aber noch sicherstellst, dass die Inhaltsstoffe gesünder sind für dich und die Umwelt, dann gibt es eigentlich gar keinen Aspekt, warum du sagen musst, das ist nicht das bessere Produkt für uns alle. Natürlich hat es immer noch einen gewissen Preispunkt. Bei uns natürlich auch noch getrieben. Wir sind natürlich jetzt noch nicht so riesengroß. Das sind immer noch kleinere Liefermengen etc. Und die Produktentwicklung ist natürlich auch intensiv. Wir haben ja eine Produktentwicklung tatsächlich bei uns in-house im Team. Also da fließt wirklich viel Zeit und wissenschaftliches Know-how rein in das Aufstellen der Produkte. Und das schlägt sich natürlich auch immer noch viel im Preis wieder.

Joel Kaczmarek: Gut, Matthias, wie angedroht, lass uns mal ein bisschen über deine Sparte reden. Wenn ich jetzt hingehe und sage, das ist ein sehr nachhaltiges Produkt, ist es eigentlich auch immer dann automatisch dadurch ein besseres? oder ist es manchmal vielleicht auch gar nicht unbedingt besser, was Nachhaltiges zu kaufen, rein qualitativ?

Matthias Gebhard: Kommt ja darauf an, was dein Kriterium ist. Nein, natürlich ist es nicht so, dass automatisch ein Produkt, das irgendwie nachhaltig ist, auch automatisch besser ist von den, nennen wir es mal, funktionalen Features. Ich glaube, es ist ganz genauso, wie Jenni sagt, die Mindestanforderung an jedes Produkt ist nachhaltig. Also nur weil ich nachhaltig bin, verkaufe ich mich nicht, sondern ich muss am Ende des Tages gleich gut oder besser sein und zusätzlich noch nachhaltig und dann funktioniert es. Und das ist eigentlich das Spannende. Ich kann jetzt mal drei Marken nennen, die bei uns gerade sehr, sehr gut funktionieren. Das ist eine Marke wie Patagonia, eine Marke wie VAUDE oder eine Marke wie Ortovox.

Alle drei Marken haben relativ starken Nachhaltigkeitskern, aber alle haben halt noch ganz, ganz viel anderes. Und deswegen funktionieren die und funktionieren die auch zu den Preispunkten. Und das ist, glaube ich, die entscheidende Größe. Wir haben auch schon kleine, total gute Marken hier im Sortiment gehabt. Also wir haben da auch eigentlich Datenpunkte, wo die Produkte aber nicht gut waren am Ende des Tages und die haben halt nicht funktioniert. Nur weil Nachhaltigkeit draufsteht, setzen sich die Marken tatsächlich dann auch nicht durch und gleiches gilt übrigens auch für den Preis. Ich kann auch nur, weil ich nachhaltig bin, keinen Preispremium verlangen, sondern ich muss letztlich Kundenprobleme lösen. Das tun zum Beispiel die drei genannten Marken sehr, sehr gut und dann bist du am Ende des Tages auch wieder bei der Marke, also bei der Brand. Das sind auch alles drei sehr starke Marken, die auch ein starkes Storytelling haben, die, wir haben vorhin darüber gesprochen, wie baue ich eigentlich diese Relevanz auf beim Kunden, diese Community, letztlich über eine Kombination aus Zeit, Haltung, Authentizität und Relevanz.

Also ich muss auf einen langen Zeitraum irgendwie eine relevante Position aufbauen und die muss auch irgendwie in sich stimmig sein. Wenn ich jetzt nachhaltig bin als Marke oder ein Stück weit stärker als andere Marken darüber spreche, was ich tue im Bereich Nachhaltigkeit, dann exponiere ich mich ein Stück weit auch. Das heißt, auch da muss ich eigentlich viel, viel besser, viel, viel sorgfältiger, viel, viel ehrlicher kommunizieren. Das gilt für unsere Marken, die wir verkaufen als Händler, als Drittwerken, genauso wie für uns als Händler, wenn wir mit unseren Kunden über Nachhaltigkeit reden. Auch dann müssen wir sehr sorgfältig sein, weil natürlich sind die Kunden zu Recht kritisch und wollen auch verstehen, was steckt dahinter am Ende des Tages.

Dominik Dommick: Welche Rolle spielen so Produktlabels, Zertifikate, Fairtrade und sowas dann da drin nochmal in der Glaubwürdigkeit über die Marke hinaus?

Matthias Gebhard: Das ist wahrscheinlich das Problem des Textilmarktes im Allgemeinen. Wir machen es den Kunden halt unglaublich kompliziert, wirklich nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Warum? Weil es unglaublich intransparent ist, immer noch. wir andere, auch unsere Wettbewerber diskutieren, dann sollen wir eigene quasi, also soll der Händler eigene Kriterien einfügen, weil wie soll ich denn als Kunde um Himmels Willen bei diesen 20, 30 Labels durchblicken? Was ist gut, was ist nicht gut, was ist besser? Es gibt Konkurrenten von uns, ich finde den Ansatz grundsätzlich auch vertretbar, die sagen, wir machen Meta-Label und versuchen Orientierung zu geben.

Aber es gibt eben diese objektive Wahrheit nicht. Wird es vielleicht auch nicht geben. Da gibt es ein, zwei auch Ansätze politischer Natur, das zu vereinfachen. Aber das ist das, was wirklich eigentlich schade ist. Wir machen es dem Kunden teilweise auch sehr, sehr schwer, wirklich bewusste Entscheidungen zu treffen. Und da haben wir als Händler eigentlich auch einen Auftrag, den sehe ich auch bei uns für die Zukunft, dem Kunden letztlich zu helfen. Und dafür muss ich aber auch glaubwürdig sein. Ja, weil dieses Seal of Trust, das muss ich eben auch darstellen können. Und dafür muss ich wiederum eine Haltung haben bei dem Thema. So kommen wieder so ein paar Dinge zusammen auch.

Dominik Dommick: Interpretiere ich dich dann richtig, wenn ich jetzt daraus ziehen würde, die Absender-Produkt-Brand ist auf jeden Fall wichtiger als so ein Label. Und vielleicht wird irgendwann gerade die Händler-Seal of Trust sozusagen eben auch nochmal wichtig als diese Vielzahl von Seals und Zertifikaten und so weiter, die eben so verwirrend sind. Kann man so weit gehen?

Matthias Gebhard: In meiner idealen Welt hat der Kunde Wir sind da heute auch noch nicht. Aber in ein paar Jahren, wenn er bei den Bergfreunden kauft, kann er sich sicher sein, dass jedes Produkt bestimmte Mindeststandards erfüllt. Und diese Mindeststandards werden auch Jahr für Jahr höher. Da ist auch ein politischer Auftrag dahinter. Und ich gehe aber auch davon aus, dass diese Messlatte eigentlich in den nächsten zehn Jahren jedes Jahr höher wird und werden muss. Weil sonst werden wir all diese munteren, politisch ausgerufenen Ziele rund um Klimaschutz oder nachhaltigere Lieferketten einfach gar nicht erreichen. Aber der Kunde kommt zu mir oder von mir aus zu einem gleich guten Wettbewerber und weiß, wenn ich dort kaufe, dann kaufe ich erstmal keinen Schrott. Und dann kann ich aber natürlich nach oben nochmal einigermaßen transparent und nachvollziehbar auch sagen, für mich muss es diesmal dreifach nachhaltig sein und dann finde ich da auch den richtigen Artikel. Das kann ich aber auch nur wiederum als Händler, diese Position, wenn ich selber meine Hausaufgaben mache bei dem Thema, Und eben gucke, dass ich meine eigene Emission im Griff habe, meine eigene Nachhaltigkeitsstrategie im Griff habe etc.

Joel Kaczmarek: Und sag mal jetzt nochmal zurück zu der Frage Preissensibilität. Wenn ihr jetzt zwei vergleichbare Jacken zum Beispiel habt und bei der einen könnt ihr irgendwie belegen, dass der Hersteller die aus irgendwie Ozeanplastik hergestellt hat und dass die irgendwie, weiß ich nicht, 40 Prozent weniger CO2 beim Herstellen gebraucht hat. Ist das dann was, was der Kunde honoriert mit Zahlungsbereitschaft? Oder hast du die Frage damit beantwortet, dass du sagst, nee, es muss eigentlich gleichwertig oder besser sein und dem Kunden eher nutzen, dass er das Merkmal ist?

Matthias Gebhard: Ich glaube zweiteres. Es gibt möglicherweise Kunden, die sagen, das ist mir ein bisschen was wert. Ich glaube aber, das Zielbild muss eigentlich sein, dass alle Preise, die wir haben, irgendwie ehrlich sind. Und das kriege ich aber wiederum auch nur politisch hin, glaube ich. Am Ende des Tages gibt es immer dieses Idealbild vom Kunden und den gibt es auch, Stichwort Bio-Supermarkt. Der sagt, ich gebe ganz bewusst 20 Prozent mehr aus, weil ich glaube, die Produkte sind besser. Aber ich glaube, wenn wir das Thema Nachhaltigkeit, um auch bei der Überschrift des Blogs zu sein, von der Nische in die Masse bringen wollen, dann ist diese Erwartung völlig überzogen. Weil die meisten der Kunden können es sich gar nicht kaufen, leisten oder haben auch gar nicht das Interesse oder sind gar nicht so tief da drin.

Aber gleichzeitig brauchen wir die Masse, wenn wir ernsthaft was verändern wollen und nicht nur irgendwie letztlich Lifestyle-Nachhaltigkeit betreiben wollen. Das heißt, eigentlich muss der Anspruch für jede Produktentwicklung sein, die auf den Massenmarkt zielt. Und da kann ich gleich nochmal ein Beispiel geben dazu, dass ich vom Preispunkt her nicht teurer bin als konventionell. Und ich glaube übrigens, das geht auch am Ende des Tages. Ein Beispiel, da schmerzt mir das Herz, wenn ich das sage, aber einer der größten Wettbewerber im Sportmarkt ist die Firma Decathlon. Das ist letztlich ein Discounter. Wir machen eine ausschließlich Eigenmarkenentwicklung. Da steckt so ein Volumen dahinter mittlerweile und tatsächlich auch relativ viele Ambitionen, was das Thema Nachhaltigkeit angeht, dass die wahrscheinlich viel, viel mehr bewegen können beim Thema Nachhaltigkeit als Discounter, was man als Fachhändler immer ganz blöd findet, als tausend Fachhändler zusammen.

Weil sie ihre Wertschöpfungsketten zum Beispiel viel mehr, viel tiefer im Blick haben, weil sie sich auch schon lange mit solchen Themen beschäftigen. Da ist Größe und letztlich auch Volumen durchaus auch ein Vorteil. Und so kriege ich ja wiederum dann auch den Impact hin. Was jetzt nicht heißen soll, dass sie noch nie noch viel, viel mehr machen könnten und sollten. Aber ich glaube grundsätzlich, wenn ich das in die Masse bringen will, dann muss ich auch da im Preis wettbewerbsfähig bleiben, was Nachhaltigkeit angeht.

Joel Kaczmarek: Du hast eben gesagt, die dürfen nicht teurer sein und es ginge auch. Höre ich da so ein bisschen raus, dass man sich nicht genug Mühe gibt bei der Preisgestaltung von nachhaltigen Produkten? oder warum glaubst du, dass die teilweise überpreist sind und es nicht sein müssten?

Matthias Gebhard: Ich glaube zunächst mal, man sollte nicht mit der Basisannahme ins Rennen gehen. Das heißt, nur weil es nachhaltig ist, muss es deutlich teurer sein. Also weil typischerweise ist ja sozusagen die Argumentation andersrum. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sind Dinge auch teurer, weil ich eben andere Zutaten habe, weil ich auf andere Dinge Wert legen muss. Aber ich glaube, es geht auch so um den mentalen Startpunkt von den Diskussionen. Wir selber entwickeln hier und da auch schon eigene Produkte. Die sind jetzt nicht dramatisch teurer, wenn ich stark Wert lege auf Nachhaltigkeit. Also dieses T-Shirt hier, was ich gerade anhabe, ist wahrscheinlich eines der nachhaltigsten T-Shirts, die man anhaben kann. Das ist jetzt in der Produktion nicht dramatisch teurer und von den Sozialstandards auch nicht. als ein vergleichbares T-Shirt bei uns im Shop. Und es ist ein einfaches Produkt, fairerweise. Schwierig wird es bei technischen Jacken oder so, aber man muss von der Denkweise mal so einsteigen, finde ich.

Joel Kaczmarek: Lass uns mal als Abschluss vielleicht noch einen großen Faktor, nämlich Service betrachten. Service schrägstrich Community. Wie ist es bei euch, Matthias? Also Beratung ist ja, glaube ich, ein sehr intensives Thema und wahrscheinlich, also wenn man sich sonst mal in so Märkten umguckt, hat man immer, wenn man, by the way, noch gar nicht darüber geredet, ob ihr eigentlich auch was Stationäres macht, ja, aber Ich denke jetzt gerade mal an Stationen Handel und muss gerade dran denken, wenn die immer so eine Kletterfahre haben, wo man die Schuhe ausprobieren kann oder ein kleines Bassin, wo du die Kanus probieren kannst und so weiter und so fort. Das ist ja so eine Achse. Und die andere Achse ist ja aber so Community-verbindende Sachen, Service-Geschichten, zum Beispiel auch im Rahmen von Digital. Also ich weiß, wir hatten Rosebikes mal hier, da haben wir viel drüber geredet, wie die Bike-Beratung und wie per WhatsApp machen. Ich habe irgendwie mit Leuten geredet, die machen irgendwie Laufgruppen und es ist dann angedockt an ein Ladengeschäft, solche Dinge. Wie ist es bei euch? Was macht ihr in Sachen Services, was bei euch wichtig ist?

Matthias Gebhard: Wir versuchen zunächst mal, dem Kunden in den Pre-Sales auf allen Kanälen letztlich irgendwie eine Möglichkeit zu geben, mit jemandem zu sprechen, der sich sehr gut auskennt mit den Produkten oder in Kontakt zu kommen. Und das gelingt uns auch. Wir haben hier in-house über 60 sogenannte Gearheads, also Kundenberater, Die sind jetzt nicht alle im Pre-Sales, aber letztlich wirklich Kolleginnen und Kollegen, die dir eben sagen werden, Moment mal, du brauchst nicht die Jacke, mit der du auch über den Gletscher laufen kannst, von der wir vorhin gesprochen haben. Und das ist der Basisgedanke. Und die sind sozusagen unser Storefront. Und darüber hinaus, klar, experimentieren wir immer wieder mit neuen und anderen Formaten. Die sind aber für uns sozusagen im Massenbetrieb, also erstmal nur bedingt skalierbar auch in der Art und Weise, wie wir Produkte verkaufen.

Und da ist natürlich auch ganz, ganz wichtig, dass sich unsere Kundenberater auskennen mit den Produkten, mit der Nachhaltigkeit und letztlich da auch aussagefähig sind an den Kunden. Die meisten Kunden wollen erstmal Problemlösung, die wollen nicht Nachhaltigkeit. Wir hatten große Themen zum Beispiel, da kommen dann immer wieder Shitstorms, kann ich auch offen drüber reden, Pelze war so ein Thema. Dann gab es irgendwelche PETA-Kampagnen, dann laufen natürlich ganz viele Anrufe bei uns ein und sagen, wie habt ihr das denn eigentlich mit den Pelzen etc. Das war sehr, sehr gut, weil zu dem Zeitpunkt hatten wir schon beschlossen, Pelze nicht mehr ins Sortiment zu nehmen, zu einem Zeitpunkt X. Aber da kommen natürlich auch kritische Kundenanfragen dann bei uns an, also da passiert schon viel. Einen Satz noch nach vorne, Richtung Nachhaltigkeit, wir haben vorhin darüber gesprochen.

Das ideale Modell ist ja eigentlich dieses Reduce, Reuse, Repair, Recycle. Also lass uns versuchen, nicht dramatisch viel zu verkaufen, lass uns dem Kunden helfen, die Lebensdauer des Produkts zu verlängern. und dann, wenn das Produkt kaputt ist, lass uns dem Kunden helfen, es zu reparieren. und dann, wenn es wirklich End of Life ist, Lass uns dafür sorgen, dass es gut recycelt wird. Und das ist für uns sozusagen ein Spielfeld der Zukunft. Also entlang dieser Logik eigentlich auch unsere Services noch auszubauen, unser Ökosystem zu entwickeln, da sind wir leider erst am Anfang. Aber das ist für uns ein Zukunftsfeld. Wie kriege ich wirklich diesen Zyklus komplett geschlossen einmal? Da haben wir als Händler, glaube ich, auch eine ganz wichtige Rolle.

Joel Kaczmarek: Gestern, als ich Just Wiebel aus dem Interview hatte, sagte der genau sowas zu mir, dass er meinte, er hat es genervt und dann hat er mal Recherche gemacht, hat in Holland einen Anbieter gefunden, bei dem man seine alten Laufschuhe hingeben kann und der recycelt die dann. Also aus seinem Laufschuh wird dann irgendwie Tartan-Bahn für eine Schule oder so eine Sache. Total abgefahren. Macht ihr sowas auch schon?

Matthias Gebhard: Wir haben da Tests laufen. Das Thema ist nicht so trivial. Also es ist tatsächlich komplex und ich bin kein Materialexperte, aber wir haben zum Beispiel einen Test gerade laufen mit einfach Verpackungen. Also viele unserer T-Shirts oder Artikel kommen in Cellophane-Papier verpackt. Also Single-Use-Plastics. Und was wir dann versuchen ist, der Kunde kann uns die Verpackung zurückgeben, weil spannend wird es dann, wenn diese Verpackungen sortenrein sind. Wenn die jetzt im gelben Sack landen, dann ist der Wiederverwendungsfaktor nach dem, was ich verstanden habe, relativ gering. Wichtig ist, dass ich sozusagen die gleiche Art von Plastik in riesigen Mengen habe. Dann kann ich auch relativ gut Recycling machen. Und da ist der Teufel ganz häufig im Detail. Gleiches bei irgendwelchen Materialien. Jetzt bin ich kein Experte an der Stelle. Da kennen sich andere sicher noch mal besser aus. Aber da geht letztlich die Reise auch hin. Wie kriege ich es hin, dass wir relativ geschlossene Kreisläufe auch erzeugen? Da sind wir aber erst am Anfang, muss ich ehrlicherweise gestehen.

Joel Kaczmarek: Und Stichwort nochmal Services. Ich habe gerade so gedacht, wenn ich jetzt so völlig crazy wäre an eurer Stelle, würde ich mir manchmal auch die Frage stellen, wollt ihr eigentlich immer Händler bleiben? Also ich habe gerade so gedacht, wenn wir jetzt mal eine Welt nehmen, wo ihr alles machen könnt, ihr hättet Geld zur Verfügung, wäre es zum Beispiel cool, wenn ihr sowas wie Komoot irgendwie kauft. Ihr kauft so eine App, Wanda-App, baut das in eure Inhalte mit ein, also ihr könntet dann irgendwie Produkte darüber darstellen, ihr könntet beraten zu Lauftouren etc. etc. etc. Also einfach mal ein ganz anderes Modell. Oder ihr baut was Eigenes, ihr baut irgendwie ein Wanda-Forum oder oder oder. Denkt ihr in solchen Ebenen auch oder denkt ihr wirklich eher sehr handelsnah?

Matthias Gebhard: Die kurze Antwort ist ja, wir denken in solchen Ebenen. Aber ich habe aktuell nicht das Kleingeld, um Komoot zu kaufen. Und ich weiß, ich glaube auch nicht, dass Sie daran Interesse hätten. Nein, natürlich geht es darum, wie können wir ein Ökosystem bauen, das relevant ist für unsere Kunden. Natürlich stellen wir uns die ganzen klassischen Fragen. Wie verändert sich das Geschäftsmodell eines Händlers? Da gibt es viele, viele Abzweigungen und Möglichkeiten. Ich glaube, es füllt aber dann auch mal einen anderen Podcast, wenn wir da ganz tief einsteigen wollen.

Joel Kaczmarek: Zu meiner Schande übrigens, ich hatte Komoot ganz früh im Interview, als sie gerade gestartet waren bei Gründerszene und das war einer der Fälle, die sind rausgegangen. Ich hab gedacht, was für eine Scheiße, das braucht doch kein Mensch und heute lache ich über meine eigene Dummheit. Also auch als vermeintlicher Experte in Anführungsstrichen liegst du manchmal voll daneben, von daher. Okay, aber anyway, verstanden. Erzählen wir ganz kurz über Constantin, wie ist das so bei euch? Also ihr verkauft Strom, fertig aus, damit könnte die Geschichte zu Ende erzählt sein, aber auch ihr könntet ja drüber nachdenken, gerade was Aufklärung angeht zum Beispiel, also wie man Strom nutzt, wie man Energieverhalten an den Tag legt und und und, da kann man ja auch ganz viel machen. Arbeitet ihr auch an Service-Dimensionen, an Community-Aspekten oder ist das bei euch eher außen vor?

Constantin Eis: Nee, ist schon im Scope, sind wir nicht gut drin, also noch nicht, da ist relativ viel noch sozusagen so under the hood, aber auf jeden Fall, also wir machen sehr, sehr viel Aufklärungsarbeit, wir sind auch sehr, sehr vocal, was irgendwie politische Forderungen angeht und also da ist sozusagen die Community sehr klein in Berlin, aber also das machen wir schon. Was wir einfach feststellen ist, dass es zwei Lager einfach auch gibt, also wenn das Targeting einfach in Social beispielsweise ein Ticken off ist, ja dann Es sind unter deinen Anzeigen zwei Lager, die einen, die verstehen sozusagen, warum wir das machen mit der grünen Energie und die anderen sagen, das ist der letzte Scheiß, wir brauchen hier willige Energie und mein Auto muss 200 fahren und freie Fahrt für freie Bürger und Atomstrom ist das allerbeste, was die Welt je erfunden hat. Also von daher, da sind wir schon dabei, wir haben so ein Klimabot beispielsweise gemacht. Wir klären sehr, sehr viel auf rund ums Klima. Wir beteiligen die Kunden an Projekten, die wir machen, hier in Deutschland vor allen Dingen. Und also da interagieren wir schon und wir leben auch ein bisschen davon, muss man auch ganz klar sagen. Also unsere besten Multiplikatoren sind eigentlich unsere Kunden. Und ja, also im Bereich Service gibt es sehr, sehr viel, was wir machen können.

Joel Kaczmarek: Ich wollte es gerade zuspitzen. Ich denke bei euch eigentlich gerade darüber nach, eigentlich müsstet ihr gar kein Interesse haben, dass die Leute Strom sparen, wenn man es mal privatwirtschaftlich betrachtet, ne?

Matthias Gebhard: Ja, das stimmt.

Constantin Eis: Wobei ich gesagt habe, wir müssen ihnen schon helfen. Wir haben auch einen klaren Auftrag, Kunden sozusagen zu helfen, jetzt vom Gas loszukommen. Also deshalb investieren wir da wirklich sehr, sehr große Beträge, um halt irgendwie Kunden von fossilen Brennstoffen wegzukommen. Ein anderes Service-Thema ist beispielsweise, wenn du ein Elektroauto fährst, kannst du so eine THG-Quote sozusagen dir gutschreiben lassen. Das sind 350 Euro im Jahr. Das sind so Sachen, dafür gibt es eigentlich de facto noch keine richtige Marktlösung, vor allem keine, die automatisiert sind. und gleichzeitig haben die Leute, die Probleme wenden sich an uns und wollen die eigentlich gelöst haben und da bauen wir dann schon Services drum, also so kleine und probieren sozusagen darüber halt auch die Marke zu differenzieren für unsere Kunden auch.

Joel Kaczmarek: Jenni, du vielleicht als Abschluss. Wie macht ihr es denn mit Gitti? Also Service ist wahrscheinlich bei euch ein bisschen hochtrabend, aber ich könnte mir vorstellen, ihr könntet noch gezielte Community-Aspekte irgendwie anstoßen. Also keine Ahnung, ob man sich gemeinsam die Fingernägel in Gruppen lackiert oder weiß ich nicht, Ratgebergeschichten. Content-Marketing wäre zum Beispiel so ein Thema. Was ist denn bei euch so in Sachen Community auf der Pfanne?

Jenni Baum-Minkus: Also der Kunde wendet sich schon an uns, um noch mehr über Beauty-Produkte, Inhaltsstoffe, Wirkungsweisen wissen zu wollen. Was wir schon anbieten müssen, ist wahnsinnig viel Wissen. Und das Wissen mussten wir am Anfang ja auch selber aufbauen über die Kosmetikindustrie, wie Inhaltsstoffe wirken. Also Kunden schreiben uns auch, schicken uns einen Inhaltsstoff, wie du wahrscheinlich früher Codecheck siehst, einen bestimmten Inhaltsstoff. sehr kryptisch, chemisches, langes Wort und fragt, ist das schädlich für mich in meiner Hautpflege? Das heißt, an diesen einen Strang mussten wir stark aufbauen und haben ein ziemlich starkes Customer Service Team, was mit sehr viel Wissen angereichert diese Fragen beantworten kann. Und zum Thema Community habe ich schon gesagt, also Produktentwicklung mit der Community, Farbentwicklung mit der Community, viele Community Events und tatsächlich sind unsere Kunden natürlich auch die stärksten Weiterempfehler. Also wenn der Kunde verstanden hat, okay, es gibt ein Problem, Das hat diese Firma gelöst mit dem Produkt. Dann erzählt das natürlich gerade im Beauty-Bereich auch Freundinnen oder im Freundeskreis. Und da haben wir auch einige schöne Programme, die das natürlich intensivieren, damit man das natürlich auch gerne macht und davon auch persönlich was hat.

Dominik Dommick: Wenn ich lange, lange Jahre bei mir in die eigene Karriere zurückdenke, dann bin ich wahrscheinlich einer der wenigen anwesenden Männer, der wirklich viel Nagellack auf den Fingern hatte, weil ich bei Beiersdorf in der dekorativen Kosmetik so ein Online-Tool entwickelt habe, wo wir wochenlang nur mit Nagellack auf den Fingern gesessen haben, geschaut haben, wie kriegt man

Matthias Gebhard: Farbberatung

Dominik Dommick: zu sehr einem frühen Zeitpunkt tatsächlich auch digital sichtbar. Spielt das bei euch auch eine Rolle? Also ich höre so raus, so sehr Community, das ist ja sehr verbal. Die Frage ist, denkt ihr auch in Richtung so von Tools und Farbberatungen tatsächlich eher in digitalen Features und Services?

Jenni Baum-Minkus: Ja, wir haben was entwickelt für den Make-up-Bereich. Also beim Nagel war der Bedarf nicht so groß. Ich glaube, weil wir darauf achten, Töne zu entwickeln, dass die immer zu allen Hautuntertönen passen. Die Palette ist halt einfach nicht so groß. Die Töne differenzieren sich dann auch stark. Aber im Make-up-Bereich war das ganz relevant, als wir unser erstes Lippenprodukt entwickelt haben. Und da haben wir dann ein Tool für Instagram entwickelt, wo du dich dann halt selbst anschauen kannst, die Farbe auswählen kannst und dann halt sehen kannst, okay, wie sieht es natürlich selbst auf deiner Lippe aus. Tatsächlich ist aber auch die Benutzung relativ kleiner Kreis, der das in Anspruch nimmt. Also es ist dann eher die Frage nochmal, die direkt bei uns über Direct Messages gestellt wird oder an den Kundenservice. Ja, mein How-To ist jetzt so oder ich schicke ein Foto ein. Was würdet ihr mir empfehlen, anstatt dann die Benutzung dieser Tools?

Dominik Dommick: Also dann doch lieber live ausprobieren an der Stelle.

Jenni Baum-Minkus: Ja, es ist wahrscheinlich noch dieser Beratungsaspekt, den man gewohnt ist. Wenn man jetzt irgendwie zum Douglas geht, dann würde man wahrscheinlich auch eine Expertin fragen. Und es ist ja ganz schön, dass man auch wahrnimmt, dass die Expertise auch bei uns liegt in der Farbberatung.

Dominik Dommick: Dann schmeiße ich mein 20 Jahre altes Patent zu Online-Farbberatung jetzt weg.

Joel Kaczmarek: Ja, aber interessante Notiz, was du schon zweimal so im Unterton gesagt hast, dass unsere Farben auch zu allen Hautton-Typen passen. Also ich lerne, Diversity ist auch ein Thema, wenn man sich über Nachhaltigkeit wahrscheinlich unterhält, dass man mitdenken muss, oder?

Jenni Baum-Minkus: Total, total. Also ich glaube, von Anfang an war das ja auch die Herausforderung der Marke in der DNA zu sagen, okay, wir wollen tatsächlich für jede und jeden ein Produkt und eine Farbe anbieten. Und dann wird es in der Farbgestaltung tatsächlich auch schon herausfordernd. Deswegen können wir das gar nicht mit einem externen Labor machen, sondern müssen wir das intern machen.

Joel Kaczmarek: Also ich erinnere mich, ich habe die Tage mal Diskussionen geführt darüber, dass, ich weiß gar nicht, ob es Hansaplast war, aber ich glaube sogar, dass die Pflaster in Braun hergestellt haben und die Leute haben nicht verstanden, warum das relevant ist. Und ich finde, wenn man sich mit Leuten mit dunklen Hauttönen unterhält, dann brauche ich gar nicht nachdenken und verstehe das sofort. Deswegen cool, dass ihr das macht. Anyway, Dominik, komm mal, das Schlusswort bleibt heute dir. Was hast du aus der heutigen Folge zum Thema Nachhaltigkeit mitgenommen? Du bist ja immer ein guter Schlussfolgerer.

Dominik Dommick: Also ich finde bestimmte Aspekte interessant, die uns, glaube ich, alle sehr, sehr gleich betreffen. Also wie gehen wir um mit Konsum versus Nachhaltigkeit? Was du ja auch vorhin sagtest, Matthias, ist eigentlich etwas, was man gar nicht so richtig lösen kann, aber dann eher dafür sorgen kann, dass die Produkte, die man anbietet, zumindest in sich einen gewissen Nachhaltigkeitsaspekt in Herstellung, in Auswahl und dergleichen bieten. Und ich glaube tatsächlich, diese wirklich interessant wird, wie kriegen wir Konsumenten und mit wir meine ich da wirklich die gesamte Handelslandschaft und jeden, der da drin auch irgendwo Marketing und Information betreibt, wie kriegen wir das einfach besser, einfacher kommuniziert.

Das ist für mich ein bisschen vergleichbar mit dem, was bei Nahrung immer diskutiert wird. So mit Ampeln und Farbcodes oder dergleichen. Weil im Moment ist es ein Wald von Brands, die etwas erzählen. Manchmal stimmt es gar nicht. Oder Zertifikaten, die keiner richtig auseinanderhalten kann. Ich glaube, dass da unglaublich viel passieren muss, damit es tatsächlich eine Wirksamkeit hat. Da habe ich viel drüber nachgedacht, gerade während ich euch zugehört habe. Vielen Dank, war sehr interessant.

Joel Kaczmarek: Ja, in der Tat. Ich danke euch auch und ich werde jetzt mal gucken, ob, ich glaube, Mango Maniac wird so meine Farbe-Gitti. Mal gucken.

Jenni Baum-Minkus: Stark.

Joel Kaczmarek: Ja, finde ich gut. Danke euch allen.

Mehr zum Thema

Branchenführer

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Gemeinsam mit Dominik Dommick, dem Geschäftsführer von PAYBACK lädt Joel regelmäßig zum Häuptlingstreffen der relevantesten Unternehmer:innen und Expert:innen im (Online-)Handel. Such dir einen Platz im Wigwam, folge den Strategiediskussionen und profitiere vom Praxiswissen der verschiedenen Häuptlinge.