E-Food: Lebensmittel-Einzelhandel in der Online-Welt

30. Januar 2019, mit Joel KaczmarekDominik Dommick

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute geht es wieder um das Thema Handel im Zuge unserer schönen Powwow-Reihe. Ich habe ja schon zwei Folgen dazu gemacht mit meinem guten Freund, dem Dominik von PAYBACK, der sich gleich mal vorstellt. Und ich kann ja schon mal auf der Tonspur einen Satz dazu sagen. Also Powwow ist ja so ein indianischer Begriff, bedeutet im Prinzip Die Zusammenkunft der Häuptlinge, um irgendwie gemeinsam zu diskutieren und Pfeife zu rauchen. Mal gucken, ob uns heute auch der Kopf raucht. Es soll nämlich um das Thema Food gehen. Das ganze Thema Online-Plattformbildung. Wobei wir Food so ein Stück weit mit LEH-Fokus, glaube ich, eher haben. Also Lebensmitteleinzelhandel. Wir werden also eher über Online-Supermärkte reden, als jetzt über Delivery. Aber vielleicht machen wir auch mal den ein oder anderen kleinen Exkurs. Zum Beispiel gesehen habe, ihr seid ja jetzt sogar bei Nordsee mit euren blauen Punkten, richtig?

Udo Kießlich: Absolut.

Dominik Dommick: Vermehrt Restaurant, Food in unterschiedlichster Form.

Joel Kaczmarek: Dazu später mehr. Aber sag doch nochmal einen Satz zu dir. Fangen wir bei der Vorstellungsrunde mit dir an, lieber Dominik. Was du tust und wie PAYBACK sozusagen dieses Thema sich betrachtet.

Dominik Dommick: Dominik, ich bin ein Geschäftsführer bei PAYBACK. Dieses Thema, das werden wir, glaube ich, gleich ein bisschen länger diskutieren. Im Endeffekt, was uns interessiert und auch in dieser Reihe interessiert, ist halt, sich auseinanderzusetzen zu den verschiedensten Themen von Digitalisierung und Plattformen. Wir sind seit vielen Jahren, denke ich, eine Plattform, auch als es noch nicht so hieß. Und da sind eben die verschiedensten Aspekte für uns interessant, gerade in dieser Brücke zwischen klassischem Handel und Onlinehandel.

Joel Kaczmarek: So, und dann haben wir einen alten Bekannten dabei, den guten Udo. Der hat ja schon ganz viel bei digital kompakt gemacht zum Thema Beauty und zum Thema Food. Wie bist du eigentlich bei Beauty mit reingekommen? Fällt mir so ein.

Udo Kießlich: Ich verschenke natürlich auch mal zum Valentinstag Geschenke. Und wir hatten auch im Sortiment immer viel Biokosmetik, viel Fachkosmetik. Und ich war in meiner ehemaligen Zeit als Geschäftsführer bei All You Need Fresh auch verantwortlich für den Einkauf, sodass da also auch das eine oder andere hängen geblieben ist.

Joel Kaczmarek: Ich habe von dir bei unserem letzten Besuch eine Gesichtsmaske geschenkt bekommen, wo ich noch nicht weiß, ob das nett war oder nicht so.

Dominik Dommick: So ein Valentinstag?

Joel Kaczmarek: Ja. Nee, war sogar kurz nach Valentinstag.

Udo Kießlich: Also koreanische Kosmetik ist nämlich der große Trend.

Joel Kaczmarek: Gut, sag doch nochmal ein, zwei Sätze zu dir. Also man kann ja schon raushören, wenn du früher All You Need Fresh gemacht hast, dann hast du eine gewisse Affinität zu Supermarktprodukten. Und bist ja mit deiner neuen Gründung sozusagen stückweit artverwandt unterwegs. Genau. Da bist du noch relativ jung und man gibt ja immer so einen Welpenschutz sozusagen, dass man sich einarbeitet.

Udo Kießlich: Erst in 100 Tagen. Oh, echt?

Joel Kaczmarek: Na, so ist es bald.

Udo Kießlich: Also, danke für die Einladung. Udo Kießlich war früher einige Jahre Geschäftsführer von All You Need Fresh, Online-Supermarkt mit Vollsortiment und Abdeckung in Deutschland. Da ist sozusagen das eine oder andere hängen geblieben. Bin da Ende letzten Jahres ausgeschieden und mache jetzt seit Mitte dieses Jahres Collex. Das ist eine Bestellplattform für Getränke von Cromacher, Coca-Cola und Bitburger. Ist im Bereich B2P, also keine Gefahr für Picknick und freue mich hier sozusagen ein paar Gedanken beizusteuern.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Damit hat er schon unseren dritten Teilnehmer gespoilert, den Mann der Stunde. Du bist ja, glaube ich, bei Kassenzone. Habt ihr da ein Abo oder so, das man dauernd über euch schreibt?

Frederic Knaudt: Könnte man meinen.

Joel Kaczmarek: Kann man sich da einkaufen?

Udo Kießlich: Habe ich noch nicht gemacht.

Joel Kaczmarek: Nee, Alex ist ja geschäftstüchtig, aber bei Content ist er immer so bissig. Also Picknick, spannendes Unternehmen. Stell dich doch mal ganz kurz vor, was du tust. Vielleicht auch so ein, zwei Sätze, was du bisher so getan hast.

Frederic Knaudt: Ja, gerne. Ich bin Frederic Knauth. Ich bin Teil des deutschen Picknick-Gründerteams. Wir sind ein Dreierteam, sind vor rund einem Jahr gestartet. Ich habe davor hier in Berlin, daher kenne ich auch schon Udo, zur All-You-Needs-Zeit. parallel haben wir Kochzauber gemacht. Wir haben Kochrezepte entwickelt und den Kunden in der Hauptzielgruppe jungen Familienrezepte und alle Zutaten in der richtigen Menge nach Hause geschickt. Das dann dreieinhalb Jahre gemacht, an Lidl verkauft. Davor habe ich bei Rocket gelernt. Also ich komme so aus der digitalen Szene, hab dann Food gemacht und dann mit dem Food-Stempel haben die Holländer sich dann, haben wir uns dann mal zusammengesetzt und ich war immer so auf der Suche nach dem Modell, was in Deutschland auch funktionieren kann. Für mich war immer so, was Aldi damals gemacht hat mit dem Discounter-Modell, wie sieht das eigentlich für online aus? Und habe da bisher nichts gefunden. Und ich glaube, Picnic hat ein Modell gefunden, was, glaube ich, auf allen Ebenen die richtige Antwort findet. Und vor einem Jahr haben wir angefangen und sind jetzt mittlerweile in zwei Städten unterwegs. Den Start, den haben wir ganz erfolgreich schon mal hinter uns gebracht.

Joel Kaczmarek: Drei Leute seid ihr in Deutschland Organisation?

Frederic Knaudt: In der Gesamtorganisation sind wir 220, davon 200 Runner und Shopper. Die Shopper sind bei uns diejenigen, die im Lager die Kundenbestellung zusammenstellen und die Runner sind diejenigen, die ausliefern zum Kunden. Und ansonsten haben wir dann auch Kundenservice, Einkauf, Marketing und so weiter. Das sind so rund 20 Leute.

Joel Kaczmarek: Okay, aber um mal die deutsche Organisation zu verstehen, damit man mal so ein Gefühl kriegt, wie euer Aufschlag hierzulande ist. Also drei Leute bearbeiten den deutschen Markt?

Frederic Knaudt: Wir sagen so, das ist das Gründerteam, aber wir alleine machen das natürlich nicht, sondern da gehen noch ein paar andere dazu. Die Entscheidung, warum wir uns auch als Gründerteam bezeichnen, das Modell kommt zwar aus Holland, aber wir haben ganz bewusst gesagt, der deutsche Markt ist extrem hart, was Lebensmitteleinzelhandel anbelangt. Man sagt ja so gerne, if we can make it there, dann kann das überall funktionieren. Hohe Supermarktdichte, extrem preissensitive Kunden. Lass uns nicht den Fehler machen, den einige schon gemacht haben, einfach gleiches Modell und ausländisches Team. Wir machen das hier so wie bei uns zu Hause, sondern wir haben gesagt, okay, auch hier gehen wir noch mit dem steinigen Weg, fangen bei null an, verstehen den Kunden und das geht dann auch, glaube ich, am besten mit einem deutschen Team. Und war auch, glaube ich, so eine ganz gute Entscheidung von den holländischen Gründern, die das ja so initiiert haben.

Joel Kaczmarek: Okay. So, Udo, du bist ja immer der Number-Cruncher. Du kannst ja vielleicht mal anfangen, so ein Stück weit den LEH mal in Online-Kennzahlen oder vielleicht in Durchdringungen anzugeben. Ich habe mich in Vorbereitung dessen auch schon mal so ein Stück weit eingelesen, was du auch so recherchiert hast zu dem Thema. Da hört man ja immer so Wachstumsquoten 20 Prozent bis 2023. Also da müsste eigentlich eine riesige Welle jetzt sozusagen geschoben bekommen. Gleichzeitig, und da löcher ich dich nachher mal zu, lieber Dominik, hat man ja so das Gefühl, dass online bei den Stationären bisher eher so ein bisschen stiefmütterlich behandelt wird. Was ist denn so dein Blick auf die Online-Penetration von LEH, von Food im Online-Bereich?

Udo Kießlich: Ja, also grundsätzlich bin ich da eigentlich sehr zuversichtlich und sehr optimistisch. Es ist ja so ein bisschen wie bei Asterix und Obelix. Ganz Frankreich ist besetzt, ganz Gallien. Nein, ein tapferes Dorf leistet Widerstand. Und das tapfere Dorf ist hier Deutschland, weil überall in Westeuropa, in USA, Asien ist ja die Penetration höher und das Wachstum höher und der Markt weiter. Das ist, glaube ich, schon ganz richtig. Also mal als Beispiel, in UK, je nachdem, welche Quelle man nimmt und auf welches Jahr man schaut, haben die jetzt eine Marktpenetration von 8 bis 9 Prozent. Der Markt in UK wächst mindestens um 10 Prozent jedes Jahr. Da gibt es vier, fünf große Anbieter, die sind also deutlich weiter. In Südkorea sind die, glaube ich, schon bei über 10 Prozent Penetrationen. Ich glaube, USA sind drei, vier Prozent, aber auch schnell wachsend. Und in Deutschland, je nachdem, welche Statistik man nimmt und wie man rechnet, sind es jetzt auf ganz Deutschland gesehen so grob ein Prozent. Aber es wächst in den letzten drei Jahren jedes Jahr um mindestens 20 Prozent und ist damit auch das schnellst wachsende Vertical. Es ist ja der größte Markt, also wenn ich jetzt stationär mit reinrechne. Und wenn irgendein Vertical, das größte Vertical am schnellsten wächst, dann würde ich sagen, sollte man da mal raufschauen. Und vielleicht noch eine abschließende Bemerkung. Also die Prognosen sagen alle, dass die nächsten Jahre das in Deutschland mindestens 20 Prozent wächst. Und ich sehe jetzt auch keinen Grund, auch dank Picknick, und vielleicht auch irgendwelchen anderen Neueinsteigern, die noch kommen, warum das jetzt nicht der Fall sein sollte. Und vielleicht noch eine interessante Bemerkung. Die meisten Konzepte konzentrieren sich ja auf Ballungsräume beziehungsweise Städte mit sagen wir mal 200.000 Einwohnern. Auf dem flachen Land gibt es meistens gar keine adäquaten Angebote, sodass wenn man das jetzt ein bisschen bereinigen würde oder sich hier in Berlin-Mitte auf die Straße stellt, dann würde ich wahrscheinlich schon sagen, dass der Anteil in den Ballungsräumen vielleicht schon eher so bei drei, vier Prozent ist, wenn man es punktuell betrachtet. Aber insgesamt, wie gesagt, der Markt wächst, die Kundenbedürfnisse sind da, die ersten Konzepte sind da, die gut funktionieren. Also ich sehe da jetzt eigentlich viel Luft nach oben.

Joel Kaczmarek: Ich meine, wenn man sich alleine mal den Type-In-Traffic anguckt von bekannten Supermarktmarken, so wie Edeka oder Rewe, der ist ja, glaube ich, signifikanter, obwohl es gibt gar kein Angebot, online was zu kaufen, aber es wird super doll nachgefragt, wenn ich mich nicht täusche.

Udo Kießlich: Also, wie gesagt, bei Aldi Süd, Aldi Nord, Millionen Traffic, obwohl die noch gar keinen Shop haben. Kaufland genauso, die hatten mal einen Shop, haben sich zurückgezogen, vielleicht kommen sie nochmal wieder, weiß man nicht. Lidl verkauft nur Non-Food. Edeka hat ja mehr als zehn Shops, alles gut verteilt. Unheimlich viel Traffic, aber vielleicht nicht überall adäquate Angebote, wenn man jetzt mal Bringmeister in München und Berlin ausklammert. Also wie gesagt, der Traffic und die Nachfrage ist da. Picknick ist ja das beste Beispiel, dass die Leute da auch Interesse dran haben und auch gerne kaufen. Das ist ja zum Grundsatz nur eine Frage der Zeit. Kann man ja die Taschenrechner rausholen. Wenn man mit 20 Prozent wächst, heißt das glaube ich, dass sich alle vier Jahre irgendwas verdoppelt. So, da kann man ja hochrechnen, wo man dann im Jahre 2020, 2025, 2030 steht.

Joel Kaczmarek: Wie siehst denn du das? Ihr seid ja mit einem ganz spezifischen Modell am Start. Da kommen wir gleich zu. Aber ist das sozusagen richtig skizziert, dass so ein deutscher Markt vor dir liegt, der eigentlich wie so ein Selbstbedienungsladen ist, wo man jetzt nur zugreifen muss? Oder hat er da auch ein bisschen irgendwie schön geschwärmt?

Frederic Knaudt: Also ich kann mich noch erinnern, 2012, als wir angefangen haben, damals mit dem ersten Food-Modell, da waren die Zahlen und die Aussicht eigentlich genau die gleiche. Da hieß es auch 1% online und jetzt wächst es aber. So viel hat sich in den letzten Jahren nicht getan. Aus unserer Sicht gab es bisher eben auch noch nicht das Angebot, was wirklich jetzt signifikant uns nach vorne bringt. Es kann sein, dass es mehr Search Traffic gibt und die Leute ready sind, aber ich glaube, es gibt bisher noch nicht die Angebote, die so attraktiv sind. Was wir mit Food meinen, ist eben auch wirklich frische Produkte und jetzt nicht nur Trockenprodukte, die viele einfach über die Logistik lösen können, sondern wirklich die etwas komplizierteren frischen Sachen, die gekühlten Sachen. Das meinen wir ja mit Food. Da haben wir bisher noch nicht so viele Angebote gesehen und wenn man mit den Kunden spricht, kriegt man auch das Feedback. die sagen, ja, nee, ich mache das noch nicht. Also es gibt ganz wenig Leute, die das wirklich jede Woche machen. Wir wollen ja wirklich den Supermarkt, den klassischen Wocheneinkauf ersetzen. Da sind wir natürlich optimistisch. Also wenn wir die Städte anschauen, wo wir unterwegs sind, da sehen wir ja auch schon, glaube ich, dass wir da einen ganz guten Durchbruch geschafft haben. Ich glaube, die 20 Prozent sind auf jeden Fall machbar. Die 8, 9 Prozent, das ist natürlich ein schönes Ziel. Das ist die Frage, wie schnell das geht.

Joel Kaczmarek: Gut, aber es ist ja eine ironische Situation. Nachfrage ist da aber Angebot nicht. Ich kann auch nochmal ein paar Zahlen reingeben zum Thema Amazon. Wir haben ja diesen wunderbaren Amazon Watch Report seit neuestem draußen, den ich jedem hier ans Herz lege. Digitalkompakt.de slash Reports. Und da sind wir hingegangen, zusammen auch mit unseren Freunden von PAYBACK und haben mal versucht zu beziffern und zu verstehen. Da kamen wir im Prinzip zu dem Ergebnis, dass im Bereich Food Amazon 25 Millionen irgendwie Umsatz macht, was vergleichsweise homöopathisch ist für Amazon und eine Marktdominanz bei 1 von 10 hat, also super gering. Durchschnittlicher Preispunkt lag bei 13,44 Euro, also auch nicht hoch. Und wenn ich mir mal so angucke, was sie verkaufen, bestätigt sich deine These, lieber Frederic, die machen eigentlich fast nur Alkohol, Spirituosen und Tierfutter. Also so Viskas und Konsorten sind da irgendwie ganz hoch im Kurs. So, das sozusagen mal als kleine Bestandsaufnahme. Lieber Dominik, ihr seid ja schon seit ganz, ganz langer Zeit mit ganz vielen Supermärkten auch irgendwie zusammen oder auch so ein DM, was ja, wenn ich mich richtig nenne, Gründungspartner bei euch war, hat ja auch gar nicht mal so ein unbeachtliches Food-Angebot. Wie ist denn dein Blick auf dieses Thema? Ihr habt ja eine ganze Phalanx, also Real, Penny, Rewe und wie gesagt auch noch so ein paar, wo es irgendwie mit mitschwimmt, also Tierfutter habt ihr im Prinzip mit Fressnapf. Aral macht glaube ich mittlerweile Food-Sachen vor allem eher über REWE, also REWE-to-go-Kooperation. Woran liegt das, dass so die klassischen LEHs, die klassischen Supermärkte, die klassischen Stationären dieses Online-Geschäft bisher noch nicht so bedienen?

Dominik Dommick: Ich kann es ja letztendlich auch nur in der Beobachtung von außen sagen, ich möchte mir auch nicht anmaßen, da jetzt für Partner von uns zu sprechen, aber im Grunde ist es natürlich eine Effizienzfrage. Also bin ich in der Lage, das in der Kosteneffizienz so abzubilden und dann auch so zu skalieren und so zu entwickeln, dass nicht nur der Kunde Spaß hat, sondern ich als Händler dabei eben auch. Da müssen wir bisher, glaube ich, sagen, dass es in Deutschland die große Skalierung und den großen Durchbruch in der Form noch nicht erreichen konnte. Das ist, glaube ich, jetzt meine persönliche Meinung, kein Kennzeichen davon, dass es nicht kommen wird, sondern einfach nur, wie an vielen Stellen, wenn sich Plattformen und Ökonomien entwickeln müssen, am Anfang eben ein bisschen schwerfälliger läuft. Das ist jetzt kein Selbstgängermarkt. Und dann der Deutsche noch am allerwenigsten aus der von dir vorhin beschriebenen Margensituation usw., Das geht dann in Spanien und Frankreich schon anders. Da merkt man ja auch, dass es anders ist, zumindest in den Margensituationen, die auch da sind.

Joel Kaczmarek: In welche Länder spielt PAYBACK alles?

Dominik Dommick: Wir sind inzwischen in elf Ländern. Die hier für uns interessant in der Diskussion sind wahrscheinlich eher die europäischen, Deutschland, Italien, Polen, Österreich. An den Stellen, die Situationen sind eigentlich überall relativ vergleichbar.

Joel Kaczmarek: Das ist ähnlich, ja? Okay, da wollte ich ja darauf hinaus, ob Deutschland da irgendwie so eine

Dominik Dommick: Also ich meine, was wir sehen ist, wenn man das Ganze nochmal wieder etwas breiter fasst, das ist das, was du in der Einleitung sagtest, man kann Food ja eben nochmal wieder ganz anders verstehen. Was wir merken ist, aus unserem Angebot kommt, dass eben sowohl ein Online- als auch ein stationäres Angebot ist, das sich sehr, sehr stark mit CRM und Daten und Loyalität dann eben vermengt, dass das Food-Thema insgesamt interessanterweise. Also ich glaube, das ist kein Zufall, dass wir eben eine Nordsee jetzt als Partner im letzten Jahr dazu bekommen haben, dass wir Lieferheld und Pizza.de dazu bekommen haben, auch im letzten Jahr. Wir haben jetzt gerade vor ein paar Tagen in Berlin die ersten zehn Restaurants so als Pilot, kleine Restaurants live genommen. Ich glaube einfach, dass der Food-Markt insgesamt, wenn man hier jetzt noch einmal eine Ebene höher fasst, dass dort, denke ich, eben auch ähnliche Bewegungen kommen, wie sie im klassischen Handel vorher schon gaben. der Fall waren. Also das heißt, auch da Plattformen, Digitalisierung, Daten, Marketing, CM auf einmal eine Rolle spielen, mehr als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Und die Bewegung ist ganz interessant zu sehen.

Joel Kaczmarek: Okay, damit ich es richtig verstehe, ich kann in Berlin teilweise in kleinen Restaurants, was jetzt gar keine Ketten sind, eure Karte sogar benutzen.

Dominik Dommick: Ganz genau.

Joel Kaczmarek: Okay, also ist im Prinzip eine der Messages, die du gerade hast, dass so dieses typische transaktionale Geschäft von Ware sich auch dahingehend im Food-Bereich bemerkbar macht, dass irgendwie im Prinzip warmes, gekochtes, geliefertes Essen in diese Online-Frequenzen reingeht.

Dominik Dommick: Ich meine, man kann vielleicht, wenn man es so ganz, ganz simpel ausdrückt, kann man vielleicht sagen, das, was wir im klassischen Handel sehen, dass eben algorithmische, systemische Verhalten von bestimmten Spielern eben auch dazu führen, dass insgesamt der Markt sich in diese Richtung entwickelt. Das ist im Food-Bereich auch passiert. Also Systemgastronomie, wenn ich jetzt auf die Gastro-Seite gehe, tut wahrscheinlich Ähnliches für den Gastro-Bereich, wie Amazon das für den Handel insgesamt zum Beispiel tut. Also einfach bestimmte Verhaltensweisen ausprägen, die dann dazu führen, dass der Markt insgesamt sich in eine bestimmte Richtung bewegt.

Joel Kaczmarek: Aber es ist ja auch mal ein ganz interessanter Gedanke, euch als CRM-Maßnahme zu verstehen. Also ganz viele Leute sehen ja nur die Bonuspunkte und sehen so eine Art von Währung, die ich für wiederholten Einkauf kriege, dass das quasi eine Wiederholung der Beziehung zum Kunden ist und die wieder zu reaktivieren. Das ist eigentlich sozusagen für euch wahrscheinlich total normale DNA, aber das kriegt man ja manchmal gar nicht so von außen mit. Wobei ich trotzdem staune. Ich habe mal geguckt, Statistik ist, jeder Deutsche bestellt im Durchschnitt zweimal pro Jahr Essen nach Hause. Da hast du wahrscheinlich Verzerrungen drin, weil ganz viele ländliche Regionen mit drin sind. Aber seht ihr das in euren Zahlen, dass diese Frequenzen deutlich hochgehen?

Dominik Dommick: Ich hatte ja vorhin gesagt, die Partner sind neu, deswegen können wir jetzt die Historie über die letzten vier, fünf, sechs Jahre gar nicht aufspannen. Aber was wir sehen ist, wie unglaublich hochfrequent im Verhältnis auch zu anderen transaktionalen Geschäften bei uns tatsächlich genau die Nahrungsmittelbestellung ist. Und damit meine ich jetzt eben nicht eure Art der Lieferung, sondern sozusagen das warme, schon verarbeitete Essen an der Stelle. Und da eben auch dann Kundenbindung, Loyalität, CRM, Daten und dergleichen auf einmal anfangen eine Rolle zu spielen, wie das wahrscheinlich vor ein paar Jahren noch nicht war.

Joel Kaczmarek: Frequenz ist, glaube ich, ein gutes Stichwort, dass wir mal ein Stück weit eure Picknick-Philosophie aufarbeiten. Also so ein Player wie ein Amazon, wenn der jetzt irgendwie hingeht und sich einen Whole Foods kauft, wo ja, glaube ich, ganz, ganz viele völlig überrascht worden sind, was, der Online-Riese holt sich stationär. Bei denen ist ja, glaube ich, immer so ein Stück weit das Thema, die wollen den Kundenzugang besitzen und der ist in sehr, sehr vielerlei Hinsicht oft am LEH geknüpft, weil du da eine hohe Kauffrequenz hast. Bisher, und das klang ja auch ein bisschen im Gespräch schon so an, ist die Schwierigkeit immer, Man kriegt das irgendwie margenseitig nicht hin, so Produkte, die zwar hochfrequent sind, aber nicht so teuer und vielleicht auch nicht gerade hoch emotionale Produkte mit Logistik, mit Versand etc. pp. irgendwie gehandelt zu kriegen. Warum gelingt euch das? Was ist so eure Secret Sauce, die gar nicht so secret ist, die ist ja public und man kann sie trotzdem schwer nachmachen anscheinend. oder eigentlich könnte man, das können wir mal gleich drüber diskutieren. Was ist euer Zugang?

Frederic Knaudt: Ich hatte es ja vorhin schon erwähnt, dass wir sind ja auf den wirklichen normalen Supermarkteinkauf online abzubilden. Und der beinhaltet, der normale Deutsche geht zwei-, dreimal die Woche in den Supermarkt, das heißt eine sehr hohe Frequenz, kauft frische Lebensmittel, tiefgekühlt, tiefgekühlt Pizza, der kauft Drogerieartikel. Und genau das wollen wir alles bei uns anbieten. Jetzt könnte man meinen, dass wir sagen, okay, wir versuchen den Kunden darauf zu bringen, eher große Warenkörbe oder vielleicht eher selten. Aber unsere Philosophie ist, wir sagen, nee, wir wollen hohe Frequenz, weil hohe Frequenz bedeutet auch gute Kundenbindung und bedeutet auch, dass wir, wir fahren ja nach einem bestimmten Modell in der letzten Meile aus. Wir nennen das das Milchmann-Modell, wo wir dem Kunden sagen, pass auf, wir sind an den und den Tagen genau zu der Zeit bei dir in der Straße. Vorteil für den Kunden ist, er hat vielleicht nicht so eine ganz große Auswahl, aber er weiß exakt auf die Minute, wann kommen wir eigentlich und er bekommt eben auch die Lieferung gratis angeboten, weil wir können diese ganzen Auslieferungen bündeln und sind dadurch deutlich effizienter. Und je häufiger der Kunde bestellt, desto höher ist eben auch die Lieferquote, die wir haben in der letzten Meile. Und das spart letztlich auch nochmal Kosten bei uns ein. Also im Vergleich, wir liefern dreimal mehr aus in der Stunde, wie die anderen, die Online-Lebensmittel ausliefern, die eher mit einem hohen Mindestbestellwert reingehen und eher auf den hohen durchschnittlichen Warenkorb aus sind.

Joel Kaczmarek: Okay, also im Prinzip erster USP, ihr bietet Lieferslots an, man kann sie sich nicht selber aussuchen. Ihr macht die Kette sozusagen enger, dass man mehrere Drops machen kann, Drop-Offs, weil du die alle eng beieinander hast.

Frederic Knaudt: Exakt, genau. Also wenn man bei uns mal mitfährt, da seid ihr auch alle herzlich eingeladen. Udo ist es wahrscheinlich schon irgendwie mal ein Kognitor hinterhergefahren. Mit dem Auto. Mit dem Auto, ja. Und dann sieht man, wir halten in den Straßen mittlerweile zwei, drei, vier, fünf Mal. Und das macht glaube ich so den Unterschied. Bei dem anderen, der hält erstmal in der Straße und dann fährt er nochmal irgendwie quer durch die Stadt zum nächsten Kunden.

Joel Kaczmarek: Okay.

Udo Kießlich: Vielleicht kleine Ergänzung, auch ein charmanter Punkt, wenn man die eigene Flotte hat und sozusagen immer im gleichen Kiez zum selben Tag um dieselbe Uhrzeit durch die Straße fährt. Die Wagen sind ja auch beklebt mit Außenwerbung oder mit eurem Logo. Und das ist ja quasi wie fahrende Außenwerbung. Und das prägt sich natürlich sozusagen bei jedem einen, der in dem Kiez wohnt. Ob das jetzt eine Rewe ist oder ein Picknick, sei jetzt mal dahingestellt. Aber das ist natürlich auch ein großer Vorteil von eigenen Flotten. Während der DHL-Wagen, da weiß man nie, was da drin ist.

Joel Kaczmarek: Logischerweise muss das sozusagen von Anfang an die Entscheidung gewesen sein, dass ihr so eine Flotte selber spielt. Wenn ich es richtig gesehen habe, habt ihr doch auch, glaube ich, sehr spezifische Wagen, die ihr auf sehr spezifische Art befüllt, oder?

Frederic Knaudt: Es ging los mit dem Ansatz, okay, wir stellen alles in Frage, wir fangen an mit einem weißen Blatt Papier, wir entwickeln unsere eigene Supply Chain, wir überlegen uns, wie wir die letzte Meile machen. Und dann irgendwann kam die Frage, womit liefern wir eigentlich aus? Gründer in Holland damals zu der Zeit haben nicht das perfekte Auto gefunden. Und haben dann gesagt, okay, wie würde das denn aussehen? Haben mit einem Prototypen angefangen und rauskam ein sehr markantes, kleines Elektroauto, was nur 1,35 Meter breit ist. Es hat dann auch Vorteile für den innerstädtischen Verkehr, wo wir die Straßen nicht blockieren. Unsere Kundenkisten, mit denen wir auch ausliefern, passen eins zu eins da rein. Da ist auch nicht irgendwie ein Zentimeter Platz an den Seiten, sondern es ist wirklich optimal darauf ausgelegt für unsere Logistikkette. Für den Fahrer hat es noch den Vorteil, er nimmt die Ware von der Seite. Wenn man den DL-Booten mal beobachtet, wie der so ausliefert, der klettert erstmal hinten rein und sucht sich dann seine Pakete zusammen. Bei uns ist das anders. Der Runner, wie er heißt, macht dann das Rollo hoch, zieht die Kiste raus und geht zum Kunden. Das ist eben deutlich effizienter, schneller und auch sogar bequemer für den Fahrer. Und deshalb haben wir das Auto entwickelt. Erstmal, sage ich mal, aus Effizienz- und Supply Chain Gründen. Aber was Udo sagt, wir sagen, mit Streuern müssen wir nicht sprechen, weil wir haben ja unsere umfahrenden Litfaßsäulen. Das hat natürlich auch nochmal einen schönen Effekt. Wir haben ja so dieses Milchmann-Image und das geht auch total auf. Wir haben Kinder, die kommen rausgerannt, wenn die das Auto sehen wollen, mal auf dem Beifahrersitz, mal eine Runde mitfahren. Echt? Ja, das kommt regelmäßig vor.

Joel Kaczmarek: Fehlt nur, dass ich hier so eine Leona-Wurst an so einem Zweizack da drüber reiche.

Frederic Knaudt: Also, gute Idee.

Dominik Dommick: Ein Kollege bei uns erzählt immer von den Töchtern, die eben den Rewe-Mann inzwischen als größten Freund haben und begeistert zur Tür laufen, wenn es klingelt und dann ganz enttäuscht sind, wenn es ein anderer ist. Also geht auch, das ist absolut, Michmann ist, glaube ich, genau die richtige Metapher dafür.

Joel Kaczmarek: Okay, aber wir wollen ja sozusagen dein Modell mal so als Blaupause irgendwie jetzt durchdeklinieren. Also wir haben gelernt, Supply Chain optimiert, diese ganze Routengeschichte, Routenplanung neu gebaut. Ihr seid ja auch sehr stark auf dem Thema Daten und Personalisierung, wenn ich mich nicht täusche. Stimmt das wirklich, dass ihr hier, wenn ein Haushalt Kinder hat, dann irgendwie eine Packung Haribo mitbringt und Brekkies, wenn sie ein Haustier haben oder so? Ist das so?

Frederic Knaudt: Also wir wissen ein paar Sachen, wir fragen den Kunden aber eigentlich relativ wenig ab. Wir sagen, wir wollen, dass der Kunde die optimale Shopping Experience hat. In der App sieht man das. Sprich, wir lernen irgendwann, welche Produkte kaufst du gerne ein. Kaufst du die Whiskas? Hast du vielleicht eine Katze? Und dann muss ich hier nicht das Hundefutter zeigen. Gehst du nie auf die Kinderkategorie, dann interessiert dich das vielleicht auch nicht. So Sachen lernen wir aufgrund des Kundennutzerverhaltens. Ganz klassisch.

Joel Kaczmarek: Habt ihr eine eigene Abteilung für sowas, eine eigene BI-Abteilung, die solche Sachen quasi in Handlungen übersetzt? oder wie muss ich mir das vorstellen?

Frederic Knaudt: Ja, wir haben ein Data Science Team in Holland und die optimieren immer wieder die User Flows und schauen sich die Daten an. Letztlich sind das ja auch immer Experimente, die man fährt, um zu gucken, wie reagiert der Kunde darauf. und Das mussten wir in Deutschland, da sind wir immer noch dabei, wenn wir mit einem ganz anderen Sortiment angefangen, wieder bei null anfangen. Und ein Beispiel, wie wir unser Sortiment erweitern, da fragen die Holländer immer, was da in Deutschland los. Wir haben 17 Sorten Kartoffeln in Holland, im Vergleich sind es irgendwie drei oder vier. Das entwickelt sich letztlich durch lokale Präferenzen. Die Leute in Neuss, wo wir unterwegs sind, oder in Mönchengladbach, die kennen dann bestimmte Bauern aus der Region und wünschen sich diese Produkte, dann nehmen wir die mit auf. Und das sind alles so Dinge, die sind dann nochmal lokal ganz anders. Und die müssen wir einfach lernen. Aber von der Logik her ist das dann doch wieder gleich.

Joel Kaczmarek: Was ist mit so Services? Ich habe mir sagen lassen, dass ihr auch darüber nachdenkt oder vielleicht macht ihr das sogar schon, mal Bücher zurück in die Bibliothek zu fahren oder irgendwie den Fund mitzunehmen oder DHL-Pakete auszutragen. Gibt es auch sozusagen so eine Reverse-Komponente bei euch?

Frederic Knaudt: In Holland fangen wir schon damit an, Retourenpakete mitzunehmen. Wir machen das jetzt im ganz, ganz Kleinen. In Neuss jetzt zu der Weihnachtszeit, da gibt es dann so eine Spendenaktion. Da nehmen wir dann so Schuhkartons mit Geschenken für Kinder in Rumänien mit. Das hat jetzt noch nicht so diesen Business Case unbedingt dahinter. Aber letztlich, wir fahren ja eh zum Kunden hin. Wir nehmen schon Verpackungen mit, wir nehmen Pfand mit. Warum nicht auch die Retoure von Zalando oder Amazon? Das können wir ganz easy einfach noch mitnehmen. Und in Holland fangen wir damit schon an, aber in Deutschland sind das so Themen, die kommen später, wenn wir mal ein bisschen größer sind.

Joel Kaczmarek: Udo, du hast ja sowas quasi auch gebaut. Ist das nur ein Logistik-Game, also nur in Anführungsstrichen? Ist es vor allem das, dass das Ganze streamlined, dass man viel Datenkompetenz hat und dann irgendwie die Rechenbarkeit hinkriegt, dass man bei niedrigem Mindestbestellwert eine hohe Frequenz schieben kann? Oder was macht irgendwie Picnic besser, was vielleicht irgendwie du vor ein paar Jahren, als du noch bei All You Need Fresh warst, auch gerne gewusst hättest?

Udo Kießlich: Also ich glaube, international und national kann man sagen, es gibt verschiedene Konzepte. Das kompakte, schlanke Modell, da komme ich vielleicht nochmal auf zwei, drei Features zu sprechen. Aber es gibt auch durchaus, ich sage mal, Gegenentwürfe. Ocado in UK ist ein gutes Beispiel. Die haben zum Beispiel 50.000 Artikel, riesen vollautomatisierte Lager. Die haben aber auch eine andere Unternehmensgeschichte und eine andere Historie. In den USA gibt es Fresh Direct, Peapod, die haben auch eher große Läger, Vollautomatisierung und so weiter. Aber die haben natürlich auch hohen Mindestbestellwert, Liefergebühren. Das heißt, es ist so eine Art Trade-Off. Es gibt ja auch nicht nur einen Autotyp, sondern es gibt einen Ferrari und es gibt einen Skoda. Und jedes Modell muss sich halt irgendwie behaupten. Und das wird sich wahrscheinlich auch so im Lebensmittelmarkt ausprägen. Was ich relativ pfiffig finde und wo ich auch sage, bin ich jetzt zum Beispiel selber nicht drauf gekommen, ist hier dieses Konzept mit der letzten Meile, mit der Kette. Das ist ja im Prinzip auch so eine Art Same-Day-Konzept, könnte man sagen, mit relativ kurzer Vorlaufzeit, kleinen Zeitfenster. Das ist, glaube ich, ganz charmant. Auch dieser Ansatz Mobile First bzw. Mobile Only. Man entwickelt also gar nicht mehr für Tablet oder Desktop, sondern hat eine hohe Entwicklungskompetenz nur bei Mobile. Und zwei Sachen, die man immer unterschätzt und die, glaube ich, auch der deutsche LEH unterschätzt, ist, wie viel Know-how und IP sowohl in der Shop-Logik liegt, eine Shop-Engine, Und in der Software für die Routensteuerung für die letzte Meile. Picnic macht ja auch Tag der offenen Tür. Ist ja da relativ transparent. Da könnte ja eigentlich jeder vom Deutschen LEH einfach reinlaufen, Fotos machen, gucken und sofort loslegen, wenn es so einfach wäre.

Frederic Knaudt: Du wirst dich wundern. Wir hatten jetzt am Wochenende Tag der offenen Tür. Es waren einige da.

Udo Kießlich: Aber also sagen wir mal so, das ist sicher charmant und da kann man sicher auch lernen, wenn man noch nicht so viel Ahnung hat. Aber ich glaube, die zwei wesentlichen Bausteine sind halt die Shop-Engine und die Auswertung der Daten von den Kunden, zum Wohle der Kunden natürlich, und halt die Routensteuerungssoftware. Weil das sind die zwei Effizienztreiber, dass die Leute relevante Produkte in ihrem Setup schnell finden, schnell auschecken, also höhere Conversion, höhere Wiederbestellquote, NPS, KAK, Customer Lifetime Value, was auch immer wir jetzt da betrachten wollen. Und die andere Sache ist halt Effizienz auf der letzten Meile. Wenn Picnic laut eigener Aussage dreimal effizienter ist als so manch anderer im Durchschnitt, sinken natürlich die Stückkosten und das können Sie dann an den Kunden natürlich weitergeben. Aber es gibt, wie gesagt, mehrere Ansätze. Man muss es sich halt immer ein bisschen smart durchdenken. Beispiel Rewe, die haben ja jetzt so ein vollautomatisches Lager bei Köln aufgemacht, um eben ihre Fulfillmentkosten besser zu gestalten. Keine Substitute mehr, Bestandsführung und so weiter. Man bestellt Coca-Cola, man bekommt Coca-Cola. Das ist ja schon mal ein großer Fortschritt. Da muss man sehen, welches Konzept sich durchsetzt. Aber auf jeden Fall hat man insgesamt wenig Spielraum, um Fehler zu machen beim Lebensmitteleinzelhandel. Da bleiben am Ende nicht, wie bei AWS, hier bei Cloud Services, 25 oder 30 Prozent Marge übrig, sondern es ist halt 1, 2, 3, wenn alles gut läuft. Und da darf man halt sich nicht viel Fehler erlauben.

Joel Kaczmarek: Wie ist es mit dir? Was nimmst du für eine Stimmung wahr an dem ganzen Markt? Schauen sich irgendwie die Revis und Pennys dieser Welt sowas an? Weil ich meine, fairerweise zu sagen, ich drehe jetzt mal den Lieferslot-Kanal um und biete an, anstatt mir die Auswahl zu ermöglichen, das ist ja jetzt noch kein Raketenwissenschaftler, das ist ja kopierbar.

Dominik Dommick: Also natürlich schauen sie sich das an. Das wisst ihr wahrscheinlich mindestens genauso gut. Und die haben natürlich auch ihre eigenen Konzepte. Und genau wie du gerade sagtest, in Vorgehensweisen, Lager, Investments und dergleichen. Also ich glaube, das ist mit Sicherheit vom Thema her, und deswegen sitzen wir hier auch ganz simpel gesagt, mit Sicherheit vom Thema her eins, das den Markt beschäftigt und wo der Markt versucht, die Lösung dafür zu finden, da drinnen eine skalierbare Lösung zu erzeugen. Die ist noch nicht da. zumindest nicht im großen Stil da, vielleicht ist sie im Kern da, aber im großen Stil ist sie noch nicht da und gar keine Frage. Also das ist wirklich, glaube ich, relativ simpel zu beantworten. Aber was nicht simpel ist, ist dann nachher die Mischung zu finden, die tatsächlich im großen Stil und nicht in zwei Städten, sondern in zumindest der größeren Anzahl von deutschen Städten tatsächlich auch so zu funktionieren. Wir haben ja in Deutschland auch nochmal zusätzlich das Problem im Verhältnis zu anderen Ländern, dass wir diese absoluten Mega- und Superstädte nicht haben. Also wenn ich das jetzt in London machen würde, dann hätte ich ja sofort 80 Prozent des Marktes abgedeckt oder in Frankreich mit Paris. Das haben wir nicht. Das macht es ja nochmal komplexer zusätzlich zu der Margensituation. Also insofern ja, aber schwer und ein bisschen schwer die Prognose zu machen. Du hast vorhin hochgerechnet. Ist es etwas, was in zwei, in drei, in fünf Jahren oder erst in zehn Jahren letztendlich bestimmte Relevanzen erzeugt? Da kann man immer viel Prognosen abgeben. Das ist ja dieser übliche Hype-Cycle, der dann am Anfang eine gewisse Ernüchterung hat. Das haben wir, glaube ich, auch schon gehabt in Deutschland inzwischen. So machen die wieder zu und gehen da wieder raus. Das ist ja aber üblicherweise kein Zeichen dafür, dass es dann nicht ein paar Jahre später umso stärker kommt. Und ich glaube, da macht man einen Fehler, wenn man dann die Anfangsschwierigkeiten und die ersten, die noch nicht als Rezept gefunden haben, dann interpretiert als, ja gut, das ist halt ein Traum und der wird so nicht kommen. Das ist dann ja meistens nicht so. Ein paar Jahre später passen dann auf einmal die Elemente zusammen und dann fährt es in eine ganz andere Höhe.

Joel Kaczmarek: Ich habe ja irgendwie vor kurzem vom Chef von dm auch gelernt, das sei ein bisschen wie DJ-Spielen. Man weiß schon, die Läden gehen runter und das Online geht hoch und jetzt muss man aber abmischen, wann. sozusagen geht ein Track den nächsten über.

Dominik Dommick: Absolut, genau. Ich meine, das ist ja auch, du sagtest das vorhin, auch eine ganz andere Stelle. Ich habe eben gerade im Kopf darüber nachgedacht, bei dem Stichwort Mobile First und Mobile Only ist ja auch eine ewig alte Diskussion, die haben wir jetzt hier nicht erfunden. Aber das ist ja auch so. Also wie mische ich zum Beispiel, wenn ich eben ein Bestandsangebot habe, jetzt völlig egal, ob das Food oder irgendwas anderes ist, wie mische ich ab einen Kanal, der halt noch 60, 70 Prozent meiner Umsätze macht, gegen den anderen Kanal, von dem ich weiß, dass er in zehn Jahren mit Sicherheit der Dominierende ist. Und da habe ich jetzt ganz sicherlich auch einen zu langen Zeitraum dafür gewählt. Wie mische ich das ab?

Joel Kaczmarek: Euer Besitzer ist ja Amex. Also ich tippe mal, du bist auch relativ oft in den USA. Was nimmst du da für ein Bild wahr? Also wenn du dir mal so die Walmarts dieser Welt anguckst, hast du da auch wie einen Eindruck?

Dominik Dommick: Ja, ich war gar nicht in den USA, sondern ich war ein paar Meter von hier bei Facebook vor ein paar Tagen fast. Und da war der CMO von Walmart, war ganz interessant, eigentlich in so einer Runde. Die erste These, die er hatte zum Multichannel-Handel, die sehr interessant war, war, dass er sagt, ich bin jetzt hier, ich weiß nicht, drittes oder viertes Jahr. Und was ich merke ist, wenn ich auf die Jahre zurückgucke, die ich hier bisher hergekommen bin und das, was ich euch jetzt heute erzählt, es wird immer weniger. Da könnte man jetzt denken, es liegt daran, dass Sie immer mehr merken, wie schwer das ist. Nein, im Gegenteil, was er gesagt hat, ist, vor ein paar Jahren habe ich eine unglaubliche Reigen und eine unglaubliche Breite von unterschiedlichen Maßnahmen und Learnings und Initiativen und Piloten und so weiter mitgebracht und gesagt, was wir da nicht alles Tolles, Buntes machen. Und inzwischen machen wir viel, viel weniger, aber dafür viel, viel intensiver mit einer viel höheren Wertschöpfungstiefe, mit höheren konzentrierten Investment auch in diese wenigeren Maßnahmen. Also man könnte sagen, anstelle zehn Ferkel durchs Dorf zu treiben, dann lieber drei Säue. Das hat er nicht gesagt, das sage ich jetzt. Ich glaube, dass das auch ein Kennzeichen dessen ist, was wir vorher gesagt hatten. Also wenn halt Märkte aus dieser Ausprobierphase herauskommen, dann beginnt sich das auch so ein bisschen zu konzentrieren. Man weiß eher, was man da tun kann. Und da würde ich zumindest aus meiner Beobachtung sagen, Walmart ist wahrscheinlich einer der wenigen, der diese Omnikanaligkeit, Multikanaligkeit in Amerika tatsächlich einigermaßen gut und geschickt spielt. Und wenn der eben sagt, ich komme aus der Experimentierphase und bin in der Lage, das schmaler zu schieben und zu sagen, das sind die drei, vier, fünf Sachen, die ich wirklich gut machen muss und da geht jetzt mein ganzes Investment rein, dann ist es ein Zeichen dafür, dass Märkte reifer werden.

Joel Kaczmarek: Gut, machen wir mal wieder von USA zurück in die feinen Niederlande. Seid ihr auch noch stark in so einer Experimentierphase oder habt ihr für euch schon jetzt so ein Blueprint und wisst auch genau, in welchem Tempo ihr das pro Stadt ausrollen könnt?

Frederic Knaudt: In Deutschland jetzt? München-Gladbach war jetzt die erste Stadt quasi nach unserer Pilotstadt Neuss. Das war für uns wirklich spannend herauszufinden, klappt das auch in einem weiteren Standort, wo wir jetzt nicht ein halbes Jahr hatten, die Leute heiß zu machen und jeden Einzelnen auf der Straße anzusprechen. Vielleicht ist München-Gladbach ein Sonderfall, aber München-Gladbach ist immer doppelt so schnell gewachsen wie Neuss. Letzte Woche sind wir ganz stolz darauf, ist Mönchengladbach die schnellstwachsende Picknickstadt überhaupt. Deutschland und Holland zusammen. Das ist auf jeden Fall auch nochmal so ein weiterer Beweis, okay, das kann auch in Deutschland mindestens genauso gut funktionieren, wenn nicht sogar noch besser. Im Prinzip, wir haben eine ganz klare Strategie, wie wir in so eine Stadt reingehen. Bei Picknick kann man sich registrieren, auch wenn wir noch nicht in der Stadt sind. Wir gucken uns dann an, okay, wie viele rote Punkte gibt es denn in so einer Stadt? Und in Mönchengladbach waren es 6000 Leute, die sich angemeldet hatten, bis zu dem Tag, als wir die Tore geöffnet haben. Das hilft natürlich dann auch wieder bezüglich Kosten. Am Anfang verbrennen wir gar nicht so viel, weil wir direkt schon mit einer hohen Stoppdichte anfangen. Und vorgelagert sind im Prinzip ein paar Kommunikationsmaßnahmen. Also wir kommunizieren, wir gehen jetzt in diese Stadt rein, dann bauen wir unser Netzwerk da auf. Also wir gehen dann ganz klassisch dahin und sprechen mit der Wirtschaftsförderung, versuchen den Bürgermeister kennenzulernen und so die gut vernetzten Leute in der Stadt. Das gehört wirklich dann so zu unserer Arbeit. Und das ähnelt schon dem, wie wir auch in Holland die Städte aufgemacht haben. Was uns vielleicht da auch bei der Expansion unterscheidet. zu den anderen, wir sind jetzt nicht so schnell in der geografischen Expansion. Wir gucken, dass wir auf jeden Fall eine gute Penetration hinkriegen in den Städten, wo wir aktiv sind. Sagen also, wir machen weniger Städte, aber da richtig viel. Da sehr intensiv dann und dann gehen wir in die nächste Stadt.

Joel Kaczmarek: Also wenn ich jetzt alle meine Hörer von Digital Kompakt aufrufe, mal für Berlin Charlottenburg sich anzumelden, dann bist du ab dem nächsten Monat auch da.

Frederic Knaudt: Ja, sehr gerne, sehr gerne. Wir haben uns letztens mal Berlin angeschaut. Berlin ist schon knallrot.

Joel Kaczmarek: Ja, aber da werde ich glaube ich auf lange Zeit nicht hingehen, ist meine These.

Frederic Knaudt: Also erstmal, unser System ist so, wir haben einen Fulfillment-Center, das ist ein Kühllager aktuell in Viersen und das definiert so unser Spielfeld für den Moment. Darum rum können wir dann unsere Hub-Locations rausfinden. Aus einem Hub beliefern wir dann ein Liefergebiet mit aktuell so rund 100.000 Haushalten. Wir können aber auch schon ein Hub betreiben mit 40.000 Haushalten. Das ist so die Range, die wir mit einem Standort machen können. Davon haben wir jetzt zwei.

Joel Kaczmarek: Lesara ist doch, glaube ich, gerade im Begriff, platt zu gehen. Vielleicht kannst du dann ein Fulfillment-Center übernehmen.

Udo Kießlich: Also nur eine Fläche.

Joel Kaczmarek: Also nur eine Kühlung einbauen dann.

Udo Kießlich: Und zertifizieren.

Frederic Knaudt: Ja, aber die wollen ja schon weitermachen, oder?

Udo Kießlich: Ja, ja, gut.

Joel Kaczmarek: Das ist ja auch irgendwie ein dramatischer Fall eigentlich. Spaß beiseite. Wie lange braucht ihr, um eine Stadt hochzuziehen?

Frederic Knaudt: Ab Unterzeichnung, Mietvertrag schaffen wir vier Wochen circa.

Joel Kaczmarek: Okay. Ich will natürlich verstehen, wie schnell kommt ihr auf so ein Radar von den Rebis und Co., was halt auch wirklich Städteabdeckung etc. angeht. Also Neuss und Mönchengladbach ist jetzt noch nicht der Nabel der Welt.

Frederic Knaudt: Da müsste man jetzt mit den Einzelhändlern in Neuss und Mönchengladbach sprechen, was die dazu sagen. Wir sprechen uns jetzt nicht offen darauf an. Wir kriegen natürlich hier und da mal den einen oder anderen. Wie gesagt, beim Tag der offenen Tür hatten wir auch einige Marktleiter, die mal vorbeigeschaut haben und das auch offen so gesagt haben. Fand ich auch eigentlich ganz nett und haben uns so ein bisschen darüber unterhalten. Ich glaube, das dauert noch ein bisschen, bis der einzelne Marktleiter das merkt. Aber darauf wird es wahrscheinlich irgendwann hinauslaufen.

Joel Kaczmarek: Ich meine, es ist ja eine große Stärke, dass ihr in der Lage seid, solche kleinen Städte zu penetrieren. Das werden ja die Großen wahrscheinlich gar nicht schaffen, wenn man die Ocado-Modelle sozusagen fährt. Also das ist ja ganz interessant, aber nevertheless ist ja die Frage, wie schnell kannst du mit dem Thema halt wachsen.

Frederic Knaudt: Also in Holland sind wir aktuell, beliefern wir 200.000 Kunden, sind in 60 Städten aktiv und das hat jetzt so

Joel Kaczmarek: Gibt es überhaupt zu viel in Holland?

Frederic Knaudt: Zu viele Städte? Ja, das ist die Frage, wie man eine Stadt definiert. Es gibt auch sehr viele kleine Städte. Diese 60 Städte werden, glaube ich, aus rund 25 Hubs beliefert. Wir können schon irgendwann die Geschwindigkeit erhöhen. Wir gucken halt, dass die Qualität passt. Und von außen sieht das einfach aus, aber einen freundlichen Runner, wie er bei uns heißt, zu finden, ist nicht immer so einfach. Aktuell stellen wir zehn Runner die Woche ein. Und um zehn Runner einzustellen, muss man 30 treffen. Und wir wollen natürlich auch, dass sie lange bleiben. Das nehmen wir schon sehr, sehr ernst. Hauptkritikpunkt, warum seid ihr denn noch nicht da oder da? Wir würden ja gerne, aber nicht auf Kosten der Qualität. Insofern, die anderen Leute müssen sich ein bisschen gedulden.

Joel Kaczmarek: Warum macht euch noch keiner im großen Stile nach von den Großen?

Frederic Knaudt: Das ist eine sehr gute Frage. Die Frage müsste man denen stellen. Aber aus meiner Sicht bin ich mir nicht sicher, ob die das überhaupt wollen. Haben die wirklich ein Interesse, stark jetzt auf online zu gehen? Oder ist es nicht eher eine Verteidigung, die sie da fahren? Weil wenn man sich anschaut, jetzt in einer Region, wo wir sind, wie zum Beispiel in Mönchengladbach, da gibt es wahrscheinlich irgendwie fünf Rewe-Märkte, die haben 95 Prozent Fixkostenstruktur in ihrer Filiale. Wenn die jetzt ihre Kundenrichtung online verlieren, wird damit automatisch ihr stationärer Laden defizitär. Insofern stellt sich mir die Frage, wie groß kann die Motivation überhaupt sein, online zu gehen, weil Ihr bestehendes Geschäft funktioniert ja eigentlich so ganz gut. Noch. Noch, ja. Aber die letzten Jahre haben Sie ja eher beruhigt. Es ist jetzt die Frage, ob Sie das jetzt noch ändern wollen oder können. Bisher hat uns so noch keiner nachgemacht. Da muss man die anderen fragen, warum noch nicht.

Joel Kaczmarek: Was ist denn deine Hypothese, Udo?

Udo Kießlich: Tja, also ich würde sagen, Rewe wird ja mal oft an Pranger gestellt. Die haben vielleicht auch den einen oder anderen Fehltritt gemacht, aber die haben ja erstmal so eine ganz ordentliche Plattform, jetzt ein ordentliches Lager, auch ein Konzept, also mehr als 100 Millionen Umsatz nach einigen Auskünften. Ich glaube, um deren Position werden die beneidet von so manch anderem. Und warum die anderen Großen, also zum Beispiel eine Rossmann oder eine Lidl oder eine Kaufland, Und auch ID Süd, ID Nord noch keine entsprechenden Konzepte und Plattformen in Deutschland am Laufen haben. Die testen ja jetzt teilweise im Ausland. Ich glaube, das ist einfach eine Frage auch von der Einschätzung des Top-Managements und der Gesellschafter. Also ein Teil der Gesellschafter ist ja die Fraktion Ö70. Die verstehen das nicht und die interessiert das auch nicht. Und ein Teil der Manager, die haben das halt auch jahrelang nicht so ernst genommen. Warum sollten sie da jetzt sagen, wir haben uns komplett geirrt? Aber wohin das führt, wenn man da sozusagen diese Kundenbedürfnisse, darum geht es ja. Es ist ja gar nicht die Frage, welches Modell sich durchsetzt und ob es da einen Markt gibt, sondern die Kunden wollen das ja. Sonst würde ja keiner, sonst würde der Markt ja nicht jedes Jahr um 20 Prozent wachsen. Die Frage ist halt einfach, war auch nur eine Generations- und eine Managementfrage. Und wenn man das eben nicht adäquat adressiert, was auch immer jetzt das Modell ist, da gibt es ja diverse Beispiele. Also die Taxifunkzentralen haben nicht reagiert, jetzt gibt es MyTaxi. Ich würde auch sagen, Kosmetik hat lange nicht reagiert. Douglas hat auch relativ spät erst angefangen, sind jetzt stark am Rumrudern. Mediamarkt Saturn hat es jahrelang ignoriert und rauf und runter und zurück reagiert. tut Ihnen wahrscheinlich heute auch sehr leid. Insofern ist das wahrscheinlich auch eine Generations- und eine Managementfrage.

Dominik Dommick: Und ganz am Anfang stand mal die Musikindustrie. Die hat dann erzählt, mein Lieblingszitat immer, wird eh nichts, weil das ist ein emotionales Produkt. Wir brauchen doch alle ein Cover. So wahnsinnig viele Cover haben wir, glaube ich, alle nicht mehr zu Hause, wenn wir Musik hören.

Udo Kießlich: Telefonbuch.

Dominik Dommick: Also ich glaube auch, wir sitzen hier auf dem Handelskongress. Wenn man mal die letzten fünf Jahre der Präsentation auf dem Handelskongress und der Themen sich anguckt, sind die, glaube ich, immer gleich. Da kommt dieses Internet und vielleicht bleibt es. Ja, sieht ein bisschen so aus, als ob es bleibt. Dann wird eben lange noch gehofft, dass die Bewegungen eben doch nicht so groß sind und die Veränderungen doch nicht so groß sind. Ich bin völlig bei dir. Und man sieht es eben Branche für Branche, wie es dann irgendwann kippt, wenn man nicht schnell genug in der Digitalisierung tatsächlich auch sein eigenes Learning aufbaut. Und das passt genau zu dem, was wir vorhin gesagt haben. Bis ich in der Lage bin, von Ferkeln, die ich durchs Dorf treibe, zu den großen und Schwergewichtigen zu kommen, das dauert dann eben auch ein paar Jahre. Und das ist kein Hobby. Also Digitalisierung kann man sich, glaube ich, weder kaufen mit einfach viel Geld, dann in der hohen Qualität, noch kann ich es als Hobby betreiben. Und insofern hoffe ich dann, glaube ich, lange Zeit, ist auch wahrscheinlich menschlich, dass das einfach alles nicht ganz so sich verändern wird. Und dann gibt es am Anfang ja auch immer genau die Indizien dafür. Nein, das geht eben doch nicht so schnell. Und schaut mal, da gehen wieder welche aus dem Markt raus. Und das klappt ja eben doch nicht, habe ich ja immer gesagt. Guckt euch die Rücksendequoten an bei Zalando, das wird nie was werden. Mit diesen Returnquoten kann man überhaupt gar kein Geschäft machen. Amazon hat gar keine Marge, da wird nie was rauskommen. Das hat man ja dann die ganze Zeit gehört. Cover ging es los. Und ich glaube, damit beruhigt man sich so lange, bis es an der Tür klopft.

Joel Kaczmarek: Hättet ihr Bock, hier PAYBACK-Punkte eigentlich mal auf eure Einkäufe zu verkaufen? Dann fahren vielleicht auch die Muttis bald mal mit.

Frederic Knaudt: Können wir mal drüber sprechen. Auf dem Weg hierhin habe ich mich gefragt, wäre das nicht was für uns?

Joel Kaczmarek: Okay, das war eigentlich ein Spaß, weil ich dich jetzt mal fragen wollte, was machst du denn eigentlich? Weil du musst doch mit deinen Revis, ich stelle mir das mal so vor, du hast da irgendwie so deine Beiratssitzung oder wie immer das bei euch heißen mag, dann sitzen die da alle und du hast ja genau den gleichen Schmerz wie die. Du verdienst quasi dein Geld damit, dass du CRM machst, dass du Loyalty ankurbelst. Und du bist ja auf genau der gleichen Brücke. Also du bist auch auf der einen Seite, mit eurem PAYBACK seid ihr online. Auf der anderen Seite seid ihr sehr, sehr stark in dem ganzen Offline. Das ist auch für euch sehr, sehr markenprägend. Also wahrscheinlich noch mal mehr als online. Was sagst du denen denn? Wie gehst du denn damit um? Also mit diesem Bias, mit diesem Abmischen, das Ferkel zur Sau machen. Wie reagiert ihr darauf?

Dominik Dommick: Zum einen haben wir, glaube ich, das Glück mit den Partnern, mit denen wir da seit vielen Jahren zusammenarbeiten, dass man nur nicht behaupten kann, dass die Digitalisierung nicht ernst nehmen. Es sind ja auch nicht umsonst jetzt viele von den Namen schon gefallen, dieses Ernstnehmen und sehr, sehr intensiv daran arbeiten.

Joel Kaczmarek: Heißt dann Digitalisierung für die auch wirklich Online-Verkauf oder stehen die da was ganz anderes darunter?

Dominik Dommick: Ich glaube sogar interessanterweise hat es viele Jahre lang im Wesentlichen Online-Verkauf geheißen. Ich persönlich glaube ja, dass gerade Digitalisierung der Fläche eigentlich noch eine viel, viel größere Rolle spielt, wie man über eine Plattform tatsächlich, wie wir das sind, auch vorantreiben kann und realistisch vorantreiben kann. Viel realistischer als es selber zu tun. Also als Händler kann ich, glaube ich, sehr klar online verkaufen. Aber ich glaube, eine wirklich digitale Plattform im Store und auf der Fläche, dafür brauche ich einfach die Reichweite auf der anderen Seite. Und da ist es eben so, wie es mit der Kundenkarte vor 20 Jahren auch gewesen ist. Der Kunde möchte halt nicht sieben verschiedene Reichweiten mit aufbauen, sondern der ist ganz froh, wenn es in irgendeiner Form konzentriert und konsolidiert wird. Und wenn halt jedes Vertical meint, sich die Reichweite selber aufzubauen, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass es vom Kunden auch gemeint und mitgetragen wird. Ich glaube, wir haben einen Partnerverbund, der Digitalisierung sehr, sehr ernst nimmt. Also mindestens die, da kann man einen ausnehmen. Der Aral wird natürlich auch über die nächsten Jahre nicht unbedingt den Weg finden, wie er Sprit online verkaufen kann. Aber für alle anderen hat das natürlich eine deutlich höhere Relevanz und das sieht man auch in den Maßnahmen. Und insofern ist das eins, das könnte man sagen, wie auf dem Handelskongress auch, eins der Themen, das uns wahrscheinlich in unseren Zusammenkünften am meisten umtreibt. Und wir können, denke ich, auch sagen, ohne rot zu werden, dass es in den letzten Jahren in allen messbaren Metriken, in Reichweiten, in Apps, wir sind mit dem Verbund führend im Mobile Payment in Deutschland, dass wir da schon auch ein bisschen was auf die Kette gekriegt haben.

Joel Kaczmarek: Aber was machen die denn? Also Rewe, okay, ist aktiv. Penny kenne ich gar nicht, gar kein Angebot. DM sagt mir, der Rausschmeißer-Song ist noch nicht am Laufen, der will noch nicht abmischen. Also ich habe jetzt heute gerade gelesen, 100 Millionen Euro Umsatz sollen sie schon online machen. Wenn man auf der Webseite guckt, das weise ich nicht mal aus. Also ihre Kennzahlen sind rein stationär bedingt. Fressnapf ist glaube ich so, die haben auch eine Größe, die müssen. Also wenn die nicht digitalisieren, dann tut es ihnen langsam weh. Wer ist denn da bei euch so im Verbund, der wirklich aktiv Digitalisierung im Sinne von Onlinehandel betreibt?

Dominik Dommick: Naja, ich meine, den Greve hast du genannt. Den haben wir heute mehrfach genannt. Da ist es, glaube ich, genau passend zu dem Thema, über das wir heute gesprochen haben. Die Verbundreichweiten-Digitalisierung habe ich genannt. Die haben wir ja gemeinsam mit unseren Partnern in der Form auch aufgebaut. Ich finde, den Real kann man eindeutig nennen. Mit der Akquisition, die sie gemacht haben, mit Headmeister und ihren Marktplatz-Initiativen. Eine absolut ernstzunehmende Digitalisierung an der Stelle. Viele, viele weitere Beispiele. Also ich glaube schon, da passiert natürlich was. Und trotzdem, natürlich ist es bei uns als Ausschnitt der Handelslandschaft, den wir haben, ein sehr exzellenter Ausschnitt, aber als Ausschnitt der Handelslandschaft ist es natürlich nicht so, dass in diesem Ausschnitt jetzt auf einmal alles auf 100 Prozent schon digitalisiert ist und drumherum sind die brachen Landschaften. So ist es natürlich auch nicht. Aber ich denke, dass wir eben gerade auch im Austausch und im Gemeinsamen da nochmal ganz andere Chancen haben, den richtig großen Investoren in Digitalisierung und Vorgehen was entgegenzusetzen.

Joel Kaczmarek: Udo, wir haben ja einen Player jetzt gar nicht so stark bisher angesprochen, das ist Amazon. Also eingehend schon mal gesagt, 25 Millionen, unsere Erhebung in dem Report, Umsatz, das ist ja noch nicht sehr viel. Man hat so ein bisschen den Eindruck, dass sich so Amazon Fresh, Prime Now, Pantry alle irgendwie auch so ein bisschen gegenseitig in die Parade fahren. Also man experimentiert offensichtlich noch, nehme ich da mal irgendwie mit raus. Glaubst du, dass solche Plattformen irgendwie LEH-relevant werden können? Weil was man im Beauty ja zum Beispiel sieht, ist, Dass auf einmal Player um die Ecke kommen und dieses Segment bedrohen, wo man es überhaupt nicht erwartet hatte, dass es gar keine reinen Online-Druckerien sind, sondern viel mehr Plattformen, die eigentlich hingehen, ihre Frequenzen steigern, ihre Warenkörbe größer machen, quasi mehr Customer Lifetime Value aus ihren Kunden rausziehen. Warum scheint das bisher noch nicht bei Food so angekommen zu sein?

Udo Kießlich: Naja, also ich meine, vielleicht ist es so, also jetzt These, ich habe da jetzt auch keine Insiderkenntnisse, dass Amazon in Deutschland jetzt erstmal on hold ist bei Food. Die machen erstmal das, was sie machen, weiter, aber haben ja auch keine neuen Standorte bei Fresh eröffnet oder da irgendwas verkündet, weil sie wahrscheinlich erstmal genau überlegen, was sie dann mit ihrer 20 Milliarden Akquisition von Whole Foods in den USA machen. Die haben in den USA 400 Läden, in London haben sie sechs, die habe ich mir mal angeguckt. Das ist auch kein Blueprint für irgendwelche Pläne in Europa. Das heißt, ich glaube, die konzentrieren sich jetzt erstmal auf USA. Und beim Thema Plattformökonomie bin ich mir relativ sicher. Deswegen ist das Thema Food ja auch so heiß. Überall, nur nicht in Deutschland. Hat der Frederic schon gesagt, ob da jeder jetzt einmal die Woche kauft oder zweimal im Monat, da kann man sich jetzt drüber streiten. Aber es gibt ja kaum irgendwas, was höhere Frequenz erzeugt als Lebensmittel. Also Wiederkaufquote ist extrem hoch. Das hat ja fast Prime-Charakter. Deswegen sind die in den USA natürlich auch alle sozusagen auf der Palme, als Amazon Whole Foods gekauft hat, weil sie dachten, oha, jetzt kommen sie auch in das Vertical. Alle großen Retailer, Walmart, Kroger, haben alle Milliarden in die Hand genommen, um da jetzt aufzurüsten. Und der große Gorilla, der noch nicht da ist, der aber sicher die gleiche Logik hat und in Asien schon aktiv ist, ist ja Alibaba. Die gucken halt das Thema Lebensmittel nicht so sehr an, weil sie sagen, sie mögen die Banane oder die Banane ist hoch profitabel, sondern die gucken das an, weil sie sagen, okay, wenn ich irgendeine Plattform habe oder E-Food auf meiner Plattform selber anbiete oder durch ein Marktplatzmodell oder was auch immer, da gibt es verschiedene Ansätze. Dann kommen die Leute halt einmal die Woche rein. Dann gucken die, dann locken die sich mit ihrem Login ein. Die erste Lasche ist dann halt Non-Food, die zweite Lasche ist Food. Beispiel Real haben wir ja schon genannt. Da ist die erste Lasche ist der Non-Food-Shop, die zweite Lasche ist der Lebensmittelshop. Bei Amazon genauso. Amazon kann man reingehen, zweite Lasche ist Amazon Fresh, klickt man drauf. Alle Amazon-Käufer, die bisher bei Amazon kaufen und die in der jeweiligen Region sind, können Amazon Fresh buchen. Und deswegen ist Lebensmittel, LEH, E-Food so spannend für die großen Plattform-Player und dann eben auch für die stationären, weil die da halt reingehen, weil das halt Kundenbindung erzeugt. Und deswegen ist das auch so eine große Gefahr für die stationären Player, wenn sie da sozusagen keine adäquaten Angebote haben. Dann wird es in ein paar Jahren verdammt teuer. Dann bleiben nämlich nur noch meine Mutter, die ist 75 geworden, die kauft dann für sich und ihren Vogel sozusagen einmal die Woche noch ein paar Körner. Aber den Großeinkauf macht die Familie mit Kindern oder der gestresste Doppelverbinder, den macht der dann halt online. Und dann bleiben die auf ihren Fixkosten eben alle sitzen.

Dominik Dommick: Total richtig, was du sagst. Gerade Stichwort Kundenbindung. Da kann man, glaube ich, auch was zu sagen aus der PAYBACK-Sicht. Weil ich meine, natürlich der Dreh- und Angelpunkt im Sinne der Hochfrequenz ist natürlich in einem Loyalitätsprogramm, wie wir das sind, oder Bonusprogramm, wie wir das sind, immer der LEH. bis zum gewissen gerade dann noch Drogerie und dann kommen wieder frequentere Partner dazu. Und das ist natürlich insofern der Kern. Und wenn dann diese Verlagerungen stattfinden, wie du es sagst, dann ist es natürlich ein Faktor der Kundenbindung. Deswegen genau diesen Kern kennen wir schon seit 20 Jahren und der erfährt eben jetzt eine Digitalisierung. Und das eben auch nochmal als Bemerkung, wie wir es am Anfang schon gesagt haben, wenn wir uns die Frequenzen angucken bei einem Burger King, der unser Partner ist, wenn wir uns die Frequenzen angucken bei Pizza, bei Lieferheld, die unsere Partner sind, jetzt bei Nordsee. Food hat eben diese unterschiedlichen Aspekte und alle sind sie hochfrequent. Das ist das Spannende daran. Und natürlich die Restaurants dann, Stichwort Pilot, was wir vorhin sagten. Also du hast halt in der Maslow-Pyramide irgendwie Nahrung relativ weit unten. Wir alle kommen da mehrfach am Tag auf die Idee, dass das irgendwie für uns jetzt gerade relevant ist. Häufiger als Socken, Schuhe, Fahrräder oder Fernseherkäufe. Und das führt natürlich zu diesen hohen Frequenzen und damit ist das natürlich der absolute zentrale Commerce in Bezug auf die Frequenz. Und Frequenz macht Bindung und Frequenz ist natürlich insofern auch ein Garant danach eben, wie du vorhin auch sagtest, CRM-seitig damit weiter zu agieren.

Joel Kaczmarek: Zurück zu meiner These. Wenn Frequenz quasi das Attraktive an dem Modell sind, ist es dann wirklich ein Logistik- und ein CRM-Play?

Frederic Knaudt: Mit Sicherheit auch. Ich glaube, die Leute gehen heute extrem oft in den Supermarkt. Was es aber auch mit sich bringt, ist ein sehr stark eingefahrenes Habit, was schwer macht, den Kunden davon zu lösen und zu sagen, jetzt machst du nicht mehr das Habit, sondern jetzt machst du das Ganze online. Das spielt auch noch eine große Rolle. Also das merken wir selbst mit unseren Kunden, mit denen wir sprechen. Mit denen müssen wir zum Teil echt lange Gespräche führen, bis sie dann mal auf den Punkt kommen und sagen, naja stimmt, wenn ich mal so ein bisschen drüber nachdenke, ist das wirklich die viel bessere Option. Das ist nicht wie, jetzt kaufst du den Fernseher online, das ist genau der Fernseher, den du kennst. Sondern das ist scheinbar irgendwie noch viel mehr. Wahrscheinlich alle von uns wissen blind, wo sie irgendwie die Eier im Supermarkt um die Ecke finden. Und die passt da. Und das ist so ein über lange Zeit gelerntes Verhalten. Und das sehen wir so als Herausforderung. Ich glaube, da haben wir auch mit einer eigenen Customer Experience, die wir auch gebaut haben, mit der App, glaube ich, auch nochmal eine ganz gute Lösung gefunden, um es den Leuten auch extrem leicht zu machen. Wir glauben auch, wenn wir uns andere Shops anschauen, die sind doch sehr stark angelehnt an das Klassische, wie kaufe ich eine Hose, wie kaufe ich ein T-Shirt und weniger, wie sieht eigentlich mein normales Einkaufsverhalten aus, wenn ich die Butter, die immer jede Woche die gleiche ist, Milch, Joghurt und so weiter einkaufe, wo ich ja eine ganz andere Entscheidungssituation habe. Da will ich einfach sagen, okay, diese Woche wieder das Gleiche, fertig. Ich glaube, da haben wir so mit unserer App eine ganz gute Lösung gefunden.

Joel Kaczmarek: Kann man da nicht fast so ein, bei MyMüsli heißt ja Abo neuerdings Lieferplan. Das ist ja so ein schönes Wort. Kann ich nicht Lieferpläne für Toilettenpapier, Butter, Wasser und so ein Kram machen? bei euch?

Frederic Knaudt: Darüber kann man mit Sicherheit nachdenken.

Joel Kaczmarek: Ist ein böses Abo-Wort, ne?

Frederic Knaudt: Ja, das Wort Abo sollte man möglichst selten in den Mund nehmen. Sowas könnten wir theoretisch machen, haben die Kunden jetzt noch nicht so oft nachgefragt. Für die Kunden ist es eh jede Woche, es sind ja auch 80% jede Woche die gleichen, heißt aber 20% sind auch nochmal anders. Und innerhalb der 80% ist es jetzt auch nicht so, dass ich wirklich jede Woche gleichmäßig Zahnpasta verbrauche oder gleichmäßig Toilettenpapier verbrauche. Und für den Kunden ist es so einfach bei uns, den Warenkorb zu erstellen. Die brauchen so zwei, drei Minuten, wenn sie mal ein bisschen drin sind, haben die ihren Wocheneinkauf erledigt. Da den Abo-Gedanken, der wird es vielleicht nochmal ein bisschen vereinfachen, aber dann auch gar nicht mal so radikal. Der Kunde soll ruhig einmal die Woche kurz die App öffnen und

Joel Kaczmarek: Was ist mit sowas wie WKZ, glaube ich, Werbekostenzuschüssel? Lässt euer Modell sowas zu, wenn man im Sinne des Kunden handeln will? Also im Stationären ist das ja so, dass du dann irgendwie durch den Laden gehst und dann hängen da irgendwie die Banner von whatever, Dr. Edgar, keine Ahnung. Macht ihr sowas auch?

Frederic Knaudt: Sowas machen wir eigentlich nicht.

Joel Kaczmarek: Eigentlich, okay.

Frederic Knaudt: Ja, also was wir nicht machen, wir wollen dem Kunden es ja möglichst leicht machen und er soll seine Produkte kaufen, die er so haben will. Was wir natürlich machen Wir testen bestimmte Dinge, da machen wir auch bestimmte Tests mit dem einen oder anderen Hersteller mal, aber nicht auf Kosten des Kunden. Also wir würden ihn jetzt nicht mit irgendwelchen Produkten oder Vorschlägen bombardieren, wenn wir sagen, das will er an der Stelle nicht haben. Eine Metrik, die wir uns auch immer anschauen, der Kunde soll möglichst wenig Zeit in der App verbringen. Und ich glaube, solche Dinge würden die Zeit eher erhöhen als reduzieren. Lieber oft und schnell als selten und lange.

Joel Kaczmarek: Wir haben ja auch noch gar nicht Udos Einwurf eigentlich mal aufgegriffen, dass er gesagt hat, dass vor allem die Routenplanungssoftware und das ganze Shop-System quasi so das Herz sind. Habt ihr das selber gebaut? Ja. Hat er da recht? Ist das sozusagen so das Genickbrecher-Thema, wenn man das nicht hinkriegt, scheitert es und wenn man es gut hinkriegt, hat man eine echte Chance?

Frederic Knaudt: Also der Kunde gibt einem ja sehr schnell das Feedback, wenn diese Routen-Software nicht funktioniert. Im Sinne von, du bist zu spät. Damit ist der Kunde sofort unzufrieden. Was auch eine extrem wichtige Rolle spielt, ist das Forecasting. In allen Belangen Forecasting auf die einzelnen Produkte. Das ist das A und O. Das muss man richtig gut hinkriegen. Wir sagen ja, wir bestellen nur in den Mengen bei unseren Zulieferern, wie sie auch von den Kunden bestellt wurden. Bei besonders frischen Produkten. kriegen wir das auch super hin. Das heißt, wir haben dann einen Bäcker, der backt uns für den nächsten Morgen genau die Anzahl an Brötchen, die die Kunden auch bestellt haben. Vorteil ist, wir schmeißen am Ende des Tages auch nichts weg. Der Kunde weiß sicher, okay, die Sachen kamen heute frisch an. Aber gerade da ist das Forecasting elementar. Eine nicht vollständige Bestellung beim Kunden löst sofort, genau. Und dann verlierst du im Zweifel den Kunden. Bei uns ist Order Completeness, wichtigste KPI, noch über on time, sage ich mal. Aber on time muss natürlich auch passen. Da kommen wir auch wieder auf Frequenz, wenn die Kunden Vertrauen in diese Lieferkette verlieren. Da fehlt immer mal wieder was oder die sind immer mal fünf Minuten zu spät. Dann mache ich das einmal, zweimal, aber irgendwann verliere ich dann auch so die Lust daran. Dann sage ich, ach, jetzt gehe ich wieder in Aldi oder wo auch hin.

Joel Kaczmarek: Udo, sag mal, was sind denn so die Faktoren da? Also wir hatten jetzt Order Completeness, du hast ja auch schon mal Austauschprodukte angeboten. Also ich bestelle mir meinetwegen den Apfelsaft und kriege dann O-Saft, weil irgendwie, also überspitzt formuliert.

Udo Kießlich: Naja, also wir hatten ja so einen ähnlichen Gedankenansatz. Wir hatten das immer Perfect Order genannt. Das war für uns immer im Prinzip die Order, die bestellt wurde. Also genau die Mengen und die Produkte, die bestellt werden, werden dann auch ausgeliefert. Also nicht nur dreimal Pancakes, dann kommen auch dreimal Pancakes in die U2. Oder wenn ich Limetten bekaufe, da gibt es den einen oder anderen Anbieter, der sagt, akzeptieren Sie auch Substitute, da kommen dann Zitronen. Das kann bei manchen funktionieren, aber es gibt halt immer einen Kunden, der sagt, nee, ich wollte Limetten, ich wollte Calperinia Party machen, helfen mir keine Zitronen. Oder ich wollte Zitronenrisotto machen, da helfen mir keine Limetten. Man bekommt das, was man bestellt, man bekommt es on time, man bekommt es unbeschädigt, man bekommt den Joghurt mit ausreichender Haltbarkeit, also nicht irgendwie morgen abgelaufen oder den Käse morgen abgelaufen. Man bekommt es idealerweise noch mit einem freundlichen Lächeln und mit der sympathischen Übergabe. Da sind natürlich Last-Mile-Konzepte in Eigenregie von Vorteil. Man wird vielleicht auch nochmal gefragt, kann ich Pfand mitnehmen, vielleicht noch ein nettes Wort zum Hund oder zum Kind, je nachdem, was man sagt. So, und dann klappt auch noch die ganze Abrechnung. Ein schönes Beispiel ist, wenn ich ein 200-Gramm-Steak kaufe, das ist ein Naturprodukt, und das wird dann abgewogen, das weiß man ja vorher nicht genau, und es sind dann 212 Gramm, und die 12 Gramm kann man ja abrechnen, das dann auch genau aufs Gramm abgerechnet und abgebucht wird. Das ist eigentlich auch, glaube ich, eine Frage von Fairness. Ja, und dann kriegt man einen Lieferschein, man kriegt die Rechnung, und die ist auch übersichtig, und alles ist komplett abgerechnet. dass man im Prinzip, so wie Frederic das gesagt hat, man kann sich darauf verlassen, man kriegt gute Qualität, man kriegt das, was man bestellt, weil dann fängt man nämlich an, quasi sein Einkaufsverhalten zu ändern. Dann weiß man, okay, am Freitag gibt es irgendwie Party, dann bestelle ich, weiß ich nicht, Mittwoch für Freitag oder was auch immer die Situation ist und dann kommt das auf. Ich habe letztens zu Hause gesessen, hatte bei Amazon Fresh 87 Euro bestellt für 20 bis 22 Uhr und Und dann kam es nicht und mein Kühlschrank war leer. Es war Montagabend. Und ich habe dann halt selber gemerkt, dass dann mein Unmut exponentiell stieg. Und das muss einfach klappen, weil sonst ist der Kunde mit großer Wahrscheinlichkeit weg. Aber wenn er dann bleibt, dann ist das ja quasi eine Annuität von, sagen wir mal, 50 Mal im Jahr. Und ich bestelle natürlich auch nächstes Jahr Lebensmittel und übernächstes Jahr auch. Also die Annuität von einem, ich sage mal, treuen Lebensmittelkunden, E-Food-Kunden, Die ist ja gigantisch. Die Annuität von einem Matratzenkäufer, die liegt ja bei vielleicht nicht zehn Jahren oder Möbel oder was weiß ich. Die Annuität von einem Lebensmittelkäufer, ich glaube, Ocado hat mal gesagt, irgendwie so 4.000 Pfund oder sowas. Also irre hoch pro Jahr. Und das dann mal x Jahren, das ist schon gewaltig.

Joel Kaczmarek: Und bei kleiner Marge halt, ne?

Udo Kießlich: Ja, aber das ist ja bei, für die Plattformökonomie ist das halt nicht das ausschlaggebende Kriterium. Da ist eher aktive Kunden, Traffic, Wiederkaufquote, MPS.

Joel Kaczmarek: Wie sind so die Kunden bei Food? Sind die da echt wählerisch? Also zum Beispiel Bananen ist so ein Fall. Ich mag zum Beispiel eher gelb. Es gibt andere, die mögen die grün.

Frederic Knaudt: Die Fälle gibt es. Auch da kann man sich was einfallen lassen. Du kannst Bananen nach Reifegrad anbieten. Ist mit Sicherheit ein Thema, was wir uns anschauen. Bananen sind da extrem Beispiel, aber genau in solchen Problemen muss man sich auseinandersetzen. Online hat viele Vorteile, hat aber an der Stelle auch die Herausforderung, der Kunde kann ja selber sich das Produkt nicht aussuchen. Wenn er in den Markt geht und keine gelben Tomaten sieht, dann akzeptiert er das so. Oder es gibt kein Basilikum-Bäumchen, dann ist es halt nicht da. Online hat er es bestellt, dann will er es auch kriegen.

Joel Kaczmarek: Also bei euch ist es ja sauer, wenn ihr sozusagen gelbe Tomaten bringt?

Frederic Knaudt: Der sagt uns das. Na klar.

Joel Kaczmarek: Und sind die generell zurecht?

Frederic Knaudt: Die meisten Kunden, die wir haben, sind alle total nett. Auch wirklich kein Spaß. Das Verhältnis mit dem Kunden wird ganz stark über die Beziehung mit dem Runner geprägt. Das heißt, es ist auch wirklich ein persönlicher Kontakt da. Sagen wir mal, der heißt jetzt Leon. Das Feedback ist immer, Leon war total freundlich. Er hat mir schon erklärt, die Bananen diesmal sind irgendwie so. Nur, dass ihr Bescheid wisst. Dann kriegt der Kunde eine Gutschrift für die Bananen, weil sie ihm nicht gefallen haben vielleicht. Aber wir müssen uns dann natürlich überlegen, wie kriegen wir das Problem gelöst. Aber am Ende ist der Kunde trotzdem zufrieden, weil wir viele Möglichkeiten haben, den Kunden auch trotzdem bei der Stange zu halten und sagen, okay, die Banane war jetzt vielleicht nicht perfekt, aber ansonsten bist du ja total happy. Und das ist auch das Gefühl vom Kunden.

Joel Kaczmarek: Wie ist denn das generell? Also wenn ich bei Ebay zum Beispiel was verkaufe, dann bin ich mal Verkäufer. Boah, was die von einem wollen, da kriege ich Brechreiz. Also was für Ansprüche die stellen. Bei Gebrauchsprodukten, muss man sich mal überlegen. Das ist immer so mein Benchmark. Wie ist das bei euch? Sind die krass wählerisch? Also kommen da irgendwie Details? Regen die sich auf, wenn ihr zu viel Plastik ansprecht? Regen die sich auf, wenn eine Delle im Müsli ist oder im Joghurtbecher? Regen die sich auf, wenn die Bananen nicht die Farbe haben? Regen die sich auf, wenn der fünf Minuten zu später kam, als es avisiert? Oder hat man da noch irgendwie, gerade weil das sozusagen noch nicht so gelernt ist, so ein gewisses Entgegenkommen und Verständnis?

Frederic Knaudt: Ja, also wir nehmen das nicht als aufregend wahr, sondern wir sind extrem stolz darauf, wie viel Kommunikation mit dem Kunden stattfindet. Auch das machen wir total gerne. Im Zweifel, selbst wenn der Kunde sagt, irgendwie nur Daumen hoch, war alles super, schicken wir nochmal ein Smiley zurück. Darüber freut sich der Kunde, wenn irgendwas ist. 70 Prozent der unserer Kundenbestellungen werden jedes Mal bewertet. Das machen die Kunden auch, wenn sie zehnmal bestellt haben, wird trotzdem nochmal die Bestellung bewertet, auch wenn es irgendwie nur Daumen hoch ist. Was wir am Anfang stark einfordern, ist Feedback geben. Sagt uns, wenn euch irgendwas nicht gefällt. Und das nehmen die Kunden so mit über die Zeit. Auch nach einem Jahr sind die Kunden, jetzt haben wir schon mal die ersten, die im Piloten schon mal mitgemacht haben, die ein Jahr dabei sind. Die erste Kundin hat ja schon über 100 Bestellungen. Das ist diese zweimal pro Woche, kommt da schon mal hin bei den ersten Kunden. Die teilen immer noch mit uns alles, was irgendwie ist, aber sehr gut gemeint im Sinne von, hey Jungs, da könnt ihr irgendwie nochmal ein bisschen was dran verbessern.

Joel Kaczmarek: Okay, ich glaube, jetzt haben wir schon ganz viel gelernt über das Thema. Wer macht euch noch Angst oder wem benchmarkt ihr euch? Wo guckt ihr hin? Ist es ein Amazon? Ist es irgendwie ein klassischer LEH? Wen schaut ihr da an?

Frederic Knaudt: Angst.

Joel Kaczmarek: Jetzt musst du sagen, wir gucken immer nur auf uns, wir konzentrieren uns nicht auf die Rettung.

Frederic Knaudt: Ja, okay, bla bla. Ich glaube, wir als deutsches Team gucken immer nach Holland. Das ist für uns die Benchmark, weil da mindestens genau die gleichen Erfolge feiern, wie wir das auch da geschafft haben. Das ist wie im Fußball. Ja, mittlerweile fast.

Joel Kaczmarek: Das war jetzt ein tiefer Stich in die deutsche Seele.

Frederic Knaudt: Nein, wir gucken uns alle an. Bisher ist es ja nicht so, dass man vor irgendjemandem groß Angst haben muss. Wir schauen uns mit Sicherheit an, was machen eher die Stationären gerade, weil da sind ja 99 Prozent des Marktes, die noch nicht online gegangen sind, als die 1 Prozent, die heute online sind.

Joel Kaczmarek: Gut, ich erspare dir die Fragen danach, wer euch mal kaufen wird und welche Stadt als nächstes kommt. Das sind so die Klassiker, die du schon kriegst, ne?

Frederic Knaudt: Ja, ja, die kommen.

Joel Kaczmarek: Nein, hervorragend. Ich habe ganz viel gelernt. Gerade, also Frequenz nehme ich mit, ist ein Thema. Logistikfähigkeiten sind ein Thema, aber auch CRM. Also ich habe euch jetzt mal als CRM-Tool noch mal intensiver kennengelernt. Ich werde dich mal ein bisschen bearbeiten, dass ihr auch mal was Non-Fastfoodiges macht bei euch. Macht ihr sowas auch?

Dominik Dommick: Was Gesundes, warum? Allnatura.

Joel Kaczmarek: Ja gut, da isst man Bäcker.

Dominik Dommick: DM in großen Teilen und so weiter.

Joel Kaczmarek: Bäckersachen isst man, okay, stimmt. Hervorragend. Dann danke ich euch ganz herzlich. Bin gespannt, wann eigentlich mal der rote Punkt in Berlin auf grün gesetzt wird und was hier bei euch noch passiert. sowieso in Sachen stationär versus online. Und Udo, du bist ja unser Dauergast. Du kommst bald mal mit deinem Kollex zu uns, würde ich sagen.

Udo Kießlich: Gerne. Vielen Dank.

Dominik Dommick: Vielen Dank.

Frederic Knaudt: Dankeschön.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Gemeinsam mit Dominik Dommick, dem Geschäftsführer von PAYBACK lädt Joel regelmäßig zum Häuptlingstreffen der relevantesten Unternehmer:innen und Expert:innen im (Online-)Handel. Such dir einen Platz im Wigwam, folge den Strategiediskussionen und profitiere vom Praxiswissen der verschiedenen Häuptlinge.