Wie Conrad ohne Umsatzschwund von B2C zu B2B wechselte

20. Juni 2024, mit Joel KaczmarekMarcus Worbs

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und vielleicht erinnert ihr euch, dass ich ja regelmäßig meinen Freund, den lieben Marcus Worbs, mit am Start habe. Der ist Partner bei PwC und Marcus ist mein Ass, wenn es darum geht, dass wir digitale Geschichten nacherzählen und genauer gesagt die Transformationsgeschichten. Und Marcus und ich haben uns heute da eine sehr schöne Geschichte für rausgesucht. Ich würde sagen, also ist ja nie abgeschlossen, Digitalisierung, weil sie sind schon zusehends weit gekommen. Und zwar Conrad Elektronik. Als geneigter Bastler natürlich einer meiner Lieblingsläden. Und der liebe Ralf Bühler, der ist dort CEO. Und vielleicht kriegt ihr das ja so mit, wenn ihr die Medien lest. Ja, Conrad ist ja wirklich schon seit 100 Jahren am Start. Sprich, Tradition trifft auf Wandlungswunsch. Und ich glaube, es ist auch gut gelungen. Und deswegen wollen wir heute mal nachvollziehen, wie das denn eigentlich vonstatten ging. Weil Conrad hat sich nämlich in den letzten Jahren von einem B2C-Technikhändler zu einer Beschaffungsplattform für den technischen Bedarf von Geschäftskunden transformiert. Ich gebe zu, das musste ich ablesen, weil es komplex ist. Und da kann man sich vorstellen, dass die Prozesse, um das zu erreichen, noch komplexer sind. Und die wollen wir heute mal von Ralf kennenlernen, was da eigentlich alles dazu gehört. Von daher freue ich mich schon, mit euch beiden zu reden. Schön, dass ihr da seid. Moin, moin.

Ralf Bühler: Hallo Joel.

Marcus Worbs: Hallo, ihr zwei.

Joel Kaczmarek: So, komm Marcus, und du machst heute mal den Anfang.

Marcus Worbs: Ralf, wir haben am Anfang immer eine obligatorische, persönliche Frage, nämlich, welchen Fußabdruck möchtest du mit deinem Leben auf der Erde hinterlassen?

Ralf Bühler: Das ist natürlich irre, dass man gleich zum Anfang die schwierigste Frage des Lebens oder die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt kriegt. Aber ich glaube, so einen ganz großen Vorsatz habe ich nicht. Sondern das, was mein Ziel ist, ist, dass die Menschen, die ich irgendwie in meinem Leben berühre, mit denen spreche, dass die einen überwiegend positiven Eindruck von dem Gespräch mit dem Ralf Bühler im Hinterkopf behalten. Also dieser Abdruck oder dieser Wunsch, mit Menschen in Kontakt zu kommen und dabei irgendwie ein gutes, positives Gefühl zu erzeugen, das ist das, was mich antreibt so auf der persönlichen Seite.

Joel Kaczmarek: Das kann ich total teilen. Be kind, sage ich immer so als mein Motto. Und apropos mit Menschen in Kontakt kommen, das hast du ja schon an sehr vielen Orten gemacht. Also in München, in Hamburg, in Hongkong, in London. Also du warst super viel auf der Welt unterwegs, gerade auch bei angelsächsischen Unternehmen. Und da darf ja vielleicht auch mal die Frage gestattet sein, was hat dich denn dann gereizt, in Hirschau an der Oberpfalz anzutreten?

Ralf Bühler: Also ist natürlich, wenn man sich meinen Lebenslauf anschaut, ein durchaus ein feststellbarer Bruch. Man hört es vielleicht ein bisschen, ich bin theoretisch praktischer Münchner, also bin in Bayern aufgewachsen, aber ein bisschen um die Welt rumgekommen und habe den Großteil meines Lebens eigentlich damit verbracht, in Unternehmen Geschäftsmodelle zu entwickeln, Umsätze zu steigern, neue Geschäftsmodelle auszurollen. Und genau das tue ich bei Conrad gerade wieder. Also die spannendste Aufgabe hier ist, ein Unternehmen aufzubauen, das viele kennen, vielleicht nicht für das, wofür wir heute stehen, aber ein Unternehmen, das viele können, in ein neues Geschäftsmodell reinzubringen. Und als mich damals der Dr. Conrad kontaktiert hat, war das so mein erster Gedanke. Conrad kenne ich. Dann habe ich festgestellt, kenne ich doch nicht so gut, wie ich mir das vorstelle. Und dann war die Aufgabe spannend, die er mir beschrieben hat. Und so bin ich zu Conrad gekommen und damit zum ersten Mal in meiner Laufbahn bei einem deutschen Unternehmen gelandet.

Marcus Worbs: Sehr schön. Du hast es ja gerade schon beschrieben, du hast Conrad dann doch nicht so gekannt, wie du gedacht hast. Das Geschäftsmodell wurde quasi auf links gedreht, denn viele kennen Conrad eben noch als sehr gut sortierten Spezialhändler für Elektronikartikel. Kannst du uns deswegen mal kurz erläutern, wie Conrad heute positioniert ist und was auch die größten Hürden in diesem Transformationsprozess waren, von einem B2C, endkundenorientierten Unternehmen zu einem B2B-Fokus?

Ralf Bühler: Also das ist natürlich auch wieder so eine Riesenfrage, die lässt sich dann vermutlich in einer halben Stunde beantworten, aber so viel Zeit haben wir nicht. Deswegen versuche ich es wirklich auf die Nagelspitze zu treiben. Also heute stehen wir für digitale Beschaffung. Wir wollen Geschäftskunden dabei helfen, ihre Beschaffung deutlich digitaler zu gestalten, um damit Versorgungssicherheit, Komplexitätsreduzierung und natürlich auch Ressourcenschonung irgendwie herbeizuführen. Jetzt kann man sich vorstellen, wenn man aus dem B2C-Welt kommt, also mit Millionen von Kunden arbeitet und plötzlich trifft man auf eine vollkommen andere Anforderungslandschaft, dass da sowohl auf der Prozessseite als auch auf der menschlichen Seite als auch im Geschäftsmodell sich ganz viele Dinge ändern. müssen. Diese Dinge verändern sich nicht von heute auf morgen, sondern das ist ein Prozess. Joel hat vorher gesagt, Transformation ist eigentlich nie zu Ende. Also nach der Transformation ist vor der Transformation. Und ich glaube, so ein bisschen mit diesem Gedanken haben wir uns diesem Thema gestellt. Transformation passiert für mich immer in so drei Schritten. Du brauchst auf der einen Seite mal Weitsicht, um zu schauen, was ändert sich in deinem Modell. Dann brauchst du den Mut, die Veränderung durchzuführen und dann brauchst du das Durchhaltevermögen, um dann auch deine Transformation wirklich umzusetzen. Und dabei musst du die Menschen mitnehmen. Das ist eigentlich die größte Aufgabe, weil ohne Menschen, auch in einem digitalen Geschäftsmodell, kriegst du deine Prozesse nicht verändert. Ohne Menschen verstehst du nicht, was deine Kunden von dir brauchen. Und dann musst du einfach jeden Tag an der Umsetzung dieser Inputs arbeiten, um dem Kunden das Ergebnis zu geben, das er bringt. Und da haben wir jeden Tag Jeden Tag Herausforderungen, jeden Tag kleine Erfolge. und deswegen würde ich jeden warnen, der sich diese Transformation immer als Lift von, ja, ich hebe eine Tonne, dann bin ich fertig, sondern nein, wir heben jeden Tag 100 Gramm und das beständig weiter und irgendwann haben wir dann diese Tonne sozusagen in die Luft gehoben. und in dem Prozess sind wir weit fortgeschritten, aber lange nicht zu Ende.

Joel Kaczmarek: Es ist ein schönes Bild. Ein anderes Bild, was ich mal gehört habe von Christoph Werner, der meinte zu mir, ja, also der ist CEO von dm, der hat immer gesagt, weißt du Joel, Digitalisierung ist so ein Stück weit wie ein DJ. Ein Song läuft irgendwie aus und jetzt wirst du so den nächsten reinfaden. Du mischst quasi auf den neuen rüber. Und wo ich bei euch gerne mal drauf hinaus möchte ist, beim Thema Umsatz ist das ja immer ganz schmerzlich. Also man hat in der Regel so ein Bestandsgeschäft, was riesigen Umsatz macht und dann baust du quasi das Digitale auf und das ist immer irgendwie, im schlimmsten Fall vielleicht sogar eine Disruption, aber es ist halt immer so, dass es kleiner ist. Bei euch scheint es aber so, dass es eigentlich gelungen ist, eure Umsätze total stabil zu halten. Das heißt, was waren denn so die Erfolgsfaktoren, dass euch sowas gelungen ist?

Ralf Bühler: Wir machen das ja nicht zum ersten Mal. Wir haben ja vorher darüber gesprochen, du hast in der Anmoderation gesagt 100 Jahre. 100 Jahre hört sich so an, also 95 Jahre ist nichts passiert und dann ist die letzten fünf Jahre das Geschäftsmodell von links nach rechts gedreht worden. Wir sind ein Familienunternehmen und ich glaube, wir haben in unseren 100 Jahren irgendwie so vier 5.0s gehabt. Und Point Zero ist immer dieser Reset-Punkt oder das Auslaufen des Songs, wie es du gerade beschreibst. Wir haben als Radio-Reparaturwerkstatt angefangen. Wir haben dann Bausätze, also Radio-Fernseher gebaut. Dann haben wir den stationären Handel in Angriff genommen. Dann haben wir das Kataloggeschäft, Versandhandel in Angriff genommen. Dann haben wir das Internet online 1999 angenommen. Das heißt, diese Entwicklung ist ja hier stetig. Das ist das Erste. Das zweite ist, wir sind immer mit Weitsicht rangegangen. Das heißt, man hat immer gesehen, wie könnte es denn weitergehen? oder was könnte denn passieren, dass das eigene Geschäftsmodell irgendwie aus den Angeln hebt und wo man sich neu erfinden muss. Und ich glaube, es ist uns immer wieder gut gelungen, diesen Beatwechsel gut hinzukriegen. Von einem Lied zum anderen Lied, der Übergang, den so zu gestalten, dass man rechtzeitig anfängt aus- und einzufaden. Und das ist, glaube ich, das Erfolgsrezept auch bei diesem Wechsel. Wir haben ja nicht bei Null angefangen mit B2B, sondern wir haben bei ungefähr 30 Prozent unseres Umsatzes im B2B gemacht und dann haben wir die Entscheidung getroffen, die wir getroffen haben und so haben wir Stück für Stück diesen Fade-out und diesen Fade-in sozusagen gemacht und haben damit erreicht, dass wir den Umsatz stabil halten konnten in der Zeit trotz all der Veränderungen. Das heißt, wenn du dir heute anschaust, Conrad, wir sind nach wie vor über eine Milliarde, Wir haben aber unter der Motorhaube quasi das gesamte Geschäftsmodell von 30% B2B auf 75-80% B2B geschoben und dabei ganz viele Veränderungen gemacht, aber nicht aus einem Punkt Null raus und plötzlich muss alles anders sein, sondern mit Vorausschau und dann dem Mut, diese Veränderungen auch anzustoßen.

Marcus Worbs: Klingt sehr spannend. Ralf, du hattest dich in unserem Vorgespräch schmunzelnd als Chefpsychologe von Conrad vorgestellt. In solchen Prozessen fällt dem Management ja tatsächlich auch eine ganz wichtige Rolle zu. Du hattest es gerade schon gesagt, erfolgskritisch ist es, die Mitarbeitenden so mitzunehmen, dass sie trotz der entstehenden Unsicherheit, die durch so einen Wandel entsteht, eine größtmögliche Sicherheit verspüren. Wie habt ihr denn das gemacht, also ganz konkret und wie hast du dich auch persönlich dabei eingebracht?

Ralf Bühler: Also es gibt natürlich nicht diese eine Maßnahme, die alle Probleme aus der Welt schafft. Aber wenn du es unter einem Motto sehen willst, dann ist, glaube ich, offene Kommunikation auf jeden Fall das verbindende Element. Ja, du kannst, wenn du in so einem Bundle bist, musst du bis zu einem gewissen Grad natürlich diskutieren. die Vorbereitungen treffen, bevor du dann diese Transformation losstößt. Aber du kannst nicht oder du darfst nicht über einen langen Zeitpunkt die Menschen im Unklaren lassen, was von ihnen erwartet wird, wo der Weg hingeht, welchen Beitrag sie leisten können oder müssen auf diesem Weg. Und um ganz ehrlich zu sein, du kannst auch nicht verhindern, dass nicht alle Menschen diesen Weg mitgehen wollen. Ja, also ich glaube, da darf man sich als jemand, der so eine große Veränderung anstößt, keine Illusionen hingeben. Und deswegen ist dieses Wort Kommunikation wichtig. So platt, das klingt trotzdem der Schlüssel zum Erfolg. Das heißt, du nimmst die Mitarbeiter wirklich an die Hand, sagst, wir wollen von A nach B. Du kennst die Widerstände, auf die du treffen wirst. Die musst du monatelang, um nicht zu sagen jahrelang, immer und immer und immer wieder überprüfen. ernst nehmen, wahrnehmen und über Kommunikation auflösen und dann ganz zu guter Letzt Erfolg bringt Erfolg. Das heißt, wenn die Menschen sehen, das funktioniert und wenn die Menschen sehen, oh, da ist ja wirklich ein Weg für uns, dann glauben die da auch dran und gehen den Weg mit. Aber ich glaube, das ist die große Kunst. Wie kriegt man aus dieser offenen Kommunikation diesem Nachhalten und dann dem Erzielen von Erfolgen, wie kriegt man da die Menschen aktiviert und mitgenommen, wohlwissend, dass da leider sich auch Veränderungen?

Joel Kaczmarek: Ich meine, jetzt ist ja Conrad ein Familienunternehmen. Das hat ja durchaus auch seine Herausforderungen. Wie ist denn bei euch so das Zusammenspiel, wenn man jetzt mal die Eigentümer auf der anderen Seite sieht, die Mitarbeitenden auf der anderen? Also passiert da ganz viel Austausch auch im Tagesgeschäft. oder wie habt ihr das gelöst bei euch?

Ralf Bühler: Ich sage mal, Familienunternehmen ohne Familie geht ja nicht. Sonst ist man nur ein Unternehmen. Also ich bin kein Familienmitglied. Ich sage immer so spaßeshalber, ich bin adoptiert. Aber natürlich findet Austausch statt. Die Familie betreibt dieses Unternehmen seit 100 Jahren, ist hier sowohl emotional als auch finanziell hoch investiert. Und damit pflege ich den regelmäßigen Austausch mit dem Werner Conrad als Vertreter der Familie quasi ab. Und wir schauen, dass wir gemeinsam den Weg so gut wie möglich beschreiben, den die Firma weitergeht. Und ich sage es mal als Interner, wir haben so ein kleines geflügeltes Wort, das heißt NIFO, Nose in, Fingers out. Und ich glaube, das beschreibt unsere Zusammenarbeit hervorragend. Wir unterhalten uns über alles, aber im Tagesgeschäft muss ich dann den Hut aufhaben.

Marcus Worbs: Ja, für mich auch. Klingt sehr gut. Ihr scheint ja das Gros des Kraftdachs der Transformation zum B2B-Fokus hinter euch zu haben. Du hast gerade gesagt, 75, 80 Prozent wandeln, hat aber kein Ablaufdatum. Die Märkte sind auch viel zu dynamisch dafür. Das heißt, mich würde mal interessieren, wie haltet ihr jetzt eure Wandlungsfähigkeit aufrecht, auch auf der Ebene der Mitarbeiter? Also Flexibilität, gerade für ein Unternehmen auch eurer Größe, aber ich denke, das gilt für ein Unternehmen, ist in Zeiten der Digitalisierung ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Ralf Bühler: Mit viel Energie ist die Kurzantwort auch die Frage, wie hält man das am Laufen. Aber ich glaube, zwei Dinge sind so die Grundbestandteile, dass man sich diese Wandelungsfähigkeit erhält. Das eine ist, so platt es klingt, Kundenorientierung, weil nur wenn du weiterhin versuchst, jeden Tag zu verstehen, was deine Kunden bewegt, was du am Schluss an Leistung bringen musst, um denen in ihrem Geschäft zu helfen, kannst du selber die Veränderungen anstoßen, um das zu tun. Also Kundenorientierung ist das eine. Und das zweite Wort, das ich gerne gebrauche, ist Neugier, weil ich glaube, Wandlung, die nicht aus sich selber rauskommt, Und dafür brauchst du die Neugier, ist halt keine nachhaltige Veränderung. Und deswegen, du brauchst diese zwei Dinge. Wir versuchen diese Neugier, neue Techniken, neue Problemlösungen, neue Geschäftsfelder bei uns im Unternehmen zu kultivieren und dann über die Kundenorientierung in eine Umsetzung zu kriegen. Und damit bleiben wir current, um es in Englisch zu sagen. Damit versuchen wir current zu bleiben. Damit versuchen wir Innovation zu erzeugen. Damit versuchen wir auch die Anforderungen an die Mitarbeiter regelmäßig nachzuschärfen.

Joel Kaczmarek: Talent ist ja auch ein riesiges Thema, gerade in eurer Situation, weil ich sage mal, Unternehmen wie ihr, ihr seid früh in den E-Commerce eingestiegen, ihr habt jetzt diesen B2B-Fokus. Wir haben diese Debatte immer mit Remote versus Office, gerade wenn man wie ihr ein komplexes Produkt macht, was auch noch technisch ist, sowohl bei dem, was ihr verkauft, als auch wie ihr es verkauft, wenn wir die Leute vielleicht vor Ort haben. Wie löst ihr das? Also wie geht ihr mit diesem Kräfteverhältnis um und wie findet ihr die richtigen Leute?

Ralf Bühler: Spannendes Thema, multidimensionales Thema und auch dafür wieder mehr als eine Antwort. Wir sind jetzt Gott sei Dank in einer Größe angekommen als Unternehmen, dass wir natürlich jetzt nicht nur in Anführungszeichen an einem Standort Menschen einstellen können. Das heißt, wir stehen so auf drei Beinen, was das Thema Talente betrifft. Das eine ist, wir waren und wir sind immer noch ein Ausbildungsbetrieb. Ja, also wir bilden ganz, ganz viel Mitarbeiter aus. Alles, was wir an Skillsets brauchen und in jeder Ausbildungsform. Also von der klassischen Ausbildung Handel, E-Commerce hin zu dualen Studenten oder Werkstätten. Also wir bedienen diese Klaviatur als einen ganz, ganz wichtigen Teil unserer Talentgewinnung. Und hier in der Umgebung haben wir auch. die eine oder andere ganz gute Universität oder Hochschule, die uns das ermöglicht. Der zweite Teil ist, auch wenn wir ein deutsches Familienunternehmen sind, wir sind in 17 Ländern in Europa unterwegs. Das heißt, wir haben uns auch relativ frühzeitig entschieden, speziell was das Thema Entwicklung betrifft, einen zweiten Standort aufzubauen. Der ist in Prag. Das heißt, wir sind darüber in der Lage, auch in nicht-deutschem Umfeld Talente zu akquirieren und haben dort inzwischen einen großen Entwicklungsstandort stehen. Und der dritte Teil ist natürlich das, was uns Corona vermutlich leichter gemacht hat, als das vorher war, über diese Flexibilisierung der Arbeit. Also weder fünf Tage im Büro in Hirschau noch in Hirschau überhaupt sind wir, je nach Skill, in ganz Deutschland unterwegs, um Talente zu akquirieren. Natürlich immer mit Augenmaß, weil der Klebstoff in der Firma entsteht natürlich trotzdem oft in der Präsenz, in der Perspektive. Zusammenarbeit in der kreativen Problemlösung in dem Raum, an dem Whiteboard. Und von daher sind wir jetzt nicht ganz frei, aber wir sind schon ein relativ flexibles Unternehmen, was den Standort betrifft.

Marcus Worbs: Wandlung wird auch oft dazu genutzt, die eigenen Prozesse nochmal zu optimieren. Da würde mich schon interessieren, wie ihr da vorgegangen seid. Hat euch die Digitalisierung da geholfen? Konntet ihr vieles automatisieren, effizienter gestalten, effektiver gestalten? Wie seid ihr da rangegangen?

Ralf Bühler: Also auch Prozesse sind ja eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Ja, mit jeder Veränderung in Kundenanforderungen hast du einen Bedarf an Prozessoptimierung oder Veränderung. Unsere war natürlich krass, muss ich mal vorsichtig zu sagen, denn wenn du jetzt quasi aus einer Welt kommst, die darauf ausgelegt war, im stationären Handel oder über online B2C-Kunden zu bedienen, dann hast du selbstverständlich dir eine Prozesslandschaft, eine Logistiklandschaft geschaffen, die eher in Richtung dieser Zielgruppe ausgerichtet war, sodass wir einiges an Optimierungsbedarf hatten und auch immer noch fleißig dabei sind, uns weiter zu einem B2B-Unternehmen zu entwickeln. Und dabei benutzen wir sowohl Automatisierung als auch Alles, was da an Softwareunterstützungen da draußen sind, ohne jetzt Werbung für andere Unternehmen machen zu wollen, aber wir sind ein großer Anwender von Prozessoptimierungssoftware. Es gibt ja in Deutschland ein paar gute und führende Unternehmen, die uns dabei helfen, unsere Prozesslandschaft anders aufzustellen. Gleichzeitig muss man natürlich als Mittelständler auch immer ein gewisses Augenmaß bewahren. Wir können nicht die Welt von heute auf morgen auch in unserer eigenen Prozesslandschaft vollkommen auf den Kopf stellen, weil das sowohl ressourcen- als auch investmenttechnisch schwierig ist. Das heißt, wir haben uns den ganzen Kernprozessen wirklich über Software-Tools genähert und wir haben uns natürlich auch auf der Menschenseite beteiligt. weitestgehend über Automatisierung, Digitalisierung von Prozessabläufen geholfen. Und jetzt zu guter Letzt, wir waren ja auch, bevor wir uns von einem B2C zu einem B2B-Unternehmen gewandelt haben, ein durchaus digitales Unternehmen. Wir haben ja ganz viel unseres Umsatzes über Webseite gemacht. Wir haben den Großteil unserer B2B-Umsätze über digitale Anbindungen gemacht. Das heißt, diese Digitalisierung Die war vorher schon im vollen Gange, bevor wir da umgestellt haben. und jetzt geht es mehr um Backend-Prozesse, wie wir die noch alle auf die B2B-Seite gedreht kriegen.

Joel Kaczmarek: Sag mal, wir haben jetzt ganz viel über das Verkaufen geredet. Das andere Spannende ist ja, wenn man mal in die Presse schaut, Lieferengpässe war ein Riesenthema, gerade auch als Corona so die Hochphase erreichte. Wie macht ihr das? Wo bezieht ihr? Wie schafft ihr es immer, lieferfähig zu sein? Fertigt ihr auch selber? Also vielleicht habt ihr ja auch, sage ich, nähere Bezugsorte als in China. Das wäre auch mal ganz interessant zu verstehen, weil das ist ja bei euch total neuralgisch.

Ralf Bühler: Also tolle Frage, Joel, und all of the above wäre natürlich die Kurzform der Antwort wieder. Im B2B-Umfeld ist es ja so, dass keiner unserer B2B-Kunden kommt, weil er inspiriert werden möchte, sondern der kommt mit einem ganz konkreten Problem. Was auch immer das Problem ist, er möchte ein neues Produkt bauen, er möchte eine Lösung, die er heute nicht hat, er hat eine Maschine, die ausgefallen ist, die repariert werden muss, er will ein neues Gebäude bauen. Das heißt, wir sind dafür da, kurzfristige, ungeplante Produkte, sporadische Bedarfe so gut wie möglich bei unseren Geschäftskunden zu bedienen. Und deswegen ist einer der Gedanken gewesen, als wir damals uns umgedreht haben, zu sagen, wie schaffen wir es, außer über unser eigenes Lager Verfügbarkeiten zu schaffen? Und da war das Stichwort Marktplatz natürlich da. Und zu dem Zeitpunkt, an dem wir uns über das Thema Marktplatz oder mit dem Thema Marktplatz beschäftigt haben, Da haben viele im B2C-Umfeld verstanden, was Marktplatz ist, aber vor sieben Jahren haben die wenigsten geglaubt, dass Marktplatz ein Konzept ist, das im B2B wirklich funktionieren kann. Das heißt, wir haben eigenes Lager. Natürlich, was man von Conrad kennt, wir haben den Marktplatz gebaut, um zusätzliche Produktverfügbarkeiten zu schaffen. Und ja, wir sind seit über 30 Jahren auch in China tätig. selbst tätig, um Produkte und Warenfluss zu ermöglichen und bauen dort auch teilweise Sonderlösungen für Kunden, Ladegeräte oder andere Themen, die wir im Kundenauftrag selbst fertigen, sodass wir wirklich die gesamte Klaviatur bedienen können. Wir haben einen Service, der heißt Sonderbeschaffung und Sonderbeschaffung heißt auf Deutsch, wenn es das bei Conrad oder auf dem Marktplatz nicht gibt, machen wir uns weltweit auf die Suche und auch da haben wir digitale Lösungen dafür, um das möglichst effizient und möglichst schnell zu machen.

Marcus Worbs: Und vielleicht da nochmal nachgefasst, im Vergleich zum Wettbewerb, habt ihr da Wettbewerber, die auch sagen, wir beschaffen euch das, was bringt sozusagen die Nasenspitze? Wir haben vorhin schon gesprochen, ein Stück weit nach vorne hin.

Ralf Bühler: Wenn man jetzt mal über den deutschen Tellerrand hinausschaut, dann ist es ja so, wenn wir heute in der Industrie unterwegs sind. Unsere Industrien sind hauptsächlich produzierendes Gewerbe, Infrastrukturthemen, Professional Services. Wir bieten ein Technikproduktspektrum an. Sehr breit, aber nichts im Vergleich zu dem, was ein amerikanischer Vollsortimenter mit dem A im Namen hat. Ja, weil wir ganz spezifisch gesagt haben, wir wollen der Problemlöser im technischen Bedarfumfeld sein. Das ist das eine. ist es ja so, dass heute viele, viele, viele in einem fragmentierten Markt nicht miteinander, sondern gegeneinander arbeiten. Das heißt, jeder will seine eigene Lösung finden. Und ich glaube, was wir mit dem Marktplatz versucht haben, ist ein Ökosystem, ein Netzwerk zu schaffen, in dem durchaus Wettbewerber miteinander arbeiten, um ihre Kunden besser zu bedienen. Das heißt, wir sehen heute auf unserem Marktplatz große Wettbewerber in Teilen unseres Produktspektrums, die ihre Ware auf unserem Marktplatz verkaufen. Weil am Ende des Tages der Gedanke ist, wie komme ich zu noch mehr Kunden, wie kriegt mein Produktspektrum, wie findet mein Produktspektrum bei noch mehr Kunden statt. Und ich glaube, der Gedanke, der ist im B2B-Umfeld einer, der noch deutlich ausbaufähig ist und den versuchen wir natürlich zu nutzen, weil man Conrad kennt, weil man Conrad schätzt, weil man Conrad sympathisch findet, weil wir eine Kundenbasis haben, die halt aus unserer B2C-Vergangenheit auch bezogen sehr, sehr breit ist. Und da kommen gerne Wettbewerber auch bei uns auf die Plattform und sagen, die Kundenbasis würden wir auch gerne mitbedienen. Und ich glaube schon, dass das einer unserer Vorteile ist, dass wir schaffen, dieses Ökosystem irgendwie zu betreiben.

Joel Kaczmarek: Wo wir jetzt schon mitten in dieser B2B-Perspektive sind, lass uns da doch auch nochmal tiefer in euer Geschäftsmodell einsteigen. Also du hast ja gerade auch schon sehr schön beschrieben, dass ihr diesen B2B-Marktplatz eröffnet habt, aber das klingt ja erstmal so, als wenn das eher was für kleinere Unternehmen ist. Und wenn wir jetzt mal an so die großen Mittelständler denken, an Konzerne, die beschaffen ja eigentlich in der Regel über direkte Schnittstellen aus ihren wahren Wirtschaftssystemen. Wie seid ihr das angegangen?

Ralf Bühler: Du hast recht, von außen betrachtet ist Marktplatz etwas, was auf einer Webseite stattfindet. Also öffentlich zugänglich und damit eher Für kleine Unternehmen vermutlich der Kanal des Einkaufs. Bei uns ist es aber so, ich habe es in einer der anderen Fragen ja beantwortet, natürlich bei den Großkonzernen wird über deren Warenwirtschaftssystem gekauft und da geht es eher darüber, wie kriegt man Computersysteme miteinander verbunden? und da sind wir mit einem Ansatz unterwegs, der heißt, wir wollen möglichst anbindungsoffen sein. Heißt, in dieser schönen Technikwelt scheinen viele Worte aus drei Buchstaben und mit einem I am Schluss dann zu enden. Die heißen dann API, OCI, EDI, E-Kataloge, was uns sonst noch einfällt. Und wir haben es uns wirklich zur Aufgabe gemacht, uns in Kundensysteme, Großkundensysteme so zu integrieren, dass wir uns an den Kunden anpassen. Das ist die eine Sache. Und dabei legen wir Wert darauf, dass die Marktplatzsortimente auch in diese Systeme kommen können. Das heißt, wir haben Lösungen gebaut, indem wir Marktplatz auch in nicht öffentlichen Systemen verbinden. zur Verfügung stellen und darüber bedienen wir auch die Großkunden mit diesem Angebot, das wir haben. Was sind die Themen der großen Kunden? Die Themen sind Lieferantenkonsolidierungen, die Themen sind, ich habe vorher gesagt, Versorgungssicherheit, die Themen sind viel zu viele Produkte, als dass Menschen sich mit jedem einzelnen Produkt beschäftigen können, wenn es ab und zu mal gekauft wird. Und kein Unternehmen in mehrere tausend Mitarbeiter hat mehrere tausend Einkäufer, sondern meistens sind die Einkaufsabteilungen relativ klein. Und was wir versuchen, für die Großkunden zu ermöglichen, ist quasi diesen alten B2C-Gedanken. Wir schaffen es, an den Endkunden zu kommen. Also wir schaffen quasi für die Benutzer in der Firma die Möglichkeit, direkt einzukaufen über das Warenwirtschaftssystem unserer Kunden, aber in einem kontrollierten Umfeld, sodass die Einkäufer, die Strategen im Unternehmen trotzdem die Kontrolle behalten. Und das ist, wie wir auf der Großkundenseite sehr erfolgreich unterwegs sind. Wir wissen, wie man Einzelkunden bedient. Wir schaffen die Komplexität raus aus dem System. Wir erlauben Einkaufsabteilungen, sich auf die Highrunner, die großvolumigen Artikel zu beschränken. Und wir sorgen dafür, dass der indirekte Bedarf, die C-Teile einfach funktionieren und das digital idealerweise.

Marcus Worbs: Du hattest gerade schon das große Unternehmen mit A, Amazon, aus den USA genannt. Ich nehme den Begriff jetzt mal in den Mund. Wenn ich mir jetzt mal so eine Arztpraxis vorstelle oder eine Steuerberatungskanzlei, ein Bauunternehmen mit 50 bis 100 Mitarbeitern, ein Tech-Startup, die in ähnlicher Größenordnung sind. Gehen die nicht automatisch eher auf gängige B2C-Plattformen und beschaffen dort? Wie schafft ihr es sozusagen, dort in den relevanten Set dieser Kunden zu kommen? Oder sind die für euch eben gar nicht relevant?

Ralf Bühler: Wir müssen uns nichts vormachen. Es gibt Menschen, die arbeiten in Firmen. Menschen verhalten sich in der Firma teilweise so, wie sie sich zu Hause verhalten. Damit wäre es einfach eine Utopie zu sagen, die schauen nicht auch auf anderen Plattformen dabei. Ich glaube, was wir nicht unterschätzen dürfen. ist, dass wenn Firmen einkaufen, die einen gewissen Anspruch an einer Kombination aus Preis, Verfügbarkeit und Qualität haben. Denn das Letzte, was Firmen wollen, ist, dass man ihnen ein Produkt liefert, das dann minderer Qualität ist oder ein Produkt liefert, das am Ende des Tages zwar billig, aber dann erst in Wochen verfügbar ist. Und ich glaube, das ist das, was Was wir versuchen, auf unserer Plattform besser als alle anderen zu machen, wie kriegen wir die ideale Kombination hin? Und deswegen haben wir gerade, was produzierende Unternehmen oder Menschen betrifft, die Produkte kaufen, die sie in ihren eigenen Anwendungen oder eigenen Produkten dann wieder verbauen, ist dieser Qualitätsanspruch einfach das, was was wir sicherstellen müssen. Wie verhindern wir, dass Ware verkauft wird, die irgendwo aus einem Kanal kommt, wo man nicht weiß, ob die Ware original ist? Wie verhindern wir, dass da Ware kommt, die im Zweifel schon mal gebraucht wurde, aber eigentlich nicht mehr für den Anwendungsfall jetzt vorgesehen ist? Und diese Kombination aus Preis, Verfügbarkeit und Qualität, die versuchen wir besser als andere zu lösen. Von ganz klein, da machen wir das auf der Webseite, bis ganz groß für die Großkolben.

Marcus Worbs: Nochmal auf das Thema Wandel zu sprechen zu kommen. Joel hat es gerade schon gesagt, du hast darüber gesprochen, ihr habt es mit stabilen Umsätzen bewältigt. Wie sieht es denn jetzt vorne raus mit der Wachstumsperspektive aus? Wie groß ist einerseits der Appetit auch der Eigentümer, das von Dr. Conrad ja schon gesprochen, und andererseits aus deiner Sicht auch die Notwendigkeit aus Marktsicht auf Dauer ein relevanter Marktheilnehmer bleiben zu können und dafür wachsen zu müssen?

Ralf Bühler: Wir haben Appetit und der Eigentümer hat Appetit, um es platt auszudrücken. Also lass mich nochmal vorne damit anfangen. Also wir sprechen über einen hochfragmentierten Markt, der in der Digitalisierung in vielen Fällen noch nicht matur ist. Also digitale Beschaffung ist jetzt nicht das Thema, in dem wir in Deutschland am weitesten fortgeschritten sind. in Europa durchaus im ein oder anderen Land auch noch Nachholbedarf haben. Und wir sprechen über Tausende oder Zehntausende von Lieferanten, die heute ein bis zwei bis drei Produkte an einen Großkunden liefern. Und der Großkunde muss deswegen ganz, ganz viele Lieferanten pflegen. Also ich behaupte, digitale Beschaffung und Fragmentierung ist ein Thema, bei dem wir eine große Wachstumsperspektive sehen. Was uns unterscheidet ist, wir sind ein Familienunternehmen und das Familienunternehmen muss, schlaue Entscheidungen treffen. Wir können also nicht, wie es vielleicht ein fremdfinanziertes Startup tut, Geld verbrennen, um irgendwann Geld zu verdienen, sondern wir sind 100 Jahre alt, wir wollen unabhängig bleiben, wir wollen uns aus uns selbst heraus finanzieren. Wir müssen also intelligente Entscheidungen treffen und darauf laufen alle unsere Wachstumspläne raus. Wir sehen, dass wir als relevanter Marktplayer kann man nur sein, wenn man wächst. Ich glaube, ein Unternehmen, das sich sagt, ich bin in einer bestimmten Größenordnung über einer Milliarde unterwegs und ich muss nicht wachsen, das macht sich etwas vor, weil wenn wir in einem fragmentierten Markt unterwegs sind und die Konsolidierung stattfindet und die Digitalisierung stattfindet, werden sich automatisch starke Player bilden, gegen die man dann bestehen muss. Und wir wollen definitiv einer der strategischen, wichtigen, führenden Plattformen für digitale Beschaffung in Europa sein.

Joel Kaczmarek: Lass uns da doch auch mal auf die Wachstumsbereiche eingehen. Also du hast jetzt eben schon gesagt, digitale Beschaffung und auch die Fragmentierung anzugehen. Was sind denn sonst inhaltlich die Bereiche, in denen ihr wachsen wollt? Weil vielleicht könnt ihr euch ja sogar auch vorstellen, dass ihr produktseitig auch nochmal wachst, dass ihr komplett neue Produktkategorien mit dazu nehmt.

Ralf Bühler: Also man soll niemals nie sagen, im Moment glauben wir, dass wir ausreichend viele Produktkategorien haben. Drei Bereiche würde ich nennen. Internationalisierung, Bereich Nummer eins. Also wir sind ein deutsches Familienunternehmen in Deutschland gegründet vor 100 Jahren. Wir haben damit selbstverständlich im deutschsprachigen Markt eine andere Marktposition als im europäischen Ausland. Wir sind zwar in 17 Ländern präsent, aber natürlich nicht genauso entwickelt. wie in Deutschland. Internationalisierung ist eine unserer großen Aufgaben, gerade eben im Land. Damit verbunden schmeiße ich immer gerne das Thema Cross-Border-Commerce rein. Cross-Border-Commerce hört sich für uns als Konsumenten ganz einfach an, weil ich kann doch auf einer Webseite irgendwo in, wo auch immer, Italien, Frankreich bestellen und alles läuft. Ganz so leicht ist das im B2B-Bereich. Umfeld leider nicht. Da gibt es ganz, ganz viele Mehrwertsteuerfallstricke in Europa. Da gibt es ganz, ganz viele transaktive oder legislative Themen, die man lösen muss, um quasi von Italien nach wo auch immer die Ware so fließen zu lassen in einem Ökosystem, dass die Steuerbehörden in allen Ländern glücklich sind. Also Cross-Border-Commerce ist für uns wichtig, weil, um das Thema Nachhaltigkeit da nicht runterfallen zu lassen, weil es gibt oftmals in Verknappungen trotzdem Ware im Markt. Die ist nur unglücklicherweise an der falschen Stelle, im falschen Land, vielleicht sogar im falschen Kontinent. Und unser Ziel wäre es, diese Ware besser als andere verfügbar zu machen und transaktierbar zu machen, sodass dann in einer Verknappung eben trotzdem Ware vorhanden ist, also Cross-Border Commerce. Und das dritte ist der ganze Block, den ich vorher mit E-Procurement beschrieben habe, Gerade was die mittleren und großen Kunden und die eigenen Warenwirtschaftssysteme betrifft, ist dieses Thema E-Procurement noch bei weitem nicht ausgeschöpft und wir glauben, dass sich da in den nächsten Jahren ganz viel weiter tun wird und wir wollen da vorne mit dabei sein und diese Digitalisierung helfen weiterzutreiben.

Joel Kaczmarek: Ganz kurze Nachfrage dazu noch. Du hast eben Nachhaltigkeit erwähnt. Was habt ihr denn eigentlich für einen Hebel, wenn wir jetzt mal irgendwie an unseren Planeten denken, auch mit dem, was ihr tut, Effizienten zu heben, die halt für den Planeten, sage ich mal, auch gut sind, die die Nachhaltigkeit bei den Unternehmen erhöhen. ESG ist ja auch ein Riesenthema.

Ralf Bühler: Ich habe vorher auch davon gesprochen, wir haben auch etwas, was sich Eigenmarken nennt. Da machen wir schon seit vielen Jahren, versuchen wir weitestgehend auf Plastik zu verzichten. Also überall dort, wo es einfach nicht notwendig ist. Da haben wir vor Jahren angefangen, quasi Verpackungen herzustellen. Also von so ganz kleinen trivialen Dingen wie, wenn wir es in der Hand haben, bitte lasst uns schauen, dass das passiert. Wir können natürlich auf der Logistikseite sowohl in unserer Logistik als auch in der zum Kunden gerichteten Logistik arbeiten. indem wir Waren, Shipments konsolidieren. Und das Dritte, und das meine ich, das glaube ich sieht man als Konsument nicht zwangsweise so, aber ich bin ein Kind der Halbleiterei. Ich komme aus einem Bereich, in dem wir eigentlich alle, je nach Jahrzehnt, alle zwei bis fünf Jahre einen Verknappungszyklus haben. Der geht immer gleich los. Plötzlich ist keine Ware mehr vorhanden. Dann werden neue Fabriken gebaut. Dann ist die Ware vorhanden. Dann wird die Ware nicht mehr gebraucht und dann sind die Fabriken trotzdem da. Was diese Zyklen alle gemein haben, ist, dass trotz dieser ganzen Verknappungsthemen immer Ware in unterschiedlichen Dimensionen vorhanden war. Die war entweder weg. irgendwo auf dem Planeten vorhanden, aber eben nicht in Deutschland, um in Deutschland zu bleiben. Also ist die Frage, wie mache ich die sichtbar und wie kriege ich die dann sinnhaft nach Deutschland. Das zweite Thema ist, es gibt für viele Produkte ein Substitut. Ich will jetzt nicht sagen einen Ersatz, aber zumindest ein Produkt, wenn ich das andere gar nicht bekomme, kann ich ein ersatzweises Produkt nehmen, das da genauso gut funktioniert. Also dieses Thema, wo sind Substitute, die man anbieten kann, da können wir einen Beitrag leisten, auch digital einen Beitrag leisten. Und der dritte Teil ist, Produkte haben einen Lebenszyklus, aber ähnlich wie bei Lebensmitteln lassen sich Lebenszyklen, sage ich mal, etwas verlängern. Also wie schaffe ich es vielleicht an Ware, die statt zwei Jahre alt, drei Jahre alt ist, trotzdem noch in den Verkehr zu bringen. Und das ist das, worüber wir uns als Plattform, als Händler heute Gedanken machen. Wie schaffen wir diese Sichtbarkeit? Wie kriegen wir diese Substitute besser abgebildet? Und wie schaffen wir es vielleicht durch intelligente Warenbegutachtung, diese Ware, die vom einen oder anderen als zu alt betrachtet wird, trotzdem noch verwendbar zu machen? Denn alles, was bereits produziert ist, muss nicht noch ein weiteres Mal produziert werden, wenn wir es zugänglich machen können.

Joel Kaczmarek: Ist denn Refurbishment bei euch dann auch ein Geschäftsthema oder ist das zu nischig und zu komplex?

Ralf Bühler: Es ist ein Thema. Es ist nur bei B2B-Umfeld heute ein deutlich kleineres Thema als das, was wir als Konsumenten kennen. Einfach daraus getrieben, kann man sich vorstellen, einen Refurbed Laptop oder einen Refurbed Mobile Phone zu verwenden in der Firma? Absolut nicht. Aber können sich Firmen vorstellen, ganze Maschinen, die woanders gestanden sind, plötzlich in ihre Produktionslinien zu nehmen? Da sind wir weit davon entfernt, sage ich mal. Deswegen ist Defurbt für uns im B2B-Umfeld heute ein Nischenthema, natürlich aus dem Konsumergeschäft immer noch ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen und für das wir auch Angebote haben.

Marcus Worbs: Welchen Einfluss haben denn Unternehmen wie Shine, Temu und Social Commerce generell auf das B2B-Geschäft aus deiner Sicht? Habt ihr euch da schon etwas abgeschaut?

Ralf Bühler: Also abgeschaut nicht, aber für mich ist es etwas anderes. Es gibt ja dieses goldene Brichwort, das in der halben Welt dreimal von dem Andy Grove geprägt worden ist. Ja, only the paranoid survive. Und ich glaube, jeder, egal ob B2C oder B2B, die Unternehmung tut gut daran, schien Timo nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Das heißt, wir schauen uns heute im B2B-Umfeld nichts von ihnen ab, weil es so ein bisschen gegen das läuft, was uns die Kunden gerne mitteilen oder was uns unsere B2B-Kunden mitgeben. Aber ich glaube, wir sind alle miteinander gut beraten, das auf unserem Radar zu halten. Denn wenn wir uns die Wachstumsraten anschauen, die diese Unternehmen erzielen, dann muss man nicht viel Fantasie haben, dass die auch eine Idee haben, wie man dann am Schluss im B2B irgendwo Fuß fassen kann. Und von daher, Wir haben die Augen offen.

Joel Kaczmarek: Sag mal, wo du gerade das B2C-Geschäft ansprichst, haben wir noch gar nicht drüber geredet. Wollt ihr das eigentlich auch weiter ausbauen, parallel zu eurem B2B? Hat es vielleicht sogar Synergieeffekte oder ist das eine zu hohe Komplexität, wenn ihr beides quasi parallel fahrt?

Ralf Bühler: Lass mich so beantworten. Wir verkaufen heute Produkte, die wir natürlich jetzt viel, viel stärker auf die Bedürfnisse unserer B2B-Kunden ausrichten, als wir das in der Vergangenheit getan haben. Aber wir können all diese Produkte, die wir haben, auch weiterhin an B2C verkaufen. Kunden verkaufen. Das heißt, bei uns darf auch der B2C-Kunde weiter einkaufen. Wir betreiben weiterhin einen der großen Technik-Shops in Deutschland. Aber wie gesagt, unser Sortiment richtet sich halt oder wird ausgerichtet an den Bedürfnissen der B2B-Kunden. Nichtsdestotrotz, es gibt Laptops, es gibt alles, was das Consumer-Herz durchaus auch begehrt in der Technik, nach wie vor bei Conrad. Wir haben aber unseren Fokus ganz, ganz klar auf das B2B-Segment ausgerichtet.

Marcus Worbs: Ein heißes Thema haben wir heute noch gar nicht angesprochen. Das ist das Thema künstliche Intelligenz. Wie weit setzt ihr das denn schon heute ein? Und was ist da ja Sicht darauf, wie KI den Einkaufsprozess im B2B-Bereich in der Zukunft verändern wird?

Ralf Bühler: KI in aller Munde. Ein bisschen wie das Thema E-Commerce vor ein paar Jahren in aller Munde war. Ich war nicht mehr davor, Hypes hinterherzulaufen. Und was ich damit meine ist, wir schauen uns KI an, dort, wo sie Mehrwert generiert. Und vieles von dem, was wir als Consumer heute wahrnehmen, ist ja generative KI, die hochspannend ist, aber in unserem Umfeld vielleicht nicht ganz genau, jetzt was die B2B-Welt betrifft, derselben Stellenwert hat. Nichtsdestotrotz ganz konkrete Beispiele, damit man sich vorstellen kann, was machen wir mit KI. Wir haben 10 Millionen Produktangebote. Ich glaube, ich muss niemandem erklären, dass alleine mit Menschen diese Masse an Produktdaten und Attributen nicht verarbeitbar ist. Das heißt, wir benutzen KI, wir entwickeln KI-Modelle, um diese Datenmasse an Produktdaten besser zu kategorisieren, besser zusammenzufassen, besser greifbar zu machen. Ein Anwendungsbereich. Zweiter Anwendungsbereich, wir machen Millionen Transaktionen jedes Jahr. Wir verwenden KI für Scoring-Modelle, also Credit Fraud Prevention, solche Themen. Und natürlich beschäftigen wir uns mit der KI im Thema Customer Service, After-Sales-Service. Was können wir tun, um Kunden zu bessere Dienstleistung zu geben, ob das dann ein Chatbot ist oder ein Advisor oder schlicht und ergreifend einfachen Zugang zu Self-Service-Capabilities. Das sind so die drei Bereiche, wo wir heute ganz konkret versuchen, entweder schon voll umgesetzt oder in der Umsetzung die KI zu verwenden. Ich sage immer Menschen und Maschinen. Ja, wenn mich Menschen oder wenn mich Leute fragen, Conrad, was ist da anders? Da sage ich immer Menschen und Maschinen, weil wir wollen eine Plattform sein, aber wir brauchen wirklich die Symbiose aus Mensch und Maschinen. Und deswegen schaue ich insofern kritisch auf die KI, kritisch positiv betrachtet, wo kann die KI sofort Mehrwert stiften? Dort gehen wir jetzt heute hier in die Umsetzung und die anderen Themen, da schauen wir uns die Entwicklung der KI weiter an. Im B2B-Umfeld vielleicht auch noch relevant. Wir sind ein großes Unternehmen. Natürlich möchte ich verhindern, dass das, was wir über 100 Jahre gelernt haben, plötzlich in Large-Language-Models von Menschen in 100 Stunden gelernt werden können. Also für uns ein Aspekt, wie kriegen wir die KI so für uns genutzt, dass unser Wissen auf unser Wissen bleibt. Weil ansonsten haben wir natürlich im Wettbewerb uns einen Bärendienst erwiesen.

Joel Kaczmarek: Du, vielleicht zum Ende auch noch so ein persönliches Resümee. Machst du jetzt den Eindruck, als wenn du das nicht bereuen würdest, zu Conrad gegangen zu sein? Du kannst ja vielleicht mal so deine Gefühlswelt da spiegeln, aber natürlich auch, was so deine persönlichen Ziele noch die nächsten Jahre sind.

Ralf Bühler: Nein, mir ist kein Tag langweilig. Um es mal vorsichtig zu sagen und nein oder ja, es macht immer noch riesigen Spaß. Die Reise ist nicht zu Ende. Also was ist mein Ziel? Ich will nicht sagen, ich will die Reise zu Ende bringen, weil diese Reise wird hoffentlich nie ändern. Aber ich habe, als ich vor fünf Jahren angefangen habe, gesagt, in Bildern gesprochen, wir wollen rauf auf den Mount Everest und der Mount Everest ist diese führende Beschaffungsplattform für technischen Bedarf zu werden. Also diese Reise ist noch bei weitem nicht abgeschlossen und ich möchte meinen Beitrag leisten, dass wir da so weit wie möglich hochkommen und so schnell wie möglich hochkommen auf diesen Gipfel. Für ein Familienunternehmen, glaube ich, ist es immer auch gut, ein Ziel zu haben, wenn man 100 Jahre alt ist, dann möchte man gerne auch weiterhin unabhängig über seine Geschicke bestimmen können. Und das ist so eine der Motivationen, die ich auch habe, wie kriegen wir es hin, dass wir auch das, woran wir glauben, das, wovon wir überzeugt sind, so lange wie möglich aus uns selbst heraus umsetzen können, wäre so der zweite Aspekt.

Joel Kaczmarek: Cool, also wir machen am Ende immer gerne, also Marcus und ich, so einen kleinen Fragehagel mit der Idee, dass wir dir mal ein paar Fragen stellen, die so allgemein sind, die viele Leute aber auch voranbringen, weil sie da spannende Antworten hören und du antwortest einfach ganz schnell, ohne groß nachzudenken, dann kommst du aus dem Unterbewusstsein und Marcus kann ja mal den Anfang machen.

Marcus Worbs: Sehr gern. Alf, was tust du, um dein persönliches Wohlbefinden und deine Resilienz zu steigern?

Ralf Bühler: Was Ungewöhnliches. Golf spielen und Musik hören, wobei mein Musikgeschmack für viele vermutlich anstrengend ist. Heißt Heavy Metal, ich habe ein paar tausend CDs zu Hause aufliegen.

Joel Kaczmarek: Geil. War es schon wert, der Fragenhage. War es schon wert. Was sind denn so die drei wichtigsten Hacks, die du sonst hast, um dich beruflich erfolgreich zu machen?

Ralf Bühler: Also es gibt ein System Getting Things Done. Egal, welche Software man verwendet, man muss sich selbst irgendwie am Laufen halten können. Also man braucht ein System, mit dem du es einfach schaffst, Dinge umzusetzen. Das Zweite ist, jeder von uns muss lernen. Deswegen verwende ich ein Tool namens Blinkist ganz oft. Also einfach, ich fahre viel im Auto unterwegs. höre mir dann wieder ein Buch an, kriege wieder ein paar neue Anregungen, habe wieder ein paar neue Gedanken im Kopf, für was wir hier machen können. Und das Dritte ist, wir müssen uns immer wieder daran erinnern, selbst authentisch zu bleiben. Eine meiner Glaubenssätze ist, wenn ich anfange zu schauspielen, dann bin ich nur noch halb so viel wert. Und ich glaube, daran muss man sich immer wieder selbst erinnern, nicht verstellen, so sein, wie man ist. Das ist der größte Beitrag, den man leisten kann.

Marcus Worbs: Erinnerst du dich denn an einen Ratschlag, der dein Leben besonders positiv beeinflusst hat?

Ralf Bühler: Ja, den muss ich jetzt in Englisch sagen. Der ist recht früh in meiner Karriere gefallen. Der hieß, if you can't outsmart them, you can outwork them. Und ich glaube, in dem Satz, ja, da ist für mich ganz hängen geblieben, dass auch wenn es scheinbar keine Lösung gibt, auf die ich komme, kann ich es durch viel Arbeit trotzdem schaffen, eine Lösung zu erzeugen. Und das ist was, das hat mein Leben lang geholfen. irgendwie getrieben. Natürlich versuche ich mit möglichst wenig Aufwand, möglichst großen Ausput zu erreichen, aber im Zweifel kann ich es durch harte Arbeit auch machen.

Joel Kaczmarek: Und last but not least, welches Buch zum Thema Digitalisierung. kannst du denn empfehlen, wenn du sagst, du hörst sie immer auf der Autofahrt?

Ralf Bühler: Also, kein ganz klassisches Digitalisierungsbuch, aber eines, das ich auch zum Thema Digitalisierung immer spannend finde, Start with Why. Ich glaube, wer das geschrieben hat, das wissen die meisten, Simon Sinek, weil ich glaube, Digitalisierung ohne Richtung macht keinen Sinn und dieses Buch ist einfach Zur Orientierung, egal in welchem funktionalen Bereich man unterwegs ist, eines, dass man sich immer wieder zu Gemüte führen muss, bevor man losrennt und gegen die Wand rennt.

Joel Kaczmarek: Ralf, großartig. Also ich werde mir auch hier Nifo, Nose in, Fingers out, werde ich mir auch merken.

Ralf Bühler: Das muss ich mir nochmal überlegen, ob ich das dann zulasse, aber ich glaube, wir werden beide drüber lachen, der Dr. Conrad und ich, genau.

Joel Kaczmarek: Und ja, hey, ich wünsche euch natürlich alles Gute für die Zukunft. Vielen, vielen Dank. Auch an dich, lieber Marcus, wieder herzlichen Dank für die tolle Koop hier. Es macht immer großen Spaß mit dir. und that being said, viel Erfolg.

Marcus Worbs: Danke, auch von mir.

Ralf Bühler: Tschüss an euch.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung: Joel und sein Co-Moderator Marcus Worbs, Partner bei PwC im Bereich Cloud und Digital, nehmen dich mit an Bord, wenn sie mit bekannten mittelständischen Unternehmen darüber sprechen, wie diese ihre Digitalisierung umsetzen. Mit dabei bei jeder Folge: erfahrene Unternehmer:innen und Expert:innen.