
Ionity - Powerladesäulen für langstreckentaugliche Elektromoblität?
15. April 2020, mit Patrick Setzer
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Patrick Setzer: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Mobility-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Patrick Setzer. Ich bin 1999 in die Startup-Achterbahn gestiegen und habe seitdem unzählige Anstiege, Kehrtwenden, Loopings und Exit Paths durchlebt. Mit diesem Erfahrungsschatz begleite ich heute mit der Digital Entry GmbH Unternehmen bei der Planung, beim Aufbau und beim Kauf von Startups. Parallel schreibe ich als Kolumnist im Manager-Magazin über die globale Startup-Welt und mache hier den Mobility-Podcast, in dem wir heute in der ACES Autonomous Connected Electrified und Shared Logik einmal über die Elektrifizierung der Mobilität sprechen. Und dafür habe ich mir den Elon Musk aus der europäischen Elektroauto-Ladeinfrastruktur eingeladen, nämlich den CEO von Ionity, Michael Hajesch. Hallo Michael.
Michael Hajesch: Hallo, grüß dich.
Patrick Setzer: Hast du auch einen ähnlichen Lebenslauf? Erzähl doch mal.
Michael Hajesch: Ja, mein Lebenslauf, ich habe bei BMW angefangen, meine berufliche Karriere, bin von der Ausbildung her Maschinenbauingenieur, habe dann eine Promotion in England draufgesetzt, wo ich mir schon durch das Sponsorship von BMW Industriekooperationen in der Entwicklung angeschaut habe. Bin dann ganz klassisch in den Automobilbau eingestiegen, Serienentwicklung von BMW 1ern, habe dort auch mehrere Serienanläufe im Werk Leipzig miterlebt. Und anschließend bin ich schon das erste Mal mit der Elektromobilität in Berührung gekommen. Wann war das? als 2009 bei Project I beim Olli Kranz mit eingestiegen bin und dort die Mini-E-Feldversuche leiten durfte.
Patrick Setzer: Das war sozusagen die Anfangsphase, als aus dem Ergebnis dann der i3 und der i8 kam?
Michael Hajesch: Exakt, das war damals das Project I, das größte Strategieprojekt zum Thema Elektromobilität bei BMW. Und wir haben 600 Minis umgebaut auf elektrischen Antrieb, haben die in echte Kundenhände gegeben, auf dem Planeten sozusagen, in Asien, in den USA, in Europa, in verschiedenen Ländern. Und haben natürlich viele Nutzererfahrungen dort erfragt, bevor sie das Auto hatten, Erwartungshaltung, während der Phase und auch danach, als das Auto wieder zurückging, um die Erkenntnisse dann in die Entwicklung des i3 und des i8 entsprechend zu überführen.
Patrick Setzer: Wahnsinn. Und das war im Jahr 2007, als die i7
Michael Hajesch: 2009 bis 2012 ungefähr war das, glaube ich. In dem Zeitraum, wo dann schwerpunktmäßig diese Feldversuche gelaufen sind. Und dann die Auswertung musste ja noch in den Serienanlauf rein. I3 ist 2013 in den Markt gekommen mit den entsprechenden Produkten. Ja, anschließend bin ich dann gewechselt in die Konzernstrategie, habe mich dort anderthalb Jahre um das Thema CO2-Regulierung, CO2-Flottenbilanzierung gekümmert. Und mein anschließender Job war es, sich dann um neue Geschäftsfelder rund um das Thema Elektromobilität zu kümmern, auch mit einem strategischen Fokus für die BMW Group.
Patrick Setzer: Das heißt, die Ladeinfrastruktur kam aus dem Strategieprojekt heraus, dass man erkannt hat, für Elektroautos braucht man auch Elektro-Ladeinfrastruktur.
Michael Hajesch: Absolut. Wir haben damals schon viele Förderprojekte unterstützt als BMW, wo es um den Aufbau und Betrieb von Ladeinfrastruktur ging. Zum Beispiel erste DC-Achse München-Leipzig, nur als ein Beispiel mal zu nennen.
Patrick Setzer: DC, musst du erklären?
Michael Hajesch: DC, ja, also schnell Gleichstromladen, nicht AC, Wechselstromladen wie zu Hause, wo entsprechend schnelle Ladeleistungen, damals 50 kW Ladesäulen aufgebaut wurden und wo man schon sehr frühzeitig erkannt hat, wie wichtig natürlich die Verfügbarkeit der Infrastruktur ist für den späteren Markthochlauf. Und daraus sind dann verschiedene Konzernen und Initiativen und Projekte geworden, die wir da schon zum Thema Ladeinfrastruktur realisiert haben.
Patrick Setzer: Wenn du DC sagst, merken wir, da gibt es einen Haufen Abkürzungen, wie in jeder Industrie, über die man schnell stolpert. Als Nicht-Elektromobilitätsexperte, die zwei Worte, die mir am Anfang da immer anfallen, ist CPO und MSP. Erklär doch mal kurz, was ein CPO und was ein MSP ist.
Michael Hajesch: Also ein CPO, ganz klassisch als Abkürzung, Charge Point Operator, eigentlich derjenige, der die Ladeinfrastruktur betreibt. MSP, Mobility Service Provider, der, der den Ladedienst zur Verfügung stellt, die klassische Ladekarte oder Ladeservice, mit der nachher der Kunde dann entsprechend auch den Zugang an der Ladesäule und den Ladevorgang triggert.
Patrick Setzer: Eigentlich also ganz einfach. Und zum Markt zu kommen, damit man da auch mal ein Gefühl kriegt, wie viele Ladesäulen gibt es in Deutschland, in Europa, in den USA?
Michael Hajesch: Also es ist je Region sehr unterschiedlich. Das spiegelt sich auch wieder in den entsprechenden Marktzahlen der Elektromobilität. Also in Europa würde ich sagen, gibt es mehrere 10.000 Ladesäulen. Man muss immer unterscheiden zwischen Ladesäule und Ladepunkt. Es gibt durchaus unterschiedliche Standards, die heute noch im Feld sind. Und eine Säule kann auch mehrere Standards haben. Ich mache mal ein Beispiel. Zum Beispiel ein Stecker für CCS, europäischer Stecker, CHAdeMO, japanischer Standard und dann vielleicht auch noch einen AC, ganz klassischen Haushaltsstecker, sodass quasi drei Stecker an einer Säule sind. Und es ist immer die Frage, wie man das berechnet. Eine Säule, aber drei Ladepunkte.
Patrick Setzer: Das wird ja auch in der Politik noch sehr irreführend manchmal benutzt, eine Million Ladepunkte oder eine Million Ladesäulen, wovon spricht man eigentlich? Also am Ende, wir brauchen einen Haufen Ladesäulen, ob das dann ein, zwei, drei, vier Punkte sind, im Durchschnitt sind es zwei bis drei Ladepunkte pro Ladesäule, steht auf dem anderen Blatt. Wie sieht es bei Tesla aus? Die haben ja im Grunde die Die Ladeinfrastruktur für sich schon einmal komplett aufgebaut, in Europa wie auch in den USA, richtig?
Michael Hajesch: Absolut, sogar auch in Asien. Tesla ist natürlich extrem früh in den Markt eingetreten. Also wir reden hier über 5, 6 Jahre, wo Tesla ja schon sein Supercharger-Netzwerk aufbaut und zu dem frühen Zeitpunkt natürlich dem Endkunden. auch eine Lademöglichkeit mit dem Fahrzeug anbieten musste. Und die einzige Wahl, die sie hatten, war wirklich auch in den progressiven Ausbau ihres Netzwerks zu gehen, was sie ja heute noch nach wie vor weiter ausbauen. Und zwar in allen Regionen USA, Asien als auch Europa.
Patrick Setzer: Sind alles Supercharger bei Tesla oder gibt es auch normale Lades?
Michael Hajesch: Nein, nein, also es gibt natürlich auch fernab der Supercharger auch die klassischen Destination Charger, wie man so schön sagt. Also in diversen Hotels an gewissen Locations, wo der Kunde dann steht, das Fahrzeug parkt und dann entsprechend beladen werden kann.
Patrick Setzer: Kann ich mit einem normalen Auto von einem deutschen oder europäischen Hersteller auch bei Tesla laden?
Michael Hajesch: Das geht leider nicht. Also ein Tesla-Netzwerk ist ein Netzwerk von Tesla für Tesla-Fahrzeuge. Man spricht da auch von einem proprietären Netzwerk. So ist der Stand heute.
Patrick Setzer: Also hat Tesla im Grunde ein bisschen den Ansatz gefahren wie bei Apple, dass man das Ganze integriert um den Kunden herum sieht. Haben wir da was verschlafen in Europa?
Michael Hajesch: Ich würde sagen, Tesla war da einfach sehr, sehr früh dran und hat natürlich auch mit seinen Services, also den Ladediensten und wenn das Fahrzeug dann angesteckt wird zum Laden, die volle Integration im Sinne des Services für den Endkunden. Also das Auto, der Ladedienst, die Auffindbarkeit, Navigation hin zum Ladepunkt, alles im Fahrzeug integriert. Das kommt natürlich alles aus einer Hand, was durchaus seine Vorteile hat.
Patrick Setzer: Und eigentlich ist Ionity jetzt sozusagen die Antwort auf die Supercharger der europäischen und amerikanischen Hersteller.
Michael Hajesch: Ja, ich würde es mal noch deutlich offener formulieren. Also wir bauen ja ein europaweites Netzwerk, das ist korrekt. Allerdings nicht proprietär, sondern offen für alle. Also auch heute laden sehr, sehr viele Teslas an Ionity-Ladestationen. Aber ganz bewusst offener Ansatz, systemoffen, basierend auf einem europäischen Standard, nämlich dem CCS, neue Abkürzung, Combined Charging System nennt sich das Ganze. was wir hier in unserem Netzwerk anbieten.
Patrick Setzer: Okay, Ionity ist also entsprechend ein CPO, ein Chargepoint Operator. Seit wann gibt es euch denn?
Michael Hajesch: Wir wurden 2017 gegründet. Die Gründungsväter sozusagen sind große Automobilkonzerne mit Ford, mit BMW, mit Daimler und mit dem VW-Konzern, mit den Marken Audi und Porsche. Und so sind wir 2017 gestartet.
Patrick Setzer: Hier in München?
Michael Hajesch: Wir sind hier in München gestartet, also unser Headquarter ist in München. Wir haben mittlerweile Betriebsstätten in allen europäischen Ländern, also in 24 Ländern, wo wir das Netzwerk ausrollen. Wir haben eine weitere Niederlassung in Norwegen, in Oslo, wo auch ein Team sitzt. Und wir haben natürlich in allen Regionen Menschen, die uns bei der Realisierung unseres Netzwerks unterstützen.
Patrick Setzer: Und was war zuerst da, Idee oder Team?
Michael Hajesch: Natürlich war die Idee zuerst da, weil es musste ja erstmal das Alignment oder der Zusammenschluss der Gründungsväter passieren. Dann musste entsprechend die Gesellschaft gegründet werden und natürlich haben wir im ersten Jahr sehr, sehr stark rekrutiert, um das Team, was wir heute haben, auch entsprechend zusammenzubringen.
Patrick Setzer: Und wenn du von wir sprichst, ist das das Management? Bist du alleine oder bist du im Team?
Michael Hajesch: Wir haben hier zwei Managing Directors, wie man so schön sagt, mit dem Markus Kroll und meiner Wenigkeit. Wir teilen uns auch die Company rein zahlenmäßig auf und haben natürlich unterschiedliche Schwerpunkte, wie wir jetzt rein organisatorisch in der Company gerade aufgestellt sind.
Patrick Setzer: Nach Aufgaben oder nach Nationen oder wie habt ihr euch gesplittet?
Michael Hajesch: Also Markus, sehr, sehr stark mit dem Bereich des Netzwerks, also Verfügbarkeit Netzwerk, in welchen Ländern, mit welchen Vertragspartnern, ich komme gleich dazu, wie wir das Netzwerk realisieren, bis hin zu Bau des Netzwerks, das heißt die komplette Planungsleistung in 24 Ländern. Das ist ja jedes Mal ein eigener Bauantrag, bis so eine große Station steht. Das Ganze 400 Mal in 24 unterschiedlichen Ländern. Da kann man sich vorstellen, wie komplex das ist. Dann natürlich die Bauleistungen, die notwendig sind, um hier so eine Station in Betrieb zu nehmen. Die Abnahme der Station entsprechend muss ja final zertifiziert sein, bevor sie dann wirklich live vor Kunde geht und betrieben werden kann. Also all das ist, sage ich mal, das ganze Thema Netzwerk. Dazu kommt dann, wenn es live ist, der Betrieb der Station, das klassische Operations-Geschäft. Service und Maintenance der Station, damit die auch immer den entsprechenden Qualitätsstandard haben. Und der Rest mit vielen Zentralfunktionen, Finance, Technik, IT, liegt zum Beispiel auf meiner Seite. Aber ich glaube, man darf das nicht so schwarz und weiß in einem Startup sehen, sondern das ist ein gemeinsames Miteinander.
Patrick Setzer: Das ist gut.
Michael Hajesch: Wo die Fähre alles zusammengreift auf einem Stockweg hier.
Patrick Setzer: Wie kommt ihr denn eigentlich an Kunden? Sind das alles Kunden, die Autobesitzer von euren Gesellschaftern sind oder sind das auch andere Kunden?
Michael Hajesch: Nein, ganz im Gegenteil. Wie schon gesagt, wir sind ein offenes Netzwerk. Wir bieten ganz klassisch zwei Zugänge an. Das eine ist, der Kunde kommt an die Anlage mit seinem Elektroauto und kann sich bei uns registrieren über eine mobile App, gibt seine Zahlungsdaten ein, wird autorisiert, der Ladevorgang startet. Das andere ist eben der MSP, also ein Mobility Service Provider, bietet seinen Kunden eine Ladekarte an und auch die sind bei uns registriert und können dann entsprechend die Säulen nutzen.
Patrick Setzer: Und wann passiert das? Passiert das beim Autokauf, beim E-Autokauf oder ist das eine spätere Anlage? Sprache?
Michael Hajesch: Ich sage jetzt mal, aus der Kundensicht ist es unterschiedlich. Es gibt Hersteller, die bieten natürlich mit dem Autoverkauf auch entsprechend den Ladeservice an und der Kunde muss sich dann dafür registrieren und kann dann diesen Ladeservice nutzen und damit Zugriff nicht nur auf unser Netzwerk, sondern auch auf viele andere Netzwerke anderer Hersteller oder Betreiber Zugriff erhalten. Und wie gesagt, das andere ist der Ad-Hoc-Kunde, der einfach kommt, lädt und uns nutzt.
Patrick Setzer: Das heißt, ich bin eigentlich kein exklusive IONIQ die Kunde dann,sondern ich habe ein Netzwerk von offenen,von einer offenen Ladeinfrastruktur.
Michael Hajesch: Absolut, genau.
Patrick Setzer: Was da als Partner dann hängt.
Michael Hajesch: Genau.
Patrick Setzer: Zu der Idee gekommen seid ihr, weil ihr gedacht habt,Mensch, Tesla macht das ja genau richtigmit den Superchargern. oder wie kam das?
Michael Hajesch: Es war ja schon eine strategische Initiative der OEMs zu sagen, ganz klar, wir brauchen die Verfügbarkeit der Infrastruktur. Nur so kann wirklich eine Marktdurchdringung der Elektromobilität gelingen. Und jetzt gibt es ja verschiedene Use Cases, wo der Kunde laden kann. Er kann im besten Fall zu Hause laden, wenn er eine Steckdose hat. Er kann in der Stadt unterwegs im täglichen Bedarf beim Einkaufen, beim Sport laden, wenn es dort Möglichkeiten gibt. Und da, wo wir zu Hause sind, ist die Langstrecke. Also wir haben uns wirklich auf den Use Case Langstrecke europaweit, Autobahn, Highway fokussiert, was natürlich ganz wichtig ist, um den Kunden auch grenzübergreifend entsprechend mobil zu halten.
Patrick Setzer: Habt ihr eigentlich eine Vision?
Michael Hajesch: Wir haben eine Vision, natürlich, im Sinne von, dass wir HPC, also High Power Charging, Laden mit höchster Qualität und entsprechend Leistungsklassen, hier in Europa führen. Das ist im Prinzip unsere Vision und da gehört natürlich viel dazu. Da gehört die technische Expertise dazu, da gehört die Operation Expertise dazu, da gehört die Expertise des Bau und der Realisierung des Netzwerks dazu und natürlich die Weiterentwicklung, was immer das in der Zukunft heißt.
Patrick Setzer: Und das ist eigentlich dann auch der USP, dass ihr diese besonders hohe Ladeleistung anbietet?
Michael Hajesch: Also unser USP, würde ich sagen, ist einmal die Ladeleistung, nämlich 350 kW pro Ladepunkt.
Patrick Setzer: Das muss man kurz erklären.
Michael Hajesch: Das erkläre ich gleich. Also so eine Ionity-Station, wie sieht die aus? Wir sind an der Autobahn, wo schon entsprechende Gebäude oder Amenities, wie man so schön sagt, vorhanden sind. Also ein Restaurant, wo man auch Zeitung kaufen kann oder auch was essen kann, sich Zeit vertreiben kann für den Ladevorgang. Wir bauen sechs Ladepunkte auf. Wir werden jetzt vier realisieren im Durchschnitt. Und wenn dann zukünftig immer mehr Fahrzeuge kommen, können wir relativ einfach zwei weitere Ladepunkte ergänzen. Installation ist alles schon vorgesehen und können somit das Netzwerk sukzessive ausbauen. Und wie gesagt, das initiale Ziel ist es, von diesen Stationen 400 Stück bis Ende 2020 zu realisieren.
Patrick Setzer: Also du sagst, der eine Punkt ist die Ladestärke, aber scheinbar gibt es einen zweiten noch.
Michael Hajesch: Ja, genau. Also die Ladestärke sind, wie gesagt, die 350 kW. Es gibt den europäischen Ladestandard, wie schon gesagt. Und in diesen Bandbreiten kann man dann alle Fahrzeuge bedienen, die heute im Markt sind und die schon auch seit mehreren Jahren im Markt sind, bis hin zu zukünftigen Fahrzeugen, die noch in den Markt kommen und natürlich dann wahrscheinlich mit größeren Batteriekapazitäten auch kommen und damit auch gegebenenfalls höheren Ladestärken.
Patrick Setzer: Lass uns mal kurz erklären für die Podcast-Zuhörer. Die 350 kW, die sind ja sozusagen der Peak, den man eigentlich weltweit momentan kennt. Normalerweise haben wir einen Ladestrom von 11, 22, teilweise 50 kW. Ich habe auch manchmal 100 kW gesehen, aber da war auch wirklich Schluss. Auch die Autos konnten gar nicht mehr Kapazität aufnehmen, Ladeleistung. Jetzt kommt ihr mit 350 kW, konnte man aus der Presse ja entnehmen, der Porsche Taycan ist darauf vorbereitet. Gibt es noch ein anderes Auto, was das überhaupt annehmen kann, diese Stärke?
Michael Hajesch: Also wir gehen stark davon aus, dass wir mehrere Fahrzeuge in Zukunft sehen werden, die diese Ladeleistung benötigen und auch sinnvollerweise natürlich benötigen. Und da darf man nicht nur an die Passenger-Cars oder an den normalen Personenkraftwagen denken, sondern insbesondere auch an den leichten und mittleren Nutzverkehr, weil auch die müssen ja entsprechend elektrifiziert werden, fahren ganz andere Loads durch die Gegend und müssen dort auch rasche Ladezeiten sicherstellen. Und eins ist auch klar, je größer die Ladeleistung ist und Ionity-Station ist man ja nie am Ziel. Wir sind auf der Autobahn, also der Kunde ist eigentlich immer wieder auf dem Sprung hin zum Ziel oder zum nächsten Stopp. wenn er sehr, sehr lange Strecken fährt. Und deswegen ist auch die Ladeleistung und damit die Zeitersparnis für den Kunden natürlich signifikant, dass wenn er hohe Ladeleistungen mit seinem Fahrzeug tanken kann oder laden kann, dass wir die auch bestmöglich zur Verfügung stellen. Ist auch so unser Leistungsversprechen. Egal, was das Auto anfordert an Ladeleistung, wir sind mit unseren Anlagen bereit, das zu liefern.
Patrick Setzer: Und um das ins Verhältnis zu setzen, die normalen Pkw, Elektroautos, die wir am Markt momentan sehen, haben zwischen 40 und 60 Kilowattstunden. Da spreche ich jetzt nicht über Kilowatt-Ladeleistung, sondern die Kilowattstunden. Kann man sich vorstellen wie den Tank, Benzintank oder Dieseltank beim Auto. Ich kann mich erinnern, Taycan hatte, glaube ich, eine 100 Kilowattstunden Batterie oder auch der große Tesla S hat 100 Kilowattstunden Batterien. Man kann sich vorstellen, 100 Kilowattstunden reichen dann für 500, 600 Kilometer Reichweite ungefähr. 15 bis 20 Kilowattstunden kann man sagen, ist ungefähr der Verbrauch auf 100 Kilometer. So, jetzt komme ich mit dem Taycan, der ist komplett leer, komme ich bei Ionity an. Ich lade mit 350 kW, das geht dann heute schon.
Michael Hajesch: Das geht heute schon, ja.
Patrick Setzer: Mensch, durchrechnen, dass bei einer 100 Kilowatt-Stunden-Batterie ich ungefähr nach 20, 25 Minuten tatsächlich die Autobatterie vollgeladen habe. Und das sind natürlich wettbewerbsfähige Zeiten. Wenn ich mir überlege, ich bin ja auch an der Tankstelle, wenn ich mal 80 oder 100 Liter tanke, dann bin ich auch fünf Minuten unterwegs. Das ist natürlich immer noch länger, aber es ist auf jeden Fall nicht mehr so, dass ich mal drei Stunden warten muss, dass mein Auto geladen ist.
Michael Hajesch: Absolut. Und das ist ja genau der Punkt, wo ich sage, Langstrecke, Zeit ist ein Faktor. Ich vergleiche es auch immer mit dem Fliegen, mit der Bahn oder mit dem Fahrrad. Man kann alle drei Mobilitätsoptionen wählen, um von A nach B zu kommen. Aber auch am Preis spiegelt sich die Zeitersparnis und die Qualität wieder, wo man dann natürlich sagt, bei uns ist man dann natürlich bestens bedient, gerade auf der Langstrecke mit dieser hohen Ladeleistung.
Patrick Setzer: Und das, was du gerade noch erwähnt hast, das ist auch hochinteressant. Natürlich endet es nicht im Endkundenauto, sondern auch in LKWs, in Bussen. Das muss man natürlich mit einplanen. Und da werden ja noch ein Vielfaches von diesen Kilowattstunden erforderlich sein. Und entsprechend sind eigentlich, wenn man das durchdenkt, 300 Kilowatt Ladeleistung eigentlich in Zukunft ein Standard, den man braucht.
Michael Hajesch: Also wir gehen davon aus, und das sieht man ja auch an den Fahrzeugen, die heute schon announced wurden von den Herstellern, dass gegenüber drei, vier, fünf Jahren, wo wir eben mit 50 Kilowatt Ladeleistung geredet haben, heute eigentlich das 150 und mehr das neue 50 ist. Und das ist ja ein Technologierennen auch, hin zu immer mehr Effizienz, hin zu immer mehr Leistung, was sich dann eben beim Laden auch widerspiegelt, immer im Sinne des Endkunden natürlich.
Patrick Setzer: Und da ich sonst auch immer kritisch sehe, wie in Europa im Vergleich zu den Technologiekonzernen oder auch einem Tesla stehen, hier muss man mal sagen, der Supercharger hat, wenn ich mich recht erinnere, 120 kW. Ihr habt das verdreifacht.
Michael Hajesch: Das ist mal der eine Punkt. Und der Supercharger macht auch noch Powersharing. Das heißt, wenn da zwei Fahrzeuge dranstehen, die ähnliche Ladeleistung abgeben oder aufnehmen wollen, dann wird die Leistung halbiert. Bei uns kriegt der Kunde immer an jedem Ladepunkt die maximale Leistung.
Patrick Setzer: Das bringt mich zu einem super Thema. Können wir mit einem Vorurteil aufräumen, wenn alle E-Autos gleichzeitig laden, dann hat keiner mehr zu Hause Strom. Ist das so?
Michael Hajesch: Das ist so.
Patrick Setzer: Das ist so.
Michael Hajesch: Das ist so, ja. Also natürlich ist immer die Frage und jetzt sind wir natürlich sehr regional unterwegs, also eigentlich in einem untersten Verteilnetz, wenn man jetzt nicht mal einen Straßenzug hernimmt. dann ist ja immer die Frage, wie stark ist das lokale Netz und kann hier zusätzliche Verbraucher aufnehmen. Das E-Fahrzeug ist nichts anderes wie ein elektrischer Verbraucher, wie eine Waschmaschine, wie ein Fernseher, nur eben mit einer entsprechenden Leistung. Wenn jetzt von heute auf morgen alle über Nacht ganz schnell sich alle Elektrofahrzeuge anschaffen würden, kann ich mir schon gut vorstellen, dass es an der einen oder anderen Stelle natürlich netzverstärkende Maßnahmen geben muss. Und das wird ja auch schon seit Jahren politisch diskutiert und auch da finden ja aktive Maßnahmen statt. der Netzbetreiber. Aber ich glaube, wenn man sieht, selbst wenn ein, zwei Millionen Fahrzeuge zusätzlich in den Markt kommen würden, reden wir gerade mal über ein oder zwei Prozent der Energiemenge, die hier on top kommt, was vom Netz natürlich sehr einfach zu verkraften ist.
Patrick Setzer: Es laden ja dann nicht alle Autos an einem Ort, an einem Kohlekraftwerk, an einem Atomkraftwerk, sondern sie sind natürlich verteilt. Die Frage ist natürlich auch eine Art absurdum geführte Frage. Wenn jetzt alle Leute gleichzeitig tanken wollen, dann stehen die genauso in Schlangen. Wir haben nämlich nur 14.000 Tankstellen in Deutschland. Aber es ist natürlich ein anderer Vorgang. Das Laden dauert länger und deswegen müssen wir da noch nachlegen. Ihr sagt, 400 Ladesäulen werdet ihr installieren? Station. Station. Bis wann?
Michael Hajesch: Bis Ende nächsten Jahres, also bis Ende 2020 werden wir die in Betrieb nehmen.
Patrick Setzer: Das hört sich jetzt eigentlich nach nicht besonders viel an.
Michael Hajesch: Wir sind momentan der progressivste Ladesäulen-Ausroller-Betreiber-Netzwerk-Errichter in Europa. Keiner expandiert so schnell, so progressiv wie wir. Also wir haben bis jetzt ca. knapp 200 Ladestationen in anderthalb Jahren in Betrieb genommen. Und das mit der Ladeleistung und der Anzahl der Ladepunkte. Also wir geben schon Vollgas.
Patrick Setzer: Aber jetzt diese 400 Ladesäulen im Vergleich zu den hunderttausenden Ladesäulen, die es überall schon gibt, warum braucht denn die Welt die noch?
Michael Hajesch: Naja, eben um diesen Use Case der Langstrecke entsprechend zu befähigen. Natürlich gibt es nicht nur die Ionity, es gibt noch viele weitere, die hier in den Aufbau und Betrieb von Ladeinfrastruktur gehen, auch auf der Langstrecke. Deswegen sehen wir uns als ganz klassischen komplementären Ansatz zu allen anderen, aber eben mit einem gewissen ambitionierten Vorgehen.
Patrick Setzer: Dann sei doch so nett und beschreib mal die User Journey. Ich sitze in meinem Auto, bin auf der Autobahn, wie ich es verstanden habe, weil ihr ja hauptsächlich im Autobahnbereich unterwegs seid. Wir sind auf 10% Strom nur noch auf der Batterie im Elektroauto. So, jetzt kommst du.
Michael Hajesch: Also idealerweise findet natürlich der Kunde oder der EV-Fahrer, der in seinem Fahrzeug sitzt, die Ionity-Ladestation in seinem Navigationssystem.
Patrick Setzer: Seid ihr denn da integriert überall?
Michael Hajesch: Wir sind da integriert überall und kann er sich dann entsprechend zu unserer Station navigieren lassen, fährt dann zu uns und wie vorhin schon gesagt, entweder er hat eine Ladekarte von einem Mobility Service Provider, dann nutzt er die, steigt aus, nimmt den Stecker, steckt ihn in sein Fahrzeug, authentifiziert sich an der Ladesäule, drückt auf den Startbutton und dann sollte der Ladevorgang beginnen. Kommt er ohne Mobility Service Provider Karte, registriert er sich über die App entsprechend und startet dann den Ladevorgang.
Patrick Setzer: Thanksgiving und alles voll, weil jetzt kommt das bei euch sicherlich auch mal vor. Kann ich denn nicht vorher einen Parkplatz bzw. die Ladesäule reservieren?
Michael Hajesch: Also wir denken über Reservierungsfunktionen nach. Also die werden wir mit Sicherheit zu gegebener Zeit brauchen. Und das Thanksgiving-Beispiel von Tesla zeigt ja auch, wenn wir heute konventionelle Fahrzeuge mit Diesel und Benzin am Freitagnachmittag, Ferienwochenende Richtung Süden, Norden, Osten oder Westen sehen, haben wir ja ähnliche Effekte, selbst bei Verbrennern. Soll jetzt keine Entschuldigung sein, aber zeigt auch eins, der Bedarf an zusätzlicher Ladeinfrastruktur und einer intelligenten Management der Ladevorgänge ist umso signifikanter, weil eben Laden immer noch etwas länger dauert als tanken.
Patrick Setzer: Und wenn ihr solche Funktionen irgendwann realisieren wollt, könnt ihr die over the air updaten, eure Sollen?
Michael Hajesch: Ja, die sind heute schon over the air updatable, wobei der Service dann klassischerweise in Kombination natürlich mit den Fahrzeugen erfolgt.
Patrick Setzer: Mit den Daten eurer Ladesäulen sowie mit den Daten, die im Auto da stattfinden, kann man ja eigentlich relativ viel anfangen. Habt ihr damit irgendwas vor?
Michael Hajesch: Also wir haben erste Ideen, aber da muss man jetzt auch mal den Status Quo der Firma sich vor Augen führen. Wir sind ein junges Unternehmen, wir sind jetzt zwei Jahre alt. Wir haben gerade mal die Hälfte des initialen Netzwerks stehen. Ich glaube, wir brauchen jetzt hier die Stabilität und im nächsten Schritt, gerade in 2020, die ersten Projekte. Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, um genau zu verstehen, wo ist das Potenzial und der Bedarf vom Markt her und vom Endkunden her, um datengetriebene Services und Dienste zu entwickeln und in den Markt zu bringen.
Patrick Setzer: Eure eigenen Daten in der Ladersäule, die kriegt ihr natürlich. Welche Daten kriegt ihr denn aus dem Auto?
Michael Hajesch: Also wir kriegen zumindest die Ladestärken, die die Fahrzeuge anfordern. Wir kriegen teilweise den State of Charge, also wie lange wird es dauern, bis ein gewisser Ladezustand zum Beispiel 80 oder 100 Prozent dann erreicht sind. Aber natürlich kriegen wir insbesondere mit, welche Fahrzeuge kommen wann, zu welcher Zeit, wo in Europa zum Laden zu Ionity. Und auch daraus, also welche Fahrzeugsegmente sind das, wie oft kommen die, welche Strecken fahren die. kann man natürlich prognostizieren, gerade in Richtung Energiemanagement, wie groß wird denn der Peakload sein, wann wird er auftreten und wie kann man ihn vielleicht über Intelligenzen wie gesteuertes Laden oder eben Reservierung bedienen.
Patrick Setzer: Genau. Prediction ist da eigentlich
Michael Hajesch: Prediction ist das Keyword an der Ecke, ja.
Patrick Setzer: Lass uns mal zum Geschäftsmodell kommen. Wie funktioniert euer Preismodell generell?
Michael Hajesch: Also momentan haben wir noch die 8-Euro-Welcome-Phase, wie wir das nennen. Warum? Unser Leistungsversprechen ist natürlich das europäische Netzwerk mit 400 Stationen. Und deswegen haben wir gesagt, bis zu einem gewissen Punkt, und ich würde mal sagen, nächstes Jahr, werden wir gegebenenfalls umstellen, weil wir dann eben mehr als die Hälfte des Netzwerks stehen haben.
Patrick Setzer: Egal wie voll ich das Auto tanke?
Michael Hajesch: Egal wie voll. Also lade? Genau, genau. Wir werden das dann aber zu gegebener Zeit in ein neues Tarifmodell überführen.
Patrick Setzer: Das hört sich erstmal sehr günstig an.
Michael Hajesch: Das ist heute sehr günstig, absolut. Und deswegen glaube ich aber auch im Sinne der Transparenz vor Endkunde, eine Abrechnung in Richtung Kilowattstunden basiertem Tarifmodell ist hier der Weg nach vorne.
Patrick Setzer: Wenn ich mich recht erinnere, ist das sogar jetzt geregelt, dass es so sein muss. Absolut, genau. Da sind aber einige noch nicht, wie ich auch gelesen habe.
Michael Hajesch: Das ist ganz unterschiedlich in Europa.
Patrick Setzer: Aber das heißt im Grunde, das Regelwerk steht. Wir können uns darauf anstellen, dass so wie wir mit dem Benzin- und Dieselauto Liter getankt haben und der eigentlich rechtskonform mit einem bestimmten Preis versehen ist, haben wir in Zukunft die Kilowattstunde, die bei uns zu Hause über einen Daumen 30 Cent kostet, die wird dann auch einen bestimmten, ja, Preis haben, den man vergleichen kann. und so weiß man dann vorher, besonders wenn es reservierungsfähig ist, was ich zahlen werde für den kompletten Ladevorgang.
Michael Hajesch: Genau, es wird immer für den Endkunden ersichtlich sein, was die Kilowattstunde kostet. Dazu sind wir auch verpflichtet, transparente Preisangaben zu machen. Damit wird der Preis auf der Säule ersichtlich sein für den Kunden und er weiß damit immer, auf was er sich einlässt.
Patrick Setzer: Bevor es nochmal weiter in die Tiefe geht zu den ganzen Preisen. Eine 10 Kilowatt Ladesäule kostet in der Einrichtung ungefähr 10.000 Euro, behaupte ich jetzt mal. Eine 100 Kilowatt Ladesäule kostet 100.000 Euro. Was kostet eigentlich eine 350 Kilowatt Ladesäule zu installieren?
Michael Hajesch: Das ist eine gute Frage. Also zu den Preisangaben äußern wir uns prinzipiell nicht. Ich vergleiche es immer ganz gerne mit einem Musterhaus, was wir mal geplant haben am Reißbrett mit Architekten. Und jetzt kommt die große Herausforderung, das Musterhaus in 24 Ländern an 400 unterschiedlichen Stationen zu installieren. In der Schweiz nach 10 cm kommt Granit. Da müssen wir den Boden sprengen, um Kabel reinzulegen. In Dänemark haben wir Sandboden. Das geht relativ zügig, relativ einfach. Wir haben komplett andere Witterungsverhältnisse in den nordischen Ländern versus südliche Länder, wo eher das Thema Hitze ein Thema ist. Was will ich damit sagen? Die Preise sind ganz unterschiedlich und am Ende des Tages sind sie auch nicht relevant, weil ich glaube aus Sicht des Endkunden und das Leistungsversprechen, die Verfügbarkeit der Infrastruktur und das Ganze zu einem vernünftigen Preis ist glaube ich das, was entscheidend ist, um auch die E-Mobilität da zu fördern.
Patrick Setzer: Würdest du dann ungefähr bestätigen, dass die Kosten, die ich für die 10 kW und 100 kW lade, sollen
Michael Hajesch: Die war nicht so verkehrt.
Patrick Setzer: Die war nicht so verkehrt. Dann kann ja jeder ungefähr sich mal ausrechnen, hoch extrapolieren, was das kosten könnte. Müsst ihr denn jedes Mal neue Kabel legen?
Michael Hajesch: Ja, also im Prinzip ist jede einzelne Seite ein komplettes eigenes Bauvorhaben, was entsprechend beplant ist. freigegeben von den entsprechenden Behörden und dann auch realisiert, umgesetzt und am Ende abgenommen werden muss. Dazu kommt noch der Netzanschluss, also ist die Leistung vorhanden, um diese sechs Ladepunkte mit 350 kW zu betreiben. Wir gucken immer, dass wir da mit 1,2 Megawatt an die Mittelspannung gehen, was auch von uns dann realisiert wird, in Auftrag gegeben wird, damit wir auch sicher sind, dass wir die Power haben, die der Kunde benötigt.
Patrick Setzer: Und die Standorte kauft ihr oder mietet die an?
Michael Hajesch: Wir haben strategische Kooperationen mit ganz unterschiedlichen Partnern durch ganz Europa. Das sind große Firmen wie Tank & Rast in Deutschland zum Beispiel, aber auch Circle K in den nordischen Ländern. Mit Shell machen wir es, Länder mit Chebsa, mit Eni. Mit Enel, also ganz unterschiedliche Kooperationen bis hin zu einzelnen Verträgen mit einzelnen Menschen, denen eben ein solcher Autobahnstandort gehört.
Patrick Setzer: Und auf der Energieseite, wo kommt die Energie, der Strom von einer Firma, die das europaweit abbildet? oder habt ihr da genauso ein Partnernetzwerk?
Michael Hajesch: Also wir haben ein Partnernetzwerk. Warum? Weil wir sourcen heute die Energie länderspezifisch. Worauf wir achten, und das ist ja die Verantwortung, die auch bei uns liegt, ist, dass wir probieren, 100% Grünstrom zu sourcen. Das heißt, wir kooperieren mit Partnern, die auch in ihrem Portfolio nur 100% Grünstrom erzeugen. Polarstern zum Beispiel, Octopus in UK und andere. die aus der Solar, Photovoltaik, Wind, Wasser, Sonne hier entsprechend Energie gewinnen, um natürlich nachher, wenn der Kunde sein Fahrzeug belädt, auch dafür zu sorgen, dass der CO2-Footprint des Kunden maximal reduziert wird.
Patrick Setzer: Also da kann ich jetzt mal aus Kundenperspektive sagen, wenn der eine USP 350 kW ist, also sprich eine Ladeleistung, die mich sehr schnell in eine gefüllte Batterie in einem E-Auto führt, dann könnte ein zweiter USB wirklich sein, reine erneuerbare Energien anzubieten. Weil ich glaube, es gibt sehr viele Kunden, die sich genau danach ausrichten.
Michael Hajesch: Absolut.
Patrick Setzer: Und sag mal, ist das Geschäft bei diesen Größenordnungen, egal ob jetzt 8 Euro oder dann irgendwelchen Centbeträgen für die Kilowattstunde, das kann doch eigentlich gar nicht profitabel sein.
Michael Hajesch: Ja, wir reden ja über ein Infrastruktur-Business und wir sind ganz klassische Energiehändler in diesem Infrastruktur-Business. Wir realisieren ein Netzwerk mit durchaus ambitionierten Assets, nämlich den Ladestationen. Und da braucht man natürlich auch einen entsprechenden langen Atem, würde ich mal sagen, damit ein solches Geschäftsmodell auch fliegt.
Patrick Setzer: Und wie viel Nutzung ist notwendig, damit das dann positiv wird, Cashflow positiv?
Michael Hajesch: Das ist immer unterschiedlich pro Region. Also wir sehen heute schon Ladestationen, insbesondere zum Beispiel in Norwegen oder auch im Benelux-Bereich, wo sehr, sehr hohe Frequenzen sind, die heute schon, wenn wir das mal linear nach vorne fortschreiben, profitabel wären.
Patrick Setzer: Dazu muss man wissen, dass in Norwegen und ein paar Ländern tatsächlich schon bei 30, 40, teilweise 50 Prozent E-Auto-Quote sind im Neuverkauf.
Michael Hajesch: Neuverkauf, genau. Also in Norwegen definitiv, die haben gerade die 50-Prozent-Marke überschritten. Und das ist im Prinzip auch das Vorzeige- und Pilotland, wie ich es immer so schön sage, für den Rest von Europa. Weil das, was da passiert, das wird auch in den anderen Ländern passieren.
Patrick Setzer: Und der Staat fördert ja auch Elektromobilität im weitesten Sinne. Bekommt ihr da auch was?
Michael Hajesch: Also ja, wir bekommen was bzw. wir bewerben uns natürlich um Förderung, weil es geht ja um Infrastruktur, Aufbau und Betrieb. Wir haben uns beispielsweise für das größte europäische Infrastrukturprojekt für E-Mobilität beworben und sind es auch geworden am Ende des Tages über eine EU-Förderung. Es gibt natürlich auch nationale, regionale und sogar lokale Förderung in ganz unterschiedlicher Form, in ganz vielen Ausprägungen. Aber das ist mal das größte Projekt. Europe E nennt sich das, by the way.
Patrick Setzer: Ihr seid in 24 Ländern, hast du gesagt. Wie viele Mitarbeiter habt ihr zurzeit?
Michael Hajesch: Wir sind etwas über 60 Mitarbeiter. Wir haben natürlich, und das kann sich jeder dann auch ausrechnen, ein sehr, sehr großes Partnernetzwerk für die unterschiedlichen Gewerke, für den Betrieb, auf der Hardwareseite. Also wir sourcen die Hardware von Lieferanten. Wir haben Partner für den Betrieb unseres Backends, unseres Ladedienstes sozusagen, aber auch für Service Maintenance und ganz viele andere Themen.
Patrick Setzer: Die IT bzw. die Technik gehört am Ende aber doch euch oder gehört ihr auch den Partnern?
Michael Hajesch: Nein, nein, um Gottes Willen. Also das ist natürlich in unserem Verantwortungsbereich. Also Beispiel die Ladesäulen, die kaufen wir, aber natürlich sind es dann unsere Assets, die wir dann betreiben.
Patrick Setzer: Und sprecht ihr schon über Umsatz?
Michael Hajesch: Nein.
Patrick Setzer: Okay. Nach welchen Kriterien wählt ihr denn Orte aus, wo ihr die, also generell mal welche Länder ihr wählt und dann vielleicht auch welche Orte ihr für die Ladestation selbst wählt?
Michael Hajesch: Naja, also man kann sich ja ausmalen, dass wenn man 400 Stecknadeln mal an den Hauptverkehrsachsen an Europa platziert, dass man damit durchaus noch den einen oder anderen Blank Spot hat. Wichtig ist, dass wir so im Durchschnitt alle 120 Kilometer eine Station anbieten, dass wir eben die Hauptverkehrsrouten bedienen, da wo der meiste Traffic ist, dort auch ein Lösungsangebot oder ein Ladeangebot machen. Und wenn wir das dann über die 24 Länder verteilen, dann ist immer noch die Frage, wie sieht es denn lokal an der einzelnen Stecknadel, an dem einzelnen Ladeort wirklich aus? Ist der Netzanschluss da? Ist die Netzleistung da? Wie gut sind die Einrichtungen des potenziellen Standortpartners? Wo auf der Location komme ich denn hin als Ionity? Also ich mache ein Beispiel. Irgendwo ganz am Ende einer großen Autobahnrastanlage hinter den Trucks, am Ende, wo es dann wieder auf die Autobahn geht, zu stehen, ist mit Sicherheit aus Kundensicht nicht der präferierte Standort und damit auch nicht unser Standort. Wir wollen immer so nah wie möglich an das Gebäude, an das Hauptgebäude ran, mit entsprechendem Licht, mit entsprechendem Komfort, sodass da auch der maximale Kundennutzen entsteht.
Patrick Setzer: Und ihr fokussiert euch aber auf Europa oder ist das auch ein internationales?
Michael Hajesch: Wir sind heute voll auf Europa fokussiert und haben auch keine weiteren Ambitionen bis jetzt weiter zu expandieren.
Patrick Setzer: Wie kommt das, weil die Gesellschafter sind ja auch Amerikaner dabei, richtig?
Michael Hajesch: Ja genau, Ford ist auch unsere Gesellschaft.
Patrick Setzer: Die hätten doch vielleicht auch Interesse, dass Ionity in den USA ist.
Michael Hajesch: Natürlich. Also in den USA gibt es ja auch andere Netzwerkbetreiber, Electrify America, ChargePoint und andere. In Asien gibt es auch schon große Netzwerkbetreiber, StarCharge, Southern Grid, State Grid, die hier signifikant Infrastruktur aufbauen. Und eben mit der Mannschaft und mit dem Fokus Europa, und Europa ist ja ein Riesenpotenzial, wenn man sich mal den Energiemarkt anschaut, der zukünftig notwendig ist oder die Energiemenge, um die individuelle Mobilität und dann aber auch den Lastverkehr zu befähigen. Ich glaube, das hat genug Potenzial. um die Firma voranzubringen.
Patrick Setzer: Jetzt hast du es erwähnt, Electrify America ist zum Beispiel ein Wettbewerber. Tesla hatten wir schon. Habt ihr denn sonst noch große Wettbewerber aus den USA, die vielleicht nach Europa kommen könnten?
Michael Hajesch: Gut, ich meine also Chargepoint ist ja auch in Europa aktiv. Sind auch dort entsprechend mit ihren Services und Dienstleistungen unterwegs. Und die kommen ja auch aus dem Engineering. Also die sind ja auch Lade-Hardware-Hersteller und bieten den kompletten Service an. Ein etwas anderer Ansatz, als den wir gewählt haben.
Patrick Setzer: Gibt es denn jemanden, der auch mit dieser Ladestärke als USP im Markt antritt in Europa?
Michael Hajesch: Also wir sehen erste Stationen, die auch 350 kW Ladeleistung anbieten, aber eben vereinzelt hier und da von einzelnen Betreibern. Das als USP konsequent in Europa auszurollen, sind wir aktuell der Einzige.
Patrick Setzer: StateGrid hast du auch gerade erwähnt. StateGrid ist, für die, die das Unternehmen nicht kennen, eines der größten Unternehmen der Welt. Eine Million Mitarbeiter in China, auch der größte Ladeinfrastruktur-Provider meines Kenntnisstandes nach in China. Geht ihr in Richtung China? Ist das ein Thema für euch?
Michael Hajesch: Wie schon gesagt, aktuell fokussieren wir unsere Geschäftstätigkeit in Europa. Was die Zukunft bringt, was wir vielleicht in drei, vier, fünf Jahren mal machen, das wird die Zeit zeigen. Aber nochmal, Europa hat so viel Potenzial. Ich glaube, da haben wir eine Menge noch zu tun.
Patrick Setzer: Und abgesehen von Ladeinfrastruktur oder was ist eure Vision auf einen 5- bis 10-Jahres-Horizont? Was habt ihr noch so für Themen?
Michael Hajesch: Also rein technologiegetrieben bieten wir heute schon Testing-Services an. Also wir werden im neuen Jahr, also in 2020, auch eine eigene Testzeit aufbauen und in Betrieb nehmen. Und natürlich im Eigeninteresse, sage ich mal, die Infrastruktur zu qualifizieren, zu testen, zu gucken, wie ist die Interoperabilität mit dem Fahrzeug. Das ist der absolute Kern, den wir absichern müssen mit den Herstellern gemeinsam, damit nämlich am Endkunde beides zusammenpasst, das Auto und die Ladeinfrastruktur. Und da werden wir Testservices entsprechend anbieten und auch uns dort weiter qualifizieren. Es kann aber auch gut sein, dass wir natürlich noch weitere Services anbieten.
Patrick Setzer: Wenn man wirklich mit 350 kW lädt und hat diese riesen Batterie von 100 kWh, dann dauert es ja immer noch 20 Minuten. In 20 Minuten kann man viel machen. Habt ihr im Plan, dass ihr vielleicht Entertainment-Dienste, Restaurants, solche Themen angeht? Services im ganz weiteren Sinne, die eigentlich nichts mehr direkt mit der Ladeinfrastruktur zu tun haben?
Michael Hajesch: Also absolut. Ich sage mal, das klassische Schlagwort Location-Based Services, in dem Fall an der Ionity-Station, die an der Autobahn steht. Der unmittelbare Wurf ist ja, da gibt es ja schon Restaurant oder Betriebe oder Cafés. Deren Angebote auch in unser Frontend zu integrieren, ist definitiv ein Weg. Werbung on-site ist ein anderer Weg. Wir reden aber auch über das Thema Autoreinigung, Autowaschen etc., was man natürlich in 20 Minuten wunderbar bewerkstelligen kann, eben während dem Ladevorgang. Das sind alles Überlegungen, erste Ideen, wann und wie wir sie kommerzialisieren und wirklich realisieren, das wird die Zukunft zeigen.
Patrick Setzer: So, jetzt haben wir gerade die 10-Jahres-Perspektive aufgemacht. Auf eine 10-Jahres-Perspektive fahren in den Autobahnen sicherlich auch autonome Autos rum. Wie könnte denn ein autonomes Auto mit Ionity interagieren?
Michael Hajesch: Stellen wir uns doch mal vor, wenn der Kunde schon am Shop oder am Restaurant auf der Autobahn aussteigt und das Auto dann autonom zum Laden fährt, dann brauchen wir natürlich eine Ladevorrichtung, eine Roboter-Ladevorrichtung gegebenenfalls, die vollautomatisch funktioniert und der Kunde dann eben die Nachricht auf sein Smartphone bekommt, A, Ladevorgang ist gestartet, erfolgreich und B, ist irgendwann abgeschlossen, sodass er dann entsprechend wieder zurückgeht. Das sind natürlich keine Hirngespinste, da gibt es schon erste Überlegungen und auch erste Entwicklungen am Markt dazu und auch auf das müssen wir uns definitiv vorbereiten.
Patrick Setzer: Wie stelle ich mir so einen Roboter vor? Das ist sicherlich keine Person mit zwei Beinen, die dann Ladestützen sucht, sondern?
Michael Hajesch: Da gibt es verschiedene Lösungskonzepte. jetzt mal gesprochen. Das eine ist, ich nehme das klassische Kabel, was auch funktioniert, wenn eben kein autonomes Fahrzeug kommt. Ein Roboterarm, der das Kabel nimmt, die Tank- oder die Ladeklappe öffnet und dann entsprechend einsteckt.
Patrick Setzer: Das habe ich mal von KUKA gesehen.
Michael Hajesch: Zum Beispiel im Sinne der Effizienz oder auch vielleicht, um das Ganze baulich ein bisschen anders zu gestalten, kann man sich natürlich auch eine Beladung von unten vorstellen, dass wenn das Auto sauber positioniert ist, der Ladestecker eben von unten in das Auto eingeführt wird. Und das Auto von unten belädt. Das sind alles Ideen, die man sich gut vorstellen kann. Wo die Reise hingeht, das wird dann die Entwicklung zeigen.
Patrick Setzer: Das kennen wir ja teilweise schon vom induktiven Laden in der Garage. Gegenzug zum konduktiven Laden, was wir jetzt die ganze Zeit beschrieben haben. Absolut. Siehst du denn induktives Laden als den Weg nach vorne?
Michael Hajesch: Also induktives Laden hat natürlich einen sehr charmanten Use Case, sehr komfortabel. Ich brauche kein Kabel mehr anpacken. Das Auto wird sich wahrscheinlich selbstständig positionieren über die Ladeplatte. Dann wird ein magnetisches Feld zur Energieübertragung aufgebaut. Gerade für Parkhäuser, Parkgaragen, wo man eben nicht jedes Mal das Kabel aus dem Auto vorne rausholen will, dann anstecken und starten. Das ist natürlich eine tolle Lösung, insbesondere in Kombination mit autonomen Anwendungen.
Patrick Setzer: Allerdings hat induktives Laden momentan eine Grenze von 7 Kilowatt oder irgendwas.
Michael Hajesch: Ja, 7 bis 11 kW würde ich sagen.
Patrick Setzer: Und dann sind wir wieder beim Gegenteil von dem, was Ionity anbietet. Also heißt Ionity wird erstmal nicht in Richtung induktiv gehen?
Michael Hajesch: Also gerade auf der Langstrecke, wo schnelle Ladezeit relevant ist, werden wir am konduktiven Laden nicht vorbeikommen.
Patrick Setzer: Hört sich sehr spannend an. Ich wünsche euch sehr viel Erfolg. Vielen Dank, Michael.
Michael Hajesch: Vielen Dank dafür.