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Patrick Setzer: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Mobility-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Patrick Setzer, ich bin seit 20 Jahren im Startup- und Digitalgeschäft tätig und berate und begleite heute mit der Digital Entry GmbH Mittelstandsunternehmen und Konzerne als Partner an der Seite bei Planung, Aufbau und Kauf von innovativen Geschäftsmodellen und Startups. Ergänzend schreibe ich als Kolumnist im Manager Magazin über die globale Startup-Szene und hier bei Digital Kompakt habe ich mir für die Podcasts, die in Deutschland und Europa wichtigste Branche rausgesucht, die unter konstantem Dauerfeuer von disruptiven Ideen und innovativen Startups ist, nämlich die Automobil- und Mobilitätsbranche. Und in diesem Umfeld kam im November eine ganz kleine, unbeachtete Nachricht raus, die da lautete, dass Google Maps in Zukunft in seinem nächsten Update des Kartendienstes die Ladesäulen für Elektroautos mit anzeigt. Schöne Sache, nicht weiter erwähnenswert, denkt man. Maps zeigt ja auch Tankstellen, Restaurants und Museen an. Im größeren Zusammenhang wählt sie aber auch Routenzuladesäulen aus und prüft zum Beispiel Kompatibilität mit dem eigenen E-Auto und ist insgesamt nur ein kleiner Teil einer sehr großen Gesamtlösung, deren Hauptplattform Android Automotive heißt, die noch viel mehr kann. Anders als Apple CarPlay oder das parallel existierende Android Auto, was man zuvor vielleicht mal gesehen oder gehört hat, ersetzt Android Automotive das Betriebs- und Infotainmentsystem im Auto komplett und tauscht es also mit einer Oberfläche aus, die wir von unseren Handys ähnlich kennen. Ist doch gut, wenn das Handy ähnlich und voll integriert ist, mag man da denken, besonders als Autofahrer. Doch was denken eigentlich die Autohelfer? Hersteller über diesen Schritt, ist das nicht der Abschied von jedem digitalen Zugang zum Kunden der Zukunft, beziehungsweise eher sogar der Einstieg ins margenunattraktive Geschäft, bei dem die Autohersteller nur noch die Autohülle herstellen und die großen Digitalkonzerne aus China und den USA den Rest des Geschäfts kontrollieren. Heute geht es im Mobility-Podcast also um das C in unserer ACES-Nomenklatur, also dem Connected Car. Und dazu habe ich einen sehr guten Experten gefunden, der gleichsam in der Mobile- wie auch in der Automobile-Industrie im Herzen der IT gearbeitet hat und ähnlich wie ich die Startup- und die Konzernwelt kennt. Und daher freue ich mich besonders auf dieses interessante Gespräch. Herzlich willkommen, Thom Brenner.
Thom Brenner: Vielen Dank, Patrick.
Patrick Setzer: Thom, du warst in einem Location-Based-Startup hier in Berlin tätig, was von Nokia übernommen wurde. Hast bei BMW digitale Dienste ins Auto gebracht. Umreiß doch mal bitte deinen beruflichen Lebensweg von Anfang an.
Thom Brenner: Gut, der ist schon relativ lang. Ich versuche das mal kürzer zu machen. Aber was ganz interessant ist, meine erste Berührung eigentlich mit digitalen Karten, sogar nicht nur mit digitalen Karten, sondern mit digitalen 3D-Karten war, bevor es Google Earth gab und war auch bevor es Google überhaupt gab. Also insofern reicht das Thema Karten und Mobilität bei mir schon relativ lang zurück, bis ins Silicon Valley sogar, aber im Zusammenhang mit einer Berliner Firma damals. Ich habe dort im Prinzip angefangen mit Virtual Reality Simulationen von urbanen Umgebungen, inklusive Verkehr. Die Idee war damals, dass man sich Karten, 3D-Karten nimmt, um Projekte zu visualisieren, um Probleme zu verstehen in urbanen Räumen.
Patrick Setzer: In welchem Jahr war das dann?
Thom Brenner: Das war im Jahr 1996, 97, so in dem Dreh.
Patrick Setzer: Da sprechen wir also in einer Ära, wo Multimedia-Kiosksysteme und CD-ROMs die Basis für Daten waren.
Thom Brenner: Genau, genau, genau. Hatte dann lange Jahre mein eigenes Start-up, bin über den Verkauf an Nokia dann bei Nokia gelandet und wieder auch sehr im Herzen von Karten, weil hier in Berlin Nokia letztendlich sich um Karten und Navigation gekümmert hat. Also wie kriegen wir Karten und Navigation auf mobile Geräte? Ist jetzt eine ziemliche Selbstverständlichkeit, war aber vor, sage ich mal, weiß ich nicht, 20 Jahren überhaupt keine Selbstverständlichkeit, dass man das kann und dass man, sage ich mal, diese Informationsqualität letztendlich auf mobilen Geräten hat.
Patrick Setzer: Was war das für ein Startup? Wie hieß das?
Thom Brenner: Meine Firma hieß BitSight. Wir haben im Prinzip, sage ich mal, Professional Services viel angeboten. Wir haben Unternehmen geholfen, bestimmte mobile Lösungen zu realisieren, auch dann schon im Kartenumfeld. Haben aber uns zum Beispiel auch mit Fototechnologie oder Imaging-Technologie beschäftigt und waren die Ersten, die im Prinzip eine automatische Panorama-Funktion hatten und die Technologie dafür, mehrere Jahre bevor Apple das letztendlich irgendwann in sein iPhone eingebaut hat. Also wir haben eigentlich immer sehr viel mit innovativen Dingen, sehr an der Kante von der Machbarkeit gearbeitet.
Patrick Setzer: Okay, und danach?
Thom Brenner: Genau.
Patrick Setzer: Warst du dann bei Nokia angestellt?
Thom Brenner: Genau, danach war ich bei Nokia. und wie das so ist, wenn man, sage ich mal, aus eigenem Unternehmen, eher kleineres Unternehmen, Startup kommt, war das natürlich eine spannende Erfahrung, in doch einen relativ großen Konzern zu gehen. Also Nokia ist schon ein sehr großes, weltweites Unternehmen gewesen und Ist allerdings auch schon eine Zeit gewesen, 2009, als natürlich der Druck durch Apple und vom iPhone stieg und auch nicht mehr so ganz klar war, wie man dafür Lösungen findet und wie man sich bewegt und sich die Welt für Nokia auch massiv geändert hat. Und so vom Gefühl kann man schon beschreiben, dass da, sage ich mal, ein erheblicher Druck da war und auch irgendwann natürlich so eine Abwärtsspirale einsetzte. die nur sehr, sehr schwer aufzuhalten war. Es gab ja sehr bekannt viele große Versuche dann auch zusammen mit Microsoft, irgendwie, sage ich mal, das abzuwenden und wieder zurückzukommen, ist letztendlich aber trotz massiver Invest gescheitert. Das sind auch sehr spannende Dinge zu sehen und sich zu fragen, was sind die Faktoren eigentlich da, was kann man daraus lernen? und das gibt es weitere Industrien, die erheblich unter Druck stehen.
Patrick Setzer: Wie lange warst du denn bei Nokia insgesamt?
Thom Brenner: Ich war fünf Jahre bei Nokia.
Patrick Setzer: Und bist du weiter Geschäftsführer deiner Einheit geblieben oder bist du dann in den Konzern rein?
Thom Brenner: Nein, ich war wirklich im Konzern mit eigenen Teams und mit neuen Mitarbeitern natürlich, also nicht nur meinen alten Kompagnons sozusagen und Mitarbeitern aus dem eigenen Unternehmen. Und Nokia hat sich ja auch sehr schnell dann immer wieder verändern müssen und weiterentwickelt. Also wie das dann in großen Konzernen ist, wird dann auch viel umorganisiert und umgebaut und man übernimmt dann die Verantwortung. Am Ende hatte ich die Verantwortung letztendlich für alle Consumer Assets, also alles, was Konsumenten aus der Location Unit in die Hände bekommen haben. Ob das jetzt im Web war, ob das auf den Mobiltelefonen war. Genau.
Patrick Setzer: Das ist eigentlich auch die große Parallele in unserem Leben. Beide mal im Location-Based-Startup und beide sozusagen dann im Konzern auch mal gewesen. Relevante Erfahrungen, die man da sammelt.
Thom Brenner: Ja, auf jeden Fall. Ich würde das auch auf keinen Fall missen wollen, weil ich glaube, es gibt schon Aspekte, die man dort lernt und sieht. Und auch teilweise Handwerkszeug, was man lernt, was man nicht so gut sozusagen in einem eigenen Unternehmen lernen kann oder in einem kleineren Unternehmen.
Patrick Setzer: Und wie kam dann der Schritt von Nokia zu BMW?
Thom Brenner: Na, ich habe Nokia letztendlich verlassen, als klar wurde, dass letztendlich Nokia alle Geräte an Microsoft, also das gesamte Asset um die Mobiltelefone herum an Microsoft verkauft. Und dann auch eigentlich klar war, es gibt da so für Consumer nicht mehr so wirklich viel zu tun auf der Nokia-Seite. Und habe dann nach einer kurzen Pause letztendlich Kontakt zu BMW bekommen und es war klar, dass dort irgendwie etwas Neues gestartet wird im Digitalumfeld, dass auch digitale, sag ich mal, Erfahrung gebraucht wird in der Automobilindustrie, ist relativ klar. Das war auch schon vor fünf, sechs Jahren klar. Und habe dann gesagt, das ist doch eigentlich eine spannende Herausforderung, dort hinzugehen und zu gucken, kann ich helfen, kann ich dort was aufsetzen, was dem Unternehmen gut tut und auch der Industrie letztendlich gut tut, weil da ist hoher Veränderungsbedarf.
Patrick Setzer: Das war eigentlich ein ähnlicher Ansatz, wie ich auch zur BMW gekommen bin. Eigentlich durch die Dienste, die wir in Startups begleitet haben oder eben gut kannten im breiteren Format, die jetzt in die Automobilindustrie im weitesten Sinne zu integrieren. Ich dann eben eher extern durch Startups, die ich betreut habe im Mobility Services Bereich und du durch die Integration dieser Dienste ganz tief ins Auto rein, richtig?
Thom Brenner: Genau, also ein Thema, ich kann mich noch gut daran erinnern an meine ersten Tage bei BMW, was mich relativ schnell bewegt hat oder was irgendwie so offensichtlich wurde, war eigentlich, dass wir gesagt haben, dass das Fahrzeug, das immer mehr Konnektivität bekommt und BMW ist einer der Vorreiter in Bezug auf Konnektivität gewesen, viele, viele Jahre schon, reicht nicht, es reicht nicht nur aus, sich über das Fahrzeug, über das eigene Produkt Gedanken zu machen. und es zu connecten und zu überlegen, was ist wertvoll, was muss ich da reinbringen, sondern ich muss eigentlich das Produkt im Zusammenhang mit der digitalen Lebenswelt der Kunden sehen. Das ist eigentlich sehr, sehr schnell klar, wenn man sich das anschaut. Und das ist eine Veränderung für die Automobilunternehmen, weil natürlich ansonsten sehr viel immer, sage ich mal, das Produkt, das Fahrzeug im Zentrum steht und alles sehr fahrzeugzentrisch gemacht wird. Natürlich mit dem Interesse und mit dem Sinn, sage ich mal, des Fahrers, des Beifahrers, des Kunden, Aber das ist nochmal eine andere Welt, dass ich mich eigentlich darum kümmern muss, was ist denn eigentlich drumherum und wie funktioniert das drumherum eigentlich mit meinem immer digitaler werdenden Produkt zusammen.
Patrick Setzer: Das war tatsächlich auch mein Hauptbeweggrund, damals in die Automobilwirtschaft zu wechseln, weil ich einmal schon den Sprung gemacht hatte, was dann später unter Mobile First lief, als ich begriffen hatte, was die Erfindung des iPhones für eine Auswirkung haben wird und dass selbst das Desktop-Web, das klassische Internet, was man bis dahin so kannte, ich möchte fast sagen, disruptiv verändert wird. Und das war tatsächlich auch so. Selbst Facebook hat sich ja massiv einmal um 180 Grad gedreht. zu dem Zeitpunkt. War halt klar dieses Kontextbezogene, dass der Kanal mobile sehr viel verändern kann. Und umso klarer war mir dann, als es ums Auto geht, dass die Kontextveränderung so massiv größer ist als das kleine Handy, dass das eigentlich der wahnsinnige Hebel war, der da in Aussicht stand.
Thom Brenner: Genau. Ich finde ja auch immer sehr spannend, selber darüber nachzudenken. Man lebt in irgendeiner Zeit und überlegt, ich mache schon relativ viel mobil. Wie viel mehr mache ich? Oder buche ich mal Hotels von einem Handy, die dann durchaus auch mal 100 plus Euro kosten können? Gebe ich so viel Geld aus? Oder ist das wie am Anfang nur so ein Kleinkram, wo ich mal einen Song kaufe für einen Euro? Oder es gab mal so eine Klingelton-Ära. kann man noch ein bisschen drüber schmunzeln über die Zeit, aber man merkt dann selber, dass man sich selber auch immer wieder wachhalten muss und sagen muss, ja, das ist noch nicht da und vielleicht habe ich momentan auch das Gefühl, dass ich das nie machen werde. und jetzt guckt man zurück und sagt, die Leute shoppen sozusagen mit Amazon auf dem Handy und das Geld, was ausgegeben wird, auch über so einen mobilen Kanal, da braucht man überhaupt nicht mehr die Frage stellen und ich bin mir relativ sicher, die Leute kaufen schon Autos und Immobilien und also da ist keine Grenze
Patrick Setzer: mehr. Genau, wenn wir jetzt den nächsten Schritt nach Mobile-First zu, wo wir jetzt in der Ära Data-First sind, dann ist halt das, wenn wir das aufs Auto übertragen, ist halt noch irgendwie wahnsinnig viel mehr möglich. Die Basis dafür ist am Ende immer, dass diese Autos auch so elektrifiziert und vernetzt sind, dass da verschiedene, tausende verschiedene Dienste funktionieren. Das war ja eigentlich das Kerngriff. Du warst ganz nah an der IT-Endkundenseite dran, wie auch an der IT-Automobilseite. Beschreib dir mal kurz, wenn es diese zwei Welten gibt, sozusagen Betriebssystem im Auto und dann Dienste, die da angeflanscht werden, wie sich das bei BMW dargestellt hat.
Thom Brenner: Naja, man muss sagen, sicherlich habe ich Berührungspunkte mit beiden Seiten gehabt, war aber eher natürlich näher an der Kundenseite dran, an dieser digitalen Consumer-Welt, die ja auch für die Automobilindustrie so wichtig ist, die sich zu erschließen und die zu verstehen und die, sag ich mal, sich dort einzubetten. Aber natürlich, wenn man Dienste ins Fahrzeug bringt, kommt man immer näher ans Fahrzeug. Und je mehr die Dienste mit dem Kernfahrzeug zu tun haben und je besser sie auch mit dem Fahrzeug verschmelzen, was sie ein Stück weit auch sollten, weil das ist der Teil, wo ein Automobilunternehmen letztendlich Innovation betreiben kann. Wenn ich eigene Dinge mit dem Fahrzeug mache, wenn meine Sprachinteraktion anders ist, wenn ich andere Dinge steuern kann, wenn mein Erlebnis, meine Experience im Auto, die digitale Experience letztendlich irgendwie besonders ist, dann kommt man sehr nah an diese Fahrzeug-IT-Welt heran. Und natürlich hat ein Fahrzeug, sag ich mal, ist sehr viel komplexer von der Struktur her als vielleicht, sag ich mal, ein Handy. Handy hat andere Herausforderungen, ist sehr klein, man muss sehr viel miniaturisieren und und und. Im Fahrzeug habe ich aber natürlich eine wirkliche, ich würde mal sagen, IT-Infrastruktur. Wir reden von einem großen Set an eigentlich Kontrolleinheiten, kleinen Computern, die für bestimmte Funktionen im Fahrzeug verantwortlich sind, seien es sicherheitsrelevante Funktionen oder seien es weniger sicherheitsrelevante Funktionen. Es gibt natürlich aber auch nicht nur das Thema Sicherheit, sondern für die Automobilindustrie super wichtig Regulation. Welche Regeln gelten in welchen Ländern? Die muss ich einhalten, die muss ich nachweisen. Das ist ein sehr komplexes Produkt, das Fahrzeug. Dann gibt es einen besonderen Teil im Fahrzeug, das ist das Infotainment-System. Das ist ein Großteil der Schnittstelle, wo digitale Interaktion mit dem Fahrzeug möglich ist. ein größeres Herzstück im Auto und eine ganz besondere Rolle. Man kann sich also vorstellen, man hat diese Systeme, man hat Betriebssysteme auf jedem Kontrollrechner, der dort drin ist. Man hat das Infotainment-System letztendlich mit einer Art Betriebssystem, auf der Software läuft und auf der dann auch irgendwie, wie man es vielleicht von einem Handy kennt oder auch von einem Rechner an sich, Anwendungssoftware laufen. Sieht alles ein bisschen anders aus, wenn man die Automobilindustrie nicht kennt und auch mit ein bisschen IT-Erfahrung. Erfahrung da reinguckt, dann staunt man über manche Dinge, die da so historisch gewachsen sind. Aber prinzipiell kann man sich das vorstellen. Wenn man jetzt so ein Fahrzeug vernetzt, passiert nichts anderes als wie, sag ich mal, auch eine Handyvernetzung. Ob ich einen Service von Apple auf einem iPhone habe oder von Google auf einem Android-Telefon. Es gibt irgendwie eine Verbindung. Irgendwohin, in der Regel zu einer Art Cloud-Server, einem Backend, wie auch immer man das nennen will, einer Plattform. Und damit fange ich eigentlich jetzt plötzlich an, Funktionen im Fahrzeug, die, sag ich mal, im Fahrzeug genutzt werden, nicht nur im Fahrzeug bereitzustellen, sondern sie plötzlich auch auf dem Server, im Backend, in der Cloud bereitzustellen oder zu supporten. Simples Beispiel, früher konnte ich im Fahrzeug nur Onboard suchen. Das heißt, wenn ich eine Adresse in mein Navi eingegeben habe, wurde eine Datenbank, eine Kartendatenbank im Fahrzeug nachgefragt, nachdurchsucht und letztendlich die Adresse gefunden, dann konnte ich die Navi starten, alles lokal im Fahrzeug. Heutzutage suche ich nicht nur im Fahrzeug, sondern ich suche online. Das heißt, ich kann Adressen finden, die noch gar nicht ins Fahrzeug übertragen worden sind.
Patrick Setzer: Und das ist zum Beispiel ein Dienst, den ihr da entwickelt habt?
Thom Brenner: Letztendlich, was wichtig ist, ist zu verstehen, die Fahrzeugentwicklung hat natürlich klassisch in einem Fahrzeugentwicklungsbereich, in einem Unternehmen, auch bei BMW, da gehören all diese IT-Systeme dazu, die eigentlich im Fahrzeug sitzen. Ich brauche die sicherheitsrelevanten und ich brauche auch die Infotainment-Funktionen. Und dann geht es halt darum, wie kann ich dort eigentlich Dienste frisch aktuell halten, neue Dienste entwickeln, um möglichst sozusagen auf einer sehr sicheren Plattform, wenn man so will, auch wie auf einem Telefon, vergleichbar zum Telefon letztendlich, Dienste und Services entwickeln.
Patrick Setzer: Und wenn BMW über den Daumen 130.000 Mitarbeiter hat, wie viele Leute waren ungefähr in diesem Dienstebereich bei dir tätig und wie viele waren auf dem Infotainment-System, auf der Head-Unit ungefähr tätig?
Thom Brenner: Das kann man so nur schwer sagen, weil die Automobilindustrie hat Strukturen, die sind halt unheimlich fein geschnitten. Das heißt, ich brauche unheimlich viele Leute eigentlich im Unternehmen, um letztendlich Dinge in das Fahrzeug zu bringen. sodass man eigentlich immer abteilungsübergreifend oder bereichsübergreifend arbeiten muss. Und dadurch werden die Dinge sehr groß. Die Frage ist, ich muss eigentlich die Leute mit reinzählen, die zum Beispiel die Prüfungen für die Fahrzeuge machen, mit den Fahrzeugen fahren, die Sicherheitsprüfungen machen. Und das wird ganz schnell ganz groß. Also insofern, glaube ich, kann man es wenig vergleichen mit dem, was man vielleicht jetzt so gefühlt von einem anderen Unternehmen erwarten würde. Ja, da gibt es so eine Abteilung, die macht X.
Patrick Setzer: Genau, zu den Organisationsthemen gehen wir gleich nochmal in die Tiefe, weil das natürlich eine Kernfrage ist. Innovation im Konzern aufgeschlüsselt in solchen Riesenorganisationen ist kompliziert. Vorher vielleicht nochmal kurz. Generell dieses ganze Thema Sicherheitssysteme, Connected Car, kam auf 1996. Bei General Motors war das das erste Mal, dass man das gehört hat. Die haben sozusagen ein Connected Car erfunden, zusammen mit Motorola einen Chip ins Auto reingebracht, um eben in Gefahrensituationen die Sicherheit der Passagiere zu erhöhen. Durch Notrufkommunikation, durch Bremssysteme, solche Themen kamen 1996 das erste Mal da auf. So, jetzt haben wir gehört, dass BMW das Thema auch hat. Weißt du zufällig noch, seit wann BMW generell in diese Connected-Car-Thematik rein ist?
Thom Brenner: Ich glaube, es war auch Ende der 90er Jahre und zwar dann erst mal im Produkt Anfang der 2000er. Zahlen habe ich jetzt nicht im Kopf, aber so Pi mal Daumen.
Patrick Setzer: Also das Thema ist schon älter, aber eigentlich mit dem Thema Mobile kam auch im Auto das Thema auf, dass man die Dienste, die man im Mobile sieht, dass man die natürlich und noch viel mehr genauso ins Auto integrieren kann. So, jetzt kommen wir mal zu den Details deiner Dienste. Das nannte sich die Companion App, kann ich mich erinnern. Eine Companion App ist eigentlich eher ein Standard, ein gattungsgenerischer Begriff, der in der Autowelt benutzt wird für Apps, die im Zusammenhang mit dem eigenen Auto stehen, richtig?
Thom Brenner: Ja. Genau, das gibt es an vielen Stellen ja sozusagen Companion Apps, die Produkte eigentlich begleiten. Sie hieß offiziell BMW Connected App letztendlich. Wir haben natürlich immer versucht, das aus der Kundensicht zu verstehen und zu überlegen, was macht eigentlich ein Kunde an? Wo? Und vor allen Dingen, welche Dinge macht er nicht im Auto? Und da kann natürlich sowas wie eine App, die letztendlich auf dem Telefon heutzutage einfach immer dabei ist. Wir haben auch nicht mehr ein großes Konnektivitätsproblem auf dem Telefon. Das heißt, wir sind auch immer bereit zu kommunizieren von diesen Geräten. Kann natürlich unheimlich helfen, wenn ich mich darüber nachdenke, was mache ich wann und wo? Und da gibt es auch ein schönes Beispiel, nämlich zu sagen, also nehmen wir an, ich muss irgendwo hinfahren. Und ich fahre da auch nicht so oft hin, ich kenne mich nicht so gut aus, ich weiß nicht, wie der Verkehr irgendwie ist da zu der Zeit. Und dann ist das sehr spannend, darüber nachzudenken, dass diese Entscheidung, wann ich losfahren muss, die treffe ich ja niemals im Auto. Weil wenn ich im Auto sitze, dann ist es unter Umständen zu spät. Wenn ich erst im Auto gucke, wie lange ich da hinfahre, dann ist es zu spät. Das heißt, das ist so ein kleines, ganz simples Beispiel, wo man sieht, dass man eigentlich mit dem Thema Navigation im Fahrzeug raus muss. Man muss eigentlich den Kunden vorher abholen oder man muss akzeptieren, dass dieses Angebot wird von anderen Angeboten, von Google Maps, Apple Maps, hier Maps, irgendjemandem anders, der mir diese Informationen gibt, die dann aber unter Umständen natürlich nicht nahtlos wieder mit dem Auto zusammen funktioniert, weil ich schon mal auf dem Handy etwas nachgucke, aber mein Auto gar nicht weiß, dass ich das nachgeguckt habe. Das wäre ja eigentlich viel schöner, wenn es erstens dieselben Zeiten sind, dieselbe Routenberechnung, ich die gleiche Empfehlung kriege. Und wenn ich es schon mal angeguckt habe, vielleicht mein Auto auch weiß, dass das meine Intention ist und mich fragt, willst du da immer noch hinfahren?
Patrick Setzer: Was da nicht selbstverständlich ist, ist der Kundenfokus, den du da gerade in den Vordergrund rückst. Weil ihr habt sozusagen Customer Journeys in den Start gelegt. Erstmal, was will denn der Kunde, was hat denn der Kunde für Probleme? Das ist ja sicherlich auch ein kleiner kultureller Bruch gewesen mit der Automobilindustrie.
Thom Brenner: Ja, ich würde es nicht ganz so pauschal sagen, weil es gibt natürlich einfach viele Ecken und viele Mitarbeiter, die sich auch durchaus mit den Intentionen und den Bedürfnissen der Kunden beschäftigen. Es gibt natürlich auch viele Mitarbeiter und verständlicherweise, die sehr stolz auf die Produkte sind, die sich dann einfach interessieren. sehr mit dem Produkt an sich beschäftigen und das toll machen und manchmal dann vielleicht einmal zu wenig irgendwie Richtung Kunde schauen. Das gibt es durchaus. Wichtig ist und ich glaube, das Wichtigste Neue daran ist, dass man sagen muss, mein Produkt muss in dem digitalen Leben der Kunden funktionieren. Wenn mein Kunde ein Android-Handy hat, dann muss ich das adressieren und muss gucken, wie ich da diese Brücken baue und welche Brücken ich baue. Wenn er ein iPhone hat, dann muss ich letztendlich mich an ein iPhone andocken. Und wenn Informationen schon da sind, also auch so für mich sind solche Dinge, wenn ich das schon mal getippt habe irgendwo, dann möchte ich es im Auto nicht nochmal tippen. Das sind so ganz simple Dinge, wo ich eigentlich Barrieren wegnehmen muss, um Dinge besser zu machen. Simpler zu machen im Leben und letztendlich irgendwie auch das Erlebnis um das Auto und mit dem Auto zusammen und mit dem, was das Auto alles kann, besser machen.
Patrick Setzer: Spannend daran, finde ich, wie man zu diesen Customer Journeys kommt. Wie seid ihr denn vorgegangen, um Kundenprobleme zu erkennen und dann mit den neuen Kanälen zu lösen?
Thom Brenner: Also da gibt es ganz viele Quellen. Man kriegt natürlich Feedback zu existierenden Produkten. Es werden Studien gemacht. Wir haben auch sehr viele simple Dinge gemacht, Interviews mit Kunden gemacht. geführt und versucht sozusagen uns an diese problemfelder und an die sage ich mal bedürfnisse der kunden heranzuarbeiten. und die idee ist da einfach vor allen dingen dass man sich damit beschäftigt wie gehen die kunden mit dem produkt um wie nutzen sie es und wo sind eigentlich dinge die noch nicht so gut funktionieren die ich besser machen kann? weil an vielen stellen kann ich die kunden nicht fragen was sie wollen sondern ich muss irgendwie er an vielen stellen beobachten wie Wie wird mit bestimmten Dingen umgegangen? Und wenn ich dann merke, das nervt ziemlich, dass ich gerade irgendwie auf dem Telefon eine Adresse eingetippt habe, der sagt mir, ich fahre da 35 Minuten hin, jetzt gehe ich ins Auto, möchte aber gerne die Navi mit dem Head-Up-Display nutzen und nicht nur mein Telefon da andocken und dann tippe ich das im Prinzip de facto nochmal.
Patrick Setzer: Die Kunden kommunizieren das ja häufig nicht, aber genau wie du beschreibst, man liest es aus dem Kundenverhalten. Welche Tools habt ihr denn benutzt, um so eine Customer Journey oder einen Abbruch oder einen, ich sage jetzt mal einfach gesprochen, einen genervten Kunden zu erkennen, um dann ein Problem und dann auch eine Lösung zu bauen?
Thom Brenner: In der Digitalindustrie ist man gewohnt, dass man letztendlich die Produkte gut analysiert. Das heißt, man baut sich Tools, Analytics, man baut sich auch Testumgebungen, wo man letztendlich mit Kunden beobachtend anschauen kann, wie gehen Kunden mit Produkten um. Wenn ich eine Webseite habe, dann ist relativ klar und jeder versteht das in der Digitalindustrie, dass ich eigentlich Informationen zurückkriege, Wo hat der Kunde geklickt? Wo hat er plötzlich aufgehört, weil er es nicht mehr verstanden hat? Oder wo sehe ich eigentlich auch aus Daten? Also eine große Rolle spielt das Thema Analytics und das ist auch etwas, was man natürlich dann in dieser Industrie erstmal noch nicht so vorgefunden hat. Da muss man erstmal drüber reden und sagen, hey, so würden wir das machen, wie so aus digitalen Produkten kommen. Und wir haben dann natürlich die Dinge, die wir neu gebaut haben, von Anfang an so gebaut, dass wir ein gutes Verständnis dafür kriegen. Da geht es auch nicht um Kundentracking oder Kunden, letztendlich Daten, sondern da geht es darum, Produkte zu verstehen. Performen die Produkte? Die Automobilindustrie macht das auf der Autoseite sehr gut. Die haben natürlich ein sehr gutes Verständnis davon, wie die Fahrzeuge funktionieren. Dafür sind die viel zu sicherheitsrelevant und viel zu komplex. Aber das muss ich halt auch mit diesen, sag ich mal, eher Infotainment-Funktionen machen.
Patrick Setzer: Ich habe ja bei BMW unter anderem den Digital-Parkdienst Parknow verantwortet, durch den das Auto ortsbasiert sozusagen selbst erkennt, dass es in einer Parkzone steht und entsprechend das Auto oder man selbst vom Auto gefragt wird, ob man den Parkvorgang jetzt für x Euro starten möchte. Gute Lösung, die heute auch in jedem BMW vorinstalliert ist, weil Parktickets bezahlen ist kein Genuss. Allerdings der Weg, bis man sich sein Auto, sein Handy und die verschiedenen Dienste dann im Auto aktiviert und registriert hat, das war ein Albtraum. Sodass die Nutzungsquote eigentlich relativ unter der der Chancen des eigentlichen Dienstes lag. Das muss aber eigentlich bei euch ähnlich gewesen sein, oder?
Thom Brenner: Also man hat natürlich viele Hürden und die Hürden sind manchmal auch technische Hürden, weil man erstmal Dinge sozusagen beheben muss und die vor allen Dingen Veränderungen auf der Fahrzeugseite dauern, weil ich damit in den ganz normalen Fahrzeugproduktionsprozess komme und bestimmte Dinge anpassen muss.
Patrick Setzer: Der Fahrzeugproduktionsprozess ist sieben Jahre, oder? Ist der noch so lang?
Thom Brenner: Nee, der ist sehr viel schneller schon geworden, kann man gut halbieren, glaube ich, im Endeffekt mittlerweile.
Patrick Setzer: Haben ein paar Chinesen auch schon gezeigt, die sogenannten I-Stufen bei BMW.
Thom Brenner: Genau. Mittlerweile gibt es auch Updates. Also ich kann ja sehr viel mehr vom Fahrzeug updaten, was ich vorher auf der Software sah. Ich kriege keine neue Hardware rein, aber ich kriege zumindest mal neue Software rein. Und das geht schon auch ein paar Mal pro Jahr jetzt mittlerweile. Also insofern, da ist auch, muss man auch ehrlicherweise sagen, viel, viel, viel passiert in den letzten fünf bis zehn Jahren. Und man kann einige Dinge davon anpacken. Ja, aber klar, wir haben die gleichen Probleme gehabt. Wir mussten halt ein Handy mit dem Fahrzeug koppeln, wir müssen uns einen Account einrichten, anlegen und, und, und. Also wenn man sich das anschaut sozusagen, dann will man am Anfang natürlich möglichst viel davon aus dem Weg schaffen und einige Dinge davon dauern einfach etwas länger, weil man auf das Fahrzeug angewiesen ist.
Patrick Setzer: Darf man eben auch nicht vergessen, dass Legacy, Tesla keine Legacy hat. Tesla kann einfach sagen, wir bauen jetzt die Plattform neu und ist halt so, wie man im Jahr 2016, 17 einen Standard bauen würde. Das ist natürlich anders, als wenn man in den 90ern, wie wir gerade besprochen haben. eben schon angefangen hat, verschiedene Plattformen in einem Auto praktisch zu installieren. Und die jetzt zu integrieren, das ist sozusagen die Aufgabe. Aber ich nehme auch an, spätestens eigentlich mit dem VW-Baukasten 2021, würde ich mal annehmen, wird der erste deutsche OEM eine wirklich komplett neue Infrastruktur, die digital oder online und offline Welt vereint abbildet, oder?
Thom Brenner: Also ich würde mal hoffen, dass alle, sag ich mal, nicht nur die Deutschen, auch die europäischen OEMs schaffen, weil ich glaube, das ist einfach zwingend notwendig, sag ich mal, dass man diesen Teil auf einen Status hebt, der wettbewerbsfähig ist mit Leuten aus der Digitalindustrie, weil da entsteht der Wettbewerb gerade.
Patrick Setzer: Prima, aber lass es uns, bevor wir dazu kommen, nochmal in die Details deiner Connected App gehen. Da gab es ja sehr umfangreiche Dienste und Services, die einem Nutzer Mehrwert im Auto stiften. Beschreib doch mal ein, zwei Customer Journeys vielleicht und den Mehrwert.
Thom Brenner: Genau, also es gibt mehrere Bereiche, die die Connected App jetzt letztendlich abdeckt. Ein großer Bereich, den haben wir auch nicht erfunden, den gab es schon, da waren die Fahrzeuge auch schon für befähigt, ist zum Beispiel Remote-Funktionen, also Dinge, die ich mit dem Auto machen kann, ohne dass ich am Auto bin. Man kann sich vorstellen, man guckt so einen Bereich von Funktionen an, ich bin weit weg. Oder ich bin am Auto, aber noch nicht drin und ich bin im Auto. Für all diese, sag ich mal, eher räumlichen Themen kann ich Funktionen finden. Remote-Funktionen, ganz simpel, ich kann das Auto vorheizen, wenn ich im Winter losfahren muss, im Prinzip aus der App. Oder ich kann das Auto auch mal, ein gutes Beispiel, mein Auto, Mein Sohn fährt gerne Snowboard und Ski und die liegen halt immer hinten im Auto drin. Und auch wenn ich oben auf dem Berg bin und er keinen Schlüssel hat, ruft er mich an und sagt, kannst du das Auto aufmachen, ich will mal gerade tauschen. Simples Ding, ich hole mein Handy rauf, mache das Auto auf und er macht es wieder zu, das Auto ist verschlossen. Also ein simples Beispiel, da gibt es eine ganze Reihe von Themen. Das Thema, sag ich mal, Abfahrtszeiten und letztendlich Verkehrsinformation ist natürlich, habe ich vorhin schon genannt, wichtig. Wir haben halt angefangen, den Kunden die Chance zu geben, dass wir sie benachrichtigen, wenn man zu einem Ziel fahren will und dann letztendlich wirklich eine Notification bekommt. In zehn Minuten muss man ungefähr los, wenn man dort pünktlich ankommen will. Das ist ein anderes Beispiel, was es vorher gab. was es vorher nicht gab oder man brauchte die Ziele noch nicht mal eintragen. Wenn man es wünscht, kann man das einschalten und sobald eine vollständige Adresse im Kalender eingetragen ist, macht es das alles automatisch. Also ich kann, wenn ich viel fahre, sage ich mal, vielleicht auch beruflich unterwegs bin, kann ich solche Funktionen halt super nutzen und, sage ich mal, kriege Hinweise, meine Mobilität besser zu managen. Ich werde nicht überrascht, ich gehe ins Auto oder muss dann auch letztendlich kein Google Maps mehr starten.
Patrick Setzer: Und das Charmante an diesen Diensten ist, jetzt im ersten Schritt muss man die Themen ja alle händisch, manuell eingeben oder im Handy vorher programmieren. Auf eine Langfristperspektive ist das halt der erste Schritt, der über die Voice-Themen dann abgebildet wird und dann wirklich in ein Convenience-Thema übergeht, dass man eigentlich das nicht mehr als Aufgabe oder Arbeit empfindet, sondern dass das Auto das mehr oder minder alles selbstständig macht. Dass es dir eigentlich nur noch die Info gibt, jetzt gehen, damit du zum Ziel kommst, weil das weiß über den Kalendereintrag automatisch, wann dein Termin ist, welche Route es wählt und so weiter. Richtig?
Thom Brenner: Genau. Und die Sprachbedienung ist natürlich nochmal ein ganz anderes, sehr, sehr großes Thema fürs Auto, weil man sieht natürlich auch deutlich, die Autos werden komplexer. Sie bieten mehr Funktionen. Die Handbücher werden prinzipiell auch dicker, weil einfach immer mehr Dinge drin auftauchen. Und man hat auch immer mehr Bedienelemente im Fahrzeug. Also nicht nur jetzt das Infotainment-System mit einem Screen und Touch oder einem, sag ich mal, iDrive in einem BMW-Fahrzeug. Und dort einfach auch eine bessere Hilfe zu geben, schneller an Informationen ranzukommen, diesen Zugang zu Informationen und zu Unterstützung kontextuell zu machen, Das ist halt natürlich etwas, was ich mit Sprache vor allen Dingen auch während der Fahrt sehr, sehr gut machen kann. Und auch die Sprache, sage ich mal, erlaubt mir unter Umständen, mich an andere Dienste anzudocken, die außerhalb des Fahrzeugs sind, die ich aber während der Fahrt einfach mal ansprechen will oder wo ich eine Information brauche oder einen Zugang brauche. Sei es jetzt, sage ich mal, irgendwas im Bereich Smart Home. Wo ich einfach nochmal, wenn ich einen Smart Lock habe, ist es jetzt verschlossen, meine Heizung macht mein Licht an. Also da gibt es eine ganze Themenwelt, von der wir auch noch gar nicht genau wissen, wie wird sie denn eigentlich im Auto genutzt. Aber wir müssen uns eine Chance erarbeiten, in der Automobilindustrie die zugänglich zu machen. Dazu gehören zwei Dinge, wie bediene ich eigentlich Dinge im Fahrzeug und wie kriege ich die möglichst schnell und effektiv ohne lange Fahrzeugentwicklungszyklen umzusetzen. Ins umgesetzte Fahrzeug. Und wer ist vor allen Dingen für die Ökosystem-Themen außerhalb des Fahrzeugs? Weil die kann ich ja nicht selber bauen. Also ich kann als BMW keine Smart-Home-Integration bauen. Dazu habe ich einfach zu wenig Geräte auf der Straße.
Patrick Setzer: Und müsste BMW denn eine eigene Spracherkennungssoftware besitzen? Oder ist das etwas, was man einfach zukauft?
Thom Brenner: Ich glaube, das ist auch ein sehr, sehr spannendes Thema, sich damit zu beschäftigen, wie differenziere ich, wo stecke ich mein Geld hin, um meine Produkte besser zu machen? und was ist einfach Technologie, die ich einkaufe und integriere und nutze. Und da sieht man auch natürlich in der Digitalindustrie gute Beispiele, dass es bestimmte Gesetzmäßigkeiten in der Digitalindustrie gibt, dass bestimmte Dinge werden durch Skalierung getrieben.
Patrick Setzer: Also sagst du, Spracherkennung ist eine Commodity, die man zukauft?
Thom Brenner: Ja.
Patrick Setzer: Das ist ein Maßstab aller Dinge. Da sind noch ein, zwei andere Großkonzerne, Tech-Konzerne, die da mithalten können. Und auch da muss ich sagen, den Zug, den hätte man vor zehn Jahren besteigen können. Aber als Autokonzern muss man sich die Frage stellen, ist das mein Kerngeschäft? Und besonders, was kostet es? Und den hat man nicht bestiegen, vermutlich zu Recht. Aber entsprechend muss man jetzt auch sagen, da ist nichts mehr zu holen.
Thom Brenner: Genau. Und ich glaube, zumindest kenne ich auch keinen OEM, der die Intention hat, sozusagen die Sprachdomäne selber zu besitzen. Dazu ist sie, wie gesagt, wird sie auch links und rechts gebraucht, nicht nur im Auto. Aber es gibt natürlich sehr autospezifische, relevante Funktionen. Und ich kann mir auch durchaus vorstellen, dass die Art und Weise, wie ich jetzt ein Coaching im Auto mache, während gefahren wird, da kann ich unheimlich viel machen und mir überlegen, wie kriege ich die richtigen Komponenten, zusammen, um letztendlich so ein perfektes Fahrerlebnis für meine Kunden hinzubekommen und ihnen auch diese Funktionen, die ich eigentlich mitverkaufe, aber die vielleicht, sage ich mal, einfach auch gerade am Anfang zu komplex sind, weil es zu viele sind. Wie kann ich die Stück für Stück auch jemandem beibringen und Informationen statt ein Handbuch, sage ich mal, über Sprache zugänglich machen?
Patrick Setzer: Mit welcher Spracherkennung habt ihr gearbeitet?
Thom Brenner: BMW hat letztendlich einen Partner dort zuzuliefern und das ist Stand der Technologie in den Fahrzeugen drin und auch State of the Art. Da gibt es ein spannendes Thema aus meiner Sicht, die Wichtigkeit der Sprachinteraktion aus der Kundenperspektive zu erkennen. Und letztendlich ein komplett neues Erlebnis damit zu bauen und auch zu sehen, dass Sprachassistenten, wie wir sie jetzt kennen von Google und von Amazon und Siri, dass das der Benchmark ist, dass ich eigentlich da hin muss. Und dann kann ich mir rückwärts überlegen, wer sind denn die Technologiepartner, die ich dafür brauche, um damit in Wettbewerb zu stehen. Weil du nanntest es Carplay kommt mit Siri, Android Auto kommt mit Google. Das ist der Benchmark.
Patrick Setzer: Okay, ich würde jetzt gerne mal den Übergang dazu finden, wie wir solche innovativen Ideen, die es ja zweifelsohne sind, in einer Organisation auch realisieren können und zwar schnell zielgerichtet, sodass der Kunde da seine Mehrwerte hat. Es gibt ja zwei Wege, wie man sowas gehen kann. Entweder man gründet ein Startup oder kauft ein Startup extern oder man zieht die Themen intern in der Organisation hoch. Wie hat denn bei euch die Zusammenarbeit, wenn ich mich jetzt euch als wahrscheinlich Digitalo, Ex-Nokia, Truppe vorstelle mit der IT-Mannschaft aus dem Autokonzern. Wo sind da die Schnittstellen und was läuft da leicht und was läuft schwierig?
Thom Brenner: Also ich glaube, wie man sich das vorstellen muss, ist schon, dass man in eine Welt kommt, wo man über sehr viel reden muss und sehr viel verändern muss. Und immer wenn man Dinge verändern muss, wird es oft auch schwierig. Und je größer die Struktur ist, in der diese Veränderung stattfinden muss, organisatorische Struktur, desto schwieriger wird es eigentlich. Weil die Veränderung nicht nur einen Partner betrifft, sondern betrifft dann gleich zehn verschiedene Prozesspartner. Und davon muss man aber letztendlich ehrlich gesagt ausgehen, wenn man in so ein Unternehmen geht und mit der Idee im Digitalbereich zu arbeiten. Und für mich, ehrlich gesagt, war das sogar die Motivation, dort hinzugehen, weil ich finde diesen Aspekt durchaus spannend und herausfordernd. Das hat was mit Menschen zu tun. Das hat was damit zu tun, wie man miteinander umgeht. Also insofern ist das schwer. Es gibt viele Hürden. Es gibt Dinge, die man nicht schafft. Wenn ich ein Fazit ziehen soll von meiner Zeit, dann habe ich durchaus das Gefühl, dass wir wahnsinnig viel geschafft haben. Wenn man das mal alles aufschreibt, ist das wahnsinnig viel. Wenn du mich fragen würdest, ist das genug, dann würde ich sagen nein. Wenn du mich fragen würdest, ging das schnell genug, würde ich sagen nein. Also es gibt halt diese Aspekte. Auf der anderen Seite muss man sich, denke ich, auch immer wieder klar machen, dass man natürlich in so einem großen Unternehmen, was auch die Kompetenz hat, das zu tun, was das Unternehmen tut. Es ist halt auch keine Selbstverständlichkeit, 2,5 oder was weiß ich Millionen Fahrzeuge im Jahr in so einer Qualität rauszubringen, zu managen, dass sich die Zollkriege entstehen wieder in der Welt, dass ich Autos eigentlich in einem Land produziere, die ich irgendwo anders hinkriegen muss. Also das ist was, wo man dann auch als digitaler Mensch irgendwie, weil man mal so ein Stückchen auch sagen muss, hey, Hut ab und ich muss auch eine Menge lernen und verstehen, weil ich kann da nicht reingehen und sagen, hey, das läuft alles hier wie auf so einem iPhone und ich bastel da mal eine App und dann ist alles gut. Vor allen Dingen dann nicht mehr, wenn ich sehr nah ans Fahrzeug rangehe und sehr viel auch an dem Fahrzeug und an den, sag ich mal, an den IT-Systemen und an den Prozessen um die Entwicklung verändern muss. Aber mein Fazit ist, man muss es verändern, man muss damit leben, dass es wahnsinnig schwierig ist, Und es ist auch kein BMW-Thema und auch kein generelles Automotive-Thema, sondern es ist ein Konzernthema.
Patrick Setzer: Wenn du irgendwie mehr als 20.000 Mitarbeiter hast, dann sind die Gruppen, die in vielen, vielen Abteilungen zusammenarbeiten, so groß und die Wertschöpfung ist so oft durchschnitten, dass es eben Schnittstellen in Kommunikation bis zum Gehtnichtmehr gibt und Verantwortungskämpfe.
Thom Brenner: Genau, aber damit kommt auch das, was du eingehend erwähnt hast, zum Tragen. Na klar können die Unternehmen ein Startup gründen und können dort draußen im Unternehmen, also können in diesem Startup einige dieser Themen bedienen. Aber das wird ihnen nicht helfen, das Unternehmen zu verändern. Also man hat diese beiden Bookends im Endeffekt, dass man sagt, ich bin in dem Unternehmen drin. Und da gibt es dann sicherlich auch nochmal einen Bereich, wie sehr bin ich drin, wie sehr kann ich auch autark bestimmte Dinge gestalten. innerhalb von einem Konzern bewegen, ohne dass ich, sage ich mal, jetzt viele, viele, viele andere brauche. Welche Dinge gehen schon einmal, weil ich die Kompetenzen habe? Bei uns war es zum Beispiel so, wir hatten Entwicklungskompetenzen. Das heißt, wir konnten Produktentscheidungen treffen und wir konnten entwickeln, wir mussten uns abstimmen. Aber es gab zumindest mal, sage ich mal, so einen Nukleus, der arbeiten konnte letztendlich. Und Das andere Bookend ist halt zu sagen, da ist irgendwas draußen, das kann was Tolles tun, aber davon passiert noch nicht wirklich viel im Unternehmen. Und ich glaube, diese Dynamik muss man verstehen. Und ich glaube auch nicht, dass es Schwarz-Weiß gibt. Das eine ist gut und das andere ist schlecht, sondern eher, dass man ein Thema anschauen muss und überlegen muss, Es macht Sinn, das rauszunehmen aus dem Unternehmen, weil das hat nicht die Aufgabe, hier zu verändern, letztendlich den Kern des Unternehmens zu verändern, sondern es hat eigentlich die Aufgabe, einen neuen Kern zu erschließen vielleicht und dann muss ich es autonom genug machen und vielleicht auch ein Stückchen weit entkoppeln. Nicht zu weit weg, sonst ist der Satellit im Weltall und kreist nicht mehr um die Erde. Das wäre für mich so das Bild. Und auf der anderen Seite, wenn ich die Probleme auf der Erde löse, also im großen Konzern einfach was verändern muss, dann brauche ich auch Leute, die in dem Konzern diese Reibungen eingehen. Und es gibt kein Blueprint dafür. Es geht jetzt nicht, dass ich drei Bücher lese und dann ist das alles klar. Ich kann meine Erfahrungen, die ich habe, nicht eins zu eins umsetzen. Ich muss eigentlich die Konflikte und die Reibungen eingehen, damit ich einen Weg für das Unternehmen finde. den es gehen kann. Beide Seiten haben ihre Berechtigung, es gibt viel Schattierung zwischendurch und man muss genau überlegen, was will man eigentlich.
Patrick Setzer: Bin ich bei dir, aber lass uns trotzdem mal versuchen zu konkretisieren, so gut wie es geht, jetzt in deinem Beispiel. Da gibt es eben die Connected Car Companion App, haben wir verstanden, was das ist jetzt. Und ich glaube, die Dienste, die kann man entweder selber gründen, zukaufen, Kooperationen eingehen, auf der reinen digitalen Seite und dann hat man die. Dafür brauchst du keinen Konzern, sondern die können bereitstehen, so als würde man eine App bauen. Wunderbar, so war übrigens Parknow auch, waren externe Startups. Die konnten das in eine App liefern, ob das eine eigene App war, eine Partner-App oder eine BMW-App oder auch ein BMW-App. Auto eben, auch über Zeit, funktioniert ja wunderbar. Also da sind wir eigentlich einer Meinung, da gibt es einen digitalen Dienst. So jetzt interessant wird es ja, sobald wir das Auto berühren. Wie muss die Integration oder wie habt ihr die Integration in diesem Fall gelöst, um einigermaßen schnell voranzukommen und den Dienst ins Auto zu bringen?
Thom Brenner: Also der Vorteil ist, wenn man, sag ich mal, eine IT-Architektur hat, die eine gewisse Abstraktionsebene liefert, mit der man in einem Auto arbeiten kann. Und man kann sich vorstellen, ähnlich wie auf einem iPhone kann ich eine App schreiben, dann muss ich das iPhone nicht neu machen. Und so ähnlich ist es im Auto auch, aber leider noch nicht so gut. Aber das Prinzip, dass ich dort im Prinzip auf einem Betriebssystem, auf einem Infotainmentsystem eine App umsetze und dann letztendlich ohne das Auto komplett neu machen zu müssen auf der IT-Seite einen Dienst ins Fahrzeug bringe, das ist vorhanden und das kann man natürlich auch nutzen. Jetzt kann man sich sagen, ist das schon so vorhanden wie auf einem iPhone? Gibt es das Toolset, dafür muss es überhaupt so sein? Das kann man sich auch nochmal fragen, weil das ist natürlich jetzt nicht etwas wie, ich weiß nicht, wie viele Apps hat der App Store jetzt, irgendwie eine Milliarde oder was auch immer. eine Million oder was auch immer, 600.000, keine Ahnung. Das wird ja da auch nie passieren. Das heißt, ich muss natürlich einfach das auch für die Bedürfnisse anpassen. Aber das Prinzip muss eigentlich sein, ich muss im Fahrzeug die Abstraktionsstufen schaffen. Ich muss die Sicherheitsthemen managen und manageable machen mit meiner Fahrzeugarchitektur und mit meiner Softwarearchitektur, die ich dort drin habe. Und dann kann ich letztendlich dort neue Apps realisieren. Und dann muss ich über die Prozesse im Unternehmen nachdenken. wie ich eigentlich solche Funktionen an den Markt kriege. Was muss alles passieren? Wo berühre ich sicherheitsrelevante Themen? Da muss vielleicht ein bisschen mehr passieren. Wo berühre ich eigentlich wenig sicherheitsrelevante? Und diese Prozesse haben wir mit unseren Kollegen in der Fahrzeugentwicklung vorangetrieben und Stück für Stück entwickelt. Und auch da kann man wieder sagen, ist man da schon perfekt? Nee, würde ich nicht denken. Ging das schnell genug? Nee, würde ich auch nicht denken, weil da ist einfach so viel Druck momentan da, auch wie gesagt, gerade von den großen IT-Giganten in der Welt, sich mit dem Auto zu beschäftigen. Und die kommen einfach natürlich mit einem komplett anderen Toolset an.
Patrick Setzer: Und um es nochmal konkreter zu machen, der Greenfield-Ansatz. Jemand kommt auf dich zu und sagt, hier ist eine innovative Idee, ein Dienst, hier sind 100 Millionen Dollar und die freie Wahl. Du kannst jetzt entweder das geltende Mund ein Startup gründen und es ins Auto integrieren oder du gehst in den Konzern rein, baust dir eine Abteilung auf und integrierst es ins Auto. Welchen Weg würdest du gehen?
Thom Brenner: Die Frage ist, glaube ich, relativ klar. Man würde rausgehen, weil man letztendlich nicht das Ziel hat, ich kriege keine 100.000 irgendwie oder keine, was weiß ich, Summe. 100 Millionen. 100 Millionen, um das Unternehmen zu ändern. Ich würde nur ins Unternehmen gehen, wenn ich erstens letztendlich mit dem, was ich dort tue, auch ein Stück des Unternehmens verändern muss, weil es sonst nicht geht. Und wenn ich nah genug ans Fahrzeug muss. Wir sprachen gerade über die Sprachinteraktion vorhin. Das kann man halt draußen nicht machen. Ich kann die Sprachinteraktion, wir haben den digitalen Assistenten letztendlich von BMW gebaut und ins Leben gerufen mit einer völlig neuen Denke, also nicht Sprachbedienung von Menüs zu machen, sondern wirklich Stück für Stück auf ein Level zu kommen, das kann ich einfach draußen nicht tun.
Patrick Setzer: Am Ende, was du sagst, sehe ich ähnlich. Es sind auch meine Erfahrungen aus den letzten Jahren immer, wenn Innovation und auch das Innovators-Dilemma, Clayton Christensen sagt eigentlich genau das, die Innovationen kommen meistens außerhalb des Konzerns. Natürlich müssen sie am Ende irgendwie in den Konzern rein. Deswegen meine Erfahrung ist auch, der beste Weg dafür ist, Startups dazukaufen, beteiligen oder auch komplett übernehmen. Dann nicht durch Liebe erdrücken, sondern ihnen einigermaßen einen Freiraum lassen. Aber dann kommt der springende Punkt. Wie man sie integriert, das ist eigentlich aus dem Beteiligungsmanagement bekannt und da habe ich die besten Erfahrungen gemacht, indem man dann in den neuralgischen Punkten, wo die Schnittstellen sind, wo man zum Beispiel ins Auto muss oder wo das Prozessuale des Konzerns verstanden werden muss, da vier bis fünf wesentliche Personen aus beiden Seiten austauschen. Aus dem Konzern ins Startup setzen und aus dem Startup in den Konzern setzen, hilft enorm, weil die meisten Barrieren sind tatsächlich nicht technologisch oder prozessual vorhanden, sondern in den Menschen, die da auf beiden Seiten sitzen, die sich dann als Feindesland betrachten. Und diese Brücke kann man bauen, indem man die Leute integriert und austauscht.
Thom Brenner: Genau, aber das gilt aus meiner Sicht sogar generell. Also wenn man Veränderungsthemen angeht, brauche ich eine richtige Mischung aus Neu und Alt, weil es gibt keinen Weg vorher. Ich muss halt Neu und Alt gut zusammenpacken und ich brauche Unterstützung in alle Richtungen, im Unternehmen oder am Unternehmen. Also ich glaube, diese Mischungsidee, die ist einfach immer relevant.
Patrick Setzer: Du hast vorhin erwähnt das Thema, dass man über Connected Car, über die Connected Car App das Auto öffnen und schließen kann. Ist durch sowas beim Thema Sicherheit nicht eigentlich auch Autodieben und Datendieben digitale Tür und Tor geöffnet?
Thom Brenner: Das ist natürlich ein Thema wie überall in der digitalen Welt, dass ich, wenn ich solche Funktionen anbiete, mich mit Sicherheitsthemen, mit Datenschutzthemen, mit Privacy beschäftigen muss. Und das muss jedes Unternehmen tun. Und wir wissen auch, dass es immer schwieriger wird, dass das, was dafür gebraucht wird an Kompetenzen, auch an Budgets, größer wird.
Patrick Setzer: Kann man sich denn davor überhaupt schützen als Autokonzern?
Thom Brenner: Man kann sich so schützen, wie auch sich andere Unternehmen schützen. Also prinzipiell, sage ich mal, habe ich die gleichen Wege und die gleichen Möglichkeiten wie auch andere Unternehmen. Es ist nur die Frage, wie viel mache ich, wie komplex ist eigentlich mein Produkt und wie viele Kompetenzen habe ich und Kann ich die schnell genug ausbauen? Die muss ich halt nachziehen letztendlich. Und was natürlich auch passiert und was man sieht, dass die Technologien wahnsinnig schnell entwickeln und dass man da natürlich auch beim Einkauf, beim Partnering darauf achten muss, dass solche Themen abgedeckt sind.
Patrick Setzer: Apropos Partner, das ganze Thema Autobetriebssystem hätte doch eigentlich auch wunderbar von den Tier-One-Supplieren kommen können. Warum haben wir nicht das Betriebssystem von Bosch, Continental, Schaeffler oder Knorr fokussiert auf die OEMs, die ein neutrales Betriebssystem über die Tier-One-Supplier vielleicht hinweg oder über die OEMs hinweg anbieten? Das wäre doch eigentlich eine elegante Lösung.
Thom Brenner: Ich glaube, das wäre sogar eine wünschenswerte Lösung, wenn man es schafft, diese Themen, die eigentlich alle betreffen und die auch keine Differenzierung mehr ermöglichen, wenn man die skaliert. Wenn man die Kosten rauskriegt, die Qualität hochkriegt, die Sicherheit hochkriegt. Aber dazu, glaube ich, ist die Industrie zumindest auf der Softwareseite noch nicht da und kriegt das einfach nicht gestemmt. Also weder ein Tier One schafft das, hat das geschafft, wie man ja deutlich sieht, irgendwie so eine Initiative zu gründen und auch alle an Bord zu haben. Weil das Problem ist nicht, dass einer das macht, sondern das Problem ist, dass einer das so macht, dass alle anderen an Bord sind.
Patrick Setzer: Also ist es eine technologische Frage oder eine Wettbewerbsfrage?
Thom Brenner: Es ist eine Frage, wie kriege ich ein Setup hin? Spannend ist darüber nachzudenken, die Automobilhersteller schaffen das ja an anderen Stellen. Es gibt ja Standardisierung für ganz viele Themen im Auto. Es gibt ja Zulieferer, die bestimmte Komponenten an konkurrierende Automobilhersteller liefern. Also es gibt dieses Beispiel ja auch schon, aber auf der Softwareseite gibt es keine gute Lösung dafür.
Patrick Setzer: Aber das meine ich mit Wettbewerb. Die OEMs sind in vielen Bereichen eben gelernt doch Wettbewerber, am Endkunden zumindest, auf der Einkaufsseite oft nicht. Und eigentlich müsste man es schaffen, diese Ebene, die auf Einkaufsseite besteht, unter Co-Oppetition zu verbuchen und eben auch auf die Digitalseite zu kriegen. Und ob es durch eine offene Allianz, ein externes Startup oder über ein Tier One abgebildet oder mehrere Tiers abgebildet, eine Plattform ist gegen ein Wettbewerb. Apple gegen eine wo auch immer herrührende Technologieplattform fürs Auto aus den USA oder aus China zu wehren. Genau. Ja, weil es ist einfach wichtig zu verstehen, dass ein Einzelner das heutzutage gar nicht mehr schaffen kann, weder technologisch noch finanziell, aber gemeinsam könnte man die Investitionen eventuell noch stemmen.
Thom Brenner: Genau. Also die Erkenntnis, ich stehe eigentlich langfristig mit dem Rücken an der Wand und die einzige Chance, die ich habe, ist, mich zusammenzuschließen, Befindlichkeiten wegzulassen und ein Ziel zu verfolgen, nämlich ein Asset zu bauen, was skaliert und was wettbewerbsfähig ist gegenüber zum Beispiel großen amerikanischen Unternehmen.
Patrick Setzer: Und das Beste ist, die Plattform ist ja nur, da findet der Wettbewerb ja gar nicht statt. Der Wettbewerb kommt hinter der Plattform, nämlich mit den Diensten, die ich selbst kreiere, die ich integriere, die ich verpartnere. Zum Beispiel, nehmen wir mal an, es wäre eine Plattform eines Tier Ones, könnte genau diese Plattform auch einen C2C-Autoverleihdienst anbieten. Wenn der als Plattform integriert wäre in alle Autos, sogar markenübergreifend, könnte man wunderbar als Endkunde entscheiden, ich verleihe jetzt mein Auto, so wie ich früher einen Schlüssel verliehen habe, verleihe ich das eben digital, wie es ja auch heute schon US-Dienste jedenfalls machen, könnte ich das als Endkunde als Geldquelle benutzen. Nur ein Beispiel von vielen, die jeder einzelne Konzern sich überlegen kann, die aber auch ein Plattformbetreiber einfach anbieten kann gegen ein Geschäftsmodell, welches auch immer.
Thom Brenner: Es gibt noch ein zusätzliches Thema natürlich, dass ich nicht nur Technologie-Assets brauche, wie kann man vereinfacht sagen, Betriebssysteme im Auto. Ich brauche Tools drumherum. Ich muss darauf arbeiten können. Ich brauche den Cloud-Teil dazu. Also es wird schon auch relativ komplex, wenn man das mal so ein bisschen auseinander nimmt, welche Elemente man braucht. Und was sehr spannend ist, ist natürlich, wir haben da draußen eine Handvoll sehr, sehr große Service-Ökosysteme oder App-Ökosysteme. Die brauche ich irgendwie auch da dran. Weil die haben sehr viel von mir und das kann ich nicht wiederholen. Das ist auch zurück zum Beispiel Nokia, Microsoft. Ein großes Problem dieses Vorhabens war einfach der Store, der nicht voll war und die Apps nicht hatte, die man brauchte.
Patrick Setzer: Und deswegen haben andere, die Android geforkt haben, haben es geschafft, einigermaßen ihre Welt aufzubauen.
Thom Brenner: Genau, da gibt es ein paar gute Beispiele sozusagen, wo es auch Alternativen gibt, die jetzt nicht, sage ich mal, 1 zu 1 Google sind und die nicht Apple sind. Apple gibt es eh nur bei Apple. Insofern, da ist es relativ einfach. Und da gibt es so ein paar Zwischenlösungen auch, über die man durchaus nachdenken kann. Und auch einen spannenden Gedanken finde ich natürlich durchaus, das Sprachthema nochmal wieder anzugucken, weil ich sage, so ein Alexa ist plötzlich ein neues Ökosystem. Ja, man muss es eigentlich vergleichen mit einem App Store und sagen, plötzlich habe ich kein, sage ich mal, kein Bildschirm mehr. Ich kann mal die Geräte mit Bildschirm nochmal dazunehmen, aber auch da ist eigentlich alles aus der Cloud gemacht. Ich habe da kein komplexes Betriebssystem mehr. Ich habe da keine Apps laufen, die da im Prinzip raufkommen, sondern ich habe ein komplett neues Interaktionsmodell geschaffen, wo eigentlich das, was die App auf dem Telefon und mein Betriebssystem ist, nur noch in der Cloud leben kann.
Patrick Setzer: Genau, sind wir wieder bei nicht Mobile-First, sondern Data-First. Amazon geht den Weg, klar. Und wie wir gerade besprochen haben, eigentlich müssten, was vorhin Werkzeuge erwähnt, die Tier-Ones benutzen, klassisch 100 Jahre in der realen Welt. Genau diese Werkzeuge müssten sie jetzt eigentlich selbst entwickeln für die digitale Welt. Das wäre ihre Rolle. Also vielleicht kommt ja doch noch der Tier-One mit der Plattform raus. Aber das Thema Daten ist natürlich weiter spannend. Was für Daten werden denn überhaupt von den Autokonzernen zurzeit generiert? Und gibt es auch schon Dienste, die damit neu angeboten werden?
Thom Brenner: Also ein gutes Beispiel kann ich jetzt zumindest aus meiner BMW-Zeit nennen. Wir haben halt aus den Fahrzeugen Informationen, Daten eingesammelt über bestimmte Umweltereignisse, die verkehrsflussrelevant waren und die dann wieder zurück eingespielt in den Verkehrsinformationsstrom. Das ist ein gutes Beispiel, Herr Anteck. Das können Wetterereignisse sein, Baustellen, die man plötzlich irgendwo detektieren kann. Man kennt irgendwie aus den Fahrzeugen die Geschwindigkeitsinformationen, die die Kameras letztendlich dem Fahrer zur Verfügung stellen, aber dann auch wieder anderen Fahrern zur Verfügung stellen können, die gar keine Kamera im Auto haben, vielleicht auch ältere Fahrzeuge. Also da passiert schon relativ viel und das ist ja auch ein Nachdenken, wie man letztendlich mit den Daten, die man erfassen kann, das Nutzungserlebnis, die Sicherheit der Fahrzeuge erhöhen kann.
Patrick Setzer: Okay, dann blicken wir jetzt mal über den Teich und schauen, was Apple und Alphabet so machen. Generell gibt es ja mit Apple CarPlay und Android Auto, nicht zu verwechseln mit Android Automotive, da kommen wir später noch zu, von Alphabet zwei Systeme, die man eher als Ergänzung zu den bestehenden Autobetriebssystemen sehen kann. Beschreib doch mal kurz am Beispiel von CarPlay vielleicht, was CarPlay alles an Diensten so anbietet.
Thom Brenner: Im Prinzip die Idee von beiden Diensten ist eigentlich zu sagen, ich kann mein Mobiltelefon mit ins Fahrzeug nehmen und kann mit einer Verbindung zwischen dem Mobiltelefon und dem Fahrzeug bestimmte Dinge im Fahrzeug auf dem Bildschirm des Infotainmentsystems mit Bedienelementen des Fahrzeugs sicher während der Fahrt bedienbar machen. Das ist das Grundprinzip davon.
Patrick Setzer: Eigentlich euer Connected-Car-Ansatz.
Thom Brenner: Jetzt muss man mal schauen, an welchen Stellen. Da geht es natürlich viel um die Apps, die ich schon habe im Fahrzeug. Damit kann ich ja nichts im Fahrzeug bedienen. Das ist natürlich das, was vom Telefon ins Fahrzeug kommt an vielen Stellen. Da habe ich die Kommunikationsdienste, WhatsApp kann ich nutzen, aber auch nur natürlich sicher. Ich kann mir eine letzte Nachricht vorlesen lassen, ich kann eine Nachricht diktieren. Ein großer Überschneidungsbereich ist die Navigation. Da kommt halt zum Beispiel CarPlay mit Waze, Google Maps und mit Apple Maps einher.
Patrick Setzer: Und dann noch die Navigation, die ich schon selbst im Auto habe. Und wenn ich noch Lust habe, mir Here We Go runterzuladen, habe ich noch die vierte und fünfte Karten-App. Da bin ich maximal verwirrt als Kunde, eher durch CarPlay.
Thom Brenner: Da sieht man, also sagen wir zumindest, wenn man das gut gelöst hat, also BMW hat das relativ gut gelöst, ich kann keine zwei Navis zugleich laufen lassen. Also das geht schon mal nicht. Ich kann da nicht irgendwie, der eine sagt links, der andere sagt rechts. Also das ist schon fast sicherheitsrelevant, irgendwie so etwas zu verhindern. Aber was relativ klar wird dadurch, dass ich natürlich jetzt nicht mehr nur die Konkurrenz Google Maps auf dem Handy habe, sondern ich habe halt die Konkurrenz auch in der Qualität Google Maps auf meinem Screen im Auto. Nicht so toll bedienbar eigentlich. muss man auch ganz klar sagen, aber in Bezug auf die Informationsqualität, die Stauinformation, meine Routeninformation, die Ankunftszeit, entsteht hier einfach ein ganz anderer Wettbewerb. Und dem muss man sich in der Automobilindustrie stellen. Und den kann man sich nur stellen, wenn man mit den gleichen, ich sag mal jetzt ein bisschen, klingt ein bisschen militaristisch, aber wenn man mit den gleichen Waffen kämpft. Ich muss halt eigentlich in der Lage sein, ähnlich schnell zu arbeiten, ich muss ähnliche Technologien nutzen können, ich muss Zugang haben zu, muss ich nicht selber haben, aber ich muss die richtigen Partner haben, die mir helfen sozusagen auch einen ähnlichen Wettbewerb zu fahren.
Patrick Setzer: müssten eigentlich alle Alarmglocken schon lange läuten.
Thom Brenner: Ja, ich meine, ich finde es ganz spannend. Also ich meine, ich kann jetzt nur von der persönlichen Erfahrung sprechen. Während ich eine Zeit lang mal wirklich dachte, irgendwie so Google Maps ist das Nonplusultra, bin ich nicht mehr der Meinung, dass das das Nonplusultra ist, sondern ich sehe durchaus irgendwie differenziert. Ich bin ehrlich gesagt sogar schon um riesige Staus gefahren. Und das sage ich jetzt nicht, weil ich mal fünf Jahre bei BMW gearbeitet habe mit der BMW Navi. Also es ist nicht mehr so, sag ich mal, schwarz-weiß, aber was für mich relativ klar ist und da sind ja immer Einzelfälle jetzt, das ist jetzt keine statistische Erhebung und das mag vielleicht ganz anders aussehen, aber was relativ klar ist, dass ich diesen Wettbewerb nur antreten kann, wenn ich gewappnet bin. In Bezug auf die wettbewerbsfähigen Faktoren, Skalierung, richtigen Partner, richtige Technologie, wenn die mir auch zur Verfügung stehen wollen, woran ich nicht glaube, ist, wenn man nicht wettbewerbsfähige, sag ich mal, Infrastruktur, Tools, Prozesse, Vorgehensweisen hat, dass man das dann gewinnen kann. Das glaube ich halt nicht.
Patrick Setzer: Kostet Carplay eigentlich gegenüber dem Autohersteller Geld? Also bepreist Apple das gegenüber dem OEM?
Thom Brenner: Das weiß ich ehrlich gesagt nicht.
Patrick Setzer: Aber gegenüber dem Endkunden wohl, richtig?
Thom Brenner: Es ist, also Carplay kostet Geld.
Patrick Setzer: Und die Companion-App war kostenlos?
Thom Brenner: Die Companion-App kommt letztendlich, also wie das bei allen Automobilherstellern ist, es gibt Pakete. die man dort kauft. Das ist ja auch das Geschäftsmodell sozusagen auf der Automobilseite. Man sieht auch dort deutliche Unterschiede zwischen einem Tesla und zwischen einem herkömmlichen Automobilhersteller, dass die Paketierung völlig anders ist. Man kommt aus einer Welt, wo man sehr viele Pakete hat, sehr viele Optionen gebaut hat, sehr viel davon ausgegangen ist, dass ein Kunde sich A oder B oder C oder D oder Kombinationen davon aussucht. Und das, was wir gemacht haben, kommt immer in einem dieser Pakete mit, wie alles in dieser Industrie.
Patrick Setzer: Richtig. Wobei Tesla es eben ein bisschen aufmischt. Und noch weiter gedacht, Firmen wie Canoo und ein paar Chinesen, die jetzt ganz anders denken. Die denken schon nicht mehr in Autoverkäufen, sondern in Leasings. Und die denken in Subscription Models für einzelne Dienste im Auto, die man auch OVDR jederzeit zu- und abbuchen kann. Also da verändert sich eben nicht nur die ganze Autoherstellung, die Technologie, sondern auch das grundlegende Geschäftsmodell. Dass es nicht mehr ein One-Off ist und einmal über den Zaun, sondern eigentlich jeden Tag der Kunde neu verdient werden muss. Genau.
Thom Brenner: Und es geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn man Tesla anguckt, mal als Beispiel, dass man sagt, ich investiere in Hardware in meine Flotte, weil ich diese Hardware für Zukunftsthemen brauche. Also es geht sogar noch einen Schritt weiter, nämlich zu sagen, ich gebe Geld aus, packe Hardware in meine Fahrzeuge rein, die ich jetzt nicht eins zu eins für den Kunden nur brauche, weil er hat unter Umständen vielleicht gar nicht das Autopilot-Paket oder wie auch immer, aber ich brauche es, um die autonomen Fahrfunktionen weiterzuentwickeln, weil ich brauche die Flotte dafür.
Patrick Setzer: Ganz genau und da sind wir eigentlich da, was Amazon 15 Jahre lang gemacht hat, immer weiter in die Plattform investiert bei hochgradigen Verlusten und alle dieses Unternehmen viel belächelt haben. dann, Handelsunternehmen eine Zeit lang und dann irgendwann rauskam, dass eben viel der Profite einfach wieder reinvestiert wurden, dass das gar nicht so unprofitabel war. Genau dasselbe ist eben jetzt im Automotive-Sektor. Wenn man heute nicht investiert in Sensoren, in Kameras, um diese Daten zu generieren, mit denen man zukünftig Geld verdienen kann, dann bleibt eben nur noch die Hülle zu produzieren und das Daten gewinnen und aus Daten Produkte und zukünftige Geschäftsmodelle zu machen.
Thom Brenner: Es ist auch eine spannende Frage, die man sich mal durchaus stellen kann, ist, hätte ein großer Handelskonzern so etwas wie Amazon entwickeln können? Das ist ja eine ähnliche Frage. Hätte ein Nicht-Startup, ein Corporate, groß, Sears, gibt es nicht mehr, aber hätte Sears sozusagen etwas wie Amazon entwickeln können? Und das ist, glaube ich, was, was man sich auch klar machen muss, dass das gerade für börsennotierte Unternehmen und die Regeln und Spielregeln, die da gelten, unter Umständen überhaupt ausreicht.
Patrick Setzer: Weil Sie alle über Ihre Börsengänge, IPOs und das Stocklisting, über das Quartalsberichtwesen Ihre EBITDAs abliefern müssen?
Thom Brenner: Ich arbeite für Shareholder. Und ich müsste die Shareholder, so wie in Amazon letztendlich die Aktionäre überzeugt hat, ganz am Anfang, meine Chance und meine Vision ist, diesen Everything-Store zu bauen. Und zwar über viele, viele, viele, viele Jahre hinweg. Bei viel Kritik, sich immer wieder dagegen durchgesetzt. Und das ist natürlich in der Kombination, ich habe ein erfolgreiches Geschäft schon. Hatte Amazon ja nicht. Hat es aufgebaut letztendlich. Ich habe ein erfolgreiches Geschäft. Ich habe Shareholder. Ich zahle Dividenden. Ich habe meine Gewinnmarge. Das passt einfach nicht in das Bild rein. Jedenfalls so eine radikalen Dinge glaube ich absolut nicht, dass das ein Corporate kann.
Patrick Setzer: Ist ein grundlegendes Strukturproblem. Das sehen wir gerade leider an einem Beispiel in Deutschland, wo durch eine große Unternehmensberatung ein Mobility Service aufgebaut wurde für einen der Tier Ones. Ich nenne jetzt keine Namen. Und der jetzt drei, vier Jahre später gerade gekillt wurde aufgrund von Unprofitabilität. Klar ist, dass das Thema Mobility Services kommt. Die Frage ist, wann und wenn man jetzt alles nach dem EBITDA-Regeln des Konzerns, der jedes Quartal und jedes Jahr seine bestimmten Margen abliefern muss, berechnet, dann muss man es natürlich konsequenterweise zumachen. Wenn man für ein Produkt in acht oder zehn Jahren eben heute investieren will, dann muss man diese Regel aufweichen. Und das ist, glaube ich, eine grundlegende Frage, die sich ein Konzern, ein CEO und auch ein Aufsichtsrat immer stellen muss, ob man das will oder nicht. Und wenn man es nicht will, dann sollte man es auch grundlegend im Vorhinein schon sein lassen.
Thom Brenner: Genau, und ich glaube, wenn man das will und wenn man, sage ich mal, identifiziert hat, dass es solche Ecken gibt, die auch mit einem hohen Risiko natürlich verbunden sind, ja, weil das ist, niemand weiß die Zukunft. Wie gesagt, wenn ich die Zukunft wüsste, dann würde ich nicht hier sitzen und mit dir sprechen, dann würde ich andere Dinge machen. Aber man weiß, man kennt die Zukunft nicht, man weiß nicht genau, man hat eine Idee, man hat eine Vision, man kann Stück für Stück sich daran arbeiten. Und wenn man das will als Corporate, an der Stelle würde ich dir absolut zustimmen, dann muss das raus aus dem Unternehmen. Ja, dann muss ich diese Vision irgendwie außerhalb unterstützen und dann kann ich da meinen Fuß in der Tür haben, aber das werde ich niemals in einer Konzernstruktur schaffen.
Patrick Setzer: Und da kann ich immer nur wieder sagen, einmal How Google Works lesen, dann sieht man, wie Innovationen innerhalb eines Konzerns eben hochgezüchtet werden, mit viel Freiheit und auch Verlusten ausgestattet werden, also erlaubten Verlusten, aber auch radikal abgeschaltet werden, sobald bestimmte KPIs nicht erzielt werden. Das ist einfach Traction im ersten Sinne mal, nicht Umsatz oder bestimmte Contribution Margin Ziele. Bringt uns zurück zu Alphabet, die eben, wir haben es vorhin mit Carplay und Android Auto gesprochen, jetzt eben eine Stufe weiter kommt das Thema Android Automotive, nicht zu wechseln mit Auto, seit 2017 auf und wurde im Sommer 2019 nochmal upgedatet. Jetzt kommt also das umfangreiche Betriebssystem fürs Auto, hergestellt von dem Tech-Konzern aus dem Silicon Valley und bietet es den Autokonzernen an und jetzt kommt es auch noch kostenlos. Was ein Killer. Da müsste doch jeder Konzern sofort sagen, prima, kann ich meine x Milliarden für die Entwicklung des eigenen Betriebssystems jetzt einstellen, nehme ich das System an, habe ich was gespart.
Thom Brenner: Genau, da kann man sich, glaube ich, wieder zurückbesinnen auf unsere Analogie, so ein bisschen auch meine Geschichte in der Mobilfunkindustrie, weil da kann man sich das als Beispiel anschauen. Natürlich kann ich ein Android-Telefon bauen, bin Teil der Open Handset Alliance von Google, kriege mein Betriebssystem, kriege ganz viel drumherum, kriege Dienste, ohne die ein Telefon eigentlich nicht mehr verkaufbar ist, wie Google Maps. Niemand kauft ein Telefon, ohne irgendeine Art von Navigation da drauf zu haben. Und das ist das Angebot, was Google da macht. mit gewissen Rahmen- und Randbedingungen, die Google natürlich, Googles Geschäftsmodell unterstützen. Das ist der Deal und den kann man sich angucken und ich gehe davon aus, dass der in der Automobilindustrie sich vielleicht hier und da in Details unterscheidet. Ich denke, Google hat auch gelernt, irgendwie was geht und was nicht geht und wie man damit umgeht. Aber das Prinzip ist eigentlich sehr ähnlich. Und wenn man sich Android Automotive anguckt, dann muss man schon sagen, das ist ein wahnsinnig attraktives Angebot. Das sind ja wirklich richtig, richtig gute Produkte am Markt und sehr komplex. Ich habe ja nicht nur das Betriebssystem dort, sondern ich habe einen Sprachassistenten, der kommt, der sehr viel von der Welt versteht, dem ich beibringen kann, dass er auch mein Auto versteht. Das ist im Prinzip dann letztendlich eine Plattform, wo ich als OEM bestimmte Funktionen umsetzen kann, dass er dann auch, ich sage mal jetzt, lapidars Fenster öffnen kann oder irgendwelche anderen Dinge im Fahrzeug macht. Ich habe eine Navigation, mit Google Maps dabei, ich habe Android-Apps dabei, ich habe ein Betriebssystem, ich habe Tools, die Infrastruktur, das Backend, die Cloud, viele Dinge, die ich dafür brauche. Und das ist schon wahnsinnig, muss man sagen, attraktiv und Google stellt gute Produkte her. Man kann jetzt alles hin und her kritisieren, Google hat ein gewisses Geschäftsmodell, aber wenn ich mir die Produkte angucke, dann sind die einfach wirklich hervorragend. Und
Patrick Setzer: wenn ich mir überlege, was ich in Bezug auf das Intro, was ich gesagt habe, mit den Ladesäulen, die jetzt in Google Maps integriert werden, bezogen aufs Auto, heißt das, ich habe das Betriebssystem von Google, ich habe die Maps-Funktion von Google und die sagt mir auch noch den Weg zu meinem Ziel. Und auf dem Weg implementiert sie zwei Ladesäulen-Stops, die vorher ausgewählt werden nach Wartezeiten. der Kilowattstundenzahl zum Beispiel oder der Konnektivität, der Kompatibilität oder der Preisen. Das heißt, plötzlich sind die Kernentscheidungen, die auch für mich als Autohersteller relevant sind, als Endkunde natürlich auch, werden auch plötzlich vom System entschieden. Weil wenn ich dann einmal meine Präferenzen abgegeben habe oder die auch automatisch durch maschinelles Lernen verstanden sind, wird das System natürlich die optimierten Wege vorschlagen, wie es gerne möchte. Und genauso macht es Google das ja heute auch schon bei der Suche. Da geht die Reise also wirtschaftlich dann hin. Genau. Beschreib doch mal, wie das dann auf Dauer aussieht. Wie sieht die Auto-IT-Plattform-Landschaft aus deiner Sicht 2025 aus? Fünf Jahre?
Thom Brenner: Also meine Annahme wäre, dass, sag ich mir, solch ein Angebot ist ein Angebot, dem, glaube ich, viele und vor allem kleinere OEMs nicht widerstehen können. Weil das bringt eine Qualität an Kundenerlebnis ins Auto. Und ich meine, man kann sich anschauen, Android ist bei weitem das gängigste Betriebssystem für Mobiltelefone. Das hat gewisse Technologien. Google hat ein gewisses Geschäftsmodell. Das weiß man vielleicht gar nicht, wenn man sich so ein Gerät kauft. Könnte ich mir durchaus auch vorstellen. Aber wenn man es weiß, kann man es entscheiden. Kann man es ein Stück weit auch, es gibt ja gewisse Gesetze und Regelungen, kann man es ein Stück weit auch sogar bestätigen. wenn man noch mehr weiß, wie man damit umgeht. Aber wenn ich davon mal ausgehe, dass das wahnsinnig attraktiv ist, dann werden Autohersteller auf den Zug aufspringen und werden sich das Leben leichter machen und werden in einer ähnlichen Konstellation natürlich Fahrzeuge bauen, Ein Stück weit kann man schon, sage ich mal, vielleicht etwas übertrieben sagen, um die Google-Services herum. So wie man jetzt ein Mobiltelefon um, sage ich mal, Android für Mobiltelefone und den Playstore und die Google-Dienste wie Maps etc. baut.
Patrick Setzer: Fiat, Chrysler, Renault, relativ viele Autokonzerne haben sich ja auch sogar schon committed, Modelle mit Automotive rauszubringen. Also insofern ist klar, das Thema wird kommen. Das ist nicht mehr zu verändern. Die Frage ist, wird es überhaupt noch eine andere Plattform parallel dazu geben? Also es gibt natürlich die OEM-Plattform, die es heute gibt. Aber die Frage ist, wie lange können die überleben? Werden die sich zusammenschließen? Wer wird das sein? Die, die auf jeden Fall noch offen sind, sind VW, Daimler und BMW usw., die da unentschlossen sind.
Thom Brenner: Also ich wäre immer ein bisschen vorsichtig, wenn man ankündigt, man bringt Fahrzeuge mit Google, mit Android Automotive raus, heißt für mich immer noch nicht, das ist meine gesamte Flotte. Das ist richtig. Genau, ich denke, da werden viele OEMs mal einen Schritt wagen, aber wenn man sich die Produkte von Google anguckt, dann würde man annehmen, dass da von Kunden sehr positives Feedback kommt. kommt. Und wenn dieses Feedback kommt in Bezug auf Daten, Privacy und gewisse, sage ich mal, Dinge, die bei Google immer so ein bisschen zu hinterfragen sind und anzugucken sind, dann wird Google ja, wäre ja dumm, nicht nachzusteuern. Kann man ja. Da kann man natürlich irgendwie auch drauf reagieren. Aber deswegen wäre meine Annahme, dass das eigentlich eine gute Kundenresonanz geben wird. Und wenn es eine gute Kundenresonanz geben wird, dann wird es so ein bisschen einen Dominoeffekt geben.
Patrick Setzer: Und dann gibt es die Plattform-Ökonomie und den First-Mover-Advantage, der in Richtung Winner-Takes-It-All geht. Und vielleicht gibt es noch eine zweite Plattform. Was müssten die Tier-Ones oder die OEMs dafür machen, um noch eine zweite Alternative sozusagen zu etablieren?
Thom Brenner: Aus meiner Sicht ist einer der wichtigsten Faktoren Skalierung. Also wie kriege ich Effort, Investment, die ich eh tätige, konsolidiert in ein Unternehmen, was das für mich tun kann. Und was muss ich tun, um diese Chancen zu maximieren? Und dazu zählt nochmal, dass ich mich dann auch committen muss. Ich muss halt sagen, okay, ich setze mein Pferd auf diese Strategie mit anderen OEM-Partnern oder Tier-Ones zusammen und ich löse, und jetzt ist natürlich die spannende Frage, nicht nur das Betriebssystem-Thema, sondern ich löse das Portfolio oder Teile davon, was angeboten wird und kann es zu guten Konditionen, und ich muss die Konditionen aus meiner Sicht nicht von Google matchen, weil Google hat ein völlig anderes Geschäftsmodell. Aber ich muss die zu wettbewerbsfähigen Konditionen, vielleicht ganz anderen Rahmenbedingungen, nämlich dass die OEMs viel mehr Kontrolle darüber haben, was eigentlich damit passiert, am Markt etablieren können. Und das ist so ein bisschen das Thema, was wir vorhin schon hatten. Das ist wieder so ein wettbewerbsstrukturelles Thema. Wie kriege ich das gestemmt und wie kriege ich das committed und wie kann ich auch das Risiko managen? Ein großes, glaube ich, Thema ist für mich innerhalb der OEMs, weil ich setze dann auf etwas, wo ich von anderen abhängig bin, wo ich nicht mehr volle Kontrolle habe, muss da aber ziemlich radikal sagen, das ist zumindest mal ein Pferd, auf das ich bei vollem Risiko setze. Und ich kann mir dann immer noch ein Fallback hier und da haben und kann darüber nachdenken, wie ich das Risiko manage. Aber ich kann es nicht halbherzig machen und ich kann es nicht nur so ein bisschen machen und so tun, als ob.
Patrick Setzer: Wäre es aus deiner Sicht ein Startup oder ein etabliertes Unternehmen? Wir haben ja mit hier schon mal einen Player, wo sich Autokonzerne unter einem Dach begeben haben. Läuft auch ganz gut, kann man jetzt unterschiedlich sehen, aber ich glaube, das ist zumindest mal ein gutes Beispiel, wo sich Unternehmen, die auch sonst gerne mal im Wettbewerb stehen, eben verbündet haben. Vielleicht kann man sowas nochmal schaffen oder findet ein ähnliches.
Thom Brenner: Also die Frage ist da wirklich, wenn man sich das anguckt, die Struktur von Android Automotive, ob man das alles in eine Firma stecken kann oder ob es nicht da eigentlich mehrere geben muss. Und hier ist natürlich prädestiniert für alles, was rund um die Navi und Karten und Teile von, ich meine, wir haben autonomes Fahren noch ein bisschen außen vor gelassen. Das ist nämlich der nächste große Block, der da eigentlich auch noch lauert. Aber dafür wäre schon hier aus meiner Sicht prädestiniert, weil da hat man schon mal ein Setup. was eigentlich sehr nahe da rankommt. Und nur da muss man auch jetzt schauen, aus meiner Sicht, dass natürlich eine Zielsetzung für hier sein muss, dieses wettbewerbsfähige Angebot rund um Karten, Navigation, Verkehr, kann man jetzt ausweiten, Teile von, sage ich mal, HD-Maps, wenn man jetzt HD-Maps fürs autonome Fahren braucht, umsetzen. Na klar, das wäre schon mal, glaube ich, ein ganz guter Weg.
Patrick Setzer: Nehmen wir als Schlusspunkt. Vielen Dank, Tom. Super Interview. Vielen Dank.
Thom Brenner: Danke dir. Hey! Hey! Hey!