Digitale Transformation eines klassischen Händlers
2. November 2020, mit Mathias Weigert
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Matthias Weigert: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen People-First-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Matthias Weigert und ich bin Geschäftsführer der Unternehmerschmiede. Die Unternehmerschmiede unterstützt Unternehmen dabei, digitale Innovationen erfolgreich umzusetzen, indem wir die richtigen Teams gewinnen und schmieden. Das heißt vor allem erfolgreich machen. Wenn dieses Thema auch für euch interessant ist, kommt gerne über LinkedIn direkt auf mich zu. In unserem Podcast People First geht es um das Thema Mensch in der digitalen Welt. Heute sprechen wir wieder über ein spannendes Thema. Es geht um das Thema Handel, konkret um den Spagat zwischen stationärem Handel und E-Commerce. Gerade in der heutigen Zeit ein sehr präsentes Thema, da viele Händler von der Multi-Channel-Strategie sprechen. Für den Auf- und Ausbau dieser Strategie bauen sie teilweise Innovationslabore, sogenannte Innovation Labs auf, um, wie Sie sagen, noch kundenzentrierter E-Commerce-Lösungen zu entwickeln und zu testen. Über die Vor- und Nachteile dieser haben wir schon einmal in einer vorherigen Episode gesprochen. Mein heutiger Gast hat bereits im Jahr 2018 in einem Interview gesagt, wir wollen gute Dinge finden mit zeitlosem Charakter, die in sich selber eine Haltung haben. Ob und wenn ja wie sich diese Aussage mit digitalen Geschäftsmodellen verbinden lässt, möchte ich in dieser People-First-Episode diskutieren. Mein heutiger Gesprächspartner ist Max Heimann. Max hat eine spannende Vita. Er war Berater, Strategieleiter bei Deutschlands größtem Versandhändler und ist heute Geschäftsführer von Manufaktum. Manufaktum sagt über sich selber, es ist das Warenhaus der guten Dinge. Welchen Einfluss hat Digitalisierung auf eben diese guten Dinge? Auch das werde ich mit Max diskutieren. Nach dieser Folge weißt du, wie sich Nachhaltigkeit mit digitalen Geschäftsmodellen im Handel verbinden lässt, welche Rolle dabei das Thema Zeitlosigkeit spielt und welche Menschen benötigt werden, um ein nachhaltiges, digitales Geschäftsmodell in Waltrop aufzubauen. Und ob der hanseatische Einfluss und die digitale Erfahrung der Muttergesellschaft hilft oder eher hemmt. Herzlich willkommen, Max.
Max Heimann: Vielen Dank für die Einladung, Martin.
Matthias Weigert: Max, bevor wir einsteigen in das Thema Manufaktum, würde ich dich bitten, dich einmal kurz vorzustellen. Was waren so Lebenslampen, die dich da hingebracht haben? zu dem, was du heute bist, was du verantworten darfst?
Max Heimann: Ja klar, gerne. Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder, die sind diese Woche neun und elf geworden. Eine Tochter, einen Sohn, Viggo und Smilla. Da wird mein skandinavischer Einfluss auch gleich deutlich. Ich habe dänische Wurzeln. Eine meiner prägendsten Stationen war mein Haus. Militärdienst in Dänemark, in Kopenhagen bei der königlichen Leibgarde. Habe also tatsächlich mit Pelzhut vor dem Schloss gestanden. Habe dann zehn Jahre lang für eine große weltweit führende Unternehmensberatung gearbeitet. Zuerst am Standort München, bin dann ins Londoner Büro gewechselt. Habe dann 2005 den Standort in Dubai mit aufgebaut. Bin dann aber wieder zurück nach London. Wir wollten näher an Freunden und Familie sein, bevor es dann mit Geburt unserer Tochter zurück nach Hamburg ging. Und als dann Nummer zwei auf dem Weg war, bin ich über Zufälle der Otto Group über den Weg gelaufen und war dann gut fünf Jahre in Hamburg bei der Otto Group verantwortlich für die Konzernstrategie, zum Schluss auch für das E-Commerce Competence Center. Und habe dann über meinen damaligen Chef und späteren Beiratsvorsitzenden von Manufaktum, Rainer Hillebrand, die Möglichkeit bekommen, zu Manufaktum zu gehen. fantastische Möglichkeit für mich. Bin da ins kalte Wasser geworfen worden und das macht nach wie vor Riesenfreude. Bin da seit etwa dreieinhalb Jahren. Bin für den Vertrieb verantwortlich, also sowohl digital als auch stationär. Bin für das Customer Service verantwortlich, unsere Logistik und die kaufmännischen Themen, also insbesondere den Finance-Bereich. Wenn ich nicht in Waldhop oder in Hamburg bin, dann spiele ich gerne Hockey, bin passionierter Fliegenfischer und leidenschaftlicher St. Pauli-Fan mit allem, was dazugehört in den Auf und Abs.
Matthias Weigert: Sehr schön. Also auch eine Vielfalt internationaler Ausbildung. Gibst du deinen Kindern auch noch dänische Elemente mit auf dem Weg in der Erziehung?
Max Heimann: Na ja, Elemente vielleicht schon, aber nicht die Sprache, was einfach auch daran liegt, dass wir zu Hause, meine Frau spricht kein Dänisch und ich habe zu Hause, obwohl meine Mutter Dänin ist, nie wirklich viel Dänisch gesprochen, sodass sich das für uns so ein bisschen unnatürlich angefühlt hat, auch wenn das natürlich immer noch irgendwie so mitspielt, ob wir das später nochmal machen, weil es schon eine gute Möglichkeit ist. Aber klar, es gibt viele tolle skandinavische Einflüsse, was Erziehung, Gleichberechtigung, Rolle der Frau, Kreativität, Flexibilität irgendwie so mit sich bringt. Die bauen wir gerne in unsere Erziehung mit ein.
Matthias Weigert: Wenn wir jetzt nochmal so kommen auf Manufaktum, sag uns doch nochmal kurz zwei Worte zu Manufaktum, was ihr konkret macht. Ich habe es ja schon ein bisschen einleitend gesagt. Sicherlich kennen einige Hörerinnen und Hörer auch schon Manufaktum und haben Bezug zu euch, aber einige vielleicht auch nicht, sodass wir so ein bisschen den Eindruck kriegen, wer ihr seid, wo ihr herkommt, was ihr macht.
Max Heimann: Wir sind ein mittelständisches Handelshaus, das zur Otto-Gruppe gehört. Wir machen unseren Vertrieb über 13 Standorte in Deutschland und Österreich. In Österreich haben wir einen Standort in Wien. Und über unser Digitalgeschäft. Bis zu Corona-Zeiten war das ungefähr 50-50 verteilt. Und wir kümmern uns um bewussten Konsum. Wir haben jetzt gerade in unserer aktuellen Positionierungskampagne das nochmal zugespitzt auf Kampf gegen das Wegwerfen. Und das beschreibt, glaube ich, auch ganz gut unser Sortiment. Also von der Armbanduhr bis zur Aufschnittmaschine, von der Lederjacke zur Nachttischlampe, die aus Ozeanplastik bestehende Jacke. Und in den meisten Standorten haben wir auch noch eine Gastronomie, Brot und Butter heißt die, wo auch noch nach guter Handwerkstradition Brot gebacken wird. Also wirklich für uns spezial angefertigte Steinöfen. Da kommt nachts noch der Bäcker rein, setzt den Teig an, der wird 24 Stunden geknetet. Hat also nichts mit der üblichen TK-Ware zu tun, die man bei dem Standardbäcker um die Ecke bekommt.
Matthias Weigert: Also auch da zeigt sich schon ein bisschen so die Leidenschaft, für die ich jetzt sehen würde, sieht, wie da die Augen leuchten. Vielleicht kannst du noch ein bisschen was zur Mitarbeiteranzahl sagen, wenn du magst, so ein bisschen ein paar Kennzahlen, dass wir einfach so einen Eindruck haben, über welche Größe wir sprechen auch.
Max Heimann: Die Manufaktum-Gruppe, das besteht zum einen aus der Gesellschaft Manufaktum, dann hatte ich gesagt die Gastronomie Brot und Butter, sowie Magazin. Das ist noch ein Konzept, das wir auch bei Manufaktum betreiben, hat aber auch drei Standorte in Bonn, in Stuttgart und München, vornehmlich im Möbelsegment, wo es um gute Einrichtungen geht. Wir sind mit unserer Zentrale in Waltrop, das ist in der Nähe von Dortmund, also nicht unbedingt der Nabel der Welt, aber ich glaube mit der tollsten Firmenstandorte, den man sich so vorstellen kann. Das ist ein ehemaliges Zechengelände. Das ist ein roter, denkmalgeschützter Backsteinbau. Und innen drin hast du eine Holzstahl-Glaskonstruktion, das wirklich ein tolles Arbeiten ausmacht. Also ja, klar, ich pendel, ich komme da immer aus Hamburg hin. Das ist immer ein Ritt. Aber wenn ich dann da bin, dann macht das echt was mit einem. Und das ist auch so, wenn wir Besucher haben oder wenn wir Recruiting machen, ist das Also ohne Ausnahme so, dass die Menschen da reinkommen und erstmal wirklich begeistert und angefasst sind darüber, was das für eine Firmenzentrale ist. Wir hatten vor einiger Zeit auch mal so ein Führungskräftetraining aus der Otto Group bei uns. Und das ist schon spannend zu sehen, was das mit Menschen macht, wenn man eben, klar ist das super, was die Google, die Facebooks, aber auch die Otto Group hier in Hamburg, was die für einen Campus da hinstellen. Das ist echt irre, super toll. Aber es ist nochmal was anderes, es ist super authentisch, was wir da in Waltrop haben. Wir sind in Waltrop ungefähr 150 Menschen bei uns in der Zentrale. Und über die Standorte verteilt, also in den Warenhäusern, wie wir sie nennen, als auch in den Magazinen und Brot- und Buttergastronomien, sind es dann nochmal ungefähr 450 Köpfe obendrauf. Also in Summe um die 600 Menschen in der Manufakturgruppe.
Matthias Weigert: Also auch schon eine signifikante Größe. Jetzt ist es ja so, dass du sagst, Brot und Butter produziert. Seid ihr auf den guten Dingen ansonsten eher Händler oder habt ihr mittlerweile auch Eigenmarken, die ihr aufbaut und auch über eure Filialen und den Onlineshop vertreibt?
Max Heimann: Also wir haben ein paar Eigenmarken, aber nicht so viele, wie das glaube ich sein könnten. Das ist ein bisschen unterschiedlich ausgeprägt, aber ich glaube, durch die sehr klare Positionierung werden wir weniger als Händler denn als Marke wahrgenommen. Für viele unserer Kunden und auch für viele unserer Lieferanten ist es so, dass die Aufnahme in unser Sortiment ja gefühlt schon so ein Stück Qualitätssiegel ist. Also wir reden ja nicht nur über Nachhaltigkeit in Zeiten, in denen irgendwie Waffenproduzenten und Ölbohrer irgendwie einen Nachhaltigkeitsbericht haben, sondern wir versuchen das dann ja auch wirklich zu untermauern mit irgendwie der Langlebigkeit unserer Produkte, der Reparierbarkeit unserer Produkte. Also das ist unfassbar, was für ein Sammelsurium an Ersatzteilen wir für all die Produkte haben, die wir vertreiben. Es geht um Funktionalität und auch um Wiederverwendbarkeit. Und das sind, glaube ich, so vier ganz konkrete Begriffe, die man an unsere Produkte heften kann, die deutlich machen, dass es eben nicht nur irgendwie das nächste Greenwashing ist, sondern dass es uns ernst ist und dass das in der DNA der Firma seit 32 Jahren oder jetzt 33 Jahren fest verankert ist.
Matthias Weigert: Jetzt reden wir ja über das Thema Digital und Digitalisierung. Da ist ja, wenn ich jetzt andere Unternehmen angucke, dieses Thema Kunde, Kundenzentrierung, Verstehen von Kundenreisen, Punkte, wo der Kunde mit uns in Kontakt tritt. Wie nehmt ihr das auf? Wir haben eben viel über Produkt, viel über die Eigenschaften auch gesprochen. Wie sieht es auf der Kundenseite aus? Wie kriegt ihr das verknüpft?
Max Heimann: Also wir sind, glaube ich, ganz gut darin zu verstehen, wie unser digitaler Kunde tickt. Da haben wir ein ganz gutes Verständnis für und wir sind dabei, das auch besser zu verstehen, wenn es um unseren stationären Kunden geht. Wir hatten vor Corona angefangen, in so einem kleinen Below-the-Radar-Test mal auszuprobieren, wie ein Manufaktumkunde auf eine Kundenkarte, Kundenkarte reagieren würde, die jetzt nicht nur irgendwie so à la Payback mit irgendwie x% off oder so aufgeladen ist, sondern ein paar andere Mehrwerte mitbringt. Das waren super spannende Erkenntnisse. Also wie gesagt, 3000 Kunden, die das im Großraum Frankfurt vor Weihnachten letzten Jahres bekommen haben. Wir haben damit in der Verbindung auch mit über 10%. 10% der Gruppe Interviews geführt und haben im Nachgang nochmal mit knapp 2000 Menschen online eine Befragung dazu durchgeführt, die uns super Erkenntnisse gegeben hat. Dann ist Corona um die Ecke gekommen, dann haben wir das Projekt jetzt erstmal pausieren müssen, weil es eben nicht so sinnvoll ist, so ein Ding weiterzumachen, wenn niemand mehr in deine Läden kommen kann. Aber da entwickeln wir uns natürlich weiter, weil wir versuchen, irgendwie besser zu verstehen, sind das eigentlich reine Digitalkunden oder sind das reine Stationärkunden? oder gibt es da auch eine Wechselwirkung, wenn ja, wie? Und da sind wir sozusagen auf der Reise ein besseres Gefühl dazu für bekommen, wie das funktioniert. Und ansonsten sind wir, glaube ich, auch in unserer digitalen Reise, in unserem Kulturwandel, den wir bei Manufaktur machen, schon so, dass wir immer stärker, ich will nicht sagen, dass wir weg vom Produkt kommen, aber sehr lange war so gefühlt das Produkt absolut heilig. Und inzwischen gibt es auch die klare Erkenntnis, und das wird auch von allen so gelebt, dass wir vom Kunden kommen müssen, um dann zu sehen, was vernünftig passt. Wir dürfen dem Kunden jetzt auch nicht einfach nur nach dem Schnabel reden. Wir haben ja eine Haltung, die wir mitbringen und eine Überzeugung. Wir sind da ja wirklich Überzeugungstäter. Das funktioniert ja nicht am Markt vorbei. Und ich glaube, in der Vergangenheit sind wir vielleicht an der einen oder anderen Stelle mal so ein bisschen mit erhobenem Zeigefinger und oberlehrerhaft wahrgenommen worden. Das ist, ich glaube, ein Bild, was nicht wirklich gut zu uns passt. Wir haben da viel mehr zu erzählen und wir haben da auch eine andere Attitude, will ich mal sagen. Und wir versuchen, das Ganze jetzt irgendwie nahbarer und erlebbarer zu machen. Und das ist uns in den letzten dreieinhalb Jahren ganz gut gelungen.
Matthias Weigert: Wie hilfst du den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die heute sehr stark noch aus diesem Produktdenken kommen, weil sie verstanden haben, dass das ein wahnsinniger Mehrwert auch ist, den ihr vermittelt, diese andere Denkweise auch ein Stück stärker zu positionieren? Was macht ihr da?
Max Heimann: Wir versuchen deutlich zu machen, warum das wichtig ist, von der anderen Seite zu kommen. Wir untermauern das mit Beispielen. Wir zeigen, was passiert, wenn wir gewisse Dinge nicht tun und wozu das dann im Customer Service führt. Versuchen dafür zu sorgen, dass jeder mal sich in den Customer Service setzt. Das ist ein Customer Service Center, das wir selber betreiben. Da sitzen also irgendwie etwas mehr als 20 Menschen bei uns in Waltrop und bedienen die Telefone, nehmen die Aufträge, aber kontaktieren. kümmern sich vor allem um Kundenanfragen, wenn es um spezifische Fragen zu einem Produkt geht. Aber da kriegt man natürlich auch mit, welche Fuck-Ups wir in unserer Abwicklung oder Logistik haben oder irgendwas komisch Eingepacktes oder was auch immer. Also da sind wir bei Weitem nicht perfekt. Ein Leben ohne Plastik gibt es ein Buch bei uns. Das heißt so, das kam in seiner Ursprungsversion in einem Plastikeinwand. Also nicht aufgepasst. Aber wenn wir jetzt immer nur warten würden, bis alles perfekt ist und wir alles richtig machen, dann würdest du nie starten, sondern man muss mal loslegen und auch zu seinen Unzulänglichkeiten stehen. Da arbeiten wir dran, versuchen das besser zu machen, jeden Tag aufs Neue und haben auch einen tollen Kollegen, der inzwischen ein kleines Team hat, der es geschafft hat zu zeigen, dass Daten nicht nur irgendwie schnöde Listen sind, sondern der auch mit entsprechender Visualisierung in der Lage ist, auch Menschen, die keinen so guten Zugang zu Zahlen haben, zu zeigen, was passiert da eigentlich mit meinem Produkt, mit meinem Sortiment, mit einer bestimmten Kundengruppe. Und ich glaube, das hat schon sehr stark geholfen, allen ein besseres Verständnis zu geben. Und dann machen wir natürlich auch, also das ist jetzt kein BI-Heini, der sich da hinter seinen Daten verschanzt mit seinem Team, Die gehen aufeinander zu, die sehen sich jetzt auch nicht irgendwie so als Auftragsempfänger, aber die haben schon sehr klar formuliert, gebt uns konkrete Fragestellungen mit einem Ziel, was beantwortet werden soll und dann sind wir da, um euch zu helfen. Und ich glaube, dieser Schulterschluss, nicht einfach nur mal eine Frage rüberwerfen und beantworte mal, sondern gemeinsam sich Lösungen zu nähern, hat da schon stark geholfen, aufeinander zuzugehen.
Matthias Weigert: Super. Bevor wir noch weiter auf die Themen Team, Personal eingehen, vielleicht noch zwei Vertiefungen zum Geschäftsmodell. Du sprichst von zeitlosen Dingen. Wie finde ich zeitlose Dinge?
Max Heimann: Also wir haben im Produktmanagement, haben wir Experten, die von Eigenentwicklung über, ich stöber über irgendwelche Flohmärkte. Ich finde wilde Lieferanten, kleine Manufakturen, die irgendwo versteckt sind. Also das sind wirklich Trüffelschweine. Sachen-Sucher, die absolut in ihrer Materie sind. Also Küche, unser Küchen-Product-Manager ist ein ehemaliger Koch, studierte Gärtnerin macht unseren Gartensortiment. Also da sind Leute mit einer unfassbaren Expertise, die sich um diese Themen kümmern. Aber wir werden auch immer wieder angesprochen von Menschen, die mit uns was gemeinsam machen wollen oder die eine Idee haben oder die schon ein konkretes Produkt haben, denen wir dann auf die Sprünge helfen und das weiterzubringen. Also das ist Unterschiedlich. Und das sind vom bewährten Klassiker bis hin zu irgendwelchen mit innovativen Technologien gefertigten Dingen. Also das ist eine große Bandbreite, aber eben auch Hersteller, Manufakturen in Deutschland, die, weil es uns gibt, überhaupt ihre, also das sind teilweise ausbildende Berufe, also hier die Herder Messerschmiede in Solingen, das ist, glaube ich, eine der letzten in ihrer Art, die gewisse Ausbildungsberufe überhaupt noch macht und produziert. Das funktioniert auch, weil wir eben ein großer Partner von denen sind und das macht uns natürlich auch Freude. Und wenn man mal da gewesen ist und gesehen ist, wie in über 60 Schritten ein Messer hergestellt wird, dann hat man hinterher auch ein besseres Verständnis dafür, warum das nicht irgendwie wie so ein Messerblock mit fünf Messern für 25 Euro beim Discounter. Aber lieber ein Messer gut als eben die fünf Messer.
Matthias Weigert: Wie viel Digitales da drin? Das klang alles sehr analog, das ist ja nachvollziehbar. Habt ihr in dem Scouting auch digitale Elemente? Ich denke gerade mal auch jetzt nicht nur an die Umgebung, sondern auch wenn man schaut, denn gute Dinge, schöne Dinge finde ich ja nicht nur in Europa, sondern da bin ich ja eigentlich weltweit aktiv.
Max Heimann: Ja, genau. Aber wir haben natürlich auch digitale Tools, die wir nutzen. Wir tracken natürlich auch, was trendet in Suchen, was beschäftigt die Menschen in unterschiedlichen Kanälen. Das schauen wir uns schon sehr stark an. Aber wir haben zugegebenermaßen einen sehr europäischen Fokus, weil wir versuchen auch, die Produkte, die wir haben, eben aus unserer Nähe zu beziehen. Und die Produkte, die wir aus China haben, das ist also gefühlt fast an der Hand abzuzählen. Und dann sind es welche, weil die Herstellungskunst oder Art eben in dieser Region verankert ist, weil es bestimmte Materialien gibt, die von daher kommen, dann ist das so. Aber mag sein, dass das analog klingt, aber ich hatte ja auch gesagt, also die Hälfte unseres Geschäftes und inzwischen mehr findet digital statt. Und natürlich ist das was, was unsere Firma sehr prägt. Und da haben wir auch partizipiert davon, dass wir in einer großen Gruppe hängen und uns auch mit unseren Kollegen super austauschen können. Also da gibt es ja alle naselangen Best-Practice-Clubs auf allen Ebenen, von der Geschäftsführung mit Vorständen bis hin zu Spezialisten in Data Science oder Such-Online-Marketing-Themen. Das ist super und das wird auch von unserem Team extrem stark wahrgenommen. Da kann auf einmal ein junger Online-Marketeer sich mit gefühlt den Besten dieses Landes irgendwie austauschen, ohne irgendwie Berührungsängste zu haben. Das ist super.
Matthias Weigert: Das war mein nächstes Stichwort. Wie stark unterstützt es euch, diese große Gruppenintegration? Wie stark hemmt es euch? Ich habe mal in einem anderen Artikel gelesen, dass die Otto Group in der Lage ist, den Absatz vorherzusehen bis zu einer gewissen Prozentsatz. Ist das etwas, was ihr, wenn wir jetzt mal auf die andere Seite gucken wollen, auch könnt, auch nutzt? Oder gibt es irgendwo auch Grenzen zwischen dem, wie die Manufaktum auftritt und andere Otto-Töchter?
Max Heimann: Also das mit dem Vorhersagen in Corona-Times ist spannend. Da liege ich auch immer so im Clinch irgendwie mit dem Teilungscontrolling. Danke für die Bierdeckelrechnung von vor zwei Wochen, jetzt bitte belastbare Prognosen. Finde ich es in diesen Zeiten besonders herausfordernd. Ich glaube, dass die Prognosen, die wir liefern, in der Vergangenheit und auch aktuell ganz gut sind. Wir sind da bis jetzt ganz gut durchgekommen, aber jetzt wird es Herbst, es wird kalt, Grippewellen kommen, weiß nicht, was da noch. Also wir haben ein relativ substanzielles Umsatzrisiko stationär für Weihnachten. Das macht einen Großteil unseres Umsatzes aus, werden wir sehen. Aber natürlich partizipieren wir davon und die Otto Group behindert uns null. Also mein Kollege und ich, Kai, der für Product und Brand verantwortlich ist, wir haben da echt maximale Handlungsfreiheit. Na klar, wir haben wie jedes andere Unternehmen auch einen Beirat, der besteht aus zwei Gruppen. Vorständen der Otto Group und natürlich challengen die uns und da gibt es auch ambitionierte Ziele, aber wir haben einen klaren Plan, den wir verfolgen, den haben wir bislang mit unserer Mannschaft auch super umsetzen können. Wir haben echt eine vernünftige und tolle Entwicklung, auf die wir gerne zurückschauen. und mit einer erfolgreichen Entwicklung werden natürlich auch die Handlungsspielräume immer größer und bist du nicht so sehr unter dem Radar, wie wenn es jetzt irgendwie nicht laufen würde. Aber da haben wir an vielen Stellen auch Glück gehabt, aber muss man sich auch erarbeiten. Und das ist ein gemeinsamer Ansatz, also das fängt bei Kai und mir gemeinsam an und kaskadiert dann runter auf unsere Teams, wo wir toll zusammenarbeiten und auch die Unternehmung in ihrer Kultur stark weiterentwickelt haben. Ich habe dann eine Zeit lang die Geschäftsführung alleine gemacht, bevor Kai gekommen ist, als mein letzter Geschäftsführungspartner gegangen ist. Und die erste Aktion, die ich gemacht habe, ich habe die Trennwand zwischen den beiden Geschäftsführerbüros entfernt und habe somit als auch Signal an die Mannschaft gesagt, so hey, egal wer da jetzt kommt, das muss mit uns beiden funktionieren, wir müssen hier auch bei der Größe unserer Unternehmung wissen, was der andere tut, das muss transparent möglich sein und das ist die Erwartung an uns als Geschäftsführung, aber dann ist das unsere Erwartung an euch auch und ich hatte diese Signalwirkung oder die Symbolwirkung dieser mauerfreien Büros voll unterschätzt. Das ist so ähnlich wie in der Otto Group das Du. Das hat überhaupt nichts gekostet, aber auf einmal kommst du vom Sie über das Du zum gemeinsamen Wir. Und so ähnlich hat das mit dieser Scheibe auch funktioniert, die dann auf einmal weg war. es dann keine Ausreden für Silos oder sonst irgendwas gab. Ich will jetzt nicht sagen, dass die alle komplett aufgehoben sind, aber das hat auf jeden Fall geholfen. Und was ich auch sagen muss, wir haben schon vor, ich glaube, zweieinhalb Jahren oder zwei Jahren Teams eingeführt. Das hat ehrlich gesagt so ein Schattendasein geführt, aber es war immer da. Aber das hat uns natürlich jetzt auch positiv brutal geholfen. Und wir haben von jetzt auf gleich in dieser Pandemiesituation reagieren können. Das hat super für uns funktioniert. Wir haben sogar innerhalb von wenigen Tagen das gesamte Customer Care nach Hause schicken können und die von zu Hause arbeiten lassen. Also ich würde schon sagen, dass ein großer Anteil digital in dieser Firma steckt, auch wenn der Anblick, wenn man in unsere Warenhäuser kommt, natürlich erstmal sehr analog und sehr haptisch ist. Aber das ist kein Widerspruch.
Matthias Weigert: Darüber würde ich gerne nochmal ein bisschen mit dir sprechen. Du hast gesagt, 50 Prozent, glaube ich, des Umsatzes waren zu Normalzeiten circa digital. Wie seid ihr vorgegangen in dem Thema Aufbau des dann ja auch Nachhaltigen? Denn die Adjektive, die du verwendest, sind ja sehr differenzierend, sehr nachhaltig gewählt. Das ist ja sicherlich auch ein Spiegel eurer Geschäftsaktivität, die du ja auch beschreibst bei der sehr detaillierten Auswahl der Lieferanten. Wie seid ihr da vorgegangen bei dem Bau des Geschäftsmodells? Gibt es da so Dinge, wo du sagst, rückblickend, das hat extrem gut funktioniert oder da waren sicherlich auch Herausforderungen?
Max Heimann: Also Bau des Geschäftsmodells, da wäre ich vorsichtig. Die Firma gibt es ja 33 Jahre, da will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken. Aber ich glaube, wir haben die Unternehmung auf einer Reise begleitet und Wir haben vor ein paar Jahren einen Impuls aus Hamburg bekommen, der war, glaube ich, gut gemeint, der hat dann nicht so gut funktioniert. Ich glaube, er war nicht spezifisch genug auf Manufaktum gemünzt, war aber als Impuls immer noch Veränderungen anzustoßen wichtig und richtig und hat auch dazu geführt, dass wir infrastrukturelle Veränderungen vorgenommen haben oder vornehmen mussten. ohne die wir heute sehr nackt dastehen würden und auch die letzten zwei Jahre nicht vernünftig hätten machen können. Also das war wertvoll. Aber ich glaube dann in unserer Go-to-Market-Strategie ist es sehr wichtig, darauf zu gucken, dass wir eben nicht, wir ticken eben anders und unsere Kunden auch. Ich habe immer, als ich das in meiner alten Rolle des Strategiechefs der Otto Group irgendwie gehört habe, Und wenn es irgendwie um die Vorbereitung der Vorstandsjahrestagungen ging, die Unternehmen sollten sich da irgendwie entsprechend vorstellen, damit die Vorstände einen Blick hatten. und dann war es immer so, ja Manufaktum, wir sind anders, geht alles nicht und so bla bla bla. Das sage ich heute nicht mehr, aber ist schon sehr anders. Und wir haben erkennen müssen in den Annahmen von damals, dass die Marketing-Tools, die für einen Otto oder einen Bonprix funktionieren, für uns nicht funktioniert haben und uns eher wahnsinnig viel Geld gekostet haben. Aber mein Gott, es war eine teure Lernerfahrung. Wir wissen jetzt, was wir nicht machen dürfen und finden jetzt für uns einen guten Weg in der Mischung aus digitalen Impulsen, aus analogen Impulsen, aus der vernünftigen Nutzung unserer Warenhäuser. Wir machen zum Beispiel über 400 Veranstaltungen in unseren Häusern, also als es noch ging natürlich. Wie schärfe und schleife ich meine Messer? Wie gehe ich vernünftig mit einer Rasur- und Bartpflege um? Wie putze ich meine Lederschuhe richtig? Super breites Spektrum an unserem Standort in Waltrop finden zweimal im Jahr. Einmal die Gartentage, das ist im Frühjahr und die Herbsttage, wie gesagt, im Herbst statt, wo wir dann auch mit unseren Lieferanten ein großes Happening haben. Die stellen sich vor, wie man das macht. Also Herder ist da und da werden Messer gereitet, also zusammengebaut. Das ist super spannend und da kommen die Menschen und gucken sich das an. Aber genauso versuchen wir über ein Manufaktum-Journal, das ist jetzt auf unserer Shop-Seite eine eigene Kategorie, wo es eben Hersteller-Videos gibt, wo es How-To-Guides gibt. Also versuchen diese beiden Sachen, Welten, je nachdem, was der Kunde sich lieber wünscht, zusammenzuführen und denken da weniger in diesem Kanal oder jenem Kanal, sondern so, was will denn der Kunde eigentlich? Wenn der Kunde lieber stationär unterwegs ist, dann muss die Reise so geplant werden und wenn er lieber digital unterwegs ist, dann planen wir die Reise eben anders und können sie auch verbinden und bislang funktioniert das gut.
Matthias Weigert: Magst du uns ein bisschen was verraten, nochmal, wie ihr im Digital-Team aufgestellt seid? Was es da so an unterschiedlichen Themen gibt, die ihr selber baut, selber macht oder auch dann zukauft?
Max Heimann: Also deswegen so ein bisschen, welche Rollen ihr habt und gespielt. Also wir haben die gesamte Shop-Plattform, die wir damals gebaut haben, die ist komplett selbst entwickelt. Das war die Entscheidung, die damals getroffen worden ist. Aber wir haben einen Monolithen abgelöst und dann jetzt auf Microservice basierende Plattform da, die super flexibel ist, die super erweiterbar ist. Wir haben das lange Zeit mit einem Agenturpartner zusammenentwickelt, aber haben jetzt eine Entscheidung nachgeholt, die wir vor ein paar Jahren verschoben haben, dass wir gesagt haben, wir wollen die Entwicklung komplett inhausen und haben da auch neue Entwickler ins Team geholt. Wir haben einen Kollegen aus Indien dazu geholt, der sogar nach Waltrop gezogen ist, aber ist der erste Kollege, der kein Deutsch spricht. Also für uns auch eine super Erfahrung, aber auch eine ganz, also nicht nur, weil der Kollege fachlich super ist, aber es war auch eine ganz bewusste Entscheidung, das zu tun, weil es für uns als kulturprägendes Element auch wichtig ist, da nochmal den nächsten Schritt zu gehen. Insofern, das ist der eine Teil unseres Teams. Wir haben ein Product-Team und dann haben wir das Online-Marketing- und CRM-Team mit dann den unterschiedlichen Bausteinen wie Newsletter und Online-Marketing etc.
Matthias Weigert: Und jetzt hast du eben schon Waltrop angesprochen, du hast den Kollegen angesprochen, der von weiter herkommt. Wie schafft ihr es, Leute, die ja passioniert sind in ihrer Disziplin, dann auch nach Waltrop zu bekommen? Oder gibt es auch mehrere Personen bei euch, die auch so ein ähnliches Modell haben, dass du pflegst, dass sie handeln? Wie kriegt ihr so die Attraktivität der Menschen?
Max Heimann: Für so Produktexperten sind wir dadurch, dass wir machen, was wir machen, ein heißes Pflaster, würde ich mal sagen. Auf der Tech-Seite ist es so, dadurch, dass wir das selbst gebaut haben, ist das für Entwickler spannend. Aber natürlich ist der Standort kein Vorteil. Also keine Frage. Und jetzt ist die Frage für mich nicht, werden wir remote first oder nicht, sondern wir stellen uns jetzt die Frage, wie gehen wir grundsätzlich mit den neuen Verhältnissen um, was macht das mit uns? Aber Suche von Kolleginnen und Kollegen ist für uns nicht leicht. Das muss man ganz klar so sagen. Und da gibt es auch bei aller Herrlichkeit um unsere tolle Marke und tollen Produkte und das fantastische Zentrale, die wir haben. In der ehemaligen Lohnhalle ist inzwischen unser Restaurant mit einem super Koch. Also wir haben wirklich top Bedingungen da, aber darf man sich nichts vormachen. Es ist Waltrop und das ist nicht der Nabel der Welt. Es ist nicht Berlin, es ist nicht Hamburg, es ist nicht München. Aber es ist im Ruhrpott schon fest verankert und da sitzen ja auch schon relativ viele Menschen. Für viele Menschen dort ist das Pendeln kein großes Thema. Also auch morgens irgendwie 45 Minuten oder so im Auto zu sitzen, Ist da ja keine Seltenheit. Wir haben Kollegen, die in Köln und in Düsseldorf wohnen. Also das ist alles irgendwie machbar, macht die Suche dann ein bisschen einfacher, aber eben nur ein bisschen einfacher. Das macht sie nicht leicht. Das ist ganz klar.
Matthias Weigert: Und dennoch habt ihr euch ja bewusst dazu entschieden, nicht wie viele andere den Weg zu gehen nach Berlin oder München oder Köln, sondern ihr habt euch entschieden, weiterhin auch am Standort diese, neben dem analogen, auch die digitalen Themen weiterzuentwickeln.
Max Heimann: Also im Moment ist das so. Wir haben auch in der Vergangenheit mal, da gab es eine große Diskussion über, brauchen wir einen Satelliten in Berlin? Das haben wir damals verworfen, weil wir als Organisation auch gar nicht so weit gewesen wären, dass wir diese Menschen vernünftig hätten onboarden können. Und das ist ja auch eine Frage der Identität. Also es geht ja nicht nur darum, irgendwie Söldner an Bord zu holen, dann kannst du mit jedem Freelancer aus, ich weiß nicht, Belgrad oder sonst wo arbeiten. Aber es geht ja darum, diesen, du hast es ja gesagt, also die passionierten Fachexperten zu haben, aber denen auch das passionierte Manufaktum-Gefühl rüberzubringen, was mir auch ein Stück weit gelingt. Und das ist ja eine spannende Frage nach vorne raus. und dann ist ja nicht die Frage, brauchen wir einen Satelliten in XY, sondern Die Frage hat sich ja selbst beantwortet. Also für uns hat diese Krisenzeit zusammenarbeitsmäßig super funktioniert, egal wo die Menschen waren. Und das bietet uns jetzt ganz neue Möglichkeiten und Chancen, über die wir jetzt sprechen. Und ich glaube, wir haben uns in den vergangenen drei Jahren toll weiterentwickelt, aber so einen großen Sprung, wie wir jetzt gemacht haben, den hätten wir ohne Corona nicht gemacht. So ehrlich müssen wir sein. Und da ist jetzt nicht mehr die Frage nach Satellit in Hamburg oder Berlin oder sonst irgendwo, sondern wie schaffen wir es, auch in der Zukunft Menschen von Manufaktum zu überzeugen, aber auch ein identitätsstiftender Arbeitgeber zu sein, also nicht nur reines Söldnertum. Und da beschäftigen wir uns im Moment intensivst mit, ist neben den Go-to-Market-Themen das wichtigste Thema, das uns gerade auch in der Geschäftsführung umtreibt. Das diskutieren wir mit Gruppen aus unserer Organisation. Wir haben eine riesige Umfrage mit der Zentrale gemacht. Wie ist es euch ergangen? Was hat funktioniert? Was hat nicht funktioniert? Knapp 90 Prozent Rückmeldung mit auch unfassbar vielen qualitativen Ideen und Impulsen, was natürlich total Mut macht und uns auch daran bestätigt, da einen Weg zu gehen, der neu ist. Und wir haben klar kommuniziert, dass wir bereit sind, weit zu springen. Aber das bringt nichts, wenn Max und Kai weit springen wollen, sondern wir müssen das gemeinsam hinkriegen und da kommunizieren. gilt es jetzt, den richtigen Weg für Manufaktum zu finden. Und da muss ich ehrlich sein, da weiß ich selber noch nicht genau, wie der ist, weil es bei diesem Thema eben kein schlaues Buch gibt, was du aufschlägst und dann lesen kannst, das ist die Lösung, die bei anderen funktioniert hat. Klar schauen wir, was bei anderen funktioniert. Wir schauen auch nach Skandinavien, was da schon seit Jahrzehnten irgendwie gut funktioniert. Was können wir davon adaptieren? Weil es natürlich auch darum geht, so Wie geht man mit Zufriedenheit und Glück um? Wie passt das aber dann auch mit Leistungsfähigkeit zusammen? Wie bringt man dann Identität dann noch mit ins Spiel? Also das sind, glaube ich, viele wichtige Themen, die uns ja total umtreiben. Und ich bin mal gespannt, wie weit wir da kommen werden.
Matthias Weigert: Ich glaube, auch das ist die Erkenntnis, die wir zumindest haben, ist, dass die Kunden, die wir begleitet haben, eben auch eher an den Standorten das aufbauen, sei es im schönen Frankenland, in der Porzellanmanufaktur oder in Solingen und nicht eben in die großen Digitalmetropolen gehen. Jetzt habt ihr ja diese spannende Kombination aus zum einen eben in Waltraub, ein Team, das dort arbeitet und dezentral auch unterschiedliche Filialen hat. Jetzt ist es ja immer wieder auch wichtig, Menschen mitzunehmen, Menschen weiterzuentwickeln. Wie geht ihr da mit diesem Thema um? Weil das stelle ich mir schon herausfordernd vor, wenn du auf der einen Seite viele unterschiedliche Standorte betreust mit durchaus erklärungsbedürftigen Produkten. in Teilen und auf der anderen Seite dann eben auch dieses zentrale Team hast. Wie löst ihr das ein Stück in der Entwicklung eurer Menschen und helft ihnen kontinuierlich besser zu werden?
Max Heimann: Also wir versuchen das zu lösen. Ich sage nicht, dass uns das immer auch super gelingt. Auch hier profitieren wir immer wieder von Impulsen, die wir aus Hamburg bekommen, weil du kulturwandlerische Teams in allen Gesellschaften hast. Aber wir versuchen schon an größere kulturprägende Events, die die Standorte mit einzubinden. Also dann ist es oft so, dass wir die Standorte nutzen, auf bestimmte Fragestellungen dann den Kundenimpuls zu liefern. Also wir erklären den Standorten, wir haben in Waltrop irgendwie eine, weil wir eben im Fußballzentrum Deutschlands liegen, haben wir das dann das Trainingslager genannt oder wir hatten im Rahmen einer Otto-Glub-Veranstaltung eine Leitbildwoche. Wir versuchen zu erklären, was der Hintergrund ist und kriegen dann spezifische Kundenimpulse, die in den Standorten gesammelt werden, die die dann uns liefern und die kriegen dann zurück, was wir daraus gemacht haben, welche Impulse da zurückkommen. Die nehmen dann ausgewählte Teilnehmer, nehmen dann als Botschafter teil und können dann zurückmelden oder melden dann zurück in ihre Standorte, was uns so umtreibt, wie das vorangeht. Aber es ist natürlich nicht immer möglich, alle Kolleginnen und Kollegen gleich gut mitzunehmen. Gleichwohl haben wir unsere sogenannten Manufaktumrunden, also das ist unser All Hands, alle adressieren. Also da sind alle dabei. Wir sprechen auch ganz bewusst die Standorte an, weil sie eben für uns auch wichtig sind und weil wir auch in Zukunft daran glauben, dass Retail funktioniert. Also für uns funktioniert es jedenfalls extrem gut und wir sind in den letzten Jahren auch erfolgreich gewachsen, egal was alle anderen dazu sagen. Also Ich fühle mich immer so ein bisschen leicht angesprochen, wenn es immer heißt, das ist alles Schrott und da sollte man gar nicht sich weiter mit beschäftigen und man sollte alles nur noch digital machen. Also wir können für uns sagen, dass unser Konzept stationär sehr gut funktioniert und dass wir auch erfolgreich die letzten Jahre gewachsen sind und auch Wachstumsraten haben, die, glaube ich, im deutschen Einzelhandel einzigartig sind. Aber das funktioniert eben, weil wir dieses besondere Sortiment haben. Ich glaube auch, weil wir ein gutes Zusammenspiel der unterschiedlichen Kanäle haben. Das versuchen wir nach vorne weiter so zu machen und versuchen die Kollegen eben aus den Standorten so gut es eben geht mitzunehmen. Und wenn wir jetzt über neue Arbeitsmodelle sprechen, dann ist das natürlich erstmal für die Tätigkeiten in der Zentralindustrie. Weil ich im Moment noch keine Lösung dafür habe, wie ich in einer kundennahen Beziehung an Öffnungszeiten gebunden jetzt irgendwie andere Arbeitsformen finde. Natürlich müssen wir uns damit auch beschäftigen, aber jetzt geht es im ersten Schritt mal um die 150 Menschen, die da in der Zentrale sitzen. und wie schaffen wir es da, neue Arbeitsmodelle zu finden und Arbeitsformen zu finden. Versuchen aber digital, aber auch physisch unsere Kollegen in den Standorten mitzunehmen. Super.
Matthias Weigert: Das war, glaube ich, nochmal ein schöner Impuls. Auch an der Stelle eben nicht alles ist digital. Es wird in Teilen digitaler. Auch ein differenzierter Blick sicherlich auf die Digitalisierung des Commerce. Was ich nett fand, war auch die Beschreibung, die du nochmal genannt hattest, des Reiseleiters eher auf der Digitalreise. die ihr beschrieben habt und beschritten habt. Abschließend würde ich gerne nochmal drei Fragen so ein bisschen mit dir besprechen. Das eine ist das Thema, wie du dich selber digital hältst tatsächlich. Also was machst du, um eben dann auch am Puls der Zeit zu bleiben, nicht nur auf der Produktseite, das habe ich verstanden, aber auch so, was machst du selber digital? um Trends zu erkennen?
Max Heimann: Also ich versuche mich viel mit Kollegen auszutauschen. Dann nutze ich eben auch die große Bandbreite in der Group und versuche auch in Themen einzutauchen, die mir jetzt nicht so leicht von der Hand zu gehen. Und da gibt es ja auch immer wieder tolle Podcasts, die man nutzen kann mit mit echt spannenden Menschen, die viel erzählen. Und dann, wenn ich da was aufschnappe, dann versuche ich das bei Experten irgendwie in der Group oder woanders irgendwie nochmal zu vertiefen und mit denen in den Austausch, in den Ring zu steigen. Genauso wie mit den Kollegen bei uns in der Organisation. Da sind ja auch welche dabei, die in Themen digitaler sind, als ich das bin, weil die da einfach irgendwie eine Fachexpertise haben, die ich nicht habe. Ich versuche dann auf jeden Fall ein Verständnis für die Themen aufzubauen, dass ich das dann auf meiner Flucke irgendwie einbauen kann in die Bewertung der Dinge. Gehe ab und zu auf Konferenzen, im Moment ist das nicht möglich, dann macht man sich halt digital das auch und dann weiß ich nicht, was man eben so digital den lieben langen Tag so mitnehmen kann. Und ich glaube, digital sein ist auch ab und zu mal nicht digital zu sein, um da mal rauszukommen und sich rauszunehmen und versuchen dann hinterher wieder wertzuschätzen, dass das mit dem Digitalen ganz gut ist.
Matthias Weigert: Bist du eher ein ausprobierender Mensch, der, wenn er jetzt auch neue Produkte kriegt, die testet, die probiert oder bist du eher einer, der sich das erstmal nur anschaut und liest?
Max Heimann: Sowohl digital als auch analoge Produkte probiere ich aus.
Matthias Weigert: Sehr schön. Wie bildest du dich weiter? Gibt es noch irgendwas anderes, wo du sagst, da kriegst du eine Inspiration, auch vielleicht für unsere Hörerinnen und Hörer, was du machst? Ihr beschäftigt euch ja schon sehr stark auch mit Traditionellem. Gibt es irgendwas, wo du sagst, das hat dir unheimlich gut geholfen, jetzt auch so ein so eine Reflexion zu bekommen.
Max Heimann: Ich hatte die Gelegenheit, mal auch an Singularity University Events teilzunehmen. Das fand ich super spannend und extrem hilfreich, wobei ich viele Sachen da auch extrem kritisch sehe und die auch nicht Antworten auf alles haben. und ich auch mit einigen Antworten, die die haben, ohne dass jetzt irgendwie im Detail vertiefen zu wollen. Das wäre wahrscheinlich irgendwie zwei oder drei Podcast-Serien. Aber mit gewissen Antworten auch echt nicht konform bin. Aber das war spannend. Also na klar, solche Möglichkeiten gibt es extern. Es gibt, kann man ja auch mal sagen, also Techucation, das ist so ein digitales Fortbildungsprogramm, das über die gesamte Otto Group ausgerollt wird. Also vom Lagerkollegen bis hin zur Geschäftsführung und Vorstand. ist das ein Programm, was dann eben zielgruppengerecht ausgerollt worden ist, wo es um digitales Lernen geht in unterschiedlichen Kategorien. Das ist auch super spannend, hilft auch super gut. Ich glaube, nur wichtig ist auch so ein bisschen bei sich selber zu bleiben und für sich klar zu haben, was dein eigener irgendwie Werte- und Haltungskompass ist. Weil, also ich habe es ja gesagt, also so Kollegen, also das sind brillante Menschen, die da in der Singularity sind und rumforschen, aber deshalb muss man das trotzdem nicht alles richtig und gut finden.
Matthias Weigert: Perfekt, vielen Dank auch dafür, für die offenen Worte. Die letzte Frage, Max, wie können Hörerinnen und Hörer mit dir in Kontakt treten, die das, was ihr macht, spannend findet und im weiteren Austausch sein möchten?
Max Heimann: vorname.nachname.manufaktum.de, da bin ich. Also ich kriege auch wahnsinnig viele LinkedIn-Anfragen, da weiß ich immer nicht so richtig, wie ich damit umgehen soll, weil ich das bisher und sehr lange irgendwie für die Menschen gepflegt habe, die ich auch wirklich kenne und die ich zuordnen kann. Da kann man mir natürlich folgen, wenn ich mal was loswerde, aber da bin ich eher ein bisschen restriktiver. Sehr gut.
Matthias Weigert: Vielen Dank für das offene und wirklich differenzierte, spannende Gespräch.
Max Heimann: Danke dir, Matthi.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung: Der Spagat zwischen digitaler Transformation und Unternehmenskultur ist eine echte Herausforderung. Doch keine Sorge, mit Mathias Weigert hatten wir dazu regelmäßig einen Gastmoderator, der dir zeigt, wie echter Kulturwandel funktioniert, wie das digitale Mindset ins Team kommt und wie du digitale Talente findest.