Die digitale Transformation des 1. FC Köln

8. November 2019, mit Mathias Weigert

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Matthais Weigert: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen People-First-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Matthias Weigert und ich bin Geschäftsführer der Unternehmerschmiede. Die Unternehmerschmiede unterstützt Unternehmen dabei, digitale Innovationen erfolgreich umzusetzen, indem wir die richtigen Teams gewinnen und schmieden. Das heißt vor allem erfolgreich machen. Wenn dieses Thema auch für euch interessant ist, kommt gerne über LinkedIn direkt auf mich zu. In unserem Podcast People First geht es um das Thema Mensch in der digitalen Welt. Heute sprechen wir über das Thema Sport und einen der renommiertesten Sportvereine Deutschlands. Es geht um keinen geringeren Verein als den 1. FC Köln. Der 1. FC Köln sagt über sich selber, dass der Verein immer First Mover sein will und sich nicht damit zufrieden gibt, als Early Adapter zu agieren. Konsequenterweise will der Verein Vorreiter für die Digitalisierung im Profifußball sein. Nach dieser Folge weißt du, wie sich einer der renommiertesten deutschen Sportvereine neben der Digitalisierung des klassischen Kerngeschäfts Profifußball neue Geschäftsfelder im E-Sport aufbaut und gleichzeitig einen Startup Accelerator betreibt. Wir werden über die Menschen sprechen, die hinter dem Erfolg stehen und welche Profile es braucht, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Zu Gast im Podcast habe ich heute Philipp Liesenfeld. Philipp, du verantwortest die Bereiche Unternehmensentwicklung und E-Sport beim 1. FC Köln und bist somit einer der zentralen Treiber der Digitalisierung des Vereins. Heute habe ich das Glück, dich hier auf der Digital X, der führenden Digitalisierungsinitiative in Europa, unter der Schirmherrschaft der Deutschen Telekom in Neukölln zu treffen. Lieber Philipp, herzlich willkommen in unserem Podcast.

Philipp Liesenfeld: Hallo Matthias, vielen Dank für die Einladung.

Matthais Weigert: Philipp, stell dich doch einmal ganz kurz persönlich vor und dann erzähl ein bisschen was über den 1. FC. Das Thema Digitalisierung ist natürlich eins in aller Munde.

Philipp Liesenfeld: Gerne. Ja, ich bin Philipp, 33 Jahre alt, bin seit sieben Jahren beim 1. FC Köln in unterschiedlichen Bereichen tätig. Jetzt knapp anderthalb Jahre für den Bereich Unternehmensentwicklung und E-Sports verantwortlich. Ich habe eine kleine Tochter, lebe etwas außerhalb von Köln und habe gerade ein Haus gebaut. Dementsprechend höre ich auch viele Podcasts, deshalb freut es mich dabei zu sein heute. Ja, der 1. FC Köln ist ein Traditionsverein, mit vor einem Jahr 70-jähriges Jubiläum gefeiert. Ein Club mit sehr, sehr viel Emotion, ein Club mit sehr, sehr viel Verbundenheit zur Stadt Köln. Die Menschen in Köln und der 1. FC Köln, das gehört natürlich zusammen. Wir haben in den letzten Jahren sagen wir mal 20 Jahren sicherlich nicht den sportlichen Erfolg und auch nicht die Kontinuität an den Tag gelegt, die wir uns gewünscht hätten. Aber wir haben seit sieben Jahren eine sehr, sehr gute Entwicklung genommen, weil auch sehr viel strategisch verändert wurde. Es gibt wieder mehr Orientierung und man hat sich wieder stark darauf besonnen, die Werte zu leben, die den Club auch zu Beginn seiner Zeit sehr, sehr erfolgreich gemacht haben. Und da spielte schon immer auch das Thema Innovation und visionär zu sein eine große Rolle. Und dementsprechend haben wir das jetzt auch wieder in den Vordergrund gestellt.

Matthais Weigert: Prima. Jetzt habe ich in meiner Einleitung schon erzählt, dass der 1. FC eine klare Strategie für das Thema Digitalisierung im Profifußball hat. Darüber hinaus schafft ihr neue Geschäftsfelder. Was verbindet den 1. FC mit dem Thema Digital? Du hast eben auch gesagt, Tradition. Wenn ich an Köln denke, denke ich nicht sofort. Ich denke an Fußball, aber nicht an Digital.

Philipp Liesenfeld: Ja, also ich meine, wir mussten uns natürlich im Club erstmal auch ein Bild davon machen, was bedeutet denn Digitalisierung für den 1. FC Köln? Und ich finde, das ist auch immer grundlegend wichtig, bevor man sich mit dem Thema Transformation beschäftigt oder auch Digitalstrategie, erstmal zu verstehen, was bedeutet das denn für unsere Organisation und für unser Ökosystem? Und das kommt mir oft eigentlich zu kurz bei dieser ganzen Diskussion. Und genau das haben wir aber getan. Also wir haben gesagt, wir wollen jetzt hier kein Tech-Unternehmen werden, sondern wir sind ein Fußballverein, der schon immer, und das ist wichtig, schon immer bereit war, mutig zu sein, mutige Entscheidungen zu treffen. Auch in Bezug auf Innovation, angefangen in den 60er Jahren. Da hatte der Club das modernste Trainingsgelände in Europa. Das heißt, wir haben uns auch mal die DNA des Clubs angeschaut und haben überlegt, okay, was liegt denn da im Kern, was wir jetzt wieder entstauben können, was wir wieder nach vorne stellen möchten, damit das Ganze auch strategisch verankert ist und nicht irgendwie so wirkt, ich sage immer, wie Innovationstheater. Und wenn man sich dann Köln, unsere Geschäftsmodelle, das Ökosystem anschaut, dann sieht man schon auch, dass da sehr, sehr viel digitales Potenzial da ist. Weil der Fußball ist in den letzten 25 Jahren extrem gewachsen, sehr erfolgreich gewesen, die Geschäftsmodelle funktionieren. Aber jetzt kommen wir an einen Punkt, wo man merkt, dass da viel Potenzial da ist, um auch vielleicht neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Oder der Druck auch steigt, neue Geschäftsmodelle entwickeln zu müssen. Und da sind wir der festen Überzeugung, dass wir da mit der Digitalisierung eine riesen Chance haben. Und deshalb stellen wir uns dem Thema auch proaktiv.

Matthais Weigert: Wenn ich mir jetzt das Thema digital, das ist ja jetzt auch in aller Munde, nochmal so ein bisschen angucke, auch vor dem Hintergrund der Definition. Also wenn du über digital sprichst, ich stelle mir jetzt vor, im Sport, da gibt es ja einmal die Möglichkeit, Spieler zu vernetzen, Spieler zu analysieren. Also ganz klar das Thema auf der Betriebsseite, dann gibt es das Geschäftsmodellthema. Wie würdest du das Thema digital greifen, gerade in so einem komplexen Umfeld?

Philipp Liesenfeld: Profifußball? Ja. Wir haben versucht, uns dem auch anzunähern und haben gesagt, das Kerngeschäft Fußball, so wie wir das alle lieben und woran wir auch sehr stark glauben, 22 Menschen laufen einem Ball hinterher auf dem Platz, das bleibt so, wie es ist. Natürlich gibt es hin und wieder Veränderungen, die können wir aber nicht beeinflussen wie ein Videoschiedsrichter oder eine Torlinientechnik. Das bleibt, wie es ist und das möchten wir auch so, dass es so bleibt. Aber die gesamte Wertschöpfung drumherum im Fußball, die wird und muss sich drastisch verändern. Und ich glaube, wenn man sich dieses Bild mal nimmt und sagt, okay, welche Geschäftsmodelle haben wir da? Das Thema Sponsoring. Wir haben das Thema Media, also Übertragung, Broadcasting. Was passiert da mit OTT? Es gibt immer mehr OTT-Plattformen.

Matthais Weigert: Kannst du OTT einmal noch für die Hörer erklären, weil vielleicht nicht alle so in den Begriffen firm sind?

Philipp Liesenfeld: Also OTT bedeutet over the top, also Streaming-Plattformen, wie beispielsweise Netflix oder jetzt DAZN, eine neue Streaming-Plattform, die Sportrechte kauft. Und da liegt natürlich sehr, sehr viel Invest und sehr, sehr viel Geld. Und da verändert sich gerade sehr, sehr vieles. Wir haben das Thema Matchday, also alles, was rund um ein Stadion-Erlebnis passiert, angefangen vom Ticketkauf, Anfahrt, Zutritt zum Stadion, Public Catering, Hospitality. All das, was man so kennt und auch das Thema Interaktion während des Spiels, Information in der Halbzeit vorm Spiel, das sind natürlich alles Themen, wo du durch Digitalisierung oder durch digitale Services und Produkte den Fans einen Mehrwert bieten kannst. Und diese Prozesse, die stehen natürlich alle auf dem Prüfstand, weil, wenn wir mal ehrlich sind, viele von uns waren sicherlich mal im Stadion. Das ist jetzt aus einem Service-Gesichtspunkt nicht so wahnsinnig attraktiv, wenn man mal an die Schlangen vor den Catering-Ständen oder die Toiletten beispielsweise denkt. Und ich glaube, wenn man es so einfach auch darstellt, dann zeigt das relativ gut, was da für ein Potenzial da ist, was dann auch natürlich wieder einen Impact auf unser Geschäft haben wird.

Matthais Weigert: Kannst du so ein paar konkrete Beispiele gerade mal in dem Kerngeschäft Profifußball auch nennen, wo ihr sagt, da sind wir stolz drauf, das stellen wir ins Schaufenster, da sind wir unserem Versprechen nachgekommen, First Mover zu sein, auch im Vergleich zu anderen Profifußballvereinen?

Philipp Liesenfeld: Ja, also ich würde mal sagen, als allererstes steht unsere Ausrichtung und Strategie da. Das sage ich deshalb. Die ist natürlich nach außen hin nur spürbar und nicht so wirklich sichtbar. Aber das war für uns der Anker für alle Aktivitäten, die daraus folgten. Und ich glaube, das ist leider Gottes im Fußball aus meiner Sicht schon auch was, was man erwähnen kann, weil das oftmals fehlt. Wenn wir uns sonst damit beschäftigen, reden immer alle über Social Media oder CRM. Aber wirklich zu wissen, das ist eine digitale Ausrichtung und danach orientieren wir uns, ist für uns im Core wichtig. Ansonsten gibt es so Themen, die wir getrieben haben als First Mover auch, wie Mobile Ticketing und Mobile Payment. Da waren wir die Ersten, die das im Stadion angeboten haben. Und auch sozusagen, dass du klassisch, wie wir es vom Flughafen aus kennen, Mobile Ticket haben kannst. Wir haben als erster Club in ein E-Sport-Team investiert, in SK Gaming investiert. Da werden wir im Laufe des Gesprächs

Matthais Weigert: ergänzenden Geschäftsmodell. Da kommen wir vielleicht später noch. Ich würde gerne noch einmal mit dir gerne im Kerngeschäft erstmal noch einen Augenblick bleiben, bevor wir auf das kommen, wofür du ja auch stehst im Verein. Aber vielleicht erstmal nochmal beim Kerngeschäft.

Philipp Liesenfeld: Gerne. Also die beiden Themen Mobile Payment, Mobile Ticketing sind sicherlich essentiell. Wir haben uns sehr früh damit beschäftigt, was Performance und Online Marketing betrifft, sind da in unserem Bereich Vertriebssteuerung und CRM sehr, sehr weit und orientieren uns da auch nicht an anderen Clubs, sondern orientieren uns da eben an anderen Digitalunternehmen. Weil am Ende des Tages haben wir E-Commerce, sind wir genauso ein E-Commerce-Anbieter wie andere. Wir machen mit unserer Merchandising-Abteilung 14 Millionen Euro Umsatz. Und da gibt es natürlich viele Hebel auch in dem Bereich, wie man sich verbessern kann, um den Umsatz zu steigern. Wenn wir mal aufs Kerngeschäft Fußball schauen, da ist es so, dass das Thema natürlich auch ein Riesenpotenzial birgt. Und da geht es, wie du eingangs schon sagtest, sehr viel um Datengenerierung. Also tagtäglich werden bei uns natürlich sehr, sehr viele Daten generiert von unseren Spielern. Angefangen im Nachwuchsbereich bis zur Lizenzspielermannschaft. Und da brauchst du eine technologische Basis, um damit arbeiten zu können tagtäglich. Das heißt, was wir da aktuell machen, ist, wir bauen eine IT-Infrastruktur auf, die es uns ermöglicht, überhaupt damit zu arbeiten. Da sind die Engländer, die Top-Clubs in Europa, wesentlich weiter. Aber wir haben, glaube ich, auch da einen Plan, wie wir uns entwickeln wollen. Weil dann geht es darum, Verletzungsprävention zu machen auf Basis von Daten. Da geht es darum, Videoanalysen besser auszugestalten, um zu verstehen, wie spielt unser Gegner, worauf legen sie Wert? Wie müssen wir unsere Trainingssteuerung individuell anpassen? weil nicht jeder Körper gleich ist. Thema Ernährung. Ich glaube, da gibt es sehr, sehr viele Möglichkeiten, wo wir uns jetzt klar auf Basis der Strategie auch sogenannte Handlungsfelder gesetzt haben, mit denen wir uns jetzt sehr intensiv beschäftigt werden.

Matthais Weigert: Jetzt sind wir hier auf der Digital X und du hast mir eben erzählt, du hast ein Start-up, glaube ich, gesehen oder einen Vortrag gehört aus den nordischen Ländern von Implantaten in der Haut, die das ermöglichen, auch unter der Haut irgendwie Zahlungsvorgänge zu machen. Ist das was, was ihr im Sport einsetzen könnt, wollt, werdet?

Philipp Liesenfeld: Also das ist noch relativ weit weg, würde ich sagen. Natürlich ist es super interessant. Das Thema Datengenerierung im Training passiert heutzutage über die klassischen Variables, die man kennt. Und das wird sich dramatisch auch verändern. Ich würde jetzt nicht so weit gehen, dass wir sagen, es gibt irgendwann Implantate. Also irgendwann gibt es das bestimmt, aber in den nächsten fünf Jahren sehe ich es noch nicht. Aber klar, das Thema Technologie, wenn wir uns mal darauf beziehen wollen, das wird sehr, sehr viele Möglichkeiten bieten, gerade für unser Kerngeschäft, aber eben auch, wie ich sagte, für alles drumherum.

Matthais Weigert: Bevor wir auf das Drumherum noch kommen, einen Punkt, glaube ich, der im Profisport ja auch, gerade Fußballgeschäft, sehr interessant ist, das Thema nicht nur regional, national zu betrachten, sondern auch international. Welche Chancen siehst du im Hinblick auf die Digitalisierung auch euch anzubieten? internationaler zu machen. Gibt es da Beispiele auch, wo du konkret siehst, dass euch das Digitale weitergeholfen hat?

Philipp Liesenfeld: Also ich glaube, gerade wenn wir überlegen, wen wir ansprechen wollen mit der Marke und wen wir erreichen möchten, da muss man ja schon sagen, dass wir eher eine regional geprägte Marke sind, die regional sehr, sehr stark ist, aber auch ein gewisses Interesse weckt, national und international. weil wir für uns behaupten, und das haben wir auch in den letzten Jahren gezeigt, dass wir eine besondere Fußballmarke sind, wo es nicht zwingend immer darum geht, Titel zu gewinnen, sondern eben auch was Authentisches zu zeigen. Und das ist in Köln natürlich wichtig, aber das bietet uns auch eine Chance, internationale Fußballfans davon zu überzeugen, dass der 1. FC Köln eine interessante Fußballmarke ist. Was wir machen ist, über das Thema Performance Marketing können wir natürlich ganz gezielt unsere Zielgruppen erweitern und so auch versuchen, immer mehr Menschen, gerade eine junge Zielgruppe, über den richtigen Content, über die richtigen Inhalte, ein Stück weit näher an unsere Marke zu bekommen, um sie dann schrittweise zu konvertieren zu einem Fan, zu einem Sympathisanten oder vielleicht zu einem Social Media Follower, damit wir ihn dann, klingt jetzt sehr technisch, aber so ist es ja, entlang unseres Funnels auch entsprechend zu einem Lead entwickeln können und vielleicht zu einem Käufer. Das ist das eine. Das andere ist, glaube ich, was wir beispielsweise im chinesischen Markt machen, ist, wir haben internationale Social-Media-Kanäle, auch in China, wo ein sehr, sehr großes Interesse am deutschen Fußball da ist. Und da bieten uns internationale Social-Media-Kanäle einfach eine Möglichkeit, tagtäglich mit chinesischen Fußballfans zu interagieren und denen zu zeigen, wie der Alltag in Köln aussieht, warum wir anders sind als andere Clubs, warum wir anders sind als Clubs aus England oder Italien. Und das ist eine Möglichkeit, die wir natürlich früher nicht hatten. Und das birgt auch viel Potenzial, um dann eine Reichweite, eine Awareness aufzubauen, die man dann, glaube ich, zukünftig auch mit Hilfe von Technologie anders monetarisieren kann. Es gibt diesen Case, irgendwann gibt es vielleicht die Übertragung über Virtual Reality-Brillen, dass auch internationale Fußballfans das Erlebnis aus Müngersdorf erleben können, aus unserem Stadion erleben können. Das sind so ein paar Beispiele, die es, glaube ich, auch zeigen, wo wir dann auch zukünftig hindenken können.

Matthais Weigert: Prima, also das heißt, wenn wir nochmal kurz auf das Kerngeschäft Fußball gucken, einen klaren Purpose, einen klaren Zweck zu definieren, daraus eine Strategie abzuleiten, das Geschäftsmodell in Gänze zu denken, eben vom Nutzer, dem Fan, angefangen nicht nur national, sondern international, bis hin zu aber auch dem Betriebssport, Profisport, schaut ihr euch eben alles an. Und jetzt komme ich gerne nach der Zusammenfassung auf das Thema der neuen Geschäftsfelder. Ihr habt ja auch euch jetzt dann im Rahmen der Strategie und Ausrichtung neues Geschäft überlegt. Was ist das konkret? Vielleicht magst du auch ein bisschen, du kannst auch ein bisschen Hintergrund geben, was so die Beweggründe waren für eben das Thema E-Sport, das ich ja auch sehr, sehr spannend finde.

Philipp Liesenfeld: Ja, gerne. Also das Thema E-Sport resultiert eben auch aus der Ausrichtung. Wie ich eingangs gesagt habe, ist es für uns wichtig gewesen zu definieren, was bedeutet eine digitale Ausrichtung für den 1. FC Köln. Und klare Ziele, die wir uns da gesetzt haben, ist es natürlich, im Rahmen der digitalen Entwicklung neue Geschäftspotenziale zu erschließen und neue Zielgruppen anzusprechen. Und der Fußball hat genauso das Problem, wie viele andere Industrien, die junge Generation heutzutage zu erreichen. Mag man manchmal nicht glauben, aber da ist es auch für den Fußball durch das veränderte Konsumverhalten einfach schwieriger geworden, Menschen zu erreichen. Früher sind wir mit unserem Vater ins Stadion gegangen und dann war man infiziert. Das verändert sich heute. Heutzutage gibt es irgendwie ein Interesse an anderen Inhalten und die Aufmerksamkeitsspanne von der jungen Generation ist nicht mehr so groß. Und diese Problematik, die entdeckt man relativ schnell, wenn man auch über Demografie im Stadion nachdenkt und sieht, okay, unser durchschnittliches Mitglied ist 42 Jahre alt, unser Topseller ist so 38, 39 Jahre alt. Was ist denn eigentlich mit den nachfolgenden Generationen? Und da ist dann natürlich ein strategischer Schritt und eine logische Konsequenz zu sagen, Ja, wir müssen Services, Angebote, Content verändern, um auch eine junge Generation wieder an den 1. FC Köln heranzuführen, weil sie vielleicht nicht den Vater haben, der sie mit ins Stadion nimmt oder sie gar nicht mehr mitkommen wollen. Und da gibt es glücklicherweise eine Parallelentwicklung, dass der E-Sport es geschafft hat, eine Relevanz in der jungen Zielgruppe zu bekommen, die gleichzusetzen ist mit der Relevanz von Fußball im Mainstream. Und da gibt es unterschiedliche Diskussionen zu, aber es ist einfach wichtig zu wissen, dass das ein Fakt ist und dass das auch nicht mehr weggeht, sondern das ist Teil der Jugendkultur und zwar jetzt schon. Und mit dem Thema haben wir uns da deshalb auch entschieden, sehr intensiv auseinanderzusetzen, weil es auf sehr, sehr viele Ziele übergeordnet einzahlt. Und wir haben jetzt die Möglichkeit, über unsere Partnerschaft mit SK Gaming beziehungsweise über unsere Beteiligung mit SK Gaming sehr, sehr viel zu lernen. Ich glaube, dass es im digitalen Zeitalter wichtig ist, strategische Partnerschaften zu knüpfen, um einen Know-how-Transfer zu schaffen. Man muss nicht immer alles selbst wissen, aber man braucht die richtigen Partnerschaften. Und wir lernen jetzt gerade sehr, sehr viel und lernen, welche Interessen die junge Zielgruppe hat, warum Gaming so stark ist und was das für unser zukünftiges Geschäft bedeuten kann.

Matthais Weigert: Magst du zwei Worte, einmal für so eine Elterngeneration, sagen, was Gaming eigentlich ist? Woran ihr euch beteiligt habt?

Philipp Liesenfeld: Ja, okay. Also es gibt einmal den Gaming-Markt. Das ist eigentlich alles, was mit Videospielen zu tun hat. Mobile, über Konsolen, über PCs. Das ist ein Milliardenmarkt, der ist riesig. Der ist auch größer als der Fußballmarkt. Und aus dieser Entwicklung, aus dieser Gaming-Markt ist sozusagen das kompetitive Gaming entstanden, der E-Sport. Also das, was wir im analogen Sport kennen, ist sozusagen dort ein digitaler Sport entstanden, also wo wirklich zwei Personen kompetitiv gegeneinander spielen, Teams gegeneinander spielen, mehrere Menschen gegeneinander spielen, aber eben in einer virtuellen Welt.

Matthais Weigert: Sind aber immer noch Menschen, sind keine Bots, sind immer noch real anfassbare Menschen. Und wie groß ist so ein Team?

Philipp Liesenfeld: Also es gibt unterschiedliche Titel, unterschiedliche Spiele. Viele der Spiele spielen 5 gegen 5. Natürlich gibt es auch Einzeltitel, wo dann 1 gegen 1 oder 2 gegen 2 gespielt wird. Aber das Thema E-Sport ist so stark gewachsen, dass das mittlerweile mehrere hunderte Millionen von Menschen weltweit machen und zwar regelmäßig. Die Umsätze steigen da stetig. Wir sind da jetzt in Richtung der 2-Milliarde-Umsatz-Grenze unterwegs.

Matthais Weigert: In welcher Region?

Philipp Liesenfeld: Global. Das ist auch nochmal ein Phänomen im E-Sport. Der E-Sport hat keine Grenzen, sondern der ist von Grund auf global, weil es eben eine digitale, virtuelle Welt ist. Und was glaube ich so viele Leute im Kopf haben, wenn sie mit Gaming und E-Sport in Berührung kommen, ist dieses isoliert sein, wenig Kommunikation zu anderen. Das ist genau das, was der E-Sport verändert hat. Also denn die Interaktion in den Streams, die Interaktion in den Spielen, die ist höher, wie wenn wir beide jetzt auf der Couch sitzen und 90 Minuten lang Fußball schauen. Das heißt, da sind tausende von Menschen, die ständig interagieren miteinander. Und das hat nichts mehr mit Isolation zu tun, sondern das ist eine eigene virtuelle Welt, in der sehr, sehr viel kommuniziert wird.

Matthais Weigert: Ich glaube sogar, dass der E-Sport ja auch Stadien füllt, nicht?

Philipp Liesenfeld: Absolut.

Matthais Weigert: Das ist ja jetzt auch dann wieder ein analoges Erlebnis, das Menschen wieder in eine andere Form des Zuschauens bringt.

Philipp Liesenfeld: Definitiv. Also es gibt genauso wie bei uns, gibt es Stadien, die gefüllt werden, die Lanxess Arena hier in Köln, fußläufig für uns beide gerade erreichbar. Ist einmal im Jahr bei der ESL One Cologne an drei Tagen 14.000 Leute, aber eben auch 25 Millionen Menschen im Stream. Und wenn man sich die Dimension mal vor Augen hält, dann weiß man auch, dass das nicht mehr kleiner ist als Fußball, sondern dass sich das auf Augenhöhe bewegt wie der Fußball.

Matthais Weigert: Magst du noch zwei Worte sagen zu den Profis, die so ein E-Sport-Team ausmachen? Was sind das für Menschen, die sich diesem Sport verschreiben?

Philipp Liesenfeld: Ja, also es sind generell, und das ist auch, warum die Zielgruppe so interessant ist, es sind sehr, sehr gut ausgebildete junge Leute, die sehr technologieaffin sind, die eine sehr hohe Auffassungsgabe haben. Wo es darum geht, in der Spitze, die Hand-Augen-Koordination ist überdurchschnittlich. Also es gibt da Studien, dass die 400 Handbewegungen in der Minute machen. Und das führt dazu, dass das ganze Thema eine hohe Konzentration erfordert und die Jungs in der absoluten Spitze absolute Athleten sein müssen, um überhaupt über die Dauer von teilweise 15 bis 20 Minuten in der Form konzentriert zu bleiben. Ich glaube generell, Ist diese Zielgruppe zukünftig? Man spricht davon, dass das die Ingenieure und Maschinenbauer der Zukunft sind. Deshalb ist sie auch so attraktiv für Marken und deshalb sehen wir da auch diese Verbindung beispielsweise im Bereich Sponsoring im Fußball und Sponsoring im E-Sport, dass es da sehr, sehr viel gibt, was man gut miteinander verbinden kann.

Matthais Weigert: Perfekt. Jetzt seid ihr ein Investor und habt ja noch einen zweiten sehr namenhaften Investor jetzt auch bei dem SK Gaming mit dabei. Wie ist da die Zusammenarbeit mit dem zweiten Investor? Ich weiß nicht, ob du dazu auch ein bisschen was sagen magst, aber es ist ja auch ein sehr prominentes deutsches Unternehmen.

Philipp Liesenfeld: Ja, wir haben zusammen mit der Daimler AG damals auch den Transaktionsprozess gemeinsam beschritten sozusagen und haben gemeinsam in SK Gaming investiert. Wir sind da aber ein klarer strategischer Investor. Also für uns war das jetzt kein Venture Capitalist. Wir haben da jetzt nicht investiert nur aus Asset-Betrachtung, sondern vor allem, weil es, wie ich sagte, total in unsere strategische Ausrichtung gepasst hat. Trotzdem ist es natürlich zum einen, weil der Markt so rasant wächst und zum anderen aber auch, weil sich immer mehr Corporates wie beispielsweise in Daimler sehr stark für das Thema interessieren, kann das für uns natürlich eine Riesenchance auch sein, wenn man jetzt mal die Investmentperspektive nimmt. Ansonsten haben wir in den Boardmeetings, die wir haben, natürlich da auch eine sehr enge Verbindung zu den Kollegen von Mercedes-Benz und tauschen uns da aus. Mercedes nutzt das Thema für sich natürlich auch in der Marketingperspektive, aber auch da ist es interessant zu sehen, das liegt ja jetzt auch nicht so wahnsinnig nah, dass eine Brand wie Mercedes-Benz jetzt schon sagt, wir platzieren uns dort, um irgendwann im Relevance-Set von der jungen Zielgruppe zu sein und damit der Daimler dort präsent ist. Deshalb gibt es da einen sehr, sehr guten Austausch und das hilft uns natürlich auch, weil es nochmal ein Corporate ist, mit dem man sich natürlich gerne austauscht.

Matthais Weigert: Perfekt. Jetzt haben wir über zwei gesprochen. Einmal das Kerngeschäft, E-Sport. Jetzt habt ihr noch ein drittes Bein entwickelt mit dem Accelerator. Wie passt das in die Strategie? Wie ergänzt das? Was erwartet ihr euch davon? Wie zahlt das auf den Purpose ein, den ihr definiert habt?

Philipp Liesenfeld: Ja, also das Thema Accelerator ist entstanden, weil wir natürlich gemerkt haben, dass Innovation in-house eine große Rolle spielen muss beim Thema Veränderung. Wenn wir über digitale Transformation sprechen, von unserer Organisation, wir sind ein mittelständisches Unternehmen, das darf man ja nicht vergessen, mit 160, 165 Mitarbeitern, dann geht es da auch immer um den Wandel und auch um eine Veränderung des Mindsets, um eine Veränderung der Kultur in der Organisation. Bei dem Tagesgeschäft Fußball ist es so, dass das sehr, sehr einnehmend ist und natürlich das Geschäft auch sehr volatil. Da war es für uns eingangs eine der wesentlichen Überlegungen zu sagen, wie können wir Innovation fördern. Wir haben dann aber aufgrund des Tagesgeschäfts gemerkt, dass es schwierig wird, etwas Eigenes in-house zu entwickeln und haben gesagt, wir würden gerne versuchen, die Tür zu öffnen, um Innovationen von außen an uns heranzulassen. um besser zu verstehen, welche Technologie, welche neuen Produkte können da sein, die unser Geschäft morgen oder vielleicht übermorgen dramatisch verändern können. Und wir haben da jetzt einen Partner gefunden aus Israel, Hype Sports Innovation, die sich sehr global mit dem Thema Sport Tech beschäftigen. Und wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit dem Ökosystem Fußball, also das, was wir anbieten können, Startups, um schnell zu wachsen, um sich weiterzuentwickeln, bieten wir die perfekte Plattform für ein Startup. Wir haben knapp 900 Businesspartner, Wir haben über 100.000 Mitglieder. Wir haben alle zwei Wochen 50.000 Menschen im Stadion. Wir sind sehr gut vernetzt in der Politik, in der Wirtschaft. Es gibt super viele Anwendungsfälle, die sehr interessant sein können für die Entwicklung von einem Startup. Und ich glaube, das ist was, was der Fußball bisher noch nicht, dieses Potenzial hat der Fußball noch nicht zu 100% ausgestöpft oder gesehen. Und für uns ist es wichtig, zum einen Startups zu entwickeln, die wir direkt nutzen können für unser Tagesgeschäft. Aktuell arbeiten wir mit drei der Startups aus dem ersten Badge in der aktuellen Bundesligasaison zusammen.

Matthais Weigert: Kannst du ein paar Beispiele geben, ohne zu viel zu verraten?

Philipp Liesenfeld: Ja, also wir haben uns beschränkt auf verschiedene Themenschwerpunkte. Das ist Fan Engagement, Smart Stadium, Team- und Player-Performance, E-Sport logischerweise. Da sind Anwendungen dabei, die uns in den verschiedenen Geschäftsmodellen helfen. Beispielsweise eine Food Delivery zum Platz im Stadion. Also du bestellst über deine App das Essen und die Getränke vor und bekommst es dann zum Platz geliefert und musst nicht mehr an die Catering-Station. Es geht viel um das Thema Fitness, es geht um das Thema Nutrition, also automatisierte Nahrungsergänzung beispielsweise von Spielern auf Basis ihrer Blutwerte, wo dann verschiedene Algorithmen sozusagen individuelle Nahrungsergänzungsmittel herstellen. Und dann ganz viele Themen, die wir sehen, hängen mit dem Thema Variable zusammen, Datenerhebung im Sport, aber auch Daten aus Broadcasting-Signalen, die wir dann wiederum nutzen können für beispielsweise Scouting, Videoanalyse und Match-Vorbereitung. Und Das Ganze ist sehr international ausgerichtet. Wir hatten jetzt 130 Bewerbungen aus 33 Ländern, wo man einfach auch sieht, dass es sich gelohnt hat, diesen Closed-Job-Bundesliga mal zu öffnen und den jungen Unternehmern die Möglichkeit zu geben, mal zu zeigen, wie reif denn die Sport-Tech-Startups eigentlich sind. Und da sind wir sehr, sehr happy mit jetzt und wollen natürlich versuchen, diese Intensität zu steigern, dass wir erstens mehr Success-Stories kreieren, entweder dadurch, dass wir die Produkte nutzen oder unsere Partner, oder wir vielleicht sogar in eines der Startups selbst investieren können.

Matthais Weigert: Und stellt ihr in dem ersten Schritt das Ökosystem, stellt die Kontakte her, bietet eure Assets an oder investiert ihr auch schon direkt? Stellt ihr denen also auch schon extra finanzielle Mittel zur Verfügung, denen investiert?

Philipp Liesenfeld: Das machen wir bisher nicht. Also wir investieren nicht upfront. Wir stellen genau, wir definieren den Plan für die nächsten vier Monate. Das Programm dauert vier Monate und wir definieren mit ihnen sogenannte Projekt Cases, weil eines unserer Assets ist. ja, wir können alles validieren. Also wenn du eine Lösung hast und möchtest die validieren im Sportumfeld, dann können wir das sofort tun. Und das ist natürlich eine große Hilfestellung für die Startups, was dann auch was entsprechend mit der Bewertung macht oder auch mit der generellen Reife des Produkts. Und wenn wir sehen, innerhalb der vier Monate, dass sich das Startup so entwickelt und durch unsere Hilfe auch entwickeln kann, dann ist es durchaus möglich, dass wir uns intensiver auch mit einem Investment beschäftigen.

Matthais Weigert: Superspannend. Also jetzt haben wir ja ganz viel über das Thema Geschäftsmodell, Kerngeschäft gesprochen. Wir haben über Neugeschäft gesprochen in zwei Ausprägungen, ja auch sehr detailliert. Das zeigt ja, wie komplex das Feld ist. Jetzt habt ihr ja ein Team auch, das sich dem Ganzen stellt, das das Ganze entwickelt. Habt eben sehr fokussiert auch den Purpose herausgearbeitet. Wie seid ihr aufgestellt, um intern diese Komplexität zu managen? Du bist für den E-Sport-Bereich mit verantwortlich, Unternehmensentwicklung verantwortlich. Wie sieht das aus auf der Mensch-Seite, die dahinter steht? Ja.

Philipp Liesenfeld: Also wir haben, es ist ja so, dass wir im Fußball nicht nur ein Traditionsverein sind, sondern natürlich auch traditionell gewachsene Strukturen haben. Das heißt, es gibt bei uns verschiedenste Bereiche, Abteilungen, wo unterschiedliche Personen arbeiten, mit verschiedenen Background auch und verschiedenen Profilen. Aber wir haben bei uns, glaube ich, eine sehr, sehr gute Mischung aus sehr erfahrenen Leuten, gerade im mittleren Management, auch aus anderen Industrien und aber auch jungen Leuten, die Lust haben, im Sport was zu verändern. Und diese Kombination, die wir aktuell haben, die hat auch dazu geführt, dass wir in der Lage sind, mit den bestehenden Ressourcen das alles zu entwickeln. Natürlich ist gerade in meinem Bereich, der relativ neu ist, sind auch Leute dazugekommen, beispielsweise unsere Programmmanagerin, die sich also um das Startup-Programm kümmert. Hat entsprechende Erfahrungen in einem großen Inkubator gearbeitet, selbst gegründet. Das heißt, das ist ein Profil, was mit Fußball nichts mehr zu tun hat, sondern das ist jemand, der das Mindset hat, der versteht, was wir eigentlich strukturell verändern müssen, wie die Mitarbeiter eingebunden werden können, wie man die Kultur anpackt, um überhaupt in der Lage zu sein, nachhaltig digitales Geschäft zu entwickeln. Ich glaube, ansonsten geht es viel darum zu sagen, wir müssen ein Gefühl dafür bekommen, welche Technologie brauchen wir bei uns? und was bedeutet das dann aber auch für den HR-Bereich? Beispielsweise, wenn wir über das Thema Daten sprechen, gerade im Sport gibt es zahlreiche Clubs, die Datenanalysten haben, die Data Architects haben, die sich damit beschäftigen, Daten aufzubereiten und dann entsprechend auszuspielen an die verschiedenen Bereiche. Da sind wir noch am Anfang, weil das bei uns natürlich auch immer eine schrittweise Entwicklung sein muss. Wir können jetzt nicht wie ein großes Corporate sagen, wir stellen jetzt hier 20 Datenanalysten ein, sondern das muss immer auch in unseren Entwicklungsplan passen. Ich glaube aber, dass ich gerade was die Funktionsprofile angeht, dass ich da zukünftig etwas verändern muss, genauso wie das in anderen Industrien der Fall ist. Also dass man Leute braucht, die eben diese Bereitschaft haben, flexibel auch sich anzupassen und nicht immer nur das Tagesgeschäft abzuarbeiten. Ja, wir müssen ja dahin kommen, ich sage das immer gerne, dass diese Beidhändigkeit, also zum einen das Tagesgeschäft in Perfektion auszuführen, das funktioniert in Deutschland sehr gut. Wo es in Deutschland noch mangelt, ist einfach zu sagen, okay, aber parallel dazu müssen wir auch noch was Neues entwickeln und das idealerweise mit der gewohnten Exzellenz. Und ich glaube, wenn du dahin kommen willst, dann musst du auch gewisse Dinge aufbrechen und musst auch mal anecken und musst auch mal bereit sein, Fehler einzugehen und auch Risiko einzugehen. Und das haben wir in den vergangenen zwei Jahren gemacht und man hat gemerkt, dass es ja gar nicht so schlimm ist.

Matthais Weigert: Jetzt hast du, was ich sehr mag, die Beidhändigkeit angesprochen. Also was ich an dem Beispiel mag, ist, beide Hände sind verbunden über das Blut im Körper. Also das heißt, die Organisationen sind nicht getrennt, sondern sie sind zusammen und es fließt auch die gleiche DNA durch die Hände. Wenn wir traditionelle Geschäftsmodelle begleiten, dann ist es immer so, dass die Beidhändigkeit das eine Kerngeschäft, das muss laufen, das hast du gesagt, das hat eine Exzellenz. Das Neugeschäft ist ja auch dann trotz der Verbindung häufig getrennt, sodass es einfach eine eigene Kultur entwickeln kann, eine digitalere Kultur. Du hast eine Netzwerkorganisation, Go-To-Market-Teams mit Product Ownern vielleicht. Stellst auch eher erst einmal gewisse Budgets zur Verfügung, dass neues Geschäft überhaupt kundennutzerzentriert entwickelt werden kann. Inwiefern sind diese Mechanismen, die ja bei traditionellen Unternehmen gelten, auch in eurem Fall anwendbar?

Philipp Liesenfeld: Ich gebe dir zu 100% recht. Wir schaffen natürlich durch das neue Geschäft, durch die neuen Themen, die reinkommen, wo eine andere Kultur von Nöten ist, schaffen wir nochmal irgendwie so eine Parallelwelt zu klassischem Tagesgeschäft. Wo es aber einfach durch neue Projekte, wie beispielsweise Mobile Ticketing, Mobile Payment oder auch neue Content-Formate geschieht. die resultieren aus der Digitalstrategie, verschwimmt das irgendwann. Du kannst das gar nicht mehr miteinander trennen. Natürlich ist es am Anfang für uns, gerade in meinem Bereich, auch schwierig, die neuen Themen zu etablieren in der Organisation. Aber in dem Moment, wo jemand merkt, dass es einen Impact hat, entweder auf die übergeordneten strategischen Ziele oder vielleicht sogar auf die Bereichsziele von den anderen Abteilungen, dann schaffst du da natürlich genau das, dass da Türen aufgehen. Ich glaube, bei Veränderungen ist es normal, dass da auch Gegenwind da ist. Und ich finde, diesen Prozess brauchst du, um diesen Change auch herbeizuführen. Sowohl bei den Leuten, die vielleicht am Anfang sagen, was wollt ihr jetzt mit einem Accelerator? Wir müssen Fußball spielen. Aber auch bei den Leuten, die sagen, okay, ich will das hier proaktiv mittreiben und ich fühle mich hier beim richtigen Arbeitgeber, der bereit ist, in die Zukunft zu investieren. Und nicht mehr nur noch daran denkt, was im klassischen Fußball-Tagesgeschäft passiert. Weil das kann ja auch eine Chance sein für eine Organisation, unabhängig von der Industrie, wie positionierst du dich denn als Arbeitgeber? Und ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der oftmals zu kurz kommt, zu sagen, wir positionieren uns als einer der digitalsten Clubs in Deutschland, vielleicht sogar in Europa, was dazu führt, dass wir auch einen anderen Zugang bekommen, nicht nur zu Mitarbeitern, sondern eben auch zu Corporates und potenziellen Partnern. Und ich glaube, das ist was, was irgendwann fließend wird. Wir haben mehr funktionsübergreifende Projekte in den letzten anderthalb Jahren gemacht als davor wahrscheinlich die gesamte Zeit. Und man merkt, dass es super funktioniert. Und das sind natürlich die Erlebnisse, die eine Organisation dann auch braucht.

Matthais Weigert: Wie ist denn jetzt, wenn wir mal konkret auf deinen Bereich gucken, E-Sport? Wir haben ja vorhin schon mal so ein bisschen auf die Sportlerprofile geguckt, die ihr da im Fokus habt in den Teams. Wie sieht das bei dir im Team aus? Wie viel seid ihr? Was für Kompetenzen habt ihr? Vielleicht was fehlt auch noch?

Philipp Liesenfeld: Ja, wir sind aktuell vier Leute, die sich mit dem Thema Unternehmensentwicklung und E-Sports beschäftigen. Wie gesagt, dadurch, dass der Bereich sehr, sehr neu ist, müssen wir den jetzt punktuell aufbauen, was auch sehr, sehr sinnvoll ist, weil wir jetzt gerade ein gutes Gefühl dafür bekommen, wo brauchen wir Ressourcen, mit welchen Profilen. Und im E-Sport ist es so, dass ich einen Kollegen habe, der sehr, sehr eng verknüpft ist mit SK Gaming, weil wir ja im Tagesgeschäft eigentlich alles gemeinsam mit SK machen. Das ist ja ein Unterschied wie beispielsweise Schalke 04. Schalke 04 hat gesagt, wir bauen eine eigene E-Sport-Abteilung auf mit eigenen Spielern, mit eigenen Trainern wie im Fußball. Wir haben gesagt, wir nehmen uns einen externen Partner, weil wir erstmal verstehen wollen, wie das Geschäft funktioniert. Bedeutet im Umkehrschluss, wir brauchen eine sehr, sehr enge Kommunikation zu SK. Was wir machen ist, wir kreieren gemeinsam Inhalte, um die beiden Communities zu verbinden. Es gibt da natürlich eine große Überschneidung zwischen Fußballinteresse und Gaminginteresse. Und genau in dieser Schnittstelle wollen wir uns bewegen, um möglichst viele Menschen, die in der SK-Community sind, für den 1. FC Köln zu begeistern. Und umgekehrt.

Matthais Weigert: Also Cross-Selling.

Philipp Liesenfeld: Ja, genau. Cross-Selling, aber auch das Thema jetzt noch gar nicht auf Sales-Perspektive, sondern vor allem auch auf Reichweiten und Lead-Perspektive. Weil eines unserer wichtigsten Ziele ist natürlich, möglichst viel über diese Generation zu erfahren, damit wir es besser entgegentreten können. Und ich glaube, was wir zukünftig noch mehr brauchen, ist Know-How im Bereich Content-Produktion, Streaming. Streaming spielt eine essentielle Rolle beim E-Sport. Da hat der Fußball noch kein Know-How und ist da auch noch nicht so wahnsinnig weit, was das Thema betrifft. Und ich glaube, da geht es dann am Ende des Tages auch wieder um Ressourcen, mit Menschen, die verstehen, wie die junge Generation tickt. Und da muss man vielleicht auch mal bereit sein, jemanden einzustellen, wie bei der Marion, unserer Programmmanagerin, die nichts mit dem Fußball zu tun hat, weil das immer auch sehr, sehr erfrischend ist.

Matthais Weigert: Wie schaffst du es, dass das Team in diesen unterschiedlichen Geschäftsfeldern auch kontinuierlich am neuesten Wissensstand ist? Habt ihr da einen Austausch in der Branche oder tauscht ihr euch über die Branche aus irgendwo, wo du sagst, das sind wichtige Impulsgeber? Wie schaffst du es gerade mit so einem kleinen Team, da auch dann ständig über Israel? Also wie kommt ihr an die neuesten Trends sozusagen?

Philipp Liesenfeld: Ja, also das Thema strategische Partnerschaften ist da, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Wir haben eine sehr enge Verbindung zu unserem Partner in Tel Aviv, wo, wie man weiß, sehr, sehr viel passiert im Bereich Tech und auch im Bereich Investment. Gleiches gilt für SK Gaming. Also das ist ja ein Muster, was zu erkennen ist bei uns, dass wir gesagt haben, wir möchten eigentlich mit Unternehmen zusammenarbeiten. die es geschafft haben, in dem Bereich sehr, sehr erfolgreich zu sein. SK Gaming zählt zu den relevantesten E-Sport-Teams der Welt und da sind wir natürlich an der perfekten Quelle, um immer zu verstehen, was gibt es im E-Sport Neues, wie muss man agieren, was kann vielleicht potenziell für uns relevant werden als Fußballclub, was machen andere Fußballclubs in dem Bereich. Und ansonsten brauchst du, das ist für mich immer persönlich wichtig, wenn ich auch darüber nachdenke, wen ich gerne in meinem Team haben möchte, Ich will Leute haben, die diese intrinsische Motivation haben, sich in dem Bereich weiterzuentwickeln. Also im Bereich Unternehmensentwicklung, wenn wir über neue Technologien nachdenken, dann müssen wir der Bereich sein, der als erster versteht, okay, was kann zum Beispiel Blockchain oder AI für einen Fußball bedeuten. Und das schaffe ich nur, wenn du jemanden hast, der bereit ist, dich diese Dinge proaktiv zu nehmen. Es kann nicht immer nur sein, dass ich den Auftrag gebe und sage, hey, das Thema müssten wir uns mal anschauen. Und das hat für mich immer was mit Mindset und mit Charakter auch zu tun. Und da bist du relativ schnell bei, ja, wie soll ich sagen, da geht es dann gar nicht mehr um die Ausbildung, sondern da geht es vor allem um das persönliche Profil und die Persönlichkeit. Und da habe ich bei den Teammitgliedern, die ich im Team habe, bisher sehr, sehr gute Entscheidungen getroffen, weil ich genau die Leute bekommen habe, die das mitbringen. Weil ich das persönlich auch, glaube ich, habe, was auch dazu geführt hat, dass wir diesen Bereich entwickeln konnten. Und ich glaube, diese Neugierde nach Neuem und diese Neugierde nach Entwicklung ist ganz, ganz wichtig, um da am Zahn der Zeit zu bleiben, gerade in unserem Bereich.

Matthais Weigert: Kannst du so ein paar Tipps und Tricks geben, wie du genau dieses Mindset rausgefunden hast, dass es die Person hat oder nicht hat? Hast du ein Spiel mit denen gespielt oder was hast du?

Philipp Liesenfeld: Nee, also bei meinen Teammitgliedern aktuell hat man das relativ schnell gemerkt, weil es ist diese Initiative, die sie ergreifen. Ein Kollege, der war vorher schon im Club aktiv und kam aber eben proaktiv auf mich zu und hat gesagt, hey, ich finde das super spannend, was du machst, mit welchem Team du dich beschäftigst. Kann ich da irgendwie mitwirken? Und das sind so Signale, wo ich weiß, okay, das ist eigentlich der richtige Weg. Er traut sich, in dem Moment was in der Organisation verändern zu wollen oder auf mich zuzukommen und zu sagen, hey, kann das vielleicht interessant sein für mich? Bei der Marion ist es so, dass man merkt, wenn man mit ihr spricht, sie hat die Erfahrung in dem Bereich Innovation, sie ist selbst Gründerin, da weißt du, dass du das brauchst, da weißt du, dass sie das mitbringt. Aber was ich glaube, ich empfehlen kann, ist einfach weniger auf das zu schauen, was auf dem Papier ist, sondern vielmehr darüber zu sprechen, wie die Leute gewisse Entwicklungen wahrnehmen, wo sie sich selbst hin entwickeln möchten, was sie antreibt, was ihr persönlicher Purpose ist. Und ich glaube, wenn man diese Fragen stellt, dann wird man relativ schnell merken, ob derjenige den richtigen Drive hat oder eben nicht.

Matthais Weigert: Hast du einige Erfahrungen aus deinem Sport übertragen auf das, wie du Menschen anschaust?

Philipp Liesenfeld: Ja, absolut. Also ich glaube, wenn man selbst Sport betrieben hat, gerade Mannschaftssport, prägt einen das sehr stark, wenn es um Teamarbeit geht. Wenn es darum geht, gemeinsam im Team was zu erreichen, auch mal zu verstehen, wie gewisse Gruppendynamiken entstehen oder was auch wichtig ist für eine Gruppe, wie man auch einen gewissen Teamgeist entwickeln kann in der Gruppierung. Da hat der Sport mich total geprägt. Auch damit umzugehen, wenn mal was nicht funktioniert, wenn man vielleicht mal Fehler macht. dann merkst du natürlich auch in den Situationen viel stärker, ob die Gruppierung funktioniert oder ob die Gruppierung nur funktioniert, wenn du erfolgreich bist. Und sowas prägt einen schon als Sportler, glaube ich, noch mal ein Stück weit mehr.

Matthais Weigert: Super. Philipp, vielen Dank. Ich habe noch drei abschließende Fragen. Die erste Frage ist, wie bleibst du selber digital?

Philipp Liesenfeld: Also ich beschäftige mich sehr viel mit Podcasts. Ich höre sehr gerne Podcasts. Ich habe zwei, drei relevante Newsletter für mich abonniert. Im Sportbusiness sind wir sehr gut vernetzt. Da tauschen wir uns ohnehin sehr stark aus. Und ansonsten lese ich sehr, sehr gerne und beschäftige mich, wie gesagt, mit neuen Themen, was dann auch dazu führt, dass man immer wieder eine digitale Verbindung hat.

Matthais Weigert: Daran anknüpfend, wo informierst du dich? Also magst du zwei, drei Podcast-Tipps geben, die du hörst oder Newsletter, denen du folgst, wo du sagst, das ist für die Hörer vielleicht auch interessant, das, was der Philipp hier gemacht hat, da auch mal reinzuhören oder mal zu lesen?

Philipp Liesenfeld: Gerne. Also Podcasts höre ich sehr gerne. Philipp Westermeyer, OMR Podcast. Bei euch aus Hamburg kennt man Newsletter oder der andere Podcast, Sportsmaniac Podcast und Sponsors Podcast bei uns aus dem Sportbusiness hilft, wer da Interesse hat. Sehr, sehr gut. On the Way to New Work, auch ein Podcast, den ich gerne höre, wo es auch viel um das Thema Transformation und Persönlichkeit auch geht. Ansonsten Newsletter, viele Tech-Newsletter, aber auch A16Z, Andresen und Horowitz kann ich sehr empfehlen. Super Newsletter. Sport-Techie, so ein Sport-Tech-Newsletter. Ja, generell vieles, was aus Nordamerika kommt, ist natürlich auch im Sportbezug sehr, sehr interessant.

Matthais Weigert: Super. Und dann abschließend, wie können unsere Hörer mit dir in Kontakt treten, wenn sie vielleicht noch eine Frage haben oder Interesse haben, nochmal irgendwas zu vertiefen? Gibt es da irgendwas, wie du erreichbar bist?

Philipp Liesenfeld: Ja, am besten funktioniert das heutzutage über LinkedIn. Könnt ihr mir gerne eine Message schreiben. Bin ich gerne bereit, in den Austausch zu gehen. Perfekt, Philipp.

Matthais Weigert: Vielen Dank für das Gespräch. Hat sehr viel Spaß gemacht.

Philipp Liesenfeld: Vielen Dank, Matthias. Bis demnächst.

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