dm-Chef & Saint Sass Gründerin: Sollten Unternehmen sich politisch engagieren?

1. Mai 2025, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, heute eine echt besondere Folge. Ich habe nämlich einen tollen Roundtable zusammengestellt zu einem Thema, das mir doch extrem wichtig erscheint, nämlich das Thema Politik. Vielleicht fragt ihr euch auch manchmal, wenn ich unternehmerisch tätig bin, sollte ich mich dann eigentlich politisch äußern oder sogar politisch engagieren? Und dann habe ich mal darüber nachgedacht, wen kenne ich eigentlich, der das tut und der eine interessante Position dazu hat. Und dann sind mir gleich zwei Menschen eingefallen. Und dann dachte ich, ey, das ist auch total spannend, die mal gegenüberzustellen. Und zwar zum einen die liebe Vivien Wysocki. Die leitet ja ein spannendes Startup namens Saint Sass. Sie verkauft Statement-Stromfosen. Jetzt sagt ihr erstmal, was hat das mit Politik zu tun? Total viel, sage ich euch, weil in diesen Statements und in dieser Aufgeladenheit, die sie in die Marke legt, ganz viel Politik auch mit drin schwingt und Gesellschaft vor allem. Und ich weiß von Vivien auch, dass sie sich stark politisch engagiert. Das heißt, sie hat auf Social auch schon fleißig Aufklärung betrieben, arbeitet teilweise mit dem EU-Parlament zusammen mit der EU-Kommission, mit dem Auswärtigen Amt, also tut da allerlei, ist auch auf Panels stark vertreten. Und dann natürlich der liebe Christoph Werner. Der leitet ja als Geschäftsführer die Geschicke von dm Drogeriemarkt und das kennt ihr bestimmt auch. Die M verbindet sich ja mit einem ganz starken Menschenbild. Hier bin ich Mensch, hier kaufe ich ein. Solche Leitsprüche sind dort an der Tagesordnung. Und gerade auch sein Vater hat ja ein sehr starkes anthroposophisches Menschenbild mit in die Firma gebracht. Und das wird auch in die Politik mit reingebracht. Das heißt, Christoph engagiert sich auch sehr, sehr fleißig. Ich muss schmicken, er ist auch in der Bundesfachkommission für den Einzelhandel und Konsumgüter der Vorsitzende. Das heißt, er hat schon qua Rolle natürlich einen gewissen politischen Einschlag, schafft es aber auch sehr schön, neutral trotzdem zu bleiben. So und mit den beiden möchte ich heute mal darüber diskutieren, was passiert denn eigentlich, wenn ich mich als Unternehmen politisch äußere? Sollte ich das tun? Wie engagiert man sich eigentlich? Und auch mal mit der medialen Berichterstattung da ein bisschen drüber zu reden. Also ich glaube, heute echt ein buntes Paket. Von daher danke fürs lange Zuhören des Intros und schön, dass ihr da seid, ihr beiden. Hello.

Christoph Werner: Ja, hallo zusammen.

Vivien Wysocki: Freut mich sehr, da zu sein.

Joel Kaczmarek: Ich habe mir gedacht, ich fange mit euch beiden mal mit einer interessanten Frage an, die sich bei dem Thema Politik für mich so unten drunter legt, nämlich, wann sollte ich eigentlich politisch aktiv sein? Als Unternehmen oder als Person, die wie ihr beide ja in dem Kontext eines Unternehmens Aufmerksamkeit genießt. Und was ist denn so euer Leitbild da? Also sagt Ihr, ich bin im Grundtonus auch in meiner unternehmerischen Rolle grundsätzlich immer politisch aktiv oder wenn bestimmte Verhältnisse eintreten, zum Beispiel wie eine Krise oder ist es einfach Teil der Kern-DNA, wie mischt ihr das für euch ab?

Vivien Wysocki: Ich glaube, das hängt total davon ab, in welcher Situation man sich als Land befindet und auch in welcher Rolle man als Unternehmen auch Verpflichtungen irgendwie unterliegt. Ich meine, für uns als Saint Cez, ich trenne das auch. Also ich sage mal, ich bin erst mal Vivien als Gründerin oder auch als Privatperson und habe ganz andere politische Aktivitäten als das Unternehmen an sich. Und das Unternehmen an sich haben wir für uns entschieden, dass wir gewissen Grundwerten folgen. Und für uns war zum Beispiel immer wichtig, sich für das Thema Selbstbestimmtheit einzusetzen. Weshalb wir letztes Jahr dann auch eine Kampagne gemacht haben zum Thema Altersarmut bei Frauen. Dass wir sagen, hey, da ist, sage ich mal, ein ganz großes Defizit da. Was können wir tun? Wir weisen erstmal darauf hin, wir machen darauf aufmerksam, geben auch, sage ich mal, irgendwo ein Stück weit Handlungsempfehlungen. Was ich zum Beispiel schwierig finde, ist, wenn ein Unternehmen sich so weit politisch beteiligt, dass es irgendwie auch den Korridor mitverengt. Also dass man da irgendwie auch die Türen zuschlägt oder dass man klar macht, okay, wenn ihr die Grünen wählt, dann seid ihr hier nicht willkommen oder dann seid ihr nicht unsere Kunden, dann gibt es keine Partner. Sondern ich finde es schon wichtig, dass man immer ein Stück weit auch als Unternehmen, auch wenn man Haltung zeigt, respektiert, dass die Demokratie auch nur dann geschützt werden kann und gesichert werden kann, wenn wir hier einen Meinungspluralismus zulassen und auch Respekt gegenüber anderen Meinungen behalten.

Christoph Werner: Ja, also ich glaube, Unternehmen als solches ist ja keine politische Veranstaltung, sondern ist ein Wirtschaftsunternehmen. Das heißt, mit Kundenorientierung Leistungen generieren, die von Kunden abgenommen wird, ist die Aufgabe. Die andere Frage ist natürlich, wie man jetzt als jemand, der in einem Unternehmen in der Verantwortung ist, in der Gesamtverantwortung ist, wie man sich politisch einbringen möchte. Da ist meine Erkenntnis gewesen, dass es wichtig ist, dass das Unternehmen sich nicht politisch äußert, weil das ist übergriffig. Gerade jetzt im Handelsunternehmen zeichnen sich ja dadurch aus, dass da sehr, sehr viele Menschen arbeiten. Und wenn wir uns jetzt politisch äußern würden, dann müssen wir davon ausgehen, dass es in unserem Unternehmen ja grundsätzlich mal alle politischen Richtungen gibt. Und das wäre übergriffig. Deswegen würde ich das nicht für richtig halten. Wir haben natürlich Werte und Werte sind auch wichtig hochzuhalten. Über die kann man auch sprechen. Aber das ist mal was anderes wie eine politische Äußerung im Sinne von parteipolitisch. Als jetzt jemand, der die Gesamtverantwortung übertragen bekommen hat, wie jetzt in meinem Fall, ist natürlich so, dass ich mich sehr viel mit den Fragen von Rahmenbedingungen beschäftige im Unternehmen. Also welche Rahmenbedingungen sollten wir haben durch die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten? Um optimal aufgestellt zu sein, um für unsere Kunden relevant zu bleiben und um zukunftsfähig zu bleiben. Und je mehr man sich mit solchen Fragen beschäftigt, umso mehr kommt man natürlich auch dann in die politische Sphäre rein. Kommt natürlich die Frage, ja gut, wie sollten denn die gesetzlichen Rahmenbedingungen sein, damit ein Unternehmen auch prosperieren kann, damit eine Volkswirtschaft prosperieren kann. Und dann ist man da sehr schnell in diesem Feld. Und da glaube ich jetzt, dass es natürlich wichtig ist, dass es eine gewisse Arbeitsteilung gibt. Es gibt Menschen, die sind in der Legislative jetzt oder in der Exekutive tätig und dann gibt es Menschen, die sind in der Wirtschaft tätig. Und da glaube ich, ist es jetzt wichtig, dass da ein gewisser Brückenschlag erfolgt. Also dass man miteinander ins Gespräch kommt, damit die Menschen, die in der Politik tätig sind, durchaus den Input auch bekommen können von den Menschen, die in der Wirtschaft tätig sind. Und dass man gleichzeitig als in der Wirtschaftstätiger auch versteht, was denn die Rahmenbedingungen sind, die jetzt oder die Voraussetzungen sind, die jemand hat, der in der Politik tätig ist. Und es macht schon einen Unterschied, ob ich mich immer wieder Wahlen stellen muss mit Wählern, die ich persönlich nicht kenne. Von Gesellschaftern oder vom Aufsichtsrat, alles Menschen, die ich kenne, mit denen ich ins Gespräch gehen kann. Also eine andere Rahmenbedingung. Und ich glaube, das einfach mal zu verstehen, wie da auch agieren wird, ist hilfreich. Und dann ist es gut, eben in Gesprächen auch mit Menschen, die in der Politik Verantwortung tragen, sich auszutauschen über die Dinge, die nach eigener Erkenntnis dazu führen könnte, dass das Land eben prosperiert oder die eher abträglich sind. Und ich persönlich erlebe auch, dass da die Menschen in der Politik grundsätzlich sehr offen für sind, weil es sie wirklich interessiert und das einfach auch ein Bereich ist, mit dem sie weniger zu tun haben. Und letzten Endes glaube ich, dass alles, was wir haben, auch alles, was wir als Sozialstaat haben, ist ja nur möglich, wenn wir eine prosperierende Wirtschaft haben. Das ist ja das Fundament. Und wenn wir das vernachlässigen, wird alles andere nicht mehr funktionieren. Und dann werden wir eine Radikalisierung in unserem Land auch erleben. Und deswegen glaube ich, dass es schon wichtig ist, wenn man das Glück hat, jetzt in so einer Aufgabe und Verantwortung zu sein, wie ich das derzeit bin, dass wir da schon das Wort ergreifen und auf die Menschen in der Politik auch zugehen und unsere Gedanken teilen. Oder auch in Interviews durchaus dann auch mal Positionen vertreten, damit sie auch in die gesellschaftliche Diskussion hineinkommen.

Joel Kaczmarek: Jetzt hat mal Christoph mal so aus dem Nähkästchen geplaudert. Wie oft wirst du denn auch in deiner Unternehmensrolle von politischen Parteien angesprochen? Also dass sie zum Beispiel sagen, hast du Lust in unseren Wirtschaftsrat zu kommen? Hast du Lust uns mal aufzuschlauen mit deiner Expertise? Kommen wir nicht für eine Parteispende in Frage? Gibt es irgendwie ein Amt, was du bei uns spannend findest? Oder, oder, oder. Also passiert das häufig, dass man mit deiner Exponiertheit angesprochen wird?

Christoph Werner: Auch häufig jetzt nicht. Spenden sind natürlich immer, wenn Wahlkämpfer anstehen, von Interesse. Das ist klar. Muss man dann auch entscheiden, ob man das machen möchte als Unternehmen oder auch als Privatperson. Wobei ich persönlich denke, dass so Parteispenden natürlich schon auch was Wichtiges sind, damit es funktioniert, unser System. Es darf aber nie mit dem Anspruch sein, dass man dadurch Einfluss nehmen kann auf die politische Willensbildung. Das finde ich nicht richtig. Ich werde nicht so sehr oft angesprochen, muss ich sagen. Bin jetzt von zwei Parteien, von der SPD bin ich auch schon angesprochen worden, wobei das ging über irgendeine Anwaltskanzlei, also das kam jetzt auch nicht von Politikern direkt. Ich schaue dann meistens so drauf, inwiefern ist das ein wirkliches Interesse oder inwiefern ist das mehr Konvention.

Joel Kaczmarek: Ja, aber gerade das Thema Parteispende, was du ja eben auch so angesprochen hast mit der Einflussnahme. Ich habe einen Freund, der ist irgendwie seit 15 Jahren in Südostasien unterwegs, da beruflich auch verortet, sehr erfolgreich. Und der sagte, Joel, bei uns guckt man hier so ganz merkwürdig auf Deutschland. Ihr seid, glaube ich, irgendwie, der kommt ja von hier eigentlich gebürtig, aber der sagt, Deutschland ist gefühlt eins von zwei Ländern nur, wo Parteispenden sozusagen so transparent gemacht werden und wo das auch so gängig ist. Also ich habe dann gelernt, in Südostasien ist man zum Beispiel total harsch, was sowas angeht. Also in Vietnam ist es wohl zum Beispiel so, wenn jemand jetzt richtig über Bestechung versucht, auf Politiker Einfluss zu nehmen, Es gibt Grenzen. Ab 200.000 Euro kommen Politiker für 30 Jahre in den Knast. Und deswegen meinte er, gibt es das auf der oberen Ebene bei denen gar nicht. Und er sagte dann so, in Deutschland ist es genau umgekehrt wie in Vietnam. In Vietnam ist es eher die untere Ebene, wo man ab und zu mal so sein Backstisch fließen lässt und da passiert dies und das. Und oben wegen dieser harschen Gesetze nicht. Und in Deutschland wirkt es oft genauso umgedreht. Auf den Behördenebenen ist es irgendwie sehr sauber, sehr konstituiert. Und auf den oberen Ebenen, wenn wir mal so Spendenaffären und sowas zurückdenken, da ist das irgendwie total gang und gäbe. Erlebst du das auch als ein politisches Problem hier in Deutschland, das Verhältnis von Geld, Spende und Politik?

Christoph Werner: Also mein Ratschlag an politische Parteien ist immer zu schauen, dass man nicht von Großspendern abhängig ist, sondern dass es viele Bürgerinnen und Bürger gibt, die bereit sind, durchaus auch kleine Beträge zu spenden, die dann in Summe wieder viel ausmachen. Weil das ist auch eine Resonanz. Das ist auch eine Resonanz der Wählerschaft und ich finde, je weniger Bürgerinnen und Bürger bereit sind zu spenden, umso weniger werden die Parteien auch als relevant erlebt. Deswegen bin ich der Meinung, dass Parteien nicht auf Großspenden aus sein sollten, auch wenn das jetzt aus praktischen Erwägungen oft dann immer wieder der Fall ist. Aber ich glaube, dass es nicht der richtige Weg ist. Ganz extrem ist es ja in den USA. Hängt aber auch damit zusammen, dass halt, soweit ich weiß, der Staat auch die Erstattungen nach Wahlen nicht so durchführt, wie man das aus Deutschland kennt. Und politische Parteien sind ja darauf angewiesen, dass sie sich irgendwie finanzieren. Also da muss es schon eine Lösung für geben. Und ich glaube, so einen gesunden Mittelweg zu gehen, wie das in Deutschland auch jetzt der Fall ist, dass man sagt, Parteien, die jetzt mindestens fünf Prozent der Wählerstimmen bekommen haben, dass die in der Erstattung Wahlkampfkosten in einem gewissen Maß bekommen, Und auf der anderen Seite auch die Möglichkeit, dass Bürgerinnen und Bürger spenden, was ja dann auch wiederum durch den Staat nochmal, wenn nicht verdoppelt, aber doch zumindest beaufschlagt wird, damit es dann nochmal wirksamer ist, halte ich grundsätzlich schon für eine gute Vorgehensweise.

Joel Kaczmarek: Aber lass uns auch mal über Reaktionen reden. Weil ich bin ganz gut befreundet mit Sebastian Krumbiegel von den Prinzen, der ist ja super politisch aktiv und der hat mal einen geilen Satz zu mir gesagt, der meinte, Joel, einer meiner Bandkollegen hat schon mal gesagt, wer den Kopf aus dem Fenster hält, der wird geföhnt. So, das heißt, ich frage mich auch, wenn man als unternehmerische Person politisch aktiv ist oder kommunikativ, was passiert denn mit einem? Was habt ihr denn bisher so erlebt? Was waren so eure Resonanz, die ihr bekommen habt? Wie ist es mit euch umgegangen? Vielleicht kann Vivien mal den Anfang machen.

Vivien Wysocki: Ich kann den Gedanken nachvollziehen, so jetzt vor allem in den letzten Jahren. Seit Corona hat sich das ja auch nochmal verschärft, würde ich sagen, dass man immer auch Studien dazu sieht oder Umfragen dazu sieht, dass Leute sich gar nicht mehr trauen, ihre Meinung zu äußern. Und auch leider nicht wenige Journalisten dazu neigen, eher einen Narrativ abzubilden, aber nicht verschiedene Narrative abzubilden, was eigentlich auch ihr Auftrag wäre. Aber Ich persönlich habe ehrlicherweise noch nicht so viele negative Erfahrungen machen müssen, weil ich immer den Weg der Aufklärung gegangen bin. Also ich habe gar nicht versucht, jetzt parteiisch mich zu positionieren oder auch politisch, sage ich mal, für ein Thema dazustehen, was jetzt wo Kontradiskussionen auslöst, sondern eher erstmal den Weg der Aufklärung zu gehen und zu sagen, hey, ich gebe euch Hilfe. Einfach Informationen, weil mir das Thema am Herzen liegt und was ihr dann damit macht, ist erstmal eure Entscheidung. Also so bin ich damit umgegangen. Ich möchte einfach nur eure Informationen bereitstellen und mir ist es einfach nur wichtig, dass ihr diese Informationen habt. Aber es ist eure Freiheit, was ihr mit diesen Informationen macht. Das ist mir ganz, ganz wichtig. Ich habe jetzt letztens einige wenige und seltene Male mal sehr stark Haltung bezogen zum Thema Steuererhöhungen. Und habe da einen Beitrag geschrieben, eigentlich ursprünglich für eine Instagram-Story gedacht. Dann wurde ich angeschrieben, ob ich den irgendwie als Beitrag teilen könnte, damit man den teilbar machen kann. Und der hatte irgendwie, ich glaube, über eine Million Aufrufe. Also jeder 80. Mensch in Deutschland, beziehungsweise wenn man mal die ganzen alten weg aus der Rechnung rausnimmt, dann waren es dann wahrscheinlich noch mehr. Also es haben sehr viele Menschen gelesen, sehr viele Menschen gesehen. Und ich habe mich sehr klar gegen Steuererhöhungen, weitere Steuererhöhungen ausgesprochen. weil wir als Land eben auch schon eine sehr hohe Abgabenlast grundsätzlich haben und irgendwann auch die Stimmung zu kippen droht, wenn wir noch mehr an den Staat abtreten müssen, obwohl eigentlich eher die staatlichen Leistungen gerade eher reduziert werden, aber die Kosten, so ist jetzt die einfache Aussage. immer weiter erhöht werden. Und ich habe sehr viel Zuspruch bekommen, aber ich habe natürlich auch Gegenwind bekommen. Und davon war komplett auszugehen. Und das war aber voll okay. Also ich fand es eher voll interessant, mal so auch in den Kommentarspalten mal zu erfahren, was da eigentlich so gerade für eine Stimmung vorherrscht. Ich habe das auch gar nicht persönlich genommen. Ich habe das einfach Wenn jemand Gegenwind in den Kommentaren abgelassen hat, auch teilweise unter der Gürtellinie, dann habe ich gesagt, okay, es hat was mit dem Thema zu tun, aber nicht mit mir als Mensch. Das betrifft mich natürlich manchmal auch als Mensch. Ich habe eine einzige Nachricht bekommen, dass man mich jetzt als Unternehmen nicht mehr unterstützen wird und dass die Person sich auch dafür schämt, mich zuvor unterstützt zu haben. Und das ist ein Moment für mich, wo ich sage, okay, ich trage die Verantwortung, wie Christoph auch schon gesagt hat, dass man, wenn man Verantwortung trägt, muss man auch mit den Konsequenzen rechnen. und für mich offenbart das dann eher, sage ich mal, auch so eine gewisse Intoleranz bei Menschen, dass sie halt nicht aushalten in den aktuellen Zeiten, dass man auch andere Positionen hat und dass das eine mit dem anderen erstmal nicht so viel zu tun hat und ich mich ja trotzdem immer noch im demokratischen Spektrum befinde und das ist so voll. okay ist, wenn man eine Diskussion anstößt und ich das respektiere, wenn jemand das so entscheidet, aber ansonsten, das war jetzt eine absolute Ausnahme, habe ich ehrlicherweise sehr viel Respekt bekommen, auch sehr viel konstruktive Rückmeldung.

Joel Kaczmarek: Wie ist das bei dir so, Christoph?

Christoph Werner: Ja, also dein Satz, wer den Kopf aus dem Fenster hält, wird geföhnt. Also da denkt man natürlich an einen Zug. Deswegen würde ich das mal so sagen, wer den Kopf aus dem Fenster eines Zuges hält, sollte auf die Brückenpfeiler und Oberleitungsmasten achten. Also Man muss sich auch überlegen, zu was möchte man sich äußern und inwiefern wird einem auch eine Kompetenz dort zugetraut. Das ist für mich schon mal ganz entscheidend. Also zu Dingen, was jetzt zu sagen, wo ich sozusagen keine wirkliche Kompetenz habe und die mir auch nicht zugetraut wird, das ist, glaube ich, nicht wirklich hilfreich. Aber zu Themen dann zu sprechen, wo man glaubt, auch einen Beitrag leisten zu können, ich glaube, das ist wichtig. Und da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, das auch zu tun. Ich persönlich beispielsweise habe schon den ein oder anderen Gastbeitrag mal für eine Tageszeitung geschrieben oder bin jetzt auch angefragt worden, von der Wirtschaftswoche dort eine Kolumne zu schreiben. Das macht natürlich alles Arbeit. Das mache ich dann auch. Also man lernt selbst immer auch eine ganze Menge dabei und deswegen ist das keine verlorene Zeit. Aber das kann schon ein Beitrag sein, um mal auf etwas aufmerksam zu machen. Und dann glaube ich, ist es hilfreich, folgenden Grundsatz noch zu beherzigen und zwar eben nicht polarisierend und banalisierend sich zu äußern. sondern immer differenzierend und integrierend. Und dann ist es auch wesentlich anschlussfähiger. Weil ich glaube, am Ende, trotz aller Polemik, die es immer wieder gibt, geht es ja darum, dass die Menschen Zuversicht haben möchten. Also positive Botschaften, Wege nach vorne, nicht nur kritisieren. Und gerade als Unternehmer geht es ja immer darum, Wege zu finden in die Zukunft. Ich sage immer, aus dem Zitronen Limonade zu machen. Und ich glaube, das einfach mal auch auf gesellschaftliche Themen anzuwenden und in den Bereichen, wo man eine gewisse Kompetenz hat aufgrund seines beruflichen Wirkens, sich dort zu äußern, das kann die Diskussion wirklich bereichern. Und ich glaube, wenn man sich an diese Grundsätze hält, dann funktioniert das auch.

Joel Kaczmarek: Welche Erfahrung habt ihr beide so mit dem Thema Framing gemacht? Weil ich erlebe das ganz oft, dass medial so Ecken aufgemacht werden, in die wirst du geschoben. Egal, ob du es so gemeint hast oder ob du es so gesagt hast. Und es ist manchmal auch richtig unfair. Also ich erinnere mich an eine Debatte, die ich mal mit einem Manager geführt habe, der sagte zu mir Ey, ich lasse mich zum Beispiel niemals tanzend irgendwo filmen. Erinnerst du dich noch, als Clemens Tönnies auf seinem 60. Geburtstag getanzt hat und Hintergrund lief von Udo Lindbergh, ich mache mein Ding? und dann kam die politische Debatte auf über Arbeitskräfte und welche Mitarbeitenden denn wie bezahlt werden. und dann siehst du dieses Bild und auf einmal ist der sofort geframed als so ein asozialer Kapitalistenarsch. So, oder mit Klöckner hatten wir es ja auch gerade über Ostern. Ihre Aussagen über die Kirche sind irgendwie riesig viral gegangen und dann guckt man unter die Haube und merkt, ah, warte mal, die hat eigentlich auf eine Frage geantwortet, warum hat die Kirche mit Mitgliederschwund zu kämpfen und ihre Antwort wurde so aus dem Kontext gerückt. Oder Ukraine, genau so ein Beispiel. Wenn man irgendwie über den Ukraine-Krieg sagt, wir haben Fehler gemacht als Westen, was irgendwie die NATO-Erweiterung angeht, dann ist man ja schon nur so zwei Schritte vom irgendwie pro-Putinisten entfernt. Also es gibt so ganz viele Framings und Elemente, wo man so hingerückt wird, wo man vielleicht aber gar nicht sich sieht. So, habt ihr damit mal Erfahrung gemacht? Christoph, kannst du ja mal den Anfang machen?

Christoph Werner: Naja, klar. Also das ist genau das Problem, was wir heute haben, dass die Medien vor allem im Online-Bereich mit extremen Zuspitzungen arbeiten, vor allem in den Überschriften. Und es ist ja auch zu beobachten, dass beispielsweise auch bei Interviews die Überschriften in der Online-Ausgabe sich unterscheiden von den Überschriften in der Print-Ausgabe. Und wenn man mit den Journalisten spricht, sagen die auch, ja, für die Überschriften bin ich nicht verantwortlich. Das macht ein spezielles Redaktionsteam, die dann wiederum natürlich im Online-Bereich auf die Klickzahlen achten. Abgesehen von der Tatsache, dass ich glaube, dass es den Medien nicht gut tut, weil wenn man als Leser über eine Überschrift einen Eindruck vermittelt bekommt, der sich dann im Text nicht wiederfindet, das bedeutet abnehmende Relevanz für den Leser. Weil der sagt sich, jetzt habe ich Zeit vergeudet und habe einen Eindruck jetzt gehabt, der sich nicht wiederfindet. Also mal abgesehen davon, ist es aber jetzt für einen selbst so, damit muss man halt umgehen. Ich glaube, da darf man sich auch nicht zu sehr aufregen, weil man kennt es ja selbst, wenn man einen Artikel liest über irgendjemand, dann nimmt man das immer mit einer gewissen Skepsis zur Kenntnis. Wenn man was über sich selbst liest, ist man immer ein bisschen dünnhäutig. Also das muss man erst mal umgehen. Das muss man erst mal verdauen und muss man erst mal ablegen. Dann glaube ich allerdings, ist ja die Frage jetzt, wenn es tatsächlich dazu zu Zuspitzungen und zu Polemisierung kommt, wie sind jetzt die Reaktionen? Und da habe ich jetzt auch schon die Erfahrung gemacht, dass ich dann auch Zuschriften bekomme, zum Teil auch polemisch oder wirklich auch Das ist ja unhöflich. Ich gehe dann persönlich so vor, dass ich erstmal schaue, wer ist es denn, der da schreibt? Ist das jetzt eine E-Mail-Adresse mit irgendeinem Fantasienamen und auch keine Anschrift unten dran? Solche Zuschriften ignoriere ich eigentlich, weil man nicht weiß, wer da dahinter steckt. Wenn das jetzt allerdings Menschen sind, die sich durchaus zu erkennen geben, durch eine entsprechende E-Mail oder auch mit Kontaktdaten unten dran, dann kann man auch, wenn sie zunächst mal etwas polemisch daherkommt oder vielleicht auch ein bisschen unfreundlich, sich trotzdem die Zeit nehmen und darauf antworten. Und das ist meine Erfahrung gewesen, dass wenn man dann wirklich eingeht auf das, was da die Menschen schreiben und das auch versucht einzuordnen, was man gesagt hat, dass da Menschen oftmals sehr, sehr positiv darauf reagieren. Bis dahin, dass sie sagen, ja, ich möchte mich für den Ton entschuldigen, den ich da gewählt habe. Das war nicht so gemeint, das war aus einer Erregung. Aber jetzt, nachdem sie das erklärt haben, kann ich das wirklich besser nachvollziehen. Und ich finde, dann ist eine ganze Menge gelungen. Also man selbst kann eine ganze Menge daran lernen. Also wie reagieren Menschen? Wie muss man sich vielleicht auch anders ausdrücken künftig? Aber man kann auch in der Art, wie man auf Menschen dann eingeht, eine ganze Menge lernen. Weil letzten Endes geht es ja eigentlich darum, dass wir uns verstehen. Und Kommunikation ist halt eine schwierige Sache, weil jeder in seiner eigenen Welt lebt und von Botschaften dann getroffen wird in einem gewissen Kontext, den man als jemand, der die Botschaft aussendet, ja nicht unbedingt kennen kann. Und die hohe Kunst des Miteinanders und da sind wir alles Novizen, glaube ich. Wie ist es bei dir, Vivien?

Joel Kaczmarek: Gerade Social Media ist ja da so ein Eck, wo man schnell mal in irgendwelche Haltungen reingedrückt wird. Gerade du, glaube ich, hast ja auch viele Punkte, was die Leute einlädt. Du warst Model, du bist Unternehmerin, du bist politisch aktiv. Also da ist man ja ganz schnell dabei, dass man so einen Drall kriegt. Hast du das erlebt viel in der Vergangenheit?

Vivien Wysocki: Ja, nicht so oft tatsächlich, weil ich, wie gesagt, den Weg der Aufklärung gegangen bin. Aber ich kann das total nachempfinden, was Christoph gerade gesagt hat, dass wenn man sich mal die Zeit nimmt und auch respektvoll einem Menschen gegenüber tritt, dass man auch oftmals viel Respekt zurückbekommt. Also ohne sich selbst jetzt zu erhöhen, aber ein gutes Vorbild in der Diskussion zu sein. Und so voranzuschreiten kann ganz, ganz viel helfen und auch trotzdem konstruktiv zu bleiben und sich trotzdem auch auszutauschen. Es geht jetzt nicht darum, dass man am Ende sagt, ja, wir sind alle gleicher Meinung. Das muss ja auch aber gar nicht das Ziel sein. Also dass man A erstmal die Meinung des anderen Menschen respektiert und dass man es schafft, dass man auch, sage ich mal, einen Raum öffnet und auch das Signal gibt, dass es vollkommen okay ist, dass wir uns jetzt hier austauschen. Was bei Social Media aber natürlich extrem krass ist, deswegen, was ich also echt cool finde von dir, Christoph, dass du da auch drauf eingehst. Manchmal kriegt man ja so viele Nachrichten oder so viele Kommentare, dass es wahrscheinlich zwei oder drei Tage in Vollzeit kosten würde, auf alles einzugehen. Das ist, sag ich mal, der Vorteil, dass man über soziale Medien sehr viele Menschen sehr schnell erreichen kann. Aber der Nachteil, man kann es auch nicht kontrollieren manchmal. Also wenn das jetzt, wie bei mir zum Beispiel mit dem einen Beitrag, so unendlich viel Reichweite bekommt, ohne dass ich damit gerechnet habe, dann habe ich leider überhaupt gar nicht die Zeit, auf alles einzugehen. Meine einzige Möglichkeit ist nochmal einen Folgebeitrag zu machen, wo ich vielleicht ein paar Dinge was ich in den Kommentaren wahrgenommen habe oder nochmal differenziere. Und ich sehe solche Möglichkeiten gar nicht als negativ, aber es ist, sage ich mal, unkontrollierbar. Ich sehe es eher fast schon wie so eine Demonstration im digitalen Leben, dass man sagt, okay, man hält halt ein Schild hoch, man vertritt Position X und ich finde das eine sehr, sehr schöne Einstellung, dass man sagt, es soll integrativ sein, differenziert. Es ist aber auch in Ordnung, Haltung zu zeigen, aber insbesondere immer mit einem Optimismus, mit einem optimistischen Blick. Aber es ist auch okay, an der anderen Stelle, weil das war jetzt zum Beispiel bei dem Beitrag so, dass ich sage, okay, ich finde es nicht in Ordnung, dass X passiert oder dass über Steuererhöhungen gesprochen wird, um einfach mal auch ein Signal an die Politik zu geben oder in die Öffentlichkeit reinzugeben, dass es Stimmen gibt, die damit nicht d'accord sind und dass es eben auch andere Haltungen gibt, weil ich sage mal eher dass dann oftmals eher weniger repräsentiert wird in den Medien. Nämlich auch mal die Seite derer zu zeigen, die davon betroffen sind. Das sind nämlich eher die Spitzenverdiener oder auch die Unternehmen und auch die Mittelschicht. Und da muss man halt einen guten Weg finden für sich. Aber ich persönlich, also ich teile das total, weil ich mich auch viel für Meinungsfreiheit einsetze und eingesetzt habe, dass man versucht, immer einen Weg zu finden, den Raum zu öffnen für einen konstruktiven und respektvollen Umgang. Das schafft man nur nicht immer. Also ich hatte einmal eine Eine Sache, die ist so ein paar Jahre her, da habe ich es zum Beispiel nicht geschafft. Da ist das komplett ausgeartet und es wurde auch reframed. Da ging es um George Floyd, um den Fall. Und ich glaube, fast alle Menschen sind sich einig, dass das, was da vorgefallen ist, ganz furchtbar war. Ganz, ganz furchtbar. Und inklusive mir natürlich. Also ich fand das unfassbar schlimm, was da passiert ist. Und dass dieser Mann gestorben ist während des Polizeieinsatzes. weil der hätte nicht sterben müssen. Und dass da ein Problem vorliegt, auch mit Rassismus, ich glaube, darüber muss man sich gar nicht unterhalten. Aber ich hatte mich damals auch eben zur Meinungskultur oder zur Debattenkultur geäußert, weil ich eben erkannt habe, da gibt es gerade eigentlich drei Gruppen. So eine Gruppe ist ganz kritisch. Also die haben gesagt, es war alles richtig, wie der Polizist gehandelt hat. Okay, das ist eine kleine schwierige Gruppe. Aber dann gab es noch zwei andere Gruppen, die beide der Meinung waren, es ist ganz, ganz schlimm, was da passiert ist. Die waren eigentlich auf derselben Seite, aber die haben sich gegenseitig bekriegt, weil die eine Gruppe nicht die richtigen Wörter verwendet hat, um sich auszudrücken, die die andere Gruppe wiederum stark getriggert hat. So, und die eine Gruppe war halt, würde ich mal sagen, eine sehr kleine, sehr laute, sehr auch Also aktivistische Gruppierung, die gesagt hat, naja, man darf sich jetzt als Weißer sozusagen einerseits gar nicht äußern, weil man muss jetzt den Raum denen überlassen, die betroffen sind, also schwarze Personen. Oder man muss dann die richtigen Wörter verwenden, die, weil man sich, ja keine Ahnung, sonst nicht richtig beteiligen kann an Diskussionen. Das fand ich schwierig, das habe ich benannt. Ich habe gesagt, hey, wir sind auf derselben Seite, aber ich nehme eben wahr, dass da zwei Gruppen sind, die sich leider unnötig bekämpfen und wir sollten wieder auf die Debattenkultur achten, weil das wäre wichtig, weil man kann ja auf etwas hinweisen, aber man sollte sich die Hände ausstrecken und respektvoll miteinander reden, als es irgendwie da eine Feindschaft aufzumachen. Und da habe ich ein Shitstorm ausgelöst, womit ich gar nicht gerechnet habe, weil ich mich auf die Meta-Ebene eigentlich bezogen habe, um die Debattenkultur zu beobachten und das eigentlich kommentiert habe. Und dann eben von einer relativ aktivistischen, auch recht radikalen Gruppe sehr viel raufbekommen habe. Und das war mein erster Shitstorm. Und ehrlicherweise war das echt hart damals. Ich habe, glaube ich, drei Tage war ich super nervös und wusste gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich glaube, ich würde heute anders damit umgehen und würde auch versuchen, da ins Gespräch zu gehen und gleichzeitig aber irgendwann, wenn die Gürtellinie dann auch unterschritten wird, sagen, darauf lasse ich mich nicht ein und das ist auch okay. Man muss aber schon gegenwirken und auch teilweise, wenn was falsch geframed wird, auch bewusst falsch geframed wird, das Framing wieder zurechtdrücken, damit man das nicht so in die Welt lässt, weil in den sozialen Medien kann das ganz schnell passieren.

Joel Kaczmarek: Da sind jetzt mehrere Aspekte drin. Christoph, lass uns doch mal einen aufgreifen, was Vivien gerade gesagt hat, nämlich der Skalierungsgrad davon. Weil ich finde es ganz korrekt, hunderte von Kommentaren trudeln ein und wenn man nicht darauf antwortet, sieht es schnell so aus, als wenn man irgendwie in seinem Elfenbeinturm lebt, gar kein Interesse an den Menschen hat, es gar nicht ernst meint. oder vielleicht hat es der Presseverantwortliche geschrieben oder oder oder oder. Bei dir muss es ja auch so sein. Du hast ja irgendwie 60.000 Mitarbeitende. Wir reden jetzt auch nur über externe Kommunikation. Wir kommen gleich nochmal zu der internen. Wie gehst denn du mit sowas um, wenn sowas Wellen schlägt? Weil du kannst ja jetzt als jemand, der mehrere 10.000 Menschen beruflich verantwortet, kannst ja jetzt nicht jeden Tag vier Stunden irgendwie Leserpost beantworten, mal frech gesagt.

Christoph Werner: Naja, also zunächst mal ist es so, dass ich in den sozialen Medien selbst nicht aktiv bin. Ich bin zwar auf LinkedIn, aber nur sozusagen, um in Kontakt zu bleiben mit Menschen, mit denen ich beruflich früher in Kontakt war. Ich poste aber nichts, ich kommentiere nichts. Und in den anderen sozialen Medien ist es genauso. Also da bin ich schon mal nicht erreichbar. Das Unternehmen DM Triggeriemarkt hat natürlich eine Präsenz und da auch ein professionelles Team, welches sich darum kümmert. Wenn da was ist, dann geht es eigentlich darum, ein Statement abzustimmen, wie wir darauf reagieren. was dann von dem Social Media Team dann verwendet werden kann in einer Art und Weise, die dann auf den Einzelfall gerichtet sinnvoll ist. Ich beschränke mich auf Dinge, die mir per E-Mail zugehen oder über das Service Center bei uns reinkommen und natürlich, wenn was postalisch kommt. Der Grund liegt einfach darin, dass das schon mit einer bisschen größeren Ernsthaftigkeit kommt. Also da muss man sich schon ein bisschen mehr Mühe machen, wenn man eine E-Mail schreibt oder wenn man sogar mit einer analogen Post was macht. Und das führt zu so einer gewissen Verobjektivierung und damit ist es auch handelbar. Und dann muss ich halt entscheiden, ob ich das selbst mache oder ob ich dann auch über unser Presseteam das machen lasse. Ich persönlich habe für mich zumindest die Erkenntnis gewonnen, dass es gut ist, Das eine oder andere auch selbst zu beantworten, einfach weil ich selbst dabei eine ganze Menge lernen kann und auch mit einem gewissen kühlen Kopf. Ich glaube, das Problem in den sozialen Medien ist, dass es halt sehr, sehr schnell polemisch wird. Einfach weil das rausgeschossen wird, relativ unreflektiert. Und jetzt mal abgesehen davon, dass es nicht sinnvoll ist, sich da… Rein zu begeben, glaube ich, ist es aber auch so, die Art und Weise, wie da manchmal argumentiert wird und wiedergeschrieben wird, ja, ich würde sagen, das schüttelt einen schon so ein bisschen durch. Und jetzt kann man sagen, da muss man sich ein dickes Feld zulegen. Ja, auf der einen Seite ja, auf der anderen Seite auch das hat seinen Preis und möchte man diesen Preis bezahlen. Ich persönlich möchte den nicht bezahlen. Und dann, glaube ich, muss man sich einfach fragen, was möchte man an sich ranlassen, wo möchte man sich drauf einlassen. Und ich persönlich glaube, dass, natürlich gibt es jetzt auch andere CEOs von anderen Unternehmen, die sind in Social Media aktiv, sei es jetzt auf LinkedIn oder auf anderen Kanälen, aber lassen das dann ihre Teams machen. Da sage ich immer, wo Christoph Werner draufsteht, muss auch Christoph Werner drinnen sein. Also das muss ich dann schon selbst machen. Das jetzt über ein Team zu machen, ist einfach nicht authentisch und nicht richtig. Das ist der Weg, den ich gehe und damit ist jetzt was, was ankommt, durchaus handelbar. Wenn sich das verändern sollte, müsste ich natürlich auch Wege finden, dem gerecht zu werden. Aber das ist der Status Quo zumindest.

Vivien Wysocki: Wenn ich dazu was sagen darf, das ist ganz interessant eigentlich, weil in den sozialen Medien ist es eigentlich fast wie so ein Marktplatz. Und es kann auch eine Eigendynamik entwickeln, dadurch, dass man sieht, andere kommentieren und dadurch, dass man sieht, das ist eigentlich die Stimmung in den Kommentaren. Das ist ja auch meinungsbildend. Also zu sehen, wie andere Menschen darauf reagieren, bietet auch Koorientierung an für die Diskussion, was es wiederum komplexer macht. Also ich glaube, die bessere und auch die respektvollere Kommunikation kann man eigentlich führen, wenn sich Menschen wirklich auch die Zeit nehmen, wie du es gerade gesagt hast, und Briefe schreiben oder E-Mails schreiben, als wenn es einfach so ein Kommentar ist, der dann vielleicht lautet, cancelt. XYZ oder das geht gar nicht oder was auch immer. Und dann auch gar nicht unbedingt reinschreiben, warum oder ihre Argumentationen oder Gedankengänge mit rein tun in den Kommentaren. Aber es ist halt nun mal auch irgendwie die Art und Weise, wie wir mittlerweile auch viel kommunizieren. Und das hat ja die Politik auch erkannt, dass soziale Medien einen extrem großen Einfluss auf die Meinungsbildung der Menschen hatten, einen extrem großen Einfluss auf die Wahlergebnisse hat. Man kann das ja auch viel in Amerika beobachten. Aber ich kann es total nachvollziehen. Ich glaube auch, dass es für einen selbst fast ein besserer Weg ist, das nicht über soziale Medien abzubilden. Und dann, wenn man die Chance hat, über Kolumnen oder über Gastbeiträge das zu tun oder über Pressemitteilungen, dass man da in diese Gefilde kommt, die dann kritisch werden. Also vielleicht so als Gedankengang.

Joel Kaczmarek: Wie geht es euch beiden denn eigentlich mit dem Thema Wokeness? Weil das sprang ja gerade bei dem Beispiel von Vivien mit George Floyd wieder. Es ist ja ganz oft so, dass es teilweise auch um Sprache geht, um Positionierung. Ich erlebe das als so ein Minenfeld. Also da gibt es irgendwie die Gender-Themen, da gibt es das Thema kulturelle Aneignung, da gibt es das Thema Toleranz und, und, und, und. Ich erlebe das oft so, dass die Absicht nicht so betrachtet wird. Also wenn jemand etwas sagt, was nach irgendwie Maßstäben oder aufklärerischen Maßstäben der Vielfalt intolerant ist, Wird oftmals nicht hingeguckt, hat er das intolerant gemeint oder ist das ein Versehen? Also kennt er zum Beispiel den Kodex nicht oder hat er sich einfach ungünstig ausgedrückt oder sie? Wie erlebt ihr das? Traut ihr euch auch noch viele Dinge zu sagen öffentlich, gerade wenn man solche Erfahrungen macht oder bei anderen sieht? Da ist ja immer Christophs Perspektive jetzt spannend.

Christoph Werner: Ja, also wenn du jetzt Sprache ansprichst, also die sogenannte genderneutrale Sprache, bin ich der Meinung, da brauchen wir einfach viel Toleranz. Da brauchen wir viel Toleranz. Wir sollten den Menschen gestatten, sich so auszudrücken, wie sie es persönlich für richtig halten. Und je nach Zielgruppe sollten wir versuchen zu berücksichtigen, was diesen Menschen wichtig ist. Also beispielsweise in den Kolumnen, die ich schreibe, beispielsweise im Kundenmagazin Alverde von dm, versuche ich mich so auszudrücken, dass es klar ist und gut zu lesen ist, allerdings jetzt eine Überbetonung von Gender jetzt nicht unbedingt im Vordergrund steht. Und das geht auch. Also man kann sich, glaube ich, auch sehr gewandt ausdrücken, ohne dass das jetzt jedem so unter die Nase gerieben wird. Bei dem Drogeriemarkt ist es so, dass wir in den sozialen Medien, da wird gegendert, weil das da einfach üblich ist. In unserer sonstigen Kommunikation machen wir das nicht. Aber wir versuchen halt, das nicht in den Vordergrund zu stellen. Ansonsten alles, was Wokeness anbelangt. Ich glaube, es ist so nämlich wichtig, dass wir nicht Die Inhalte vernachlässigen, weil es uns nur noch um die Form geht. Und das ist die Gefahr. Das ist sozusagen die Absturzzone von diesem Thema. Ich glaube, wo die Wokeness herkommt, ist zunächst ja auch gut, dass mal reflektiert wird, welche Formen haben denn unser Denken auch beeinflusst. Aber es darf halt nicht dazu führen, dass es dann auch wieder ausgrenzend wird. Dass genau das, was versucht wurde, mit Wokeness mal in den Vordergrund zu bringen, um dann Bewusstsein zu schaffen, dann selbst wieder dazu führt, dass wir sehr intolerant werden und dass wir Menschen angreifen aufgrund der Art, wie was gesagt wurde, statt dass wir uns um die Inhalte bemühen. Und man kann jetzt in Amerika sehen, wie da das Pendel dann extrem zurückschlägt. Und ich glaube, damit ist keinem gedient am Ende. Also dieses ganze Thema des Identitären, persönlich halte ich das für keinen Weg, auf dem großes Heil liegt. Und andererseits, denke ich, muss man nicht jede Schlacht schlagen. Man muss sich nicht zu allem äußern, es sei denn, man wird explizit darauf angesprochen. Und ja, so gehe ich damit um.

Joel Kaczmarek: Wie ist es bei dir, Vivien?

Vivien Wysocki: Da sind schon sehr viele Punkte gesagt worden, die ich auch sehr ähnlich sehe. Einerseits ist es gut, dass gewisse Themen auch in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt wurden. Andererseits erlebe ich wahnsinnig viel Intoleranz, weil, wie du es auch schon gesagt hast, Joel, ich auch oft erlebt habe in Diskussionen, dass gar nicht die Intentionen hinter Aussagen liegen. mit einem bezogen wird, sondern nur hast du das Wort, was bei der Gruppierung, sag ich mal so, und so kodiert ist oder auch so. die Assoziationen sind dazu, hast du das so gemeint oder nicht? Ich glaube, ich wurde mal, ich wurde auf irgendein Wort mal hingewiesen. Ich weiß leider nicht mehr, welches es war, aber das ist so ein, ich sag mal, mehr oder weniger ein Kraftausdruck in der Jugendsprache. Ich bin jetzt nicht mehr jugendlich, aber Also ich spreche dann trotzdem manchmal flapsig, weil das so meine Art ist. Und dann wurde mir gesagt, ja, das hat einen Ursprung irgendwie von vor 100 Jahren. Und das wurde historisch irgendwie dann irgendwann mal Nationalsozialismus noch anders aufgeladen. Aber das Wort gab es auch schon vor dem Nationalsozialismus. Aber durch den Nationalsozialismus wurde es dann so aufgeladen. Ist dir das eigentlich bewusst, wenn du das nutzt? Und ich war mir sicher, dass 99 Prozent aller Menschen das nicht wissen. Und dann richtet es ja auch, sag ich mal, keinen Schaden an. Weil, ich sag mal, also klar ist es gut, ein Bewusstsein dazu zu haben über Historie. Aber das fand ich so weit hergeholt, dass ich dachte, naja, also erstmal benutze ich das ja nicht absichtlich falsch und auch nicht absichtlich schädlich. Und das kommt bei 99 Prozent ja auch nicht so an. Wahrscheinlich bei noch mehr Menschen, weil das ja extrem historisches Expertenwissen war. Ja. Und da dachte ich mir schon so, wenn man alles verkompliziert, die ganze Sprache, dann denke ich viel mehr in Schubladen am Ende, als ich es vorher getan habe. Also dann denke ich voll auch unfreier und ich vermute dann hinter jedem Wort eine mögliche Art und Weise, jemanden zu verletzen und werde total unsicher in dem, was ich sage, dass mich das mehr von Menschen und auch von einer Einheit entfernt, als ich es vorher gedacht habe. Und das finde ich ein bisschen schwierig daran. Deswegen muss man eine gute Mitte finden, auch ein Bewusstsein für gewisse Themen zu haben, das finde ich sehr gut. Aber mich persönlich hat die ganze Debatte mit dem Vogue-Aufkommen der letzten Jahre mehr dazu gebracht, dass ich finde, dass mehr Brücken zerschlagen wurden, als aufgebaut wurden zwischen Gruppierungen.

Christoph Werner: Also vielleicht noch ein Gedanke dazu. Also was macht eine gelingende Kommunikation aus? Und da ist die Erkenntnis, die wir jetzt im Unternehmen hatten, als wir uns damit auseinandergesetzt haben, dass es eigentlich drei Dinge braucht. Wir müssen in der Mitteilung freimütig sein. Im Zuhören müssen wir wohlwollend sein und wir müssen wahrheitsorientiert sein. Und wenn wir jetzt nicht mehr freimütig sein können, weil wir permanent darauf achten, was wir wie ausdrücken, dann wird es natürlich schwer, mich wirklich freimütig auszudrücken. Also wenn ich mich sozusagen in einem Minenfeld bewege, das sind auch noch historische Aspekte, wie Vivien gesagt hat, wo man vielleicht gar keine Kenntnis von hat, dann wird die Kommunikation unter Umständen sehr schablonenhaft und eindimensional. Und dann wird es schwierig, mich auszudrücken. Wenn ich im Zuhören nicht mehr wohlwollend bin, und versuche, das zu verstehen, was der andere sagt, sondern nur noch mich damit beschäftige, wie er es sagt und ihm dann Unterstellungen mache aufgrund der Worte, die er verwendet hat, weil ich gar nicht mehr am Sinn bin dessen, was er sagt, sondern nur noch in der Form, dann wird es natürlich auch schwierig, dass ich mit dem anderen ins Gespräch komme. Und dann halt die Wahrheitsorientierung, die ist halt auch immer wichtig, dass man sich einfach bemüht, sowohl in der Mitteilung als auch im Zuhören, das immer an der Wahrheit abzuprüfen. Und ich glaube, wenn das unter die Räder kommt, dann wird es schwierig. Dann wird es wirklich schwierig.

Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir ja viel über Außenwirkung von politisch aktiv sein gesprochen. Was erlebt ihr denn für eine Innenwirkung? Also Christoph, du hast jetzt von Leserbriefen, sage ich mal, gesprochen von außen. Was passiert denn mit deinem Team? Also was erlebst du denn für interne Effekte, Kommunikation, Umgang miteinander, wenn du zum Beispiel so eine Kolumne schreibst, wenn du dich zu etwas Politischem äußerst und, und, und?

Christoph Werner: Ja, also ich hatte vielleicht den Vorgang, der da am eindrücklichsten war, war das Thema Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz beziehungsweise die europäische Regelung CS Triple D. Da war es so, dass wir eine Anfrage hatten eines Mediums. Und die Anfrage kam zu mir aufgrund von Urlauben einzelner Kolleginnen und Kollegen hier bei dm. Und ich habe mich damals dann klar dagegen positioniert. Ich habe gesagt, ich halte das nicht für richtig aus Gründen, die ich dargelegt habe. Und das hat intern hier gerade bei unserem Nachhaltigkeitsteam für ziemlichen Aufruhr gesorgt. Weil die gesagt haben, wieso sitzen wir uns da nicht rein, Kinderarbeit ist doch nicht gut und so weiter. Also die ganzen Argumente, die es da gibt, die ja auch nachvollziehbar sind. Und meine Erfahrung war in der Situation, das ist dann sehr, sehr wichtig, da schnell für Aufklärung zu sorgen. Also zu begründen, warum ich gewisse Positionen dann auch vertrete, auch nach außen. Und das haben wir dann damals auch so gelöst, dass wir einen kleinen internen Videoclip gemacht haben, wo die damalige Verantwortliche für das Thema Nachhaltigkeit mich zu diesen Themen befragt hat und wir einfach dazu ins Gespräch gekommen sind und versucht haben, das zu erörtern, was da die Gesichtspunkte sind und welche öffentliche Positionierung wir dafür richtig halten. Das ist sehr, sehr gut angekommen, weil es darum geht, die Dinge eben zu erklären. Und das Problem, was es halt oft gibt, das sind Informationsdefizite in der Beurteilung. Wir haben alle unterschiedliche Informationsstände und da ist es erstmal wichtig, sich abzuholen. Und deswegen intern erklären. Ich habe natürlich auch die Möglichkeit, bei Führungskräftenveranstaltungen Vorträge zu halten, wo ich gewisse Überlegungen darstelle, die dann ja auch aufgezeichnet werden und zugänglich sind für alle. Also das kann sich jeder anhören. Wir haben auch intern das Format des Podcasts. Wenn da die Redaktionsteams Interesse haben, irgendwas mal genauer sich anzuschauen, gibt es die Möglichkeit, das zu erörtern. Oder auch auf Betriebsversammlungen haben wir auch schon gehabt, dass da der Betriebsrat gesagt hat, Mensch, das wäre mal interessant, das eine oder andere zu vertiefen. Herr Werner, haben Sie da Lust, das zu machen? Klar habe ich Lust, das ist ja wichtig und das dann einfach machen. Also die Dinge wirklich zu erklären, auch durchaus deutlich zu machen, wo es vielleicht noch viele offene Fragen gibt, wo wir uns auch noch nicht sicher sind. Das gehört ja auch immer dazu. Und so gelingt es dann relativ schnell, da wieder integrierend zu wirken, damit wir eben genau nicht in diese Polarisierung und Banalisierung abrutschen.

Joel Kaczmarek: Und wir haben jetzt auch schon ein bisschen darüber geredet, dass ihr teilweise politisch mit, also aktiv seid dahingehend, dass ihr mit den PolitikerInnen kommuniziert. Wie erlebt ihr die denn eigentlich? Also wenn ihr mit jemandem redet, der irgendwie ein Amtsträger oder Amtsträgerin ist, nehmen die auf, was ihr denen sagt? Hat das Gewicht? Ist da eine Durchdringung? Weil wenn wir mal ehrlich sind, es wirkt ja von außen oft so, als wenn die Politik so ein bisschen im Elfenbeinschloss, und das klingt ja fast schon auf Wertschätzen, also ein bisschen entrückt ist mit den Vorstellungen manchmal, wie es in der Welt so läuft.

Vivien Wysocki: Letztes Jahr war das auch ein Beitrag zum Thema Rentengerechtigkeit in der jungen Generation. Ich wurde dann daraufhin vom Finanzministerium eingeladen. Der Beitrag ging auch irgendwie ein bisschen viral und konnte dann mit Christian Lindner darüber sprechen. Und ich hatte schon den Eindruck, dass er tatsächlich sehr interessiert daran ist, wie ich darauf blicke oder auch wie mein Umfeld darauf blickt. Ich als junge Gründerin oder ich als junge Person. Und er sich, sag ich mal, meine Meinung als Teil der Meinungsbildung insgesamt nochmal heranzieht. Was man natürlich aber auch nicht unterschätzen darf, ist, inwieweit ist da Kalkül mit drin? Also inwieweit ist das jetzt PR? Inwieweit ist das jetzt, sag ich mal, um auch eben das Narrativ mit zu beeinflussen? Ich habe mich dann auch bewusst dagegen entschieden, einen Beitrag dazu zu machen in den sozialen Medien, auch wenn ich, sag ich mal, selbst davon profitiert hätte, zu sagen, ich wurde von Christian Lindner eingeladen, bin da jetzt eine Stunde und wir reden zusammen und machen ein schönes Foto. weil ich sicherstellen wollte, dass das tatsächlich für die Meinungsbildung ist, für ihn, so als Miniteil von ganz vielen Meinungen oder von vielen Informationen, die er dann tagtäglich bekommt und nicht eine PR-Aktion. Und das ist für mich noch manchmal ein bisschen schwierig zu differenzieren, Inwieweit Politiker das dann ernst meinen? Ich habe erstmal die Chance und Verantwortung ergriffen. Ich wurde eingeladen, ich konnte ein Gespräch führen, habe das auch schon mehrmals gemacht mit Politikern. Aber manchmal, insbesondere weil St. Cez auch so viel Reichweite hat und gerade so ein bisschen als das coole Startup gesehen wird, will ich vermeiden, dass sich Politiker damit schmücken, weil sie es als PR-Aktion sehen und möchte das auch trennen. Also ich als Person und St. Cez als Unternehmen.

Joel Kaczmarek: Christoph hat so ein bisschen geschmunzelt bei der Frage, hatte ich den Eindruck gerade.

Christoph Werner: Was ich erlebe ist, dass viele Politiker natürlich in ihrer Rolle sind. Die sind ja permanent unter dem Mikroskop und sehen sich in der Pflicht, permanent Antworten zu geben. Deswegen zuhören fällt nicht so leicht. Also das geht bis dahin, wenn manchmal Politiker einladen, Menschen aus der Wirtschaft in den Kreis einladen. dass dann einfach gesagt wird, ja, haben Sie irgendwelche Fragen? Und dann werden Fragen, ich meine, wie Unternehmer, die haben immer Fragen, dann werden natürlich Fragen gestellt und dann werden diese Fragen beantwortet, werden gesammelt und dann wird geantwortet. Und ich habe schon öfters zu diesen Menschen dann gesagt, ich verstehe nicht, warum ihr Leute einladet, die so viel Expertise haben, um dann zu fragen, was die für Fragen haben. Warum kommt ihr denn nicht mal mit euren Fragen, die ihr habt, um mal die unterschiedlichen Perspektiven mal zu hören? Der Menschen, die ja sonst auch in ihrem beruflichen Leben permanent mit schwierigen Fragestellungen beschäftigt sind und Entscheidungen, die sie treffen müssen in Unsicherheit und Ungewissheit. Und dann kriege ich meistens als Reaktion, ja stimmt, da habe ich noch gar nicht dran gedacht, das wäre ja sinnvoll. Ich glaube, das ist so ein bisschen die Deformation professionell, die die Politiker einfach haben. dass sie meinen, immer Antworten geben zu müssen, was von den Medien auch verlangt wird natürlich. Und wenn sie mal sagen, das weiß ich nicht, das kommt nicht gut. Und ich muss sagen, als Unternehmer erlebe ich auch, ich habe ja mehr Fragen, als dass ich Antworten habe. Das ist aber auch gut, weil dann bleibe ich zukunftsfähig. Und wenn wir allerdings den Anspruch an die Politiker haben, dass sie immer alles wissen müssten, obwohl sie es nicht wissen können, dann führt das jetzt auch nicht dazu, dass wir einen ehrlichen Austausch haben und in eine gute Beratungssituation kommen, in der gute neue Ideen geboren werden. Also ich erlebe Politiker grundsätzlich interessiert und wenn man dann mal die Gelegenheit hat, wirklich Zeit miteinander zu verbringen, kommt man ganz gut ins Gespräch. Aber Politiker sind halt permanent unter Druck. Es gibt ja dieses Sprichwort, was ist die Steigerung von Feind? Also Erzfeind und die Steigerung von Erzfeind ist Parteifreund. Und das ist eine echte Herausforderung, weil natürlich in diesen Parteiorganisationen ein unglaublicher Wettbewerb ist, um sehr wenige, Positionen, die dann auch eine wirkliche Wirkmächtigkeit haben. Und das formt Menschen natürlich. Und die große Frage ist, wie können wir da rauskommen? Ich habe kürzlich in einem Gastbeitrag im Handelsblatt ein paar Vorschläge gemacht, wie wir da rauskommen könnten. Aber das ist also wirklich schwierig. Und ich glaube, da geht es gerade darum, dass wenn man die Chance hat, als jemand aus der Wirtschaft mit Menschen aus der Politik ins Gespräch zu kommen, das muss man einfach wissen und berücksichtigen, um dann einen entsprechenden Zugang Zu gewinnen, um auch mit Politikern ins Gespräch zu kommen. und letzten Endes ist es auch natürlich eine Vertrauensfrage, weil Politiker oft auch, wenn sie mit Menschen zu tun haben, erleben, dass es halt Menschen sind, die lobbyieren. Die versuchen irgendeinen Vorteil für sich und das jeweilige Unternehmen herauszuschlagen und das geht natürlich auch nicht. Also deswegen Vertrauen ist der Beginn von allem.

Joel Kaczmarek: Ja, Lobbyismus war so die nächste Frage, die ich hätte. Christoph, kannst du uns mal da mithinter die Kulissen nehmen? Also ich habe so den Verdacht, du gehörst nicht zu dem Lager, aber man stellt es sich ja immer so vor, dass dann irgendwie so der Zampano auftaucht und sagt, hör mal zu, so und so viele zehntausende Mitarbeitende habe ich hier. Bei der nächsten Wahl könnten wir mal eine interne Empfehlung ausgeben, wenn oder Arbeitsplätze schaffen, pipapo. Also es gibt ja immer so Drohpotenzial, was man mit Größe aufbaut. Machen Unternehmen da wirklich so intensiv von Gebrauch, wie das irgendwie in der Außenwahrnehmung immer wirkt?

Christoph Werner: Das möchte ich nicht ausschließen. Ich halte es allerdings nicht für sinnvoll. Deswegen möchte ich jetzt speziell zu lobbyieren, um ein Partikularinteresse durchzubringen. Das ist glaube ich etwas, was gerade zu einer Entfremdung führt. Deswegen mache ich das nicht. Allerdings muss man einfach auch anerkennen, dass natürlich für jemanden, der in der Politik tätig ist, die Riesenherausforderung ist, dass das Feld von Themen ja unermesslich groß ist. Und dann gibt es irgendein Gesetzesvorhaben. Und da müssen Politiker am Ende dann auch votieren. Also die haben natürlich das Bedürfnis, sich dann schnell aufzuschlauen. Und woher sollen denn die Informationen kommen? Na ja, also versuchen sie dann natürlich aus der Öffentlichkeit heraus, sich die Informationen zu ziehen und weil sie sich nicht dem Verdacht der Einflussnahme durch irgendwelche einzelnen Personen aussetzen möchten, gehen sie auf die Verbände zu. Das Problem bei den Verbänden allerdings ist wieder, dass die sich natürlich schwer tun, eine wirklich klare, dezidierte Meinung zu vertreten, weil die ja die Verbandsmitglieder repräsentieren müssen. Das ist wieder der kleinste gemeinsame Nenner. Also damit haben wir schon ein Problem. dass am Ende die Meinungsbildung bei Politikern echt erschwert ist. Und deswegen bin ich auch der Meinung, dass wir jetzt als Unternehmen natürlich, wenn es darum geht, faire Wettbewerbsbedingungen zu haben, das ist etwas, dafür muss man eintreten. Das hat allerdings jetzt kein Interesse vom DM-Druckeriemarkt alleine, sondern jetzt von allen Einzelhändlern dann in Deutschland beispielsweise, gerade zu Themen wie Temo oder Schein oder so, die Lücken in der Gesetzgebung ausgenutzt haben. Das ist etwas, da ist es dann wichtig, auch natürlich für einzutreten. Allerdings ansonsten geht es mir persönlich eigentlich immer darum, das Augenmerk darauf zu richten, was brauchen wir damit, damit Marktwirtschaft, soziale Marktwirtschaft wirklich funktionieren kann. Was muss geregelt werden, was muss nicht geregelt werden? Und da gibt es einen Haufen Beispiele, wo der Gesetzgeber auf europäischer Ebene auch gerade dabei ist, Dinge zu regeln, die einfach nicht geregelt werden müssen. Zahlungsverzugsverordnung ist so ein Beispiel. Das muss nicht geregelt werden, meines Erachtens. Wenn es darum geht, dass Unternehmen schneller bezahlt werden, sollten wir nicht daran arbeiten, dass gewisse Zahlungsziele nicht überschritten werden dürfen, sondern dass, wenn nicht gezahlt wird, dass dann schneller ein Titel erworben werden kann, damit dann derjenige, der damit gerechnet hat, das Geld auch zu bekommen, das Geld auch tatsächlich schnell in den Händen hält. Also das sind dann so Gespräche, da bringe ich mich auch für ein, wobei das würde ich jetzt nicht als Lobbyismus bezeichnen, sondern einfach als ein Angebot, meine Expertise einzubringen.

Joel Kaczmarek: Gibt es eigentlich sowas, was ihr beide mit Blick auf die USA für euch für Deutschland mitgenommen habt? Also da sehen wir ja gerade wie immer so die Extreme, also alles so unter der Brennlupe gefühlt. Habt ihr so Ableitungen für euch, was das für euch für Deutschland bedeuten könnte?

Christoph Werner: Ja, also die USA sind im Moment ein ganz, ganz spannender Vorgang. Jetzt haben wir als Unternehmen, die im Drogeriemarkt sind, das Glück, dass wir in Amerika nicht tätig sind und auch von den Lieferketten her nicht. nicht unmittelbar von den Vereinigten Staaten abhängen. Insofern sind wir wenig betroffen. Aber ich glaube, was man in den USA gerade beobachten kann, sind mehrere Phänomene. Ich hatte vorhin davon gesprochen, dass es so wichtig ist, freimütig in der Mitteilung, wohlwollend im Zuhören und wahrheitsorientiert zu sein. Ich glaube, wenn wir Trump angucken, Können wir sehen, dass er genau das Gegenteil macht. Der ist nicht wohlwollend, der ist nicht freimütig und nicht wahrheitsorientiert. Bei ihm ist es immer Attacke, Attacke, Attacke. Also das ist nicht wohlwollend. Er ist nicht freimütig, weil er nie zugibt, wenn er mal Fehler gemacht hat. Und er ist nicht wahrheitsorientiert, weil er auch Niederlagen zu Siegen umdeutet. Deswegen also beispielsweise die Niederlage gegen Biden damals, das war ja Wahlbetrug. Also das wird alles umgedeutet. Und wie zerstörerisch das am Ende dann wirkt, das kann man im Moment beobachten. Also das ist das eine. Und das andere ist natürlich, wenn ich so rangehe, dass ich überhaupt nicht mehr auf Kooperation aus bin, sondern nur noch versuche, mich wie der Bulli zu verhalten. dann führt das halt zu enormen wirtschaftlichen Schaden. Und eine der Gründe für die großen volkswirtschaftlichen Fortschritte, die wir hatten, war ja das Prinzip der Arbeitsteilung und des Freihandels. Und das wird im Moment zurückgedreht. Und das wird zu enormen wirtschaftlichen Einbußen führen, vor allem was den Wohlstand der Menschen anbelangt. Und das ist etwas, was viele Ökonomen sagen. Ich glaube, das wird man auch beobachten können. Spannend wird sein, wie es danach weitergeht. Und ich glaube, da können wir als Land einfach eine ganze Menge von lernen. Und wenn wir da genau hingucken, können wir diese Fehler vermeiden, die in den USA gerade gemacht werden.

Vivien Wysocki: Vor allem, also ich würde dem auch zustimmen, vor allem finde ich wirkt das so wie so ein Elefant, der jetzt in den Porzellanladen geht und sich auch der Verantwortung tatsächlich gar nicht so bewusst ist, welche nachhaltigen Veränderungen auch verursacht werden im negativen Sinne. Wie viel Misstrauen auch entsteht, wenn man einfach kommuniziert jetzt über Truth Social oder so. Ist einerseits auch gut, weil er macht sich irgendwie dadurch nahbar, was die Leute glaube ich auch sehr schätzen. So, dass er eben nicht vorgelagert die ganze Presseabteilung hat, sondern er einfach als Präsident kommuniziert. Und das auch glaubwürdig ist, dass er es ist. Andererseits aber, er sehr ungefillt hat, dann was raushaut, was er als Unternehmer vielleicht machen konnte oder als Manager, aber dann auf der anderen Seite sich gar nicht darüber im Klaren ist, was eigentlich alles durch flapsige Formulierungen oder auch einfach durch Aussagen rausgehauen werden kann. was eigentlich alles so zerstört werden kann. Ich sage mal, das Vertrauen in die Medien ist eins der wichtigsten Güter in einer freiheitlichen Demokratie. Weil wenn das Vertrauen erstmal weg ist, dann gefährdet das auch, sage ich mal, die demokratische Zukunft. Und das hat er, sage ich mal, leider auch mit zerstört. Das ist nicht nur seine Verantwortung. Die Verantwortung liegt auch bei Journalisten. Aber das hat er, sage ich mal, noch mit befeuert und das sehe ich auch so als Warnschuss hier in Deutschland und Europa, dass es einerseits wichtig ist, dass Journalisten noch ausgewogen verschiedene Meinungen abbilden, also nicht nur, sage ich mal, eher linksorientierte Vorstellungen. Framings in den Vordergrund stellen, sondern eben auch den Pluralismus in der Demokratie auch noch mehr mit einbeziehen, damit eben nicht so Trotzreaktionen weiter entstehen, statt jetzt noch mehr, sage ich mal, zuzumachen und noch mehr Brücken abzureißen, um die Demokratie zu schützen. Also ich glaube, im Gegensatz zu vielen, der ich jetzt eher der Meinung, man müsste sich doch mal weiter öffnen im Diskussionsbereich, um nicht Trotzreaktionen zu triggern, die jetzt gerade in Amerika so extrem führen.

Joel Kaczmarek: Ich meine vielleicht auch nochmal so als Abschluss der Debatte, Christoph, gibt dir das Beispiel Tesla eigentlich auch zu denken? Weil gefühlt sah er ja erst aus wie der große Gewinner, der Unternehmer, der auf dem Schoß der Regierung sitzt, der die ganze Regulierung beeinflussen kann, dessen irgendwie Börsenwert, also der ist ja glaube ich am Anfang um 150 Milliarden oder was in dem Dreh hochgegangen. Und mittlerweile hat sich der Wind halt komplett gedreht und 70 Prozent Umsatzeinbuße bei seinem größten Unternehmen eigentlich. Also da sieht man ja so auch im Zeitraffer richtig, wenn Politik und Unternehmertum nahe zusammen sind, was dann passieren kann.

Christoph Werner: Ja, ich glaube, was einige der Wirtschaftsverantwortlichen in den USA gerade erleben, ist, dass sie da halt auch knallhart ausgenutzt wurden. Wenn man diese Gerichtsprozesse jetzt sich anschaut gegen Google oder auch gegen Meta, das ist ja jetzt auch gerade durch die Medien gegangen, Glauben viele Kommentatoren, dass die, also die Tatsache, dass da viel Geld gespendet wurde für die Einführungsveranstaltung von Donald Trump oder dass die auch alle da gewesen sind, die saßen ja alle so, dass sie auf dem Bildschirm permanent zu sehen waren, als der Donald Trump seine Antrittsrede geführt hat, die sich wahrscheinlich alle davon erhofft hatten, dass sie damit politisch Einfluss nehmen können und eben nicht diese Rechtsstreitigkeiten ausfechten müssen. Ich glaube, die erleben gerade, dass das alles nicht funktioniert und dass sie letzten Endes auch alle nur benutzt worden sind. Und ich glaube, die Lehre, die man daraus ziehen kann, ist, man muss die Augen immer auf die Kunden gerichtet halten. Also auch ein Tesla muss einfach darauf achten, dass es attraktive Autos hat, dass es die Innovation hochhalten kann. Das nicht versucht, den Fokus auf die politische Einflussnahme zu setzen, weil das hat man nicht in der Hand. Da kann der Wind sehr, sehr schnell drehen. Also deswegen glaube ich, ist die große Lehre. Am Ende entscheidet sich der Erfolg des Geschäfts über die Kundschaft, über die Resonanz, die man bei den Kunden hat und nicht über die Qualität der politischen Vernetzung.

Joel Kaczmarek: Gut, ihr beiden. Also ich finde, das war gespickt mit, also A, habe ich tolle Zitate wieder kennengelernt und B, habe ich auch ganz viel gelernt an Haltungselementen, was so eure Banden sind, mit denen ihr politisch arbeitet. Das hat mir viel Spaß gemacht. Von daher, ich danke euch ganz herzlich, sowohl für das Gespräch als auch eure Aktivitäten und drücke euch natürlich fest die Daumen, dass die auch weiterhin so gut gelingen.

Vivien Wysocki: Vielen Dank für die Einladung.

Christoph Werner: Ja, vielen Dank an euch beide.