Was Leistungssport und Führung gemeinsam haben
17. April 2023, mit Joel Kaczmarek, Nina Pütz
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Intro: digital kompakt. Heute aus dem Bereich Führung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's!
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und heute habe ich wieder die liebe Nina Pütz von RatePay an meiner Seite. RatePay als Unternehmen kennt ihr ja auch schon, hat mir schon mal im Podcast, haben mit Nina schon viel geredet über sich selbst, aber natürlich auch mit ihr immer regelmäßig über Führungsthemen, speziell wenn es in Richtung Change geht. Und heute wollen wir mal eine ganz kurze, kompakte Folge machen zu einem interessanten Thema, nämlich wie Leistungssport und Führung oft zusammenhängen. Weil wenn man sich mal umschaut, wird man merken, viele Character Traits, die im Leistungssport wichtig sind, helfen auch in der Führung. Und nicht selten habe ich auch den Fall erlebt, dass erfolgreiche Führungskräfte früher professionellen Leistungssport betrieben haben. Also versuchen wir heute mal nachzuspüren, woran liegt das eigentlich und wie kann man sich das zunutze machen. Und that being said, liebe Nina, moin moin, du bist doch selber Leistungssportlerin gewesen, oder nicht?
Nina Pütz: Moin, moin. Ja, tatsächlich bin ich gewesen.
Joel Kaczmarek: Aber Einfluss ist ja immer noch. Also unternehmerisch bist du immer noch Leistungssportlerin. Im wortwörtlichen Sinne warst du aber Seglerin, wenn ich mich richtig entsinne.
Nina Pütz: Genau. Ich bin eigentlich in meiner ganzen Jugend gesegelt, Tag ein, Tag aus. Und das hat eigentlich von acht bis siebzehn meine Jugend ausgemacht.
Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich nämlich noch an die Storys, die du bei uns im Podcast erzählt hast, wie es ist, wenn man mit zwölf Jahren ins Kielwasser von einem Dampfer fällt, das Schiff kippt um und du musst da irgendwie alleine auf der Ostsee wieder hochkommen. Also ist so das erste Learning, dass Leistungssport eine gewisse Resilienz fördert?
Nina Pütz: Ja, total. Also ich meine, guck mal, du musst ja beim Leistungssport in den Wettkampf gehen. Du bringst dich an deine Grenzen. Du musst hart trainieren. Du musst lernen, mit Niederlagen umzugehen. Du hast immer mal wieder Rückschläge. Und wenn du das über viele Jahre gemacht hast, dann auch immer wieder dich aufrappelt, dann hast du auch immer ja mal Phasen, wo es vielleicht nicht ganz so gut läuft. Aber was man da wirklich lernt, ist eine ausgesprochene Resilienz.
Joel Kaczmarek: Ja, eigentlich ganz guter Hinweis. Den Disziplinteil, über den denken viele beim Sport, glaube ich, gar nicht so sehr nach. Aber ich würde fast sagen, das ist sogar eines der wesentlichsten Merkmale, die Leistungssportler haben, dass sie das, was andere Menschen halt in einer relativ genüsslichen Art, sage ich mal, tun, halt auch dann tun, wenn es halt draußen regnet, wenn es kalt ist, wenn man sich scheiße fühlt, wenn man keinen Bock hat. Also dieses Thema Disziplin, würde ich ja mal fast sagen, ist so eines der wesentlichsten, oder?
Nina Pütz: Ja, Disziplin und jetzt im Idealfall hast du halt auch noch Spaß daran. Bei mir konkret war das so, dass mich das überhaupt nicht gestört hat, ob es jetzt regnet oder nur zehn Grad kalt ist oder ob da Sturm ist oder Flaute ist oder so. Das gehörte einfach dazu. Bei jedem Wetter geht man halt raus und stellt sich dem und trainiert und lernt und geht auch körperlich an seine Grenzen. Und beim Segeln ist es ja auch so eine Mischung aus Kopf und ein bisschen körperlich, viel weniger körperlich, als es jetzt in anderen Sportarten ist. Aber da entwickelt man sich natürlich dran. In meinem Fall war es ja nur wirklich so, ich habe damit vor dem zehnten Lebensjahr angefangen. Und das prägt dich natürlich als Kind, wenn du so alleine bei Sturm in so einer Nuss schaust. Und du lernst ja auch alleine Entscheidungen zu treffen. Wo muss ich lang segeln? Wann fange ich jetzt an? Wie jetzt kentere ich? Wie muss ich das strategisch irgendwie machen? Und auch hinzu kommt, dass Segeln auch nicht ganz ungefährlich ist in diesem Sport. Also insgesamt wächst man daran. Ich habe auch Leute aus meinem Umfeld, also einen konkret, der ist mit 18 ertrunken beim Kentern.
Joel Kaczmarek: Ich habe auch gedacht, als Eltern hätte ich mich da nicht so wohl gefühlt, dass du mit zwölf da irgendwie, wie ging es deinen Eltern denn damit?
Nina Pütz: Bei uns ist tatsächlich ganz lustig, wir sind, mein Bruder und ich, über unsere Eltern beziehungsweise mein Großvater zum Segeln gekommen, weil der schenkte meinem Bruder interessanterweise irgendwann zu Weihnachten mal ein Boot und dann war eigentlich immer geplant, mein jüngerer Bruder segelt. Und ich mache irgendwas anderes. Und dann sind wir im Winter gemeinsam zur Theorie gegangen. Und irgendwann habe ich gemerkt, ich finde das hier total cool. Ich möchte auch segeln. Und dann haben wir zusammen angefangen und haben beide das eben immer vorangetragen. Und mein Vater, muss man dazu sagen, kommt aus einer Seglerfamilie. Also da sind alle immer durchgängig gesegelt. Aber der hat nicht so hartes Wettkampfsegeln gemacht, sondern so diese Hochseesegeln gemacht. Und der hat auch Situationen gehabt, wo er zum Beispiel mal über Bord gegangen ist und Gott sei Dank befestigt war und der hing dann, weil er alleine Wache an Deck hatte und die anderen geschlafen haben, hat er irgendwann mal erzählt, das waren fast zwei Stunden gefühlt, die er da außen dran hängen an der Kante und nicht mehr hoch kam. Auch da wächst du halt dran, ne? Es gibt beim Segeln einfach Risiken, die kann man aber gut minimieren und man muss nicht leichtsinnig sein. Ich meine, guck mal hier die Leute, die beim Vendee Globe mit segeln und alleine dieser Hardcore-Regatta machen und im Southern Ocean irgendwie segeln und da alleine einen Mast reparieren und so eine Sachen. Das weißt du, das hat Risiken, aber man kann die halt auch minimieren.
Joel Kaczmarek: Wo wir ja mal drauf eingehen können auch, ist so dieses 80-20-Phänomen. Also ich finde, Leistungssport unterscheidet sich ja dahingehend. Man kann mit 20 Prozent seiner Zeit auf 80 Prozent Leistung kommen. Und dann brauchst du aber 80 Prozent deiner Zeit, um die letzten 20 Prozent Leistung zu erzielen. Das heißt, die meisten Leute, die hobbymäßig Sport machen, hören halt bei 80 Prozent Ergebnis auf und haben halt wenig investiert. Aber der Leistungssportler oder die Leistungssportlerin gehen halt nochmal den Extrameter.
Nina Pütz: Es gibt bestimmte Talente, die von sich aus selber schon besser sind. Nehmen wir mal so ein Cristiano Ronaldo. Der ist natürlich ein herausragendes Talent und hat auch jetzt nicht schon mit drei mit Fußball angefangen. Aber der war einfach so gut oder so schnell besser, dass er dann mit viel Üben einfach noch besser wurde. Und sogar bei dem ist es so, dass alle anderen schon duschen in der Kabine sind und er stellt sich noch zwei Stunden hin und übt eben Elfmeterschießen und so weiter. Und das zeichnet sicherlich so die richtig, richtig guten Sportler aus. So ein Michael Schumacher war ja auch damals total besonders, weil der auch noch über dieses normale Maß hinaus weitergegangen ist. Und der lag halt selber unterm Auto und hat sich das alles angeguckt und hat halt da auch noch mitgeholfen. Aber das ist eben deutlich mehr als 80-20, also Talent und dann eben noch mehr machen als andere.
Joel Kaczmarek: Aber guter Hinweis, wie wichtig ist denn Talent bei Spitzenleistungen? Wir kommen ja dann auch sukzessive dazu, das mal auf den Business-Kontext zu übertragen. Reicht Training alleine? Wie viele Leute machen Leistungssport aus deiner Warte mit Talent und wie viele haben das vielleicht gar nicht so ausgeprägt und machen das über Arbeit fit?
Nina Pütz: Also wenn du richtig, richtig gut sein willst Dann hast du Talent und du hast verdammt harte Arbeit. Ohne das schaffst du es nicht. Also ein Paradebeispiel ist das Schwimmen. Leute, die schwimmen. Da hast du natürlich bestimmte Grundvoraussetzungen. Wenn du eine Physiognomie hast und in bestimmter Art und Weise gebaut bist, dann ist es leichter für dich als für andere. Aber wie viel da letzten Endes körperliche Fitness, mentale Stärke und jahrelanges Hardcore-Training ist, das macht dann den Unterschied. Und da gibt es jetzt viele, wenn ich mir mal so aus meinem Umfeld erfolgreiche Sportler angucke, nimm mal so einen Sebastian Steudner, den Big Wave Surfer zum Beispiel, der trainiert auch sechs Tage die Woche, Hardcore und zwar nicht nur eine Stunde oder zwei, sondern der geht halt drauf und alle anderen hören auf und er macht halt noch sein Fitnessprogramm und macht noch weiter. Ich glaube, wenn du das nicht hast, fehlt dir eine Sache, die glaube ich für top, Leistungssportler immer hilfreich ist, die können sich so ein bisschen auf sich verlassen. Also die wissen ja, bis zu einem gewissen Level jetzt trainiert, darauf können sie sich verlassen. Das gibt schon mal so eine mentale Stärke, auf so ein Grundlevel zu kommen und der Rest kommt dann von alleine.
Joel Kaczmarek: Und wo wir ja auch mal noch ein bisschen Vertiefung reingeben können, Training und Team. Also im Training sitzt ja auch immer ein Trainer oder eine Trainerin voraus. Das ist ja auch so ein Merkmal, was ich von vielen auch gehört habe, die mir so sagen, hey, ich bin irgendwie unternehmerisch echt gut in die Spur gekommen, weil ich halt gelernt habe, mit Menschen umzugehen und da hat mir der Fußball zum Beispiel sehr geholfen, hatte ich neulich Patrick Fassbender von den Tonys irgendwie da, weil er halt gesagt hat, so dieses Gemeinschaftsgefühl und dass du auch Leute hast, die dich anweisen, also da hat man ja auch wieder so eine ganz charmante Parallele. Das ist aber in deinem Sport natürlich einen Ticken anders, ne?
Nina Pütz: Ja, in meinem Sport ist es anders. Ich habe ja im Prinzip keinen richtigen Teamsport gemacht. Also ich habe angefangen alleine und dann bin ich Jolle gesegelt und da waren wir zu zweit. Da hast du jetzt nicht ein großes Team, wo jeder unterschiedliche Rollen hat und du wirklich nur gemeinsam als Team richtig erfolgreich bist. In unserem Fall ist Es ist halt ein Zweierteam, was auch ein Team ist und du musst wahnsinnig gut abgestimmt sein, damit es funktioniert. Und in unserem Fall ist Training wichtig gewesen, aber das ist jetzt überhaupt nicht zu vergleichen mit dem Training, was Fußballspieler zum Beispiel haben oder Leute, die jetzt professionell Basketball spielen. Da ist Training nochmal ganz anders und auch deutlich autoritärer als so, wie wir es damals erlebt haben. Bei uns war das noch so. durch gewisse Freiheiten gekennzeichnet, maximal dreimal die Woche trainiert, sogar am Anfang nur zweimal, nicht mehr, es waren jetzt nie viermal oder so. Dann gehst du, machst du einmal Sport die Woche, aber auch nicht jeden Tag. Also das ist ja im Prinzip lächerlich im Vergleich zu dem, was wirklich Teamleistungssportler heute machen, die ja schon in ganz frühen Jahren mindestens vier Tage die Woche machen, wo auch hartes, autoritäres Training ist. Also der Fußballlehrer, der fasst jetzt niemanden irgendwie mit Samthandschuhen an, sondern das ist eine knallharte Hierarchie, die da läuft. Da ist nicht mit Widerspruch oder so, also zumindest bei meinem Sohn, da herrscht Zucht und Ordnung und das ist auch gut so, weil die parieren auch alle, die Jungs, die da mitmachen. Der Trainer ist die Autorität, der sagt, so und so wird jetzt gespielt oder das bitte besser machen und dann wird es halt umgesetzt. Und wenn du das jetzt auf den Job übrigens überträgst. Ja, da könntest du ja jetzt sagen, gut, wer da irgendwie durchgeht, muss ja jetzt nicht unbedingt eine gute Führungskraft sein, weil das ist total wichtig. Ich finde immer spannend anzugucken, wie erfolgreich sind ehemalige Leistungssportler im Job. Und ich finde, was man definitiv sagen kann, ist, dass die Eigenschaften, die ein Leistungssportler jetzt über Jahre irgendwie bringen muss, nämlich mit Druck umgehen, Resilienz zu haben, sich nicht abbringen zu lassen, manchmal auch dieses nicht rechts und links gucken, führt insbesondere dazu, dass der Umgang in der Krise jetzt im Job, das ist jetzt eine Tendenzaussage, den Leuten leichter fällt. Sind jetzt Leistungssportler automatisch bessere Führungskräfte? Nein, weil Es zählt grundsätzlich auch immer Erfahrung und Skills irgendwie im Job. Ich persönlich suche mir Kollegen oftmals auch aus, die erfolgreich im Sport waren, weil eben eine Eigenschaft schon besteht, dieses Gewinnen wollen und sich nicht sofort unterkriegen lassen und so eine Despite sein. Kultur zu haben. Obwohl eine Situation nicht perfekt ist, gibt es aber eine Lösung und man bleibt eben dran und versucht eben fertig zu werden, zu deliveren. Aber, das ist ganz wichtig, auch was mir am Anfang meiner Karriere passiert ist, wenn du jetzt wieder Schubkasten-Denken machst, Kann es natürlich auch sein, dass ein ehemaliger Leistungssportler eher die Tendenz hat, einfach zu sagen, wir machen das jetzt. Und dann kann man auch ihm vorwerfen, das ist jetzt hier übers Knie gebrochen. Also konkret bei mir, mir ist am Anfang meiner Karriere das jetzt der Leistungssport war oder einfach, weil ich in meiner Führung noch nicht so weit war und ich würde eher sagen, das war letzteres, habe ich auch Dinge übers Knie gebrochen und habe die Leute nicht da abgeholt, wo sie waren, sondern habe gesagt, wir machen das jetzt. Bin da einfach so ein bisschen mit dem Kopf durch die Wand gegangen und da muss man halt vorsichtig sein.
Joel Kaczmarek: Aktivieren wir doch mal die Parallelen noch weiter. Das letzte Thema, was du genannt hattest in Bezug auf den Sport, dieses Gewinnen wollen, der Ehrgeiz, Competitiveness, Wettbewerbsfähigkeit, das ist ja im Sport total wichtig. Wie ist es bei Führungskräften? Ist es eher eine Stärke und eine Parallele, die beides haben oder ist es auch je nach, also ein bisschen so die Dosis macht das Gift, weil wenn du natürlich zu kompetitiv bist, dann bist du irgendwie auch kein Teamplayer manchmal, ja.
Nina Pütz: Also Leistungssportler und gute Führungskräfte sind visionär unterwegs. Das heißt, sie haben eine Vorstellungskraft entwickelt oder sind dabei, sie sich selbst zu entwickeln, in dem, was sie tun, führend zu sein und den Anspruch zu haben, gut zu sein oder besser zu sein, führend zu sein. Dann ist das ganze Thema Ziele setzen eine Gemeinsamkeit, messbare und nachvollziehbare Ziele sich zu setzen, die eben dazu führen, dass man die Vision, in dem einen Fall halt der Gewinn, was weiß ich, Olympiasieger und im anderen eben das unternehmerische Ziel zu erreichen. Daraus abgeleitet natürlich Strategien zu entwickeln, wie man jetzt diese Ziele erreichen kann. Dann finde ich auch immer eine interessante Parallele Ressourcen schaffen. Also ich brauche ja sowohl als Leistungssportler als auch als Führungskraft, ich brauche irgendwie Zeit, Finanzen, Material, Menschen, um eine Strategie, einen Plan umsetzbar zu machen. Das brauche ich auch im Leistungssport. Und eine Stärkung von Fähigkeiten, um mit Durchhaltevermögen, mit Ausdauer, mit einer Resilienz das eigene Potenzial zur Entfaltung zu bringen und darüber dann wieder die Ziele zu erreichen. Weiteres ist für mich ein Thema Respekt. Also auch da ist im Leistungssport, Leistungssportler haben großen Respekt zum Beispiel gegenüber Trainern, gegenüber Wettbewerbern. Auch das muss eine gute Führungskraft haben, nämlich Respekt gegenüber anderen zu zeigen, um zum Beispiel voneinander zu lernen oder auch um realistische Vergleichsmaßstäbe zu setzen. Und der letzte Punkt, Vertrauen in sich selbst haben, wenn man es nicht hat, das aufzubauen, um eben mit Zuversicht, aber im Idealfall natürlich auch ohne Arroganz und Überheblichkeit Herausforderungen zu meistern.
Joel Kaczmarek: Ja, ich glaube, man könnte noch weitere Sachen aufzählen. Also haben wir auch schon ein paar gesagt. Disziplin, die Eigenverantwortung, Rückschläge verarbeiten können, 80-20-Denke, Teamwork. Also da gibt es ja einiges. Fairness vielleicht auch. Aber nochmal auf dieses Kompetitive zurückzukommen. Ist das auch hinderlich? Also ist es manchmal auch schlecht, wenn jemand Leistungssportler war, dass der dann zu kompetitiv denkt in der Führungsrolle?
Nina Pütz: Klar kannst du es jetzt verallgemeinern und sagen, ja, also guck mich an. Ich bin ja auch sehr kompetitiv. Wenn man es überspitzt sagt, kann man vorwerfen. Auf der anderen Seite hilft es mir auch, weil ich halt sage, ich möchte gerne bestimmte Ziele mit dem Unternehmen erreichen, dann tue ich das. Jetzt gucke ich aber mal konkret auf die Leistungssportler, die wir jetzt bei Raidpair haben. Wir haben zum Beispiel zwei ehemalige Eisschnellläufer. Und der eine, der wollte sogar mal Olympiasieger werden und hat dann mit 19 Jahren gemerkt im Wettkampf, also das Ziel Olympiasieger zu werden, das wird er nur mit einem wahnsinnig großen Aufwand schaffen. Und es gibt einfach andere, die da besser sind als er. Und da war er so schlau, hat gesagt, dieses Ziel werde ich höchstwahrscheinlich nicht schaffen. Und der hat dann eben sukzessive aufgehört. Der andere hat weitergemacht, hat dann eine Trainerkarriere gemacht und hat dann irgendwann aufgehört. Aber die sind Beide jetzt nicht so. Dann haben wir einen anderen, der war Basketballer. Also der hat quasi bis zum Abitur bei Alba und bei Tussli alles weggehauen in Berlin, was man so weghauen kann. Ist ein sensationeller Teamplayer. Die Kollegen lieben ihn, macht Vertrieb und der hat eine ganz tolle Fähigkeit, mit Kunden umzugehen. Also auch da, die haben alle dieses Thema Durchhaltevermögen, Resilienz, den Willen, Ziele zu erreichen mitgenommen. Da ist aber keiner jemand, der Dinge übers Knie bricht oder nicht rechts und links schaut, keine Leute mitnimmt. Dafür haben sie ja alle zu viele andere sensationelle Kompetenzen.
Joel Kaczmarek: Wenn du sagst so, hey, wenn ich eine Führungskraft rekrutiere und die hat eine Sportvergangenheit, dann erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass sie gut zu mir passt. Und ich sehe das eher als Positives. Aber gibt es auch Sportarten, wo du sagst, also wenn es irgendwie was mit Wasser zu tun hat. Ich weiß, Florian Heinemann hat mal zu mir gesagt, Wassersportarten machen besondere Resilienz. Wasserballer hat er gesagt und Schwimmer, das sind richtig toughe Leute. Wassersportarten hilft eher. und zum Beispiel Sachen, die man eher alleine macht, so was wie Cardio, Ironman, Fahrradfahren, Laufen, das sind eher Eigenbrödler oder so? Oder beobachtest du da gar keinen Zusammenhang, je nachdem, welche Sportart das ist?
Nina Pütz: Ehrlich gesagt, null. Kannst du dir auch einen Leichtathleten nochmal anders angucken oder so. Das finde ich ist totaler Quatsch. Sondern es geht ja in erster Linie davon, du stellst ja auch keinen ein, nur weil er jetzt Ex-Sportler ist, sondern du stellst einen ein, weil es persönlich zum Unternehmen passt und Qualifizierung sein muss bei Skills. Also ich stelle ja nie jemanden ein, der kann Olympiasieger sein, wenn ich überhaupt kein Match habe bei dem, was da jeden Tag passieren soll. Ich würde die Frage anders formulieren. Wenn ich die Wahl hätte, zwei gleich für die Rolle geeignete Personen, alle Skills, Erfahrung gleich, der eine ist ehemaliger Sportler oder Sportlerin, der andere nicht, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ich den Sportler einstellen würde oder die Sportlerin bei gleichen Skills und gleichen Erfahrungen.
Joel Kaczmarek: Was würdest du denn eigentlich sagen, worauf zahlt denn, sage ich mal, der Sportfaktor mehr ein? Auf den Kulturfaktor oder auf den Leistungsfaktor, den man erbringt oder beides?
Nina Pütz: In unserem Fall jetzt beides. Wenn ich jetzt bei den konkreten Kollegen, den Kolleginnen bleibe, die Sportler waren, mir fällt jetzt spontan kein Low-Performer ein, sondern es sind Leistungsträger, die in dem Fall bei uns jetzt auch alles auch Kulturträger sind. Aber auch das kannst du jetzt dich darüber streiten, ob das jetzt die statistische Relevanz ist oder nicht. Also wenn wir jetzt mal bei der Statistik bleiben, dann gibt es glaube ich die eine Statistik, die sagt, dass ehemalige Leistungssportler im Schnitt 740 oder 750 mehr im Monat verdienen. Das ist eine Statistik, die es gibt. Und dann gibt es eine Statistik, die eben sagt, Durchhaltevermögenresilienz, insbesondere in Krisen, ist stärker ausgeprägt. Aber dann gibt es auch eine andere Statistik, die sagt, es gibt auch Fälle, in denen ehemalige Leistungssportler eben Dinge übers Knie brechen wollen, mit dem Kopf durch die Wand gehen, nicht rechts und nicht links schauen und deswegen gerade was das Thema Führung angeht, lernen müssen noch.
Joel Kaczmarek: Ich wollte auch gerade dich fragen, was sind denn so Negativeffekte von LeistungssportlerInnen? Also gibt es Sachen, wo du sagst, wie du es gerade genannte, die sind ein bisschen, irgendwie brechen zu sehr übers Knie oder haben zu viel Ellenbogen. Gibt es da noch so Elemente, wo du sagst, okay, ist jetzt auch nicht alles Gold, was glänzt, das hat durchaus auch seinen Preis?
Nina Pütz: Wenn du dir jetzt mal genau überlegst, jemand, der Athlet ist oder war, der ist ja bereit, an seine Grenzen oder über die Grenzen hinaus zu gehen. So, wenn ich jetzt dieses Verhalten mal vom Sport auf die Unternehmenswelt übertrage, wirst du automatisch in, würde ich mal sagen, 95 Prozent der Fällen über Strukturen in der Firma ausgebremst. Besonders in größeren Unternehmen kommst du ja gar nicht durch, weil da gibt es lange Entscheidungswege, da gibt es bestimmte Prozesse. Da kannst du nicht einfach so entscheiden, wie du es möchtest. Kommt natürlich aufs Level an, wo du jetzt bist. Aber wenn du jetzt nicht CEO bist, dann wirst du ausgebremst. Und dann ist natürlich die Frustrationstoleranz oftmals bei einem Leistungssportler geringer, weil du kommst ja nicht zum Ergebnis. Du wirst ausgebremst, damit musst du erst mal klarkommen, dass du nicht selber Dinge machen kannst, sondern jetzt wirst du hier durch dein externes Umfeld gerade gebremst. Oftmals hast du als Sportler ja ein ausgeprägtes Engagement. Also du begeisterst dich für was, du bist da hinterher. Das wird dann zum Hindernis, wenn man jetzt agiert wie im Tunnel oder halt deutlich über das Ziel hinausschießt und nicht rechtzeitig merkt, so jetzt habe ich hier Leute nicht richtig abgenommen oder ich gehe jetzt hier zu weit. Das ist mir auch tatsächlich mal passiert. Ich habe vor Jahren, das ist Gott sei Dank schon über zehn Jahre her, eine neue Vision übers Knie gebrochen. Also auch, weißt du, alleine ein Thema wie eine Vision übers Knie brechen zu wollen, ist einfach total dämlich. Und da habe ich einfach gesagt, die müssen wir jetzt aber machen. Ich möchte es jetzt machen. Und wenn die alle nicht aus dem Knie kommen, dann mache ich das halt selber. Natürlich bin ich daran gescheitert, weil ich niemanden richtig abgeholt hatte. Es gab riesen Frustration. Und dann haben wir quasi alle gemeinsam nochmal bei null angefangen. Und was war das Ergebnis? Die Kollegen, Kolleginnen waren total frustriert. Ich war total frustriert. Und ich werde nie vergessen, damals hat mir ein externer Coach gesagt, Nina, du musst aus deiner Sicht die Dinge auch mal an die Wand fahren lassen. Selbst wenn du schneller willst, es machen willst, du kannst nicht von dir erwarten. Und du hast nie eine Chance, wenn du nicht alle mitnimmst. Und wenn du die halt nicht alle mitnimmst, dann dauert es halt länger, aber brich es nicht übers Knie. Lass es einfach dann mal an die Wand fahren.
Joel Kaczmarek: Was ist unsere Konklusion? Was für einen Abschluss nehmen wir daraus mit, dass wir jetzt verstanden haben, es gibt relativ viele Parallelen zwischen Führungskräften und LeistungssportlerInnen. Was kann man damit jetzt machen?
Nina Pütz: Wir haben bei uns die große Überzeugung, dass Leistungssportler grundsätzlich gute Manager, gute ManagerInnen sein können. Wir freuen uns, wenn wir existieren. Sportler bei uns im Team haben und geben jedem, egal ob er oder sie jetzt Ex-Sportler ist oder nicht, den Raum, sich entsprechend zu entfalten. Ich freue mich über jeden Sportler, jede Sportlerin, mit der ich zusammenarbeiten kann. Ich freue mich aber grundsätzlich über Leute, die nicht 0815 sind, sondern die halt unterschiedlich sind. Diverse und die Mischung macht es doch. Du brauchst ja von allem etwas.
Joel Kaczmarek: Sehr gut, Nina. Dann vielen Dank. War ja ein spaßiger Ritt heute und ich glaube, da kann jeder irgendwie mitdenken, weil ich glaube, gefühlt hat sich ja fast jeder schon mal mit Sport auseinandergesetzt. Und gerade dann sich auch mal zu visualisieren im Kopf oder zu vergegenwärtigen, was sind eigentlich Merkmale, die Sportler irgendwie erfolgreich machen und was davon treffe ich auch in der Geschäftswelt an, kann man sich ja selber auch mal über sich selbst Gedanken machen. Dafür vielen Dank und ich freue mich schon, dich dann beim nächsten Mal wieder in Sachen Leadership und Change zu hören. Bis später erstmal. Danke dir. Tschüss.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Leadership: Dazu spricht Joel regelmäßig mit Nina Pütz von RatePay, deren Spezialisierung im Change liegt. (Werdende) Führungskräfte, die sich eingehend mit den Themen Führung und Veränderungsmanagement befassen, finden hier einzigartige Perspektiven, viel Praxiserfahrung und anregende Ratschläge. Dieser Podcast ist also ein Muss für jede:n, der oder die sinnvolle Veränderungen vornehmen möchte und dafür nach Führungsansätzen sucht.