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Joël Kaczmarek: Hallo Leute, hier ist Joël und kennt ihr das vielleicht auch, dass es manchmal so einen Modus gibt, in den man kommt, wo dann eigentlich der Burnout nicht mehr so weit weg ist? Ich kann euch sagen, dieser Modus hat einen Namen, nämlich Funktionsmodus. Wenn du nur noch funktionierst und eigentlich nicht mehr in der gesunden Zone bist. Und ich habe darüber schon mal mit jemandem geredet, einer Frau, die sich damit bestens auskennt. Die Folge verlinke ich dir auch nochmal in den Shownotes. Und zwar ist das die liebe Sandra Quedenbaum. Sandra ist nämlich Coachin und Ausbilderin für die Themen Hochsensibilität und Trauma. Und die nimmt mich heute mal an die Hand und beschreibt mir, was ist denn eigentlich so ein Zustand, von dem wir da reden, dieser Funktionsmodus. Und dann reden wir über fünf Wege, wie man da rauskommt. Das heißt, die Idee ist, dass du aus der heutigen Folge mitnimmst, wie bin ich denn eigentlich leistungsfähig und schaffe viel, ohne dass ich in die Zone komme, wo es für mich ungesund wird. Also, da freue ich mich natürlich sehr drauf. Und liebe Sandra, schön, dass du mal wieder da bist. Hallo.
Sandra Quedenbaum: Hallo Joël, ganz herzlichen Dank für die Einladung.
Joël Kaczmarek: Ja, lass uns doch mal vielleicht nochmal mit einer kleinen Beschreibung anfangen. Also dieser Modus, den ich da gerade beschrieben habe. Was ist das genau und woran erkenne ich die?
Sandra Quedenbaum: Also das fiese am Funktionsmodus ist, dass man ihn häufig erst mal gar nicht erkennt, sondern erst ganz spät erkennt. Zwar äußert sich das, dass man das Gefühl hat, das Leben läuft eigentlich eher mehr nebenher. Also man funktioniert nur noch, man hat gar nicht so richtig Freude an was, man genießt gar nicht mehr so richtig, sondern kommt immer von eins aufs andere, ist am scheffeln. Auch in einer Beziehung ist es häufig so, dass sich das da zeigt, dass man das Gefühl hat, Menschen Gerade bei Eltern, jungen Eltern, wir funktionieren hier nur noch, wir haben hier gar kein Miteinander mehr. Man kann sagen, wenn der Funktionsmodus da ist, dann ist die Lebendigkeit einfach gerade verreist. Und meistens merkt man das nicht.
Joël Kaczmarek: Es gibt so Merkmale, an denen ich das erkennen kann, weil ein Beispiel, was mir so in Erinnerung geblieben ist, ist das Thema Empathie. Das ist das Erste, was verloren geht, wenn man zu sehr im Stress ist, die Empathie ist, weil man quasi so die Scheuklappen aufnimmt und noch funktioniert und sich nicht mehr gut in andere reinfühlen kann. Weil man sowas so ausschaltet. Also es ist so eine Sache, die mir aufgefallen ist oder dass ich so gereizt war, dass dann irgendwie schneller Streits aufkamen wegen vermeintlichen Kleinigkeiten. Was sind denn so Patterns, die dir sonst einfallen, woran man das bei sich feststellen kann?
Sandra Quedenbaum: Also die Empathie ist letztendlich eigentlich eine Folge von. Es fängt an im Funktionsmodus, dass wir uns eigentlich unseren Bedürfnissen übergehen. Und wenn wir das öfter machen, dann wird es anstrengend und damit wir das machen können, damit wir unsere Termine einhalten können und so versuchen wir das immer mehr, uns drüber zu ziehen und unser Gefühl abzustellen. Das heißt, wir fühlen uns selbst nicht mehr so gut. Uns selbst zu fühlen ist ein ganz wichtiger Grundfaktor, um in Empathie zu gehen. Häufig ist es erst so, dass ich mich selber nicht mehr fühle, denn wenn ich das dann vielleicht noch mit Kaffee irgendwie... versuche, mich fit zu halten, dann mache ich genau das Gegenteil, weil Kaffee sorgt nicht dafür, dass ich wach bin, sondern Kaffee hilft mir, dass ich nicht mehr merke, dass ich gerade erschöpft bin. Wenn ich das dann die ganze Zeit so platt mache, dann ist es halt, dass ich mich selber nicht mehr so wahrnehme, auch nicht mehr so richtig in meinen Gefühlen bin. Umso mehr das ist, umso weniger kann ich auch in Empathie gehen. Und wenn dann noch Stress dazu kommt, und meistens ist der Funktionsmodus in der Regel mit Stress verbunden, oder der Funktionsmodus macht den Stress, ist es so, dass wir einfach auch weniger in der Empathie sein können, dass wir weniger in Kontakt gehen können, weil der Nervenbereich, der für Kontakt zuständig ist, nicht so aktiviert ist oder nur sehr auf Low-Level läuft.
Joël Kaczmarek: Ich meine, sonst mal zugespitzt, wenn du jemanden vor der Nase hast, woran bemerkst du, dass der oder die in so einem Modus ist? Wenn du dann sagst, ach, der Bernd, der war heute aber... Ich habe den Verdacht, der ist ein bisschen zu sehr übers Ziel hinausgeschossen, der ist schon im Funktionsmodus. Gibt es da so Patterns, an denen du das erkennst bei anderen?
Sandra Quedenbaum: Also häufig merkt man das daran, dass die Leute nicht so gut zuhören können, dass sie auch beim Zuhören nicht so in der Empathie sind, dass sie, wenn man dem was erzählt, dass sie nicht so darauf eingehen, wie man normalerweise im Gespräch, wenn man in den Austausch geht und dann sagt jemand was und fragt dann nach, geht in die Tiefe. Da ist das bei Menschen im Funktionsmodus dann häufig so, dass sie entweder manchmal gar nicht reagieren oder mit eigenen Sachen reagieren, die vielleicht dann auch gar nicht so passen. Auch, dass sie sehr unruhig sind, auch häufig gehetzt fühlen und gleichzeitig sehr erschöpft. Das hat häufig so eine Ambivalenz von innerer Unruhe, von auch so ein bisschen so getrieben sein und ich muss das noch schaffen, ich muss das noch schaffen, ich muss das noch schaffen, oh Gott, wie soll ich das alles schaffen? Und gleichzeitig eigentlich ist gar keine Kraft mehr da.
Joël Kaczmarek: Okay, so, jetzt hast du mir erzählt, es gibt fünf Faktoren, da kann man sozusagen mit diesen Schritten sukzessive da rauskommen. Das Erste, was du mir so zugeworfen hast, dass du gesagt hast, es gibt so einen Notausknopf. Wie sieht denn der aus und wo sitzt der?
Sandra Quedenbaum: Der sitzt erstmal in uns. Und das Wichtigste ist, dass ich das überhaupt erkenne, dass ich das wahrnehme, dass ich merke, oh, ich bin jetzt gerade irgendwie, meine Partnerschaft, wir laufen nur nebenher, mein Alltag rauscht so an mir vorbei. Ich bin immer im Wenn-Dann-Modus, ich versuche immer, wenn ich jetzt dieses Projekt zu Ende habe, dann entspanne ich mich. diese Termine gemacht habe, dann entspanne ich und es kommt aber immer wieder was dazwischen. Das heißt, dieses Entspannen kommt gar nicht. Und wenn ich Urlaub habe, dann entspanne ich mich. Wenn wir in diesem Funktionsmodus sind, werden wir dann in der Regel krank, weil dann ist das ganze System, fährt dann runter. und denkt, oh, jetzt kann ich mal loslassen. Und dann kommen halt alles, was wir zusammengehalten haben, Schmerzen, die wir nicht gespürt haben oder solche Sachen, die kommen dann halt hoch, werden aktiv, weil sie dann Raum haben. Deswegen ist es wichtig, dass wir das überhaupt merken, diesen Zustand. Weil meistens, wenn wir da drin sind, merken wir das gar nicht, weil wir eben funktionieren. So, das läuft, läuft, läuft, läuft, läuft nicht gut, aber es läuft. Wenn ich so merke, oh, irgendwie fehlt es mir gerade an Lebendigkeit, irgendwie merke ich, dass ich nicht mehr so im Kontakt bin. bin mit meinen Liebsten oder dass es mir schwerfällt, Sachen zu genießen, auch Unternehmungen zu machen oder so, dann ist es gut, einen Notknopf zu drücken innerlich. Und das heißt in diesem Moment einfach nur sich bewusst machen, aha, ich bin jetzt im Funktionsmodus. Und dann atme ich dreimal tief durch. Das sagt unserem Nervensystem erstmal hier runterfahren. Und wenn unser Nervensystem runtergefahren ist, dann kann ich anders in die Wahrnehmung gehen.
Joël Kaczmarek: Damit ist es schon getan. Ich hätte gedacht, dass du jetzt sowas sagst wie Nimm dir eine Auszeit, mach den Spa-Besuch, den du seit drei Wochen machen wolltest, geh spazieren. Also es ist sozusagen, reicht dieser kleine Schritt?
Sandra Quedenbaum: Der Schritt alleine reicht nicht, der ist ein Anfang von fünf Schritten. Und gleichzeitig ist das häufig der Fehlglaube, dass man nur unbedingt ganz viele Entspannungen braucht. Es sei denn, ich mache das schon jahrelang, dann kann es auch mal sein, dass ich echt eine fundamentale Auszeit brauche. Häufig ist es aber, wenn wir im Alltag diese fünf Schritte immer wieder machen, dann kommen wir immer wieder mehr in die Lebendigkeit, in die Wahrnehmung, ins Gegenwärtige. Und dadurch fallen wir nicht in diesen Funktionsmodus so rein. Der kann uns dann nicht so packen.
Joël Kaczmarek: Spannend. Na gut, also Nummer eins, Notausknopf. Schritt zwei hast du mir gesagt, Reset-Taste. Was ist das denn dann?
Sandra Quedenbaum: Da geht es darum, letztendlich auch das wieder umzudrehen, was man im Funktionsmodus nicht mehr kann, nämlich den Körper spüren, sich selbst wahrnehmen. Was brauche ich denn gerade? Was habe ich gerade für Bedürfnisse? Was tut mir jetzt gerade gut? Und deswegen ist es beim Reset halt wichtig, dass ich, nachdem ich halt diesen Notausknopf gemacht habe und mich erstmal runtergefahren habe, dass ich schaue, dass ich wieder ins Körperspüren komme. Zum Beispiel, indem ich mich strecke oder die Füße auf dem Boden am besten barfuß fühle, wie ich die Bodenerdung habe auf dem Boden oder den Körper abklopfen, wieder ins Spüren des Körpers zu kommen. Das ist total wichtig, damit ich wieder bei mir ankomme. Weil eigentlich im Funktionsmodus renne ich die ganze Zeit hinterher oder neben mir her oder wo auch immer, aber ich bin nicht in mir drin. Und das sorgt halt dafür, wenn ich mich so aktiviere, dass ich wieder in meinem Körper ankommen kann.
Joël Kaczmarek: Klingt ja erstmal simpel, aber auch irgendwie einleuchtend. Wie geht es von da aus weiter?
Sandra Quedenbaum: Dann ist es wichtig, dass man das innere Navi einstellt. Das geht über unsere Gefühle. Weil was wir ja im Funktionsmodus normalerweise auch nicht haben, ist, dass wir eigentlich so richtig sagen können, wie es uns geht. dass wir das so präsent haben. Wenn man jemanden fragt, wie geht es dir, dann sagt er, ja gut, oder läuft oder so. Es ist halt nicht so, dass man wirklich sagt oder wirklich auch spürt, wie geht es mir denn jetzt gerade. Da ist es wichtig, wenn ich jetzt in meinem Körper den aktiviert habe, durch die Reset-Taste, dass ich dann spüre, okay, wie geht es mir denn gerade? Wie fühlt sich denn gerade mein Körper an? Welches Gefühl habe ich? Welches Bedürfnis habe ich vielleicht auch? Weil die auch Bedürfnisse sind vorher, die merken wir gar nicht.
Joël Kaczmarek: Jetzt versuche ich noch, bei dem inneren Navi von dir zu verstehen, wie das genau aussieht, weil... Ich weiß hier Bettina Reuss, die wir bei uns ja auch kennengelernt haben, die ist ja auch so auf Hochsensibilität spezialisiert, die hat zu mir mal gesagt, Joël, mich fragen ganz viele meiner Patienten, Klienten, wie man sie nennen möchte, Bettina, wie fühlt man eigentlich? Ich habe das völlig verlernt, was für sie am Anfang schwierig zu verstehen war. Ich habe aber aus dem Modus heraus oder das Kennen sofort gewusst, was sie damit meint, dass manche Leute das gar nicht mehr können. Das heißt, dieses innere Navi ins Fühlen kommen. Wie geht denn das, wenn ich da gerade gar nicht bin? bin, weil das fällt, glaube ich, vielen Menschen in so einer Situation schwer.
Sandra Quedenbaum: Das ist für Hochsensible auch häufig schwer, weil die fühlen ja besonders intensiv so und das nachzuvollziehen. Das kann einfach sein, weil Menschen wenn sie jetzt im Extremstress sind, häufig auch, wenn Trauma mit im Spiel ist, weil das sorgt auch dafür, dass wir unseren Körper nicht mehr wahrnehmen oder wenn wir zu lange im Funktionsmodus sind, was häufig auch eigentlich Traumaursachen hat, dass wir da hinkommen, dann sind wir sehr kopflastig, im Kopf sind wir fit, da können wir alles planen, aber das da drunter ist eigentlich nur Ballast. Der Körper, der dann vielleicht schmerzt, den können wir nicht brauchen. Der Körper, der vielleicht sagt, oh nee, ich will jetzt aber, ich habe keinen Bock, ich will jetzt lieber schlafen. Und mein Kopf sagt aber, nee, ich muss jetzt funktionieren, das muss laufen. Verantwortung in Familie und so, dann ist es natürlich auch schwierig. Dann kommt es zu einer Trennung von Kopf und Körper. Und da ist es dann wichtig, da wieder hinzukommen. Und das kann man halt mit unterschiedlichen Übungen aktivieren, dieses Fühlen. Mit diesem Weg, mit diesem Fünf-Schritte-Plan ist das schon mal eine sehr gute Möglichkeit. Wenn das nicht auslangt, weil es kann sein, dass wir einfach so von unserem Körper abgetrennt sind. Dass es uns schwerfällt, uns zu fühlen. Wenn das aber eher mehr so ein allgemeiner Zustand ist, wenn ich vielleicht sogar gar keinen anderen Zustand kenne, als diesen hier in meinem Kopf ist, super, aber das andere ist, da ist noch was so, wäre es hilfreich, da sich einfach Unterstützung zu holen, damit das wieder zusammenkommt. Dann braucht es sehr wahrscheinlich therapeutische Unterstützung.
Joël Kaczmarek: Kannst du mir aber trotzdem nochmal ganz kurz sagen, was jetzt in diesem dritten Schritt, inneres Navi anschalten und einstellen, also was da die Maßnahme ist, also wie ich da ans Fühlen komme? Weil du hast ja erzählt, es gibt Techniken. Das ist ja wahrscheinlich der Schritt drei, einer der Orte, wo das passiert. Was wäre so eine typische Technik?
Sandra Quedenbaum: Der Schritt, wo ich ans Fühlen komme, ist der Schritt zwei bei der Reset-Taste, weil da gehe ich ja ins Körperspüren. Taste ich meinen Körper ab, dann nehme ich Bodenhaftung auf und Erdung. Wenn ich meinen Körper dann wieder fühle, kann ich das auch benennen, was ich fühle. Also Schritt drei ist letztendlich das Benennen des Inneren, dass wir das ins Bewusstsein kriegen, sozusagen aus dem Körper die Information ins Bewusstsein kriegen, wie geht es mir denn gerade, weil das eine Voraussetzung ist, um zu wissen, was brauche ich denn jetzt gerade und was tut mir gut und was tut mir nicht so gut.
Joël Kaczmarek: Hilf mir mal bitte, diesen ganzen Komplex noch den Menschen jetzt zuzuhören, besser rüberzubringen, weil ich glaube, wenn man jetzt hier reinhört, fühlt man sich vielleicht angesprochen davon, dass man sagt so, ja, okay, irgendwie funktioniere ich auch nur und denkt mir so. Mir wird ein bisschen warm im Hintern, mit der Hintern in Richtung Burnout. Wie man das sozusagen rüberbringt, weil das ist, glaube ich, so schwer zu vermitteln.
Sandra Quedenbaum: Das stimmt, weil es sich erstmal, es ist auch wie vom anderen Stern. Das ist ja nicht das, wo wir denn zu Hause sind. Und gleichzeitig ist es aber so, das Gefühl folgt dem Körper. Und je mehr wir das machen, umso öfter wir das machen, umso mehr lernt unser Organismus das auch. Dann kann es sein, dass ich erst mit der Reset-Taste dann nochmal Schwierigkeiten habe. Aber ich merke schon, wenn ich den Notausknopf mehr mache, werde ich ruhiger. Vielleicht über den Tag auch schon ruhiger. Und dann arbeitet man sich ein Stück weit immer mehr vor. Letztendlich ist das auch was, ich mache ja Ausbildung für Hochsensible, und da haben wir diesen Prozess auch in diesem ganzen Coaching-Prozess während der Ausbildung. Und das ist Wahnsinn, dass sie nach zwei Wochen, dann sind die schon ganz anders in ihrer inneren Ruhe. Nur weil sie diese Sachen halt immer mehr machen. Das geht viel schneller, als wir denken. Wir denken immer, man muss was ganz Großes machen, Aber... Diese kleinen Einheiten am Tag, wo wir wieder zu unserem Körper finden, sind viel, viel kräftiger.
Joël Kaczmarek: Was ich so wahrnehme an der Stelle, bei mir, aber auch bei anderen, ist, dass an dem Punkt, wo wir jetzt gerade reden, also quasi diese beiden Schritte, zwei und drei, viele Menschen die Sorge haben, dann nicht mehr in Leistungsfähigkeit zu sein. Also so nach dem Motto, wenn ich dem die Tür öffne, dann gebe ich dem Raum und dann könnte ich ja abstürzen, dann könnte ich ja nicht mehr. Also mir hat man immer gesagt, es ist schön, oben zu sein und es ist schön, unten zu sein, aber es ist nicht schön, runterzukommen. Und dieser Prozess des Runterkommens ist ja oft mit so einer Angst des Nicht-mehr-Hochkönnens verbunden, nicht mehr leistungsfähig zu sein. Ist es eine berechtigte Angst?
Sandra Quedenbaum: Nee, also diese Angst ist das, was typischerweise ist. Deswegen halten wir uns auch im Funktionsmodus, weil wir das Gefühl haben, wenn wir aufhören, dann bricht alles zusammen. Auch gerade wenn in Familie oder so mit Kleinkind, dann wirkt es erst mal so nach dem Motto, naja, wenn ich das jetzt nicht mache oder so, was soll denn sein? Man ist aber gar nicht in der Lage. weil man so im Funktionsmodus drin steht, dass es natürlich auch Alternativen gibt. Die sieht man dann einfach gar nicht. Dieser Funktionsmodus, den aufrecht zu erhalten, kostet unheimlich Energie, weil wir gar nicht in die Möglichkeit kommen, etwas in einen Zustand zu kommen, wo Energie zurückfließen kann. Das heißt, eigentlich laufen wir die ganze Zeit aus. Und wenn wir jetzt diese Schritte machen, dann haben wir ganz viele kleine Spots am Tag, wo Energie zurückkommt. Am Ende komme ich dann noch zu etwas, was ganz wichtig ist, um Energie reinzukommen, damit das wieder aufladen kann. Dadurch, dass es uns besser geht, wir lebendiger sind, können wir die Sachen wieder genießen. Wir haben wieder viel mehr Spaß bei den Sachen. Auf einmal werden wir auch wieder kreativer, weil wir mehr Spaß haben. Und mit wenig Aufwand kann man echt viel verändern und viel mehr, als wenn man jetzt irgendwie so eine Superaktion macht.
Joël Kaczmarek: Mein Spickzettel verrät mir gerade, der vierte Schritt ist dann Anker im Alltag setzen. Was heißt denn das?
Sandra Quedenbaum: Das sind bewusste Momente zu schaffen. Also wo... Was fehlt im Funktionsmodus ist, dass wir bewusst den Moment erleben. Wir rauschen ja eigentlich nur so durch den Tag. Wir rauschen, wenn wir rausgehen, vielleicht an unseren Partner, unserer Partner vorbei, schmeißen vielleicht noch einen Kuss zu und sind dann weg. Können wir wieder sagen vielleicht Hallo und eigentlich sind wir nie richtig in Kontakt, nie richtig mit uns in Kontakt, auch mit unseren Liebsten nicht in Kontakt. Und dieses Ankersetzen bringt uns wieder ins Hier und Jetzt. Das wäre zum Beispiel... Bewusst eine Tasse Tee zu trinken, ganz bewusst, wie schmeckt das, wie fühlt sich das an, weil das bringt unsere Aufmerksamkeit in die Gegenwart. Weil im Funktionsmodus sind wir eigentlich die ganze Zeit immer in der Zukunft. Das signalisiert unser Gehirn, wenn wir die ganze Zeit in der Zukunft immer gucken, was die nächsten Punkte sind, Stress. Weil es hat immer Tas, Tas, Tas, Tas im Kopf. Und in dem Moment, wo ich im Alltag ins Hier und Jetzt komme, es kann auch sein, dass ich zum Beispiel mir ein Lied anmache und dazu tanze und das ganz doll spüre oder etwas male. Und wenn es Mandala ausmalen ist, irgendwas, was mich fokussiert ins Hier und Jetzt, dann kriegt das System die Info, okay, die ist im Hier und Jetzt, ich kann stehen bleiben. Dann werden ganz andere Hormone ausgeschüttet.
Joël Kaczmarek: Und jetzt hast du gesagt, der letzte Schritt ist dann die Energie, um sie wieder zuzuführen. Wie geht das?
Sandra Quedenbaum: Was ganz wichtig ist und was im Funktionsmodus auch weg ist, ist, dass wir ja nicht mehr in Beziehung gehen. Denn dann haben wir das so, wir haben zwar eigentlich, wir würden zwar uns gerne mit Freunden treffen, aber wir machen es nicht, weil wir haben ja keine Zeit. Wir haben ja unsere Termine. Wir würden gerne mehr Zeit mit unserem Partner verbringen, aber eigentlich ist es, obwohl es schön ist, eigentlich anstrengend, weil es ist ja noch was mehr. Das geht immer mehr aus unserem Leben. Aber gerade Kontakt. ist total wichtig und da gibt es mittlerweile ganz viele Untersuchungen. Der Austausch mit Menschen ist das, was das Nervensystem, das zur Beruhigung und Regeneration zuständig ist, aktiviert. Natürlich ein angenehmer Austausch mit Leuten, die ich mag, die sehr freundlich sind, wohlgesonnen sind und so, das ist wichtig. Das Schöne ist, wenn wir die Schritte vorher machen, dann können wir auch wieder ganz anders in Kontakt gehen. Man kann zum Beispiel als Verankerung im Alltag sagen, okay, ich mache das jetzt anders. Wenn einer von uns, von unserer Familie aus dem Haus geht, dann kommen alle und sagen, tschüss. und geben liebevollen Kuss oder drücken nochmal. Also das ganz bewusst zu machen oder ganz bewusst, dass das nicht so passiert, sondern diese Verankerung wieder reingehen, darüber geht über die Beziehung. Also du merkst, das ist wie, das ist alles miteinander verknüpft. Und das gibt uns, diese Verbindung gibt uns total Kraft, hält uns auch gesünder, da gibt es viele Studien drin, auch älter. Wir werden Leute, die viel Kontakt auch im Alter haben, leben viel länger, leben viel gesünder. Also von daher weiß man jetzt, dass gerade der soziale Kontakt total essentiell für uns ist.
Joël Kaczmarek: Okay, weil ich habe zuerst gedacht, ob das so ein bisschen in die Richtung geht, wie man ja auch Kinder co-reguliert, dass die sich noch nicht selber Stress regulieren können, dass man die dann irgendwie in den Arm nimmt und kuschelt und durch den Körperkontakt denen hilft. Also Körperkontakt per se ist wahrscheinlich dann so die Königsdisziplin dessen, aber darum geht es gar nicht primär, sondern einfach um diesen Austausch mit anderen in Beziehungen sein, mal zu einer gewissen Lockerheit, weil es stimmt ja, die einen machen vielleicht irgendwie so ein kleines Champagnerfrühstück mit den besten Freundinnen. Die anderen gehen zusammen ins Kino oder vergnügen sich und trinken was, gehen lecker essen. Also da geht es um Geselligkeit eigentlich auch so ein Stück weit. Habe ich das richtig verstanden?
Sandra Quedenbaum: Genau, beides. Also sowohl Körperkontakt ist super, nur ist es häufig so, dass wir, wenn wir noch nicht so raus sind aus dem Funktionsmodus, ist Körperkontakt auch nicht unbedingt angenehm. Häufig ist es ja auch, dass Sexualität dann nachlässt oder so. Und auch einfach jemanden einfach nur zu berühren, mal beieinander zu liegen oder so, wird auch weniger. Und wenn wir das aktivieren... Dann werden entsprechend Oxytocin freigesetzt und so. Von daher ist Kontakt, sowohl Körperkontakt als auch Kontakt zu anderen Menschen und dann aber wichtig, braucht auch eine gewisse Tiefe. Also dass ich dann drüber spreche, wie geht es mir gerade, dass ich wirklich in den Austausch gehe und da sind wir dann wieder zurück zu Punkt drei, wo ich ja selber meine Gefühle für mich benenne, dass ich das auch nach außen gebe. Das verstärkt es einfach noch, wenn ich meine Gefühle teile, verstärkt das das Gefühl von Verbindung und stärkt gleichzeitig wieder unser Nervensystem, das für Entspannung und Regeneration zuständig ist.
Joël Kaczmarek: Würdest du sagen, dass all das gut möglich ist, dass ich das mit mir selbst ausmache oder braucht es da eigentlich Anleitung? Also fahre ich da eigentlich besser, wenn ich irgendwie einen Coach habe, einen Therapeuten, whatever es ist an Personen, die mich dadurch begleitet?
Sandra Quedenbaum: Ich würde es auf jeden Fall erstmal für mich alleine probieren. Das wird, wenn man das macht, auf jeden Fall schon eine Besserung bringen. Wenn ich grundsätzlich in einem Nervensystemzustand bin, wo ich vielleicht auch Schwierigkeiten habe, einfach in Kontakt zu kommen. zu kommen, weil meine Bindung eher vermeidend ist oder ähnliches, dann braucht es noch mehr Hilfe. Also ich werde, wenn ich diese Übungen regelmäßig mache, am besten mehrmals täglich am Anfang, dass das System das auch wieder kennt, dann geht das auch viel schneller, die ganze Rutsche dann, werde ich eine Veränderung merken. Wenn ich aber merke, und das merkt man letztendlich dann, wie gehe ich am Ende, wie gehe ich in Kontakt? Wie gehe ich mit mir in Kontakt? Und wie gehe ich mit anderen in Kontakt? Verändert sich da was? Verändern sich Gespräche, verändern sich die Menschen mir gegenüber, verändere ich mich natürlich auch den Menschen gegenüber, daran kann man das dann sehen. Und wenn das auch längere Zeit und wenn wir merken, wir sind ruhiger, aber da ist noch Optimierungsbedarf, sage ich mal, dann auf jeden Fall sehr hilfreich, dann einen Coach oder einen Therapeuten sich zu suchen und da unterstützen zu lassen. Dann geht es auch einfach viel schneller.
Joël Kaczmarek: Ja, schön. Also ich lerne, es braucht nicht immer die dreiwöchige Auszeit oder den Sabbatical über ein halbes Jahr, sondern es kann auch sozusagen klein und im Alltag funktionieren, dass man da rauskommt aus diesem Funktionsmodus. Liebe Sandra, ganz herzlichen Dank. Dann würde ich sagen, bis zum nächsten Mal.
Sandra Quedenbaum: Sehr gerne. Ich freue mich schon drauf. Bis dann und viel Spaß beim Auszeiten.