Zurück in die Zukunft: Die Arbeitswelt nach Corona
10. September 2021, mit Joel Kaczmarek, Stefan Lammers
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek, ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und auch heute darf ich wieder den lieben Stefan Lammers, den Führungskräftekode schlechthin, und er kann noch viele tausende andere Sachen mehr, von denen er gleich bestimmt berichtet, die er zeigen wird im Podcast, an meiner Seite begrüßen. Wir hören natürlich gleich auch wieder ein paar Sachen von SLBB, was da Spannendes passiert, weil die Jungs und Mädels sind ja immer vorne dabei, wenn es um Innovationen in der Arbeitswelt und vor allem auch in der Führungskräftewelt geht.
Und Folgendes, vielleicht kennst du ja noch diesen schönen Film »Zurück in die Zukunft«. Mit Michael J. Fox, wo er in die Vergangenheit gereist ist, zurück in die Zukunft musste, dann gab es noch weitere Teile, weil das so ein Erfolg war. Und heute ist unser Thema ein bisschen ähnlich gelagert. Wir befinden uns ja gerade an einem Zeitpunkt, wo viele Menschen gerne sich wieder mehr Präsenz wünschen am Arbeitsplatz. Gleichzeitig aber natürlich einerseits die Inzidenzen wieder steigen und andererseits wir ja auch ein Setup über die letzten Monate entwickelt haben, was ja auch Dinge verändert hat.
Das heißt, heute wollen wir mal darüber sprechen, wie sieht eigentlich die gemeinsame Arbeitswelt nach Covid-19 aus und dabei durchaus auch mal ein bisschen mehr den Angestelltenblick, also den Teamblick. Was macht das eigentlich mit so einer Organisation? Und wo kommen wir jetzt eigentlich hin, wenn man auf der einen Seite natürlich viel Remote Work und vielleicht auch ein Stück weit schon hybrides Arbeiten entwickelt hat, jetzt sich aber auch wieder mehr Präsenz wünscht und sich fragt, wie man das beides miteinander vereint. So, das nimmst du heute aus dieser Folge mit. Und lieber Stefan, da sind wir ja schon mitten im Thema. Schön, dass du da bist und erzähl doch mal, wie bei euch das momentan so aussieht.
Stefan Lammers: Ja, hallo Joel. Es macht großen Spaß, wieder hier zu sein. Vor allen Dingen, weil sich im Moment wieder unheimlich viel bewegt und wir kriegen gerade ganz viele Themen auf den Tisch, wo es eben nicht mehr nur noch um die in Anführungsstrichen kleinen Teams geht, sondern wo es darum geht, was machen wir denn als ganzes Unternehmen? Also das Thema Kulturwandel ist einfach ein riesengroßes, weil die Führungskräfte, die Vorstände und Geschäftsführer gerade feststellen, okay, das ist gar nicht mehr so ein kleines Thema, sondern es ist echt ein Umbruch, der ansteht. Und auf der anderen Seite, ich habe jetzt bei mir oder bin gerade dabei, das noch mit aufzunehmen. Ich habe mich ja immer so vor Speaking gedrückt. Muss ich sagen, ich hatte da schon öfter Anfragen. Aber was ich jetzt mehr und mehr mache gerade, ist Online-Speaking. Also es ist eigentlich gerade ein ganz neues Feld, wenn ich das so sehe. Und das macht mir mordsmäßig Spaß.
Und ich habe jetzt gerade wieder, ob das jetzt bei Handelsblatt war oder Hermes bei Bayer, vor Hunderten von Mitarbeitern gesprochen. Und dadurch ist auch diese Idee für dieses Thema jetzt einfach mal nochmal gekommen. Wir haben auch mit einem Unternehmen, haben wir gerade eine virtuelle Weltreise gemacht. Da haben wir also erst mit allen Mitarbeitern im Unternehmen gearbeitet, alles online, um an dem Thema Mindset und Haltung zu arbeiten. Und das Ganze gipfelte dann parallel, die Mitarbeiter und die Führungskräfte parallel. Und das Ganze gipfelte dann zum Schluss in einer virtuellen Weltreise, die wir gemeinsam gemacht haben. Und das war einfach ein großartiges Event. Und sowas macht einfach unheimlich viel Spaß zu machen, wenn man sieht, dass man alle Menschen in der Firma begeistern kann und die auch einfach Schritte nach vorne kommen.
Joel Kaczmarek: Mega, dann lass uns doch mal straight rein starten. Weil so einer der ersten Faktoren, über den wir ja heute sprechen wollen, ist, das, was wir irgendwie in den letzten, sagen wir mal, wahrscheinlich 18 Monaten so getan haben, haben wir auch gerne mal als Homeoffice und Remote Work bezeichnet. Aber ein Stück weit ist ja Homeoffice auch nicht gleich Homeoffice. Und ich weiß, du bist jemand, der auch immer sagt, das, was wir im letzten Jahr gemacht haben, war eigentlich kein richtiges Homeoffice. Kannst du da mal so ein bisschen deinen Blick drauf geben, was vielleicht jetzt auch so eine Sonderfallsituation war in den letzten Monaten?
Stefan Lammers: Ja, das würde ich gerne machen. Ich würde aber gerne wirklich noch vorher einen Schritt zu machen zu deiner Einleitung zum Thema Zurück in die Zukunft. Weil das ist mir ein ganz wichtiger Punkt, weil ich habe mich mit diesem Film vorher ehrlich gesagt gar nicht so sehr auseinandergesetzt, sondern jetzt erst mal. Und ich habe Folgendes festgestellt, dass am 21. Oktober 2015, das war so ein fieser Herbsttag, den man sich eigentlich gar nicht wünscht, das 30-jährige Jubiläum von Zurück in die Zukunft war. Und dann haben sich die Leute natürlich auch angeguckt, was ist denn davon realisiert worden, was damals in dem Film alles vorkam, weil er ist ja genau in dieses Datum gereist und 16.49 Uhr an dem Tag 2015 gab es eine große Party überall auf der Welt und alle haben geguckt sozusagen, was ist da los und haben das gefeiert, diesen Film. Und was ich total spannend finde, ist, dass damals in diesen Beobachtungen rausgekommen ist, dass so von diesen technischen Sachen sich unheimlich viele Sachen verändert haben und dass wir aber auf der anderen Seite, obwohl wir heute solche Medien haben wie Internet, solche Medien wie Social Media, dass wir vielleicht auch viel mehr reisen, als wir das in den 80er Jahren gemacht haben, dass ich das soziale Verhalten kaum geändert habe. Das ist relativ stabil geblieben.
Das heißt, für uns ist dieser soziale Kit, dieses in Verbindung sein mit anderen, einfach was essentiell Wichtiges, egal wie sich sozusagen die Formen, in denen wir unterwegs sind, sich ausbreiten. Also egal wie viel Social Media auf einmal möglich ist, wie oft sehen wir sozusagen, dass Leute zusammensitzen und gleichzeitig im Social Media sitzen, aber sie sitzen zusammen. Warum machen sie das denn nicht alleine in ihrem Zimmerchen? Und das ist eben ganz, ganz spannend zu betrachten. Und das hat auch was damit zu tun, wie sich denn die Leute in dieser Zeit gefühlt haben im Homeoffice. Also sie haben sich ja alleine gefühlt teilweise. Das kommt ja zu deiner Frage, die du gerade gestellt hast. Und die hatten dann viele Fragen einfach im Kopf zu dieser Zeit. Also wie kann ich mich jetzt gerade um die Kinder richtig kümmern? Wie kriege ich das eigentlich noch hin, neben meinem Job zu auch noch erledigen? Elternteil und auch Lehrer gleichzeitig zu sein, Erzieher. Wie gehe ich vielleicht mit meinem Partner um, wenn der gerade massive Probleme hat? Wie funktioniert denn eigentlich das verdammte Internet und wie kriege ich eine vernünftige Bandbreite bei mir hin? Also wir denken, alles funktioniert. Nein, es funktioniert nicht alles.
Oder auch manchmal so die ganz trivialen Geschichten, wie sorge ich denn dafür, dass die Leute nicht mitkriegen, dass ich gerade in meinem Schlafzimmer sitze? Oder auch die Kernfrage am frühen Morgen, muss ich mir jetzt auch noch neben der Schlafanzughose, muss ich mich umziehen oder kann ich die anlassen, wenn ich eigentlich nur oben mit dem T-Shirt oder mit der Bluse zu sehen bin? Und wie halte ich auch tägliche Routinen aus? Also es kommt ganz viele Sachen und das kam quasi über Nacht, ohne dass das jemand wollte oder gewählt hat. Und ich finde, das ist so ein Fakt, den muss man sich einfach nochmal bewusst machen. Was da auf einmal auf uns eingeprasselt ist, ohne dass wir das gewählt haben. Und ich finde, das ist total anerkennenswert, dass wir uns auch angucken, wie die Leute das alle geschafft haben. Wie sie da hingekommen sind, wie sie das für sich bewältigt haben. Und weiterhin die Firmen funktionieren, weiterhin Familien funktionieren, sind ja zu Anfang, ich weiß, dass es in Familien Probleme gibt und so, es gibt ganz viele Horrorszenarien, aber auf der anderen Seite, im Großen und Ganzen ist vieles sehr, sehr gut gelaufen. Und das ist erstmal anerkennenswert und auch zu wertschätzen, finde ich.
Joel Kaczmarek: Um welche amerikanischen Talkshows gesehen zu haben, wo dann Michael J. Fox und der Typ, der den Professor spielt mit seinem Auto, genau an dem Datum reingefahren ist, was du gerade genannt hast. Und in der Tat ist es ja insofern interessant, dass man sich halt wirklich mal überlegt, was hat sich verändert? Ich meine, es war ja auch so eine gewisse Zwangsdigitalisierung, die quasi auferlegt war durch Corona. Also auf einmal fing man ja darüber an zu reden, der Arbeitgeber zahlt dir deinen Internetanschluss zu Hause, man verschickt irgendwie Kameras, Mikrofone und Rundlichter. Also wir alle haben ja jetzt irgendwie ein ganz anderes Setup zu Hause und wahrscheinlich auch geänderte Anforderungen und Wünsche an so einen Arbeitsplatz, zu dem wir gleich noch kommen werden. Und lass uns dann aber doch wirklich nochmal vertiefen. Also Homeoffice in dieser Sondersituation Corona, was war daran vielleicht anders, als es jetzt sein wird, wenn es sich verstetigt?
Stefan Lammers: Ich glaube, dass es für viele Familien alleine das Thema ist, dass die Kinder wieder in die Schule gehen und dass es dadurch auch einfach geregeltere Abläufe gibt. Und ich glaube, das ist ein ganz zentraler Punkt. Und auch, dass vermutlich, also wir hören ja zumindest im Moment immer wieder, es gibt keine Lockdowns mehr, dass vermutlich eben deutlich mehr Leute auch wieder ins Geschäft gehen können. Ich erinnere mich aber auch, ganz große Unterschiede und das finde ich gerade bemerkenswert. Es gibt noch keine klare Linie, wie zukünftig miteinander umgegangen wird. Also ich erlebe sehr viele Unternehmen immer noch, die sagen, bei uns dürfen die Mitarbeiter nur und ganz stark begründet überhaupt ins Unternehmen kommen. Das ist bei einigen auch gerade noch mal verlängert worden. Ich kenne andere Unternehmen, die sagen, unsere Mitarbeiter müssen jetzt, was können wir tun, damit unsere Mitarbeiter überhaupt wieder zurückkommen. Die wollen gar nicht mehr zurückkommen. Also da gibt es ganz, ganz unterschiedliche Dinge und es gibt noch so keinen Common Sense, wie das in der Zukunft aussehen wird. Also das wird noch weitergehen, glaube ich.
Aber es ist so eine Frage und da finde ich eine Befragung von T3N ganz, ganz spannend, die ganz aktuell ist, aus dem Juli jetzt. Und da haben sie die Mitarbeiter oder haben sie die Teilnehmer befragt, was wünschen sich denn eigentlich die Arbeitnehmer hinterher? Und die Arbeitnehmer haben gesagt, am liebsten würden sie sich, also in der Mehrzahl, in der Drei Tage Woche Präsenz und zwei Tage zu Hause wünschen. Also dass es so eine Kombination gibt. Und das hört sich ja erstmal ganz, ganz toll an, aber das sind auch Mords Herausforderungen. Weil was heißt das denn nachher am Ende? Aber da kommen wir vielleicht später nochmal drauf. Aber ich komme nochmal weiter zur Umfrage. Also 7,5 war auf einer Skala von 1 bis 10 die Bewertung, wie produktiv die Leute zu Hause waren. Also ein sehr hoher Produktivitätswert. wie sie sich gefühlt haben. 92 Prozent möchten nach der Pandemie auch im Homeoffice weiterarbeiten. Und das sind schon spannende Werte, die auch für die Unternehmen erstmal Veränderungen bedeuten. Und machen wir uns nichts vor, das wird auch für uns persönlich zukünftig Veränderungen bedeuten, weil wenn wir eine Wohnung mieten oder sowas, da werden wir auf ganz andere Sachen gucken. Also wie ist denn da die Internetverfügbarkeit? Habe ich möglicherweise ein zusätzliches Arbeitszimmer? Das heißt also, da kommen auch, sage ich jetzt mal, in unserem privaten Umfeld einfach Veränderungen auf uns zu.
Joel Kaczmarek: Ich würde es ja sogar noch zuspitzen. Es ist ja so ein Stück weit so, dass die persönliche Lebensplanung völlig auf den Kopf gestellt ist, wenn du nicht mehr dieses Thema commuten, also was ist ein gutes deutsches Wort dafür, pendeln hast. Weil ich habe ganz viele Leute, die ich erlebe, die sich jetzt endlich ihren Traum vom Landhäuschen in Brandenburg wahrmachen und sagen, ich muss ja nicht mehr jeden Tag in Erwägung ziehen, wie ist mein Weg und welche Schulnähe habe ich. Das heißt, man kann ja auf einmal völlig freier denken, sofern denn die eigene Firmenkultur das hergibt. Das heißt, da werden ja nochmal ganz neue Potenziale entdeckt, Sowohl auf der Arbeitgeber- als auch auf der Arbeitnehmerseite frei.
Stefan Lammers: Absolut. Also das ist wirklich eine große Chance und das ist vielleicht auch eine, gibt sicherlich zwei Einflüsse im Moment. Das ist einmal sicherlich die Lebensbedingungen, die sich dadurch positiv verändern können, aber es gibt natürlich auch gerade durch den Immobilienmarkt einen großen Freude, wenn man glaube ich aus Land gehen kann und da viel preiswerter leben kann. Das ist total richtig. Und ich finde, es werden aber auch unangenehme Dinge kommen. Da müssen wir uns gar nichts vormachen, auch in Anführungsstrichen für den Arbeitnehmer von der Arbeitgeberseite. Wenn man das in Amerika betrachtet, gibt es jetzt schon das Thema im Banking-Bereich, dass man sagt, die Leute, die von zu Hause aus arbeiten oder die aus Land gezogen sind oder sonst was, was für die ja echt ein Thema ist, jetzt überhaupt wieder zurückzukommen. kommen, möglicherweise, wenn Präsenz wieder da ist und die Firmenchefs sagen auf der anderen Seite, naja, ihr lebt ja jetzt zu viel günstigeren Kosten auf dem Land und nicht mehr in New York, dann können wir ja auch eure Gehälter reduzieren. Also ich meine, das geht in Deutschland nicht ganz so einfach wie in Amerika, aber es zeigt einfach auch Tendenzen, dass sicherlich da sich auch erstmal gefunden werden muss. Was heißt das denn? Sowohl für die Arbeitgeberseite als auch für die Privatseite.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, dass es sich ein Stück weit kulturell lösen wird. Also die Top-Talente wirst du, glaube ich, auf dem Wege verlieren. Man zahlt ja am Ende des Tages auch nicht die Lebenshaltungskosten der Menschen, sondern ihre Leistung. Aber es macht ja auch einen viel größeren Kosmos auf. Also wenn ich so mit Top-Level-Gründern mich unterhalte, ist es natürlich so, die sourcen jetzt ihre Mitarbeiter all around the globe. Oh Gott, der schreckliche Anglizismen wieder, Entschuldigung. Also die suchen sich ihr Personal überall um den Globus herum und da hat man ja einerseits einen ganz anderen Talente-Pool, aus dem man schöpfen kann, aber natürlich auch andere Konflikte.
Also ich erinnere mich an eine charmante Folge mit irgendwie Boris Lokschin von Spryker, der meinte, du bist nicht darauf vorbereitet, was passiert, wenn auf einmal zwei Remote-Worker in Indien mit einer Remote-Workerin in Großbritannien zusammengebracht werden, weil die kulturelle Clashes haben aus der gemeinsamen Vergangenheit noch oder Araber, Israelis oder manche Leute wollen nicht unter Frauen dienen, weil ihre Kultur das nicht so hergibt. Also da kommen ganz, ganz komplexe Themen mittlerweile auf. Und was ich dich jetzt gerne mal fragen möchte ist, ich erinnere mich an ein Foto, was ich im Internet gesehen habe. Da hast du ein Restaurant gesehen, wo dann so ein handgeschriebener Zettel an der Scheibe hing. Absolut Sofort wieder nur Barzahlung. Das heißt, es gibt so bei einigen anscheinend diese Rückdrehtendenz, dass man ironischerweise Digitalisierung als ein notwendiges Medikament für Corona verstanden hat, aber nicht als Dauerzustand. Ich finde das immer total schade. Jetzt ist Gastro besonders, weil wahrscheinlich reichen manchmal die Margen nicht, um auch noch Gebühren drin zu haben. Aber wie siehst du das denn am Markt insgesamt, wenn du Unternehmen coachst und begleitest? Ist das viel oder oft eine Tendenz, dass die Leute sagen, jetzt drehen wir die Uhr wieder zurück?
Stefan Lammers: Also manche Leute versuchen das sehr stark wieder zurückzudrehen. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich mit den Führungskräften darüber rede und nochmal ein Bewusstsein dafür schaffe, dass das dann ganz schnell ein Aha-Erlebnis gibt. Also mit einer Person hatte ich beispielsweise die Situation, dass wir ein super Meeting gehabt haben. Wir hatten einen Vorstandsworkshop über sieben Stunden mit sechs Vorständen und am Ende hatten die wirklich super viel Energie, alles online. waren total begeistert und dann kam plötzlich dieses Thema, ja, das nächste Mal müssen wir das unbedingt wieder Präsenz machen und schön, wenn das dann auch mit den Mitarbeitern wieder Präsenz ist und dann kam auf einmal, ja, wie wichtig Präsenz, Präsenz, Präsenz ist und dann habe ich irgendwann gesagt, naja, also wenn ihr das jetzt alle euren Mitarbeitern so erzählt und euren Führungskräften so erzählt, dann wertet ihr ja das, was die alles geleistet haben, auch was ihr heute geleistet habt, hier online total ab und guckt doch mal drauf, dass das total super funktioniert hat und dass ihr eben gesagt habt, dass ihr ganz viel Energie gehabt habt.
Und dann kommt auf einmal so ein Aha-Erlebnis, dass man da aus diesem Standardmuster rausgeht. Das hat auch, glaube ich, etwas damit zu tun, was so eine Gesellschaft sich selbst so als Mantra auferlegt. Dass sie sagt, wir müssen uns jetzt unbedingt wieder persönlich treffen, wir müssen unbedingt das machen und so. Und dann hat man ja einfach verhaltensmäßig so diesen Lemminger-Effekt, dass man dann sagt, das ist halt unheimlich wichtig. Und dass wir dann dabei sind und das wieder so machen. Und ich glaube, das ist etwas, was wir berücksichtigen sollten dabei, dass das erstmal menschlich ist, dass man das wieder zurückdrehen will. Und auf der anderen Seite glaube ich aber auch, dass es danach wieder so eine Kurve gibt, dass man auch darauf guckt, was haben wir denn da drin. Und das ist eben unterschiedlich für Mensch für Mensch, das was drin ist. Also nehmen wir mal so ein klassisches Beispiel, das sind die Hin- und Rückwege zur Arbeit.
Da sagen ganz viele Leute, ja, ich habe ja jetzt diese Zeit gespart, das ist ja total klasse, dass ich zu Hause bin und dass ich nicht mehr die Fahrzeiten habe und so weiter. Aber es sagen auch eine ganze Menge Leute, mir fehlen diese Hin- und Rückwege, um mich zum Beispiel vom Privatleben und Geschäftsleben genau unterscheiden zu können oder um mal ein Buch in Ruhe lesen zu können oder das zu machen und mich vorzubereiten oder Ähnliches. Das heißt, es gibt nicht dieses Allgemeine und ich glaube, das wird die große Herausforderung sein für Führungskräfte in nächster Zeit, so wie du das eben auch beim Interkulturellen beschrieben hast, nämlich, dass wir auf einmal uns begegnen müssen und uns überlegen müssen, was sind denn die neuen Formen der Zusammenarbeit.
Joel Kaczmarek: Naja, und ich glaube, es kommt ja auch noch hinzu, dass einem niemand beigebracht hat, wie man das in seinen eigenen vier Wänden tut, also diese Psychohygiene, ja, ist ganz lustig, ich hatte jetzt irgendwie nur eine vier Stunden Workshop-Session, wo jemand dann immer gesagt hat, wir machen mal eine biologische Pause, das fand ich ganz nett, auf guter Jesus, jeder muss mal auf Toilette gehen, eine Stange Wasser an die Ecke stellen. Aber solche Dinge halt, ne, hat man ja ganz oft gehabt, dass Leute viel mehr gearbeitet haben, als sie im Homeoffice waren. Man malt sich das immer so aus, dass die Menschen sagen, alles klar, jetzt mache ich eine Stunde hier irgendwie Gartenarbeit, dann habe ich ja noch zwei Meetings und dann arbeite ich irgendwie E-Mails nochmal ab nach dem Abendbrot. Und gefühlt war es eigentlich so, nahtlos ballerte man eigentlich durch. Das ist also charmante Ironie eigentlich, dass die Leute immer dachten, wenn die Menschen zu Hause sind, die faul und das Gegenteil war oft der Fall, ja.
Stefan Lammers: Ja, ist so. Also viele Menschen, die viel mehr in Anführungsstrichen zu Hause gearbeitet haben dann, weil sie die Möglichkeiten hatten. Also das ist auch etwas, wo sich viele Arbeitnehmer erstmal und auch Führungskräfte und Arbeitgeber, Gründer erstmal eingerufen müssen. Wo ist denn mein Stopp? Also wo sorge ich denn noch für mich? Wo finde ich denn noch statt? Weil das funktioniert mal über Jahre. Maximal sage ich jetzt mal Jahre ganz gut. Aber irgendwo ist auch die Frage, wo ich auf meine eigene Balance achten muss. Und ich glaube, was mir ein Stück weit hilft in dieser Situation jetzt gerade zwischen Hybrid und zwischen Remote und Präsenz und so weiter, ist, dass ich oft dieses für mich innerlich und das auch teilweise mit den Kunden eben teile, dieses buddhistische Prinzip der Leerheit anwende. Und das hilft vielleicht so ein bisschen zu versöhnen, sage ich jetzt mal, wenn man diese unterschiedlichen Stimmungen im Team hat.
Da gibt es ein schönes Beispiel aus einem Buch, wo es um eine Immobilie geht, die halt an einen anderen Platz kommt. Also wir ziehen um mit dem Büro. Und da sagen die einen Mitarbeiter, das ist total toll. Und die anderen Mitarbeiter sagen halt, das ist nicht gut für mich, weil ich habe keine Parkplätze mehr, ich muss länger anreisen und der andere freut sich aufs Großraumbüro, der andere nicht. Und dann sagen die, die Immobilie ist schlecht, weil. Und der andere sagt, die Immobilie ist gut, weil. Aber die Immobilie an sich ist weder gut noch schlecht. Und so sehe ich das hier auch mit Hybrid, mit Remote, mit Präsenz. Das ist nicht schlecht oder es ist gut, sondern das ist die Frage, was jeder Einzelne daraus macht. Und es ist die Frage, wie man das dann zusammen im Team miteinander vereinbart. Also wenn ich jetzt beispielsweise diesen Mitarbeiterwunsch in Anführungsstrichen zwei Tage remote und drei Tage Präsenz habe, wie kriege ich das denn untereinander? Was ist der soziale Kit zwischen uns auch? Wie schaffen wir das denn, dass wir plötzlich keine Präsenzmeetings, gemeinsamen Meetings mehr durchführen können?
Weil der eine sagt ja, ich habe remote montags, dienstags, der andere sagt dienstags, mittwochs und der dritte sagt donnerstags, freitags. Also können wir niemals zusammen im Büro zusammenkommen. Das kann nicht sein und das sind so Sachen, über die muss man sich Gedanken machen, wie man das macht, wie stellt man Erreichbarkeit vom Kunden sicher und ähnliches. Und das ist viel jetzt und das erlebe ich auch in Hybrid- und Remote-Teams, dass die, wenn die sich sehen, dass die sehr viel auf diese in der Präsenzzeit, sehr viel Zeit auch nehmen für dieses persönliche Begegnen und solche Sachen auszuhandeln.
Joel Kaczmarek: Erinnert mich an ein Lied von Kenny Rogers, The Gambler, kennst du das? Nein. Der Inhalt des Liedes ist so sinngemäß, der Sänger fährt irgendwie Zug und trifft nachts einen Pokerspieler und beide langweilen sich und fangen dann ein Gespräch an. Und dann gibt es diese Passage, wo der Gambler, der professionelle Pokerspieler halt sagt, every hand's a winner, just like every hand's a loser. Das heißt, jede Kartenhand, die du hast, ist nicht per se Gewinner oder Verlierer, sondern es kommt immer darauf an, wie du deine Karten ausspielst. Das finde ich ein ganz cooles Bild, was das trifft. Aber da sind wir ja mitten in dem Thema, was wir uns so als zweite große Themeninsel, sage ich mal, überlegt hatten, nämlich was sich eigentlich an der Zusammenarbeit verändert hat.
Stefan Lammers: Also was sich verändert hat an der Zusammenarbeit ist natürlich, dass wir eine ganz andere Kultur in den Meetings haben. Also wir haben oftmals, und ich hoffe, dass euch das bei den meisten, die hier zuhören, schon in der Zwischenzeit geändert hat, gibt es ja Dauerfeuer an Meetings. Also man ist durchgetaktet von vorne bis hinten, man hat kaum Zeit mal was zu essen oder aufs Klo zu gehen oder sonstiges. Und ich glaube, das ist einfach etwas, was sich verändert hat. Was auch dabei ist jetzt, wo die Leute Erkenntnisse haben, dass es so nicht weitergeht, dass man andere Kulturen da finden muss. Was sich verändert hat, ist sicherlich, dass wir nicht mehr so viel den persönlichen Kontakt haben. Aber auch da sind die Menschen und auch die Techniker ja immer sehr schlau. Und ich kenne jetzt in der Zwischenzeit viele, die parallelen Laptop laufen lassen neben dem PC.
Und zwei Leute sind dann miteinander verbunden oder auch mehr. Und die arbeiten an ihren Themen miteinander. Und wenn einer gerade was quatschen will, so als wenn die halt am Schreibtisch gegenüber sitzen, dann quatschen die halt miteinander. Und ansonsten reden die nicht miteinander, sondern machen ihre Arbeit. Aber dadurch ist dann wieder mehr soziale Interaktion halt möglich. Was wichtig ist in der Veränderung ist, glaube ich, das Thema, dass Reflexions- und Feedbackgespräche viel, viel öfter stattfinden. Dass man das nicht mehr einmal im Jahr macht, sondern dass man halt schaut, wo macht es jetzt Sinn? die Frequenz höher zu machen, kürzere Meetings zu machen und nicht nur auf das jährliche Mitarbeitergespräch zu warten, sondern sofort ein Instant-Feedback zu geben. Und dazu hilft ja auch unsere High-Performance-Regel, dass man sich möglichst im ganzen Team auch Feedback gibt, um voneinander zu lernen, was ist gut, was ist nicht gut. Und das macht es eben leichter, wenn man das miteinander vereinbart hat, dass man das darf. Und das haben wir ja schon in den vorigen Folgen mal erzählt darüber, wie das funktioniert.
Und das Thema Online-Führungskräfte, ich stelle das gerade ganz erstaunt fest, dass ich das Gefühl habe, es gibt gerade so eine zweite Welle von Online-Führungskräften, die merken, sie kommen nicht mehr dran vorbei. Also die sind eigentlich noch in Präsenz verhaftet gewesen. Und ich habe das ja, glaube ich, schon mal in einer Podcast-Serie zum Ausdruck gebracht, dass ich manchmal erstaunt bin, wie viele Führungskräfte aus Digitalunternehmen nicht in der Lage sind, mit Mural oder ähnlichen Tools umzugehen oder die gar nicht kennen. Und das ist total spannend, da reinzugehen und jetzt dieser zweiten Welle zu helfen, damit klarzukommen und diese Tools auch entsprechend zu nutzen. auch noch Rituale zu finden, wie ich mich wieder für mich sorge und mich entgrenze zwischen Arbeit und zwischen Privat.
Joel Kaczmarek: Du hast immer ein Arbeitsprinzip, was ich ganz interessant finde, was ich mal vertiefen möchte, es nennst du Challenge the Boss. Also wenn wir über diese veränderte Form der Zusammenarbeit reden, dann muss man sich ja auch darüber unterhalten, wie sind Führungsrollen eigentlich angelegt. Was meinst du damit?
Stefan Lammers: Guck mal, das ist bei mir so intus, dass ich das gerade gar nicht erwähnt habe. Wenn ich sage Feedback geben, dann ist das in alle Richtungen. Also dann ist das eben nicht nur, dass ich als Boss den Führungskräften Feedback gebe, sondern jetzt lass doch diese Chance einfach nutzen und zu sagen, gerade jetzt, wenn wir uns nochmal wieder neu als Team aufstellen und über Teamregeln, Umgang miteinander reden, wie können wir das denn jetzt super machen? dass wir uns auf Augenhöhe begegnen, dass wir diese Hierarchie abbauen, sondern dass es dieses Streben nach der besten Idee, nach der besten Vorgehensweise viel, viel wichtiger ist, als ob jemand Recht hat oder sowas oder von wem die Idee kommt, sondern sich wirklich als Team zu begreifen und nach der alten Regel Why, How, What vorzugehen und sich zu überlegen, was ist für uns als Team das Why, das gemeinsam zu erarbeiten und dann danach zu handeln. Und da spielt Hierarchie keine Rolle, überhaupt nicht. Und ich glaube, das ist wichtig, dass Führungskräfte das zulassen, dass sie gechallenged werden, auch in dem Team. Und es ist wichtig, dass die Arbeitnehmer diese Chance ergreifen, das dann auch mutig zu tun und das Vertrauen haben, dass das okay ist, wenn der Chef sagt, dass er das gerne möchte. Aber es ist manchmal auch ein Prozess.
Joel Kaczmarek: Und jetzt wäre es ja eigentlich charmant, wenn man schaffen würde, aus beiden Welten so die unterschiedlichen Vorteile miteinander zu verheiraten. Also Remote hat ja eigene Faktoren, aber die Präsenz auch. Wie geht es dir damit? Ist das so ein Papeto Mobile oder ist das machbar?
Stefan Lammers: Also das ist machbar und wir haben ja, also ich sage jetzt mal, beides andere ist aus meiner Sicht leichter. Also entweder nur Remote oder nur Präsenz ist erstmal per se leichter, weil die Spielregeln einfach klarer sind in dem Moment. Und wenn wir uns das jetzt angucken, beispielsweise die Unternehmen, die ja auch immer mehr werden, die fully Remote sind, die haben halt dann regelmäßig, teilweise alle zwei Monate, teilweise alle drei Monate, Meetings, wo sich alle zusammen treffen über mehrere Tage, um dann eben auch diesen sozialen Kit wieder miteinander aufzubauen.
Und ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Thema, das zu machen oder auch die Richtung festzulegen, das Why rauszuarbeiten. Oder ähnliches. Und ich glaube, das ist ganz entscheidend, das zu tun. Bei hybriden Modellen ist es natürlich eine größere Herausforderung. Also wir sehen das auch bei uns jetzt gerade. Wir haben jetzt gerade einen neuen Mitarbeiter ongeboardet, der am 1. September anfängt, der aber schon viel mit uns im Kontakt ist. Freuen wir uns total drauf. Der wohnt noch. in Hamburg und noch nicht in Düsseldorf. Wir tauschen uns viel mit dem Haus eben online. Wir haben das Recruiting online gemacht. Das funktioniert alles. Wir sind alle extrem viel hybrid unterwegs gewesen. Elisa ist jetzt gerade drei Monate, vier Monate in Urlaub mit dem Camper und arbeitet aus dem Camper für uns. Und das war früher für mich persönlich auch unvorstellbar, dass das wirklich funktioniert. Ich war da auch selber, glaube ich, eher ein Kontrolletti. Und habe gedacht, jetzt entgleitet mir alles, wenn ich das mache. Und ich kann sagen, wow, das ist so dermaßen produktiv. Es bringt auch so viel Spaß, sie dann zu sehen, wenn sie da an irgendeiner Küste gerade steht und mal eben kurz zeigt, wo sie gerade ist und so weiter und so fort. Es bringt uns hier im Team total viel Energie und sie macht eine super Arbeit von da. Also was willst du denn mehr? Also das sind doch echte Win-Win-Situationen, die wir haben. Aber es gibt eben klare Spielregeln, wann wir jemanden erreichen, sie muss mehr kommunizieren über dieses Thema, sicherlich als wenn sie hier wäre. Und das werden wir lernen müssen, dass, glaube ich, das Thema Absprache eine viel, viel höhere Bedeutung bekommt.
Joel Kaczmarek: Mich nervt ja immer so tierisch, dass wenn man Kinder hat, dass man dann mittlerweile dem Traktat der Schule unterlegen ist. Also unser eins kann ja gar nicht mehr mit Nachwuchs sowas machen. Also vielleicht tut sich da ja auch mal was, dass man sagt. Hybrides Arbeiten gibt es auch in den Schulen. Ihr könnt auch die Übung irgendwie, ne? Also das wäre so für mich der nächste wünschbare Schritt.
Stefan Lammers: Lass das Thema Schule jetzt lieber sein, sonst haken wir hier fest, weil mein Bild über Schule ist so erschüttert, dass selbst in so einer Zeit so wenig Bewegung in dieses Thema reinkommt. Ich bin ja ein großer Anhänger von einer digitalen Schule pro Bundesland. Noch mehr bin ich ein Anhänger, dass endlich der Föderalismus in der Schule aufhört, damit wir gleiche Bildung für alle haben. Und ja Punkt. Aber lass uns das Thema lieber beenden.
Joel Kaczmarek: Ja, ich habe auch die Neigung in die Tischkante zu beißen, deswegen kann ich verstehen. Aber ich fände ganz schön, wenn du trotzdem nochmal einmal so ein Stück weit vielleicht den geneigten Hörerinnen und Hörern mal die Vorteile von Remote und von Büro also gegeneinander halten kannst, weil gerade wenn du sagst, es gibt jetzt eine zweite Welle von Leuten, die ins Licht finden sozusagen, kommt ja auch eine dritte und eine vierte und vielleicht kann man da ja ein bisschen Aufklärung leisten.
Stefan Lammers: Also bei Remote hast du natürlich wirklich Vorteile, dass du für dich selbst deine Arbeitseinteilung machen kannst. Solange du nicht abhängig bist von Dritten, die auf deine Arbeit gerade warten, kannst du ja tatsächlich möglicherweise eine viel bessere Work-Life-Balancing kriegen, dass du beispielsweise in bestimmten Momenten eben Zeit für die Familie, fürs Kind hast und dafür abends eben arbeitest oder ähnliches oder am Wochenende. Und wenn du das gut für dich schaffst, ist das, glaube ich, ein Mordsvorteil, den du an dieser Ecke hast. Genauso ist das, dass du eben, wenn du ein Anhänger davon bist, Fahrzeiten einsparst. Du kannst eine bessere Deep Work möglicherweise machen, weil du dich mehr konzentrieren kannst und dich gerade keiner ablenkt in diesem Moment. Ich glaube, das sind mal alles so große Vorteile, die du hast vom Remote-Arbeiten.
Das Thema, da hatten wir eingangs oder im Vorgespräch noch mal ein bisschen drüber gesprochen, dieses Thema, du hast halt Global Hiring. Also mir ist es egal. Ich kenne Giant Swarm, hat das ja schon mal zum Prinzip gemacht vor etlicher Zeit. Die sitzen ja in Köln und haben aber nur ihre Mitarbeiter, haben kein richtiges Büro in dem Sinne. Ich weiß nicht, ob das jetzt so ist, aber haben immer die besten Leute haben wollen und haben die eben überall auf der Welt gehired. Das sind halt alles Möglichkeiten, die du sonst nicht hast oder das, was ich eben über Elisa erzählt habe mit ihrer Reise. Einfach großartig. Tolle Möglichkeiten. Büro-Vorteile sind natürlich da, dass du einfach viel mehr in der Interaktion miteinander bist, dass du sofort mitkriegst Stimmungen oder Sachen, die gemacht werden müssen, weil du siehst, dass du jemanden unterstützen kannst, weil der jetzt gerade zum Beispiel mit seiner Arbeit nicht fertig wird oder ähnliches.
Also diese Kollaboration ist viel, viel schneller oftmals herzustellen. Das Thema Meetings ist vielleicht intensiver, weil du dich siehst, du hast natürlich auch diese Sachen, die sich die Mitarbeiter gerne wünschen, also dieses Thema gemeinsames Mittagessen oder Afterwork-Events oder ähnliches, das hast du alles im Büro einfach viel, viel einfacher. Nicht, dass das eine das andere ausschließt. Ich als Führungskraft muss mir Gedanken machen, wie kann ich sozusagen diese Büro-Vorteile auch in die Remote-Welt reinbringen. Das ist die Aufgabe von Führung heute, glaube ich, an der Ecke. Und wie kann ich die Vorteile, die ich vielleicht aus Remote-Arbeit gelernt habe, in den Büroalltag einbringen. Also wie kann ich dafür sorgen, dass wieder Deep Work möglich ist oder ähnliches. Und ich glaube, da sollte man wirklich auf diese Chancen gucken, wie man diese Vorteile miteinander vereinen kann und was man daraus lernen kann.
Joel Kaczmarek: Feine Sache, feine Sache. Vielleicht können wir auch nochmal den Faktor hybrides Arbeiten etwas klarer fassen. Also ich habe gelernt, es gibt ja jetzt auch diesen neuen Begriff von Hyflex, das ist wohl so der nächste aufkommende Buzzword-Bingo-Trend, als Mischung aus Hybrid und Flexibel. Also, dass man quasi wirklich genau das versucht, was wir gerade gesagt haben, beide Welten ein Stück weit zu verheiraten. Lass uns da doch mal über hybrides Arbeiten also, was das ja ein Stück weit ist, nochmal Herausforderungen und Vorteile rauskehren.
Stefan Lammers: Also das Thema der Vorteile ist ganz klar auf der Hand. Also dass du hier diese Flexibilität hast, dass die Mitarbeiter für sich vielleicht auch entscheiden können. Das liegt immer am Unternehmen, was es für Vorgaben macht. Das ist ja sehr, sehr unterschiedlich von keiner Remote-Arbeit über eben einen Tag, zwei Tage, drei Tage und bis hin zu, das ist völlig frei. Hauptsache ihr macht eure Arbeit. Und das ist eben eine große Möglichkeit, die da ist. Was es zu beachten gibt, ist natürlich eben das, was ich vorhin schon mal angedeutet habe. Die Herausforderung ist, die Leute zum gleichen Zeitpunkt zusammenzubekommen, ohne dass jetzt sozusagen so eine Haltung entsteht, dass jemand zu Hause sagt, ich gehe nicht mehr. ins Büro und jetzt nehmen diese Leute nicht mehr an den Teammeetings teil. Ein großes Thema ist auch das Thema Karriere. Das muss eine Führungskraft wirklich auf dem Schirm haben und das ist auch im Moment zumindestens, glaube ich, noch eine Gefahr.
Wenn ich nicht sichtbar bin im Büro, wie mache ich mich in Anführungsstrichen mit meiner Leistungsfähigkeit bemerkbar? Wie kann ich auch Karriere machen? Auch welche Botschaften schicke ich, dass ich eben auch, je nachdem, wenn es erforderlich ist, in einer anderen Führungsrolle vielleicht mehr? Das sind alles so Sachen, wo man, glaube ich, mehr miteinander kommunizieren muss. Und da besteht halt so eine Gefahr, dass man die Leute, die man tagtäglich sieht und die einem nahe sind, dass man die ein Stück weit bevorzugt. Dann geht es darum, aus meiner Sicht auch Meetings anders zu gestalten, eben auch online anders zu gestalten. Man muss darauf Rücksicht nehmen. Es sitzt ein Teil gemeinsam im Büro. Es sitzt aber jeder Einzelne an seinem Laptop. Wie bin ich denn die Leute vorher und nachher ein?
Also wenn ich sonst eben in ein Meeting reingehe, dann verabreden sich die Leute meistens. Die laufen dann gemeinsam zu einem Meeting hin. Die treffen sich da, holen sich ihre Getränke, schwatzen miteinander und irgendwann geht's los. Und dann wird das ganze Thema vorgestellt und am Ende geht man gemeinsam Mittagessen oder macht Sonstiges und verarbeitet das auch wieder, was da passiert. Und es fällt weg. Und ich glaube, das ist etwas, wo wir uns wirklich dann aktiv Gedanken machen müssen. Was passiert mit den Leuten, die auch dann gleichzeitig noch im Bildschirm sitzen oder eben nicht mehr, weil sie jetzt ausgeschaltet haben und wieder arbeiten? Aber wie hole ich die Leute denn ab? Und das sind aktive Aufgaben von den Führungskräften, sich damit auseinanderzusetzen, was es da braucht.
Joel Kaczmarek: Lass uns doch genau den Punkt mal vertiefen. Arbeiten im Team. Was sind so die wichtigsten Anforderungen, die du siehst?
Stefan Lammers: Also ich glaube, dass die Anforderung Nummer eins ist, dass ihr miteinander tolerant umgeht und dass ihr nicht versucht, in irgendeiner Form alles gleich bis oben hin aufzuputschen. dass ihr hart miteinander werdet. Das ist ja so eine generelle Tendenz, die im Moment in den Medien, im Social Media und überall zu beobachten ist, dass wir unheimlich hart geworden sind alle. Und das ist natürlich auch in dieser teilweise Überforderung, die in den letzten Monaten war, jetzt so dieses Gefühl ist, jetzt reicht es aber, jetzt muss ich aber nur noch für mich sorgen und jetzt geht es nur noch um mich. Und das funktioniert im Team nicht.
Und ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiger Grundgedanke, so eine Grundhaltung, mit der man da reingehen kann, ist einfach, dass man sich die Frage stellt, was ist das Beste, was wir tun können, um unsere Arbeit erfolgreich zu machen. So als gemeinsame Metapher für uns erstmal, um nachzudenken. Und ich glaube, das ist schon mal so ein zentraler Punkt. Dann würde ich wirklich aktiv diese Zeiten schaffen für das soziale Beisammensein. Also Zeiten, wo man quatschen kann, wo man auch mal nicht über die Firma quatscht. Das kann man nicht zum Zwang machen. Da sind wir Menschen halt sehr unterschiedlich. Manche mögen über Privates reden, manche nicht. Aber dass man diesen Raum dafür gibt, dass das wieder stattfindet. Und was vielleicht ein paar nützliche Fragen dazu sind für euer nächstes Teammeeting, die ich euch mitgeben kann, sind beispielsweise, wenn wir wieder im Büro sind, was machen wir anders? Oder wenn wir hybrid sind, was machen wir anders als bisher? Wie ändert sich halt unser Miteinander? Also das ist ein wichtiger Aspekt. Wie gehen wir zukünftig miteinander um? Also was sind Grenzen? Was sind Dinge, die erlaubt sind? Worauf ist in Präsenz und in Hybrid zu achten?
Also was sind so Grundregeln? Die Golden Rules, sage ich immer, die ihr euch damit aufstellt. Und jetzt ist eins ganz, ganz wichtig. Wir haben ja oft gelernt, man macht einmal im Jahr irgendwie so ein Team-Event oder sowas. Dann legt man so Regeln fest und dann stellt man fest, dass man sich gar nicht mehr so richtig daran erinnert. Und ein Jahr später macht man wieder irgendwie ein Team-Event und stellt fest, dass man sich nicht an die Regeln gehalten hat. Und Leute, das macht das anders. Also macht das eben, beschäftigt euch damit regelmäßiger, mit kürzeren Abständen, dann entscheidet, das und das wollt ihr machen, dann probiert es eine Zeit lang aus, dann macht eine Retro drüber, scheitert, wir nennen das immer Scheiter-Heiter an der Stelle, freut euch drauf, was ihr daraus für Erkenntnisse gewinnen könnt, findet neue Ideen und schafft wieder Entscheidungen, probiert sie wieder aus und dann macht so einen Entwicklungsloop daraus. Es gibt nicht den Fahrplan. Jedes Team ist anders, andere Teilnehmer und insofern macht es zu eurem und freut euch darauf, was ganz Cooles zu entwickeln, Sehr nice.
Joel Kaczmarek: Und wenn wir jetzt mal auf die harten Inhalte gehen, also du hast ja eine Geschichte schon genannt, dieses permanente Feedback, was man einführen sollte, auch dieser Challenge-the-Boss-Faktor. Hast du noch so weitere Arbeitsprinzipien, die du für wichtig hältst?
Stefan Lammers: Also Arbeitsprinzipien würde ich sagen, ist für mich einmal so wirklich das konkrete Teamziel oder das konkrete Why nochmal zu formulieren, weil Teams nur erfolgreich sein können, wenn alle in die gleiche Richtung arbeiten. Dieses Thema kritische Rückmeldung vom Team einfordern, ist auch ganz, ganz wichtig damit. Hier ist ja eine super Chance, sage ich jetzt mal, Ownership an die Mitarbeiter abzugeben, dass man gemeinschaftlich Verantwortung übernimmt. Dazu braucht es aber auch, dass man ehrlich und kritisch miteinander umgeht. Auch da gibt es Folgen zum Thema konstruktiven Dissens schon in dem Podcast. Smartes statt hartes Arbeiten belohnen. Also es geht nicht nur immer um Output, es geht auch um Outcome. Also dieses Thema, was ist denn die Qualität, die dabei rauskommt? Überlegt euch nochmal, wo euer Fokus liegt dabei.
Dann auch schnelle Lernschleifen mit dem Kunden. Ich glaube, das ist in der jetzigen Zeit ganz, ganz wichtig, weil beim Kunden sich ja auch vielfach was verändert in den Abläufen. Passt das noch, wie ihr das macht? Gibt es da nochmal irgendwelche Dinge, die ihr anders aufsetzen müsst, aufbauen müsst? Und insofern sind kurze Lernschleifen einfach total wichtig. Permanentes Feedback hatte ich schon gesagt. Und ein ganz, ganz wichtiger Punkt, den ich nochmal rausbringen will, und das sage ich jetzt nicht nur, weil das eins unserer Kernthemen ist, wo wir unterwegs sind, Dauerfokus auf Teamentwicklung legen. Das ist kein Thema für einmal im Jahr. sondern die Geschwindigkeiten an Veränderungen werden größer, die Fluktuationen in Teams werden größer. Insofern ist es wichtig, eigentlich Teamentwicklung letztendlich ist eins der Kernthemen einer Führungskraft, eben gerade auch in dem Aspekt des Ownerships, was man stärker einführen möchte, hier eben an dem Thema immer dran zu bleiben, um eben auf der einen Seite leistungsfähig zu sein, auf der anderen Seite aber auch viel Spaß im Team generieren zu können.
Joel Kaczmarek: Kannst du mal vielleicht auch deine Best Practices teilen, was Kommunikation angeht? Weil was ja bei dir jetzt immer mitschwingt ist, dass mehr Kommunizieren wichtig ist. Man muss mehr darüber reden, wie es einem untereinander geht, mehr Feedback geben, mehr challengen, mehr die Leute abholen, wo man gerade steht und und und. Wie macht man das denn aber ganz konkret in so einer hybriden Welt?
Stefan Lammers: Also es fängt an letztendlich beim Mindset. Also mit welchem Mindset bin ich unterwegs? Das ist, glaube ich, weil das entscheidet ja darüber sozusagen, was ich am Ende kommuniziere. Und bin ich eben so eher mit einem, wir nennen das immer Fixed Mindset unterwegs, also ich gebe auf oder ich kriege irgendetwas nicht hin, das ist schwierig oder ähnliches, ich habe Versagen. Wir sind da nicht gut drin oder ähnliches. Oder gehe ich mit so einem Growth Mindset? Das ist möglich. Wie müssen wir das machen, um das hinzukriegen? Was sind eure Ideen dazu? Also eher mit offenen Fragen auch die anderen Mitarbeiter einzuholen und die Ideen zu sammeln. Und das Potenzial sozusagen von drei, vier Personen ist immer größer als von einem alleine. Also alle Studien sagen eben, Gruppendenken ist besser und Gruppenideen sammeln ist besser, als wenn das eine Einzelperson macht.
Und insofern ist, glaube ich, die Haltung erstmal das Entscheidende. Und dann gibt es eben Themen wie gutes, aktives Zuhören, die ganz, ganz entscheidend sind. Also, dass ich dem auch wirklich zuhöre, mich dafür interessiere und überlege, was heißt das für uns? Und sehr viel mit offenen Fragen arbeite, ne? in W-Fragen arbeite und nicht mit warum oder ähnliches, hast du das jetzt gemacht? oder so, sondern wie können wir das anders machen, was können wir daraus lernen, wie können wir damit umgehen. Und ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Punkt, weil dieser Mindset entscheidet halt darüber, was passiert. Und ich sehe das halt, ich habe jetzt gerade am Wochenende einen Kollegen hier gehabt und der hat mir von einem anderen Kollegen, den wir beide kennen, erzählt und der hat zu Beginn von Corona gesagt, ich mag dieses Ganze online nicht und ich halte das aus ein Jahr lang, wenn ich keinen Umsatz mache und so, dafür habe ich genug Geld. Und das hat er auch ein Jahr gut ausgehalten. Aber jetzt hat er einen Anschluss verloren. Und das darf uns nicht mehr passieren heutzutage.
Also es passieren immer wieder Neuerungen. Und es geht darum, sich darauf einzulassen und mit dem zu gehen. So wie wir das gemacht haben. Wir haben alles auf online umgestellt. Wir stellen jetzt gerade wieder jemanden für Digitalisierung von Produkten ein. Und das funktioniert super. Und insofern geht es immer darum, diesen Open Mindset zu haben, Growth Mindset zu haben und sich zu überlegen, wie kann ich das denn gestalten, was jetzt auf uns zukommt. Und habt keine Angst davor. Man scheitert heiter. Bei uns hat auch nicht alles geklappt. Hier an meinem Arbeitsplatz habe ich gerade ein ganz, ganz tolles Mikrofon. Das hat aber gerade nicht funktioniert. Dann habe ich digitale Gelassenheit und baue ein anderes Mikrofon auf und damit kann ich wieder gut arbeiten. Wir müssen uns nicht immer erschüttern lassen und umwerfen lassen, wenn etwas passiert.
Joel Kaczmarek: Das erinnert mich an eine sehr schöne Geschichte, was du gerade gesagt hast. Ich hatte vor kurzem Uli Weinberg da, den Chef der D-School. Die machen ja immer sozusagen die erste Einrichtung in Deutschland meines Wissens, die Design Thinking vermittelt hat. Und der hat mir was ganz Tolles erzählt. Wir haben so über Whiteboards gesprochen und dann habe ich ihm erzählt, ich habe jetzt ein digitales, was man drehen kann. Du kannst es horizontal beschreiben oder dann vertikal flippen, dann kannst du es wie so ein Flipchart nutzen. Dann meinte er, ja, das haben wir auch, aber vertikal benutzen wir das gar nicht. Ich sage, warum nicht? Er kommt mir nicht klar. Ich sage, weshalb? Ja, das ist dann ein I-Tool.
Und ich so, okay, was heißt das? Naja, wenn ich es vertikal benutze, ist es ein I-Tool, es dreht sich um mich. Und wenn ich es horizontal benutze, ist es ein We-Tool, dann können wir da gemeinsam drauf arbeiten. Und mir ist es irgendwann wie Schuppen von den Augen gefallen, meinte er. So hat er dann auch lustigerweise eine GmbH benannt, in der er beteiligt ist. Die ganze Welt redet immer von IQ und EQ, also Intelligenzquotient und Emotionsquotient oder emotional Intelligenz. Aber keiner sagt WeQ, die Intelligenz der Gruppe. Und das war dann sein Label. Er meint, Design Thinking ist ein WeQ-Prozess, also eine, wo es um die Teamintelligenz geht. Das passt so schön zu dem, was du gerade gesagt hast. Und am Ende des Tages ist Leben ja auch immer Veränderung. Deswegen, wer sich Veränderung sperrt, sperrt sich ja eigentlich auch dem Leben.
Stefan Lammers: Absolut. Und wer sich den anderen gegenüber zumacht und denkt, er kann mehr als die anderen, der hat schon verloren im Ende. Am Ende ist die Organisation so blöd wie der eine und nicht mehr wie die ganzen. Und es ist eben kollektives. Wissen ist einfach mehr.
Joel Kaczmarek: Guck, was hätten wir für ein besseres Schlusswort finden können. Richtig philosophisch zum Ende. Lieber Stefan, vielen Dank und ich hoffe, dass viele unserer Hörerinnen und Hörer jetzt auch gut zurück in die Zukunft finden und vielleicht uns ja auch noch belehren. Also über E-Mails, Kommentare und Co. freuen wir uns natürlich und an dich lieben herzlichen Dank.
Stefan Lammers: Sehr gerne. Freue mich aufs nächste Mal.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Leadership: Dazu spricht Joel regelmäßig mit Stefan Lammers von SLBB, der auf die Entwicklung von High Performance Teams spezialisiert ist. Du bist hier genau richtig, wenn du auch zur High Performance Führungskraft werden und erfahren willst, welche Potenziale in deiner Führung stecken. Ob für dein gesamtes Unternehmen oder für dein Team – mit diesem Podcast katapultierst du deinen Führungsstil auf ein neues Level.