Die großen Leadership-Fragen 2022 - Teil 2: Operative Führung

25. Februar 2022, mit Joel KaczmarekStefan Lammers

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek, ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und wir leiten heute die zweite Runde mit Stefan Lammers ein zu unseren Leadership-Fragen 2022. Wir haben ja vor kurzem schon eine Folge aufgenommen, wo wir eure Fragen, die wir bei LinkedIn gesammelt haben, die ich teilweise auch von Kontakten per Sprachnachricht mir eingeholt habe, beantwortet haben und heute soll Teil 2 folgen. In der ersten Folge ging es ja mehr so um das Thema Remote Work und Firmenkultur und in der zweiten heute werden wir ein bisschen operativer. Das heißt, wir reden heute zum Beispiel über Themen wie Change Management, Operations, Mitarbeiter finden und behalten oder auch ein bisschen Big Picture Elemente. Wie immer, wie gesagt, spannende Fragen raus rund des Publikums und wer könnte die besser beantworten als der liebe Stefan Lammers, ich sag mal der Business Coach mit großem DER aus dem schönen Düsseldorf. Hallo Stefan, schön, dass du da bist wieder.

Stefan Lammers: Hallo. Ich finde es ja immer spannend, dass du mich immer als der Business Coach sagst. Natürlich bin ich ja auch Business Coach und auch Berater, Transformationsbegleiter und allem möglichen. Aber es ist natürlich ein Label, was man kriegt mit den Auszeichnungen und so weiter, dass man im Coaching unterwegs ist. Wir haben hier intern gerade so diese Diskussion gehabt, Beratungsunternehmen, Coaching-Unternehmen und so weiter. Als wer werden wir eigentlich gesehen? Und dann haben wir eine spannende Diskussion über das Thema gehabt, dass sich das natürlich auch brutal wandelt gerade. Also sind diese alten Beratungsformen, die man früher gewählt hat, eigentlich noch die passenden für die heutigen Zeit? Oder gibt es da ganz andere Ansätze? Also inwieweit spielt eigentlich das Thema Führung eine immer größere Rolle und Persönlichkeit eine immer größere Rolle in den Unternehmen und muss nicht da viel, viel stärker beraten werden an dieser Ecke, um erfolgreich zu sein langfristig? Also wird es sozusagen später auch das Gespann? Wir haben das erlebt in den letzten Jahren. Früher war der CEO eher jemand, der aus dem Vertrieb kam. In der Zwischenzeit ist das sehr, sehr oft jemand, der aus dem Finanzen kommt. Der CFO kommt mit rein. Und vielleicht spielt ja auch zukünftig der CHRO, also der Personalverantwortliche, eine viel größere Rolle, als wir das im Moment auf dem Schirm haben.

Joel Kaczmarek: Ja, und ich meine, wer mich so über die Jahre verfolgt, merkt ja, dass ich immer hier und da scherzhaft einstreue, dass ja Berater für mich die unterste Kaste sind. Deswegen bist du der einzige Berater, den ich hier hochschätze. Ja. Nein, aber Spaß beiseite. Ich finde, ein Coach ist irgendwie was anderes als ein Berater. Ein Berater ist ja irgendwie jemand, der einem sagt, wie man es doch richtig machen muss. Da verbinden sich so ganz viele Sachen mit. Aber ich schweife ab. Lass uns lieber in die schönen Fragen unserer Community gehen.

Stefan Lammers: Stopp, jetzt muss ich die nochmal stoppen. Aber was wir ja hier ja machen, ist ja auch, dass wir aus den Erfahrungen etwas mit reinnehmen. Wir gehen ja nicht in den Coaching rein und haben jetzt die Fragestellungen und die Leute können uns jetzt helfen, sondern was wir ja machen ist ja, tut mir leid, dass ich das jetzt sagen muss, auch ein bisschen Beratungspodcast gerade, weil wir natürlich mit unseren Erfahrungen da reingehen, was wir erlebt haben und daraus auch viele Dinge teilen können, an denen andere Menschen sich wieder anschauen können, wie sie es machen können.

Joel Kaczmarek: Vielleicht hast du gerade die größte Ironie meines Lebens aufgedeckt, dass ich selbst einer der größten Berater dieses Landes bin hier.

Stefan Lammers: Könnte sein.

Joel Kaczmarek: Indem ich über Podcasts berate. Nein, aber ich hatte die Tage, habe ich mit meinem Freund Markus Diekmann mich unterhalten und da haben wir über eine Firma, in die wir beide zusammen investiert haben, gesprochen, Bringoo. Und da habe ich mit ihm so Beobachtungen geteilt und da meinte er, Joel, du machst den typischen Fehler, den Journalisten und Berater immer machen. Ihr kommt immer, schaut von außen auf den Status Quo und dann sagt ihr, wie es besser geht. Ich hingegen gehe hin, schaue mir an, was passiert dort, welche Talente haben die Menschen, welche Fähigkeiten und welche Assets und wo könnten sie damit hinkommen? Das heißt, ich gucke mir an, was ist da und wohin kann ich sie bringen? Deswegen, denk mal drüber nach. Und da habe ich gedacht, ja, scheiße, hat der recht, der Penner. Gut, dein Einverständnis vorausgesetzt, fangen wir jetzt aber an mit Matthias Pfeiffer, der uns, ich habe es mal unter dem Dachlabel Change Management eingeordnet, beziehungsweise ist es sogar, er fragte uns, also sein Thema 2022 in Sachen Leadership, für mich ist es Change Management und Mitarbeitendenförderung. Wie führe ich das Loslösen vom gewohnten eher klassischen Außendienstvertrieb hin zu einer viel agileren, hybriden und datengetriebeneren Vertriebsorganisation? Wenn der nicht bei dir schon mal im Coaching war, weiß ich auch nicht, ey.

Stefan Lammers: Nö, wie Zeit ist bestimmt ein ganz spannender Bereich, wobei natürlich muss ich sagen, das Thema Datengetriebenheit ist etwas, was bei uns erst auch Stück für Stück dazukommt. Aber ich komme natürlich auch ursprünglich sehr stark aus dem Vertrieb und insofern finde ich das eine super spannende Fragestellung, die hier aufgeworfen ist, weil nämlich gerade da erlebe ich es teilweise, abgesehen vom Datengetriebenen, dass dann eben andere Kontrollmechanismen da sind oder eben die Vorgaben auch erhöht werden. erlebe ich es gerade nicht im Vertrieb, dass da sehr viel anders läuft als in der Vergangenheit. Und ich glaube, da ist einfach noch viel Potenzial, gerade so in Außendienstorganisationen, einfach auch in einen ganz anderen Austausch zu kommen. Ich kenne jetzt nicht die Organisation von Matthias an dieser Ecke, aber ich glaube schon, dass es ganz spannend ist, sich anzugucken, Wie kann man auch diese Verhaltensweisen, die einem weiterhelfen, heute in den Teams, in Organisationen auf den Außendienst auszurollen und nutzbar zu machen? Also vor allen Dingen das Thema ist der frequentere Austausch. Also in vielen Außendienstorganisationen kenne ich das, dass es beispielsweise freitags einen Austausch zwischen Chef und den Außendienstmitarbeitern gibt, meistens in Einzelgesprächen und dass man dann irgendwann alle zwei oder drei Monate sich mal zu einem Vertriebsmeeting trifft oder ähnliches, was auszutauschen. Und ich glaube, dass wir heute in einer Zeit sind, wo wir viel, viel stärker in die kürzeren Frequenzen gehen sollten, um voneinander zu lernen. Und ich glaube, das ist gerade im Außendienst ein ganz spannender Punkt, wenn man es schafft, von der Haltung her davon wegzukommen, dass man nur diesen Einzelkämpferkampf betrachtet. Wie werde ich jetzt gerade erfolgreich? sondern dass man sich vielmehr auch, obwohl man natürlich eigene Ziele hat, wie man voneinander lernen kann, um besser zu werden. Im Bereich des High-Performance-Teams nennen wir das ja immer Co-Oppetition, also dieses gemeinsam im Wettbewerb zu stehen, sich aber sozial zu unterstützen. Und wir haben das mal unter anderem gemacht in einer Vertriebsorganisation einer Bank, dass wir auch dann losgegangen sind, um zu lernen. Also beispielsweise, die haben sich dann jeweils Role Models in der Bank gesucht, die besonders erfolgreich sind und haben die interviewt. Was macht die denn besonders erfolgreich? Und sind mit den Ergebnissen zurückgekommen und haben das allen anderen Kollegen auch präsentiert. Und das ist eben etwas beispielsweise, wo man anfangen kann zu lernen in der Organisation, dass wir von unseren Dingen, die funktionieren, gut teilen können und dass wir uns dabei gegenseitig unterstützen können, besser zu werden. Und wenn es daraus so einen Flow gibt und so eine Energie freigesetzt wird, etwas zu bewegen, ist das auf jeden Fall ein super spannender Ansatz, um erfolgreich zu werden oder noch erfolgreicher zu werden. Ihr seid bestimmt schon erfolgreich.

Joel Kaczmarek: Ja, ist ganz schön. Es ist ein bisschen so auf so eine Metaebene gehoben, dass man den Vertrieb nicht so abgekapselt sieht, sondern sich auch mal Gedanken macht von Ansätzen, die man auch auf andere Bereiche übertragen kann. Und ich finde, das ist ja sowieso immer so eine Schwierigkeit, wie ich Vertriebsorganisationen oder den Vertriebsteil mit dem restlichen Teil der Organisation so zusammenführe, dass die an einem Strang ziehen. Weil ich erinnere mich, früher bei Gründerszene hatten wir immer sehr viele Diskussionen mit die da drüben und wir hier. Wir machen den Content, den die da drüben verkaufen und die kriegen viel mehr Geld. Wie kann denn das sein? So eine Debatte hast du ja da und da kulturell darauf einzuwirken.

Stefan Lammers: Genau und ich glaube, was wichtig ist, nochmal bezogen auch auf dieses Thema von Change da drin, ist halt, ich muss Erfolgserlebnisse schaffen. Außendienstmitarbeiter sind immer erfolgsorientiert und sind auch orientiert, dass es ihnen am Ende was bringt. wenn sie eine Veränderung reinbringen. Insofern ist immer wieder die Frage, wie schaffe ich es, Quick Wins daraus zu ziehen? Wie schaffe ich es, darüber zu sprechen, was mir das gebracht hat, auch wenn ich eine Empfehlung von jemand anderem bekommen habe? Also wie verstehen wir uns tatsächlich so als Erfolgskommunity, in der wir uns gegenseitig befeuern, eben auch mit der Anerkennung über die Dinge, die dann gut funktioniert haben?

Joel Kaczmarek: Gut, zweite Frage kommt von Michael Werner. Der fragt, oha, da habe ich bis heute Probleme mit. Welche Bedeutung hat Geduld im Kontext Leadership? Gibt es ein richtiges Maß oder ist situative Anpassung am sinnvollsten? Konkreter könnte es durch die folgenden Ergänzungen werden. In der Mitarbeiterentwicklung, in der Entscheidungsfindung mit historisch gewachsenen Prozessen und Strukturen.

Stefan Lammers: Also ich glaube, was wir brauchen, gerade wenn wir jetzt als erstes auf die Mitarbeiterentwicklung gehen, sind halt klare Milestones und klare Entwicklungsdinge. Das heißt also beispielsweise, dass die Erwartungen klar sind, was ein Mitarbeiter denn am Ende erfüllen soll, um eben tatsächlich einen Wertbeitrag zu leisten in der Organisation. Und wenn jemand einsteigt beispielsweise oder wenn ich ein neues Team übernehme, dann werde ich immer Leute auch identifizieren, die das besser machen und Leute haben, die das nicht so gut machen. Und dann muss ich mich schon fragen, was gibt es da für einen Entwicklungshorizont? Also was kann ich mir leisten auch an der Entwicklungszeit, die ich jemandem gebe? Und wie klar habe ich eigentlich jemandem gesagt, was ich tatsächlich von ihm an dieser Stelle erwarte und was es auch möglicherweise für eine Konsequenz hat, wenn er das nicht tut? Also was ich glaube, da bin ich ein großer Fan, da sehr offen miteinander zu sprechen. Dazu wieder einen Buchtipp hatten wir schon mal irgendwann, aber ich bin ja immer so ein Lencioni-Fan, Patrick Lencioni, die fünf Versuchungen eines CEOs. Da wird dieses Thema auch nochmal angesprochen. Ich glaube, wenn wir keine Maßgaben haben, also wenn wir uns auch selbst keine Milestones gesetzt haben, dann sind wir schnell verführt, so auch auf soziale Attribute davon verführt zu werden. Das heißt, da ist jemand total nett beispielsweise und bei dem halte ich dann länger aus, bevor ich interveniere oder den nächsten Schritt einleite oder mich von ihm trenne oder was auch immer. Wohingegen bei jemandem, mit dem ich dann sozial nicht so gut verbunden bin, da reagiere ich dann früher. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig für ein gutes Team, dass man sich nicht davon verführen lässt, sozusagen seine Meinung darüber entscheiden zu lassen, ob ich mich mit dem gut verstehe und den mag oder nicht, sondern was ist tatsächlich am Ende der Wertbeitrag, der von mir gefordert wird und wie weit ist derjenige davon entfernt. Was habe ich vielleicht auch versucht, um den da hinzubringen? Hat das gefruchtet, ja oder nein? Und das ist vielleicht ein gutes Beispiel dafür. Also macht es, versucht euch wirklich Messkriterien im wahrsten Sinne des Wortes aufzubauen, wie lange ihr was aufhalten sollt. Ich erlebe grundsätzlich immer stärker, auch gerade so in den heutigen Führungsformen transformational zu führen, dass teilweise zu viel Geduld gehabt wird und dass die Mitarbeiter gar nicht wissen, was von ihnen erwartet wird und dass sie deswegen auch gar nicht richtig durchstarten.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, ich muss mir das auch mal wieder durchlesen, denn Shioni. Das Buch ist relativ schwer zu bekommen, by the way. Das ist gefühlt schon so ein halber Antiquariatsschinken, aber es ist ein schönes Buch und relativ dünn. Also kann man schnell lesen. Der zweite Block, das ist eigentlich ein bisschen so ein Gemischtblock, den ich mal aufgesetzt habe. Ich habe den jetzt mal operatives genannt, weil da sind zwei Fragen gestellt, nämlich einmal der liebe Robin Heinz und einmal Louis Hahnemann, die uns Fragen gestellt haben. Die sind, glaube ich, schon relativ spezifisch, aber auch trotzdem interessant. Und zwar Robin Heinz' erste Frage, der hat nämlich zwei gestellt, lautet Jedes Teammitglied hat bei uns zwei Führungskräfte. Einen Teamlead für die persönliche Weiterentwicklung und organisatorische Fragen als eine Art Coach und dazu einen fachlichen Head of, zum Beispiel Head of SEO, der für die fachliche Entwicklung verantwortlich ist. Gibt es Empfehlungen, wie wir das Zusammenspiel des Führungstandems optimal gestalten können, damit die Entwicklung des Mitarbeitenden bestmöglich gefördert wird und auch, dass das Zusammenspiel möglichst friktionsfrei abläuft?

Stefan Lammers: Also Grundlage ist dabei sicherlich, dass die beiden auch eine gemeinsame Haltung entwickeln, dass sie also sich fragen. Also ich sage jetzt mal beispielsweise, es gibt ein Why vom Unternehmen oder für dieses Team, dass sie sich dann beide zusammen darüber unterhalten, was ist unsere Interpretation davon? Also was ist unser Verständnis? Und bezogen auf unsere Rolle, was ist dann mein Beitrag als fachliche Führung, was ist mein Beitrag als disziplinarische Führung, wo gibt es Dinge, die ich verantworte, wo gibt es Dinge, die du verantwortest, wo gibt es Dinge, über die wir uns informieren und wo gibt es Dinge, die wir gemeinsam entscheiden. Ich glaube, dass da eine ganz hohe Frequenz auch wieder an Abstimmung sehr wichtig ist, um wirklich einen Fortschritt zu machen, weil es sonst dazu führen kann, dass es so ein Stuck State gibt, also dass es so ein Festhalten gibt in der Situation. Mitarbeiter beispielsweise, die sich nicht so weiterentwickeln wollen oder die noch nicht ihr Potenzial ausschöpfen, die schlagen sich dann auf die eine Seite. Der eine hat doch gesagt so und der andere hat doch gesagt so und dann ist das doch in Ordnung und versuchen dann so ein bisschen die beiden auch vielleicht gegeneinander auszuspielen. Und je klarer die beiden miteinander sind und auch aus einem Munde sprechen, trotz ihrer unterschiedlichen Zielrichtung, umso klarer können sie auch ihre Dinge den Mitarbeitenden gegenüber formulieren und ist es für die Mitarbeitenden in dem Moment auch viel, viel leichter, darauf zu reagieren, weil sie wissen, aha, das ist damit gemeint. Also diese Abstimmung im Vorfeld halte ich für ein super zentrales Thema. Historisch gewachsene Prozesse. dabei ist natürlich ein Thema, was mehr in das Thema Transformation oder Change Management reingeht, wo ich mich dann fragen muss halt einfach, wie schaffe ich das, sozusagen diese neue Rolle. die ja zweigeteilt ist, in dem Moment für die Menschen transparent zu machen, was das für die bedeutet. Und muss auch diesen Shift dahin, also diese Veränderung, die das ja auch erstmal mental und von den Abläufen braucht, wirklich begleiten und immer wieder auch Raum zum Thematisieren geben. Also wäre da auch wieder, ihr wisst ja, ich bin der große Freund von der Starfish Retro, dieses Thema beispielsweise zu fragen wieder, Start, Stop, Continue und zum anderen auch, was gibt mir denn in der Zusammenarbeit mit euch gerade Energie und was kostet mich Energie? Und darüber kann ich super gut wieder Schwachstellen identifizieren, auch in der Zusammenarbeit als Führungskräfte, um damit wieder zu arbeiten und wieder mich zu justieren. Also ich kriege ja im Prinzip immer von den Mitarbeitenden, wenn sie mit irgendwas nicht zurechtkommen oder das nicht schnell genug hinbekommen, eine Rückmeldung, dass ich mich als Führungskraft verändern muss und irgendwas anders versuchen muss, als ich es bisher gemacht habe.

Joel Kaczmarek: Was ist denn eine Starfish-Retrospektive und was hat dieses Start-Stop-Continue?

Stefan Lammers: Das war in unserem letzten Podcast schon mal, lieber Herr Joel. Eine Starfish-Retro ist halt eine Retro, die in fünf verschiedene Felder aufgegliedert ist. Und Start heißt, womit starten wir durch? Was sind Dinge, die wir in Angriff nehmen wollen? Was wollen wir sozusagen verändern? Continue heißt, wo Womit sind wir super zufrieden und das sollten wir auf jeden Fall beibehalten. Und Stop heißt, was sind Dinge, das können Verhaltensweisen sein, Unklarheiten oder ähnliches, die wir beseitigen sollten, womit wir aufhören sollen. Und dann gibt es die beiden Fragen nochmal, die eher weg von der Fachlichkeit wegkommen, eher in die Persönlichkeit reinkommen. Das ist dann eben einmal die Frage nach, was zieht mir denn gerade Energie in der Zusammenarbeit mit euch und was spendet mir gerade Energie in der Zusammenarbeit. Und da haben wir doch alles auf dem Tisch. um gut miteinander diskutieren zu können. und dann können sich die Führungskräfte auch wieder Reflexionen eben abholen und fragen, wie können wir das ändern bei uns, wie können wir das nutzen, um diese Mitarbeiter noch weiter nach vorne zu bringen und zu unterstützen.

Joel Kaczmarek: Gut, die zweite Frage vom lieben Robin lautet, ich bin selbst für die Führung von einem Teil der Führungskräfte verantwortlich. Was ist bei der Führung von Führungskräften zu beachten im Vergleich zu normalen Teammitgliedern?

Stefan Lammers: Auch Führungskräfte sind normale Teammitglieder. Allerdings ist natürlich, glaube ich, ganz, ganz wichtig, wie viel Erfahrung haben die Führungskräfte? Ich gehe jetzt mal einfach davon aus, dass Führungskräfte, die unter mir sitzen, in Anführungsstrichen weniger Erfahrung haben als ich selber. Und wenn ich jetzt eine gute Führungskraft bin, habe mich mit all den Themen, die wir in unserem Podcast schon angesprochen haben, auseinandergesetzt und kann die gut managen, dann ist es natürlich auch wichtig, das Bewusstsein bei den anderen dafür zu schaffen. dieses Bewusstsein dafür, wen vertrete ich gerade stärker? Also vertrete ich gerade eigentlich stärker das Unternehmen? Mit jeder Rolle, mit der ich nach oben rutsche oder mit jeder Hierarchie beispielsweise, übernehme ich vielleicht mehr Verantwortung dafür, darüber nachzudenken, was ist für das Unternehmen wichtig und nicht mehr für den einzelnen Mitarbeiter. Wo sind wir da gerade als Team? Wie sehen wir uns da gerade? Was ist da unsere Aufgabe? Das Thema, wie schaffe ich denn Wirkung als Führungskraft? Wie kann ich die Führungskraft in dem Moment unterstützen, dass sie möglichst wirkungsvoll mit den Menschen kommuniziert und möglichst viel erreicht? Wie kann ich meine Best Practices weitergeben? Wie kann ich den Führungskräften ihre Bedeutung deutlich machen, dass sie ja nicht nur noch für sich alleine zuständig sind, sondern dass ihr Handeln und ihr Vorleben Einfluss hat auf ganz viele Mitarbeiter und damit einen immer größeren Impact für das Unternehmen bekommen. Das heißt also, wie viel Zeit gebe ich denen auch, dass sie sich damit auseinandersetzen können, wie sie sich geben, wie sie die Strategie des Unternehmens und ähnliches umsetzen. Das heißt also, die Themen sind nicht nur operative Themen, die ich weitergeben sollte, wenn ich Führungskräfte führe, sondern ich sollte mich auch tatsächlich mit dem Thema Führung auseinandersetzen, wie wir Führung interpretieren, wie unser Selbstverständnis Selbstverständnis ist von unseren Werten, von unseren Zielen, die wir erreichen wollen und was sind dann Verhaltensweisen, wie wir sie gemeinschaftlich leben wollen. Beispielsweise auch ein kleiner Quick-Win an dieser Stelle. Bei Führungskräften, wenn die Meetings zusammen gehabt haben, empfehle ich immer zum Schluss zu sagen, was sind unsere zwei, drei Kernbotschaften aus dieser Sitzung, die wir nach draußen zu den Mitarbeitenden geben. Weil die Mitarbeitenden draußen in der Regel fragen, was hat denn deiner gesagt, wie das Meeting gelaufen ist? Der nächste fragt bei dir sein und dann unterhalten die sich untereinander und stellen fest, die erzählen ganz was anderes. Und das ist immer total klasse, wenn man etwas bewegen will in der Organisation, wenn alle zumindest in ihrer Sprache die gleiche Richtung sagen.

Joel Kaczmarek: Vielleicht ein kleiner Einschub zu dem Thema. Ich ertappe mich ja immer dabei, als Unternehmer sucht man sich ja immer Führungskräfte, von denen man sich auch wünscht, dass es so verkappte Unternehmer sind, was sie aber eigentlich nie sein können. Und ich habe dann so ein ganz interessantes Modell mal angetragen bekommen, diese Skill- und Will-Matrix, dass man sagt, es gibt Fähigkeiten, die jeder hat und es gibt aber auch irgendwie einen Leistungswillen, den man haben muss. So ein Kulturdenke schwingt da auch. Ist es ein sinnvolles Werkzeug? beziehungsweise wie blickst du denn darauf? Also ich ertappe mich da oft bei, ich weiß Robin hat jetzt in dem Fall mit Morphire eine Agentur in Köln, die er selber leitet. Der ist vielleicht auch in diesem Moment, dass er sich sagt, ich habe Führungskräfte, von denen ich möchte, dass sie sich wie so ein Co-Founder benehmen und das sozusagen so austariert zu kriegen.

Stefan Lammers: Ja, wir arbeiten da manchmal mit einem anderen Modell. Das hat vier Parameter, sollen, wollen, können, dürfen. Und wenn man diese Parameter geklärt hat, dann ist das oft eine sehr, sehr große Hilfe für beide Seiten. Und das ist wichtig für die Einschätzung, gerade auch in dem Bereich Ownership. Wie viel kann ich einem Mitarbeiter zumuten? Dafür ist das Können eben ganz wichtig auf dem Schirm zu haben. Das Dürfen ist wichtig für die psychologische Sicherheit. Was ist überhaupt mein Verantwortungsrahmen, in dem ich unterwegs bin? Also da mit diesen vier Fragen habe ich im Prinzip sehr viel abgedeckt, wenn ich die im Hinterkopf habe.

Joel Kaczmarek: Luis Hahnemann, der ist Investor, hat gefragt auf LinkedIn, by the way, liebe Hörerinnen und Hörer, folgt uns auch gerne dort, immer häufiger erlebe ich Zusammenarbeit zwischen MitarbeiterInnen und FreelancerInnen auf Projekten. Wie werden Freelancer-Berater, die langfristig an einem Projekt mitwirken, integriert? Ich habe es vielleicht falsch betont, die langfristig an einem Projekt mitwirken integriert.

Stefan Lammers: Ja, du merkst, ich bin gerade am Nachdenken. Warum? Weil ich gerade einen sehr spannenden Artikel über dieses Thema gelesen habe. Wie sieht denn unsere Zukunft über aus. Also werden wir denn in Zukunft überhaupt noch in diesen starren Arbeitsformen sein wie heute oder werden wir viel, viel stärker Netzwerkorganisation? Und insofern frage ich mich gerade, sind es immer nur die langfristigen Freelancer oder sind es nicht auch die kurzfristigen Freelancer, die Aufgaben übernehmen, wo wir uns genau die Gedanken machen müssen, wie wir die integrieren und wie die Teil des Ökosystems werden. Und ich glaube, Ich glaube, da wird sich einfach sehr, sehr viel verändern in Zukunft. Ich finde es eine super spannende Frage. Ich kann es dir aber am Ende noch nicht abschließend sagen. Ich glaube nur, es ist eine Aufgabe, das zu tun. Wir stellen das ja auch fest und vielleicht ist das ein bisschen vergleichbar. Das kennt ihr sicherlich auch. Wenn ihr neue Mitarbeiter einstellt und die anfangen, Die sind ja hoch ambitioniert und wollen auch ihre Erfahrungen mit reinbringen. Die wollen zeigen, dass sie was drauf haben. Das passt aber nicht immer automatisch auch zu dem, was wir gerade machen oder was die Kultur ist oder ähnliches. Das heißt, es findet ja so ein bisschen so ein Abschleifen im Laufe der Zeit statt und es findet auch gleichzeitig ein gewisses Inspirieren im Laufe der Zeit statt, wo man voneinander lernt. wo sich die Kultur des Unternehmens möglicherweise weiterentwickelt und wo auch der Mitarbeitende dann plötzlich immer mehr versteht, wie das Unternehmen eigentlich tickt. Und das ist natürlich eine Mordsaufgabe und zwar eine mordswichtige Aufgabe, diesen Prozess auch aktiv bei sowohl kurzzeitigen als auch längerfristigen Freelancern und Externen mit zu bedenken. Ticken die nach dem gleichen Standards wie wir oder nach den gleichen Wertevorstellungen wie wir? Wie schaffen wir dieses Bild mit reinzubringen? Wie schaffen wir das deutlich zu machen? Ich meine, wir machen gerade das Lieferkettengesetz. Wo sichergestellt werden muss, dass die Unternehmen auch diesen gleichen Werten unterliegen, wie wir das auch haben in diesem Moment. Dass sie keinen Missbrauch machen oder was auch immer. Wie stellen wir das denn bei den Freelancern fest? Wer überprüft das denn bei seinen Freelancern? In der Regel ist er wirklich angebunden? Was sind so seine Wertprinzipien und ähnliches? Geht er konform um mit dem Thema Gender? Was hat er sonstige Werte? Da stellen wir wenig fest. Und ich glaube, das ist ein ganz, ganz Ein spannender Punkt, mit dem wir beginnen müssen, uns auseinanderzusetzen bei uns im Unternehmen. Wir haben ja unsere Visionen klar, wir haben auch unsere Werte klar und wir nutzen diese Dinge auch in den Einstellungsgesprächen mit den Personen zu besprechen. Und es ist vielleicht ganz sinnvoll, sowas zu haben, sich klarzumachen, wer sind wir eigentlich, wie ticken wir eigentlich und dann die Fragen zu stellen, wie tickst du eigentlich, wie machen wir da das Onboarding? und auch zu sagen, was sind unsere Go's und No Go's, die wir hier bei uns in der Company haben. Und ich glaube, da sollte man investieren.

Joel Kaczmarek: Ich habe das gerade alles gebaut über ein halbes Jahr für uns. Du hast aber recht, die Freelancer vergisst man dann irgendwie immer. Man erklärt es dem internen Team, lässt es vielleicht bei einem wichtigen Kunden fallen, aber die Freelancer vergisst man in der Tat.

Stefan Lammers: Und ich glaube, weil die Freelancer aus meiner Sicht einen immer größeren Anteil in den Unternehmen übernehmen werden in der Zukunft, einfach aus demografischen Gründen, dann kommt noch dazu, dass ja oftmals Freelancer-Teams gerade eben aus anderen Ländern auch nochmal kommen mit anderen Kulturen. Umso wichtiger ist, glaube ich, die Anbindung.

Joel Kaczmarek: Nächster Themenkomplex und es gibt ein bisschen was auf die Ohren, denn ich habe, wie gesagt, Sprachnachrichten eingesammelt und die erste stammt von Andrej Bajorat. Andrej macht ja auch unseren Findcast-Podcast, hat mit Payment & Banking auch was Eigenes, Spannendes am Laufen im Bereich Content und arbeitet ansonsten bei der Deutschen Bank, derzeit als Head of Strategy Corporate Bank. Und er fragt das Folgende, wo es im Prinzip um Recruiting geht.

Speaker 2: Hallo Stefan, hallo Joel. Für eure heutige Ausgabe einfach mal eine Frage von mir, André, aus dem Fincast, den ich ja hin und wieder mit Joel aufnehmen darf. Was beschäftigt mich vor allen Dingen für 2022? Das ist natürlich eines der wichtigsten Themen, nämlich Hiring bzw. wie bekomme ich die richtigen Leute in Unternehmen? mich ganz besonders interessiert das von dem Hintergrund, dass ich halt in einem Incumbent unterwegs bin und da ist die Herausforderung natürlich a wie bekomme ich die richtigen Experten in so etwas wie eine Bank hinein, ohne möglicherweise das auch über teure teure Wege wie Headhunter machen zu können. Das ist das eine, das gelingt wahrscheinlich sogar ganz gut durch Netzwerke und dergleichen. Allerdings finde ich eine noch größere Herausforderung und vielleicht hat Stefan da ein paar gute Ideen wie wie schaffe ich es, Leute in die Bank onzuboarden, ohne dass sie sofort erdrückt werden von der Legacy und gleichzeitig trotzdem die Möglichkeit haben, mit den Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahr und Tag dort sind, vernünftig und effizient zusammenzuarbeiten. Das ist wahrscheinlich etwas, was der eine oder andere auch als Herausforderung hat, aber weniger eine Startup-Frage als vielmehr eine Unternehmer-Encumbent-Frage.

Joel Kaczmarek: Viel Spaß euch! Also lieber Stefan, du merkst, spezifischer Fall, weil halt irgendwie Konzern mit, ich glaube mit Incumbent meint er immer Unternehmen, die im Konzern geschaffen werden. Was antwortest du ihm denn auf seine Frage, dieses die richtigen Leute ins Unternehmen kriegen, ist ja was viele Leute beschäftigt gerade.

Stefan Lammers: Ja, das ist ein großes Thema. Ich glaube, bevor wir uns über die richtigen unterhalten, ist es überhaupt ein Thema, Leute zu finden. Gerade ein großes Thema, was ein immer größerer Hemmschuh wird in den Organisationen und insofern sollten wir uns auch immer wieder darüber Gedanken machen, wie können wir eben automatisieren, digitalisieren und so weiter. Natürlich ist ja in den letzten Jahren schon extrem viel investiert worden in Employer Branding und ähnliches, um dort Mitarbeiter zu gewinnen. Ich bin kein Headhunter, insofern kann ich nicht sagen, was sind gerade die erfolgreichsten Strategien an der Ecke. Wir arbeiten, wenn es eben geht, sehr viel über dieses Thema Mund-zu-Mund-Propaganda. Wir gucken auch regional. Wir haben gute Mitarbeiter schon über solche Portale wie nebenan.de aus der Nachbarschaft sozusagen gewonnen, was einfach total gut ist. Also es geht auch mal um konventionelle Wege. Wo ihr auch eine Aufmerksamkeit erzielt. Also es wird ja sehr viel gerade reingegeben oder investiert in das Thema Recruiting. LinkedIn, Xing nutzen das für sich beispielsweise ja brutal aus, aber ihr seid auch automatisch in einem brutalen Wettbewerb. Fragt euch mal, wo ihr nicht so stark im Wettbewerb steht und dann dadurch auch vielleicht eure Aufmerksamkeitsrate erhöht. Also vielleicht ist das nochmal ein Ansatz, um darüber nachzudenken, gute Leute zu kriegen, vielleicht auch regional Leute zu kriegen oder ganz überregional, weil man remote arbeiten kann. Und ich glaube, das ist ein großes Thema. Was sind meine Angebote? Sind die auch zeitgemäß, die ich da habe? Auch da habe ich gerade eine Studie gelesen. wo es um das Thema ging, dass viele Leute darüber nachdenken, ihre Arbeit zu verlassen und dass da, ich glaube, mit über 60 Prozent die Antwort war, dass es deswegen ist, weil die Firma jetzt auf einmal mehr als drei Tage Präsenz wieder haben will. Das heißt also, da wird viel an Umbruch sein. Das heißt, es gibt auch Leute, die suchen. Wenn ihr die richtigen Angebote habt, Remote-Arbeit und Ähnliches, dann habt ihr vielleicht auch die Chance, gute Leute zu gewinnen in dem Moment.

Joel Kaczmarek: Sehr schön, als nächstes folgt Claudia Freese, die ist Vorständin in dem Universum von Jonas bzw. Strato, also einer 1&1-Tochter und fragt folgendes, nämlich nach zwei Jahren Pandemie.

Stefan Lammers: Hallo Joel, hier ist Claudia

Joel Kaczmarek: Freese, ich bin die CEO von Strato und meine wichtigste Frage, die ich mir selber

Stefan Lammers: stelle als Führungsfrage für

Joel Kaczmarek: 2022, ist immer noch geprägt mit der Erfahrung, dass wir jetzt in zwei Jahren durch die Pandemie gegangen sind und Was mich am meisten umtreibt,

Stefan Lammers: ist die Frage, wie wir

Joel Kaczmarek: mit der veränderten Mitarbeiterbindung umgehen können. Also es ist ja was total anderes, wie sich Leute mit Marken und mit Unternehmen identifizieren, nachdem sie jetzt alle zwei Jahre von zu Hause gearbeitet haben oder weitestgehend von zu Hause gearbeitet haben. Wie kann man diese Bindung unterstützen und herstellen? Würde mich freuen, wenn ihr das mal diskutiert.

Stefan Lammers: Bis bald!

Joel Kaczmarek: Also Mitarbeiterbindung, ich glaube, es beschäftigt viele. Was ist da denn Input zu? Weil gerade auch vor dem Hintergrund von Remote Work, man kann überall arbeiten und so weiter, sowohl räumlich als auch organisatorisch beschäftigt es ja gerade viele.

Stefan Lammers: Unsere Mitarbeiter sagen, wir haben das beste Team-Zusammengehörigkeitsgefühl ever, obwohl wir remote sind. Da ist vielleicht mal einer am Tag hier, wenn überhaupt. Zurzeit sind wieder alle remote. Deswegen, das hat nichts damit zu tun. Also ich glaube, als erstes geht es erstmal darum, die eigenen Brücken im Kopf abzubauen. und abzureißen. Dieses Thema Präsenz ist so viel besser als online. Es geht online nicht, die Verbindung aufzubauen. Ich muss mich da wieder für Präsenz treffen. Vergesst doch mal diesen ganzen Punkt, den ganzen Quatsch, sondern überlegt euch, wie schaffe ich das denn eben online, diese Dinge nachzubilden? Wie schaffe ich das tatsächlich, in Kontakt zu kommen? Und da gehört sehr viel Empathie dazu. Da gehört dazu, dass man sich Zeit gibt, um zuzuhören und weg von den normalen Business-Fragen zu stellen, sondern sich wieder für den Menschen zu interessieren und sich die Frage zu stellen, auf was besprechen wir eigentlich normalerweise beim Rauchen in der Kaffeeküche oder wo auch immer und diese Themen dann auch wieder mit in das Tagesgeschäft reinzunehmen, wo man sich dann wirklich begegnet. Und das ist ein zentraler Punkt. Menschen wollen einfach gesehen werden für das, was sie tun. Menschen wollen merken, dass sie was auslösen auf der anderen Seite und das kann man eben remote auch. Was dazugehört aus meiner Sicht ist eben, und da bin ich wirklich nach wie vor total schockiert, wie wenige Führungskräfte in eine vernünftige Remote-Ausstattung investieren. Mit einer vernünftigen Kamera, mit vernünftigem Licht, mit einem vernünftigen Hintergrund, mit einem vernünftigen Headset und so weiter. Leute, wie wollt ihr die Leute abholen und denen ein Gefühl geben, dass ihr in 100% Präsenz mit denen gerade zusammen seid, wenn ihr da irgendwie im Gegenlicht setzt, mit einer Laptop-Kamera euch von unten aufnehmt, oben noch das flackernde Licht zu sehen ist und so weiter. Da kriegt ihr die Leute nicht. Da fühlen sich alle nur abgeturnt in dem Moment. Das gibt doch keine Verbindung. Investiert! Also wir haben das gerade aufbereitet hier. Eine Ausstattung, wo du gut mitfährst, die kostet keine 500 Euro. Ihr seid Führungskräfte, ihr verdient gut. Wenn eure Firma euch das nicht bezahlt, kauft euch den Kram und setzt ihn von der Steuer ab. Aber macht es vernünftig. Ihr macht euch einfach selber das Leben so viel brutal einfacher. Und ihr könnt dadurch eben auch viel näher für die Leute sein. Und dann nutzt das Mikro nicht so viel, um von euch zu reden, sondern nutzt den Kopfhörer dazu, viel zuzuhören und gute Fragen zu stellen in dem Moment, um tatsächlich in den Kontakt zu kommen. Nutzt aber das Mikro für die Kleinigkeiten, wo ihr dem anderen Wertschätzung schätzen könnt, wo der eine wirklich was Gutes gemacht hat, wo ihr wieder Bilder schafft. Sprecht darüber auch in den Teammeetings, dass ihr gesehen habt, dass die Katja gerade das eine Chart produziert hat, wo das und das drauf war und dich das total begeistert hat in diesem Moment. Also such dir was ganz Exaktes raus, wo du Wertschätzung machen kannst. Ich glaube, dass diese Dinge einfach bei den Menschen ankommen. Und zu guter Letzt immer wieder mein Aufruf, Energie erzeugt Energie. Mitarbeitende haben nicht die Aufgabe, euch in Energie zu versetzen, sondern es ist eure Aufgabe, die Mitarbeitenden in Energie zu versetzen. Das für seid ihr Führungskräfte. Insofern geht da gut Energie geladen in Meetings rein, aber überpastet es nicht. Und wenn ihr feststellt, dass die Stimmung gerade ganz mies ist, dann guckt, wo ihr sie erstmal abholt, um sie dann am Ende auch wieder mit Energie aus einem Meeting rauszulassen.

Joel Kaczmarek: Hast du noch so ein paar Tipps für, ich sag mal, institutionelle Kulturbildungsmaßnahmen? Also man liest ja ganz viel, wir hatten es in der letzten Folge auch schon mal gar nicht so wenig angerissen, würde ich behaupten, über die Yoga-Session, über Remote oder die digitale Kaffeeküche. Hast du für dich so zwei, drei Elemente ausgemacht, wo du sagst, kulturelle Mitarbeiterbindung auf Distanz funktioniert gut, wenn

Stefan Lammers: Wenn du tatsächlich dir die Zeit nimmst und der andere merkt, ich bin gerade zu 100 Prozent bei dem. Also ich sehe jetzt nicht die ganzen Dinge, wo man sich gemeinsam vereinbart als die Key-Treiber. Ich glaube, die Key-Treiber sind, dass man die Mitarbeitenden untereinander ins Gespräch bringt. Und wir haben ja beispielsweise ein Programm, das nennt sich Explorer Months. wo wir mit den Mitarbeitenden arbeiten und parallel dazu mit den Führungskräften und wo wir auch einen Rahmen eröffnen, in dem die Mitarbeitenden auch über ihre Probleme, ihre Herausforderungen sprechen können. Diese organisieren wir in der Regel in gemischten Teams, also dass die nicht in ihren einzelnen in eigenen Teams bleiben, aber innerhalb des Unternehmens. Und das sind manchmal echt so Rule-Brecher, wo man merkt einfach, da werden Ressentiments fallen gelassen. Da entsteht auf einmal wieder Energie aus einer Notlage. Also da ist eine Notlage beispielsweise, hat keiner mehr Energie. Aber dadurch, dass er die Dinge ansprechen kann, dass sie ernst genommen werden, dass sie einen Raum bekommen, entsteht plötzlich wieder Hoffnung und neue Energie. Und das bringen wir dann am Ende immer mit den Führungskräften auch zusammen. Und das sind schöne Momente, wo etwas Neues Neues entstehen kann und die dafür sorgen, dann bin ich wieder bei diesem Punkt, Bilder schaffen, die Bilder bei den Leuten schaffen, sie sind ernst genommen worden, ihre Anliegen sind ernst genommen worden, sie durften auch über das reden, was gerade nicht gut läuft und das tut ihnen unsäglich gut und schafft Verbindung. Und wir begleiten da übrigens sehr gerne bei, wenn ihr Fragen habt, meldet euch.

Joel Kaczmarek: Unser letzter Fragegeber, ein, würde ich mal sagen, Business-VIP, ist der liebe Christoph Werner, ein sehr geschätzter Kontakt von mir, der CEO von dm. Da muss ich kurz das Lexikon rausholen, der fragt nämlich folgendes. Hallo, hier ist Christoph Werner von dm-togariemarkt.

Stefan Lammers: Ich würde gerne folgende Frage einbringen in euren Podcast. Welche Voraussetzungen bedarf es, damit in Organisationen Ambiguitätskompetenz sich entwickeln kann? Habt ihr Erfahrung damit? Was sind eure Gedanken dazu? Ich bin gespannt auf eure Reflektionen.

Joel Kaczmarek: Tschüss. Also Stefan, Ambiguitätskompetenz. Du hast mir, das kann man ja mal als interessanten Punkt erzählen, wir wollten das eigentlich in der letzten Folge, hatten wir erst überlegt, ob wir beide Dinge zusammen aufnehmen, da hast du gesagt, nein, zu dem Thema will ich mich genauer vorbereiten, da steckt mehr drin. Jetzt bin ich aber neugierig, was da noch alles drinsteckt.

Stefan Lammers: Ich glaube, Ambiguitätskompetenz ist eines der entscheidenden Punkte in der heutigen Zeit für Führungskräfte.

Joel Kaczmarek: Erklär mal, was es ist vielleicht.

Stefan Lammers: fragt aber nicht mehr, wie es gemacht werden soll. Und jetzt steht da der Bereichsleiter und weiß, er muss jetzt irgendwie eine Entscheidung treffen, weiß aber auch, wenn er die falsche Entscheidung trifft, dann kriegt er hinterher eine drauf möglicherweise. Kann sich aber nicht darauf warten, sich zu versichern, was ist denn jetzt eigentlich das Richtige. Also der steckt jetzt zwischen verschiedenen Möglichkeiten, für die er sich in diesem Moment entscheiden kann. Der sitzt dann andauernd immer bei dem Vorstand auf dem Schoß, um ihn zu fragen und der Vorstand sagt, nee, ist doch dein Job zu machen. Und jetzt steckt er zwischen den Stühlen, um damit umzugehen. Heute ist beispielsweise das Thema Ambiguität nochmal so in den Vordergrund gerückt, auch durch die Digitalisierung, weil wir auf der einen Seite traditionelle Prozesse haben und dafür sorgen müssen, dass die laufen, weil wir ja den Umsatz brauchen, um ein Unternehmen nach vorne zu bringen. Und auf der anderen Seite ist es so, dass wir das Neue einführen wollen. Jetzt habe ich aber die gleichen Mitarbeiter. Ich habe ja jetzt nicht plötzlich doppelt so viele Mitarbeiter, die einen, die jetzt das Neue einführen und die alten, die noch die alten Prozesse aufrechterhalten. oft Widersprüche und Herausforderungen für die Führungskräfte, um damit umzugehen. Und die Grundlage, um damit umzugehen, ist erstmal überhaupt die Fähigkeit, dass man versucht, so eine Realität, die da ist, nicht so verzerrt wahrzunehmen. Also man sollte gucken, dass man versucht, Fakten zu sammeln und auch Emotionen zu sammeln und sich zu überlegen, was lösen denn bestimmte Entscheidungen in diesem Moment aus. Man ist also als Führungskraft heute immer wieder in diesen Situationen, dass man nicht hundertprozentig entscheiden kann, das ist der sichere und der richtige Weg. Und da geht es eben darum, in der Lage zu sein, trotz dieser Unsicherheiten und teils widersprüchlichen Informationen für sich klare Entscheidungen zu treffen, um eben voranzugehen. Weil wenn ich als Führungskraft keine klare Entscheidung treffe, dann ist ja meine ganze Organisation in Unruhe, die hat ja auch keine klare Entscheidung. Und wenn Unsicherheit und Unruhe in der Organisation da ist, ist es eben so, dass die Organisation in der Regel eher in den Stillstand geht, weil sie eben nicht dafür bezahlt wird, dass sie dann aushalten muss, dass sie dann möglicherweise auch einen Schlag in den Nacken kriegt, wenn sie die falschen Entscheidungen getroffen hat. Also werden die Mitarbeiter eher abwartend sein und nicht in Aktion treten, bis sie dir eine klare Vorgabe geben. Und deswegen ist für Ambiguität, um die in einem Unternehmen gut leben zu können und mutig zu sein, um entscheidungsfähig zu sein und Entscheidungen schnell treffen zu können, ist eben gleichzeitig aus meiner Sicht das Einführen einer guten Fehlerkultur einfach auch ganz wichtig. Das heißt, dass ich eben nicht abstrafe, dass da jemand mutig war und schnell entschieden hat und sich für eine Richtung entschieden hat und nicht nach dem Schuldigen suche in dem Moment, sondern dass ich, wenn derjenige seine Entscheidung vorbereitet hat, also gute Gründe dafür hatte, diesen Weg zu gehen, das als Lernaufgabe, also als Lernunternehmen, mich mehr betrachte. bis ich es als Lernaufgabe sehe und sage, ah, okay, ich habe jetzt gerade das festgestellt, hat nicht funktioniert, was sind meine Erkenntnisse daraus? Was ist sozusagen die nächste Entscheidung, die ich in diesem Moment daraus treffe? Und was wichtig ist, ist eben, dass ich dann nicht in vorschnelle Deutungen gehe, sondern dass ich halt ausgewogen reagiere und nicht zu stark emotional in diesem Moment reagiere, weil ich enttäuscht bin, dass ich es nicht geschafft habe, dass es falsch war, weil ich Angst habe oder ähnliche Geschichten, sondern dass ich das versuche, immer wieder auf eine sachlichere Ebene zu bringen und dann eben eine ausgewogene Entscheidung zu treffen. Mir ist da immer ein Punkt aus einem großen Change-Projekt im Hintergrund, wo wir an der Stelle standen, dass ein Vorstand eben die eine Hälfte gesagt hat, wir sollten diesen Weg gehen und die andere Hälfte hat gesagt, wir sollten diesen Weg gehen. Und beide Seiten hatten am Ende die Möglichkeit, für großen Schaden zu sorgen. Also wir hätten den einen Weg gehen können, dann hätten wir das Projekt einstellen können, wir hätten den anderen Weg gehen können, dann wären die Mitarbeiter total frustriert gewesen und die Führungskräfte total frustriert gewesen. Und wir haben es aufgelöst, indem wir keine Entscheidungen Entscheidung getroffen haben, sondern indem wir mit der Organisation diskutiert haben, dass es beide Sichten darauf gibt, indem man gesagt hat, das wäre die Konsequenz gewesen bei dem einen, das wäre die Konsequenz gewesen bei dem anderen. Und wir müssen uns Gedanken machen in Zukunft, wenn wir Entscheidungen treffen, dass solche Konsequenzen daraus entstehen können. Also müssen wir uns im Vorfeld schon darüber Gedanken machen, wie wir uns in diesem Moment verhalten. Und das hat ganz viel in der Organisation ausgewirkt und Mut gemacht. Weil die gemerkt haben, es geht nicht mehr darum, dabei gerade einen Schuldigen zu finden, wenn etwas falsch gelaufen ist, aus welcher Sicht auch immer in dem Moment, sondern dass es darum geht, Verständnis zu schaffen und daraus zu lernen, wie wir in Zukunft besser damit umgehen können, damit wir erst gar nicht in so eine Situation, dass wir so eine Hopp- oder Top-Entscheidung treffen müssen, kommen. Und das ist eine Kompetenz, die ganz wichtig ist, in der Organisation zu lernen, weil wir immer wieder in unsicheren Fahrwassern sind. Je höher Geschwindigkeiten für Entscheidungen sind in Unternehmen, umso höher sind die Unsicherheiten. Und das ist eine wichtige Kompetenz für Führungskräfte, das zu lernen, auch am Ende für Mitarbeitende, weil die ja auch immer mehr in die Selbstverantwortung gehen.

Joel Kaczmarek: Es ist so lustig, es sieht von außen so einfach aus, zu sagen, alles klar, wenn ich unter unsicheren Begebenheiten oder auch wechselnden Begebenheiten Entscheidungen treffen muss, muss ich auf der einen Seite die Leitplanken definieren und auf der anderen Seite eine Fehlerkultur etablieren, dass man sagt, wenn ich unter Ungenauigkeit eine falsche Entscheidung treffe, sollte ich sie nicht auch bestrafen. Ist lustig, weil es wirkt von außen so einfach und manchmal sieht man ja auch den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Stefan Lammers: Und da sprichst du einen ganz, ganz wichtigen Punkt an. Da sind wir wieder beim Eingang sozusagen, wo du gesagt hast, der führende Coach oder was auch immer alles Mögliche. Wenn wir so etwas in der Organisation haben, wenn mir so etwas passiert und ich bin sozusagen Beteiligter in diesem Prozess und ich kenne ja alle möglichen Sachen, ich habe ja viele Ausbildungen und so weiter, da komme ich auch nicht sofort dahin, dass ich dann auf der Metaebene bin und das immer alles ausgleichen kann. Aber ich kenne genug Leute hier logischerweise in unserem Business als Coaches und so weiter, die ich dann ansprechen kann. Oder ich hole mir eben auch einen Coach dazu. Ich gehe mit meiner Frau auch einmal im Jahr zwei, drei Tage zu einem Coach und reflektiere diese Themen, die da sind. Und ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Von außen hat man da eine andere Perspektive und kann da anders moderierend eingreifen und Fragen stellen, als wenn man selber möglicherweise schon stark verstrickt ist und in diese Fallen reinläuft und da nicht mehr rauskommt und nicht mehr gut frei entscheiden kann. Deswegen haben wir auch wirklich so gute Rückmeldungen bei den ganzen Führungsteams und Gründerteams, die wir begleiten, meist einmal im Monat oder sowas, wo solche Themen dann auch auf den Tisch kommen und man darüber diskutieren kann mit jemandem, der von außen kommt. Und ich sage nicht, was ist richtig oder was ist falsch. Ich sage möglicherweise meine Meinung dazu und das polarisiert und regt dazu an, nochmal anders darüber zu diskutieren. Und das ist spannend. Also dieses Thema Info von außen holen ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt dabei, um eine Lösung zu finden oder kann ein wichtiger Punkt sein.

Joel Kaczmarek: Ich grübel manchmal, was deine zentrale Coaching-Kompetenz ist und ich glaube, da ist viel Realness bei, so Sachen zu sagen, ohne Rücksicht auf Status oder Rolle, knallhart zu sagen, wie du Sachen empfindest, wie es riecht und schmeckt mit einer Deutlichkeit, die dann, glaube ich, durch den Impuls, selbst wenn, es kann ja inhaltlich falsch sein, was du sagst, aber das drüber nachdenken befördert irgendwas in irgendeine Richtung.

Stefan Lammers: Absolut. Und Ambiguitonstoleranz gehört bei mir auch sicherlich dazu, weil ja teilweise auch in solchen Meetings Themen angesprochen werden, wo ich ja vielleicht auch persönlich eine Meinung zu habe. Aber die interessiert da nicht, sondern es interessiert ja, dass die Teilnehmenden für sich die beste Lösung finden am Ende. Das ist, glaube ich, eine Kompetenz, die da in diesem Moment ganz wichtig ist, sich von sich selbst auch frei zu machen.

Joel Kaczmarek: Gut, dann enden wir mit einem Gruß ins schöne Karlsruhe zu den Freunden von DM. Du hast aber noch was, höre ich hier.   Stefan Lammers: Bin ich gerade drauf gestoßen worden, auch von einem Kunden, die da ihr System noch aufbauen. Ein Buchtipp nochmal, weil wir hatten ja vorhin das Thema mit Vertrieb und auch nochmal mit dem Thema der Datengetriebenheit. Ist auch, glaube ich, gerade so ein Amazon One Bestseller. Das ist das Buch “Levers”. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt. L-E-V-E-R-S von Amos Schwartzfarb und Trevor Boehm. Vielleicht ist das für den einen oder anderen, der sich so mit Skalierung und Daten auseinandersetzt, ein ganz spannendes Buch.

Joel Kaczmarek: Ich kenne eigentlich fast alle aktuellen, so durch die Decke gehenden Business-Bücher. Das kenne ich noch nicht, da werde ich ja selber mal gucken hier. Guck, schon wieder gut mit dir zusammengesessen zu haben.

Stefan Lammers: Ja, siehst du mal.

Joel Kaczmarek: Schön, Stefan. Hey, danke dir und bis zum nächsten Mal.

Stefan Lammers: Bis zum nächsten Mal.

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