Reality Check HR: Wie kündige ich (vielen) Mitarbeitenden richtig?

18. April 2024, mit Joel KaczmarekFlorian KlagesKálmán Györy

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute habe ich wieder meine beiden HR-Granden schlechthin an der Seite, und zwar den lieben Florian Klages und den guten Kalman Györy. Kalman ist Team Lead Talent Acquisition bei Personio, das kann ich mittlerweile nachts um 5 sagen. und der liebe Florian hat eine feine Boutique-Beratung namens torq.partners gegründet, wo er in Sachen HR berät und wir kommen ja immer zusammen und reden fleißig über HR. Und dann kam der Florian auf mich zu und hat gesagt, ey Joel, das geht so nicht weiter. Die Theorie ist jetzt zu großen Teilen abgefrühstückt. Wir müssen doch vor allem mal mehr in die Praxis. Da habe ich gedacht, jo, hat er recht. Kalman war auch gleich begeistert. Und dann haben wir folgendes gemacht, haben die liebe Aimie angerufen. Nee, eigentlich habe ich sie angeschrieben und angerufen. Aimee ist nämlich die Gründerin eines großartigen Startups, war ja bei mir auch schon im Podcast. Aimie-Sarah Carstensen, nämlich von ArtNight. Und ich habe Aimie gefragt, ob sie nicht mal Lust hat, dass wir mal das ganze HR-Game an ihrer Company durchdeklinieren. Da hat sie sofort Juhu geschrieben und weil sie nicht schnell genug auf den Bäumen war, ist sie heute hier. Und ich freue mich total, dass wir heute mal einen Praxis-Deep-Dive machen. Und in diesem Sinne, moin moin ihr drei.

Aimie-Sarah Carstensen: Moin, ich freue mich drauf.

Joel Kaczmarek: Hallo Florian.

Florian Klages: Moin moin.

Joel Kaczmarek: Hallo Kalman, ihr dürft auch Hallo sagen.

Kalman Györy: Hallo, hallo.

Florian Klages: Wir haben es versucht und wir haben es verfehlt.

Joel Kaczmarek: Aimie, wie geht es dir denn in Sachen HR? Also wir nennen es immer The Art of HR. Ist es für dich auch The Art of oder ist es mehr The Pain of?

Aimie-Sarah Carstensen: Nee, es ist definitiv auch The Art of, aber mit vielen painful learnings aus der Vergangenheit. Wenn man so einige Fehler macht, aber glücklicherweise daraus lernt, kann es dann wieder zu The Art of werden.

Joel Kaczmarek: Wir können uns ja hier so gegenseitig das Zepter der Fragen einfach in die Hand reichen, die anderen beiden. Aber wir können ja mal so ganz basic beginnen. Welche Rolle nimmt denn HR so für dich ein? Also so aus Gründerinnen-Sicht, was ist es irgendwie für dich, was sich damit verbindet? Welche Rolle spielt das bei dir und was sind vielleicht auch so die größten Prioritäten, die du da hast?

Aimie-Sarah Carstensen: Also mein grundsätzliches Ziel ist es ja auch, bei ArtNight ein nachhaltiges und erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Und das geht nur mit einem High-Performance-Team. Und deswegen ist HR immer relevant, immer wichtig, denn ich kann kein Unternehmen aufbauen, außer vielleicht bin ich in einem speziellen Bereich unterwegs. wo ich keine Leute brauche. Und deswegen ist es immer zentral, immer wichtig. Und ich habe da in der Vergangenheit unterschiedlichste Dinge ausprobiert, unterschiedlichste Erfahrungen gemacht und vieles gelernt. So würde ich es vielleicht mal zusammenfassen. Was man macht, was man vielleicht aber auch nicht macht.

Joel Kaczmarek: Was ist denn eigentlich so deine Company-Größe und was für Leute suchst du denn so? Weil vielleicht nimmst du uns auch mal mit an die Hand, was du eigentlich für eine Firma baust, wer jetzt irgendwie den One-on-One-Podcast mit dir noch nicht gehört hat. Was ist ArtNight? Was für Leute habt ihr? Wie viele?

Aimie-Sarah Carstensen: Genau, also ArtNight ist eine Create-It-Yourself-Plattform. Wir machen ganz stumpf gesagt Malkurse in Bars, Restaurants und Cafés. Wir veranstalten zwischen 1.000 und 2.000 Events im Monat. Also haben da relativ viele Menschen jeden Monat, die malen mit uns. Machen das primär für Erwachsene, aber seit letztem Herbst auch für Kinder. Das heißt, bei einer ArtNight kann man einfach sich mal wieder mit seiner Kreativität verbinden, wird angeleitet von lokalen Künstlern und nimmt am Ende eines schönen Abends oder Nachmittags sein eigenes Kunstwerk mit nach Hause. Also das vielleicht kurz zur ArtNight. Wir haben das Unternehmen Ende 2016 gegründet, sind also siebeneinhalb Jahre alt und wir haben gebootstrapped gestartet. Bedeutet, wir haben wirklich ein paar tausend Euro investiert, das Unternehmen erstmal profitabel wachsen lassen. Dann sind wir so in einen richtigen Hyper-Growth-Mode reingegangen, wie das so damals auch war in der Startup-Szene und sind auch vom Unternehmen her auf über 100 Mitarbeiter gewachsen. Dann kam Corona. Das war für uns so ein richtiger Schlag in die Magengrube, würde ich mal sagen. Und ich habe mich dann damals dafür entschieden, strategisch wieder einen ganz anderen Weg einzuschlagen. Und zwar wegzugehen vom Hypergrowth, wieder hinzugehen zum nachhaltigen, profitablen Wachstum. Und heute, um das mal in den Kontext zu setzen, sind wir noch 25 Mitarbeiterinnen bei mir im Team. Wir arbeiten aber mit über 300 KünstlerInnen zusammen. Die Zahl verändert sich immer mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger. Aber was so eines der krassesten Veränderungen war eigentlich die letzten Jahre, war, dass wir eben von einem Unternehmen mit über 100 Mitarbeitern, Hypergrowth, das Ganze wieder ein Stück weit zurückskaliert haben auf ein relativ kleines, kompaktes Team von 25 Personen.

Joel Kaczmarek: Und mich beschäftigt ja als Unternehmer dann immer die Frage, gerade wenn du Bootstraps am Anfang, wie hast du die richtigen Leute gefunden und die auch inzentiviert? Weil der Kack ist ja, wenn man so dem Florian Heinemann immer lauscht, dann weiß man ja, okay, alle Zeichen müssen auf Sturm stehen, du brauchst eigentlich überall das Beste. Die beste Software, die besten Leute, das beste Geschäftsmodell etc. etc. etc. So und das Blöde bei den besten Leuten ist nur Die kosten A, ziemlich viel Geld und B, brauchen die in der Regel eine ziemlich geile Vision. Also es sollte in der Regel schon ein bisschen was da sein, dass sie verstehen, wo es hingeht, so dieses Momentum. Und gerade wenn man bootstrappt, hat man ja eigentlich nichts von beidem. Also weder viel Cash, noch kann man schon zeigen, was man da eigentlich macht. Wie hast du das denn gelöst?

Aimie-Sarah Carstensen: Ich glaube, das ist heute wirklich eine andere Situation als noch vor siebeneinhalb Jahren. Also vor siebeneinhalb Jahren Da war auch so die Startup-Szene, ich sag mal, am Aufblühen und am Präsenter werden und aktiv werden. Und da war es viel leichter, damals noch sehr, sehr gute Talente zu finden, zu sagen, wisst ihr was, wir zahlen uns alle hier ein Gehalt von 2,5 brutto. Habe ich auch sehr viele Jahre irgendwie gemacht. Und kriegst dann ein gutes Share-Package. Heute findet man, glaube ich, selbst wenn man ein Bootstrap, ein Unternehmen aufbaut, wirklich sehr gute Talente, nicht mehr für 2,5 brutto im Monat. sondern da muss man deutlich mehr irgendwie auf den Tisch legen. Das heißt, der Markt hat sich meines Erachtens da sehr stark verändert. Die Einstellung auch, was Startups und Co. betrifft, auch. Und deswegen würde ich da so einen kleinen Unterschied machen. Wie haben wir es damals gemacht? Ich bin wirklich immer im Netzwerk hausieren gegangen mit der Vision, die wir haben, mit den Wins, die wir damals schon irgendwie erreicht hatten, mit dem, was wir noch vorhatten und habe einfach mit unfassbar vielen Leuten immer gesprochen, genetzwerkt und darüber haben wir dann sehr gute Leute auch fürs Team gefunden. Und auf der anderen Seite haben wir aber auch unser Team damals am Anfang gestraft mit Praktis, die irgendwie Pflichtpraktika gemacht haben, die man nicht wirklich bezahlen musste oder auch Werkstudenten. Und auch das würde heute, glaube ich, anders funktionieren. Weil zum Beispiel, ich suche jetzt selber schon einen Praktikant oder eine Praktikantin seit einem halben Jahr. Ich finde kaum mehr jemand und selbst mit gutem Gehalt. Das heißt, auch da hat sich der Markt, glaube ich, einfach gewandelt, was das Ganze ein bisschen schwieriger macht.

Joel Kaczmarek: Kalman sucht, glaube ich, noch eine kreative Beschäftigung. Vielleicht könnt ihr das ja verbinden.

Aimie-Sarah Carstensen: Magst du ein Praktikum bei mir machen?

Kalman Györy: Ich würde mich freuen. Vielleicht als Nebenberuflicher muss ich hier Teilselbstständigkeit anmelden. Ich habe tatsächlich, witziger Funfact, ich habe ja 2019 bei Personio angefangen. Und noch bevor ich angefangen habe, wurde ich ja netterweise schon zu unserem Team, was war das, so ein Team-Event eingeladen. Und guess what it was?

Aimie-Sarah Carstensen: Eine Art Night.

Kalman Györy: Es war eine Art Night. Ich habe auch immer Fotos davon gemacht. Kann man vielleicht einspielen. Ich weiß nicht, ob das hier video-recorded wird, aber es gibt noch Beweisfotos davon.

Aimie-Sarah Carstensen: Hast du das gemacht?

Kalman Györy: Ja, ich habe aber festgestellt, ich bin nicht besonders talentiert. Also weiß ich auch nicht, ob ich als Praktiker

Aimie-Sarah Carstensen: Du musst da einfach dranbleiben und einfach noch mehr probieren. Noch mehr Art Night.

Kalman Györy: Das müssen wir vielleicht mal wieder machen. Wir haben ja länger keine Art Night hier mehr gebucht. Also vielleicht eine Idee für später. Ich fand das tatsächlich super spannend, was du gerade ein bisschen erzählt hast. Und ich hätte tatsächlich eine kurze Frage auch dazu. Weil wir natürlich, glaube ich, alle, und das spreche ich auch für dich, Florian, durch die Corona-Krise natürlich durchgehen mussten. Und ihr habt auch bei uns, bei Personio, damals waren wir ja auch noch eine vergleichsweise kleine Firma, natürlich auch ordentlich einen Sturm verursacht, würde ich sagen. In unserem Fall war es ein bisschen positiver, weil wir halt natürlich eine digitale Personallösung anbieten, die in so einem Fall sich als sehr hilfreich herausstellt. Ich würde mich aber total interessieren, gerade weil ihr dann runterskalieren musstet, wie hat sich quasi die Priorität in eurer HR-Abteilung damals geändert, weil wir ja absolut von einem Hoch in eine totale Krise damals gerutscht sind.

Aimie-Sarah Carstensen: Also ich muss dazu nochmal ein bisschen ausholen, um besser zu erklären, wie die Organisation damals aufgestellt war. Also wie gerade gesagt, wir waren im totalen Hyper-Growth-Modus. Wir sind innerhalb von einem halben Jahr, haben wir glaube ich 60 Leute eingestellt, sind irgendwie von einem Land in fünf Länder expandiert, haben nochmal drei weitere Brands gelauncht. Also da war so richtig viel los. Und wenn ich jetzt heute zurückblicke und das sehe ich auch sehr kritisch bei anderen Unternehmen, ist dieses superschnelle Hiring, wenn irgendwie jeden Monat x Leute im Unternehmen neu anfangen. Und das bedeutet auch rückblickend für uns, dass die Organisation viel zu schnell gewachsen ist. Sprich, nicht jeder Mitarbeiter hatte klare Aufgaben und Ziele. Die Folge davon war, so einige wussten überhaupt nicht, welchen Purpose eigentlich ihr tägliches Tun hatte. Es wurde an super vielen Projekten gearbeitet, die de facto nichts mit dem Unternehmenswachstum irgendwie dann am Ende zu tun hatten. Und zunehmend kamen noch unzählige Meetings mit dazu, wo alles abgestimmt werden musste, wo Politik immer mehr an Relevanz gewonnen hat, anstatt klare Ergebnisse zu erzielen. Das war das eine. Das andere war, wenn man so schnell so krass hiret, Ist auch das, was ich beobachtet habe bei vielen Unternehmen und auch bei uns, du hast viel zu viel Management und viel zu wenig Execution. Das heißt, wir hatten unfassbar viele Personen im Mittelmanagement, weil es damals dann auch noch so war, dass, weißt du, jeder, der sich irgendwie weiterentwickeln wollte, hat irgendwie nach dem Studium angefangen, wollte nach einem Jahr Teamlead werden und nach dem Jahr irgendwie… Ein Head-Off. Und das sind wir dann eine Zeit lang irgendwie immer wieder mitgegangen. Was dann dazu geführt hat, dass wir eine extrem große Base hatten an Mittelmanagement. Das hat dann wieder zu dysfunktionalen Teams geführt, super hohe Overhead-Kosten und zu wenig Output. Und so war damals die Situation. Das heißt, wir hatten sehr, sehr viele Leute, die haben auch alle Gas gegeben ohne Ende und sind wirklich jeden Tag gesprintet, nur einfach in ganz unterschiedliche Richtungen, weil wir das nicht richtig ja, ich sag mal, gemanagt haben. Und auch hier stinkt der Fisch immer vom Kopf, bin ich immer der Meinung. Das heißt, auch ich muss das mir total ankreiden, dass ich das einfach nicht gut gemacht habe und keine klaren Ziele gesetzt habe, viel zu viel irgendwie auf Management gegangen bin, anstatt auf die Ergebnisse zu schauen. So, das war damals die Situation. Heute ist es ganz anders. Und damals war zum Beispiel auch unsere HR-Abteilung, wir hatten insgesamt fünf Leute, die haben wir auch nicht HR genannt, sondern es war so ein klassisches People- und Culture-Team. Und auch die haben sehr, sehr viel gemacht, sehr viele Dinge eingeführt, wo ich jetzt heute vielleicht sagen würde, braucht es das eigentlich wirklich? Und ist das wirklich was, was für alle Mitarbeitenden wichtig ist, was denen irgendwie einen besseren Arbeitsplatz verschafft, sie in ihrem Personal Development irgendwie wirklich stärkt? Oder war es einfach nur wieder, wir kreieren als HR-Abteilung Projekte, weil man macht das ja so, aber so einen richtigen Mehrwert hat das nicht. Das hört sich jetzt sehr hart an, aber….

Kalman Györy: Kannst du da vielleicht ein paar Beispiele bringen? Das würde mich wirklich interessieren.

Aimie-Sarah Carstensen: Ja, zum Beispiel auch so Themen wie, wie oft macht man so eine Culture-Umfrage im Unternehmen? Muss ich das irgendwie monatlich machen? Mache ich das alle drei Monate? Wie oft mache ich ein 360-Grad-Feedback? Wie komplex mache ich das auch? Und wie schule ich eigentlich auch meine Leute, richtig Feedback zu geben? Und man kann das in der Theorie alles irgendwie aufbauschen und fein machen. In der Realität sieht es oft so aus, die Leute haben gar keinen Bock, alle drei Monate sich mit Feedback zu beschäftigen. Hilft auch nicht wirklich, weil du brauchst auch ein bisschen Zeit, das Feedback dir irgendwie anzunehmen und dich wirklich um dein Development zu kümmern. Heute machen wir einmal im Jahr, wirklich so ganz klassisch, Feedbackgespräche mit 360 Grad Feedback und Co. Und dann gibt es nach einem halben Jahr mal einen kurzen Check-In, aber nicht in dieser Intensität. Das Zweite ist, mit den Leuten muss viel mehr gesprochen werden. Das heißt, meines Erachtens kann man natürlich Surveys aufsetzen und das mag in großen Unternehmen auch sinnvoll sein, aber selbst mit 100 Leuten macht das keinen Sinn, dass man irgendwie jeden Monat so eine Culture-Abfrage macht und fragt, wie geht's dir, macht's dir gerade Spaß oder nicht? Und ich würde es viel hilfreicher finden, wenn HR-Abteilungen oder People- und Culture-Abteilungen wirklich sich die Woche mal 10 Stunden Zeit nehmen oder lass es nur ein 8-Stunden-Tag sein und wirklich in die Gespräche gehen mit den Leuten und wirklich sich mal mit denen austauschen und fragen so, wie geht es dir? Was beschäftigt dich gerade? Wo stehst du jetzt im Moment? Wie kann ich dich noch weiter unterstützen? Gibt es Themen bezüglich deiner Ziele, bezüglich Führungskraft und das eben auf allen Leveln? Und da wirklich mal ins Gespräch zu gehen. Und da wird war bei uns damals zumindest so, wurde viel zu wenig gesprochen, viel zu sehr versucht, alles zu digitalisieren und zu over-engineeren.

Kalman Györy: Das finde ich super spannend, weil wir tatsächlich nicht so extrem, aber eine ähnliche Entwicklung hatten. Ich kann mich erinnern, als ich hier gestartet bin, in den ersten Jahren hatten wir auch zwei Performance-Cycles pro Jahr, die aber wirklich, ich sage mal, fully fetch waren. Das heißt also Mit 360 Grad Feedback und ich glaube, man musste damals fünf bis sechs Leute anfragen und wenn jede Person fünf bis sechs Leute anfragt, die ein geschriebenes Feedback ausfüllen muss und das nimmt unglaublich viel Zeit in Anspruch. und das war tatsächlich einer der Hauptkritikpunkte auch vom Mittelmanagement damals und von den Führungskräften an sich, die waren raus für zwei Monate, zweimal im Jahr. Und was sich natürlich bei uns vor allem in einem Talent-Act-Position dann bemerkbar gemacht hat, weil man die einfach nicht mehr für Interviews buchen konnte. Das ist nur eine Perspektive, aber finde ich sehr, sehr spannend. Und das andere Thema, was du da angebracht hast, diese Culture-Check-Ins und bei uns hießen die früher Pulse-Service, da heißen die immer noch Pulse-Service. Was ich halt interessant finde daran ist, du kannst es auch zu gut meinen, weil wenn du die Leute einmal im Monat fragst, wie geht es euch denn, wird sich halt bis zum nächsten Monat und bis zur nächsten Umfrage auch nicht viel verändern. Und ich glaube, dann kommt man genau in die gegenteilige Richtung. Man fragt, die Personen sagen, XY gefällt mir nicht, meistens ist es das Gehaltsthema. Aber innerhalb des nächsten Monats wird sich auch nichts ändern. Deswegen ist halt die Frage, ist es so gesund, das so regelmäßig zu machen? Wahrscheinlich eher nicht, weil man dann überhaupt gar keine Zeit hat, wirklich Änderungen sichtbar zu machen und zu implementieren, die positiv sind.

Aimie-Sarah Carstensen: Richtig. Das ist halt auch eine Erwartungshaltung, mit der zum einen das Unternehmen umgehen muss, als auch die Führungskräfte und die Mitarbeitenden an sich. Denn wenn man jetzt mal ganz ehrlich ist, selbst so eine Entwicklung, wenn das irgendwie vereinbart wird, hey, ich möchte mich irgendwie zum Teamlead entwickeln, Und du hast dann nach drei Monaten wieder den nächsten Performance Review oder nach dem nächsten halben Jahr. Also du wirst nicht von irgendwie Berufsanfänger innerhalb von drei Monaten oder einem halben Jahr dann Richtung Team Lead dich entwickelt haben. Und meines Erachtens wird da ein totaler Stress erzeugt, also weil dann immer so eine Erwartungshaltung da ist, nächster Performance Review, das bedeutet, der Titel muss sich ändern, das Gehalt muss sich ändern und da sollten wir uns einfach mal ein bisschen mehr Zeit wieder nehmen und das Ganze auch wirklich natürlich wachsen lassen. Die Menschen Zeit geben, sich zu entwickeln. und auf der anderen Seite ist es auch für ein Unternehmen total unrealistisch, alle drei bis sechs Monate Gehälter anzupassen oder Titel zu ändern. Geht ja auch mit einer Organisationsveränderung einher.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, wie hast du dieses ganze Downscaling dann, sag ich mal, verkraftet? Kulturell, emotional, operativ?

Aimie-Sarah Carstensen: Das war hart. Also ich habe insgesamt zwei Massenentlassungen durchgeführt und damals, ich hatte keine Ahnung, wie sowas funktioniert, hatte ich noch nie gemacht. Also entlassen musste ich schon mal, auch in meinen vorherigen Jobs. Das ist nie cool und das ist immer emotional herausfordernd. Nichtsdestotrotz, vor dieser Massenentlassung stand ich dann zum ersten Mal und habe dann in meinem Netzwerk so gefragt, also andere Unternehmer, auch VCs, Vertreter, HR-Leute, wie funktioniert sowas eigentlich? Und was ich damals mit Erschrecken festgestellt habe, keiner hatte wirklich so ein Blueprint, wie sowas ordentlich gemacht wird, sondern ich habe wirklich damals Feedback bekommen von der Range von wegen, ja, machst du halt ein Zoom-Meeting, bereitest eine E-Mail vor in BCC, die Leute, die dann raus sind und schickst halt dann die Kündigung während des Zoom-Meetings an alle raus, die halt dann jetzt keinen Job mehr haben. Die schmeißt du dann auch direkt aus diesem Zoom-Meeting wieder raus und dann geht es weiter. Das ist so eine Möglichkeit, wie das manche gemacht haben. Die anderen haben extrem viele Leute innerhalb der Organisation irgendwie involviert, das mit allen durchgesprochen, dass sich so eine Massenentlassung dann auch in die Länge gezogen hat. Und sind dann wirklich ins Gespräch mit den einzelnen Leuten gegangen. Und ich habe mir dann, ich habe insgesamt mit zehn verschiedenen Menschen gesprochen, die so eine Massenentlassung durchgeführt haben und habe für mich dann wie so eine Art Blueprint erstellt, wie ich aufgrund meiner Erfahrung es als sinnvoll erachte, so eine Massenentlassung durchzuführen. Das habe ich alles dokumentiert und aufgeschrieben. So als so ein White Paper ist das, glaube ich, so ein bisschen in der Startup-Szene jetzt verschickt worden. Und das hat vom Prozess her ganz gut funktioniert. Was, glaube ich, da wichtig ist, auch an alle Investoren oder auch an jeder, der das irgendwie machen muss, man darf selber nicht unterschätzen, was das emotional mit einem macht. Also das zieht unfassbar viel Kraft. Man führt diese Gespräche, man ist emotional so ein bisschen abgebrüht, weil ich glaube sonst… wird man irgendwie, zumindest bei mir, wäre ich glaube ich irgendwie an einem Punkt auch echt emotional so völlig überfordert gewesen. Und dass man darauf achtet, also dass man sich dessen auch bewusst ist, was macht das selber mit einem emotional, irgendwie so 25 Kündigungsgespräche innerhalb von drei Stunden zu führen und diesen Change irgendwie zu bringen. Was macht das mit dem Team, die da noch da sind und was macht das mit den Leuten, die gekündigt werden. Und da habe ich jetzt so wie so eine Art Blueprint für mich entwickelt, wie es ganz gut funktionieren kann.

Florian Klages: Wie hast du dir für deine emotionale Stabilität Hilfe gesucht? Also wie bist du da vorgegangen? Weil das ist ja dann nicht Blueprint-mäßig, sondern da musst du ja quasi den Aimie Way identifizieren und auch etablieren, ne?

Aimie-Sarah Carstensen: Genau, also ich arbeite seit Jahren immer wieder mit unterschiedlichen Coaches zusammen. Das war auch das Jahr, wo ich selber so eine systemische Coaching-Ausbildung gemacht habe. Das hat mir sehr geholfen. Und was so den größten Tipp, den ich da oder für mich so verinnerlicht hatte, war, die Person Aimie von meiner Rolle als CEO von einer Company zu trennen. Und als CEO ist es meine Aufgabe, das Unternehmen zum Erfolg zu führen und dafür war dieser Schritt notwendig. Und bedeutet nicht, dass es mich als Aimie persönlich nicht betroffen hat, weil natürlich da hinter jener Kündigung eine persönliche Geschichte steht, aber dass man sich dessen auch immer wieder bewusst wird. Also dass man jetzt kein furchtbarer Mensch ist, wenn man jetzt so eine Massenentlassung durchführen muss, sondern dass es eben auch in meiner Rolle genau das ist, was jetzt notwendig ist, um das Unternehmen zum Erfolg zu führen.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, was hast du da für eine Blobhouse entwickelt? Also was ist der schonende, respektvolle, angenehme, noch halbwegs verarbeitbare Weg, um irgendwie 25 Menschen in drei Stunden zu entlassen?

Aimie-Sarah Carstensen: Also insgesamt sind das sechs DIN-A4-Seiten. Ich versuche es jetzt mal kurz aufs Wesentliche runterzubrechen. Also ich glaube, was wahnsinnig wichtig ist, ist, dass man die Menschen wertschätzt, mit denen man zusammengearbeitet hat. Also auch hier wieder, der Fisch stinkt vom Kopf. Hätte ich damals eine bessere Entscheidung getroffen und nicht so unfassbar viele Menschen eingestellt in so einer Hypergrowth-Phase, hätte es wahrscheinlich gar nicht dazu kommen müssen, dass ich dann diese Entscheidung hätte treffen müssen. Für mich ist es wichtig, jeden Menschen da auch wertzuschätzen. Ich halte überhaupt nichts davon, irgendwie Leute in einem Zoom-Meeting rauszukicken und zu sagen, bitteschön, hier hast du deine Kündigung per E-Mail, Herr Pfann. Sondern ich finde, das persönliche Gespräch ist wahnsinnig wichtig. Das muss keine Stunde gehen, dauert es in der Regel auch nicht. Ein klassisches Kündigungsgespräch dauert drei bis zehn Minuten, wenn man es gut macht. Und das reicht dann auch aus. Aber sich die Zeit wirklich zu nehmen, sich persönlich mit den Menschen hinzusetzen, die Situation offen und transparent zu erklären, kein Bullshit zu erzählen, warum das jetzt so ist und dann eben auch zu unterstützen. Also persönliches Gespräch ist number one. Zweites Thema habe ich gerade schon angedeutet, Transparenz. So die Leute, die checken, wenn man irgendeine Bullshit erzählt. Und die Leute verstehen auch, dass wenn man eine Massenentlassung durchführen muss, dass das Unternehmen jetzt nicht in the best shape ever ist. Und das erzählen manche, weil sie dann denken, damit motivieren sie dann das Team, was noch da ist. Führt aber meistens dazu, dass man völlig unglaubwürdig wird. Das heißt wirklich Fakten auf den Tisch, Hosen runter und ehrlich sein. Das ist so der zweite Tipp. Der dritte Tipp ist, den Prozess auch gut vorzubereiten mit idealerweise so wenig Menschen wie möglich, die involviert sind. Man darf nicht unterschätzen, dass, wenn ich jetzt zum Beispiel, es war damals eine sehr krasse Top-Down-Entscheidung, weil ich den Sinn auch nicht darin gesehen habe, jetzt jeden Teamlead in diese Entscheidung zu involvieren und weil ich auch diese emotionale Belastung nicht an das Team weitergeben wollte, eine Entscheidung zu treffen, wer geht jetzt raus, wer bleibt und Co. Das heißt, sich ein gutes, kleines Team zusammenzustellen, den Prozess vorzubereiten und das Ganze dann in ein, maximal zwei Tagen zu exekuten. Das ist, glaube ich, so der dritte Punkt, der wichtig ist. Und der vierte Punkt ist die Nachbereitung. Allen Menschen, die bei uns das Unternehmen leider verlassen mussten, wirklich Support anbieten, also wirklich ernsthaft und ehrlich Support anbieten, dass sie schnellstmöglich wieder einen Job finden, sowas wie Arbeitszeugnisse idealerweise schon vorbereitet zu haben, das Netzwerk zu aktivieren, dass die Leute bald einen neuen Job auch finden und eben auch ins Gespräch zu gehen mit denen, die noch da sind, weil das darf man auch nicht unterschätzen. die Situation zu erklären. Und für die, die dann noch ihren Job auch behalten haben, ist es genauso ein Schock wie für die, die das Unternehmen verlassen mussten. Das vielleicht mal so ganz kurz zusammengefasst.

Kalman Györy: Finde ich super spannende Punkte.

Joel Kaczmarek: Ja, absolut.

Kalman Györy: Ich würde vielleicht noch tatsächlich auch noch einen Praxispunkt nennen, den wir, als wir auch mal durch so eine Situation gehen mussten, auch angewandt haben. Und zwar haben wir eine Taskforce gebaut von spezifischen eher Seniorenleuten aus dem Talent Acquisition Team. Und haben den Personen, die die Organisation leider verlassen mussten, da auch nochmal die Möglichkeit gegeben, eine Art Beratung zu bekommen, was ihre Lebensläufe und solche Themen anbelangt. Weil natürlich einige Leute einfach auch länger nicht mehr in Interviewprozessen waren. Das haben tatsächlich auch Leute wahrgenommen. Wir haben das natürlich ganz frei gestaltet. Jeder, der wollte, konnte sich anmelden, aber es war kein Muss. Und das ist tatsächlich sehr, sehr gut angekommen. Ich habe selbst zwei oder drei Gespräche geführt in dem Rahmen und war natürlich, muss ich ehrlich gestehen, auch nicht ganz sicher, wie reagieren dann die Personen, weil die Informationen zwei Tage vorher an die geteilt wurden. Ich muss sagen, das wurde einfach mit Dankbarkeit angenommen und fand ich auch eine sehr, sehr gute Möglichkeit, um da nochmal die Wertschätzung wirklich zu unterstreichen.

Joel Kaczmarek: Aber voll krass, da kann ich mir vorstellen, durch was du da durchgegangen bist, wenn du irgendwie so einen richtigen Ablaufplan brauchtest. Wie lange hat sich das so nachgezogen? Wie lange zieht sich sowas in so eine Organisation und in so ein menschliches Herz hinein?

Aimie-Sarah Carstensen: Das, was bei uns ein bisschen schwierig war, war, dass ich das in zwei Tranchen gemacht habe. Und das ist ein Fehler, den ich mir wirklich ankreide, weil ich mich damals nicht getraut habe, eine noch härtere Entscheidung zu treffen. Das heißt, bei der ersten Massenentlassung wusste ich eigentlich schon, also ich wollte es nicht wahrhaben und hättest du mich damals gefragt, hätte ich es wahrscheinlich ganz anders beantwortet. Aber so tief in mir drin wusste ich so, das war es jetzt noch nicht, sondern das ist so ein zweistufiger Prozess und allen Unternehmen, mit denen ich heute spreche, den ich irgendwie in Rat geben kann, ist so Hard Decision, Soft Life, Soft Decision, Hard Life. Und dass es viel wichtiger ist, das einmal zu machen, keine zweimal, keine dreimal, keine viermal, um schneller wieder Ruhe ins Team reinzubringen und um eben, was man dann häufig verspricht, so ja, wir hoffen, das passiert jetzt nicht nochmal, dass es sich dann wirklich nicht wiederholt. Das heißt, bei uns war es insgesamt, das war halt eine, insgesamt kann ich das gar nicht nur auf den HR-Bereich ziehen, sondern Es war ein kompletter strategischer Shift, den wir in der Company vorgenommen haben. Und bis ich das Ganze dann wieder gelegt hatte, sind schon sechs bis zwölf Monate ins Land gestrichen und hat viel Arbeit gebraucht, wieder das Vertrauen zu gewinnen, transparent zu sein, immer wieder zu erklären, warum treffen wir die Entscheidung. Und auch hier mein größtes Learning, traut den Teammitgliedern mehr zu. Also viel zu oft denken Führungskräfte, ich muss jetzt hier die Leute in Schutz nehmen, ich muss mir irgendeine Geschichte ausdenken. und mein größtes Learning jetzt in den letzten Jahren, seit ich irgendwie Führungskraft bin, seit Mitte 20, war eigentlich immer, ich bin immer am besten gefahren und es war für die Kultur am besten und für die Zusammenarbeit am besten, wenn man die Fakten auf den Tisch packt. Und wenn man nicht irgendwie versucht, Geschichten zu erzählen. Und das mag manchmal hart sein, das mag auch mal ein unangenehmer Tag sein, aber traut den Leuten mehr zu. Jeder kann mit der Wahrheit besser umgehen, als wenn man so das Gefühl hat, ich weiß nicht so richtig, ob das jetzt stimmt oder ob es nicht stimmt oder ob da jetzt nochmal was kommt. Aber

Joel Kaczmarek: man hatte das eigentlich auch zur Folge, dass von denjenigen, die dann da blieben, die Top-Leute auch gegangen sind, so nach dem Motto, also jetzt nicht die Ratten verlassen das sinkende Schiff, aber du weißt, was ich meine, dann hat man halt so ein negatives Momentum und dann kann es dir ja schnell passieren, dass dann Top-Leute sagen, ja okay, wer weiß, Attraktor auf einmal ein ganz anderer etc. Also hattest du dann nochmal so eine natürliche Nachabsenkung oder blieb das aus?

Aimie-Sarah Carstensen: Nee, das blieb aus. Sondern die Kultur hat sich sehr stark zum Positiven verbessert, weil eine ganz andere Dynamik im Team da ist. Und gerade wenn, was bei uns der Fall war, hast du irgendwie über 100 Leute und was ich vorhin gesagt habe, du weißt nicht so richtig, wer macht eigentlich was, wer hat welche Verantwortung. Heute sind wir 25. Ich würde mal behaupten, jeder in meinem Team weiß ganz genau, was er für einen Wert bringt für das Unternehmen, was die Aufgaben sind, was die Ziele sind. Und das schafft dann auch wieder Motivation für jeden Einzelnen. Also weil die Personen sich ihrem Impact viel, viel bewusster sind und weil es natürlich auch für die Personen, die da sind, wieder eine Chance ist, einen anderen Beitrag zum Unternehmen zu leisten.

Florian Klages: Ich kann das nur unterstützen. Wir haben bei Talk People die Phase vor einem Jahr durchgehabt. Und das war genau das, dass wenn man mit der Ehrlichkeit, die Aimie jetzt unterstrichen hat, vorgeht, dann haben die anderen halt eher noch mehr Vertrauen und einen höheren Buy-in, weil sie halt wissen, woran sie sind. Ein kleiner Buchtipp. Ben Horowitz hat ja das wunderbare Buch geschrieben, The Hard Things About Hard Things. Und ich fand es halt so bezeichnend, dass eins seiner ersten Kapitel war, halt über Layoffs sind. Und der hat auch nochmal so ein paar Seiten, einfach was zu beachten ist. Also ich glaube, neben Aimies Dokument ist das als gute Ergänzung vielleicht da. Ich fand es damals in der Situation, die mich auch sehr emotional angefasst hat, echt nochmal super, einfach diese Klarheit zu haben, ey, das ist Teil der Rolle, die ich als Gründer hier mitspielen muss. Das ist einfach immanent. Und das fand ich spannend. Was ich aber auch noch spannend fand, Aimie, ist, dass du als Führungspersönlichkeit, wenn ich das so sagen darf, schon echt top notch bist, weil du diese Menschlichkeit kennst. mit aufs Tableau bringst. Das machen eben nicht alle. Erst recht nicht in so einer Phase. Du hast es immer so ein bisschen angedeutet, aber da gibt es echt viele andere. Und du hast relativ wenig von der HR-Abteilung gesprochen. Das heißt, das waren schon zwei Beobachtungen, die ich jetzt da gemacht habe, wo wir gerne nochmal reingehen müssen oder können, wenn wir wollen, weil ich das spannend finde. Also wie kriegen wir es hin, A, noch mehr Gründerinnen und Gründer dahin zu kriegen, dass sie diese Verantwortung annehmen und dann eben nicht bullshitten, eben nicht unehrlich ist zu hart, aber dass sie nicht bullshitten, sondern ihrer Verantwortung gerecht werden. Und was muss vielleicht auch HR noch mehr machen, um im Vorfeld zu sagen, hey, heiern wir zu schnell, heiern wir im richtigen Tempo und dann aber auch für dich, der Sparringspartner, die Sparringspartnerin zu sein in so einer Situation. Vielleicht kannst du da noch ein bisschen drauf eingehen.

Aimie-Sarah Carstensen: Für mich ist Hiring Chefsache und Firing ist auch Chefsache. HR ist für mich supportive, was das betrifft. Und damals habe ich ganz eng mit unserer VP People & Culture, die dann selber auch in diesem Prozess gesagt hat, Aimie, das macht keinen Sinn mehr, wenn ich hier bleibe, sondern ich glaube, wir müssen mich hier auch auf die Liste schreiben, weil das das Beste wäre für die Organisation. Das war Wahnsinn. Also die Frau war unfassbar stark. die hat mich sehr stark in dem Prozess unterstützt. Das heißt, kann HR eine Entscheidung treffen, welche MitarbeiterInnen gehen müssen oder sollen? Meines Erachtens nein, sondern das ist eher so eine Business-Komponente, wo man dann sich die Frage stellen muss, HR kann aber sehr gut in dem Prozess unterstützen. Sollte HR als Einzelfunktion die Kündigungsgespräche führen? Nein, sondern wir haben das immer so gemacht, dass ich in dem Gespräch mit dabei war plus damals die VP People & Culture oder eben eine HR-Mitarbeiterin oder der direkte Teamlead oder Head of plus HR, also dass man das zu zweit macht. Und HR sehe ich hier als Supportive Function. Was ich beobachte, ist, dass viele Gründer diese ganzen Themen irgendwie an HR abgeben. Das halte ich für fatal, denn HR kann gar nicht diese Business Insights haben, die ein Gründer, eine Gründerin hat oder eben das Management hat. Das heißt, hier auch wieder in Verantwortung gehen, radikal aufrichtig sein. Und das sind Themen, auch wenn sie wahnsinnig unangenehm sind, die kann man einfach nicht von seinem Tisch wegschieben. So würde ich jetzt mal die Frage irgendwie beantworten. Kann HR mir frühzeitig sagen, dass wir irgendwie zu schnell heiern, zu viel heiern und Co.? Meine Beobachtung in der Vergangenheit war, könnten sie schon, vielleicht, wenn sie eine gewisse Erfahrung mitbringen, Aber wenn man jetzt auch mal auf die Realität guckt, wenn man in so einem Hiring-Modus drin ist, da hat HR auch ganz andere Themen zu tun. Das heißt, sie sind eher damit beschäftigt, so, wie kriege ich es irgendwie hin, dass ich nochmal zehn Bewerbungsgespräche am Tag führe? Haben alle ihren Arbeitsvertrag? Wie gestalte ich das Onboarding? Und die haben ganz andere Themen auf dem Tisch, was auch ihre tatsächliche Aufgabe ist, anstatt wieder diesen Überblick darüber zu haben, was das Unternehmen gerade eigentlich braucht, wer was macht, ob die Ziele klar sind und ob es transparent ist. So, das ist so ein bisschen meine Beobachtung. Sondern auch hier, auch ein HR-Team muss geführt werden und kann einem nicht irgendwie alles abnehmen. Ich

Kalman Györy: glaube, auch da ist so ein bisschen die Frage, ich kann ja nur aus unserer Perspektive hier sprechen, HR selbst oder Talent selbst hat natürlich jetzt auch relativ wenig Stakes da drin, was das Business braucht und dementsprechend können wir natürlich schon sagen oder challengen, hey, Der Hiringplan, so wie er da steht, macht vielleicht nicht den größten Sinn, aber am Ende des Tages zumindest bei einer gewissen Scale von der Organisation, ob wir jetzt von unserer Organisation hier sprechen oder von irgendwelchen anderen Organisationen, die eine vergleichbare Größe haben, kann man auch einfach nicht genug hinter den Vorhang blicken, weil man ja auch überhaupt gar nicht weiß, wie hoch ist zum Beispiel das Budget in unterschiedlichen Abteilungen. Und dementsprechend weiß ich gar nicht, ob man diese Verantwortung überhaupt bei HR oder Talent, je nachdem, ob man das spezifiziert hat, sehen kann und sehen sollte.

Aimie-Sarah Carstensen: Heute würde ich sagen, doch. Kommt aber auf die gesamte Unternehmenskultur an. Also wir leben was in unserem Unternehmen, das nennt sich Open Book Management. Absurderweise habe ich da mal meine Masterarbeit drüber geschrieben. Das bedeutet so viel, dass wir eben extrem transparent mit allen KPIs und Zahlen umgehen. Sprich, alle meine MitarbeiterInnen kennen den Kontostand von ArtNight, wissen ganz genau, wo stehen wir, was sind die Ziele, was kostet das Personal. Wir teilen jetzt keine Einzelgehälter irgendwie an jeden, das wäre so der nächste Step, aber jeder weiß, was haben wir eigentlich für Personalkosten jeden Monat? und wie viel machen die Personalkosten im Vergleich zu den gesamten Kosten aus? und wie viel Sales müssen wir eigentlich generieren, um die Kosten zu decken. Wenn das im gesamten Unternehmen gelebt wird und diese Zahlen für jeden verständlich sind und man das wirklich so erklärt als Chef, Chefin, dass das wirklich ins Markt der Leute übergeht, dann würde ich sagen, hat HR genau diese Rolle. Dafür ist es aber wieder notwendig, dass man die Vorarbeit leistet und dass man eben auch als Gründer oder als Gründerin da seinen Job ordentlich macht.

Joel Kaczmarek: Wie hast du denn eigentlich identifiziert, welche Menschen gehen sollen und welche nicht? Weil du hast vorhin gesagt, du hast möglichst wenig Leute involviert, war so dein wichtiges Learning. Also gut vorbereiten und in der Nachbereitung dann aktiv sein. Aber ich meine, für dich ist ja wichtig, du müsstest ja eigentlich mit jedem Teamlead dann reden. Okay, was sind sozusagen die stärksten Talente, die wir vielleicht halten sollten? Oder gibt es vielleicht Leute, wo es eh Sinn macht, dass die gehen? Wenn jetzt eine größere Firma wäre, zum Beispiel, weil Berentung ansteht oder solche Geschichten. Was weiß ich? Wie bist du denn da vorgegangen?

Aimie-Sarah Carstensen: Du Für die persönliche Aimie zieht sich da gerade alles irgendwie in mir zusammen, weil ich so denke, ich will nicht über Menschen so sprechen, als wären sie einfach irgendwie eine Nummer oder eine Arbeitskraft. und dann sortiert man jetzt hier mal die High Performer von den Low Performern aus. Also da habe ich so in mir drin echt ein Thema mit. Wenn ich jetzt das objektiv verantworte und ein bisschen versachliche, dann gibt es eigentlich so einen ganz klaren Prozess. Du schaust dir erstmal an, wer ist aktuell noch in der Probezeit? Welche sind die Personen, die man relativ einfach rausnehmen kann, sprich Werkstudenten, Leute in der Probezeit. Dann im nächsten Step schaut man sich an, wer sind wirklich die High Performer, bei wen müssten wir irgendwie viel mehr investieren, um die Personen zu entwickeln oder noch dorthin zu bringen, wo man sie vielleicht haben möchte oder dass sie den entsprechenden Mehrwert fürs Unternehmen leisten? und dann sortiert man entsprechend aus. Und dann sind es unterschiedliche Runden mit Listen, wo am Anfang nur Rollen draufstehen. Das ist auch mein großer Rat, nicht auf persönlicher Ebene das erstmal zu diskutieren, sondern wirklich sich mal organisatorisch zu überlegen, welche Rollen brauchen wir im Unternehmen und welche Aufgaben sollen diese Rollen erfüllen, welche Verantwortung sollen diese Rollen übernehmen. Und erst im letzten Step dann sich zu überlegen, welche Person passt eigentlich auf welche Rolle. Und meines Erachtens werden diese Diskussionen viel zu früh über Personen geführt, anstatt über Rollen. Was dann wieder backfiret, weil man dann vielleicht auch eine Entscheidung trifft und sagt, hey, die Person finde ich total nett, die ist auch extrem leistungsstark, aber was ist, wenn ich für die Person eigentlich gar keine Rolle habe in der Organisationsstruktur, wie ich sie aufbauen möchte. Das heißt hier, und das haben wir genauso gemacht, immer nur über Rollen sprechen und im letzten Step werden dann der Namen dahinter geschrieben.

Joel Kaczmarek: Und über so sozialen Klebstoff hast du nicht gesprochen? Also es gibt ja manchmal so die eine Person, die irgendwie fünf oder zehn oder zwanzig andere so wie so eine Art Satelliten um sich herum motiviert. Weißt du, was ich meine? Also das habe ich bei Teams unterlebt.

Aimie-Sarah Carstensen: Ich verstehe, was du meinst, aber dann ist auch wieder die Frage, diese Personen sind sehr, sehr wertvoll für das Unternehmen. Wenn du aber keine passende Rolle hast für die Person, dann musst du auch da eine harte Entscheidung treffen, weil das kann noch die sozial motivierendste Person sein. Du schneidest sie nur ins eigene Fleisch, wenn du dann irgendeine Rolle wieder baust und drumherum schaffst, einfach nur, dass die Person dann im Unternehmen bleiben kann.

Joel Kaczmarek: Und als du eben so angefasst reagiert hast, findest du das eine, wie soll man sagen, amoralische Frage, Leute zu sortieren? Weil eigentlich, wenn du sagst, du trennst das und hast als sie ohne Verantwortung, ist das doch ein total logischer Schritt, oder?

Aimie-Sarah Carstensen: Also ich habe schon ein Thema damit, mit dem Satz so Leute zu sortieren.

Joel Kaczmarek: Das ist aber de facto, oder?

Aimie-Sarah Carstensen: Ja, kann man schon so sagen, ja. Aber deswegen ist für mich so im ersten Schritt wieder unternehmerisch drüber nachgedacht, Ich denke über eine Organisationsstruktur nach, ich denke darüber nach, welche Rollen brauche ich? und natürlich hängen diese Rollen mit Personen zusammen. Und dann sortierst du. Ja, fair. Es war bei uns zum Beispiel auch der Fall, ich wusste, ich brauche eine Rolle und ich habe keine passende Besetzung dafür. Wie gehe ich jetzt damit um? Und dann haben wir uns entschieden, diese Rolle erstmal umbesetzt zu lassen für circa zwölf Monate, zu schauen, wie sich das Unternehmen entwickelt und dann diese Rolle nachzuheiern.

Joel Kaczmarek: Also nicht der Schritt, dass man dann vielleicht hingeht und sagt, die verbliebene Mannschaft, die stelle ich auch mal um, sondern dann lieber konsequent mit dem zu bleiben, was man an Ressourcen hat.

Aimie-Sarah Carstensen: Ja, harte Entscheidungen treffen, frühzeitig.

Joel Kaczmarek: Und wenn du jetzt mal so Revue passierst, also spannend ist ja dann auch immer, sich mal so über die größten Fehler in Sachen HR Gedanken zu machen. Ich würde sagen, hast du schon ganz viel gesagt, also eigentlich viel gibst du wahrscheinlich gar nicht mehr. Und auch finde ich super, wie offen du das machst. Aber gibt es so andere Anker, die dir so in den ganzen Jahren seit 2016 im Kopf geblieben sind, wo du sagst, oh wow, in Sachen HR, das, das, das sind so Säulen, die ich jetzt echt mir verinnerlicht habe?

Aimie-Sarah Carstensen: Verschiedene Sachen, ja. Das eine, also noch ein weiteres großes Learning ist auch, vielleicht mache ich mir jetzt damit auch keine Freunde und ist von jeder Organisation unterschiedlich. Aber ich halte so Mittelmanagement für total überbewertet. Also man unterschätzt, wie viele Menschen eigentlich eine Person führen kann. Man sagt ja immer so, sieben ist so das Maximale oder das Optimale, wie viele Personen man führen kann. Wenn ich Organisationsstrukturen sehe, und das hatten wir auch, wo dann ein Teamlead ein Teammitglied hat und führt oder lasst es irgendwie maximal zwei sein und man die Organisation mit so einem massiven Mittelmanagement irgendwie aufbaut, sehr, sehr schwierig. Und auch das hatten wir mal. Wir hatten mal Management-Meetings irgendwie mit zwölf Leuten. Das Management-Meeting war jede Woche über anderthalb Stunden und das funktioniert unterm Strich einfach nicht, sondern auch hier klare Strukturen, traut den Leuten mehr zu, wenn das Ganze gut organisiert ist, wenn die Ziele sehr, sehr klar sind, dann kann eine Führungskraft sieben Leute führen und gleichzeitig noch teilweise operativ einen Mehrwert leisten, je nachdem, wie die Organisation halt aufgestellt ist. Also das war nochmal so ein größtes Learning und auch echt ein großer Fail. Wie stark wir dieses Mittelmanagement irgendwie aufgebauscht haben. Ist auch schwierig, das Ganze wieder rückgängig zu machen. Und das Zweite ist auch, was ich jetzt so rückblickend sagen kann und das hätte ich selber nie geglaubt, dass es irgendwie möglich ist. Wir sind heute als Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher mit 25 Personen, als wir es mit 100 Leuten waren. Und auch hier wirklich sich zu überlegen, was braucht es wirklich? Wann stellen wir wirklich jemanden ein? Wenn wir eine neue Position jetzt aktuell hiren, dann wissen wir ganz genau, was die Person machen soll. Wir wissen ganz genau, wen wir suchen, mit welchem Skillset, was irgendwie ergänzend ist zum Team und machen uns da sehr lange Gedanken drüber, anstatt zu früh die Entscheidung zu treffen, jetzt hiren wir mal jemanden. Das heißt, heute ist es so, wenn ich irgendwie eine Idee habe oder merke, die Ressourcen werden irgendwie knapp, dann testen wir das in der Regel auch erstmal mit freien Mitarbeitern aus oder mit sogar, also je nachdem, was das für ein Level ist, überlegen uns, wie können wir das irgendwie ausprobieren, ob wir da tatsächlich jemand im Team brauchen und stellen dann aber sehr gezielt ein mit einem klaren Hintergedanken.

Kalman Györy: Ich fand das ganz spannend, den Punkt zum Mittelmanagement. Würde ich tatsächlich so unterschreiben, dass es wahrscheinlich nicht Not tut, eine Person mit einem Report zu haben. Auf der anderen Seite habe ich auch beobachtet, dass das ganz stark davon abhängt, wie senior die Reports im Team sind. Also ist das jetzt ein Team, was beispielsweise in erster Linie aus Leuten besteht, die gerade von der Universität gekommen sind oder sind das Leute, die schon, ich weiß nicht, zehn Jahre im Beruf sind? Und ein zweiter Faktor, und das ist die Komplexität der Rolle, die die ausüben. Und mich würde mal einfach deine Meinung dazu interessieren, wie du diese beiden Faktoren werten würdest, wenn es darauf ankommt, wie viele Reports halt eben ein Mittelmanager haben sollte.

Aimie-Sarah Carstensen: Finde ich schwierig, jetzt pauschal zu beantworten, weil es immer auf die Unternehmenskultur, die Ziele und Co. eigentlich ankommt. Was meine Beobachtung oft war, ist, dass oft so Mittelmanagement-Positionen auch geschaffen werden, weil die Motivation der einzelnen Person ist, So, ich will Teamlead werden for the Teamlead's sake. Also so mein Karriereziel ist es, Teamlead zu sein. Und da reagiere ich inzwischen extrem allergisch drauf. Also was macht denn ein Teamlead? Welche Aufgaben erfüllt ein Teamlead? Welchen Mehrwert bringt ein Teamlead jetzt in einem Unternehmen? Da gibt es sehr klare Mehrwerte, die ein Teamlead dem Unternehmen bringt. Es gibt sehr klare Aufgaben und Ziele. Man muss aber sehr vorsichtig sein, einfach nur sein Management irgendwie aufzublasen, weil Leute irgendwie andere Leute managen wollen, sondern Auch da geht es immer wieder darum, wo möchte man das Unternehmen hinführen, was sind die Ziele, wie erfolgreich will man sein und was ist dafür dann auch notwendig. Und welche Aufgaben erfüllt dann auch wieder eine Person, ob es jetzt ein Lead ist oder ob es kein Lead ist. Und da höre ich immer sehr, sehr viele Gespräche, auch von Leuten, deren Motivation es ist, wenn man die mal fragt, was möchtest du innerhalb des Unternehmens erreichen? Ja, ich möchte Team Lead werden oder ich will ein Head of werden oder ich will ein VP werden. Ja, warum? Warum? Und umso tiefer man da irgendwie reingeht, umso mehr versteht man dann, was motiviert die Person eigentlich wirklich. Und heute würde ich sagen, also selbst bei mir im Management-Team, wir arbeiten alle auch noch sehr operativ und packen da wirklich mit an. Das ist einfach so eine Frage, wie man die Leute motiviert und was die Ziele sind. Das war jetzt vielleicht ein bisschen wirr. Wisst ihr, was ich sagen wollte?

Kalman Györy: Ich weiß, was du sagen möchtest. Ich wollte auch gerade fragen, wie ihr es gelöst habt. Weil also viele Firmen machen das ja so, dass sie dann quasi diesen den sogenannten People-Managerial-Track haben und den Expert-Track, dass man halt eben die Leute nicht nur vor die Wahl stellt, okay, du kannst jetzt, sagen wir es mal, die Person ist Senior und damit endet der Karrierepfad und dann könnte die Person halt People-Manager werden oder halt sonst Senior bleiben. Habt ihr auch sowas eingeführt dann? oder macht ihr das einfach wirklich so, dass ihr die Leute einfach motiviert und sagt, hey, du wirst meinetwegen Teamleader, aber musst halt weiter operativ arbeiten?

Aimie-Sarah Carstensen: Hatte ich. Wir hatten so krasse Excel-Sheets, auch heute noch, mit Rollenbeschreibungen, wo ganz genau drin stand, wenn du so ein Expert werden möchtest, was muss dann passieren? Dann hast du unterschiedliche Developmentgrade, dann wenn du ein Teamlead werden willst. Also das sind Excel-Tabletten vom Feinsten, mit unfassbar viel Text drin, was dann für was irgendwie notwendig ist. Jetzt ist es heute, ehrlich gesagt, mit den 25 Personen ist es viel leichter. Wir gucken uns jeden Monat an. Also was sind die Stärken von jedem Einzelnen? Es kann auch mal sein, dass eine Person ist zum Beispiel mir so, meine VP Ops, die ist auch unfassbar gut in Sales und auch die schließt manchmal Marketing-Kooperationen ab, einfach weil sie es sehr, sehr gut kann. Das heißt, wir agieren viel mehr stärkenbasiert. Wer kann eigentlich was? Was ist gerade für das Unternehmen notwendig, dass wir die Ziele erreichen, die wir erreichen wollen und sind da einfach flexibler als Organisation und nicht mehr so starr, was diese Excel-Tapeten irgendwie betrifft. Wenn jemand sagt, ich möchte mich persönlich weiterentwickeln und auch hier bin ich ein riesen Fan davon, die Leute zu unterstützen. Ich habe in der Vergangenheit, also ich glaube insgesamt zehn Leute jetzt, die mir jetzt spontan einfallen, die bei Artnet in den letzten sieben Jahren tätig waren, haben selber ein Unternehmen gegründet. Wenn ich das weiß, dann kann ich dich ganz anders fördern. Dann kann ich dich ganz anders supporten und dich dementsprechend, sage ich mal, ausbilden oder dir meine Learnings mitgeben, damit du bereit bist, dein eigenes Unternehmen zu gründen. Also da gibt es so eine breite Range, wie man Menschen entwickeln kann, was so gar nicht abgebildet ist in diesen Expert-Tracks oder in diesen Leadership-Tracks. Ich verstehe das, wenn es große Unternehmen machen und da macht es auch oft Sinn. Bei so kleineren Organisationen, also bis zu 100 Leuten, gibt es da wirklich deutlich andere Wege. Das heißt, bei uns ist es viel persönlicher, es ist sehr stark auf die Stärken der jeweiligen Leute irgendwie zugeschnitten. Und ganz ehrlich, bei mir im Team, es gibt nicht mehr solche Aussagen von wegen, ich will einfach Teamlead werden, sondern da geht es eher darum, hey, wie kann ich mit den Stärken, die ich habe und mit den Themen, die ich für mich ausbauen will, das Unternehmen irgendwie mit aufs nächste Level bringen und wie kann ich aber auch entsprechend dafür gewertschätzt und entlohnt werden.

Kalman Györy: Ja, super fair.

Joel Kaczmarek: Sag mal, apropos Excel-Tabelle oder Tapete, mit was für Tools habt ihr denn eigentlich immer so gearbeitet?

Aimie-Sarah Carstensen: Also wir arbeiten selbstverständlich mit Personio. Bin ich auch ein großer Fan von. Wir haben Feedbacks abgebildet über Small Improvements, also gerade Pulse Surveys und diese Feedback Cycle, finde ich, ist auch ein gutes Tool. Personio macht das jetzt heute auch. Dadurch, dass wir jetzt eine kleinere Organisation sind, machen wir das auch über Personio. Wir haben uns nicht davor abgesprochen. Das ist ganz Werbung aus Überzeugung. Und that's it. Mehr haben wir nicht mehr. Damals hatten wir deutlich mehr. Mehr braucht es aber auch nicht.

Joel Kaczmarek: Arbeitet ihr eigentlich mit OKRs bei euch auch mittlerweile?

Aimie-Sarah Carstensen: Habe ich jahrelang gemacht, halte ich inzwischen nichts mehr von.

Joel Kaczmarek: Erzähl.

Aimie-Sarah Carstensen: Also das ist auch wieder sowas, wenn man so einen OKR-Prozess irgendwie gescheit macht. Und wir hatten es davor schon von irgendwie drei oder sechs Monaten Performance-Cycles, wo die Leute dann zwei Monate nur damit beschäftigt sind, diese Performance-Cycles vor- und nachzubereiten. Ähnliches ist auch mit OKRs. Es ist unfassbar zeitaufwendig. Du kannst es bis ins kleinste Detail irgendwie runterdeklinieren. Und heute machen wir das relativ simpel. Es gibt ein Ziel, worauf wir alle hinarbeiten und alles, was nicht zu diesem Ziel führt, wird einfach nicht gemacht. Und so zielorientiert wie heute haben wir wirklich lange nicht mehr gearbeitet. Und wenn es zum Beispiel klar ist, bei uns die letzten Jahre war zum Beispiel das ganze Thema Kostensparen, Effizienz steigern, war so das number one Ziel. So, da haben alle Abteilungen, haben darauf gearbeitet und haben sich Gedanken gemacht, wie kann ich mit meinem Department das Beste dazu beitragen. Jetzt konzentrieren wir uns gerade drauf, wirklich wieder stark zu wachsen, was für uns bedeutet, dass wir eben mehr Teilnehmerverarbeitung begeistern, sprich Ticket Sales. Also Ticket Sales im B2C-Bereich und auch im B2B-Bereich. Und alle Departments arbeiten auf dieses Ziel hin. Jetzt kann man schon sagen, was bedeutet das jetzt zum Beispiel für das IT-Department, für Marketing, für Operations und bricht das dann ein bisschen runter. Das machen wir auch immer wieder. Das heißt, es gibt so Sub-Ziele nochmal für jede Abteilung. wie die einen Beitrag leisten kann. Aber das ist so simpel und das funktioniert so gut und viel besser als jegliche OKR-Prozesse, die wir gemacht haben.

Kalman Györy: Ich finde das so spannend und das wissen jetzt die Zuhörer und Zuhörerinnen nicht, aber hier ist auch diese eine Frage, worüber müsst ihr mittlerweile selbst schmunzeln? Und wenn ich die Frage mal ganz kurz hier für mich beantworten kann. dann fällt das total in dieses OKR-Thema. Ich kann mich daran erinnern, wir haben früher, besonders als wir kleiner waren als Organisation, haben wir unglaublich viel Zeit in diese Projekte investiert. Wir teilweise mussten Videos gemacht werden, die dann auch noch einen kreativen Touch haben sollten. Also das war alles so, ja, 2019 rum. Da ist so viel Zeit reingeflossen und es hat so wenig gebracht. Man ist halt so ein bisschen dann gefangen im Framework. Ich kann mich erinnern, ich war damals für mich hier nicht selbst, glaube ich, auch OKR-Champion für unseren Bereich damals, hat nicht viel bedeutet, aber ich war mit daran beteiligt, diese OKRs zu definieren. Und teilweise saßen wir da wirklich und mussten uns verbiegen, um da in irgendeiner Form irgendwas Greifbares, gerade im Bereich Personal ist es ja manchmal ein bisschen schwierig, mit quantitativen Daten irgendwas Greifbares zu erstellen. Und am Ende haben wir an Projekten gearbeitet, für die sich, ich sage es mal ganz ehrlich, ein halbes Jahr später niemand mehr interessiert hat.

Aimie-Sarah Carstensen: Und auch hier wieder, der Fisch stinkt vom Kopf. Du musst als Leader und als Gründer in der Lage sein, das Unternehmensziel so simpel wie möglich auf einen einfachen Satz herunterzubrechen. Und dein Management-Team, jetzt auf VP-Ebene, zum Beispiel für die einzelnen Departments, auch die müssen als Leader in der Lage sein, das Ziel für das Department auf einen simplen Satz herunterzubrechen, sodass wirklich Jedes Teammitglied, wenn man die nachts um vier weckt und sagen kann, was ist gerade das Ziel, woran arbeiten wir gerade, muss das so richtig rausgeschossen kommen und dafür muss es einfach simpel und einfach sein, sodass man das auch gut für sich sortieren kann.

Joel Kaczmarek: Also ich weiß nicht, wie es den anderen beiden Herrschaften hier geht, aber mir war das ein großes Vergnügen, Aimie. Also ich werde das als Highlight-Folge bei mir, ich habe so eine Excel, dann kann ich mal Highlight-Folgen markieren, das werde ich heute machen, weil ich das total begeistert fand. Also A, dass dann diese Verbindung aus Menschlichkeit und trotzdem operativer Fachlichkeit bei dir da ist, dieser Blick hinter die Kulissen. Also Florian war eine gute Idee, sollten wir fortsetzen. Und dafür ganz, ganz herzlichen Dank an dich und an euch anderen beiden natürlich auch für diese ganzen Perspektiverweiterungen, die ich hier mitnehme. Also ich gehe heute mit einem Lächeln raus. Ich hoffe, ihr auch.

Florian Klages: Total. Klar, danke euch.

Kalman Györy: Danke.

Florian Klages: Danke für deine Klarheit, Aimie. Ich glaube, das ist das, was heraussticht. So diese Klarheit, nicht nur die richtigen Koordinaten, sondern auch einfach das Business Acumen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und dann aber auch das Herz, um diese Entscheidungen, smart umzusetzen. aus einer unterrömischen Perspektive, fand ich echt beeindruckend. Richtig gut.

Aimie-Sarah Carstensen: Danke.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um HR – ein Bereich in dem wir mit dem zunehmenden Fachkräftemangel und War for Talents große Relevanz sehen. Unser Fokus liegt darauf, praxisorientierte Erkenntnisse für erfolgreiche Personalbeschaffung, Employer Branding und Talentmanagement zu liefern. Deshalb spricht Joel in diesen Folgen regelmäßig mit Kálmán Györy, Teamlead Talent Acquisition bei der Personal-Management-Plattform Personio, und Florian Klages, Geschäftsführer bei Torq Partners, einem Beratungsunternehmen mit Fokus auf Finance & People.