Vom Startup zum Unicorn 2 🦄: Ein AAA-Team mit Scale-up Haltung

8. September 2021, mit Joel KaczmarekFlorian Heinemann

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und darf auch heute wieder an meiner Seite den lieben Florian Heinemann, den Venture- und Marketing-Kenner schlechthin aus der deutschen Internetwirtschaft begrüßen. Und wir nehmen heute unsere zweite Folge zum Thema vom Startup zum Unicorn auf. Dazu ist wieder der liebe Martin Schilling, der gleich noch was zu sich sagt, aber schon mal als kleines Stick-Review. Ein großartiges Buch, das er verfasst hat, kommt jetzt auf den Markt. Schon mal Vorbestellung bei Amazon, beim Verlag oder dem Buchhändler eurer Wahl tätigen. Mehr dazu gleich. Vorher bei N26 und mit ihm reden wir wie gesagt darüber in einem Dreiteiler, wie erhöhe ich eigentlich meine Unicorn-Wahrscheinlichkeit. So und wir haben ja schon in der ersten Folge darüber gesprochen, wie man sich einen attraktiven Nordstern setzt, das heißt den Purpose eines Unternehmens auf die Startrampe schiebt. Heute wird es darum gehen, wie man ein AAA-Team mit Scale-Abhaltung für sich rekrutiert, bevor wir dann in der abschließenden Folge darüber reden, wie man funktionale Exzellenz erzielt. Schon mal als kleines Preview auf sein Buch. Normalerweise würde noch ein vierter Punkt kommen, nämlich das Thema Wachstumskapital. Aber da wir hier viel drüber schon reden im Podcast und ihr das Buch ja noch kaufen sollt, ihr da draußen, dann sparen wir das heute mal aus. So, was erwartet dich in der heutigen Folge also? Wir reden eben darüber, wie man ein AAA-Team mit Scale-Abhaltung rekrutiert. Und haben da zwei große Themenblöcke, nämlich einmal, wie sieht eigentlich die richtige Haltung aus? Das heißt, welche Haltung müssen Führungskräfte für das Unicorn-Building eigentlich mitbringen? Und zweitens, wie funktioniert eine gute Rekrutierungsmaschine? Das heißt, wie setzt man ein People-Team auf, um ein Triple-A-Team zu rekrutieren? Also, soviel mal zum Buzzword-Bingo heute. Lieber Martin, moin, schön, dass du wieder da bist.

Martin Schilling: Dankeschön, danke, dass du mich eingeladen hast.

Joel Kaczmarek: Komm, sag nochmal einen ganz kurzen Satz zu dir. Das Buch, wo man das vorbestellen kann. Bisschen Werbung in deiner Sache.

Martin Schilling: Gerne. Also Martin, ehemaliger COO des Fintechs N26. Ich habe die letzten eineinhalb Jahre genützt, ein Buch zu schreiben, um Gründern und Führungskräften in Startups zu unterstützen, aus Startup-Scalers zu machen. Warum? Weil ich gesehen habe, dass viele Startup-Führungskräfte das Rad immer neu erfinden. Also so genau wie wir damals bei N26 angefangen haben, wäre es eben sinnvoll, ein Kompendium zu haben, wie man aus einem Startup einen Unicorn macht. Ich habe selbst eine Reihe von Firmen gegründet, war davor bei McKinsey und freue mich sehr, jetzt hier zu sein.

Joel Kaczmarek: So, und komm der Höflichkeit halber sagen wir auch dem Florian mal Hallo. Hallo, Florian.

Florian Heinemann: Moin, moin.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Du hast nachher noch genug Redeanteil. Ist okay, dass du die Begrüßung mal kurz hältst. Das ist schon in Ordnung so. Gut, lass uns mal straight rein starten, Martin. Triple A Team. Also, was ist das und warum brauche ich das eigentlich?

Martin Schilling: Also, Wie du es ja vorhin schon gesagt hast, Joel, mehrere zentrale Punkte, um aus Startup Unicorn zu machen. Triple A Team ist wahrscheinlich eins der unterschätzten Themen. Es gibt eine ganz spannende Studie von Notion VC, die haben wir verglichen. Was machen denn Unicorn Firmen anders als Firmen, Startups, die es nicht zum Unicorn schaffen? Und da gibt es eben einen Punkt und der ist, die Unicorns stellen in den ersten fünf Jahren siebenmal mehr Führungskräfte ein als die Nicht-Unicorns. Also es wird in Startups ja oft viel gesprochen von Produkt und Technologie, was ja auch sinnvoll und richtig ist, aber eben oft unterschätzt, ein AAA zu bauen. Warum? Naja, also Startup zu gründen heißt ja, von der Klippe zu springen und das Flugzeug auf den Weg nach unten zu bauen. und der Unterschied auf dem Boden aufzuschlagen und zu fliegen macht eben das AAA-Team.

Joel Kaczmarek: Florian, kannst du das bestätigen, was der Martin da aus Studien hier zitiert?

Florian Heinemann: Absolut. Ich glaube, was wir ja schon sehen ist, dass du eigentlich in jedem Bereich, man spricht zwar immer von einem IT-Architekten, aber meine Wahrnehmung ist eigentlich, dass du in jedem Bereich irgendeine Art von Architekten brauchst. Egal ob Customer Service, Logistik, was auch immer eben die Wertschöpfungsstufen, die bei dir relevant sind. Und was schon meine Beobachtung ist, dass du in der Regel nur relativ wenige Leute pro Bereich hast. die letztendlich das Niveau in einem Bereich definieren. Und je besser diese Leute sind, desto stärker ziehen die erstmal gute andere Leute an. Aber die sind dann eben auch in der Lage, sozusagen in ihrem Fachbereich so ein gewisses Maß an Exzellenz zu erzeugen. Was ja dann, du musst wahrscheinlich nicht in jedem Bereich das haben, aber schon in relativ vielen Bereichen, damit sich so eine Company nach oben entwickelt. Und das spricht eben dafür, ein hohes Maß an Exzellenz anzustreben. Ich glaube, das Einzige, was da eine Frage ist, und das ist, glaube ich, für mich auch immer wieder ein relevanter Punkt, bei diesem AAA-Team setzt du da sozusagen auf ausgewiesene AAA-Erfahrung, die die Leute schon irgendwo bewiesen haben.

Oder gehst du im Prinzip den Ansatz und sagst, ich glaube, dass die Leute das Potenzial haben, AAA zu sein und gebe denen sozusagen den Raum, sich dahin zu entwickeln. Und ich glaube, du hast schon bei unterschiedlichen Firmen, die dann erfolgreich sind, siehst du eigentlich beide Ansätze. Das heißt, die einen sagen, ich setze eher auf das Potenzial, Was natürlich mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Und die anderen Leute setzen eher sozusagen auf die ausgewiesene AAA-Erfahrung. Also was ich mal einen ganz schönen Satz fand von einem unserer Gründer hier, der sagte, ich will Leute hiren, that have seen greatness. Also die das mal gesehen haben irgendwo. Und das hat schon auch was für sich. Aber wenn du natürlich zu viele von diesen Alpha-Tieren gleichzeitig in so eine Orga reinbringst, das kann auch teilweise Friktion haben. Aber ich glaube, wir sind uns total einig, wenn sozusagen das Zielbild muss sein, idealerweise jeden Fachbereich, jeder Wertschöpfungsbereich, der relevant ist, durch mindestens mal ein, zwei, drei solche Leute repräsentiert zu sehen, die das dann auch entsprechend prägen und dieses Maß an Exzellenz anstreben. Ich glaube, der Weg dahin und auch die Sequenz, wie ich diese Leute in die Organisation reinbringe, Und ob ich da eher auf Talent setze oder eher auf Erfahrung, das ist durchaus, darüber kann man, glaube ich, diskutieren. Aber ich glaube sozusagen, das Endziel und das Aspirationsniveau, das würde ich 100%ig unterschreiben.

Martin Schilling: Vielleicht nochmal ganz kurz ergänzend zu Florian. Also wenn wir jetzt hier von AAA-Team und Führungskräften sprechen, dann sind es die ersten drei Ebenen. Also Vorstand, die XOs, Director und Head of. Das sind so grob die obersten Führungsriegen, über die wir hier sprechen.

Joel Kaczmarek: Gut, und ich meine, es gibt ja auch ganz viele von diesen typischen Zitaten, sowas wie A-People hire A-People, B-People hire C-People. Oder ein A-Team kann eine B-Idee immer noch zum Erfolg bringen, während ein B-Team selbst eine A-Idee irgendwie in den Sand setzt. Hat man ja schon einiges von gehört. Jetzt fand ich einen ersten Punkt, wenn wir uns mal nähern wollen, was für eine Haltung bringen solche Führungskräfte mit. Dass Florian zum Beispiel interessanterweise gerade gesagt hat, all diese Alpha-Tiere. Also ist deine Beobachtung, dass Triple-A-Akteure oft Alpha-Tiere sind? Dass das oft so was mit Reibung, Sichtbarkeit, Ego zu tun hat?

Florian Heinemann: Ja, also ich weiß nicht, ob das so sein muss, aber natürlich hat jemand, der sozusagen Exzellenz anstrebt, hat einen gewissen Gestaltungswillen und will Dinge in eine gewisse Richtung bewegen und prägen. Das ist ja gerade auch der Anspruch eines A-Players, muss ja sein. Ich bringe Dinge auf ein gewisses Exzellenzniveau und da können und oder wollen natürlich dann auch teilweise andere Leute in so einer Organisation dann nicht unbedingt mitspielen. Und ich meine, das ist ja schon ein natürlicher Prozess, wie wir das, glaube ich, auch bei Unicorn Companies zum Teil sehen, dass halt gewisse Leute, die von Beginn an bei so einer Firma dabei waren, einige werden mit hochgezogen oder entwickeln sich mit, andere tun das nicht, entweder weil sie das nicht können oder weil sie das nicht wollen. Und natürlich gibt es dann bei solchen Prozessen auch Leute, die das nicht tun. das eben nicht begrüßen, diesen Weg. Aber ich denke, wenn jetzt das übergeordnete Ziel sozusagen natürlich irgendwie das operative Exzellenz ist, dann ist das alternativlos, diesen Weg zu gehen und da kommen halt nicht alle Leute mit. Das ist, glaube ich, was völlig Natürliches und damit muss man halt erwachsen umgehen.

Joel Kaczmarek: Dann robben wir uns doch mal ran, Martin. Wir können es ja mal nach diesem Liebe-ist-Punkt-Punkt-Punkt-Prinzip machen. Die Haltung von AAA-Playern. By the way, wo kommt eigentlich dieser Begriff her, AAA? Hast du da irgendwie ein bisschen Background?

Martin Schilling: Sicherlich aus dem Englischen, also wir können auch von Top-Teams sprechen, aber es geht im Prinzip darum, Führungskräfte mit einem sehr hohen Anspruch und sehr hohen Fähigkeiten, wie gerade vorhin ausgeführt hat, auf die sich zu fokussieren.

Joel Kaczmarek: Ich kenne das immer aus der Spielebranche, wenn man sich so den neuesten GTA-Teil kauft, das sind immer die AAA-Titel. Also das ist sozusagen die Ebene. So, und jetzt wie bei Liebe ist, Punkt, Punkt, Punkt. Bei dir heißt das dann, erfolgreiche Start-up-Führungskräfte, Punkt, Punkt, Punkt. Was wäre so die erste Haltungsebene, die dir wichtig ist oder wo du sagst, das ist deine Beobachtung?

Martin Schilling: Also fangen wir vielleicht mal bei dem Punkt an, den Florian gerade gemacht hat. Have seen greatness. Also was wir jetzt im Rahmen auch unserer Recherchen gesehen haben, die AAA-Kollegen haben Skalierung schon gesehen. Man muss da unterscheiden, jemand, der in einer großen Firma eine Führungskraft, eine erfolgreiche Führungskraft ist, kann Größe managen. Startup-Führungskräfte müssen Geschwindigkeit managen können. Das ist der entscheidende Unterschied. Und idealerweise rekrutierst du jemanden, der schon einmal, jetzt have seen greatness, aber eben auch in einem Skalierungsumfeld schon gesehen hat. Also der schon einmal oder die schon einmal eine kleinere Firma zu einer großen gemacht hat. So jetzt sehr wichtig, dabei sollte man sich nicht von Sternen blenden lassen. Also nur weil man mal bei Goldman Sachs oder McKinsey gearbeitet hat, heißt das noch lange nicht, dass man ein Startup zu einem Scale-Up machen kann. Oder nur weil man jahrzehntelang bei IBM oder Siemens, BMW erfolgreichen Führungsetagen unterwegs war, heißt es auch noch lange nicht, dass man ein Startup zum Unicorn machen kann. Deswegen Erfahrung in der schnellen Skalierung von Startups wichtig.

Florian Heinemann: Vielleicht darf ich auch noch eine Sache ergänzen, weil ich glaube, das ist total wichtig zu diesem Aspekt. Ich glaube, das ist zumindest meine feste Überzeugung mittlerweile und auch Erfahrung, würde ich sagen, dass Leute, die diesen Prozess mitgemacht haben, dass die letztendlich dieses implizite Wissen aufbauen, wie sowas funktioniert. Deswegen sage ich auch immer, wenn du jetzt heute wissen willst, wie Marktplätze funktionieren, da könnte man ja sagen, dann hirest einfach irgendjemand von Ebay oder Amazon, der wird das schon wissen. Und ich würde halt sagen, weiß ich nicht, ob das so hilft, sondern wahrscheinlich musst du jemanden hiren, der halt 2001 bis 2007 bei Ebay war. Weil da war eBay erstmal noch eine richtig coole Company und außerdem haben die damals gelernt, wie Marktplatz funktioniert. Also ich glaube, man war sehr stark dran, das ist ja auch das, was du sagst, dass du halt diese Entwicklung mitgenommen haben musst, dass dabei das höchste implizite Wissen entsteht und nicht einen eingeschwungenen Zustand eines Marktplatzes oder von Größe, den zu managen, das ist ein fundamentaler Unterschied. Und ich glaube, das unterschätzt man häufig, wie wichtig es ist, diesen Prozess durchzuführen. gesehen zu haben, weil eben viel von diesem Wissen ist eben implizit und nicht explizit. und ich glaube halt gerade, wenn du halt bei implizitem Wissen, wenn das relevant ist, dann musst du halt dabei gewesen sein. Das ist, glaube ich, nochmal ein ganz wichtiger Aspekt.

Joel Kaczmarek: Also der erste Haltungsfaktor lautet also, erfolgreiche Startup-Führungskräfte können und mögen schnelle Skalierung. Und jetzt nochmal eine kontroverse Frage dazu, Martin. Ich habe ja mit dir teilweise auch schon Personaldebatten in der Vergangenheit geführt, wo wir uns Menschen angeguckt haben und dann gucktest du so die Vita an, hast gesagt, das ist kein AAA-Founder, Founderin, weil irgendwie Jobstationen waren nicht so, dass man diese High-Performance Umfelder gesucht hat. Die Hypothese, die ich bei dir mal rausgehört habe, war, dass AAA-Leute sich stets auch AAA-Umfelder suchen. Ich weiß, dass Florian eine andere Meinung dazu hat. Lass uns doch mal diskutieren, was für die eine Hypothese spricht und was für die andere.

Martin Schilling: Ja, also vielleicht Umfelder suchen und schaffen. Also zumindest meine Erfahrung, wenn, das ist ein Indiz für einen AAA-Player, sagen wir mal so, wenn jemand von früh an versucht hat, Hochleistungsziele zu erreichen, also irgendwie in der Bundesliga in einem Sportverein gespielt hat, dann vielleicht irgendwie zu einer starken Strategieberatung gegangen ist oder was gegründet hat und dann vielleicht bei einer Top-Uni war. So ein Pfad zeigt schon ein gewisses AAA-Potenzial und Hangauf. Das heißt aber nicht, wer das nicht gemacht hat, dass es da auch sehr wohl andere Kandidaten gibt. Also ich kenne auch sehr viele, die einfach was gründen, ohne diese Station gehabt zu haben, aber trotzdem tolle Dinge bewegen.

Florian Heinemann: Ja, also ich glaube, so kann ich dem auch 100%ig zustimmen. Ich glaube, es minimiert natürlich die Suchkosten nach so jemandem, wenn du einfach weißt, der hat genau diese oder einige von diesen Dingen durchlaufen, die Martin gesagt hat. Da ist ja letztendlich auch egal, ob das jetzt auch da, haben die halt irgendwann mal ein hohes Ambitionsniveau gezeigt, was sich halt irgendwo drin ausdrückt. Aber klar, es gibt natürlich eine Reihe von Leuten, die aus welchen Gründen auch immer gar nicht die Chance hatten zu verstehen, dass es halt einen Unterschied gibt zwischen einer X, Wald- und Wiesenberatung und einem McKinsey. Trotzdem können sie natürlich eigentlich sehr gut sein, nur weil sie das so, aber die Suchkosten, solche Leute zu identifizieren, sind natürlich deutlich höher. Es gibt ja auch immer so den Vorwurf, gerade so bei McKinsey muss man, glaube ich, zwei in Abi in Watten haben oder so. Es kann natürlich tausend Gründe haben, warum jetzt gerade einer in dem Jahr dann vier hatte. Trotzdem kann er gut sein.

Bloß die Wahrscheinlichkeit, dass das so ist, ist natürlich viel geringer. Den Punkt würde ich eins zu eins unterschreiben. Wir haben mittlerweile hier, muss man sagen, auch bei Project gerade wenn es so um Spezialisten-Tracks geht, muss man sagen, sehr gute Erfahrungen gemacht mit Leuten, die häufig einen etwas unkonventionellen Background haben, muss man sagen. Das heißt, es kann schon sozusagen Sinn machen, sich die Mühe zu machen, da auch anderen Leuten eine Chance zu geben. Aber klar, die Wahrscheinlichkeiten sind natürlich geringer. Bloß ich glaube gerade so, wenn du im technischen Bereich bist oder im Produktbereich oder so, wenn du da Greatness haben willst, dann können das auch mal Leute sein, die eben einen ganz anderen Background haben. Aber es erhöht einfach die Suchkosten.

Joel Kaczmarek: So, den zweiten Faktor bei der Haltung, ich glaube, den können wir schnell abhandeln, weil er sehr relativ selbsterklärend ist, aber vielleicht hat Martin besonders spannende Beispiele dafür parat. Erfolgreiche Startup-Führungskräfte lieben unmöglich ist nichts Ziele.

Martin Schilling: Ja, genau, also das schließt jetzt stark an das an, was wir gerade schon gesagt haben. Also was wir eben gesehen haben, wenn Führungskräfte die Latte hochhängen, dann springen sie eben in der Regel auch höher und ihre Teams. Also da gibt es eine ganze Reihe von spannenden Beispielen ja aus der Historie. Also irgendwie so ein Henry Ford, der den V8-Motor so lange seinen Ingenieuren dieses Ziel gegeben hat, da acht Zylinder auf den Motorblock zu schrauben, bis es geklappt hat. Oder so jemand wie die Katherine Johnson, die ja bei der NASA als Afroamerikanerin die erste Programmiererin war. Ja, oder auch so jemand wie Arnold Schwarzenegger, der ja irgendwie nicht nur der Top-Portierer da war, aber dann ja auch noch eine politische karriere gemacht hat und irgendwie auch noch ein film schauspieler war. also leute die eben die latte sehr hoch hängen die springen in der regel höher.

Joel Kaczmarek: so und da sollte man eben schon auch drüber Florian, woran erkennt man solche Leute, wenn wir auch mal darüber sprechen, wie ich das bei der Rekrutierung quasi versuche einzubauen?

Florian Heinemann: Ja, aber ich glaube, das geht schon so ein bisschen auch in die Richtung, was wir gerade hatten. Also wenn jemand mal Sport auf einem exzellenten Niveau betrieben hat, dann spricht das schon dafür, dass er eben, weil das ist ja etwas, das machst du ja aus freien Stücken, das machst du sozusagen aus inneren Ambitionen oder aus einem inneren Ehrgeiz. Und wenn du da in der Lage warst, mal so einen Ehrgeiz zu entwickeln, dann spricht das schon dafür. Das kann aber auch theoretisch der Aufbau von irgendeinem, keine Ahnung, eine Initiative zur Hilfe von Flüchtlingen gewesen sein, was eben ein Riesenprojekt war. Also einfach nur zu sagen, jemand ist halt in der Lage, selbst sich Ziele zu erfüllen oder Ziele zu setzen und dann vielleicht auch zum Teil zumindest zu erfüllen, was eben der Großteil der Bevölkerung nicht tut. Und ich glaube, da gibt es verschiedene Sachen, wo man dieses Ambitionsniveau zeigen kann. Und ich glaube, solche Leute sind dann auch in der Lage, das zumindest zu einem gewissen Prozentsatz oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einem Unternehmenskontext umzusetzen.

Martin Schilling: Genau, das möchte ich nochmal kurz anschließen zu dem, was Florian gesagt hat. Und sowas kann auch relativ spät kommen, das ist ja sehr interessant. Also es gibt eine ganze Reihe von Studien, die ja sagen, Unicorn-Founder haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, entweder direkt von der Uni selbst zu gründen, also nie irgendwas anders gesehen zu haben, aber einfach eine ganz große Vision zu verfolgen oder aber später in der Karriere aus so einem Tier-1-Umfeld zu kommen. Also dann irgendwie zu sagen, du hast mal seen greatness, wie Florian vorhin gesagt hat, und dann eben zu gründen. Das sind nochmal so zwei Ebenen, wo man, wie gesagt, auch ein bisschen später damit starten kann.

Florian Heinemann: Eine Anmerkung noch dazu. Und was ich schon auch beobachte, ich meine, da gehöre ich auch, glaube ich, selbst zu. Ich bin jetzt, das sollte man wahrscheinlich nicht so glauben, aber ich bin von mir selbst aus ein eher vorsichtiger Typ. Und dann merkst du eben sozusagen auf einmal, also viele Leute, das geht so ein bisschen in die Richtung, was Martin auch sagte, die brauchen auch sozusagen diesen Erweckungsmoment, dass große Dinge möglich sind für vermeintlich normale Menschen. Also das finde ich auch immer wieder so ein Erweckungsmoment. Gerade wenn du eben nicht aus diesem Umfeld kommst und vielleicht auch nicht aus diesem sozialen Umfeld kommst, dann brauchst du eben diesen Erweckungsmoment, um überhaupt zu merken, was möglich ist. Und wofür ich immer plädiere, ist, diesen Leuten dann auch die Chance zu geben.

Also sozusagen, man muss nicht schon mit zwölf versucht haben, der Riesenunternehmer zu sein, auch wenn dieser Erweckungsmoment mit 25, 35 kam. dann kann das immer noch zum gleichen sozusagen Exzellenzanspruch und Ambitionsanspruch führen. Und das ist ja so ein bisschen immer mein Petitum. Ich glaube, wenn man bei Leuten richtig kitzelt und die richtigen Knöpfe drückt, dann sind dazu eigentlich viel mehr Leute in der Lage, als man eigentlich so denkt. Und ich glaube, deswegen gerade die Leute eben, die nicht dieses fördernde Umfeld hatten, da ist es, glaube ich, völlig okay, wenn man dann sozusagen diesen Moment, aber ich glaube, irgendwann muss der halt mal kommen. Also das ist eigentlich schon, aber wann der genau kommt Das ist nach meiner Erfahrung zumindest relativ egal. Es ist jetzt nicht so, dass die Leute, die das mit 16 schon hatten oder mit 12, aus welchen Gründen auch immer, dass die dann irgendwie besser sind oder leistungsfähiger als die, die das später hatten.

Martin Schilling: Das glaube ich nicht. Bei mir war das bei N26 dann augenöffnend, was wir da als kleines und auch relativ unerfahrenes Team geschafft haben. Wir haben ja die großen Banken rausgefordert. Deswegen ist dieses Umfeld Startup Scale-Up eben so spannend und deswegen sollte man vielleicht auch hier unter Überlegen einfach mal aus den goldenen Käfigen der großen Unternehmen rauszukommen.

Joel Kaczmarek: Gut, passt ja unser dritter Punkt aber auch sehr gut als Überleitung zu dem, was wir gerade hatten, was Florian eben auch noch meinte. Erfolgreiche Startup-Führungskräfte wissen nicht alles, sondern lernen alles. Was heißt das, Martin?

Martin Schilling: Also du kommst in diesen Umfeldern, also wenn man aus Startups Unicorns macht, nicht um eine sehr kollaborative Haltung rum. Also da geht's Darum eben nicht die Ellenbogen auszufahren, eben nicht sich politisch zu verhalten, sondern eben zu sagen, hey, wir sitzen alle in einem Boot. Wir sind ja auch oft gemeinsam inzentiviert, das Boot eben groß zu machen. Und so diese Haltung, dass man eben jetzt zurückblickend auf einen klaren, Nordstern hinarbeitend gemeinsam sich einhakt und dann in die eine Richtung marschiert, da kommst du nicht drum rum, solche Leute einzustellen. Also ein wichtiges Thema dabei ist die sogenannte psychologische Sicherheit. Google hat eine ganze Reihe von spannenden Studien gemacht. Also das ist der zentrale Faktor von Hocheffektivität. Also wenn sich die Kollegen im Team sicher fühlen, also auch mal Fehler zugeben, kollaborativ mit ihren Coworkern zusammenarbeiten, das ist der Faktor für starke Teams und du brauchst Führungskräfte, die kollaborativ psychologische Sicherheit in Firmen etablieren.

Joel Kaczmarek: Florian, wie geht es dir damit mit dem Punkt? Du hast ja von den Alphatieren eigentlich geredet.

Florian Heinemann: Ja, aber ich glaube, das muss jetzt nicht unbedingt, das steht jetzt nicht unbedingt im Widerspruch. Ich hatte jetzt eher sozusagen Alphatiere im Sinne von Gestaltungsanspruch und sozusagen weniger im Sinne von man weiß schon alles oder man kennt schon alles. Sondern ich glaube, das ist eher verbunden mit dem Punkt, was ich auch schon gerade versucht habe, darüber zu bringen, sozusagen die Relevanz von implizitem Wissen bei innovativen neuen Geschäftsmodellen. Das ist ja genau das, die Fähigkeit schnell in neuen Umfeldern, weil die meisten irgendeinen Unicorn-Status erreichen, machen ja irgendwas anders als das, was da vorher lief. Jetzt im Fall von NZ26, dass halt da die Banken ausgefordert wurden. Im Fall von Trade Republic, die auf einmal versuchen, sozusagen den Aktien- und Derivatehandel fundamental anders zu machen als vorher, wo dann eben relativ viele Dinge noch nicht so richtig klar sind und wo dann eben dieser schnelle Aufbau von Impliziten, Das ist ja genau das, dass eben Leute, die das sehr, sehr gut können, dass die da erfolgreich sein werden. Und je höher der Anteil sozusagen von implizitem Wissen ist, am gesamten Wissen, um sozusagen erfolgreich in einem Space zu sein, desto stärker ist das ja auch ein Space, wo unerfahrene Gründer mit wenig Erfahrung auf einmal eine Chance haben.

Weil sozusagen die relative Fähigkeit zu lernen eben an Relevanz gewinnt oder Erfolgsrelevanz gewinnt im Verhältnis zu Erfahrungswissen, was ja in der Regel auf explizitem Wissen sehr stark basiert. Und ich glaube, das ist ja genau sozusagen das. Und ich glaube, deswegen musst du dir auch immer, wenn du eben versuchst, so ein Unicorn zu bauen, aus meiner Sicht auch Spaces suchen oder Bereiche suchen. wo sozusagen die Relevanz von Lernen schrägstrich der Generierung von implizitem Wissen, wo das im Prinzip ein dominanter Faktor ist. Also insofern würde ich sagen, einhundertprozentig klar. Das heißt nicht, dass erfahrene Menschen das nicht auch können. Ich glaube, das zeigt sich auch in den USA, wo du ja siehst, auch das Unicorn Founder, nach meinem Verständnis jetzt, da wirst du die Studien besser kennen, Martin, im Verhältnis älter sind als bei uns. Also das schließt sich jetzt nicht unbedingt aus, aber es gibt sozusagen sicherlich jüngeren Foundern, die noch unerfahrener sind, zumindest mal relativ gesehen eine deutlich bessere Chance als jetzt im, was ich, Hardcore-Maschinenbau, wo du jetzt, oder Automobil, traditioneller Automobilfahrzeugbau, wo halt einfach ein tradiertes Wissen sehr stark explizit auch schon gemacht wurde und gelehrt wird.

Joel Kaczmarek: Aber Martin, nochmal aus Rekrutierungssicht gesprochen, würdest du Menschen eher einstellen, die Gründungserfahrung haben, aber nicht Branchenerfahrung? Weil das ist ja so ein bisschen der Tonus, den wir hier gerade diskutieren, dass man sagt, alles klar, was darf der in dem Bereich schon gesehen haben, ohne dass sein Geist schon zu verbraucht ist? Also ich habe bei dir jetzt stark rausgehört, es braucht manchmal dieses Verrückte, dieses mal was wagen, woran gar keiner denkt. Auf der anderen Seite ist es ja schon so, wenn du zum zweiten, dritten Mal gründest, ist das erfolgswahrscheinlichkeitsfördernd. Ja, definitiv.

Martin Schilling: Also was ich jetzt in meiner Operator-Erfahrung erlebt habe, ist ein paar Jahre Branchenerfahrung immer hilfreich. Also wenn du mal jetzt eine Bank von innen gesehen hast, zwei, drei Jahre, super. Wenn du dort jetzt zehn Jahre maßgeblich involviert warst, Geschäftsstrategien zu gestalten, dann hast du teilweise die Annahmen so aufgesogen der Branche, dass du gar nicht mehr in der Lage bist, mal ganz frisch und im Schuss Navität über ein neues Produkt nachzudenken. Also deswegen, ich habe mich immer schwer getan, also da gibt es immer Ausnahmen, aber jemand, der viele Jahre in einem tradierten Konzern gearbeitet hat, der die dann vielleicht nicht schon auch nochmal irgendwas anders gegründet hat oder irgendeinen schönen Seitenschritt gemacht hat, dann in eine Führungsrolle direkt zu nehmen. Das kann klappen, aber da ist ein Risiko dran. Noch ein weiterer wichtiger Punkt hier am Rande, also nicht alles Wissen, sondern alles Lernen. Im Bereich Startup Scale-Ups sollte man auch die Jobbeschreibungen nicht wortwörtlich unbedingt nehmen. Da gibt es ja dann immer relativ viele Punkte, die man da erfüllen muss, also ein hohes analytisches Wissen und viele Jahre Erfahrung und so weiter. Auch da kann man durchaus mal sagen, hey, ich weiß von den sieben Punkten, weiß ich jetzt, kann ich zwei, drei nicht, die lerne ich dann on the job. Das ist vielleicht auch nochmal, dass man sich da nicht abschrecken lässt, dass diese Haltung, Wissen nicht alles und alles lernen, die trägt auch bei dem Beeinstellungsgespräch.

Joel Kaczmarek: Letzter Haltungspunkt. Erfolgreiche Startup-Führungskräfte haben einen Bias to Action. Erklär mal, was bedeutet das? Das war so eine der Wortkombinationen, die mir gar nicht so geläufig war.

Martin Schilling: Das ist das Typische, was du eben in einem Startup brauchst im Vergleich zu einer großen Firma. Also, wo du in einer großen Firma in der Regel Infrastruktur um dich herum hast, also jemand, der eine Datenanalyse macht oder der einen gut aufgesetzten Rekrutierungsprozess, sowas, hast du das in einem Startup in der Regel ja nicht. Du musst das ja erst bauen. Dementsprechend wichtig ist es, dass die Führungskräfte einfach mal Ärmel hochkrempeln und auch sich nicht zu schade sind, selbst zu machen. Also Jobbeschreibung schreiben, Customer Journey mal hinsetzen, vielleicht auch mal ein, zwei Linien Code schreiben. Also dieses Ärmel hochkrempeln und sich die Finger schmutzig machen, das ist in einem Startup eben besonders wichtig und auch bei den Führungskräften.

Joel Kaczmarek: Und wie kann ich das im Recruiting solcher Menschen abtesten? Also hast du irgendwie Punkte für dich schon entdeckt, wo man das quasi ablesen kann?

Martin Schilling: Also was wir immer gemacht haben, sind unvorbereitete Fallstudien. Da geht es immer besonders gut. Also nicht zu sagen, hey, ich schicke dir jetzt mal drei, vier Fallstudien, bereite es dich vor und dann kommst du und dann besprechen wir das, sondern im Gespräch zu sagen, jetzt lass uns doch mal an die Wand malen so einen KPI-Set für einen Kundenservice, wie du den steuerst. Also ganz konkrete Fallstudien mitnehmen, die man dann gemeinsam an einen Whiteboard malt. Das ist eine Sache, wo man es rausbekommt, wie tief die jeweiligen Kolleginnen und Kollegen denn im Operativen sind.

Joel Kaczmarek: Florian, wie geht es denn dir mit dem Punkt? Weil ich meine, eigentlich möchte man ja meinen, dass das Menschen sind, die Teams führen müssen. Also Micromanagement ist ja dann schnell so ein Thema, wo man aufpassen muss. Wie geht es dir damit?

Florian Heinemann: Ja, ich glaube, es ist auch wieder eine Typfrage. Also ich bin ja auch jemand, der jetzt sozusagen immer relativ stark jetzt für mich persönlich versucht hat, so in diesem Marketingbereich eine Expertise aufzubauen, mir da quasi die Finger schmutzig zu machen. Das ist jetzt mittlerweile nicht mehr möglich. War ich mit denen nicht mehr ganz so schmutzig, aber eine ganze Zeit lang eben schon. Das ist schon etwas, was ich auch vielen rate, zu sagen, baue nicht nur sozusagen so eine General-Management-Expertise auf, sondern versuche im Prinzip in ein, zwei Bereichen auch mal eine tiefere Expertise aufzubauen. Und da ist es eigentlich nicht egal, was es ist sozusagen. Also ideal ist natürlich programmiert oder eine technische Expertise. Das ist jetzt Schwierig, glaube ich, das in meinem Alltag jetzt noch irgendwie sehr, sehr gut zu lernen, aber ich glaube generell Leute, die auch bereit sind mal zu sagen, ich gehe ins Produktmanagement, obwohl sie vielleicht vorher bei McKinsey waren oder ich bin bereit, mich wirklich ins Marketing reinzudenken oder BI, also die bereit sind auch mal solche, das ist glaube ich schon ein wesentliches Erfolgskriterium, sorgt für Credibility. um dann auch später eine bessere Führungskraft zu sein.

Und da geht es eigentlich weniger auch nur um dann immer das konkrete Fachwissen, was man da hat, sondern einfach, dass man bereit ist und auch ein hohes Maß an Respekt für diese exekutiven, execution-operativen Tätigkeiten irgendwo hat. Ich glaube, das ist auf jeden Fall wichtig. Und Leute, die bereit sind, das zu tun oder gezeigt haben in ihrem Lebenslauf, dass sie bereit waren, das zu tun, haben, glaube ich, auch eine höhere Wertschätzung dafür. Und ich glaube, gerade im Startup-Kontext, wo sozusagen viel noch nicht eingefahren ist oder wo solche Sachen auch häufig gebaut werden müssen, das ist wie bei dem Architekturthema. Ich glaube, selbst mal Dinge from scratch gemacht zu haben oder die Bereitschaft gezeigt zu haben, das zu tun und das nicht sozusagen als minderwertig abzutun, das macht einen auch zu einem besseren Architekten und zu einer besseren Führungskraft, weil gerade in so Umfeldern, die operativ noch in einer recht frühen Phase sind und die sich finden müssen und wo eben dieses implizite Wissen aufgebaut Da hilft, glaube ich, diese Haltung ungemein, weil sozusagen der Werthebel von irgendwelchen strategischen Themen und General Management Themen, der ist natürlich auch da, aber der ist natürlich häufig in einem Startup-Kontext wahrscheinlich im Verhältnis zu, jetzt ich bin in der Strategieabteilung von Siemens, wo du dann irgendwelche Portfolio-Geschichten machst, ist häufig schon deutlich größer. Also insofern würde ich schon immer darauf achten, dass Leute bereit sind, eben auch dort aktiv zu werden und sich dafür eben nicht zu schade sind, würde ich auch so sehen.

Martin Schilling: Und vielleicht noch mal kurz ergänzt zu Florian, also wir sprachen gerade von Wertschätzung und die läuft dann natürlich auch vom Team zur Führungskraft. Also wenn man einfach mal gezeigt hat, hey, man kann sich eben auch mal an ein Telefon klemmen und mit Kunden ein paar Themen lösen und sei es einfach nur symbolisch, irgendwie einmal im Monat, schafft es sehr viel Wertschätzung von den Kollegen oder auch mal sowas in einem Lagerhaus. Einfach mal da im Monat an einen Tag mal mit anzupacken und Pakete zu packen. Diese Haltung wird sehr, sehr geschätzt von den Kollegen in Startups und Scale-Ups.

Florian Heinemann: Und sorgt vielleicht auch so ein bisschen für so eine, dass sich eben diese Lagerbildung, wie du sie zum Teil hattest, also wo man das schon auch bei so einem Zalando oder so, wo du dann so das McKinsey-Lager hast oder das Ex-McKinsey-Lager und dann die Fachexperten. Da muss man schon sehr aufpassen, dass du eben nicht so eine Lagerbildung hast von jetzt vermeintlichen Triple-A-Playern, die sich die Finger nicht schmutzig machen und denjenigen, die dann sozusagen die operative Arbeit machen. Und ich glaube, je mehr Brücken du da baust, indem du halt zeigst, das ist etwas, alles trägt hier zu bei, sorgt, glaube ich, enorm dafür, so eine Lagerbildung zwischen verschiedenen Employee-Gruppen vorzubeugen. Und das ist, glaube ich, total wichtig, um quasi das Beste aus diesen beiden Welten zu haben und auch so eine gewisse Durchlässigkeit. Weil es kann ja durchaus sein, dass Fachexperten, die exzellent sind in irgendwas, dass die sich eben auch zur Top-Führungskraft weiterentwickeln. Und genauso umgekehrt. Und ich glaube, je stärker man da Brücken baut, desto besser ist das auch für so ein Betriebsklima und Organisationsklima, was dann entsteht.

Joel Kaczmarek: Gut, soviel zu unserem ersten Themenblock, die richtige Haltung. Was sind AAA-Teams, warum brauch ich die? Welche Haltung haben sie? Wie gewinn ich sie? Also, Rekrutierungsmaschine mal als Überthema. Martin, was sind die typischen Fallstricke, die du da beobachtet hast?

Martin Schilling: Also lass uns mal mit einem übergreifenden Thema starten. Also das People-Team ist nicht primär das Feel-Good-Team. Also das ist wirklich wichtig zu verstehen. Oft wird das People-Team gleichgesetzt mit Yoga-Kursen, Obstkörben, Massagen am Arbeitsplatz. Das mag alles wichtig sein. Das Entscheidende ist, dass du Leute hast auf deiner People-Seite, die 12 bis 18 Monate die Zukunft denken und mit dir an der Steigerung des Unternehmenswerts arbeiten. Und das heißt eben auch dass du das People-Team, die Verantwortlichen, da relativ zentral und hoch in der Organisation aufhängst. Also Chief People Officer einstellen als Stichwort oder VP People an den CEO direkt berichten lassen und eben nicht das Thema wegdelegieren an einen Junior, der irgendwie in der Assistenz sitzt oder irgendwie in den Chief of Staff, der sehr Junior ist. Ich glaube, das ist der erste Fallstrick.

Joel Kaczmarek: Okay, kannst du das nochmal ein bisschen detaillierter ausführen, warum das so zentral ist? Also ich meine, Wohlfühlfaktor ist ja eigentlich relevant, aber lass uns da nochmal weiter reingraben, weil ich glaube, der Kernpunkt wurde klar, aber kannst du das nochmal ein bisschen auch mit Beispiel belegen?

Martin Schilling: Was ich selbst auch oft erlebt habe und jetzt auch immer wieder gehört habe, es gibt eben so die Tendenz von vielen Kollegen in People-Teams, den ganzen Bereich des People-Teams als vor allen Dingen eben Feel-Good zu sehen. Also zu sagen, hey, ich bin dafür da, Mitarbeiter glücklich zu machen. Das ist auch gut so. Aber jetzt dazu gemeinsam zu überlegen, hey, welche AAA-Player brauchen wir? Wem muss die Organisation gebaut werden? Was sind so die zentralen Stellheben, die du aus der People-Seite bedienen kannst? Also so, dass du das ganze Thema People strategisch und zentral aufhängst. Das ist aus meiner Sicht ein zentrales Thema.

Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Ich meine, wir können, glaube ich, auch eine ganz gute Brücke mal zu unserer ersten Folge nochmal zum Nordstern schlagen. Ist das so ein typischer Classic, dass man das vielleicht auch am Anfang vernachlässigt, aber eigentlich relativ früh drin haben sollte?

Martin Schilling: Absolut. Also das ist aus meiner Sicht auch der zweite Fallstrick. Also wenn du es schaffst, einen Nordstern zu bauen, wie wir es in der letzten Folge diskutiert haben, und der so klar ist, dass deine Führungskräfte nachts um drei aufweckbar sind und die beten dir alle Purpose, Geschäftsziele, Wertversprechen, OKRs runter und in einer ähnlichen Art und Weise, das ist unfassbar attraktiv für AAA-Player.

Joel Kaczmarek: Der andere Classic, der mir so in den Kopf kommt, wenn man über Hiring redet, weil ich möchte mit euch gleich noch über Leistbarkeit von AAA-Playern reden, ist ja eigentlich dieser typische Faktor Zeitdruck. Du hast eine Recruiting-Pipeline, du hast Wachstumsdruck, du willst was schaffen und hast manchmal gar nicht die Zeit, immer den AAA-Kandidaten zu nehmen, sondern vielleicht nimmst du immer nur den AA- oder den BBB-Kandidaten. Was fällt dir dazu ein, weil wir über typische Fallstricke reden?

Martin Schilling: Ja, genau richtig, wie du sagst, Joel. Ein Kernfallstrick ist, unter Zeitdruck die Recruiting-Latte zu niedrig zu hängen. Ist mir selbst auch mehrmals so gegangen. Dann hast du Situationen, du hast ein großes operatives Thema, also zum Beispiel der Kundendienst funktioniert nicht gut. Du weißt, du hast große Lücken im Organigramm und musst dringend Rollen besetzen. So, und jetzt hast du aber eine Rekrutierungspipeline, einen Trichter, wo einfach ein paar Kandidaten drin sind, aber die sind alle okay, aber nicht großartig. So. Und in so einem Moment dann zu sagen, hey, nein, stopp, lass uns jetzt nochmal drei Monate warten und in drei Monaten nochmal wirklich Top-Kandidaten suchen, um hier nochmal eine Chance zu haben, wirklich die sehr guten Hire zu machen, das ist so unfassbar wichtig. Also das nicht zu tun, da Kompromisse zu machen, dafür bezahlt man doppelt und dreifach. Und zwar du selbst als Einstellender, der eingestellt wird oder und die ganze Organisation.

Joel Kaczmarek: Okay, also deine klare Empfehlung ist, da nicht dem Hang nachzugeben, dass man eilen will, sondern man braucht sozusagen länger, wenn man sich für die kurzfristige Optimierung entscheidet. Ja genau.

Martin Schilling: und was halt da ganz spannend ist, wenn man jemanden in den Recruiting-Prozess nimmt, der den Schmerz des Nicht-Rekrutierens nicht fühlt, also im Prinzip jemand vom Board zum Beispiel oder einen externen Experten, der jetzt der oder die einfach den Druck nicht fühlt, dann ist das ein sehr gutes Korrektiv, weil die Personen immer einen relativ hohen Standard anlegen werden und eben nicht dann die Latte tiefer

Joel Kaczmarek: hängen. Florian, was Martin gerade meinte mit dem Faktor, die Recruiting-Latte lieber nicht zu niedrig hängen. Das ist ja mal leicht gesagt, ne? Ich weiß, er hat das ja selber auch am eigenen Leib gespült, deswegen sagt er es nicht unbedacht, aber wie siehst du das denn an der Startup-Front, wenn eigentlich es an allen Ecken drückt, der Kessel so, der Dampf geht hoch, der Zeiger bewegt sich in den roten Bereich, du musst was machen? Und hast aber nicht das Talent. Bist du dann auch auf der Achse, auf der Martin ist, dass man sagt, alles klar, nee, dieser typische Fallstrick, ich nehme denjenigen so second best oder diejenige, dass das ein Fehler ist. oder würdest du sagen, das darf man auch mal abmixen?

Florian Heinemann: Ja, ich glaube, eine generelle Beobachtung ist ja sozusagen oder woran ich mittlerweile sehr stark glaube, ist dieses ganze Thema Pfadabhängigkeit, wenn du dich sozusagen auf einem Pfad der Mittelmäßigkeit bewegst. dann determiniert das sehr stark sozusagen die Art der Entwicklung, die du halt vollziehen wirst. Und ich glaube gerade an der Stelle, also ich glaube, man kann auch mal bei normalen Mitarbeitern gewisse Kompromisse machen, sage ich jetzt mal. Aber bei Führungskräften, wo man wirklich sagt, das sollen eigentlich diejenigen sein, die den Standard in einem gewissen Bereich setzen, der eine hohe Relevanz hat. Da macht es sicherlich Sinn, eher mal ein paar Wochen länger zu warten und dass es lieber nochmal ein bisschen quietscht. Ich glaube, wenn man einmal jemanden dort hat, der im Prinzip Mittelmäßigkeit zementiert, dann ist es sehr schwer und auch für andere Bereiche sehr frustrierend. Das ist auch, was du häufig merkst. Also wenn du nicht so eine gewisse Parallelität auch zwischen den von Exzellenzniveaus in den Fachbereichen hast, das ist auch nicht gut, weil dann häufig du eben sozusagen einen Engpass erzeugst in einem Fachbereich, der wieder alle anderen zurückhält. Insofern da Kompromisse zu machen, Hat vermutlich relativ hohe Folgekosten. Man kann natürlich immer Glück haben und merken so, die Person, die jetzt, wo man sagte, das ist jetzt doch noch nicht der AAA-Sonst-Irgendwas-Player, der entpuppt sich als wahnsinnig potenzialträchtig.

Das kann natürlich immer sein, aber ich glaube, jetzt einen bewussten Kompromiss zu machen, mein Ratschlag oder meine Beobachtung wäre, lieber drei Monate länger warten und die richtige Person. als die falsche Person. Weil wenn man so eine Person dann erstmal da sitzen hat, dann ist die da für zwei, drei Jahre. Das kann schon echt ein Problem hervorrufen. Und das Nächste ist ja sozusagen, du brauchst ja als Person, wenn du irgendwo reinkommst, du hast gewisse Anlaufzeiten, du musst selbst auch produktiv werden mit anderen Abteilungen, mit denen du zusammenarbeitest. Das dauert ja. Das heißt, du hast so hohe Rüstkosten und dann wieder jemanden zu wechseln, weil man merkt, das hat doch nicht funktioniert. Dann ist häufig die Zeit, die man dann braucht, länger, als wenn man von Anfang an die richtige Person geheiert hätte. Und selbst dann ist ja noch, selbst wenn man voll überzeugt ist, hat man ja immer noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es sich dann doch als nicht ganz so gut erweist, wie man das ursprünglich dachte. Also insofern gerade bei den Führungskräften oder gerade sozusagen bei den drei Ebenen, die Martin da zu Beginn umrissen hatte, dort quasi das Ambitionsniveau zu heiern, von dem man davon ausgeht, dass man es in den nächsten Jahren brauchen wird, da konsequent zu sein, ist, glaube ich, total wichtig.

Martin Schilling: Ich habe dazu auch nochmal eine Frage an Florian. Also aus meiner Erfahrung tun sich auch damit manchmal VCs schwer. Also nur so dieses Szenario, du hast halt im Founderkreis vielleicht mal ein, zwei Kandidaten oder auch nur einen, wo alle wissen, na eigentlich passt es jetzt nicht mehr. Also die Rolle ist der Person entwachsen. Und da ist meine Beobachtung, dass sich auch viele VCs dann schwer tun, mal sehr klar Farbe zu bekennen. Da würde mich einfach nochmal deine Meinung interessieren, was da so oft dahinter steckt dann.

Florian Heinemann: Ja, ich glaube, das hast du richtig beobachtet. Und die Frage ist natürlich, woran liegt das? Also ist das einfach eine allgemeine Konfliktscheue von VCs? Und ich glaube, was man schon nicht unterschätzen darf, ist bei sehr gut laufenden Startups ist natürlich der Gründer, egal wie viel Prozent er jetzt hat oder das Gründerteam, sind halt in einer wahnsinnig starken Machtposition, auch im Verhältnis zu den Investoren. Das ist anders als jetzt im Private Equity Bereich, wo du eine laufende Firma hast, die gehört zur Mehrheit einem Investor, der kann im Prinzip machen und tun, was er möchte. und die Firma ist auch in sich so stabil, dass man da auch Leute austauschen kann. Das ist ja bei einem Unicorn, was noch defizitär ist, was sozusagen noch in der Entwicklungsphase ist. Was noch nicht so stabil ist, da ist die Rolle des Gründers und die Bedeutung des Gründers oder des Gründerteams ist schon wahnsinnig hoch im Verhältnis. Ich glaube, das erklärt auch so eine Zurückhaltung von Investoren, weil natürlich diese Bekenntnis gegen einen Gründer, wenn das einmal ausgesprochen ist, das ist halt wie die Zahnpasta, die nicht wieder zurückgeht in die Tube. Das ist ein Risiko, wo man auch nicht unbedingt das eingehen möchte, weil es hilft ja nur dann was. diese Meinung zu äußern, wenn die Mehrheit der Investoren das so sieht und sich auch zu dieser Meinung bekennt. Und wenn natürlich letztendlich auch das Gründerteam selbst sich dazu bekennt. Und da hast du natürlich, dann sind das häufig ja Freundschaften aus der Uni oder sonst irgendwas.

Also da hast du ja noch viele Emotionalitäten, die dann noch damit einhergehen und sich da sozusagen als derjenige aus der Deckung zu wagen. Die das dann nicht, aber ich gebe dir total recht, es wäre unglaublich gesund und es wäre auch sehr erwachsen, wenn man das sehr stark adressieren würde, weil es ist ja nicht schlimm. Kann ja trotzdem sein, dass der Gründer oder die Gründerin oder wer auch immer jetzt da, dass der trotzdem eine sehr schöne Funktion, eine wertstiftende Funktion in der Firma wahrnehmen kann, als was auch immer. Das heißt ja nicht, nur weil jetzt jemand nicht mehr im Vorstand, in der Geschäftsführung oder sonst irgendwas seine Rolle ausfüllt. Heißt ja nicht, dass diese Person keine Stärken hat, die jetzt irgendwie zu beitragen könnten. Aber ich gebe dir völlig recht, diese Diskussion erwachsen zu führen, das gelingt gar nicht so häufig und das war jetzt gerade mal so ein kleiner Erklärungsansatz, warum das so ist. Aber ich gebe dir völlig recht, das ist, glaube ich, mit einer der Gründe, warum wir so ein Hit getriebenes Business sind. sozusagen, dass häufig die Handlungsfähigkeit bei nicht so guten Setups, weil du auch so einen verteilten Investorenkreis hast mit einer unklaren Mehrheitsfindung, mit einer unklaren Meinungsbildung, dass das häufig dazu beiträgt, dass Firmen unter Potenzial bleiben. Da gebe ich dir total recht. Und wir haben jetzt gerade einen Fall im Portfolio, wo das sehr gut gemacht wird, weil sozusagen aber auch, muss man sagen, das Gründerteam sich eben selbst realisiert, dass da gewisse Leute diese Entwicklung nicht mitgehen und dass da eine Rollenveränderung herbeigeführt werden muss und so weiter. Aber das ist nicht so einfach. Gerade wenn du dir als Investor nicht so hundertprozentig sicher bist, wie ist eigentlich deine Position im Rahmen der nächsten Runde? und so weiter. Aber sehr spannende Beobachtungen, hast du völlig recht.

Joel Kaczmarek: Gut, Martin, was ist denn mit dem Fall, wir haben jetzt gesagt, man hat vielleicht, manchmal nimmt man sich nicht die Zeit, die AAA-Leute zu holen. Manchmal sagen die AAA-Leute vielleicht aber auch Ab. Hast du da für dich so einen Best-Practice-Umgang gefunden, wenn wir über Rekrutierung reden?

Martin Schilling: Ja, also super wichtiges Thema. Triple-A-Kandidaten sind begehrt und auch in der Regel sehr loyal. Also das heißt, die bewerben sich vielleicht auch nicht auf die Stelle, die man da so ausschreibt und sie nehmen vielleicht auch nicht jedes Angebot an, das man ihnen macht. Wie ich damit immer umgegangen bin, ich habe ein Nein eines Top-Kandidaten. einer Top-Führungskraft als Nein nicht akzeptiert. Also de facto bin ich der Person hinterhergelaufen. Teilweise für sechs bis zwölf Monate. Das heißt, irgendwie jeden Monat mal sich gemeldet, vielleicht eine Buchempfehlung geschickt, eine Podcast-Empfehlung mal wieder angerufen und im Prinzip immer wieder gesagt, hey, du bist die Person, die wir jetzt brauchen. Deine Fähigkeiten, dein Potenzial passt perfekt zu unserer Vision als Firma. So, und das zieht. Also irgendwann, ich habe die besten Einstellungen, die ich gemacht habe, waren Leute, die erst Nein gesagt haben, denen ich ein halbes Jahr hinterhergelaufen bin und die dann gekommen sind.

Joel Kaczmarek: Steht da Tropfen, erhöht den Stein, sagt man so schön, ne? Genau. Okay. Dann hast du irgendwie in deiner Liste, also wir machen jetzt kein Geheimnis draus, das, was wir hier durch die Klinik nehmen, ist ja viel basierend auch auf deinen Buchkapiteln. Zwei Punkte, die glaube ich so ein Stück weit miteinander verheiratbar sind, wo mich mal interessieren würde, was genau du dazu meinst. Das eine ist, dass man leicht versäumt einen Talentakquisemuskel, hast du das genannt, also das Sourcing aufzubauen und dass der eigene Rekrutierungstrichter oft nicht diszipliniert genug gemanagt wird. Gefühlt hängt beides so ein Stück weit zusammen. Erzähl mal ganz kurz, was damit gemeint ist.

Martin Schilling: Also der Talent-Akquise-Muskel ist der wichtigste Muskel einer People-Organisation. Also viele People-Teams fokussieren sich drauf, irgendwie eine gute Recruiting-Erfahrung zu kreieren und nochmal Mitarbeiter glücklich zu machen. Das ist alles wichtig. Der entscheidende Punkt, wenn du vom Start-up zum Scale-Up gehst, ist, genug attraktive Kandidaten oben in den Rekrutierungstrichter hineinzubekommen. Und dazu brauchst du Jäger. Also Leute, die vom People-Team rausgehen mit Netzen nachts im Wald, nach Kandidaten die Netze auswerfen und die dann reinziehen. Dafür brauchst du personalisierte Ansprachen auf LinkedIn zum Beispiel, GitHub und Co. Dafür brauchst du eine gewisse Persistenz, damit weiterzukommen. Aber das ist der entscheidende Hebel, da weiterzukommen.

Joel Kaczmarek: Florian nickt bedächtig. Ist so diese ganze Rekrutierungsmaschinerie bei vielen gar nicht richtig tariert und eingestellt, dass man diese AAA-Leute nicht kriegt? Ist das ein Problem?

Florian Heinemann: Ja, ich glaube, das eine ist ja so irgendwelche Top-Führungskräfte. Da kann man ja auch mit Headhuntern arbeiten und so, die das dann vielleicht zum Teil übernehmen. Aber du brauchst es ja auch in der Breite. Und letztendlich ist das eine Sales-Organisation, die ja auch Genau wie eine Sales-Organisation aufgebaut ist, wo du sozusagen dann qualifizierte Kandidaten akquirierst. Du brauchst halt auch eine gewisse Menge, weil halt nur ein gewisser Teil da konvertieren wird, tatsächlich einen anfangenden Mitarbeiter. Und ich glaube sozusagen, wenn man sich anguckt, wie stringent Sales-Organisationen geführt werden oder häufig ja auch im digitalen Bereich in Verbindung mit so digitalen Lead-Gen-Organisationen. Wo halt dann der Lead-Richter ganz breit ist und dann wird das irgendwann übergeben an eine Sales-Organisation, die das dann persönlich abarbeitet und so weiter. Genau so musst du im Prinzip ja dein Recruiting auch aufbauen und genauso KPI-gesteuert musst du das auch machen. Also im Sinne von, wo kommen eigentlich die besten Kandidaten her, was ist der Cost per Hire, was ist der Cost per Quality. Candidate und so weiter. Also genauso, wie du es im Sales-Bereich auch machen würdest.

Und ich glaube, in der Stringenz machen das viele Firmen eben nicht, wie sie das im Sales-Bereich machen. Weil natürlich auch häufig die DNA in so einer Personalorganisation eine andere ist. Da ist eben der Fokus eher auf, wie du schon sagtest, Martin, dass es halt den Mitarbeitern gut geht, dass die gut weitergebildet werden, dass die Karrierepfade haben und so. Das ist auch alles wichtig. Verstehe ich auch. Aber das ist eben keine keine Outbound-Sales-Organisation. Und das ist auch eine andere DNA. Leute, die jetzt sozusagen sich mit Menschen gerne beschäftigen und die entwickeln wollen und so, das ist halt eine andere DNA, als eine Outbound-Sales-Organisation das hat. Und deswegen fällt es häufig, ich sage mal, insbesondere traditionell denkenderen Personalern, sehr schwer, da so ranzugehen. Ich glaube, das ist genau ja die Chance von sehr gut geführten Digitalfirmen, dass die sozusagen ihre Denke und ihre DNA aus dem Sales-Bereich, aus dem Marketing-Bereich und auch aus dem BI, also Business Intelligence-Bereich, auf diesen Recruiting-Teil übertragen können und das eben so machen. Und wie du schon sagst, du brauchst halt, wenn du da ein Unicorn, hat ja in der Regel ein paar hundert Mitarbeiter, teilweise noch mehr. Das heißt, du musst da jeden Monat im Prinzip einige Kandidaten ranschaffen, teilweise Dutzende von Kandidaten jeden Monat einstellen. Und dann brauchst du halt einen Funnel, der Faktor 10 mal so groß ist oder so. Also das sind dann schon echt viele Menschen, die du dann alleine ansprechen musst, um die Chance zu haben, dass es passt.

Und ich glaube, so dieses Spiel der großen Zahlen, dass man sich das klar macht, wenn du halt einen Kandidaten einstellen willst, dann bedingt das halt, dass du, was ich, 15, 20 qualifizierte Kandidaten halt hast. Dann werden das halt relativ schnell große Zahlen. und ich glaube, das muss man sich halt klar machen und man muss auch entsprechende Unterstützung eben bereitstellen, häufig eben vom BI-Bereich, vom Marketing-Bereich und häufig sind das auch Leute, damit haben wir zumindest immer ganz gute Erfahrungen gemacht, die vielleicht gar nicht so stark aus dem Recruiting kommen, sondern die sozusagen aus anderen Bereichen kommen und die dann quasi dem Recruiting-Bereich dabei helfen, überhaupt diese Fähigkeiten aufzubauen.

Joel Kaczmarek: Guter Stichwort zu Martins letzten Punkt rund um eine Rekrutierungsmaschine, ein Kandidaten-Empfehlungsprogramm aufzubauen. Dass viele das zu spät tun, ist so sein Befund gewesen. Martin, hast du da ein bisschen eigene Erfahrungen am eigenen Leibe gesammelt auch?

Martin Schilling: Habe ich, also jetzt nicht bei N26, sondern bei einer Reihe von Early-Startups, mit denen ich arbeite. Also das ist ein sehr dankbarer Hebel. Also Mitarbeiter, die von anderen Mitarbeitern geworben werden, rekrutiert man in der Regel 25% schneller, die bleiben länger und sind glücklicher. So, also das ist eine fantastische Quelle, um AAA-Kandidaten zu bekommen. Und da recht pragmatisch und früh ein Empfehlungsprogramm aufzubauen hilft. Und Empfehlungsprogramm heißt einfach, wenn ein Mitarbeiter einen anderen vorschlägt und dieser eingestellt wird, dann bekommt der vorschlagende Mitarbeiter eine Prämie nach erfolgreicher Probezeit. Also nach sechs Monaten gibt es dann zwischen 1.000 und 3.000 Euro. So, recht einfache Sache, aber hocheffektiv, um eben AAA-Kandidaten anzuziehen.

Joel Kaczmarek: Netter Geheimtipp nochmal, der wahrscheinlich gar nicht so heim ist, aber man vergisst manchmal die vermeintlich simpelsten Dinge, nämlich da zu sourcen, wo man schon drin ist, nämlich mit seinem eigenen Team.

Florian Heinemann: Machen wir auch. Wir inzentivieren das auch. Also gibt es gewisse Vergütungen. Ich kann jetzt gar nicht sagen, wie hoch das jetzt ist, aber pro Mitarbeiter, der wirklich bei uns in einem Portfolio anfängt, können bei uns auch die Mitarbeiter dann quasi einen Bonus auf ihr Gehalt verdienen. Und das klappt. Und letztendlich die Kosten pro Hire, die wir dann haben, ist immer noch der günstigste Kanal im Verhältnis zu vielen anderen. Einfach die Empfehlung aus der Mannschaft heraus. Und wie Martin schon sagte, das ist eigentlich ziemlich einfach gemacht, wenn man die Leute nur regelmäßig daran erinnert und auch sagt, hier, guck mal, man kann da übrigens echt auch einen vierstelligen Betrag quasi nebenher verdienen. Also wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Ist natürlich immer so ein bisschen zweischneidig geschwert. Sollte man jetzt Leute quasi dazu bringen, ihre Freunde zu empfehlen oder ihre Bekannten und damit Geld zu verdienen. Also wir haben das jetzt eben gemacht, diesen Weg. Wir machen damit eigentlich sehr gute Erfahrungen und man verkauft dir ja keine Versicherung, deswegen ist das glaube ich schon okay, sondern empfiehlt ihn ja in Zweifelsfall etwas, wozu man auch selbst irgendwie steht. Ich glaube, das ist dann schon okay, wenn man da so ein bisschen drüber nachdenkt.

Joel Kaczmarek: Muss man bei euch auf der Gehaltsliste sein? Kann ich euch nicht auch Leute empfehlen und vierstellige Beträge kriegen? Nur mal so.

Florian Heinemann: Können wir gerne drüber sprechen, Joel.

Joel Kaczmarek: Ich wollte gerade sagen, ich deute das Lachen mal als Zustimmung.

Florian Heinemann: Whatever works, sage ich mal. Verstehe.

Joel Kaczmarek: Mein letzter Punkt, wenn wir jetzt über AAA-Teams reden, AAA-Kandidaten, AAA-MitarbeiterInnen, Leistbarkeit ist ja so ein Thema. Die sind ja auch teuer, die wissen ja, was sie können, sonst wären sie ja nicht AAA. Wie geht ihr damit um? Wie kann man die Leistbarkeit von so etwas schaffen? Ist das, worüber wir hier reden, nur möglich, wenn ich so eine VC-gefundete On-Steroids-Company bin? Oder habt ihr auch Mittel und Wege schon gesehen in der Praxis, dass ihr es auch normalsterbliche Firmen leisten könnt?

Florian Heinemann: Ja, also kann ich gerne mal einen Versuch starten. Also ich glaube, was natürlich schon der Riesenvorteil von VC ist, VC finanziert, du kannst ja letztendlich, ich sage dazu mal Frontloaded Hiring, das heißt, du kannst dir im Prinzip Leute leisten, die du eigentlich noch nicht brauchst, von denen du aber glaubst, dass du sie dann brauchen wirst, also vom Kaliber gesehen. Und damit erhöhst du natürlich die Wahrscheinlichkeit, überhaupt erst auf dieses Niveau zu kommen. Und dazu musst du natürlich überinvestieren, sowohl quantitativ als auch qualitativ, weil das natürlich einfach die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass du da hinkommst. Insofern hast du natürlich als VC gefundete Firma, sagt sich das natürlich deutlich leichter. als wenn du jetzt sozusagen aus dem Cashflow lebst. Das ist tendenziell so. Also ich sage natürlich immer, sehr gute Mitarbeiter oder überproportional gute Mitarbeiter zahlen sich aus, die verdienen sich irgendwann selbst. Da bin ich fest von überzeugt. Aber du hast natürlich immer einen zeitlichen Versatz, wo du dann diese Leute einstellst und wo dann diese Leute den finanziellen Impact dann irgendwann generieren werden. Und diesen zeitlichen Versatz musst du natürlich in irgendeiner Weise zwischenfinanzieren. Entweder du kannst es halt, weil du Investorengelder hast oder du kannst es eben, weil du sowieso schon irgendeine Art von positiven Cashflow generierst, mit dem du es halt leisten kannst.

Das ist für mich eines der Kernargumente, VC aufzunehmen versus Bootstrapping, dass du natürlich Wahrscheinlichkeiten erhöhst, weil du ja im Bootstrapping-Modus eigentlich immer nur in der Lage bist, sozusagen im mit deiner Entwicklung parallel die Qualität deiner Organisation zu erhöhen und das immer so ein bisschen im Gleichschritt irgendwie halten musst. Und das ist natürlich, ist auch gut, wenn es funktioniert, brauchen wir gar nicht drüber zu reden, aber ich glaube, wenn du jetzt nur in Wahrscheinlichkeiten denkst, überhaupt auf dieses Niveau zu kommen, ist natürlich die Fähigkeit oder die Möglichkeit, Frontloaded zu hiren, erhöht das natürlich. Aber es kommt halt auch darauf an, was du möchtest als Gründer oder als Unternehmer, was ist der Modus, wie du eben so eine Firma führen möchtest. Ich glaube, hat was mit Risk-Return zu tun, hat natürlich auch was mit Fremdbestimmung zu tun. Also bist du überhaupt bereit, da jemand Drittes mit reinzuholen, der natürlich auch dann mitredet und dir ein gewisses Ambitionsniveau vorgibt? Das kann ja auch völlig legitim, dass du halt einfach als Unternehmer sagst, das will ich gar nicht. Ich will halt selbst das Ambitionsniveau definieren, nachdem so, wie ich mir das vorstelle. Das ist ja jetzt nicht schlechter oder besser. Dementsprechend ist es, glaube ich, eher ein passenderes oder unpassenderes Vorgehen zu den eigenen Präferenzen als Unternehmer.

Martin Schilling: Vielleicht noch einen übergreifenden Punkt dazu. der mir jetzt in unserer Diskussion auffiel. Ein operativ fähiger VC ist bei der Attraktion von AAA-Kandidaten Gold wert. Wir haben jetzt zwei Punkte angesprochen, wo man Leute wie Florian und seine Teams als Unternehmer wirklich gut nutzen kann. Also zum Beispiel das Thema Unterzeichnung, die Recruiting-Latte zu niedrig hängen. Da ist es Gold wert, wenn man einfach mal seinen VC fragt, hey, kannst du nicht auch mal ein, zwei Interviews führen und mir eine Meinung geben? Die werden immer die Latte hochhängen. Das ist super wichtig. Oder auch, wir haben vorhin darüber gesprochen, Top-Kandidaten hinterherzulaufen. So ein Anruf von einem starken VC, der sagt, hey, ich habe gehört, du bist hier im Prozess, wir sind total begeistert, willst es dir nicht überlegen? Das macht einen Riesenunterschied. Also deswegen, die Ressourcen, die man hat mit einem operativ tätigen VC, die sollte man bei dem Thema auf jeden Fall nutzen.

Joel Kaczmarek: Meine Damen und Herren, ich diktiere oder ich packe in die Shownotes mal die Telefonnummer von Martin Schilling. Ihr könnt ihn über uns buchen, dann ruft er eure Kandidaten für euch an. Nein, Spaß beiseite, aber glaube ich sehr.

Florian Heinemann: Das hilft, sei jetzt mal dahingestellt.

Joel Kaczmarek: Signaling, it's all about signaling, würde Florian jetzt sagen. Gut, gut, ihr Lieben, aber fairer Punkt, Florian, ich glaube, Leistbarkeit eines Kandidaten hängt auch mit der Kultur zusammen, also der muss auch kulturell leistbar sein, dass man quasi dazu bereit ist, ein bisschen was aus der Hand zu geben, weil das ist ja immer, was ich beobachte, könnt ihr mal spiegeln, wie es euch geht, wenn man halt so top unternehmerische High Performer hat, die sind halt ganz oft auch an dem Punkt, dass sie sich sagen, warum soll ich das nicht selber machen, dann musst du denen halt ein Umfeld bieten, wo ihnen klar ist, dass sie, vielleicht denke ich als kleine Mokelfirma das immer nur, Wo man halt natürlich schaffen muss, dass man auch sagt, alles klar, hier ist irgendwie auf Augenhöhe, du hast Entscheidungsspielraum. Also du musst die halt auch arbeiten lassen, machen lassen, damit du die quasi attribuiert kriegst.

Martin Schilling: Ja genau, aber weißt du, der größte Fehler in dem Bereich ist es, da zu unter zu investieren. Also man kann dann eigentlich nicht genug investieren. Also ich habe das jetzt so oft erlebt, dass man sich da als junges Startup dann wirklich schwer tut, da auch mal vielleicht eine Agency zu hiren oder ein bisschen das Gehalt zu erhöhen oder zum Beispiel ein bisschen mehr Shares zu geben. Wenn man überlegt, wenn man ein Top-Team zusammenstellt und das in der nächsten Runde präsentieren kann, was das für einen Unterschied auf die Bewertung macht, da sind die paar 10.000 Euro Gehalt wirklich Peanuts dagegen. Also da zu investieren, ist echt wertvoll.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Ihr Lieben, ich danke euch, dass wir nicht nur über AAA-Leute geredet haben, sondern wir auch welche hier am Tisch hatten. Ich rate nochmal allen Hörerinnen und Hörern, sich Martins Buch zu kaufen, bei Florian vorbeizuschauen, wenn man spannende Mitarbeiterpotenziale hat, die man weitervermittelt. Und danke euch ganz herzlich, dass ihr all euer Erfahrungswissen hier mit mir geteilt habt.

Florian Heinemann: Sehr gerne. Dankeschön.

Mehr zum Thema

Gründen

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.