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David Wortmann: Hallo und herzlich willkommen bei einer neuen Ausgabe des Deep Dive Cleantech Podcast hier bei Digital Kompakt. Mein Name ist David Wortmann und ich bin Gründer und Geschäftsführer von DWR-Eco, einer auf Cleantech spezialisierten Beratungsagentur im Bereich Politik, Kommunikation und Marktstrategien. Wir haben heute Claudius Jähle hier zu Gast. Er ist der Gründer und Geschäftsführer von Wolytica, einem Unternehmen, was sich im weitesten Sinne mit dem Thema Speicherung beschäftigt. Wir haben uns hier in dem Podcast ja auch schon mit dem Thema Speicher beschäftigt, aber wir wollen das heute etwas aus einer anderen Perspektive betrachten. Hallo Claudius.
Claudius Jehle: Hallo David. Vielen Dank, dass ich hier sein darf.
David Wortmann: Ja, ich finde das total super, dass wir hier zusammengekommen sind, weil ich kannte euer Unternehmen in der Tat noch gar nicht, bevor wir in Kontakt gekommen sind. Umso spannender fand ich das, was ihr macht. Und vielleicht kannst du mal ganz kurz am Anfang erklären, aus welcher Warte ihr kommt und dann versuchen wir das Thema so ein bisschen mal breiter aufzuschlüsseln.
Claudius Jehle: Sehr gern. Also Politiker bzw. Politiker Diagnostics, wir machen Batteriediagnose-Software. Und ja, wie du gerade gesagt hast, was Batteriediagnose ist und warum man das vielleicht auch braucht und welche Rolle das spielt für die Energiewende und Mobilitätswende, das können wir gleich nochmal darüber diskutieren. Aber wir kommen ursprünglich daher, also ich selbst habe viele Jahre eine Forschungsgruppe bei einem Fraunhofer-Institut, dem Fraunhofer-Institut für Verkehr und Infrastruktursysteme, IVI, in Dresden geleitet. wo es immer schon darum ging, in Sachen Elektromobilität, damals vor allem elektrische Nutzfahrzeuge, E-Busse und so, irgendwie in den Markt zu verhelfen und Technologien zu schaffen, damit Elektromobilität überhaupt Chancen im Markt hat. Und ich habe da eine Gruppe geleitet, da ging es schon immer im Prinzip um die Lithium-Ionen-Batterie. Wie degradiert die, wie verhält die sich im Feld, wie bestimmt man überhaupt, wie viel noch drin ist, ist gar nicht so einfach, wie man vielleicht denken mag. Und das habe ich viele Jahre gemacht. Wir haben das immer sehr stark mit dem Anwendungsfokus gemacht, also diese Technologie auch wirklich in den Markt zu bringen und wirtschaftlich zu machen. Und ja, vor anderthalb Jahren, weil das wirklich sich großer Beliebtheit erfreute und nach wie vor erfreut, haben wir daraus dann ein Spin-off gemacht, um eben Alterungszustände abzuschließen. von Batterien einfach bestimmen zu können, für eine breite Masse auch verfügbar zu machen und dadurch neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen, überhaupt auch zu optimieren, wenn eine Batterie gewechselt oder aus dem Verkehr genommen werden muss, Garantierisiken zu bewerten. Das ist für Versicherungen ganz relevant und so, aber da können wir gleich auch noch drauf kommen, aber das ist ja der Durchmarsch.
David Wortmann: Das heißt, ihr habt den Sprung von der Wissenschaft, von der Forschung in die Praxis gemacht. Das sollte man vielleicht auch gleich nochmal ein bisschen betonen. Aber bevor wir da jetzt drauf springen auf diese Detailthemen, lasst uns doch mal so ein bisschen in den Markt auch selber mal reinschauen. Welcher Stellenwert hat denn überhaupt die Batterie? Batterie ist ja letztendlich auch eine Blackbox für viele. Aber rein von der Marktseite her, welchen Stellenwert haben denn Speichertechnologien aktuell aus deiner Perspektive und wie wird sich dieser Markt auch in Zukunft entwickeln?
Claudius Jehle: Das ist eine ganz relevante Frage und die muss man ein bisschen differenziert betrachten, wenn man über Speicher spricht. Es gibt mal ganz grob eingeteilt Speicher, die fahren im Mobilitätsbereich und Speicher, die stehen, Stationärspeicher. Ich sehe jetzt mal für den Moment von Consumer Electronics ab, also Laptops und Handys und auch teilweise Power Tools. Aber wenn wir jetzt über Energiewende reden, dann redet man meistens über Elektromobilität, die sich einteilt in Pkw und in Nicht-Pkw und dann noch auf der anderen Seite die Stationärspeicher, vom Heimspeicher bis zu großen Speichern als Stützspeicher, Primärregel, Energiespeicher und so weiter. Und in allen Bereichen beginnt die Batterie eine immer größere Rolle zu spielen. Es liegt an verfallenden Preisen. Es wird in vielen Bereichen auch über den PKW hinaus wirtschaftlich Speicher einzusetzen, Batteriespeicher einzusetzen. Man geht natürlich einen gewissen Trend dort mit, mit den verfallenden Preisen, das durch die PKW-Industrie getrieben wird. Es eröffnen sich Möglichkeiten im Truck-Bereich, Gabelstapler, Lithium-Ionen-Speicher, Züge, Regionalzüge. Das liest man erst gestern. Bombardier nochmal ein Thema. Und auch im Stationärbereich gibt es immer größeres Interesse. Also es ist sehr breit und ich glaube, das ist eines der wichtigen Dinge, die oft gar nicht so gesehen werden, wo überall heute Batteriespeicher eingesetzt werden. Und das wird wahrscheinlich auch noch eine Weile so bleiben, bis wir dann auch noch Zusatztechnologien marktreffen wie Wasserstoff.
David Wortmann: Also wir schauen uns ja hier vor allem jetzt den stationären Bereich an, den du ja auch gerade noch mal zwischen Kleinspeicher und Großspeicher differenziert hast und dann den mobilen Speicherbereich, der vor allen Dingen auch im Mobilitätssektor zum Tragen. Consumer Electronics hast du mal wirklich mal außen vor. Wenn wir jetzt mal diese Bereiche mal anschauen, welche Technologien spielen heute eine große Rolle? Man hat ja viel von Blei und Lithium-Ionen. Also wie ist denn da ungefähr so der Stellenwert der unterschiedlichen Technologien und was ist möglicherweise auch die neue Technologieentwicklung?
Claudius Jehle: Ja, im Stationärbereich kennen wir schon seit vielen Jahren, Jahrzehnten eigentlich Stationärspeicher aus kritischer Infrastruktur, unterbrechungsfreie Stromversorgung oder uninterruptible power supply systems, wo in Krankenhäusern, Flughäfen und großen Unternehmen Ganze Räume voll Bleiakkus stehen, um im Stromausfall eine gewisse Überbrückung zu bieten. Das gibt es in dem Bereich schon mit einem ganz anderen Zweck als das, was die Lithium-Ionen-Technologie heute ermöglicht, die ja im Vergleich zu Blei zum Beispiel eine wesentlich höhere Energiedichte mitbringt. Also man bekommt auf kleinere Volumen und auf kleineres Gewicht mehr Energie gespeichert und so. kommt man langsam von so Dingen wie uninterruptible power supply hin zu wirklich dem Heimspeicher, wo man ein bisschen PV einspeichern kann, bis hin zu fast schon Kraftwerkslösungen, die Pumpspeicherkraftwerke ersetzen können.
David Wortmann: Klar, von großen Pumpspeicherkraftwerken, das sind die bekannten Wasserkraftwerke, die es ja auch gibt, was ja entscheidend auch sein wird für die Energiewende global, aber auch in Deutschland, Europa, sind ja dann auch dann die Speicherkraftwerke. Speichertechnologien, die relativ schnell und manchmal auch länger oder kürzer dann auch insbesondere Wind- und Solarstrom auch speichern können. Wie siehst du denn hier die Rand von den Volumina, die Marktzahlen? Also wie bemisst ihr die Marktzahlen? Wahrscheinlich in Gigawatt. Wie skaliert dieser Markt aus eurer Perspektive jetzt in den nächsten Jahren?
Claudius Jehle: Also die Zahlen Wir schauen uns da jeden Tag im Prinzip die Hochrechnungen an. Die variieren grandios, je nachdem, wen man fragt. Aber eine Sache ist total klar, dass sowohl im Mobilitäts- als auch im Stationärbereich die Wachstumszahlen in jedem Jahr ungefähr zweistellig sind. Also das bedeutet, dass der Ausstoß an Batterien in die verschiedenen Segmente, die wir ja gerade schon angerissen hatten, in jedem Jahr teilweise mal mindestens zwischen 10 und 30 Prozent wächst. Das ist Irrsinn im Prinzip, wenn man sich anschaut, wie andere Märkte zurzeit wachsen. Und was auch klar ist, dass momentan und auch in den nächsten Jahren so zumindest die einhellige Meinung der verschiedenen Hochrechnenden der Bedarf, wahrscheinlich nicht gedeckt ist. Wir haben also einen Markt, wo es zu wenig Angebot für die Nachfrage gibt. Das ist eine sehr relevante Sache für die späteren Diskussionen auch noch. Also die ganzen Zellen, die wir zum Einsatz bringen, kommen zum allergrößten Teil aus Südkorea, zunehmend auch ganz stark aus China. Das Binnenangebot ist noch zu gering. Und das Binnenangebot in Europa, das heute bereitsteht, ist wiederum durch Firmen aus Ostasien, die hier die Werke haben. Das ist eine ganz interessante Situation für die Europäer im Prinzip und auch eine Zäsur in der Industriehistorie.
David Wortmann: Genau, es gibt ja einige europäische Initiativen, aber gerade auch die Asiaten, die Chinesen mit BYD und anderen Unternehmen und auch die Amerikaner mit Tesla gehen ja wirklich in große Investitionsprojekte hinein. Wenn du dir das jetzt einfach mal anschaust, wie segmentiert sich denn der Markt sozusagen in diese sogenannten First Use, Second Use und sogar auch Third Use? Also im Prinzip gibt es ja verschiedenste Lebensphasen von Batterien und wie kommen sie da zum Einsatz? Vielleicht kannst du das auch mal kurz aufklären für diejenigen, die das noch nicht so richtig kennen.
Claudius Jehle: Das ist natürlich ein total spannendes Thema und wenn es um Diagnose geht, dann ist das natürlich etwas, was uns täglich begegnet, diese Diskussion oder diese Chancen, nicht Diskussion, eigentlich Chancen. Grundsätzlich ist dieses Thema Second Use natürlich eine total spannende Geschichte, wenn man sich heute anschaut, was als Industriestandard, als End-of-Life-Kriterium einer Batterie dient. Also wann man sich heute ungefähr einig ist, wann eine Batterie ihr Erstleben nicht mehr erfüllt. und wann sie dann ausgewechselt werden muss oder sollte. Und Second Use ist dann die Idee, dass wenn sie ihr erstes Leben oder die Anforderungen des Erstlebens nicht mehr erfüllt, dass man die dann in eine Zweitnutzung bringt mit weniger anspruchsvollen Umweltbedingungen, die auf die Batterie einwirken und die Schädigungsfaktoren oder Stresslevels, wie wir sagen, in den zweiten Anforderungen dann geringer sind, um dann nochmal ein zweites Leben hervorzurufen. Das sind alles total schlüssige Ideen.
David Wortmann: Aber die Kaskade ist dann meistens, dass es dann sozusagen der erste Use Case im Auto ist und dann der zweite Use Case stationär ist. oder gibt es den Weg auch andersherum?
Claudius Jehle: Du hast gesagt, dass es meistens so ist. Da wollte ich gerade darauf hinaus. Nur so richtig durchgesetzt haben sich diese Konzepte eigentlich noch nicht. Die Idee ist total charmant. Total sexy, weil man kann damit nicht nur Ressourcen schonen, sondern theoretisch möglicherweise auch noch Geld verdienen oder noch die Wirtschaftlichkeit erhöhen, was natürlich auch wieder die Nachhaltigkeit erhöht. Aber so richtig hat sich Second Use noch nicht durchgesetzt. Also es ist auf jeden Fall mit Sicherheit kein breit anerkanntes Businessmodell, Second Use Systeme in den Markt zu bringen. Deswegen kann man noch gar nicht davon sprechen, was dort üblich ist. Und ein Problem ist, naja, wenn ich ein Second Life machen möchte, dann muss ich wissen, wie es den Batterien irgendwie geht und wie eine Prognose ist, wie die weiterleben werden. Und da hat man sich in den letzten Jahren einfach zu wenig mit dem Ende der Batterien auseinandergesetzt.
David Wortmann: So, aber da kommt ihr dann rein mit dem, was ihr tut, weil um dort hinzukommen, um genau auch einen Second Use festzustellen, ob die Möglichkeit machbar ist, muss man sich erstmal anschauen, wie die Leistungsfähigkeit der Batterie in dem ersten Use Case ist.
Claudius Jehle: Genau, es ist ein bisschen wie beim Menschen und beim Arzt. Es gibt verschiedene Aspekte, woran man die Qualität einer Batterie bemisst. Im Pkw- oder im Mobilitätsbereich ist natürlich eine Frage der täglichen Reichweite und der Leistungsabgabefähigkeit, also wie viel Saft ich in kurzer Zeit daraus bekomme, wenn es um Hochleistungsanforderungen geht, im Zugbereich zum Beispiel. Also man sagt, man spricht bei den Batterien nicht. wenn man die Leistung bemessen will, im Prinzip von der Kapazität. Wie viel kriege ich rein und wie viel kriege ich noch raus? Wie weit komme ich also damit? Und wie viel Leistung kann ich in kurzer Zeit abfassen? Und das nimmt eben über die Zeit ab. Die Einflüsse, die auf eine Batterie einwirken, die diese Degradation dieser beiden Komponenten begünstigen, kennt man vielleicht. Temperatur ist ein Einfluss. Die Stromhöhe, mit der ich die Batterie tagtäglich betreibe, hat einen ganz signifikanten Einfluss. Schnellladen. Ist ja ganz prominent, Schnellladen hat man schon gehört, ist schlecht oder sagt man ist schlecht, es gibt Zellen, die sind dafür optimiert, aber der Strom ist wichtig. und dann ist es total wichtig, in welchen SOC, also Ladezustandsbereichen Batterien im Erstleben betrieben werden. und das Problem ist, selbst die Kenntnis all dieser, Einflussfaktoren, also wenn man die Temperatur misst im Erstbetrieb und so weiter, sagt noch nicht notwendigerweise darüber was hinaus, wie es der Batterie geht, weil als elektrochemische Systeme reagieren die dermaßen unterschiedlich, verschiedene Chargen bei den Herstellern, verschiedene Linien, die die auf den Markt bringen, auf diese externen Einflussfaktoren, dass es sehr schwer ist, bei dieser unglaublich breiten Masse an Anwendungen, der unglaublich breiten Masse an Lithium-Ionen-Zellen, die auf den Markt kommen, Pauschale Aussagen zu machen, die Batterien, die altern bei 30 Grad immer so viel schlechter als bei 25 Grad. Und diese Komplexität, diese Herausforderung, dass die Zellen hier auch zumindest absehbar nicht alle komplett in Europa gefertigt werden, macht die Diagnose und Pauschalaussagen so schwer. Und die Optimierung der breiten Masse an Batterien, die sich im Verkehr befinden, ist dadurch eine große Herausforderung, die wir eben versuchen durch unsere Software und durch unsere Erfahrung etwas zu vereinfachen.
David Wortmann: Aber die Hersteller, jetzt im Mobilitätsbereich beispielsweise, die gehen ja mit bestimmten Garantieversprechen ja in den Markt hinein. Die müssten das ja quasi letztendlich auf Basis von Durchschnittswerten ja auch berechnen, diese Garantieversprechen. Werden die weitestgehend auch eingehalten oder sind die unglaublich konservativ auch gesetzt, dass letztendlich jede Batterie unglaublich viel Potenzial hinten raus eigentlich noch hat?
Claudius Jehle: Das kann man schon so sagen. Zumindest ist es das, was wir in den letzten sechs, sieben, acht Jahren, also 2013 habe ich damit angefangen, Und das hängt mit der, was ich gerade Zäsur in der Industriegeschichte genannt habe, zusammen. Ein kurzer, vielleicht ein bisschen zu pauschaler, aber doch vielleicht einleuchtender Blick auf die Wertschöpfungskette, die das dann verständlicher macht, die Problematik in dem Bereich. Die Zellhersteller, die ja, wie ich gerade schon angemerkt habe, momentan in der relativ positiven Situation sind, dass die Nachfrage absehbar größer bleibt als das Angebot. Die haben eine relativ gute Position, die chinesischen Zellhersteller, die koreanischen Zellhersteller. Und die Situation, dass wir in Europa, du hattest Initiativen gesagt, genau das ist es. Wir haben sehr wichtige und sehr große Initiativen und wir sind auch Teil in der European Battery Alliance und auch von InnoEnergy, die von der EU, von Schäfkowitz dort auch reingesetzt worden sind. Wir sind am Puls der Zeit, was die europäische Zellfertigung angeht. Nur sind wir noch nicht so weit. Also wir haben einen Markt, wo momentan Oligopole im Fernost relativ starke Marktmacht haben. Und es ist momentan kein Verdrängungskampf bei den Zellherstellern in der Form nötig, dass die sich mit Garantieversprechen gegenüber den Abnehmern der Automobilindustrie oder den verschiedenen stationären Anbietern überbieten müssten. Momentan bekommt man, wenn man jetzt nicht gerade der Größtabnehmer ist, relativ schlechte Garantiebedingungen als Autohersteller, wenn man die Zellen einkauft. Aber der Markt verlangt natürlich bei einer neuen Technologie umso mehr als bei einem Diesel-Pkw relativ lange Garantielaufzeiten, zumindest ähnliche wie beim Dieselauto oder beim Benziner. Und dieser Clinch zwischen relativ schlechten Einkaufsbedingungen, sage ich jetzt einfach mal 2 oder 4%, vier Jahre auf die Zelle im Einkauf, gepaart mit dem Bedarf des Marktes, acht Jahre auf seinen BMW oder im Zugbereich zwölf, 15 Jahre auf seinen Regionalzug Garantie zu haben, versetzen die deutsche, europäische Industrie in ein gewisses Problem, die zu Überauslegungen führt, weil man sehr konservativ rangehen
David Wortmann: muss. Genau, jetzt geht ihr rein und sagt, wir können letztendlich aus jeder Batterie noch mehr rausholen. Du hast ja gerade darauf hingewiesen, dass jede Batterie am Ende auch unterschiedlich tickt. Aber gibt es hier Pauschalaussagen, die man dennoch tätigen kann, wie viel Potenzial hinten raus noch da ist?
Claudius Jehle: Wir reden konservativ davon, dass man wahrscheinlich aus dem im Markt befindlichen, sich im Feld befindlichen Stock, also wie sagt man, Bestand an Batterien, mal durch genaues Hinschauen im Schnitt 10 bis 15, 30 Prozent mehr Leben aus dem Batteriestock noch rausholen kann. Die Ursache ist begründet nicht nur in dieser Überauslegung, sondern hat noch ganz andere Gründe. Man weiß heute gar nicht, also weder die Hersteller noch am wenigsten eigentlich der Nutzer, damit meine ich jetzt entweder den Tesla- oder BMW-Fahrer oder den Regionalzugbetreiber, man weiß in der Regel gar nicht, weil es kein Schnelltestgerät oder sowas gibt, wie es den Batterien denn wirklich geht. Also man ist in gewisser Weise, es ist jetzt vielleicht sehr vereinfacht gesagt, aber man ist ein bisschen im Blindflug, was die Branche angeht, wie die Batterien denn im Feld tatsächlich degradieren, weil man blickt jetzt nicht auf 50 Jahre Erfahrung zurück. Also ein Schlüssel zur Optimierung und zum Rausholen von 10, 20, was auch immer Prozent aus Batterien ist überhaupt erstmal zu wissen, wie geht es denen im Feld wirklich. Das ist eine Aufgabe, der wir uns verschrieben haben. Und dann kann man, weil du gerade nach pauschalen Daumenregeln zum Beispiel gefragt hast, dann kann man natürlich, wenn man weiß, wie die Batterien im Feld nun tatsächlich altern, auch Maßnahmen ableiten, dieses Leben noch weiter zu verlängern. Zum Beispiel Temperaturprofile optimieren, Ladebereiche verbessern. Das ist zum Beispiel in der Regel pauschal gesagt schlecht, eine Batterie immer bis 100% vollzuladen, eine Lithium-Ionen-Batterie. Einfaches Beispiel, bei einem Bus, das ist ein übliches Anwendungsprofil, ich starte morgens bei 100%, meine Tour durch die Innenstadt lässt mich abends bei 40% enden. Ich nehme also 60% in der Regel raus. Wenn ich weiß, dass ich bei der eingesetzten Zellchemie nicht bis 100 laden sollte, sondern schon nur bis 90 laden, schon 5% mehr Lebensdauer bedeutet, dann ist das ja kein Problem. Muss halt jemand offenlegen, dann lade ich halt nur bis 95 und ende bei 35 am Abend. Solche Diese scheinbar Trivialitäten sind heute nicht automatisiert, groß skalieren und für die verschiedenen Zellchemien, die es im Markt gibt, verfügbar. Und wir legen das offen.
David Wortmann: So, das heißt aber auch, wenn du sagst, pauschal über den Daumen kann man vielleicht noch 30, 40 Prozent mehr rausholen aus dem existierenden, im Markt befindlichen Batteriestock, dann müsste man ja eigentlich eine komplett andere Kalkulation auch auf Batterien legen. Damit werden sie ja leistungsfähiger, länger einsetzbar und die Refinanzierbarkeit wird damit dann auch attraktiver.
Claudius Jehle: Genau, das ist ein immenser wirtschaftlicher Faktor. Wenn wir jedes Jahr tausende Gigawattstunden in Verkehr bringen, dann haben wir bald Terrawattstunden an Batterien, die jede Kilowattstunde irgendwas um die 100 bis 500 Euro kostet. Wenn wir davon einfach 40 Prozent oder 10 Prozent zu früh aussondern, Dann produzieren wir nicht nur ein paar Millionen Tonnen Müll, sondern vernichten Werte in Dimensionen, wo einem schwindelig wird. Ich glaube, das ist auch zumindest in der Industrie Common Knowledge. Man weiß, dass dort Potenziale schlummern, aber durch die Komplexität von Elektrochemie und die immanente Abhängigkeit von externen Lieferanten macht diese Potenziale sehr schwer hebbar, ohne dass man dort Software hat oder ohne dass man dort irgendjemanden hat, der sowas in großskalierendem Maße tun kann.
David Wortmann: Neben Kosten, neben einer größeren energiewirtschaftlichen Effizienz kommen hier ja auch Themen rein wie seltene Erden und Materialien, die in Batterien zum Einsatz kommen, die man dadurch natürlich jetzt auch deren Potenzial und deren Reichweiten auch verbessern und vergrößern kann. Also das Stichwort Recycling, Kreislaufwirtschaft spielt ja dann auch hier mit hinein.
Claudius Jehle: Das ist ja das Tolle an Lithium-Ionen-Batterien im Prinzip, auch wenn hier sehr viel auch falsches oder zumindest sehr schwarz gefärbtes in den Medien unterwegs ist. Mit Lithium-Ionen-Batterien ist eine Kreislaufwirtschaft möglich, mit Diesel nicht. Oder die dauert zumindest sehr lange, sehr sehr lange. Viel zu lange. Aber mit Batterien können wir das theoretisch machen. Also mit Batterien, auch wenn der Abbau von Lithium und vor allem der Abbau von Kobalt, was eine Schande ist, was dort heute passiert, problematisch sind, kann eine Kreislaufwirtschaft mit Batterien gemacht werden. Aber natürlich sollte man dennoch nicht eine Batterie, die eigentlich noch gut funktioniert, zu früh in den Recyclingkreislauf geben. Sondern jede Minute, die sie Nutzen stiften kann, ist wertvoll. Aber das ist eben nicht so einfach. Was ist ein End-of-Life-Kriterium? Wann ist die Batterie denn kaputt?
David Wortmann: Gut, aber dazu gibt es ja auch europäische Gesetzgebungen, die ja auch die Rücknahme und das Recycling von Batterien auch in Zukunft sicherlich auch noch weiter reglementieren wird. Vielleicht nochmal kurz, weil das habe ich noch nicht ganz verstanden, um ehrlich zu sein. Wie schaut denn in Zukunft euer Businessmodell aus? oder vielleicht jetzt allgemein jetzt auch im Markt? Kann man sich das vorstellen, dass man sich dann euch oder vergleichbare Wettbewerber dann mietet und sie anruft, dass sie mal testen? Oder wie stellt ihr euch das vor? Ist das so eine Art TÜV-Abnahme dann, die dann passieren sollte? Kann das nur extern stattfinden? oder wird man das vielleicht sogar auch implementieren können, so eine Monitoring-Software direkt beim Verkauf eines Autos jetzt oder einer stationären Batterie? Wie stellst du dir die Marktentwicklung vor, um diese Potenziale auch skalierbar zu lösen und zu erheben?
Claudius Jehle: Also ich unterscheide wieder ganz klar in Pkw und den Rest, sehr schwarz-weiß betrachtet. Im Pkw, ich meine, die Automobilindustrie, die weiß das schon sehr genau und die investieren auch sehr, sehr viel Geld in die Themen, die auch wir jetzt als Politiker Diagnostics tun. Die Automobilindustrie, die europäische, die hat das gut erkannt und Und möglicherweise auch gelöst oder wird es auch gut lösen. Also Automobilindustrie, sehr wenige, sehr große Player mit großen Budgets und sehr viel Know-how, muss man auch sagen, oder zumindest einem guten Hiring-Konzept von Experten. Jetzt gibt es aber eben den anderen Markt auch noch, die andere Segmente, auf die du anfangs eingegangen bist im stationären Bereich und in den Hochverfügbarkeitsanwendungen, kommerziellen Anwendungen. Dort gibt es wesentlich mehr Player, also es gibt wesentlich mehr Hersteller von Bussen, von Gabelstaplern, stationär speichern als Pkw-Hersteller. Und die sind zwar auch alle ziemlich groß, aber nicht so bekannt vielleicht. Und die müssen die Probleme, die wir besprochen haben, auch lösen oder die müssen die Chancen auch irgendwie heben. Die müssen auch ihren Endkunden, dem Nutzer des Buses, sind die auch schuldig, gute Garantien oder Lebensdauerzusagen zu machen. Und die werden das nicht alles selbst entwickeln können. Es wird eine notwendige Commodity sein, insbesondere wenn die EU legislativ tätig wird und gewisse Verpflichtungen der Industrie auferlegt. Und unser Businessmodell ist dann an, die breite Masse von Investoren, den ganzen verschiedenen Anwendungen, die durch die Lithium-Ionen-Technologie möglich werden, eine sehr einfache Software-as-a-Service-Lösung zur Diagnose von Batteriequalität zur Verfügung zu stellen. Und das ist basiert im Nutzfahrzeug und in kommerziellen Bereichen, hauptsächlich dadurch, dass die Batterien in der Regel heute schon irgendwie mit IoT-Informationen in die Cloud senden und wir dann nur noch, in Anführungszeichen, schwierig genug, aber nur noch uns andocken müssen, Und in einem Mietmodell, wie du es gerade gesagt hast, Alterungskenngrößen, KPIs automatisiert in Dashboard-Format oder über APIs, über Schnittstellen zur Verfügung stellen. Das im kommerziellen Bereich. Also unser Business-Modell lautet dort, wir adressieren vor allem die große breite Masse an ganz vielen verschiedenen interessanten, sich gerade ergebenden und wachsenden Anbietern und stellen eine Analyse-Software zur Verfügung, dass das nicht jeder Batteriesystem oder Bushersteller selbst entwickeln muss. und stellen also automatisiert diese Alterungskennzahlen zur Verfügung, um dann Business-Modelle wie verlängerte Garantien oder Mietmodelle, Pay-Per-Use überhaupt erst zu ermöglichen. Bereich 1 und Bereich 2 ist im Prinzip der PKW. Die Situation ist unserer Ansicht nach dort ein bisschen anders. Es ist keine Hochverfügbarkeitsanwendung und die Lebensdauer, muss jetzt nicht, wenn ich Fahrzeugbesitzer bin, groß erhöht werden. Dort ist der erste Schritt, der unserer Ansicht nach nötig ist und wo gerade ein sehr großer Bedarf am Markt ist, das wissen wir durch sehr viele intensive Gespräche und Kooperationen, die wir schließen, dass es schon überhaupt erstmal nur wichtig ist für den zum Beispiel Besitzer des Autos oder den Flottenbesitzer, den Restwert oder die Restqualität des Autos zu bestimmen. Und die ist dominiert durch die Batterie. Ich meine, die Batterie ist 30, 40 Prozent des Wertes. Und eine große initiale Fragestellung dort ist, wie gut ist die Batterie noch? Man kann den Hersteller fragen. Natürlich, die haben ein gewisses Eigeninteresse, den Wert auch hochzuhalten. Unabhängige Gutachten über die Qualität der Batterie und über Maßnahmen zur Verlängerung des Lebens durch unabhängige Stellen, das gibt es heute noch nicht. Und da, ohne zu viel zu sagen, in diesen Bereich steckt man gerade sehr viel Geld und Zeit rein.
David Wortmann: Super. Du hast ja eingangs erzählt, dass ihr jetzt wirklich schon unglaublich tiefe Kenntnisse über diesen Markt, über Monitoring, über die Analysemöglichkeiten gewonnen habt, also acht Jahre Forschung und Entwicklung. Jetzt habt ihr diesen Sprung gemacht in den Markt. Wie fühlt es sich eigentlich an, als Gründer sozusagen direkt aus der Forschung in das unternehmerische Umfeld zu gehen?
Claudius Jehle: Ich hatte schon immer eine Firma nebenher. Das ist jetzt nicht komplett, ich war auch dort nicht der Forscher, natürlich war ich an einem Forschungsinstitut, aber war immer für den Technologievertrieb. im Prinzip, so ist ja Fraunhofer die Idee, dass man die Technologie, die man dort erforscht, auch in den Markt bringt. Insofern bin ich nicht vom Reagenzglas in den Chefsessel gesprungen. Ich habe noch eine andere Firma, die macht Baustellen-Digitalisierung. Also ich war da schon affin dazu vorher und komme auch aus einem Unternehmerhaushalt. Aber du hast schon recht, natürlich ist es was anderes, im Sandkasten zu spielen oder jetzt auf dem Jugendlichen-Spielplatz. Spannende Geschichte, ja. Wir hatten den ganz großen Vorteil, wenn ich das vielleicht noch kurz anfügen darf, dass wir bei Fraunhofer ein vorkommerzielles Produkt hatten und sehr viele Fehler schon machen durften mit einem Weichenfallnetz. Wir haben nicht vor einem Jahr angefangen, uns die Story auszudenken, sondern nachdem wir das wirklich alles im Prinzip auch mit Kunden zusammen über Jahre aufbauen konnten und testen konnten, haben wir gesagt, ich glaube, wir kennen uns gut aus, wir machen das jetzt selber. Von dem her war das ein relativ smoother Übergang.
David Wortmann: Super, aber dann erzähl uns doch vielleicht nochmal kurz im Abschluss jetzt auch, wie jetzt eure nächsten Schritte sind. Was habt ihr vor? Wo steht ihr vielleicht gerade? Wie ist jetzt die Perspektive, die ihr euch als Unternehmen vornimmt?
Claudius Jehle: Ja, wie soll ich das sagen? Wir hatten gerade darüber gesprochen, die Potenziale, die sich aus den im Verkehr befindlichen Batterien ergeben. Wir reden hier nicht über über ein paar Monate, sondern über Jahre, die diese Batterien im Feld sind. Das heißt, wenn ich als Claudius das erleben will, wie meine Firma dort einen Nutzen stiftet, dann wird das wahrscheinlich erst so richtig in ein paar Jahren reinhauen, wenn die großen Mengen dann im Betrieb sind und im Verkehr sind. Also wir wollen eine Firma aufbauen, die langfristig die Chance hat, sich hier zu behaupten. Ich hatte es so noch nicht formuliert, aber wir sagen Making Battery Lifecycle Management. Wir wollen dieses Thema der Batteriediagnose nicht ein Expertenthema lassen, sondern möchten das in den breiten Markt bekommen und sehr einfach für eine breite Menge an Industriekunden vor allem zur Verfügung stellen. Das bedeutet für uns als Firma, dass wir ganz bewusst Investoren suchen, ganz bewusst uns raussuchen, wie wir uns auch finanzieren und aufstellen. Also wir haben durch, ich habe es gerade gesagt, InnoEnergy, mit denen wir jetzt auch zusammenarbeiten, von der EU eine Partnerschaft geschlossen. Wir müssen wachsen. Wir haben unglaublich viel zu tun. In dem Bereich der kommerziellen Batterien haben wir jetzt einige große Kunden gewonnen. Wir verhandeln gerade Verträge. Ich bin mittlerweile Hobby-Jurist geworden. Das ist auf jeden Fall eine Sache. Wir wollen eine solide Firma aufbauen. Wir möchten eine langfristige Perspektive für die Kunden bieten. Das müssen wir. Das ist kein schnelllebiges Geschäft. Und ja, ich freue mich da extrem drauf. Also wir haben extrem guten Zuspruch. Einer sagte, it's the best monitoring system on the market. Letzten Freitag, mein Team strahlt über beide Ohren. Das ist total geil. Das freut uns. Super.
David Wortmann: Super. Ja, ich glaube, wir haben ja auch gehört, dass das Thema wirklich wahnsinnig wichtig ist, komplett unterschätzt ist im Markt. Da wird es sicherlich auch noch einige andere Anbieter geben, die sich in Zukunft mit dem Thema beschäftigen werden. Aber die Potenziale muss man einfach heben. Und aus finanziellen Gründen, aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus, die Kreislaufwirtschaft hier eine Rolle spielt. Also insofern adressiert sie da viele Fragestellungen, die ja noch da sind. Ich bedanke mich erstmal ganz, ganz herzlich für das tolle Gespräch, die tollen Einblicke. Ich wünsche euch an dieser Stelle viel Erfolg mit dem, was ihr vorhabt.
Claudius Jehle: Ich danke dir für die Gelegenheit und ich möchte, wenn ich darf, vielleicht mit etwas, was im Kopf möglicherweise bleibt, abschließen. Der Industriekonsens, wann heute eine Batterie als verschlissen gilt, und das findet man überall, ist die Restkapazität, sowas wie die Restreichweite, die ist bei 80%. Und dann ist die tot. End of life. Das werden sie überall finden. Das ist ein bisschen so wie Menschen sterben mit 80. Das ist vielleicht im Mittel korrekt, aber im Einzelfall nie. Und wenn man so an jede dieser einzelnen, total unterschiedlichen Batterien, unter total unterschiedlichen Anwendungsszenarien rangeht, mit diesen pauschalen Aussagen. Also durch solche Platten sage ich jetzt einfach mal Konzepte. Dadurch verschenken wir irrsinnige Potenziale und ich hatte einen Vortrag darüber gemacht, das ist irgendwie bekannt, aber wir müssen hinterfragen, wann ist wirklich ein Lebensende einer Batterie erreicht? und wir haben dort eben viel Erfahrung und freuen uns das irgendwie in den Markt bringen zu können.
David Wortmann: Viel Erfolg dir nochmal und euch, dem gesamten Team. Ich würde ganz gerne nochmal am Ende alle Zuhörerinnen und Zuhörer auch auffallen, uns auch gerne Feedback zu geben, beziehungsweise uns auch andere umzugeben. Wie ihr merkt, versuchen wir hier immer einen guten Misch hinzubekommen zwischen Technologien, zwischen verschiedenen Märkten, zwischen Unternehmen, die sehr bekannt sind. In der letzten Folge hatten wir Ecosia dabei, ein Unternehmen, das sicherlich viel mehr Menschen bekannt ist. Aber wir wollen auch neue Technologien und neue Unternehmen, wie wir es gerade jetzt auch von Claudius Jele von Evolytica gehört haben, auch ans Licht helfen mitzuziehen und gibt uns deswegen auch gerne Hinweise über spannende neue Geschäftsmodelle, spannende Technologien. Ich bin zu erreichen unter wortmann.dwr-eco.com oder wende euch einfach über die entsprechenden LinkedIn-Seiten beziehungsweise Homepages von Digital Kompakt oder meinen eigenen Kontaktseiten. Ganz, ganz besten Dank. und ja, Claudius, auf bald. Tschüss.
Claudius Jehle: Ich danke dir. Ciao. Hey! Hey! Hey!
