Skeleton TechnologiesDie Superbatterienprofis für den Energiewandel

1. Januar 2000, mit David Wortmann

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David Wortmann: Hallo und herzlich willkommen bei einer neuen Ausgabe des Deep Dive Cleantech Podcast hier bei Digital Kompakt. Mein Name ist David Wortmann und ich bin Gründer und Geschäftsführer von DWR-Eco, einer auf Cleantech spezialisierten Beratungsagentur für Politik, Kommunikation und Marktstrategien. Wir haben nicht zum ersten Mal einen Gast bei uns in diesem Podcast, mit dem wir über das Thema Speicher sprechen. Aber die Speicherfrage ist wirklich eine der großen und zentralen Fragestellungen der Energiewende und damit natürlich auch vieler Cleantech-Geschäftsmodelle. Mein heutiger Gast ist Dr. Sebastian Pohlmann. Er ist Vice President of Innovation of Skeleton Technologies. Hallo Sebastian.

Sebastian Pohlmann: Hallo David.

David Wortmann: Grüß dich. Magst du uns vielleicht einfach mal zu Beginn, bevor wir auch zu sehr jetzt auf eure Technologie zu sprechen kommen, uns mal einen kleinen Ansatz aktuellen Überblick geben über die bereits existierenden, erfolgreichen oder erfolgsversprechenden Speichertechnologien, in welchen Anwendungsfeldern sie zum Tragen kommen und wo ihr euch dann am Ende auch einordnet. Weil es gibt ja unglaublich viele Technologien, richtig?

Sebastian Pohlmann: Ja, das ist in der Tat der Fall. Die Technologie, die natürlich eigentlich jedem bekannt ist und die man überall auch findet, ist natürlich die Lithium-Ionen-Batterie. Die findet sich in jedem Laptop, in jedem Handy und auch in jedem Elektroauto mittlerweile. Und das ist die Technologie, wenn wir über Energiespeicher sprechen, die eigentlich fast immer damit gemeint ist. Es gibt natürlich noch andere Speichertechnologien. Die alte Bleisäurebatterie findet sich noch in jedem Auto, auch in jedem Tesla ist noch eine 12 Volt Bleisäurebatterie drin. Und dann gibt es natürlich Batterien, die sich in der Entwicklungsphase noch befinden und so ein bisschen darauf schauen, dass man zum Beispiel kein Lithium verwenden muss oder kein Kobalt verwenden muss für die Batterie. Da gibt es unter anderem die Natrium-Batterien, die Magnesium-Batterien usw. aber auch noch ganz andere exotische Dinge. Die befinden sich aber alle noch in sehr frühen Entwicklungsphasen. Und das, was wir momentan eigentlich so am Markt sehen, ist, dass die Lithium-Ionen-Batterie, was Energiedichte, aber was vor allen Dingen Kosten angeht, das vielversprechendste ist, was momentan so am Markt verfügbar ist, wenn es um Speicher geht. Einen Speicher habe ich noch nicht erwähnt und das sind die Ultrakondensatoren. Sind ganz anders als die Batterien. Die sind eher Hochleistungsspeicher. Das heißt, speichern relativ wenig Energie, aber können die dafür sehr schnell aufladen und auch sehr schnell wieder abgeben. Das heißt, ein Ultrakondensator, wenn man es mal auf ein Handy übertragen würde, das ist immer so das, was jedem am ehesten einleuchtet, dann könnte man das Handy in ein paar Sekunden vollladen, aber auch nur für eine Stunde benutzen, bevor man es wieder laden müsste. Das heißt, für solche Anwendungen sind Ultrakondensatoren nicht geeignet. sind dann aber gut geeignet, um eben Leistungsspitzen in anderen Anwendungen abzudecken.

David Wortmann: Aber erklär uns das doch ein bisschen mehr nochmal im Detail. Also das heißt, neben all den verschiedenen Speichertechnologien, die es ja gibt, die ja auch sehr erfolgsversprechend sind, einige haben wir hier auch schon behandelt in unserem Deep Dive Cleantech Podcast, seid ihr denn diejenigen, die insbesondere halt dann dort ihren Vorteil ausspielen können, wenn es darum geht, sehr schnell zu laden, sehr viel zu laden, aber auch sehr schnell wieder zu entladen? Was sind das denn für Anwendungsbereiche?

Sebastian Pohlmann: Ja, das ist absolut richtig. Das sind Anwendungsbereiche, wo es immer darum geht, sagen wir mal in einer Sekunde oder in zehn Sekunden Energie aufzunehmen und auch wieder abzugeben. Ein ganz klassischer Anwendungsbereich ist die sogenannte Kinetic Energy Recuperation oder einfach Bremsenergie-Rückgewinnung, wo es darum geht, kurze Energieschübe, die in Systemen auftreten, wo es einen Elektromotor gibt, also zum Beispiel in einem Elektroauto, aber auch eben in ganz vielen anderen Anwendungen wie Hybridisierungen, Also da gibt es Bagger oder auch Maschinen in der Forstindustrie, die hybridisiert werden, wo es einen Elektromotor gibt. Und immer wenn es eben eine Bewegung gibt, wo man die Energie zurückgewinnen kann, dann dauert das eigentlich maximal fünf bis zehn Sekunden. Und eine Batterie zu designen, die sich innerhalb von fünf bis zehn Sekunden diese hohe Leistung einverleiben kann, das ist sehr schwer. Das heißt, da werden Ultrakondensatoren verwendet. Eine andere Anwendung ist zum Beispiel in der Netzstabilität, also für Netzspeicher, wo zum Beispiel Frequenzen stabilisiert werden sollen oder wo virtuelle Trägheit simuliert werden kann. Was das ist, kann ich nachher noch ein bisschen was zu erzählen. Das sind immer Anwendungen, wo es um Megawattsekunden geht. Und nicht um Kilowattstunden. Das ist ja so. das, wenn wir über Batterien sprechen, sprechen wir meistens über Wattstunden und Kilowattstunden. Bei den Ultrakondensatoren ist es eigentlich immer relevant, über Megawattsekunden zu sprechen schon. Denn es geht immer darum, möglichst viel Leistung für ein paar Sekunden zur Verfügung zu stellen.

David Wortmann: Aber jetzt beim Auto, du hast ja das Beispiel des Bremsprozesses genannt. Heißt das mit anderen Worten, dass wir letztendlich zwei verschiedene Speichertechnologien, Batterietechniken im Auto haben, weil der Lithium-Ionen-Speicher, der ja heute auch aus Kostengründen, aus Leistungsgründen, gerade für die längere Strecke ja zum Einsatz kommt, der kann das eben nicht leisten, was ihr leistet?

Sebastian Pohlmann: Der kann das nicht leisten in heutigen Elektroautos. Es ist aber so, dass noch keine Ultrakondensatoren für, also zumindest nicht großflächig für die Bremsenergie-Rückgewinnung verwendet werden, weil die Lithium-Ionen-Batterien sowieso sehr groß sind in diesen Autos. Das heißt, sie haben sowieso schon eine große Grundleistung. Das merkt man ja auch daran, wenn man mal ein Elektroauto gefahren hat. Die beschleunigen schon ganz gut und können auch dementsprechend ganz gut Bremsenergie wieder aufnehmen. Wo es aber eine Rolle spielt, ist in Hybridautos, denn dort sind die Batterien deutlich kleiner, haben also deutlich geringere Leistungen. Und dort können Ultrakondensatoren helfen, die Batterie eben auch klein zu halten. Eine andere Anwendung ist zum Beispiel in den Brennstoffzellenautos, wo es auch die Brennstoffzelle überhaupt nicht rekuperieren kann. Da werden häufig noch heute auch Nicht-Millionen-Batterien verwendet. Die sind dann aber auch eben aufgrund dieser hohen Leistung schon sehr groß. Also bestimmte Brennstoffzellenfahrzeuge haben Nicht-Millionen-Batterien, die sind 15 Kilowattstunden groß. Das heißt, da kann man schon seine 80 Kilometer mit runterfahren. Was ja eigentlich keinen Sinn ergibt. Das soll ja eigentlich die Brennstoffzelle machen, die Energie liefern. Und da können Ultrakondensatoren sicherlich die Leistung liefern. zu dieser Bremsenergie-Rückgewinnung. Vielleicht, um noch kurz ein bisschen weiter auszuführen, die Bremsenergie-Rückgewinnung spielt momentan noch eine viel größere Rolle in Bereichen, wo es gar nicht ums Auto geht. sondern in Bereichen wie zum Beispiel Fahrstühlen oder Lastkrähen, also einen Containerkran, der den gesamten Tag nichts anderes macht, als Container hochzuheben und die wieder runterzulassen. Der kann bis zu 40 Prozent Energie einsparen, wenn die Energie, die beim Runterlassen des Containers wieder zurückgespeist wird und dann wieder verwendet wird, um den nächsten Container anzuheben. Sehr interessant.

David Wortmann: Das ist ja ein Bereich, der wahrscheinlich noch gar nicht so richtig von der Speichertechnologiebranche angepackt worden ist. Seid ihr die Einzigen, die da unterwegs seid? Oder gibt es da noch andere, die sich dieses Marktsegment anschauen?

Sebastian Pohlmann: Da sind wir nicht die Einzigen, aber da sind wir sicherlich auch ein Vorreiter. Und natürlich ist es auch häufig so, dass die Elektrifizierung einfach auch auf Netzbasis schon stattfindet. Das heißt, dann wird der Speicher vielleicht nicht an so einem Kran benötigt. Ein Beispiel ist, Wo das trotzdem eine Rolle spielt, sind zum Beispiel die Straßenbahnen. Wir haben zwei große Straßenbahnprojekte, einmal für die Straßenbahn von Mannheim, einmal für die Straßenbahn von Warschau, wo Ultrakondensatoren auf den Straßenbahnen oben sitzen, um Bremsenergie aufzunehmen und die dann wieder abzugeben beim Beschleunigen. Es stellt sich natürlich eigentlich die Frage, warum. Denn die Straßenbahnen hängen ja am Netz und die haben ja eigentlich die Möglichkeit, Energie ins Netz zurückzuspeisen und auch Leistung aus dem Netz zu ziehen. Es ist aber so, dass es sehr hohe Leistungen sind, die dann auftreten. Bei der Brennungsenergie-Rückgewinnung sind das so hohe Leistungen, dass die dann das Netz destabilisieren könnten. Und beim Anfahren sind das eben auch wieder so hohe Leistungen, dass das Netz die manchmal nicht bereitstellen kann, gerade bei großen Straßenbahnen. Und dort sehen wir eben auch in den nächsten Jahren sicherlich den größten Markt für solche Bremsenergie-Rückgewinnungssysteme. Nicht im Automotive-Bereich, sondern im Bereich Transport, Straßenbahnen und Industrieanwenden.

David Wortmann: So, das ist jetzt so der, ich sag jetzt mal, nicht stationäre Bereich, der Mobilitätsbereich, den ihr dort abdeckt. Du hast es gerade ein bisschen angedeutet, dass ihr ja auch eine große Rolle spielen könnt bei der Frequenzhaltung. Vielleicht kannst du das mal ein bisschen auch für diejenigen helfen zu erklären, die jetzt nicht so in der Energiewirtschaft drinstecken.

Sebastian Pohlmann: Absolut. Das ist ein ganz spannendes Thema, was, glaube ich, auch nicht jedem bewusst ist. Wir haben ja heute in unseren Netzen sehr viele rotierende Massen. Ob das jetzt ein Kohlekraftwerk oder ein Atomkraftwerk ist oder ein Gaskraftwerk ist, dort ist immer irgendwo eine Turbine und die rotiert. Und diese Turbinen sind recht groß und rotieren. Diese rotierenden Turbinen haben eine gewisse Trägheit. Das heißt, wenn eine Frequenzstabilisierung notwendig ist im Netz, das heißt, es passiert meistens, wenn irgendwo große Mengen an Leistung plötzlich bereit zu stehen haben oder aus dem Netz gezogen werden, dann fällt die Frequenz ein bisschen ab. Und das wird normalerweise automatisch dadurch stabilisiert, dass wir träge Massen haben, die rotieren und die dadurch diese Frequenz wieder stabilisieren. Jetzt ist es aber so, das ist ja eigentlich jedem bewusst, in Deutschland zumindest, dass wir Kohlekraftwerke vom Netz nehmen, Atomkraftwerke sowieso vom Netz nehmen und dadurch diese großen rotierenden Massen langsam vom Netz nehmen und sie durch Dinge ersetzen, die nicht rotieren. Die Sonnenenergie hat überhaupt keine beweglichen Teile, die Windenergie hat keine große Trägheit. Und das hat dann wiederum den Effekt, dass diese Frequenzstabilisierung, die normalerweise automatisch abläuft, plötzlich bewusst ablaufen muss. Das heißt, wir brauchen Speichersysteme, die sehr schnell funktionieren, im Millisekundenbereich agieren können und die Frequenzen im Falle eines großen Leistungseinbruchs wieder aufrechterhalten. Und das ist natürlich wichtig, weil die Frequenz des Stromnetzes ist natürlich das, also die 50 Hertz-Frequenz ist natürlich das, was das Stromnetz überhaupt stabil hält.

David Wortmann: Wenn wir jetzt über die Marktgröße sprechen, vielleicht mal auf Deutschland bezogen, wie groß schätzt du denn den Markt für Ultrakonservatoren und welcher Maßeinheit bemisst du das, jetzt rein technisch gesehen und hättest du da auch in Euro-Volumina, was du da ungefähr abschätzen könntest?

Sebastian Pohlmann: Also rein bei den stationären Systemen sehen wir eigentlich einen Markt von mehreren hundert Millionen Euro jährlich. Alleine durch diese Systeme, die zur Netzstabilität beitragen. Also ob das jetzt frequenzstabilisierende Systeme sind oder auch Systeme sind, die nicht an den Netzbetreiber verkauft werden, sondern Systeme, die hinter dem Stromzähler eingesetzt werden, das heißt bei einer Industrieanlage, weil der Kunde möchte, dass die Qualität der Leistung und der Energie immer genau gleich bleibt. Da schätzen wir schon, das sind mehrere hundert Millionen Euro im Jahr über die kommenden Jahre. Das ist jetzt nur der stationäre Bereich und nur Deutschland. Diese ganze Entwicklung findet natürlich in Europa statt, aber sie findet auch in China statt, sie findet auch in den USA statt und auch dort sehen wir den Bedarf für diese Systeme. Im Bereich mobile Anwendungen sind es vor allen Dingen in den nächsten Jahren die Transportanwendungen und die Schienenanwendungen, also Straßenbahnen, Züge teilweise auch, aber eben auch LKWs, wo Ultrakondensatoren eine Rolle spielen. Und wenn wir dann über die nächsten zwei, drei Jahre mal hinausgehen, dann sicherlich in den nächsten zehn Jahren ein großer Anteil Automotive. Und das hat damit zu tun, dass die Elektrifizierung voranschreitet und wir sicherlich in fünf bis zehn Jahren es schwer haben werden, noch einen ganz normalen Verbrenner zu kaufen. Da wird immer eine elektrifizierte Komponente dabei sein, ob das jetzt ein 48-Volt-System ist oder ein Hochvolt-System oder ein gleich ein ganz elektrifiziertes Auto ist. Und da werden Ultrakondensatoren sicherlich ihre Rolle spielen. Alleine auch schon deshalb, weil auch viele Niedrigvolt-Anwendungen im Automotive-Bereich immer mehr Leistung benötigen. Das sind besonders die Anwendungen, die im Bereich autonomes Fahren auftreten. Das heißt, wenn automatisch gebremst werden soll, wenn automatisch die Lenkung betätigt werden soll, das sind alles Elektromotoren am Ende, die die da Leistung liefern müssen und die das alles auf einem relativ niedrigen Spannungslevel liefern müssen. Das heißt, da können Ultrakondensatoren sicherlich auch noch einen Mehrwert bringen und da sprechen wir dann wirklich über Milliardenmärkte.

David Wortmann: Wie geht ihr jetzt in den Markt hinein? Also über welche Kanäle geht ihr dort? Welche Zielgruppen sprecht ihr an? So ein bisschen hast du es ja auch anklingen lassen, gerade in der Marktsegmentierung. Aber welche Kundengruppen geht ihr da jetzt vor allen Dingen an und welches Geschäftsmodell steht dahinter?

Sebastian Pohlmann: Wir gehen momentan vier Kundengruppen spezifisch an. Das ist der Bereich Automotive, wo es sich größtenteils um Business Development dreht. Das heißt, die Anwendungen zu identifizieren, die eben in den nächsten drei bis zehn Jahren relevant werden. Und dort geht es eigentlich immer um größere Rahmenverträge, um Serienfertigungen, die dann Ultrakondensatoren verwenden als bestimmte Komponente. Das ist der Bereich Nummer eins. Dann gibt es den Bereich Industrie. Das heißt alles, wo Industriemaschinen elektrifiziert werden, hybridisiert werden. Dort haben wir bereits heute einige Projekte der Hybridisierung von Baggern zum Beispiel, aber auch mit der Hybridisierung von Maschinen, die im Bereich Mining eingesetzt werden. Und dieser Bereich Industrie ist sehr weit. Also da fallen auch diese Dinge drunter, wie die Kräne, die ich erwähnt habe, oder eben auch Systeme, die eine unterbrechungsfreie Stromversorgung garantieren. Dann gibt es noch den Bereich Transport, das heißt Busse, LKWs, die Schiene, also Straßenbahnen fallen da eben auch drunter. Gerade im Bereich Straßenbahnen ist das sicherlich was, wo wir heute schon gute Kontakte haben und auch schon zwei große Auftragskontakte. gerade fertigen und was sicherlich in den nächsten Jahren noch relevanter wird. Und dann final gibt es eben noch den Bereich Logistik und Intralogistik, wo es sehr viel darum geht, unsere heutigen intralogistischen Prozesse zu elektrifizieren. Das heißt Gabelstabler, autonome Roboter, die Paletten hin und her fahren. Das sind alles Dinge, wo Ultrakondensatoren auch eine Rolle spielen. Da sind wir auch schon mit einigen Aufträgen im Geschäft. Und Unsere Kunden sind natürlich immer am Ende. Es ist immer ein Business-to-Business-Geschäft für Energiespeicher und wir haben mittlerweile eigentlich einen ganz guten Track-Record. Wir haben gerade auch im Bereich Netzspeicher, das hatte ich noch vergessen zu erwähnen, haben wir einige Speicher schon installiert. Wir haben eine 50 Megawatt-Installation, die wir schon für einen europäischen Kunden aufgebaut haben und dann spricht sich sowas herum. Dann ist es so, dass es eigentlich noch darum geht, die Kunden davon zu überzeugen, dass Ultrakondensatoren in der entsprechenden Anwendung mehr Sinn ergeben als Lithium-Ionen-Batterien. Oder beziehungsweise auch häufig zu sagen, hier ergeben Ultrakondensatoren keinen Sinn, hier nimmt man am besten die Lithium-Ionen-Batterie. Das kommt häufiger vor, als man denkt. Denn das Interesse der Kunden, eine neuartige Technologie zu nehmen wie den Ultrakondensator, ist sehr groß. Und teilweise so groß, dass dann eher nach dem Ultrakondensator gefragt wird, einfach weil er neu ist, auch wenn die Batterie vielleicht einen besseren Job in der jeweiligen Anwendung machen würde.

David Wortmann: Das heißt, die Fahrzeughersteller, die OEMs, die Energieversorger, die Stadtwerke, das sind eure B2B-Kunden an der Stelle und ihr verkauft die Konservatoren direkt in diese Zielgruppe hinein und habt jetzt also kein Lizenzgeschäftsmodell, sondern ihr habt wirklich ein Hardware-Geschäftsmodell, ein Hardware-Verkaufsgeschäftsmodell.

Sebastian Pohlmann: Richtig, absolut, genau. Also natürlich haben wir in bestimmten Gebieten auch Distributoren, aber es ist an sich ein reines Hardware-B2B-Modell.

David Wortmann: Jetzt hast du ja so ein bisschen gerade anklingen lassen, dass es manchmal nicht so ganz einfach ist, die Kunden zu überzeugen, weil es einfach eine neue Technologie ist. Wie geht ihr denn da vor? Also reicht es auf Referenzprojekte hinzuweisen oder werden Tests gefahren oder wie erschließt ihr euch da neue Kundengruppen?

Sebastian Pohlmann: Also Skeleton ist ja ein relativ junges Unternehmen. Wir sind ja 2009 gegründet worden und tatsächlich mit Gründung, das waren vier, fünf Leute in einem. Heute haben wir über 160 Mitarbeiter, wir haben eine Fertigung aufgebaut in Deutschland, wir haben mehrere Standorte in Europa und gerade in den Anfangsjahren war das natürlich sehr schwer, Kunden zu gewinnen. Und das hat einfach mit dem Henne-Ei-Problem zu tun, dass natürlich jeder ein Referenzprojekt sehen möchte. Wenn man aber gerade erst sein Produkt an den Markt gebracht hat, hat man natürlich kein Referenzprojekt. Das ist mittlerweile kein Problem mehr. Mittlerweile haben wir auch ein erstes Automotive-Projekt gewonnen. Wir haben eben, wie gesagt, die Projekte mit den Straßenbahnen. Wir haben mehrere Megawatt-Projekte im Bereich Netzstabilität. Das heißt, die Frage, kann Skeleton Technologies wirklich ein System liefern, stellt sich häufig nicht mehr, sondern es stellt sich jetzt nur noch die Frage, sind Ultrakondensatoren wirklich das, was wir hier brauchen? Und dort haben wir einen Vorteil und das ist der Vorteil unserer Technologie. Skeleton wurde ja nicht gegründet, weil Ultrakondensatoren an sich eine tolle Technologie sind. Das stimmt natürlich auch. Sondern Skeleton wurde gegründet, weil wir einen Technologievorteil haben. Und das ist eine viermal höhere Leistungsdichte als die Konkurrenz. Und wir haben ein Material entwickelt, was es uns ermöglicht, eine doppelt so hohe Energiedichte zu liefern. Und damit können wir eben in Anwendungen die Ultrakondensatoren hineinbringen. in denen die Konkurrenz keine Chance hat. Die Konkurrenz verliert da den Business Case gegen die Batterien und wir gewinnen ihnen gegen die Batterien. Und das ist dann eben auch häufig das Argument, was wir bei Kunden bringen können. Ultrakondensatoren ergeben hier Sinn, weil sie genug Energie haben, aber eben auch die hohe Leistungsdichte haben. Vielleicht grundsätzlich so als Beschreibung der Technologie nochmal. Wenn man sich die Vorteile von Ultrakondensatoren anschaut, dann ist es eigentlich ein No-Brainer, dass man sie eigentlich überall benutzen will. Denn Ultrakondensatoren kann man über eine Million mal laden und entladen, bevor man wirklich signifikant an Energie verliert. Man kann Ultrakondensatoren wirklich überall einsetzen, wo es auch sehr kalt ist, also bei minus 40 Grad. Ultrakondensatoren haben kein Sicherheitsproblem, das heißt, können dann Du kannst damit einen Nagel durchschlagen oder die zerquetschen und so weiter. Die fangen nämlich an zu brennen, so wie die Lithium-Ionen-Batterien das gerne tun. Und verwenden auch kein Kobalt, kein Lithium. Das sind alles Argumente dafür. Das einzige Argument, was gegen

David Wortmann: Welche Materialien kommen bei euch zum Einsatz?

Sebastian Pohlmann: Das ist Aktivkohle, beziehungsweise bei uns ist das unser gekrümmtes Graphen. Das sind also mikroporöse Kohlenstoffe. Und das war es auch schon. Also es ist, wie gesagt, keine Metalloxide, kein Lithium, nicht mal das viel erwähnte Graphit kommt zum Einsatz, sondern Aktivkohlenstoffe, die sehr unbedenklich sind eigentlich. Aktivkohlenstoffe kannst du auch in der Apotheke kaufen.

David Wortmann: Also unbedenklich und auch, ihr habt jetzt kein Problem mit der wenigen Verfügbarkeit dieses Materials.

Sebastian Pohlmann: Absolut, genau. Das ist noch ein anderer Punkt. Also Aktivkohlenstoffe kann man zum einen aus biologischen Quellen einfach gewinnen. Wir haben unser gekrümmtes Graphen, können wir aus einem sehr weit verbreiteten Rohstoff gewinnen. Und all diese Vorteile schlagen natürlich beim Kunden ein. Der einzige Nachteil, den die Ultrakondensatoren haben, ist die Energiedichte. Und da gewinnt immer die Lithium-Ionen-Batterie. Da konkurrieren wir auch nicht mit der Lithium-Ionen-Batterie, sondern was wir eigentlich machen ist, in die Anwendung reinzugehen, wo die Lithium-Ionen-Batterie überskaliert werden muss, um die Leistung zu liefern.

David Wortmann: Jetzt aber nochmal ganz kurz heruntergebrochen. Der Nachteil ist darin, dass ihr eben nicht so lange, nicht so viel Energie speichern könnt wie Lithium-Ionen.

Sebastian Pohlmann: Genau, richtig. Und das ist eben der Punkt. Also eine Lithium-Ionen-Batterie speichert gerne Energie so über den Zeitraum eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden. Das merkt man auch beim Handy, wenn man das auflädt. Mittlerweile gibt es Handys mit Schnellladefunktionen, aber lange Zeit war das eigentlich immer zwei bis drei Stunden lang. dass man das Handy aufladen musste. Und bei der Elektromobilität spielt das ja auch eine große Rolle. Da ist man jetzt auch auf 20 Minuten runter teilweise. Aber es spielt eine Riesenrolle, wie schnell kann man diese Batterie laden. Man kann sich jetzt eben vorstellen, wenn man eine Batterie aufbauen möchte, die sich in zehn Sekunden laden lässt mit einer gewissen Kapazität, dann ist das Einzige, was man machen kann, die Batterie einfach größer zu bauen. Das heißt, man nimmt zehnmal mehr Energie, als man eigentlich benötigt für seine Anwendung. und lädt dann auch nur ein Zehntel der Batterie. Aber das sehr zügig. Und dann ergibt sich eben der Business Case für die Ultrakondensatoren. Denn wenn man plötzlich eine zehnmal größere Batterie braucht und das Ganze eigentlich mit einem Ultrakondensator machen könnte, der klar weniger Energiedichte hat, aber eben auch dafür bedeutend kleiner dann am Ende sein muss, weil er ja nicht überskaliert werden muss, dann ergibt es Sinn für den Kunden.

David Wortmann: In welchen geografischen Märkten seid ihr jetzt überall aktiv? Du hast Polen gerade kurz angesprochen, Deutschland. Wo seid ihr sonst noch unterwegs?

Sebastian Pohlmann: Also in ganz Europa sicherlich. Wir haben Projekte in Frankreich, in Spanien, in Finnland und Schweden, Deutschland natürlich, Polen hat es gerade schon gesagt, auch Projekte in Großbritannien. Und in den USA haben wir einiges an Projekten, unter anderem ein Projekt mit einem großen LKW-Hersteller. Und dann haben wir ja vor kurzem eine Dispensionsvereinbarung unterschrieben mit Marubeni für den asiatischen Markt. Und Marubeni wird sich dann eben hauptsächlich um den japanischen und chinesischen Markt auch kümmern.

David Wortmann: Die Herstellung findet übrigens in Deutschland statt, richtig?

Sebastian Pohlmann: Richtig, genau. Also wir haben die Technologie in Estland entwickelt. Gallatin ist eigentlich ein estnisches Unternehmen, eines der vielen berüchtigten estnischen Startups. Und die Technologie wurde hier entwickelt. Es wurde dann aber relativ schnell bemerkt, dass man eine automatisierte Produktion am besten zum einen dort aufbaut, wo man viele Ingenieure findet, zum anderen aber auch dort aufbaut, wo man nah am Kunden ist. Und dort haben wir einfach gesehen, die deutsche Automobilindustrie wird weiterentwickelt. Ein strategischer Kunde muss ich ehrlich sagen, aber eben auch die gesammelten Ingenieursdienstleister und so weiter sind alle in Deutschland. Das heißt, wir haben dann bewusst die Entscheidung getroffen, 2013 bereits, dass wir eine Produktion in Deutschland aufbauen. 2017 haben wir angefangen, Elektrode in Deutschland zu produzieren und 2018 haben wir dann die Zellproduktion nach Deutschland bewegt und produziert. Mittlerweile produzieren wir eben Elektrode, Zelle und Module und Systeme, also auch ganze Komplettlösungen mit Ultrakondensatoren. Alles an einem Standort im Groß-Oerstorf, das ist so 30 Kilometer von Dresden entfernt.

David Wortmann: Aber ich gehe davon aus, wenn ihr euren Marktfußabdruck noch weiter globalisiert, dass dann sicherlich auch Fertigungsstätten in Asien oder in den USA in Frage kommen?

Sebastian Pohlmann: Das ist sicherlich etwas, was langfristig in Frage kommt. Momentan fokussieren wir uns auf den Standort in Hohes Oersdorf und haben auch Pläne, den weiter auszubauen. Vor kurzem ist es ja auch bekannt geworden, dass es ein weiteres großes europäisches Projekt gibt, ein Förderprojekt zur Batteriefertigung und zur Energiespeicherfertigung. Da sind wir auch teilzunehmen. Teil davon und eine große Menge dieser Fördergelder wird eben in Großröhrsdorf eingesetzt, um dort die Produktion weiter zu skalieren. Und das hat auch damit zu tun, dass sich Ultrakondensatoren deutlich unkomplizierter transportieren lassen als Batterien. Lithium-Ionen-Batterien haben ja das Problem, dass man sie nicht entladen kann auf 0 Volt. Das heißt, sie müssen immer unter einigen Sicherheitsbedingungen doch transportiert werden. Und dazu hat man dann auch das Risiko des Feuers oder der Explosion bei den Lithium-Ionen-Batterien. Das alles ist beim Ultrakondensator nicht vorhanden. Das heißt, ein Ultrakondensator kann eben komplett entladen, transportiert werden. Das macht das Ganze ein bisschen einfacher, in Europa zu produzieren und zum Beispiel nach China zu exportieren oder in die USA zu exportieren.

David Wortmann: Wichtig bei jungen und neuen Technologien ist ja auch, dass Forschung und Entwicklung sehr nah am Produktionsstandort ist. Insofern macht das sicherlich auch Sinn. Wie finanziert ihr denn euren Wachstum? Also rein aus dem Geschäft heraus oder habt ihr Investorenrunden abgeschlossen beziehungsweise stehen noch einige bevor?

Sebastian Pohlmann: Also wir haben erst kürzlich eine große Investorenrunde abgeschlossen. Größtenteils haben wir unser Wachstum durch Investoren finanziert, aber eben auch durch Investoren wie EIT und Energy. Das heißt eben europäische Investoren. Wir haben eben auch einiges an Equity-Investoren. Und vor Kurzem haben wir eben die letzte Investorenrunde abgeschlossen mit zusätzlichen 40 Millionen Euro. Die helfen uns jetzt sicherlich über die nächsten Jahre und die Expansion der nächsten Jahre zur Bewerkstellung. wir sind auch auf einem sehr guten Weg, uns aus eigener Kraft über Wasser halten zu können, einfach weil der Markt sehr schnell wächst und auch wir mit dem Markt sehr schnell wachsen. Also wir waren in der Lage, 2020 dreimal so viel Umsatz zu machen wie 2019 und werden 2021 nicht ganz den Faktor 3 wieder aufrechterhalten können, aber den Faktor 2 noch aufrechterhalten können.

David Wortmann: Wie hoch ist euer Umsatz aktuell?

Sebastian Pohlmann: Ja, kann ich nicht spezifisch sagen. Kann ich nicht öffentlich sagen, den Umsatz. Aber ich kann sagen, dass unser Umsatz, ja, es ist ein schwieriges Thema, weil wir darüber nicht öffentlich sprechen.

David Wortmann: Gut, aber zumindest habt ihr eine Umsatzsteigerung, die proportional zum Marktwachstum ist oder überproportional?

Sebastian Pohlmann: Überproportional zum Marktwachstum, definitiv. Und das hat auch damit zu tun, dass die Konkurrenz Maxwell Technologies zum Beispiel wurde von Tesla aufgekauft und die haben dann mit diesem Ultrakondensator-Geschäft nicht mehr so viel angefangen. Also da sind dann viele Lücken entstanden, in die wir eindringen konnten und das hat uns sicherlich auch geholfen. Aber was uns natürlich einfach hilft, ist der technologische Vorteil. Also das ist der Hauptfaktor. Eine viermal höhere Leistungsdichte ermöglicht es einfach, deutlich kleinere Systeme anzubieten für die gleiche Anwendung. Und dann ist es eben eine sehr einfache Entscheidung für den Kunden.

David Wortmann: Wo seht ihr euch in fünf Jahren? Also Mitarbeiterzahl, Produktionsstandorte, Umsatz, Rechtsform steht im Börsengang bevor, oder?

Sebastian Pohlmann: Also das ist natürlich immer die Frage, weil bei einem Startup besteht ein Börsengang bevor. Ich würde sagen, da stehen die Chancen sicherlich nicht schlecht in den nächsten fünf Jahren, dass sowas bevorsteht. In fünf Jahren wollen wir sicherlich sehr stark gewachsen sein. Wir werden den Standort in Groß-Rosdorf sehr stark ausgebaut haben, werden wir wahrscheinlich um die 300, 400 Mitarbeiter am Standort haben und starten. Allgemein werden wir uns weiter ausgeweitet haben, was die Anwendung unserer Energiespeicher angeht. Denn wir haben nicht nur Ultrakondensatoren entwickelt, sondern haben auch in unserer Entwicklung heutzutage Dinge, die über das hinausgehen, was Ultrakondensatoren heute können. Wir haben die Super-Battery-Technologie, die ungefähr zehnmal mehr Energie speichern kann als ein Ultrakondensator. Das heißt, es geht schon in die Richtung von Hochleistungs-Lithium-Ionen-Batterien, was die Energiedichte angeht, aber kann immer noch in 15 Sekunden geladen werden. Und das spielt natürlich dann eine große Rolle in ganz anderen Anwendungen. Also diese Batterie ist zum Beispiel relevant für Hybridfahrzeuge, also Hochvolthybridfahrzeuge, wie sie ja auch ab 2025 sehr häufig eingesetzt werden. Und dort konnten wir auch mit einem großen OEM einen Letter of Intent unterzeichnen über eine Milliarde Euro. Und das zeigt uns auch einfach, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Also 2025 oder 2026 wollen wir sicherlich in dem Bereich sein, dass wir mehrere hundert Millionen Euro Umsatz machen und auf einem guten Weg sind, eine Milliarde Euro Umsatz zu machen.

David Wortmann: Super, Sebastian. Ganz herzlichen Dank. Das war echt ein toller Ritt durch eure Markt- und Technologieaufstellung. Ich glaube, uns allen ist deutlich geworden, dass es nicht nur verschiedene Speichertechnologien bedarf, sondern dass ihr hier auch eine ganz wichtige Lücke füllt, vor allen Dingen dort, wo man ganz schnell Energie speichern muss und kann und wo auch schnell eine Entladung stattfinden kann. Da spielt ihr ganz vorne mit. Und ja, ich wünsche euch mit Skeleton Technologies ganz, ganz viel Erfolg in den nächsten Jahren.

Sebastian Pohlmann: Wir werden sicherlich Danke auch für die Möglichkeit, hier zu sprechen. War für mich ein sehr interessantes Gespräch. Tschüss.