🛒 E-COM News KW29: Der große Ausverkauf – ist Amazon am Ende?

16. Juli 2025, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, herzlich willkommen zu einem komplett neuen Format, gerade wenn ihr auch auf Spotify unterwegs seid, schaut unbedingt mal mit ins Video rein, denn der liebe Jochen Krisch und der gute Alex Graf, die kommen mit mir jetzt einmal in der Woche zusammen und wir besprechen ganz knackig die wichtigsten Ecom-News. Das heißt, wir suchen uns mal eine Sache raus mit möglichst großer Tragweite und diskutieren dazu maximal 15 Minuten, also wirklich Wissensdruckbetankung für dich, zwei super Experten und mir, der auch ein bisschen was sieht. So, und heute ist unser Thema Amazon, also eigentlich mehr genau gesagt Abverkäufe, weil Amazon hat ja seine Prime- ist auf gleich vier Tage jetzt schon wieder verdoppelt. Von ursprünglich mal einem auf zwei, auf mittlerweile vier. Und da haben wir uns gesagt, hey, lassen wir mal zum Thema, um drüber zu reden, ob Abverkäufe langsam nicht ein bisschen gefährlich werden für die Unternehmen. Was ist denn da los? Könnte man vielleicht auch ein bisschen smarter machen. Also das ist heute unser Thema. Ja, gleich mal reingestartet. Jochen, du hast ja damit angefangen, hast ja diese Woche schon drüber geschrieben. Was ist dein Take dazu?

Jochen Krisch: Wir haben schon geflaxt von Amazon Prime Day zu Amazon Prime Year. Ich bin dagegen. Also ich finde das sehr kontraproduktiv und ich habe es bei mir auch so ein bisschen geschrieben. Das ist für mich so ein Verzweiflungsakt, wenn einem nichts Besseres einfällt, als die erfolgreichen Formate noch verlängern, weil natürlich das Gesamtevent ist dadurch populärer und lukrativer, aber der smarte Ansatz und das wäre so meine andere Hypothese dagegen, eigentlich müsste es sein, wenige Tage maximieren, also wirklich konzentriert ein, zwei Tage zu haben, das Maximum rauszuholen. Das gilt für Prime Day, das gilt für Singles Day. Ob Black Friday, Cyber Monday oder was auch immer wir haben. Also wir neigen so in die Richtung zu gehen, dass wir das ganze Jahr über irgendwie immer irgendwelche Abverkaufstage haben.

Joel Kaczmarek: Ja, ich wollte gerade sagen, wir haben ja eigentlich den Black Friday, aus dem eine Black Week geworden ist und gefühlt einen Black Month. Also da nimmt es ja auch zu. Und ich glaube ursprünglich ja eigentlich auch mal so ein Stück weit aus dem Gedanken gestartet, dass man das Weihnachtsgeschäft nicht als das eine große Ding am Ende des Jahres hat, sondern noch so ein bisschen umverteilt auch. Aber Alex, was ist so dein Blick darauf?

Alexander Graf: Ja, mich erinnert so ein bisschen an diese Möbelkataloge, die man einmal in der Woche mit der Gratiszeitung bekommt, wo immer drauf steht 40 Prozent, 80 Prozent, 20 Prozent. Nur jetzt kaufen, kaufen, kaufen, kaufen, kaufen. Dann nimmt man das. Sofort zum Normalpreis auch nicht mehr so wirklich ernst. Und ich habe dann gerade erst geguckt, wann war denn überhaupt Prime Day? Weil ich habe es gar nicht mitbekommen. Und habe gesehen, innerhalb der Prime Days, obwohl ich eigentlich jeden Tag was bei Amazon bestelle, habe ich nur einmal bestellt. Zehnerpackung elmex Zahnpasta. Die ich, wie ich jetzt gerade hier erfahren habe, als ich in meine Bestellung gewühlt habe, die ist gar nicht angekommen. Die war nicht zustellbar. Und jetzt weiß ich gar nicht, ob man dafür das Geld zurückbekommen hat. Ich glaube, es funktioniert für eine bestimmte Zielgruppe noch, aber ein bisschen mehr Last. da auf so eine Plattform schieben, das ist kein Problem für moderne. E-Commerce-Anbieter.

Joel Kaczmarek: Jochen, siehst du da eigentlich irgendwie Verzweiflung drin? Also riecht das so ein bisschen für dich danach?

Jochen Krisch: Für mich ist das Verzweiflung. Also das ist genau der Punkt, das mache ich, wenn mir sonst nichts mehr einfällt und wenn ich ein bisschen von meinem Weg abgekommen bin. Das Gute dabei ist wirklich so, dass die Kosten an die Marktplatzhändler ausgelagert werden. Ich muss dazu sagen, es gab auch sehr positive Stimmen, also Marktplatzhändler, die das gut fanden und die da auch sehr profitiert haben. Bei mir kam auch ein Kommentar an, x-fache das Profit oder das EBITDA durch so eine Aktion, also wenn sie eben günstig die sich Produkte auch anbieten können, ist das alles super. Aber jetzt mal aus einer Händlerperspektive betrachtet, ist das wirklich so, das ist halt der beste Hebel, den ich habe. Ich mache Discount, ich reduziere meine Produkte, einzelne Produkte, phasenweise diese Tage etc. Deswegen, das ist ein Erfolgsmittel, klar, aber jetzt auch das Primitivste, das ich habe. Und mein Plädoyer ist ja, es smarter zu machen. So zum Beispiel wie anfangs der Singles Day, ja wirklich eine schöne ... Tagesaktion war und das ist ja in China dann auch durch die Decke gegangen, aber man musste halt, das ist maximal ein, zwei, drei Tage und dann ist es vorbei. und jetzt ist es der Vorlauf schon, die Ankündigung und dann der Tag noch und dann geht es noch weiter und dann geht es gleich über in eine Art von Weihnachtsgeschäft. China ist ja ein bisschen anders gestrickt und die Gefahr sehe ich eben jetzt auch. Ich verstehe, warum es Amazon macht, also die müssen halt gucken, also das ist ja wirklich so. die Quartalsdenke, die gucken halt, wie bekommen sie auch den Handels- und Marktplatzumsatz im Vergleich zum Vorjahr. Jahresquartal höher hin. Und entweder können Sie die einzelnen Tage besser optimieren, dann muss man aber wirklich sich anstrengen, mehr Hirnschmalz reinstecken und dann so skalieren. Oder man dehnt es eben aus, macht es über mehrere Tage. Und ich fand auch sehr schön die Pressemitteilung von Amazon, die ja dann gesagt haben, das war der beste Viertageszeitraum um einen Prime Day herum. jemals bei Amazon war. Also dann weißt du genau, worum es geht. Und es ist in gewisser Weise so eine Zahlendrickserei, weil du dir natürlich den Rest des Jahres schwerer machst. Und gerade Amazon hat jetzt die Frühlingsangebote, die haben eine Herbstaktion, dann haben sie wirklich die Black Week. Ich glaube, es ist nicht mehr eine Black Week. Die letzte Black Week war auch 10, 11, 12 Tage mindestens schon lang. Also sie haben jetzt sehr lange Phasen, wo sie das Modell fahren. Die Gefahr ist halt, dass die Leute wirklich darauf geeicht werden.

Alexander Graf: Da muss man eigentlich fast aufpassen, dass der Prime-Manns nicht mit dem Black-Manns überlappt, damit die Hände noch Zeit haben, zum Normalpreis zu verkaufen. Aber ich glaube, was wichtig ist, weil Amazon halt schon so marktbeherrschend ist und so einen großen Anteil am Online-Umsatz hat, wir reden halt jetzt nicht mehr wie beim Singles Day vor zehn Jahren darüber, dass wir ganz, ganz viele Neukunden das Prime-Programm holen wollen. Jetzt geht es vor allem um Aktivierung und Retention. Also wir wollen vermeiden, dass Kunden zu Temu abwandern. weil dazu sind die Produkte in der Regel noch ein bisschen billiger. Und dementsprechend sieht es auch deutlich langweiliger aus, auf dieser großen Basis da noch viel mehr Umsatz zu machen. Da müsste man schon massiv das Produktspektrum ausweiten. Das probieren sie ja auch im Bereich zum Beispiel Medikamente, ja sozusagen, diesen Apothekenversand. Das probieren sie auch weiterhin im Bereich Food. Da kann man dann nicht nur die 100er-Packung Milchschokolade kaufen, sondern auch irgendwie die einzelne Tafel, die aber im Einzelversand auch total teuer ist für Amazon. Prime-Programm, da wird schon deutlich weniger kreativ. Und ich kann mich jetzt lange nicht mehr an einen Moment zurückerinnern, wo ich sagte, naja, oh, jetzt gibt es hier was ganz Besonderes bei Amazon, da muss ich hin. Ganz im Gegenteil, diese Begehrlichkeit hat in den letzten Wochen und Monaten eher AliExpress. geweckt. Wenn man zum Beispiel mal Seiten wie Mydealz verfolgt, wo gibt es gerade richtig coole Deals. Es ist ganz oft AliExpress oder Alibaba Group. Da habe ich mir tatsächlich in so einem Deal so eine Ironman-Maske geholt. Ich hole die gleich mal hier in den Rechner. Hatte ich ja schon mal gezeigt in so einem Podcast. Ich zeige euch die gleich mal. Ich hole die mal, wenn Jochen gleich antwortet. Die war statt 400 Euro nur noch 50 Euro. Das ist der Hammer sozusagen. Und da weiß ich, das ist ein begrenzter Deal, begrenzte Zeit. Braucht kein Mensch dieses Produkt. Und dann entsteht Begehrlichkeit. Und die kann ich mich bei Amazon irgendwie nicht mehr so richtig erinnern. So, ich hole mir die Maske.

Jochen Krisch: Man kann ja auch noch ergänzen, wenn man sieht, wie Amazon das dieses Jahr vermarktet hat. Die hat es ja in Kombination mit den AI-Tools vermarktet. Und dann geht es ja auch gar nicht mehr darum, jetzt die coolen Produkte zu haben, sondern es ist quasi so, es gibt alles irgendwie reduziert, mal weniger, mal mehr. Und dann merkst du einfach, das ist Mittel zum Zweck, aber nicht Mittel zum Zweck, um wirklich die... Ich hoffe, alle, die das Video mithören wollen, sehen das jetzt. Ein bisschen klein für deinen Kopf, oder?

Alexander Graf: Ja, aber meinem Sohn passt das. Es gibt zwei Medikamente. Es gibt die ganze Maske. Man kann es auch aufsetzen. 50 Euro, das ist doch wohl ein Hammerpreis für so ein Produkt. Und ich sehe Joel, in Joels Augen kann ich ganz genau sehen, er hätte auch gern diesen Deal gemacht.

Joel Kaczmarek: Und dann hilft mir nochmal zu verstehen, also Jochens Anleitung war ja gerade, das Problem ist, dass diese Tage zu oft kommen. Also Verknappung geht verloren, wenn quasi das einfach überhand nimmt, dass man dauernd sowas macht. Ist das die einfache Lösung, dass man solche Rabattschlachten, solche Sondertage einfach reduziert, dass man sie nicht so lange macht? Oder wie würdest du sonst, Alex, sowas angehen?

Alexander Graf: Ja, also was möchte man da machen? Man möchte irgendwie Begehrlichkeit wecken, sozusagen es soll eine Win-Win-Proposition werden. Früher im stationären Handel hat es in der Regel ja der Händler selber getragen, diese Rabatte auf das Sofa oder auf die kostenlose Bratwurst, die es da gab. Jetzt kann ich ja relativ einfach als Marktplatz das weiterverkaufen. Ich kann ja sogar sagen, hey, lieber Marktplatzhändler, du musst den Rabatt tragen, plus, wenn du ja noch das beste Ranking haben willst in dem Prime-Day-Newsletter, musst du obendrauf nochmal die Werbekosten on top tragen. eine Plattform wie Amazon ist das ja immer ein Win-Win. für viele Händler. Wir hören natürlich sozusagen in diesen Newslettern oft nur die Erfolgsgeschichte, aber für viele Händler ist es eben keine Erfolgsgeschichte. Die verlieren da Geld. Und die meisten dieser Aktionen kamen tatsächlich immer aus einem Neukundengenerierungsinteresse. Und da sieht man, dass Amazon natürlich schon sehr, sehr weit oben gecappt ist. Die haben halt schon die meisten Kunden auf ihre Plattform geholt. Viele Kunden, die da noch nicht kauften, haben da sehr spezifische Gründe, warum sie dort noch nicht kaufen. Das ändert man mit dem Prime Day tatsächlich auch nicht. Aber es müsste für mich, also wenn das jetzt für mich interessant sein soll, Dann fände ich es viel spannender, dass ich mich zum Beispiel qualifiziere durch eine bestimmte Anzahl an Käufen. Oder Umsatz im Jahr, wo ich dann so ein bisschen wie bei Victoria's Secret oder limango qualifiziert werde, dann an diesem Tag in einem bestimmten Zeitfenster bis zu zehn Produkte zu kaufen. Wo ich dann meine, okay, das darf auch in diesem Fall nur ich. Das Produkt gibt es dann auch nur für mich. Und ich muss mir auch diesen Status erarbeiten. Und das würde ich sogar machen. Weil ich weiß, ich würde mich für relativ hohe Stufen qualifizieren. Da würde ich mir noch mehr lose kaufen, in Anführungsstrichen. Aber solche Sachen will ich da gar nicht. Und das ist am Ende der gleiche Rabatt für alle. Das ist überhaupt nicht individuell. die gleichen Newsletter für alle und irgendwie die hundertsten Kopfhörersets. Also so viele Enkel, Cousins und Kinder gibt es dann irgendwie doch nicht darauf. Also ich finde es extrem unkreativ tatsächlich.

Jochen Krisch: Das ist mein Punkt und deswegen möchte ich auch gerne noch eher abschließend jetzt ja auch ein Beispiel nennen, wie man eigentlich denken müsste. Und bei den Preisaktionen, das kann man als Unterkategorie aufmachen zu exklusiven Aktionen in irgendwelcher Form. Aber alle anderen exklusiven Aktionen sind natürlich aufwendiger. Produkte nur zu dem Tag hast, spezielle Kooperationen etc. hast. Das wären alles Denkansätze, die man fahren könnte als Händler, um wirklich Nachfrage anzukurbeln und wirklich was Schönes auch zu bieten, was Spezielles zu bieten. Das gerät aber so ein bisschen immer ins Hintertreffen, weil man eben quasi das einfachste Mittel nutzt, Preise streichen, geht immer vielleicht mit den Lieferanten noch nachverhandeln oder irgendwelche Deals darstrecken und dann sich dann nicht so wirklich kreative Gedanken machen kann, was man denn noch alles an Hebeln auch hätte.

Joel Kaczmarek: Wisst ihr eigentlich, wer das strategisch entscheidet über den Prime Day? Auf welchem Tisch der liegt? Ist das der Deutschlandchef? Ist das der Marktplatzchef in Deutschland? Wird das aus US gesteuert? Wer entscheidet das?

Jochen Krisch: Das ist sehr global. Das war ein globaler Prime Day. Wobei ich habe jetzt mitbekommen, in Mexiko ist das sogar schon sieben Tage lang. Also aber der Zeitpunkt, ich meine, das versuchen sie immer ein bisschen geheim zu halten, wann genau der kommt, damit sich niemand so wirklich dran hängt. Aber anders können sie es auch nicht geheim halten, weil es natürlich... Planungsvorläufe braucht. Nee, das gerade Prime Day ist ein sehr globaler Tag. Also das wird dann von ganz oben. Wahrscheinlich vom Finanzchef, sage ich jetzt mal.

Alexander Graf: Das ist ja auch eine Matrix-Organisation bei Amazon. Da kann keiner so wirklich selbst entscheiden. Das sind einfach große Gremien, in das hin und her geschoben wird. Na gut.

Joel Kaczmarek: Also ihr Lieben, vielen, vielen Dank für heute. Ihr da draußen, hier, erster Test. Wir testen das jetzt mal mindestens vier Wochen lang. Also teilt mal schön unsere News weiter und sagt, wie ihr die findet. Könnt ihr aber bei Spotify mal ein bisschen drunter kommentieren. Ja, und dann geht es nächste Woche schon weiter, ihr Lieben. Freue ich mich. Macht's gut.

Alexander Graf: Bis dann. Tschüss.

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