Welche Macht haben Marken in einer Plattformwelt? 💪

8. Oktober 2024, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und meine beiden E-Commerce-Freunde durften wieder zum Spielen rauskommen. Der liebe Alexander Graf von Spryker bzw. Kassenzone und der gute Jochen Krisch von dem guten Magazin Exciting Commerce bzw. ist ja auch mit dem Glory Fund am Start und bei K5 immer noch hier und da super unterwegs. Also heute wieder geballte Kompetenz in Sachen Commerce, Handel und Co. Und wir haben uns heute ein, finde ich, sehr zeitaktuelles Thema mal vor die Brust genommen, nämlich zu fragen, welche Macht haben denn Marken heutzutage eigentlich auf Plattformen? Weil es tut sich ja extrem viel, also heute werden glaube ich mal Namen wie Adidas fallen, vielleicht auch Nike, wir werden über TikTok sprechen, wir werden über Seller X reden, also über all die Plattformen da draußen, die teilweise auch Marken aufkaufen. No-Name-Brands versus Real-Brands, also heute gibt es ein richtig buntes Bouquet und wenn man sich für Handel interessiert und welche Rolle Marken darin spielen, dann kommt man glaube ich auf seine Kosten. Von daher, that being said, hallo ihr beiden.

Jochen Krisch: Hallo zusammen.

Alexander Graf: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: Und wisst ihr, ihr da draußen, das ist ja immer so, wir eine Stunde vor dem Gespräch sagen wir manchmal, worüber wollen wir heute eigentlich reden? und dann gibt es immer einen, der ein Thema reinwürft und heute war das Alex. Wie kam es denn dazu, dass du das Thema heute besonders spannend findest, Alex? Was interessiert dich?

Alexander Graf: Ich gucke ja immer vor dem Podcast auf excitingcommerce.de und schaue, worüber Jochen geschrieben hat und was ich besonders spannend fand. Und da weiß ich, da ist Jochen auch gut vorbereitet. Tatsächlich kam die Folge jetzt noch ein bisschen aus einem anderen Winkel und zwar habe ich jetzt in den letzten Wochen, weil ich viel unterwegs war, auf Konferenzen wieder viele Podcasts gehört. Und ein Podcast war das mit dem ehemaligen Aldi-Chef von Aldi Süd bei OMR. der so ein bisschen die Geschichte erzählt hat, wie das überhaupt dann damals so losging mit den ganzen Eigenmarken und dass das ja eigentlich eine Idee war, die von Aldi dann geprägt wurde. Das hat mich nochmal so zum Nachdenken angeregt, wann sind Marken eigentlich relevant für mich im Auswahlprozess? und kurz danach habe ich mir diverse Podcasts aus dem OMR Rabbit Hole, die Höhle der Löwen angehört und da sind ja dann auch viele dieser Food-Marken entstanden, Ankerkraut glaube ich und Little Lunch. Die alle dann das Ziel hatten, irgendwie nicht auf Amazon zu verkaufen, sondern irgendwie schnell zu Rewe zu kommen und dann schnell weiterverkauft zu werden. Da hatte ich mich auch nochmal überlegt, also was macht das denn als Marke aus? Klar, bei diesem Ankerkraut, wenn das dann neben dem recht langweiligen Gewürzanbietern da stand, das war halt ein Markt, den hat sich ernsthaft niemand angeschaut, aber Das hat alles irgendwie zusammengekommen. dann auch mit den Artikeln auf Exciting Commerce, mit Seller X und Co., wo ich mir so Gedanken mache, wenn ich jetzt was Neues bauen würde oder irgendein Produkt mir überlege, so wann wird denn eine Marke eine Marke? Ich hatte den Blackroll-Gründer vor kurzem auch einen Podcast dazu gehabt, die ja diese Nackenrollen machen und jetzt viel im Bereich Schlaf, so Kissen und andere Dinge. Und das ist irgendwie eine Marke geworden. Wenn man darüber nachdenkt, kenne ich jemanden, der weiß, was er für ein Kissen nutzt beim Schlafen. Die meisten wahrscheinlich nicht, aber die sich jetzt so ein Kissen von Blackroll gekauft haben, die wissen das sehr aktiv. Und das gibt mir halt ein bisschen zu denken, wie diese Marken entstehen und wo diese Marken entstehen. und Dadurch, dass niemand vor mir diese E-Mail geschrieben hat heute, bevor wir uns vorbereiten, ist es das Thema geworden. Das ist die ganze Wahrheit.

Joel Kaczmarek: Ja, aber mir ging es auch so lustigerweise, ich habe heute Morgen gerade zu meiner Frau gesagt, dass es bei Markenbildung ja auch so ganz merkwürdige Phänomene gibt. Früher fand ich, war Marke etwas, was leistungsorientiert war. Also dann konnte etwas irgendwie, ich fand besser. Also Blackroll meinetwegen mit dem Beispiel Kissen, weiß nicht, der Nacken knickt nicht so ab, die Herstellung hält länger und so weiter und so fort. Und heute hast du ja auch ganz, ganz viele Marken, die kein Leistungsversprechen abgeben, sondern eher so ein Statusversprechen haben. Also wenn jetzt irgendwie LWM Asch hingeht und kauft Birkenstock, was lange ein Leistungsversprechen war, wird es ja dann so aufgewertet und auf einmal ist es eher ein Luxus- und ein Zugehörigkeitsversprechen. Von daher können wir ja bis in den Luxusbereich quasi heute mal die Fühler ausstrecken. Und vielleicht fangen wir mal an mit dem Status Quo der Lager auf den Plattformen. Also ich habe von euch ganz und mir gar nicht so bewusst, dass ja mittlerweile auch relativ hart gesiebt wird. Vielleicht kann mich ja mal einer da von euch professionell mit an die Hand nehmen und das Publikum. Jochen, du bist doch da immer mit dabei.

Jochen Krisch: Ich kann es ja mal versuchen, wobei Alex immer der beste Erklärer ist.

Alexander Graf: Ah, das stimmt, aber ich lasse Jochen trotzdem das Wort.

Jochen Krisch: Damit du besser dastehst und auch deinen Senf dazugeben kannst. Also wir hatten es jetzt zuletzt ja mit der Meldung von Amazon, die ihre First-Party-Lieferanten-Vendoren ausgemustert haben. Hauptsächlich in den USA, aber Tausende davon ausgemustert haben. Und der Grund ist, ich fange das Pferd wie immer von hinten auf, der Grund ist, dass einfach dieses Plattform-Geschäftsmodell ohne Handelsrisiko, ohne irgendwelche Lagerrisiken und was man alles damit hat, so viel attraktiver ist. Und gerade jetzt, wo Retail-Media oder das Mehrbegeschäft einfach so boomt, auch speziell bei Amazon, Dann macht man sich natürlich als Plattform einfacher und sagt, okay, ihr könnt gern bei uns verkaufen, wir haben alles für euch, wir haben das Lager für euch, wir haben Werbeplätze für euch, wir haben alles, was ihr euch so vorstellt, Analysen, was auch immer, aber ihr zahlt jeweils dafür. Und wir haben kein Risiko und je nachdem, wie viel Umsatz ihr machen wollt, zahlt ihr davon. Und dass ich das so… eingebürgert hat. Und alle drehen das ja gerade in die Richtung. Zalando auch extrem nochmal in die Richtung jetzt mit ihrem neuen Ökosystem-Ansatz. Auch Otto hat stark ausgemustert aus anderen Gründen, weil die ihr Handelsgeschäft so ein bisschen noch stützen wollen. Da ist ihnen der Marktplatz so ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen und hat nicht so viel Ergebnis geliefert wie das Handelsgeschäft. Also es gibt unterschiedliche Gründe, warum das passiert. Ich würde jetzt mal sagen, wenn man sich bei den Führenden orientiert, Amazon und Co., dann ist es aber einfach, weil man einfach mehr Geld verdienen kann mit Marktplatzteilnehmern, die nicht Lieferant sind. So würde ich es mal formulieren.

Joel Kaczmarek: Also sozusagen in der Logik, es ist zwar attraktiv Auswahl zu haben, aber wenn ich die Auswahl komplett selber handeln muss, dann ist eigentlich der Kostenfaktor, die intern operativen Kosten sind eigentlich auch zu hoch. Es ist attraktiver für mich, das auf dem Marktplatzmodell zu fahren.

Jochen Krisch: Ja und Handel ist halt eigentlich ein schwieriges Geschäft, weil es eigentlich im Handel ja um Kuratierung geht. Du wählst aus, du weißt, was die Kunden wollen, die Kundinnen wollen. Und hast dann entsprechend auch das Risiko, weil das bestellst du vor, das lagerst du ein, das müsstest du dann auch verkaufen und dann hast du eben deinen Abverkauf etc. Amazon hat ja immer schon das andere Modell, sie sagen, wir wollen am liebsten alles von allen haben, aber im Grunde nicht alles von allen einkaufen wollen, sondern das war ja eigentlich auch der weitere Vorteil dann von dem Marktplatz, dass sie eben auch sagen können, entweder wir testen erst mal den Marktplatz und nehmen es dann ins Sortiment rein oder eben andersherum. Wir testen als Lieferant und dann jetzt Ich glaube, jetzt sind härtere Zeiten, da Jeff Bezos nicht mehr da ist, wo ich sagen würde, der war noch ein Freund des Consumer-Geschäftes, ist jetzt der neue Chef ja eher ein B2B-Mann, der einfach von diesen Geschäftsmodellen mag und, glaube ich, auch zu schätzen weiß, weil er eben eigentlich aus dem Cloud-Service-Bereich kam. Und das ist eine Unterstellung von mir. Eine meiner Hypothesen, dass ich das sehr spannend fand, ist ein Nachfolger bei Amazon von Jeff Bezos, jemand aus dem Consumer-Business oder aus dem B2B-Business. Und darauf führe ich das ein bisschen zurück, dass die Kriterien härter werden. Und andererseits habe ich aber auch so die Hypothese, wie lange leistet sich Amazon des Handelsgeschäfts noch, weil das einfach wirklich ein weniger lukratives Business ist.

Alexander Graf: Ich glaube, um darauf einzugehen, ich glaube, das leisten sie sich noch so lange, bis sie ein Pfand brauchen im Kartellprozess, sozusagen, den sie immer wieder reinlaufen müssen, um das dann hergeben zu können. Das Handelsgeschäft ist, wenn man sich Zahlen anguckt, ja total dumm. Das macht ja gar keinen Sinn für Amazon, das Handelsgeschäft zu betreiben. Plus, es wird jetzt noch In Frage gestellt, ob das Handelsgeschäft mit Tausenden von Lagern, die die Ware in die Nähe der Kunden bringen, überhaupt noch so funktioniert. eine Zukunftsform hat. Jetzt, wo wir dieses Direktimportgeschäft aus China so boomen sehen. Ich glaube, das behalten sie einfach, bis dann irgendeine Kartellbehörde sagt, wir müssen was tun. Dann geben sie das her. Dann ist Amazon noch profitabler. Also ich würde es erstmal nochmal fünf Jahre behalten. Was war jetzt nochmal die Grenze? Du hattest die E-Mail auch irgendwo gepostet in deinem Blog. Ich glaube, unter fünf Milliarden Handelsvolumen an Amazon, unter fünf Millionen, genau, wären die Accounts geschlossen. Also wenn man für weniger als fünf Millionen Euro Ware an Amazon verkauft oder über Amazon verkauft, wird der Account, da antwortet einfach keiner mehr. Und da gibt es noch gar keine Rückrufmöglichkeit.

Jochen Krisch: Ich glaube, dass es nicht so eine harte Grenze gab, aber so eine Orientierung. In der Größenordnung ist es. Und ich glaube, weil es muss halt, Amazon sieht ja, ob es funktioniert oder ob es nicht funktioniert. Sind das Schnelldreher, sind das Ladenhüter, muss man selber sehr viel in Werbung etc. investieren. Und die haben ja den Blick drauf, die wissen ja dann, wen sie sich da nicht mehr leisten wollen. So muss man es ja fast formulieren. Ärgerlich natürlich für die ganzen Lieferanten. Deswegen kam es ja so hoch und hat ja so eine Welle gemacht, weil die natürlich unglücklich sind. Weil es ist natürlich ein dankbares Geschäft. Du sagst, du lieferst 10.000, 100.000 Stück und dann muss sich der Händler darum kümmern. Und am Marktplatz müssen sie das alles letztendlich selber handeln, auch gucken, wo sie am besten verkaufen und wie sie das Ganze managen. Und das ist ja nicht unbedingt immer eine Markenaufgabe. Können wir auch noch als Aspekt dann später besprechen. was eigentlich die Rolle des Handels ist und die Rolle der Marke und muss eine Marke Direktvertriebskompetenz oder generell überhaupt Kundenkontakt haben.

Joel Kaczmarek: Ich finde ganz spannend, auch nochmal eine Nachfrage zu stellen, bevor wir jetzt mal in Strategien eintauchen. Also wie sollte ich mich jetzt eigentlich als welche Marke verhalten? Und da würde mich mal interessieren, wie ist das denn eigentlich mit der Auffindbarkeit? Weil wenn so ein Amazon bisher eigentlich immer gesagt hat, von allem, was es gibt, möchte ich alles haben. Ich möchte sozusagen one place for everything sein. Der Suchschlitz ist dein Weg zu den Produkten deiner Wahl. Du kommst ja irgendwann in so ein Thema rein, dass die Auffindbarkeit ja irgendwie signifikant abnimmt. Also wenn du sehr viel Inventar hast, viele SKUs, dann wird ja ganz vieles nicht mehr gefunden. Dann bist du ganz schnell bei Retail Media, da musst du eigentlich Geld ausgeben, damit deine Produkte noch gesehen werden. Das ist zwar schön für den Amazon, aber vielleicht für die Marken wiederum nicht so. Von daher dieser Gedanke aus, wie viel Inventar ist wann denn eigentlich gut? Wisst ihr, was ich meine? Da fände ich mal ganz spannend, euren Blick drauf zu sehen. Wie wird denn eigentlich heutzutage Ware dann auch noch gefunden, wenn das Angebot so groß ist dort?

Alexander Graf: nur bezahlt. Also wenn du nicht zahlst in der Reichweite online, also ich kann mich erinnern, ich glaube jetzt schon lange noch her, jetzt kann man das nochmal rausholen, ich kann mich auch erinnern, eine Diskussion, die wir mit einigen Führungskräften bei Otto haben, das war so vor 15, 16 Jahren und da war ich in einer Rolle, in der ich aufgezeigt habe, wie Google das sozusagen Suchverhalten beeinflusst, der Kunden hat dann gezeigt, naja, wenn man keine Google-Suchmaschinenoptimierung macht, dann wird Ware einfach nicht gezeigt. Dann zeigt Google zum Beispiel Produkte von Zalando. Ich weiß gar nicht, ob es damals schon Zalando gab, aber damals gab es vielleicht schon zwei, drei andere Portale. Und dann habe ich so gezeigt, also mein Learning war, wir müssen in Suchmaschinenwerbung investieren, also sowohl organisch als auch anorganisch und wir müssen quasi Tools aufbauen, um einfach noch bessere Daten zu bekommen, weil ansonsten wären wir nicht gefunden. Und dann kam die Antwort von einem Vorstandsmitglied damals, der gesagt hat, aber Herr Graf, wir haben doch die Kompetenz in Mode. Also das ist doch nicht unser Fehler. Google macht das doch falsch. Und das habe ich erst gar nicht verstanden. Ich habe gedacht, das meint er ironisch, aber ich glaube, das ist wirklich so gemeint gewesen. Und so gucken dann auch viele drauf. Und es geht ja mir sogar als Kunden so, ich weiß ja ganz genau, dass die ersten zehn Produkte, die bei Amazon wo Sponsor dran sind, da flippe ich oft rüber, weil ich weiß, das sind jetzt gerade diejenigen, die den höchsten Rohertrag haben, sagen auf ihren Produkten, deswegen können sie die höchsten Quote abgeben, aber wahrscheinlich ist es gar nicht das beste Produkt für mich. Deswegen muss ich so ein bisschen unterherscrollen, aber das ist nun mal die Welt, außer wenn man jetzt so eine Top-Top-Top-Top-Top-Marke ist, wie zum Beispiel ein Apple und da gehören halt nur eine Handvoll Marken dazu. muss man für die Leistung gefunden zu werden auf einer Plattform zahlen. Und man muss sogar dafür zahlen, dass man dort Content an die Plattform gibt. Auch eine Dienstleistung, die der Händler bisher ja selber übernommen hatte. Entweder in der Dekoration des Schaufensters oder indem er das in den Gralobtext geschrieben hat. Aber ich glaube, es ist bei Markenverantwortlichen oft immer noch so eine, sozusagen, Wunsch, dass der Handelspartner oder die Plattformen werden als Handelspartner verwechselt. Sind sie nicht. Sie müssen genauso betrachtet werden wie Google, wie eine Suchmaschine. Und die muss man auch genauso behandeln am Ende. Einen technischen Dienstleister und eben nicht als Handelspartner. Und das wird aber heute nicht so ausgesteuert. Heute erhofft man sich sozusagen Win-Win. Und Florian Heinemann hat das ja im Kassenzimmer-Podcast öfter mal erzählt, als er für Rocket noch gearbeitet hatte, hat Oliver Sammer gesagt, als er gesehen hat, wie viel Rocket an Google-Suchmaschinen-Werbung ausgeht, dass er sagt, das müssen wir jetzt stoppen. Wir müssen jetzt mit Google verhandeln. Wir wollen Rabatt. Und auf die Suchmaschinenpreise. Und ich glaube, es ist halt, wenn Olli Sammer quasi schon dieses Missverständnis werden das halt viele andere Markeninhaber auch haben. Wer zahlt, wird gefunden. Wer nicht zahlt, das nicht kann, das nicht bedienen kann, der ist raus. Amazon ist eine Maschine, genauso wie Google.

Joel Kaczmarek: Gut, so, jetzt haben wir mal eine Achse. Die zweite Achse, die ich mit euch gerne aufmachen möchte, ehe wir dann über die Markenstrategien reden, ist so das ganze TikTok, Shein und Co-Universum. Also die asiatischen Marken, die ja auch mit, oder die asiatischen Plattformen, die ja auch mit Marken arbeiten, Teilweise, und da können wir wieder unterscheiden mit echten, also da können wir mal hier das Adidas-Beispiel aufgreifen, aber teilweise auch mit so No-Name-asiatischen Brands oder auch kompletten Eigenmarken. Von daher, was ist denn so der Status Quo, wenn ich TikTok mal aus Markensicht betrachte? Alex, du bist doch da eigentlich Verfechter. Hast zwar gerade so lange reden dürfen, aber ich glaube, das ist nochmal ein Heimspiel für dich.

Alexander Graf: TikTok ist auch erstmal eine Plattform, bei der ich meine Produkte irgendwie suchbar listen muss. Ja, ich muss da gefunden werden. Das sind jetzt aber andere Mechanismen, die da funktionieren. Also ich habe da jetzt quasi keine Maschine wie bei Google, wo ich dann irgendwie auf Keywords bieten kann, sondern ich muss mich darum kümmern, dass es Leute gibt, die meinen Produkten in die Kamera halten. Oder dass ich Videos produziere, die auch funktionieren in diesem Feed. In den USA hat TikTok das ja probiert. schon mit einem Direktkaufmodell zu verbinden, also mit diesem TikTok-Shop-Modell. Da sind wir in Deutschland bisher noch nicht. Da verlinken die meisten Marken oder die Anbieter dann auf den eigenen Online-Shop. Das hat natürlich einen Conversion-Abruch zur Folge. Deswegen glaube ich, dass TikTok-Shop auch dann bald nach Deutschland kommt. Aber ich muss auf diesen Plattformen sein. Nur bei diesen neuen Plattformen, und das zeigt sich jetzt auch bei vielen Marken, brauche ich auf einmal ganz andere Fähigkeiten, sichtbar zu sein. Also vielleicht habe ich das allerbeste Putzmittel, Was ich als Putzmittelhersteller verkaufe, das würde hervorragend funktionieren für TikTok, weil ich könnte das, was bisher vor einem Supermarkt stattgefunden hat, wo diese Leute da mit diesen unseriösen Krawatten gestanden haben und irgendwie auf Pfannen geschrubbt haben, wie das Putzmittel funktioniert, das könnte man hervorragend für TikTok verkaufen. Und würde vielleicht sogar riesigen Umsatz, Umsatzstübe dort bekommen. Aber wenn ich weder weiß, wie diese Plattform funktioniert, noch wen ich fragen muss, noch wie ich es aussteuern muss, noch wie ich die ganze Lagerhaltung machen muss, noch weiß ich gar nicht, wie ich die Ware so verteile, dass das funktioniert, wem ich das eigentlich zurechne, wenn ich vorher aus einem Wholesale-Modell komme. Dann habe ich da verloren. und auf einmal kommt dann vielleicht eine Marke aus China, die vielleicht so ähnlich klingt, so ähnlich aussieht, bei der die Pfanne aber auch sauber wird, vielleicht das Produkt 50% schlechter, aber die funktionieren in dem Kanal und auf einmal verliere ich dann den Umsatz, den ich hätte eigentlich haben müssen, weil die Leute, die anfällig waren auf den Menschen mit der schlechten Krawatte, der unter diesem aufklappbaren Stand vom Supermarkt die Pfanne sauber gemacht hat, Die sind ja genauso anfällig für das schlechte TikTok-Video oder für das schlechte Thema. Also sind ja die gleichen Leute. Es ändert sich ja quasi nur dieser Kanalzugang. Das verstehe ich auch immer nicht, wenn ich mal mit Unternehmen rede, dass diese Art von Veränderung nicht in diese Ernsthaftigkeit hingenommen wird, sondern man sich dann überlegt, dann setzen wir doch noch auf unsere alten Partner noch ein bisschen vertrauenswürdiger und besser. Und machen dann mehr von den Dingen, die sowieso schon weniger funktionieren. Also da geht es mir so wie damals mit dem Otto-Vorstand, der dann übrigens vorgeschlagen hat als Alternativlösung zu Google, dass man jetzt wieder mehr in Magazinwerbung investieren müsste. Ohne Witz. Ohne Witz.

Jochen Krisch: Es geht immer back to the roots. Da kann ich auch noch eine schöne Story dazugeben, weil ich finde auch, diese Marktplatzwelt ist auch eine ganz eigenartige Welt. Und zum Beispiel, wie die Marktplatzwelt TikTok oder TikTok-Shops sieht. Und es gab jetzt eine schöne Analyse auch TikTok-Shop das erste Jahr. Wie gut ist das gelaufen oder wie gut ist das nicht gelaufen? Aber vor dem Hintergrund, wie gut ist es für traditionelle Marken gelaufen? Also da kam dann die Kritik, ja okay, guck dir die Bestsellerliste an, es sind alles No-Name-Brands, alles Unbekannte, alles irgendwie obskur in Anführungszeichen. Und ich glaube, das ist so. das, was sich ändert, was aber in der Markenwelt nicht so angekommen wurde, dass alle neuen Plattformen eigentlich immer durch die Brille der bisherigen Marken betrachtet wurden. Aber nicht aus den Möglichkeiten, die sie zum Beispiel für neue Marken und speziell darauf ausgerichtete Marken bieten. Und deswegen ist das Markenspektrum, wird auch viel größer. Wir haben es ja jetzt gesehen, diese ganzen Influencer-Brands und alles, was hochgekommen ist oder was Alex ja auch schon gesagt hat, was durch … durch die Höhle der Löwen eigentlich da an, manchmal D2C-Brands, manchmal auch nicht D2C-Brands hochgekommen sind, aber eigentlich ja auch andere, die halt in einer anderen Art und Weise auf anderen Plattformen oder in anderen Märkten funktionieren. Und ich glaube, das übersieht man immer so ein bisschen. Und bei TikTok-Shop ist es mir am besten aufgefallen, weil ich das nicht als klassischen Marktplatz sehe, sondern einfach als andere Plattform. Welt, in der du verkaufst, aber eher Creator getrieben und Alex hat es ja gut beschrieben, du verkaufst und das kannst du nicht mit einem Adidas-Schuh zum Beispiel machen, sondern da brauchst du vielleicht eine andere Marke, vielleicht durchaus eine Sportbrand, aber die halt andere Kriterien hat und die einfach mehr hermacht und wo du mehr erzählen kannst.

Alexander Graf: Und ich habe auch ein gutes Beispiel dafür. Zum Beispiel gestern kam oder diese Woche kam ein cooles Produkt raus. Otto, quasi Otto Walkes, hat irgendwie so einen Adidas-Schuh gemacht. Kann sein, dass der auch auf der Otto.de-Plattform nur verkauft wird, weiß ich aber nicht. Aber ich glaube, es ist so ein Otto-Ding. Aber das ist eigentlich was, das wäre etwas, das. Also das haben die klassisch gemacht. Die haben quasi ein großes, bekanntes Testimonial gebucht. Die hätten das auch mit Thomas Gottschalk machen können. Der ist vielleicht jetzt irgendwie nicht so hip und versuchen jetzt diesen Traffic in diese Plattform zu schieben. Haben aber ganz klassisch schon ein Kaufhaus gebucht mit vielen Menschen, damit da so ein Hype entsteht. Und ich glaube, du kannst wahrscheinlich mit deutlich weniger Aufwand, mit einer smarteren Distribution von dieser Art von Influencern auch so einen Hype um so einen Schuh kreieren. Ohne diesen ganzen Overhead. Daran hat wahrscheinlich irgendwie ein Team jahrelang gearbeitet an dieser Koop, an dem Design, das funktioniert wahrscheinlich heute viel zugänglicher und schneller. Und wie gesagt, diesen Schuh fand ich sogar ganz cool, aber ich bin ja noch die Otto-Walkes-Generation. Also ich habe den ja noch im Fernsehen gesehen und finde den irgendwie ganz witzig und sozusagen das ist auch ein cooler Weiß. Ich bin jetzt kein Sneaker-Head, da müssten wir mal den Herrn Wenzel fragen, wie der den Schuh einnimmt. einschätzt, aber als ich das so gesehen habe und da wurde auch gezeigt im LinkedIn-Post, was wurde eigentlich dafür gemacht, wie lange hat das gedauert? und das ist ja etwas, was in diesen ganzen neuen Medien. und dann hat er ja klar ein paar Millionen Aufrufe bei TikTok, aber das haben ja kleine, unbekannte Influencer Auch. Oft ist das nicht planbar, aber die könnten dann auch ein cooles Produkt dahin stellen. Das ist halt etwas, was den alten Marken irgendwie schwerfällt. Und wir reden jetzt mal von alten, alten Marken, die es noch vor der Amazon-Welt gab. Und dann gibt es ja noch diese Generation, kommen wir gleich noch zu, dieser Marken, die in dieser Amazon-Welt entstanden sind. Die ja dann versucht haben, sich zu konsolidieren mit den Seller Xs dieser Welt. Und von denen hätte ich ja erwartet dass sie noch viel eher diese Fähigkeit haben, in diese TikTok-Welt oder Ski-Innenwelt reinzurutschen, sich da zu vertreiben. Aber haben sie auch nicht. Die haben auch eigentlich eine Art Hohlzelt-Denken aufgebaut. Und die konnten natürlich viel besser das Backend von Amazon bedienen und das ganze Bestandsmanagement, das Crap-Up-Management, den A-Plus-Content, irgendwie die Werbeanzeigen bei Amazon ausspielen. Aber diese Fähigkeiten, die die hatten, die waren jetzt auch nicht viel anders als diese Fähigkeit, die jetzt einen Fissler Pfannen und Töpfe hatte, um mit dem Karstadt-Vertrieb zu reden. Das ist eine sehr eindimensionale Fähigkeit, die immer weiter durchoptimiert wurde. Aber das sind keine Marken, die darauf aufgebaut waren, sich permanent neu zu erfinden und sozusagen so beweglich zu sein. zu sein. Und diese Flexibilität, die wird man jetzt wahrscheinlich bei der nächsten Generation der Marken erst sehen.

Jochen Krisch: Aber ich würde sogar sagen, das ist ja eigentlich mehr die Google-Generation, also die einfach quasi Such-Traffic-Analyse gemacht haben bei Amazon und bei anderen und dafür Marken entwickelt haben oder Produkte entwickelt haben mit dem entsprechenden Profil. Waren ja am Anfang sehr einfache, irgendwelche Handyhöhlen und solche Geschichten. Also davon sprechen wir ja. Also das sind ja sehr einfach, aber die dann schon Anker und andere sind ja immer so die hochgelobten Namen, einfach eine Eigendynamik entwickelt haben und dann plötzlich ein Begriff waren. Aber da hätte ich jetzt tatsächlich gar nicht erwartet, dass die das können bei TikTok-Shop und anders. Und ich finde, der Begriff, der mir dazu einfällt, um bei TikTok erfolgen zu werden, diese ganzen Collab-Geschichten, dass man irgendwie zusammenarbeitet unter Influencern, unter Creatoren, das ist ja eigentlich das Modell, was du jetzt auch mit Otto mit sehr viel Aufwand und Overhead beschrieben hast. Otto ist quasi Zusammenarbeit zwischen Otto und Otto, dem Künstler dann. Und ich würde es genauso auch beschreiben. Und ich glaube, das ist einfach auch der Unterschied jetzt bei TikTok-Shop, teilweise bei Instagram und bei anderen, das ist halt personengetrieben. Personen sind die Mittler dann letztendlich. Was früher der Handel war, sind da die Personen, die haben entweder eigene Produkte oder geeignete Produkte. Und wenn sie keine geeigneten Produkte haben, dann ist es sehr, sehr schwierig, da was zu machen. Dann sind es meistens Marketing-Deals, weil es sich dann ja eh nicht verkauft. Also das sind die Herausforderungen, finde ich, und da muss es sich noch irgendwie justieren, dass für jede Plattform quasi ihre adäquaten Marken oder Produktanbieter dann entsprechend hat und findet.

Joel Kaczmarek: Also ehrlich gesagt, ich finde die Kooperation auch total merkwürdig. Also A ist für mich jetzt Otto gar keine Firma, wo ich jetzt sage, die würde ich mit Stolz auf dem Körper tragen. Es gibt ja zum Beispiel Lidl, so einen ulkigen Kult. Also ich habe einen Kollegen, der hatte so eine Shorts an im Sommer, da war das Lidl-Logo tausendmal drauf. Dann meinte ich, was trägst du denn hier? Dann meinte er, ja, voll angesagt, bin Stunden ausverkauft. Wo du denkst, okay, crazy, aber Otto. Und dann bewirbst du einen Sneaker von Otto mit einem 76-jährigen Comedian, den ja gar keiner mehr kennt. Ja.

Jochen Krisch: Aber sie werden 75 Jahre alt. Also das passt schon irgendwie wieder.

Alexander Graf: Ich finde aber den Sneaker cool. Also ich würde ihn gerne haben. Vielleicht hört dir jemand von Otto mit. Sag mir gerne Bescheid. Ich ziehe den gerne an. Ich finde den ganz geil.

Jochen Krisch: Du hältst den auch noch in die Kamera.

Alexander Graf: Ich finde Otto Walke ist lustig. Otto finde ich auch gut. Adidas ist ja schon immer meine Lieblingsmarke gewesen. Das ist ja ganz klar.

Jochen Krisch: Jetzt schleifst du aber los hier.

Alexander Graf: Nein, das ist ein toller Schuh. Das ist wirklich ein toller Schuh.

Joel Kaczmarek: Ich hab lustigerweise, passend zu dem Thema, ich hab vor kurzem einen Podcast aufgenommen mit Superstreusel. Die hab ich auf der K5 kennengelernt, von daher ist die wahrscheinlich so auch aus Jochens Umfeld irgendwie bekannt. Und dann hab ich die gefragt, ich sag so, wie schlagt ihr euch denn auf TikTok und Konsorten? Und das Ergebnis war, also Superstreusel ist so einer der größten Shops oder wenn nicht der größte anscheinend in Deutschland zum Verkaufen von Kuchenstreuseln. Also wenn man so Cupcakes macht und Muffins.

Alexander Graf: Wie heißt das? Superstreusel?

Joel Kaczmarek: Ja, super Streusel. Das ist ja so real shit. Also wenn ich das bei mir zu Hause auch manchmal sehe, weißt du, Kuchen und so weiter. Nein, das sind auf jeden Fall die Größten und die haben Instagram, haben die voll im Griff, also das verstehen die total gut. Machen so Live-Shopping und irgendwelche Aktionen und ganz nah dran an der Zielgruppe. Die Zielgruppe fühlt sich so als verlängerter Arm der Firma eigentlich. Und TikTok gelingt ihnen aber irgendwie sehr schlecht. Und ihre Argumentation war immer, wir kriegen die Conversion irgendwie nicht hin. Also das konvertiert schlecht auf den Shop, kann wegen dem Bruch sein. Aber dann habe ich das mal Arthur, meinem Videopro, gezeigt und er hat genau dasselbe gesagt. Er meinte so, ja, das ist überhaupt nicht TikTok, was die da machen, das ist voll IG. Und dann denkst du, okay, Instagram anscheinend nochmal eine ganz eigene Welt als TikTok. Also selbst so einen Marken, und die sind ja cool und jung und haben Bock und so, ja, scheint schwer zu fallen, in dem Universum Fuß zu fassen.

Alexander Graf: Deswegen, interessant. Dafür haben sie Ross Anthony als Testimonial, sehe ich hier. Ja, das ist noch sehr nett, das habe ich gehört.

Jochen Krisch: Instagram ist nicht TikTok. Das ist noch die Promi-Variante. dann im klassischen Sinne. Ja, und das macht es auch schwer, das macht es auch super schwer, weil es halt nicht mehr nur Produktoptimierung oder Suchmaschinenoptimierung und Platzierung von Produkten ist, sondern weil man sich wirklich auch, was die Story und die Präsentation der Art und Weise angeht.

Alexander Graf: Aber ich glaube, was wichtig ist, wir diskutieren jetzt ja auch wieder mit Shein, sollte man dort Produkte verkaufen oder sollte man das irgendwie lassen, wenn man einmal diesen gedanklichen Schritt macht über den Teich und sagt, okay, diese Plattform, die wollen diese Ware gar nicht. Jetzt am Anfang nutzen sie sie gerne, um so ein bisschen Warenmarken aufzubauen, aber die… wollen eigentlich nur Kundenzugang vermitteln. So wie Google. Das sind alles Medienunternehmen und versuchen sich auch als Medienunternehmen zu positionieren, der Börse gegenüber. Die vermieten nur Inventar. Die vermieten dir auch Lagerplatz. Und wenn man das verstanden hat, dann ist es vielleicht auch ein bisschen einfacher, sich als Marke zu überlegen, strategisch, was möchte ich denn eigentlich? Und du wirst dir heute kaum eine Marke finden, die sagt, bei Google möchte ich nicht gefunden werden, bei Google findet man auch Sachen über Nazis. Ja, das stimmt auch, das ist auch so. Man wird auch bei Amazon Nazi-T-Shirt finden, aber weil diese Kuration ja eben gar nicht mehr stattfindet, diese Plattformen das selber für sich ja gar nicht mehr vereinnahmen, finde ich, dass es viel einfacher ist, sich das ein bisschen stärker aufzutrennen, wenn ich mit einem Unternehmen zusammenarbeite, was für Kuration steht und für Lagerhaltung, immer wegen Bräuniger oder so. K-Stadt meinetwegen oder FNAC, wer auch immer, dann habe ich ja weiterhin dieses klassische Scorecard. Ist das mein Umfeld? Sind das meine Preise? Sind das meine Kunden? Aber mit einer Technologie, mit einer Suchmaschine diese gleiche Scorecard anzuwenden, das führt immer ins Verderben und dann ist man in der Regel viel zu spät dran, oder? hat falsche Maßstäbe, die man dann anlegt. Dann ist man immer sehr, sehr unzufrieden.

Jochen Krisch: Ich möchte gerne einen Punkt, was du vorhin gesagt hast, noch unterstreichen. Ich finde, das kommt immer so zu kurz, dieser Partnergedanke. Dadurch, dass Sie aus dem Handelsgeschäft oftmals kommen, sind Sie Partner des Handels dann in der Plattform, in der Marktplatzwelt. Das haben Sie irgendwie gut PR-seitig durchgeführt. Und ich möchte das unterstreichen, Dienstleister, Solution Provider, wie auch immer, das ist ja super smart jetzt auch von Zalando, die nennen das jetzt ja sogar Zalando Partner dann, was sie vorher als Fulfillment Service und als was auch immer für Services betrachtet haben. Also in der Vermarktung super, aber genau aus Partnersicht, das müssen ja nicht nur Marken sein, das sind ja auch Händler dann, die da verkaufen. Muss man einfach sagen, das ist ein Dienstleister, die nutze ich für bestimmte Zwecke. Und deswegen bin ich da 100 Prozent bei dir, wie du das gesagt hast. So muss man sich überlegen, ob es in die Strategie reinpasst. Aber das nicht so im klassischen Handelssinne betrachten, dass ich da jetzt ähnliche Erwartungen habe und ein ähnliches Vorgehen. Ich glaube, das ist auch noch schwierig jetzt bei den Marken, einfach da die Leute zu haben, die sich darauf spezialisieren. Weil wenn es andere mitmachen, dann ist einfach das Dann kommst du da aus der Historie heraus und aus der Erfahrung heraus. Und ist nicht ganz einfach, weil für jede Plattform kann man sich keinen eigenen Menschen leisten, aber diese grundsätzliche Unterscheidung einfach mal zu machen. Sobald man auf einem Marktplatz ist, Online-Marktplatz ist, ist man in einem Dienstleistungsbereich.

Alexander Graf: Ich glaube, von diesem Hintergrund haben wir uns jetzt mal überlegt, warum haben denn diese Seller X und andere Marken-Ankauf-Services nicht so richtig funktioniert. Eigentlich ist der Gedanke ja richtig gewesen, weil Marken sind ein Asset, was sich quasi wie in der Suchmaschine so ein bisschen optimieren lässt. Also ich muss die quasi durch diesen gleichen Suchmaschinen-Schlitz irgendwie durchschieben, ich muss die Bilder optimieren, ich muss die Texte optimieren, ich muss das Keyword-Management optimieren. Und ja, dahinter, das eine ist irgendwie Handyhöhlen, das nächste ist dann USB-Lautsprechermarke, das dritte ist dann vielleicht irgendwelche Tasten für eine Tastaturmarke, was auch immer. Ich glaube schon, dass es dafür einen Markt gibt. Was, glaube ich, falsch gelaufen ist, was ich aus heutiger Sicht so sagen würde, ist, die Bewertung dieser Marken lief ja nach klassischen Mustern ab. Die haben ja eben nicht diese Suchmaschinenoptimierungsfähigkeit bewertet, sondern die haben sich ganz klassisch angeschaut, wie viel Umsatz machen die, wie viel Gewinn machen die und dann haben sie Gewinn mal 8 gezahlt bekommen. Wenn ich jetzt aber so eine chinesische Nehmen wir mal eine smarte chinesische Factory, die auf ihren Maschinen verschiedenste Produkte produzieren kann. Die haben ja auch einen Make-to-Order-Prozess, bei dem sie sich von anderen Fabriken Sachen zuliefern lassen können. Die könnten ja aus dem Stand so ein Seller X nachbauen. oder sind sie ja eigentlich, weil sie haben vielleicht auch 50 verschiedene Produktkategorien, wo sie dann jeweils fünf Produkte bauen können mit ihrem Maschinenpark. Was denen heute noch fehlt, ist diese Optimierungsfähigkeit auf dieser Markenebene. Da kommen sie halt klassisch nicht her. Aber die physischen Assets, die sie haben, sind wahrscheinlich wertvoller als die physischen Assets, die Seller X mit diesen Marken darstellen. gekauft hatte. Und die Bewertung ist dann auf einmal eine ganz, ganz andere in diesem Umfeld. Also ich finde nicht, dass die Idee, das zu sammeln, diese Marken und dann zentral zu verwalten, dass die falsch ist. Ich glaube, es wurde eher zu viel erwartet von der Leistungsfähigkeit dieser Marken.

Jochen Krisch: Also ich habe ja immer schon gesagt, dass das Quatsch ist und nie an das Modell geglaubt. Das ist auch dokumentiert, deswegen sage ich das jetzt nicht nur so. Sondern ich glaube, der Denkfehler ist, und das hast du jetzt auch beschrieben, wenn man so denkt und so beschreibt, wie du es jetzt beschrieben hast, super Idee. Aber was, glaube ich, nicht bedacht wurde, ist, es ist halt ein Anliegen. Handelsgeschäft oder ein produktgetriebenes Geschäft dahinter. Du musst halt auch die Operations und alles entsprechend hinbekommen. Und ich glaube, das wird immer so ein bisschen übersehen. Das eine ist natürlich die Online-Kompetenz, die Marktplatzkompetenz und das traue ich ja allen zu. Aber daran ist es ja auch so ein bisschen gescheitert. Also jetzt gerade auch in dem Abschwung und diesem Auf und Ab, wo du halt wirklich mit Beständen jonglieren musst und Sie sind ja genauso aus der Kurve geflogen wie alle Händler oder Onliner, die sich gerade schwer tun, weil sie entweder das nicht hinbekommen haben, also die Planung schwierig war, oder halt nicht genügend Kapital hatten, um das vorzufinanzieren. Und das meine ich mit Handelsgeschäft. Und das ist natürlich jetzt, vielleicht wenn alles weiter bergauf gegangen wäre und da keine Turbulenzen drin wären, würden wir jetzt anders sprechen, dann wäre das nicht ganz so hart der Bruch gewesen, aber das habe ich immer als Herausforderung gesehen und das sieht immer leichter aus von außen, als es dann intern ist, weil du brauchst wirklich Profis in allen Bereichen dann und du musst die ja ablösen, die das gegründet haben und aufgebaut haben. Also ich finde das operativ super schwierig, super herausfordernd.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt haben wir ja die wesentlichsten Ebenen schon mal durchdekliniert. Also wir haben irgendwie über TikTok, Temu und Co. geredet, also was die, sag ich mal, die günstigen Marken angeht. Wir haben die Amazon-Umgebung besprochen, wir haben über die klassischen Händler geredet. Jetzt können wir mal langsam anfangen, unser Versprechen aus der Überschrift dieses Podcasts einzulösen und mal darüber zu sprechen, welche Macht oder welche Strategiemöglichkeiten Marken denn nun eigentlich auf den Plattformen haben. Vielleicht separieren wir das. Wir können ja große Marken mal betrachten und aufstrebende Marken. Fangen wir mit den großen mal an. Das jetzt alles im Gepäck habend und diskutiert habend, wie würdet ihr euch denn verhalten, wenn ihr jetzt eine große Marke seid in dieser Gemengelage?

Alexander Graf: Was sehen wir denn bei den großen Marken? Also die großen Marken definieren sich ja dadurch, dass sie groß sind. Also haben sie ein Verständnis, dass sie groß sind. Sie möchten auch entsprechend wahrgenommen werden, möchten wichtig sein. Jetzt ist aber auch eine große Marke wie Adidas im Vergleich zu einer Plattform wie Amazon oder Alibaba oder Shein einfach nur ein relativ kleines Unternehmen. Es gibt Marken, die dominieren natürlich in ihrer Kategorie über 10 Prozent der Käufe. Adidas, Nike gehören sicherlich dazu. Diese Marken braucht man als Plattform idealerweise in der Anfangszeit, um dort als Partner für die Kunden wahrgenommen zu werden, dass die Selektion relevant ist. Das heißt, in der Anfangszeit wenn die Plattform eine Kategorie noch nicht erschlossen hat, gibt es eine bestimmte Macht, die diese großen Marken noch ausleben können. Diese Macht nutzen sie aber aus meiner Sicht heute falsch. Diese Macht nutzen sie, um möglichst lange von dieser Plattform fernzubleiben. Bis sie dann über Hohlzähler und andere dann doch auf dieser Plattform distribuiert werden und dann gar keine Handlungsmacht mehr gegenüber dem Plattformen haben. Anstatt zu sagen, es gibt ja alle paar Jahre neue Plattformen, jetzt kommen natürlich mit TikTok, Shein, Temu, ein paar neue in den Marken, statt als Adidas zu sagen, bleiben wir mal bei deinem Beispiel, geil, ich hole mir jetzt ein bestimmtes Sonderrecht, sperre jetzt Nike und Co. aus und hole mir jetzt quasi das Media-Äquivalent von 500 Millionen Euro von allen diesen Plattformen, handele aber aktiv auf diesen Plattformen. Das wäre ein viel, viel smarterer Move, weil ansonsten wird die Ware sowieso irgendwann da verkauft, ohne dass ich jemals diesen Media-Wert bekomme. hätte haben können. Und das ist aus meiner Sicht eine viel, viel smartere Herangehensweise für so eine große Marke. Eine kleine Marke, die in ihrer Kategorie vielleicht nur 0,3 Prozent aller verkauften Produkte ausmacht, Messersets zum Beispiel, die hat gar keine Verhandlungsmacht. Die kann klassischerweise da rangehen, gedanklich wie so ein Online-Marketing-Manager. Der kann sich überlegen, wo gibt es besonders viel Suche für spezialisierte Online-Messer- Sets, wie muss ich dort meine Werbung ausgestalten, um dort heute noch mehr zu verkaufen? und kleinere Marken sind da ein bisschen fitter und gehen da auch schneller auf. diese Marktplätze, das hat man bei Amazon auch gesehen. und die großen Marken, die versucht haben, diese alte Welt zurückzuholen, dazu gehört ja auch ein Birkenstock, die sind ja mit Anlauf in die Pfütze gepatscht, das hat halt gar nichts gebracht, es gab noch nie ein größeres Birkenstockangebot, als es als es bisher der Fall war, obwohl sie ja da aktiv nicht mehr zusammenarbeiten wollen. Das heißt, die Markenmacht ist langfristig immer sehr, sehr klein und am Anfang, je nachdem wie Dominanz in ihren Kategorien sind, kurzfristig groß, wird aber nicht smart genutzt. Also habe ich das richtig zusammengefasst. oder habe ich jetzt irgendeinen Teil der Frage vergessen?

Joel Kaczmarek: Ich habe auch über Nike gerade die ganze Zeit nachgedacht, weil Nike ist ja brutalst gegen die Wand gefahren in der Strategie, möglichst viel auf den Direktvertrieb bei sich selbst umzuruten. Also es gab ja zahlreiche Händler, denen einfach die Verträge gekündigt wurden. Man hat irgendwie die Belegschaft rausgeworfen, die mit Händlerkoordination beschäftigt war. Damit ist super viel Know-how, wie man das eigentlich steuert und wie man was ausverhandelt, aus dem Unternehmen rausgegangen worden. Und da gab es ja sehr umfangreich, war das auf LinkedIn oder wurde das gepostet, so ein ehemaliger Marketingchef, der das total auseinandergenommen hat von denen, dass er gesagt hat, die Kunden wollen halt Nike da kaufen, wo sie sind, aber nicht direkt immer nur zu Nike gehen, um zu kaufen. Von daher wäre auch nochmal ganz interessant, in dem Kontext mal zu überlegen, wie wichtig findet ihr denn den Ort des Kaufs? Also, dass man den Direktvertrieb vielleicht anbietet, aber nicht als einzigen exklusiven Weg wählt. Wisst ihr? Gibt es da irgendwie so den einen Weg, der zielführend für euch scheint?

Jochen Krisch: Also ich glaube eh gar nicht an einen Weg und ich würde nochmal kurz einen Schritt zurück machen, weil ich würde es anders klassifizieren. Ihr habt jetzt von großen und kleinen Brands gesprochen. Ich vertrete eher so die Ansicht, neue Plattformen, neue Brands. Und was ich vorhin schon gesagt habe, also jede Plattform hat dann die Brands, die dort funktionieren und die dort funktionieren. Dann würde ich eher von Legacy-Brands sprechen jetzt. Das ist ein bisschen unfair immer, aber deine Frage war ja, welche Gedanken sollte man sich machen? Und wenn ich weiß, ich bin eine Legacy-Brand, muss ich mir überlegen, wie kann ich zeitgemäß mit den Plattformen entsprechend umgehen? Das ist für mich ein relevanterer Gedanke, als mich weiter stark zu fühlen. Alex hat es ja beschrieben, in den Kampf zu gehen und zu gucken, wie hole ich da am meisten raus. Ich weiß nicht, ob das der zielführende Gedanke ist. Ich glaube, es müsste eher die Frage sein, wie kann ich als zeitgemäße Marke auf den entsprechenden Plattformen weiter punkten. Ich bin schon ein großer Freund von Direktvertriebsstrategien. Aber ich weiß es nicht, ob die dann eben auch wieder so für die Legacy-Brands funktionieren. Ich kann mir halt für neuere das besser vorstellen.

Alexander Graf: Bleibt mal bei dem Adidas-Beispiel. Stell dir doch mal vor, Adidas geht jetzt aktiv auf TikTok-Shop zu und sagt, hey, wir wollen exklusiv das erste halbe Jahr mit euch die Sneaker-Brand sein, die mit euch zusammenarbeitet. Dafür müssen wir alle anderen ein bisschen raushalten. Dafür wollen wir Dafür investieren wir quasi 500 Millionen Euro sozusagen in TikTok-Token, wie auch immer quasi diese Währung dann genannt wird, aber wir wollen von euch eine Milliarde Token obendrauf. Also ein richtiges fettes Investment und die Leute verbringen ja immer Stunden, Stunden sozusagen in dieser App. Also ich kriege richtig, richtig Reichweite, das ist wie ein Urlaub. Olympia-Deal, wie einen WM-Deal tatsächlich. Das wird dazu führen, dass sicherlich viele Händler anrufen werden, Partylasten sich erst anfangs beschweren werden, aber es wird natürlich auch bei diesen Händlern einen Run auf bestimmte Produkte geben, weil die so viel mediale Aufmerksamkeit bekommen, dass auch dann die Sneaker bei einem Foodlogger noch die Adidas-Sneaker sozusagen mehr Nachfrage erhalten. Und es wird natürlich dann dazu führen, dass andere Marken dann entsprechend nachziehen. Aber so kann ich ja aus meiner Position noch was machen. So kann ich als Marke noch größer werden. Klar muss ich darauf wetten, dass diese Plattform irgendwann von einer neuen Plattform angegriffen wird. Das hat ja im Fall von Amazon sehr lange gedauert. Die hatten ja so ein bisschen zehn Jahre lang in den Märkten, in denen sie unterwegs sind, So einen einzigartigen Run, vielleicht so eine Art Home Run. So der ist jetzt vorbei, jetzt kommen diese neuen Plattformen und das würde ich einfach hebeln als Marke. Da würde ich super, super, super strategisch rangehen und mir den maximalen Markenwert bezahlen lassen, weil ich ganz genau weiß, irgendwann sind die Produkte sowieso da. Und gehen wir mal das krassere Beispiel, TikTok ist ja noch einfach, weil Adidas ja heute auch TikTok-Werbung schon schaltet. Gehen wir nochmal zu Shein. Warum würde ich das denn nicht mit Shein machen? Warum würde ich mit Shein nicht sagen, hey, pass mal auf, ich liste mein komplettes europäisches Inventar, wir haben ja schon einen Direktvertriebsarm, liste ich auf dieser Plattform. Ich weiß ganz genau, das steht dann mal auch neben einem 3- oder 4-Euro-Schuh, aber ich kann diese Ware dort sozusagen zu attraktiven Preisen, zu den UVPs meinetwegen auch anbieten. oder ich überlasse das Shein. Machen die vielleicht auch, gründen extra eine Gesellschaft, wo sie dann diese Ware von Adidas verkaufen. Und bin dann extrem prominent platziert. Habe ganz, ganz, ganz, ganz viele Views oder Eye-Views auf dieser Plattform. Also das, was man auch in der Innenstadt zählt, wenn man in einem Schaufenster vorbeigeht, wird auch dazu führen, dass die Gesamtnachfrage nach Adidas-Schuhen steigt. Warum sollte man das nicht machen? Warum sollte ich versuchen, die alte Welt zu verändern? zu schützen. Was habe ich denn davon?

Joel Kaczmarek: Ich habe immer den Eindruck, es geht ums Markenumfeld, oder? Dass man Angst hat vor der Aufweichung, dass halt in dem Umfeld die drei auch schießen.

Alexander Graf: Ja, wie gesagt, dann würde ich das Google-Beispiel wieder rausholen. Da findest du auch Informationen zur Hitlers Katze. Trotzdem machen sie Google-Werbung.

Jochen Krisch: Deswegen, ich finde den Gedanken sehr smart und sehr gut, aber genauso auch sehr unwahrscheinlich, dass das jemand macht tatsächlich. Aber ich glaube tatsächlich, jemand, der unvorbelastet wie Alex da rangehe und in der Verantwortung wäre, das wäre tatsächlich ein smarter Move. Ich frage nur Ob er zielführend ist? Also das ist ja auch so ein gewisser Verzweiflungsakt, dann habe ich mir jetzt gerade gedacht. Also so gut ich fand und so.

Alexander Graf: Ist es ja eben nicht, weil wenn ich weiß, es ist kein Handelspartner, die werden nie eine Kurationsfähigkeit aufbauen, sondern das wird wie eine Art weiteres Google, wie ein Facebook. Dann bekomme ich jetzt erstmal eine Milliarde schon meinen Token vorausgezahlt. Ich weiß, später muss ich es dann wieder reinstecken, aber ich bin der Erste, der Milliarde, es gibt immer nur der Erste in der Kategorie, kann eine Milliarde bekommen. Dann hole ich sie mir bei jeder Plattform, weil ich die Fähigkeit habe, dann mit denen zu verhandeln. Ich gehe gar nicht davon aus, das hat auch der Peter Day von Gene auch gesagt. gesagt, das glaube ich denen auch, die wollen sozusagen ein Supply-Chain-Service-Modell sein. Die wollen gar nicht diesen Endkundenzugang own, sondern die wollen, dass halt ein Picken-Kloppenburg darüber seine Werkbank verlängert und auf der Online-Webseite dann halt jede Woche 500 neue Picken-Kloppenburg-Produkte listen kann. Das ist ja eine Fähigkeit, die haben sie heute gar nicht, die hätten sie ja dann damit. Das ist ja auch das viel profitablere Modell, Sie müssten da nicht in Online-Werbung investieren, Sie haben quasi die Fabriken, in denen Sie diese Aufträge dann entsprechend weiterleiten, verdienen in jedem Fall, egal wie teuer das Produkt ist, Geld, viel geilerer Modell.

Jochen Krisch: Also guter Punkt, das heißt für Adidas und Co. eher taktische Maßnahme als strategische und eher temporär, dass du sagst, jetzt das ausnutzen, weil da bin ich wieder voll bei dir, da wundere ich mich. Warum das alles so zögerlich ist. Jetzt, wo noch niemand da ist, keine Konkurrenz da ist, wo die Kunden da sind im Grunde und denen hängt irgendwann auch die ganzen Billigprodukte zum Hals raus, weil sie einfach wissen, da gibt es Qualitätsmängel, aber mögen vielleicht die Shopping-Umgebung etc. Würde ich jetzt nicht beschwören oder die Hand ins Feuer legen, aber es kommen ja zig neue Plattformen jetzt, die mit unterschiedlichen Modellen dann arbeiten. Also ich wundere mich da auch immer über die Zögerlichkeit und dass man einfach das nicht mal auch unter Chancenorientierungen nutzt, aber taktisch versus strategisch, da würde ich schon stark unterscheiden.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, um mal ein anderes Beispiel noch ins Feld zu bringen, wie würdet ihr euch verhalten, wenn ihr jetzt jemand werdet wie Snogs? Weil die sind ja groß geworden durch Amazon, sehr stark über Direktvertrieb. Und jetzt liest man irgendwie von Johannes Klisch, dass sie gerade stationär gehen. Also dass das was ist, was sie sich neu erschließen. Dann hat er irgendwie eine Formel für sich entwickelt und hat gesagt, ab dem und dem Umsatz solltest du als Direkthandelsmarke auch über den stationären Handel nachdenken. Also ganz ruhige Entwicklung eigentlich auf den ersten Blick vielleicht.

Jochen Krisch: Vielleicht haben die Investoren die Formel entwickelt. auch sein. Also sehr verzweifelt. Also ich finde alle, die da so, also der Punkt ist auch, ich habe es kürzlich so formuliert, stationär ist immer nice to have für alle Beteiligten. Also darauf würde ich nicht mehr mein Geschäft bauen, aber unter Branding, Marketing Gesichtspunkten kann das gut sein.

Alexander Graf: Ich nehme die Frage mit, ich habe in zwei Wochen oder drei Wochen, glaube ich, eine Podcast-Aufnahme mit ihm, weil da geht es mir aber eher darum, wie er so auf diese Teemos und She-Ins guckt und wie die darauf reagieren und was sie da an Opportunitäten sehen. Ich finde fairerweise kein erfolgreiches Beispiel einer stark online geprägten Marke oder auch eines Retailers, der Erfolg hatte mit diesem Offline-Weg. Aus meiner Sicht gibt es das nicht. Man lügt es ja immer ein bisschen selber in die Tasche. Das hat sehr lange funktioniert mit einigen Unternehmen, die gesagt haben, es gibt dann halt diese 1 plus 1 gleich 3 Effekte. Cyberport hat, glaube ich, gefühlt fünf Jahre genau diesen Effekt berichtet, dass man quasi um die Läden herum einfach einen höheren Online-Umsatz gesehen hat und sich das entsprechend positiv gegenseitig beeinflusst hat. Offline ist einfach ein fucking anderes Business. Sie braucht andere Leute, andere Systeme, andere Warenhaltung, andere Werbung. Es gibt fast keine Synergieeffekte. Und dann einen Markt zu gehen, der strukturell schrumpft. Und ich weiß nicht, wann ihr das letzte Mal so in der Innenstadt wart. Wir hatten ja bis vor kurzem im Hamburg-Büro, da saß ich mal gegenüber, Von New Yorker. daneben war sehr lange die MyMuesli-Fiale. Wenn man jetzt quasi mit den ehemaligen MyMuesli-Gründern darüber reden würde, wie erfolgreich war das Stationierexperiment, wäre ich mir recht sicher, dass sie sagen, das hätte man sich auch gerne sparen können. Vielleicht ist Jochen da irgendwie näher dran, aber es gibt da kein Erfolgsmodell. Aber ich nehme die Frage gerne mit.

Joel Kaczmarek: Aber was würdest du denn jetzt an seiner Stelle machen mit dem Blick auf die Plattform, was wir diskutiert haben?

Alexander Graf: Auf keinen Fall Läden online öffnen. Dann kann ich auch das Geld sozusagen in schlechte Performance-Marketing-Kampagnen stecken. Du meinst jetzt auf die Schienens und Co.? Also er hat ja quasi einen sehr interessanten Weg gehabt. Sehr hohe Abhängigkeit von Amazon zuerst und hat es ja dann geschafft mit sehr spannenden Maßnahmen diesen D2C-Anteil zu erhöhen. Zu sagen, okay, 70, 80 Prozent der Kunden erreiche ich direkt. Und die kann ich auch direkt besser und effizienter bedienen als über die Plattform. Irgendwann ist das natürlich auch so ein bisschen limitiert in der Sortimentsbreite. Man hat irgendwann genug Unterhosen oder genug Socken. Ich weiß jetzt gar nicht genau. Wahrscheinlich gibt es auch noch T-Shirt bei Snogs. Ich gucke mal auf die Webseite. Mein Vorbereitungstermin ist erst in zwei Wochen, da bin ich jetzt quasi nicht so drin, was jetzt Nox macht.

Joel Kaczmarek: Ja, sie machen auch T-Shirts, Socken, Unterwäsche, Frauenunterwäsche, ich glaube sogar Yoga-Pants, sowas.

Alexander Graf: Hätte ich mir jetzt auch gedacht. Ich würde ganz ehrlich, also sozusagen so desperate, wie jetzt die Themos und Sheins sind, würde ich an seiner Stelle mit denen interagieren und sagen, hey, dann hole ich mir jetzt für 100 Millionen, also ich mache sozusagen 10 Millionen virtuelles Investment und dann nochmal 100 Millionen obendrauf von Shein und ich bin quasi der Sockenanbieter schlechthin. Das ist smart für Shein, dann kriegen die ein bisschen Aufmerksamkeit, das ist smart für die anderen Anbieter von Shein, wo dann die Socken neben dem Snocks-Angebot irgendwie stehen, sie lernen mit einem sozusagen mit einem neuen Ad-System umzugehen, diese Video-Ads irgendwie deutlich stärker auszuspielen, das wird ihnen auch helfen, dann TikTok-Shop in Deutschland effizienter zu bedienen, wenn das mal startet. Also bevor ich mir auch nur einen Gedanken darüber mache, wie genau das Kassensystem in irgendeinem Laden in Hamburg aussehen muss, würde ich lieber einen anderen Telefon-Joker wählen.

Jochen Krisch: Aber im Grunde dasselbe Fall, ne? Ein bisschen. Also wenn du halt auf einer anderen Plattform groß oder einer anderen Welt groß geworden bist, dann musst du dir genau die Gedanken machen, will ich da, in welcher Form kann ich da reingehen? Das war jetzt wieder eher eine Taktik.

Alexander Graf: Du hast ja richtig unterschieden. Du hast ja richtig zwischen Taktik und Strategie unterschieden. Und sozusagen jetzt wäre es mal eine taktische Maßnahme, wäre massiv sozusagen diesen Druck der Plattform, diesen Expansionsdruck der Plattform mitzunehmen, die ja sehr viel Geld nehmen und gucken, wie kommen sie in diese Märkte rein, um mir dann strategisch zu überlegen, wie kriege ich diesen Kunden dann auf den Kanal meiner Wahl, in diesem Fall ist es jetzt der Snox.com Online-Shop, vielleicht ist er das irgendwann nicht mehr, vielleicht ist es irgendwann anders, aber heute möchte ich ja noch die Kunden dann da haben, aber ganz, ganz bestimmt kommt der sozusagen der Snox-Kunde aus Schwerin nicht extra nach Hamburg in den Laden, um sich dort sozusagen Socken nachzubestellen. bin ich mir sehr, sehr sicher, dass diese Omnichannel-Journey ganz selten eintritt.

Jochen Krisch: Ich glaube, der Punkt ist auch so ein bisschen, wir gehen ja in Richtung, wie schnell ist die Taktung und wie schnell ändert sich das alles? Und ich glaube, viele gehen immer noch davon aus, dass alles sehr gemächlich ist und dann kommt jetzt halt mal ein neuer Kanal, erst mal ist Internet Oder mobile und dann kommen neue Player und so. Und eigentlich ist die Taktung aber zunehmend schneller. Und davon kann man auch ausgehen, dass das so passiert. Und deswegen, glaube ich, muss man auch als Brand, eigentlich auch als Händler in diesem Modus sein. Und dann sind das halt Also Opportunitäten, die sich auftun oder die man als solche nutzen kann, aber damit kann man halt am Puls der Zeit diese Wellen mitsurfen. und ich glaube, so ist das Denken nicht, weil finde ich auch jetzt, weiß nicht, ob ich das gut finde, so ein kurzfristiges Denken zu haben, aber dieses langfristige strategische Denken gibt es halt auch nicht mehr, weil wir haben ja Peak Amazon haben wir ja lang genug jetzt. durchgespielt und eigentlich immer auf das Handelsgeschäft bezogen. Da bin ich auch nach wie vor überzeugt. Aber wie lange werden jetzt so Plattformen wie Timo und Shein da sein? Und Shopee ist ja witzigerweise an uns vorübergegangen, also eine andere südostasiatische Plattform, die es versucht hat, aber die dann noch nicht groß genug und stabil war, um das zu machen. Also es gibt genügend andere Kandidaten in den Startlöchern, gerade aus Südostasien, China. die einfach mit neuen Plattformen kommen oder wie TikTok-Shop mit anderen Modellen und Konzepten. Und ich würde das eher als Anfang sehen, eine Entwicklung, denn als jetzt Ausreißer oder die man jetzt irgendwie wieder über Regulatorik etc. verhindern kann. Ich glaube, das sind schon Strömungen, die einfach eine andere Dynamik, signalisieren und ich glaube, darauf muss man sich so ein bisschen einstellen.

Joel Kaczmarek: Ja, wunderbar. Ich habe das Gefühl, das war doch ein sehr guter Ritt, vor allem mit schönen Vorwärtsgerichten. Was?

Alexander Graf: Das war doch erst das Intro. Wir müssen doch jetzt hier quasi für alle Marken im Alphabet, ich gucke gleich mal bei Zalando nach, was für Marken es gibt, da machen wir jetzt hier Einzelstrategien. Aber das geht nur in der Paid-Version vom ECC-Podcast, oder?

Joel Kaczmarek: Ja, also, liebe Damen und Herren, wer sich hier an den Kollegen Graf widmen will, weiß, wo er findig wird.

Alexander Graf: Guck mal, ich sehe hier bei Top-Marken Oliver, Puma, Nike, Mango, Jack Wolfskin, Liebeskind, New Balance, Rituals. Rituals. Also, da fällt mir überall was. Also, mir fehlt so ein bisschen die Progressivität quasi hier bei den Marken. Ich sehe immer nur die Rückzugsgefechte und das merke ich auch an den erschrockenen Reaktionen an meinen LinkedIn-Artikel, wo ich die Adidas-Ski-In-Artikel-Details geteilt habe. Ich finde, da können wir viel selbstbewusster. Also die Interessen der Plattformen sind doch glasklar. Die Interessen der Marken sind doch glasklar. Die Geschwindigkeit, in der man das jetzt entscheiden und machen muss, die steigt. Die war noch nie so hoch wie jetzt. Das heißt, die entscheidungsfreudigen, progressiven Marken können da aus meiner Sicht gewinnen. Die, die sich zurückhalten und wenig tun oder quasi aus einem Verteidigungsmodus unterwegs sind, die verlieren auf jeden Fall. Die verlieren auf jeden Fall. Die zahlen da nur Geld für. Vielleicht gibt es ja Marken, die das hier hören, die das mit uns mal besprechen wollen.

Joel Kaczmarek: Na dann, war doch eine gute Einladung. Schönes Schlusswort. In diesem Sinne, ihr beiden.

Alexander Graf: Vielen, vielen Dank.

**Jochen Krisch: **Tschüss.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.