Second Hand First – Zieht es die Fashion-Branche zu mehr Nachhaltigkeit?

19. Februar 2021, mit Joel KaczmarekDominik Dommick

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce Powwow Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute widmen wir uns dem schönen Thema Secondhand im Bereich Fashion. Dazu wie immer an meiner Seite schon mal. als erstes vorgestellt der liebe Dominik Dommick von Payback. Hallo Dominik. Guck mal, on-air lasse ich dich dich selber vorstellen, off-air, als ich eben alle Moderatoren oder Gäste sozusagen zusammengeschaltet habe, habe ich es gemacht. Auf das du dich kurz fassest, sag doch einen ganz kurzen Satz zu dir.

Dominik Dommick: Ich bin Dominik, bin Geschäftsführer bei Payback, war vorher das gleiche bei Paypal, verspreche mich jetzt ganz sicher, dadurch, dass ich beide Firmennamen gleichzeitig genannt habe, freue mich hier zu sein, eine unserer spannenden Runden wie immer.

Joel Kaczmarek: Ja, mir passiert es auch manchmal, dass wenn ich dir eine E-Mail schreibe, ich es noch an die alte Adresse schicke, zu meiner Schande. Das muss man mal aus dem Adressbuch irgendwie raustilgen. Gut, machen wir mal eine kleine Vorstellungsrunde. Ladies first, wie sich das gehört. Die liebe Maria, hallo, schön, dass du da bist. Sag doch ein paar Satze zu dir.

Maria Spilka: Hallo, danke für die Einladung. Ich bin Maria, ich bin einer der Mitgründer von Mädchen Flohmarkt. Mädchen Flohmarkt ist ein Online-Marktplatz für Secondhand-Frauenmode und ich freue mich drauf, heute mit euch mehr darüber zu sprechen.

Joel Kaczmarek: Unhöflich wie ich bin, muss ich sofort meine Neugierde stillen. Meine Frau stolpert immer über euren Namen und ich habe schon im Vorfeld dieses Podcast sozusagen ein bisschen spekuliert mit einem anderen Herren. Ist das ein Name, den sich ein Mann ausgedacht hat oder hast du den mitgeprägt, Mädchen Flohmarkt?

Maria Spilka: Also tatsächlich kommt der Name von meinen beiden Mitgründern. Die haben, bevor wir uns kennengelernt haben, Mädchen Flohmärkte als Offline-Veranstaltung gemacht. Und als wir uns aber kennengelernt haben und die Idee hatten, das auch als Online-Projekt anzugehen, fanden wir den Namen super, weil das einfach ein Kategoriebegriff ist und weil eigentlich auch jede Frau sofort weiß, was darunter zu verstehen ist.

Joel Kaczmarek: Alles klar, dann ist meine Frau die Einzige, die stolpert. Aber mit diesem Namen werden wir uns noch mehr beschäftigen, unter anderem auch vom lieben Heiner Kroke. Heiner, schön, dass du da bist. Du hast ja auch ein Rebranding quasi hinter dir. Also wenn wir in der Podcast rauskommen, heißt wahrscheinlich alles schon neu bei euch. Sag doch mal ganz kurz, wer du bist und was du machst.

Heiner Kroke: Ja, hallo, ich bin Heiner. Vielen Dank auch von mir für die Einladung. Ich bin Geschäftsführer von Momox und Momox ist wahrscheinlich bekannter für den Buch- und Medienbereich, den wir schon seit 16 Jahren betreiben. Seit aber inzwischen schon sieben Jahren machen wir eben auch Fashion. Du hast gesagt, kleines Rebranding hinter uns bekommen, nämlich gerade am 20. Januar. Früher hießen wir da Ubub, heute heißen wir, so wie man es glaube ich auch eher versteht, Momox Fashion. Vielen Dank für den Tipp an dich und an den Jochen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich weiß, es war schmerzhaft für dich. Wir haben einen Podcast gemacht. Aber wir haben schnell reagiert. Ich glaube nicht, dass das daran lag, aber nett, dass du es uns unterstellst. Gut, und last but not least, wie habe ich in meiner Einladung gesagt, die bekannteste Rasterlocker des E-Commerces und ich glaube, stark geschätzt für seine Kompetenz und seine Weitsicht, der liebe Tarek Müller von About You. Schön, dass auch du da bist und erzähl mal ein bisschen, also dein Business kennen wir ja alle, aber was daran auch second hand ist, da sind wir ja heute auch neugierig drauf.

Tarek Müller: Ja, ich freue mich in so einer illustren Runde hier zu sein. Ja, wir haben bei About You mittlerweile einen Second-Hand-Bereich. Wir nennen ihn bei About You Second Love. Das ist, wenn man App, Website, irgendwas nutzt, direkt in der Top-Kategorie. Und da kann man quality-proof Second-Hand-Ware kaufen, die momentan noch ausschließlich durch Partner kommt, unter anderem von Mädchen Flohmarkt.

Joel Kaczmarek: Spannend, ich bin total neugierig, wie ihr das zusammenklingt. und schon mal so Erwartungsmanagement für unsere Hörerinnen und Hörer. Wir werden das so grob dreiteilen, also am Anfang werden wir viel über die Spezialisten reden, sprich die Vinteds, Rebels, Mädchenflohmarkts, Momok-Fashions dieser Welt, dann ein bisschen in die Umsetzung des Modells in der Praxis gehen, was dann glaube ich eine ganz gute Brücke ist, weil wir viel über Prozesse reden werden, hinzu, wie macht das eigentlich ein Händler oder eine Plattform, wie passt das da ins Bild. So, und da können wir eigentlich mal mit Maria anfangen. Magst du uns mal so ein bisschen für den Markt abholen? Also wenn wir über Second Hand reden, wie verteilt sich das eigentlich? Wie viel Umsatz passiert da? Wie viel Prozent hat das insgesamt im Handelsvolumen? Wie muss ich mir das von der Größe her vorstellen?

Maria Spilka: Der gesamte Fashion-Markt in der Welt bezieht sich, glaube ich, auf mehrere Milliarden Euro. In Deutschland schätzen wir es ungefähr auf 94,1 Milliarden, davon Online-Geschäft auf 22,5. Es ist aber sehr schwierig, das einzuschätzen, weil solche alten Strukturen wie Second-Hand-Shops zum Beispiel oder stationäre Händler, die werden nicht alle erfasst im Internet. immer in diesen Statistiken. Also es ist tatsächlich schwierig. Und es ist auch schwierig einzuschätzen, weil das größte Potenzial des Second-Hand-Fashion-Marktes eigentlich auch nicht erfasst ist. In dem Sinne, weil er in den Kleiderschränken der Frauen und Männer hängt.

Joel Kaczmarek: Heiner, du bist doch auch so ein Number-Crunching-Guy. Deckt sich das mit deiner Marktbetrachtung?

Heiner Kroke: Ich sage mal, für den Gesamtmarkt Deutschland hätte ich wahrscheinlich eine ähnliche Zahl gesagt, ein bisschen niedriger. Also Statista sagt, glaube ich, 65 Milliarden für 2019. Gut, 2020 wird wahrscheinlich was dazugekommen sein. Vielleicht aber auch nicht. Ja, man liest ja immer davon, dass während der Corona-Krise Fashion eher eingebrochen ist. Online-Fashion, da gibt es irgendwie Quellen, die ich kenne, von 16 bis 18 Milliarden. Maria hatte, glaube ich, 22 Milliarden gesagt, aber das ist die gleiche Größenordnung. Maria sagt, die Herausforderung ist immer, dann gute Zahlen für Secondhand online zu finden. Unser Research sagt, das ist so knapp bei 800 Millionen und ich finde, das passt auch sehr gut. Wir sehen in anderen Secondhand-Kategorien, dass es so ein Potenzial von 10% hat. Mit den 800 Millionen wären wir jetzt so bei 5% jetzt schon und ich glaube, dass Fashion das ganz große Potenzial hat, deutlich über die 10% zu kommen. Deshalb passt das, glaube ich, ganz gut, ja.

Joel Kaczmarek: Gut, also wir wollen am Anfang ja mal uns ein Bild machen vom Markt. Dominik, du bist ja auch irgendwie jemand, der breite Marktsicht hat. Kannst du mal beschreiben, wie bei Payback der Gebrauchtmarkt eigentlich abgebildet ist? Ich weiß, ihr tut ja unter anderem viel mit Ebay, was man gar nicht so mitkriegt, aber vielleicht kannst du ja mal kurz so deinen Blick geben, Kundenbindung, Secondhand, Größenverteilung.

Dominik Dommick: Das Größte ist tatsächlich eBay. Seit über zehn Jahren Partner im Affiliate-Bereich bei uns, was aber sehr, sehr dateneinsichtig ist. Das heißt, wir sehen sehr genau die Verschiebungen. Wir sehen auch, was jetzt in so einer Corona-Zeit passiert. eBay hat immerhin einen Fashion-Anteil von 10 Prozent roundabout. Und da ist natürlich über die letzten Jahre der Gebrauchtanteil allerdings gesunken. Ich meine, eBay hat ja, da werden wir wahrscheinlich später auch nochmal dazu kommen, plattformseitig schon einen gewaltigen Wandel hinter sich. Heiner und ich waren ja als Kollegen dort vor vielen Jahren und kennen ja noch so ein bisschen auch die Anfangsdiskussionen dazu, wie diese Flohmarkt-Wahrnehmung, keine Mädchen-Flohmarkt, sondern Gesamtmenschen-Flurmarkt-Wahrnehmung eBay ja immer gestört hat und dann sich sehr, sehr stark jetzt in den Neuwaren-Bereich entwickelt und der Gebrauchtanteil ist kleiner geworden. Also lange Rede, kurzer Sinn, wir sehen das sehr, sehr genau. Fashion ist bei uns tatsächlich 35% vom Gesamtportfolio, was wir eCommerce-seitig machen, mit Perfectus ein großer Anteil gebraucht davon. Relativ klein noch, muss man ganz ehrlich sagen. Das sehen wir dann eher im Neuwarenanteil immer so als gewissen Anteil mitschwingen. Das passt aber auch ein bisschen dazu, was wir hier heute sehen. Also Tarek und wir sind als Official Partner verknüpft. Heiner und wir als Affiliate und Maria, wir sollten sprechen. Insofern sehen wir das einigermaßen gut. Und ich bin völlig bei dem, was Heiner, was du gerade sagtest. Die Chance fashionsseitig, glaube ich, größer ist auf der anderen Seite. Und das wäre auch deine Frage. Wie siehst du das Problem der nicht strukturierten Waren? Das kennst du ja aus den Diskussionen damals noch sehr gut. Es ist ja viel, viel einfacher bei Amazon auf den Knopf zu klicken und zu sagen, ISBN 4711, das möchte ich jetzt verkaufen. Die Beschreibung des, was ist es, orangenen V-Pullovers ohne Flecken ist ja dann doch immer schwieriger. Ist das nicht ein limitierender Faktor für den Gebrauchtmarkt-Fashion?

Heiner Kroke: Also ich kenne das in der Tat schon sehr, sehr lange. Ich war bei Ebay derjenige, der irgendwann mal angefangen hat, Kataloge und Attribute einzuführen. Davor gab es wirklich nur so ein Freitextfeld bei Ebay und ich kenne es natürlich jetzt über die ganze Momox-Zeit. Und natürlich hast du völlig recht, eine Kategorie wie Buch, CD, DVD ist super für E-Commerce, weil du einfach einen allumfassenden Katalog hast, wo auch alles hinterlegt ist, jeder Artikel eindeutig durch so eine Nummer, eine ISBN oder so, beschrieben ist. Die ist dann auf dem Artikel auch immer drauf und das ist perfekt. glaube was wichtiger ist ist was sind die usps die kunden haben wenn sie dann halt vor ihrem kleiderschrank oder vor ihrem bücherregal stehen? und da ist das schöne. die usps für kleidung sind mindestens genauso stark wie für diese kategorien die halt ebenso ein katalog haben. man hat wahnsinnig viel davon man braucht es nicht mehr ja und man würde es gerne los. aber es gibt irgendwie nicht so einen guten weg das loszuwerden. ja und das Das gilt halt für Kleidung besonders. Die Loswerkmöglichkeiten für Kleidung sind ja weiterhin beschränkt. Und ich glaube, jetzt sind wir hier in der Gruppe stark unterrepräsentiert, was Frauen anbelangt. Aber viele Frauen würden sich freuen, wenn sie da so ein bisschen leichter aufräumen könnten.

Dominik Dommick: Also du sagst prozessual zwar aufwendiger, aber der Leidensdruck des aus allen Nähten platzenden Kleiderschranks schiebt es in den Gebrauchmarkt.

Heiner Kroke: Genau. Das Wichtige ist ja immer, was ist drin für den Kunden. Und der Kunde, glaube ich, hat da einen großen Leidensdruck, beziehungsweise wenn er die Möglichkeit eben hat, hier aktiv zu agieren, dann wird das halt eben auch gut genutzt werden. Und die operativen Herausforderungen, wie du beschreibst, mit es gibt da keinen Katalog, da kommt es dann halt eben auf die Player an, das gut zu lösen.

Joel Kaczmarek: Lasst uns doch mal ein bisschen über das Image reden. Ich kann ja mal mit Tarek anfangen, weil wir werden gleich Maria, glaube ich, in der Tiefe mal abklopfen, wie sich das Segment gestaltet. Tarek, ihr seid ja eine Brand. Du hast wie gerade gesagt, heute werden wir aufnehmen, Fashion Week Aktion mit irgendwie Germany's Next Topmodel. Also ihr seid eigentlich immer auf Influencer-Level, auf schick, auf neu, auf hochwertig. Und Secondhand hat ja oft eher so das Geschmäckle von ein bisschen schmuddelig für manche. Während gleichzeitig natürlich so ein Nachhaltigkeitsgedanke drin ist. Wie nimmst du die Wahrnehmung wahr? Also fordern eure Kunden sowas mittlerweile ein, dass du sagst, ihr hebt es sogar relativ präsent in die Hauptnavi?

Tarek Müller: Ja, ich glaube, das hat viel mit der Präsentation zu tun. Und da dreht sich das Image auch gerade. Das auch nicht zuletzt durch die Player im Second-Hand-Markt. Ich würde auch sagen, vor zehn Jahren oder sowas, als Second-Hand im Wesentlichen so ein Offline-Thema war, hatte das immer so ein bisschen so ein nurfugiges Öko-Image, kann man glaube ich sagen. Das wandelt sich in meiner Wahrnehmung massiv. Also bei jungen Leuten ist es mittlerweile cool, Second-Hand einzukaufen. Unter anderem also so dieser Mix aus First-Hand und Second-Hand. Der Mix aber auch genauso wie aus Premium und irgendwie Casual. Also die Sachen miteinander zu kombinieren, das würde ich schon sagen, ist unter jungen Leuten momentan sehr wichtig. cool und hat Secondhand auch so ein bisschen aus dieser muffigen Ecke rausgeholt. Plus halt das sehr, sehr große Angebot online, dass man eben nicht mehr so ein kleines, mini-begrenztes Angebot hat, wie das früher in so einem kleinen Offline-Store war, der gar nicht die Möglichkeit hatte, ja, viel Ware zu aggregieren. Und diese beiden Dinge haben, glaube ich, dafür gesorgt, dass das Image von Secondhand sich massiv gedreht hat in den letzten Jahren.

Dominik Dommick: Würdest du sagen, dass diese Fast Fashion, also auch letztendlich immer mehr Ausstattung mit schnelleren Umschlagsvolumen von Fashion natürlich auch dazu führen, dass dieser von Heiner eben angesprochene Druck, dass das auch die Secondhand-Markt eigentlich auch mit antreibt als ein Faktor?

Tarek Müller: Nee, glaube ich nicht, weil recht günstig eingekaufte Fast Fashion kannst du im Grunde genommen gar nicht. zweitens. Markt verwerten, also nicht effizient zumindest. Ein Artikel muss schon eine gewisse Qualität haben und auch einen gewissen Itempreis, sag ich mal, damit du dem überhaupt ein zweites oder drittes Leben ermöglichen kannst und dann die Prozesskosten, die dann in der Abwicklung des zweiten Lebens quasi anfallen, auch rechtfertigen kannst. Insofern ist Fast Fashion, würde ich sagen, eher kontraproduktiv für second-hand im Modebereich. Es gibt ja neben der Fast Fashion allerdings auch noch einen anderen Trend und das ist ja eher so die Slow Fashion und hochwertiger einzukaufen aus nachhaltig produzierten Materialien, aber vor allen Dingen hochwertiger. Das ist ja der Schlüssel dann für die Frage, ob du überhaupt dem Kleidungsstück noch einen Zweitmarkt ermöglichen kannst, nachdem du es, keine Ahnung, 10, 20 Mal getragen hast. Und das ist natürlich wiederum förderlich dann für Secondhand.

Joel Kaczmarek: Maria, nimm uns doch mal mit ein bisschen in eure Welt. Du machst das ja jetzt schon eine ganze Weile und wie Tarek ja auch beschrieben hat, vor ein paar Jahren war das noch Öko. Ich habe hier in Berlin so die ganzen Anbieter im Kopf, sowas wie irgendwie Humana Secondhand oder man geht an so einem Oxfam vorbei oder eine Stadtmission. Also es war lange Jahre lang mit solchen eher ein bisschen größeren Halbwegsketten gedacht und teilweise sogar eher in Richtung Charity und natürlich der kleine lokale Secondhand-Markt. So, und dann kam halt sukzessive auf, dass das auch online bespielt wird. Wie wird sich denn als Onlinespieler da mittlerweile ausgerichtet? Wie verteilt sich das?

Maria Spilka: Du meinst einen Überblick über den Online-Second-Tent-Markt?

Joel Kaczmarek: Genau. Was ist vielleicht online auch anders als offline oder stationär?

Maria Spilka: Vielleicht erst einmal vorab, also ich stimme Tarek absolut zu. Ich glaube allerdings, dass der Prozess etwas früher angefangen hat. Also wir sind 2012 an den Markt gegangen. Da gab es in Deutschland für Secondhand-Mode digital eigentlich nur Ebay. Der zweitgrößte Player ist immer Ebay-Kleinanzeigen. Das muss man auch dazu sagen, das vergessen viele. Und damals gab es auch Kleiderkreisel, die auch erst kürzlich sich final jetzt umgebrandet haben in Vinted, in ihre internationale Marke. Und Und als wir damals auch gestartet sind, gab es auch Mädchenflohmärkte als Veranstaltungen. Und das war ein Event. Erstmals war das auch schon nicht mehr so schmuddelig, sondern man ist mit den Freundinnen da hingegangen an einem Samstagvormittag, Samstagnachmittag. Man hatte eine gute Zeit irgendwie. bei Musik und Cocktails. Da ging es nicht mehr um diese Pfennig-Falscherei, irgendwie so, was ist dein letzter Preis? und dann kauft man das irgendwie für ein Apfel und ein Ei. Und wir wollten diesen Event-Charakter in diese digitale Welt überführen. So sind wir gestartet. Und damals eben war Kleiderkreisel überwiegend ein Forum und der größte Teil ihrer Transaktionen hat auch über das Tauschgeschäft stattgefunden. Und Ebay fand ich persönlich sehr, sehr unattraktiv, weil ich der Meinung war, dass ich bei Mode keine Lust habe, meine Modeartikel neben Autoreifen zu finden und dann auch noch irgendwelche Gaming-Zubehör oder was auch immer. Und die Dynamics funktionieren auch sehr anders. Also ich bin so ein typischer Stöberer. Das heißt also, wenn ich Mode shoppe, dann lasse ich mich ins inspirieren. dann schaue ich nach looks. es kommt sehr sehr selten vor dass ich sage ich möchte jetzt eine winterjacke kaufen ich gehe in den laden und komme eine stunde später mit einer winterjacke raus sondern ich habe alles mögliche noch dazu geholt. so haben wir unser modell gestartet. in den acht jahren in denen wir das machen gibt es immer wieder unterschiedliche modelle. die meisten machen das entweder als c2c marktplatz. das heißt also die verkäuferin stellt ihre ware ein und die käuferin Man kann es kaufen. Da gibt es immer Unterschiede, wie sehr man diesen Prozess zwischen Käufer und Verkäufer managt. Also bietet man eine teuerhändlerische Funktion an, wickelt man Teile des Versandprozesses mit ab über die eigene Plattform. Das sind so die Nuancen. Und eben, was wir eben auch machen als Hybridmodell, das ist der sogenannte Concierge-Service. Der orientiert sich an Frauen, die keine Zeit und keine Lust haben, ihre Artikel selber zu verkaufen und die können uns diese Ware zuschicken. und wir wickeln sozusagen diese in unserem Logistikzentrum ab, veröffentlichen die Produkte und die Verkäuferin bekommt einen Teil der Provision, wenn sich diese verkaufen. In Deutschland auch einer der bekannteren Modelle ist Trebell. In Frankreich Vestia Kollektiv oder Vietressing. Da gibt es aber auch wieder Nuancen. Also manche Concierge-Modelle wickeln das für die Verkäuferin ab, manche Modelle aber nicht und nennen es trotzdem Concierge-Service. Was die dann machen ist, dass die Verkäuferin ihre Sachen selber einstellen muss. Aber bevor die Ware dann von der Verkäuferin zur Käuferin verschickt wird, schaltet sich der Akteur dazwischen und macht noch eine Echtheits- und Qualitätsprüfung. Das wird unter anderem dann auch als Concierge-Service bezeichnet.

Joel Kaczmarek: Aber Kern bei dem Konzertservice ist ja glaube ich auch, dass man sich die Ankaufkosten spart, oder? Das heißt, ihr nehmt die Ware erstmal nur in Kommission, verkauft sie und erst wenn eine Transaktion kommt, gibt es eine Ausschüttung. Habe ich das richtig verstanden?

Maria Spilka: Genau, das machen wir. Wir sagen, wir sozusagen handeln mit der Verkäuferin mit. Das heißt also, wir gehen in Vorleistung, indem wir erstmal eine Echtheits- und Qualitätsprüfung machen. Wir machen professionelle Produktbeschreibungen, Bilder, wir lagern die Sachen und wir veröffentlichen diese eben dann auf unserer Plattform. Und nur wenn die Verkäuferin erfolgreich ist, dann sind auch wir erfolgreich und wir partizipieren gemeinsam mit der Verkäuferin an dem Verkaufserlös.

Joel Kaczmarek: Heiner, ihr macht das ja anders. Ihr kauft ja mit vollem Risiko ein sozusagen. Das heißt, man sagt Herren oder Frauen dann, welches Produkt und dann welche Marke. Du gehst ja wirklich volles Risiko, kaufst an und hast quasi einen Algorithmen im Hintergrund. Habt ihr mal drüber nachgedacht, sowas auch im Sinne von einem Concierge umzusetzen? Beziehungsweise kannst du uns ja mit reinnehmen mal unter die Haube sozusagen, welche Vor- und Nachteile euer Vorgehen hat.

Heiner Kroke: Also wir machen das sozusagen voll krass. Wir nehmen das ganz extreme Ende von der Kette, die Maria beschrieben hat. Wir machen halt eben keinen Marktplatz, wir machen keinen Concierge-Service, sondern wir fokussieren uns komplett auf den Direktankauf. Wir wollen dem Kunden den einfachsten Verkaufsprozess bieten, um das komplette Ende der Bedürfniskette hier abzubilden. Die Kunden, die wirklich komplett auf Convenience fokussiert sind und So wie du beschrieben hast, bedeutet das für uns sozusagen maximales Risiko. Da haben viele Angst vor. Wir haben da keine Angst vor, weil wir kennen das seit 16 Jahren. Das ist das Geschäft, was wir immer schon so betrieben haben und da fühlen wir uns sehr, sehr wohl mit. Dann gibt es in der Tat viele Herausforderungen. Das fängt von Pricing an. Wie findest du den richtigen Preis? Was wir alles komplett algorithmisch abdecken. Du findest viele Herausforderungen auch in der Logistik, weil du bist derjenige, der halt eben hier entscheiden muss, was ist das genau für ein Artikel? Markenechtheitsprüfung. Alle Attribute aufnehmen und du stehst auch im vollen Risiko gegenüber dem späteren Käufer. dann wieder, dass du da einen guten Job gemacht hast. Das Schöne für uns, glaube ich, ist, wir haben da hinreichend viel Erfahrung. Wir haben insgesamt schon über 250 Millionen Artikel gehandelt. Das heißt, das sind alles Prozesse, die wir gut kennen und eben dann auf Fashion nochmal neu anpassen.

Dominik Dommick: Und sag mal, als Verkäuferin oder Verkäufer, ist diese höhere Convenience, die du ansprichst und das höhere Risiko, was ja auch bei euch liegt, ist es für mich verkaufspreissenkend tendenziell? Also der Deal mehr Convenience versus weniger Verkaufserlös?

Heiner Kroke: Absolut, ja. Das sind sozusagen höhere Kosten bei uns. Und dann hast du so eine ganz strikte Kosten-Nutzen-Funktion, die jeder für sich selber lösen muss. Auf der einen Seite hast du sozusagen das reine Marktplatzmodell, wo du keine Kosten Kosten haben würdest, dann sind wir hier bei eBay Kleinanzeigen oder wenig Kosten. Auch eBay Kleinanzeigen monetarisiert natürlich irgendwo. Und wir sind am ganz anderen Ende der Kette. Wir haben das im Buch- und Medienbereich erlebt. Da gibt es und gab es natürlich auch viele andere Spieler. Wir glauben, dass unser Modell vorteilhaft ist. Und ich glaube, die Zukunft wird zeigen, welches Modell sich durchsetzt. Ich glaube, dass es Kundinnen, Kunden für alle Modelle gibt. Ich glaube aber, dass viele Kunden doch eher auf Convenience setzen als auf Selbstausbeutung, um in so einem reinen Marktplatzmodell tätig zu sein.

Maria Spilka: Vielleicht, wenn ich euch das einmal noch veranschaulichen darf. Wir glauben auch, beides hat eine Daseinsberechtigung. Das hängt einfach ganz von der individuellen Präferenz der Kundin ab. Und um euch einfach ein Gefühl zu geben, zum Beispiel eine Esprit-Bluse, da hat die Kundin die Wahl, möchte sie vielleicht jetzt sofort, lass es 4, 5 Euro sein, sofort auf die Hand oder möchte sie etwas warten und bekommt am Ende 10 Euro raus. Und das ist super individuell, was man davon wählt.

Dominik Dommick: Und wann verkauft ihr die Esprit-Blusen auch für 30 oder 40 oder 80 Euro neu und macht das umgekehrt, was die Kollegen hier im Podcast von der anderen Seite aus machen? Habt ihr das vor? Nee, die Maria eigentlich, weil bei ihr wäre ja sozusagen die Ausdehnungsrichtung. Ich meine, wir sehen ja in den Geschäften immer, dass der, der mit gebraucht anfängt, vielleicht irgendwann neu dazu nimmt. Und wir haben ja hier zwei Vertreter von mit neu, mit einem Tag zum Beispiel neu und dann in den gebraucht. Ist das auch eine Geschäftsidee für euch als Medienfirma zu sagen, wir fangen auch vielleicht mit einem eigenen gewissen Anteil an neuem Assortment an? oder habt ihr das gar nicht auf dem Radar?

Maria Spilka: Wir diskutieren das immer wieder, es ist aber, kann man nicht so eindeutig beantworten. Also erst einmal, was bedeutet per Definition neu Assortment? Ist ein Kleidungsstück neu, wenn es über zwei, drei Jahre in meinem Kleiderschrank hängt, aber das Preisschild noch dran ist? Wenn es auf den Markt kommt, ist das ja so gut wie neuwertig in dem Laden. Gleichzeitig werden wir auch immer wieder von Vertreibern von zum Beispiel Restpostenware angesprochen, wo vielleicht kleine Mängel sind, kleine Flecken etc., die im Neugeschäft eigentlich unverkäuflich wären, wo man aber erwartet, dass eine Käuferin von Secondhand da durchaus dazu geneigt ist, ja mit einer guten Preisreduktion das zu kaufen. Wir betrachten das immer so ein bisschen ambivalent. Was wir auf gar keinen Fall machen möchten, in Zukunft auch wirklich ausschließen können, wäre das Vertreiben von alten saisonalen Restkosten, weil wir natürlich unseren Kundinnen schon einen Mehrwert bieten möchten. Und in dem Sinne ist auch second hand, dass ich nicht getragen habe, irgendwann mal. hat es mir gefallen. Im Idealfall war es jemand, das ehemaliges Lieblingsstück, das wieder auf den Markt kommt. Ich glaube, auch als eBay damals sich dazu entschlossen hat, Neuware auf ihre Plattform zu nehmen, haben sie ihre Marke extrem verwässert, haben schwer zu kämpfen gehabt, auch mit der ganzen China-Ware, die dann auf die Plattform geschwommen kam. Und da trauen wir uns aktuell nicht dran an das Thema.

Dominik Dommick: Das triggert bei mir die Erinnerung an die Strategiepräsentation dazu damals und deren Idee war zunächst tatsächlich Last Season und Restposten und so weiter. Also neu, aber nicht voll aktuell. Das war ja dann nachher gar nicht so. Das klang sehr, sehr ähnlich zu dem, was du jetzt gerade beschreibst mit allen Vor- und Nachteilen. Das ist interessant. Also das heißt, ich glaube, das ist der übliche Gang der strategischen Überlegung, wenn ich tatsächlich aus dem Gebrauchten komme, zu sagen, es gibt ja Schichten bis zum Same-Season-Aktuell-Produkt, egal ob das Elektronik oder Fashion an der Stelle ist.

Maria Spilka: Ja, also zum Beispiel ein Vorbehalt, den wir ausräumen können, ist immer die Frage, naja, Secondhand ist ja Mode von gestern, wer trägt das denn überhaupt noch? Und wir haben die Erfahrung über die acht Jahre jetzt gemacht, dass wir so ziemlich jeden aktuellen Modetrend mit Secondhand abbilden können. Also Mode erfindet sich selten, komplett neu, Modetrends kommen immer wieder. Also ich kann mit einer Sicherheit sagen, in einem Rhythmus von zwei bis drei Jahren kommt Leoprint immer wieder auf den Markt geschwommen und das können wir mit Secondhand wunderbar abbilden.

Joel Kaczmarek: Wer ist denn eigentlich so der typische Käufer von Secondhand? Tarek, ihr seid ja Datenfanatics. Wie sagst du immer so schön, Retail ist Detail. Wer kauft denn typischerweise Secondhand? Ist es ländlich, weiblich, männlich, Alter, Sozialstatus?

Tarek Müller: Wir können ja nur das sehen, was bei uns auch stattfindet. Da weist sich die Katze den Schwanz, sag ich mal. Aber es ist definitiv eher ein weibliches Thema momentan. Und es ist schon ein Thema, was jünger ist als der Durchschnitt der Käufer. Da muss man aber auch dazu sagen, das hat ja auch wiederum dann viel mit Angebot zu tun. Also etwas, was du nicht anbietest, kann auch nicht gekauft werden von der potenziellen Zielgruppe. Es gibt momentan verhältnismäßig wenig Angebot für Männer-Second-Hand-Kleidung. Es gibt verhältnismäßig wenig Angebot für, ich sage mal, so ein Mid-Pricing. Ja, es gibt momentan so ein Massenmarktsegment, da gibt es dann relativ viel im Frauenbereich und es gibt im totalen Luxusbereich dann wiederum relativ viel, aber so das in der Mitte, das ist noch nicht so gut abgedeckt, weil diejenigen, die das in der Mitte im Kleiderschrank haben, halt heute ihre Kleidung eben nicht an die Partner, an die Secondhand-Plattform schicken. Das wäre zumindest meine Hypothese, warum wir da eben noch ein beschränkteres Angebot haben. Das Angebot musst du natürlich aber erstmal schaffen, damit du auch die Käufer kriegst, die das dann eben kaufen. Insofern, ich würde sagen, das, was man heute sieht, wer Secondhand kauft, ist, glaube ich, nicht repräsentativ für das, was man in zehn Jahren sehen wird.

Dominik Dommick: Und was wollt ihr abdecken, Tarek? Gerade wenn du diese Segmente ansprichst, habt ihr da eine Zielsetzung, zu sagen, wir wollen eher in das Mid-Segment? Weil wenn man zum Beispiel mal ganz platt schaut, Gucci oder High-End-Marken habt ihr, glaube ich, nicht viele im Moment drauf. Ist das Absicht oder wie ist deine Strategie?

Tarek Müller: Also wir wollen alles abdecken, außer ganz, ganz günstig und Luxus. Das gilt für Neuware wie im Second-Hand-Bereich. Im Second-Hand-Bereich gehen wir schon, ich sag mal nochmal, bisschen über dem, was wir so im Neuwaren-Bereich haben. Aber wir wollen jetzt keine totale Luxussachen anbieten.

Dominik Dommick: Also breite Mitte ohne das untere und das obere Ende sozusagen.

Joel Kaczmarek: Genau, ja. Nehmt uns doch mal mit in die Kulissen, also vor allem Maria und Heiner. Wie läuft das ab, wenn ihr jetzt Gebrauchtwaren bekommt? Wie gehen sie euch zur Tür rein? Wie prozessiert ihr das? Was für Assets habt ihr gebaut? Wie ist der Prozess? Vielleicht fangen wir mit Maria an.

Maria Spilka: Ich muss nochmal differenzieren, weil wir ja ein Hybrid-Modell sind und wir machen einmal Marketplace C2C und wir machen den Concierge. Ich verstehe deine Frage jetzt erstmal in Bezug auf den Concierge-Service. Ist das richtig? Ja. Gut, also unser Kernprozess im Concierge ist, glaube ich, so ein bisschen der Albtraum der E-Commercler. Ein typischer Retourenprozess. Wir bekommen unstrukturierte Kundenware und müssen uns eben überlegen, was wir damit machen. Also im Idealfall bekommt die Kundin, die einmal so ordentlich in ihrem Kleiderschrank aussortiert hat, von uns einen vorfrankierten Versandschein verschickt. Eins oder mehrere Pakete. In dem Moment wissen wir erstmal nur, von welcher Kundin das kommt. Das heißt also tatsächlich, was unsere Aufgabe ist, ist in mehreren Stufen diese Ware zu strukturieren. Wir sortieren Ware auch ab, die mangelhaft ist, die zu günstig ist. Das heißt auch, der Concierge-Service, dadurch, dass er aufwendiger ist und wir jeden Artikel in die Hand nehmen und wir ein Einzelstück handhaben, nehmen wir bestimmte auch sehr günstige Produkte nicht an und kategorisieren das, beschreiben die Marken. Wir machen professionelle Produktbilder in unseren Produkten. in unseren Fotostudios und wir unterscheiden zwischen Hänge- und Liegeware und dann lagern wir die Ware einfach ein. In der Preisfindung arbeiten wir auch mit einem Algorithmus, allerdings setzt der eher eine Art Preisvorschlag für die Kundin. Die Kundin hat immer das letzte Wort, bevor die Artikel veröffentlicht werden. Wir machen das aus dem Grund, dass für viele, nicht für alle, aber für viele Frauen hat Mode noch einen sehr emotionalen Stellenwert. Also ich weiß nicht, man verbindet irgendwelche schönen Erinnerungen damit. Bei Studien sieht man auch, dass Menschen grundsätzlich ihr Eigentum immer überbewerten. Das heißt also, um da auch so ein bisschen Erwartungshaltungsmanagement zu betreiben, setzen wir einen Preisvorschlag. Am Ende des Tages ist es wie eine Art Preisanker. Und die Kundin kann das aber nochmal verändern, bevor das Produkt dann veröffentlicht wird. Und alles andere ist eigentlich ein typischer E-Kümmers-Prozess.

Joel Kaczmarek: Wie ist eure Umschlaggeschwindigkeit? Wie lange liegt ein gebrauchtes Kleidungsstück bei euch in eurem Lager, bis es verkauft wird, so im Durchschnitt?

Maria Spilka: Kommt ja auch darauf an. Also wir messen das nicht wie ein E-Commerzler, weil wir eben die Ware nicht ankaufen. Also wir können auch die Ware zum Beispiel über mehrere Saisons behalten. Also das spielt zum Beispiel mit rein in solchen Effekten. Also auf der Sourcing-Seite sind unsere Hochsaisons Frühjahr und Herbst. Weil das ist ja ein Moment, wo der Wandel im Kleiderschrank stattfindet und es kommt eben durchaus vor, dass eine Kundin Ende der Wintersaison erstmal ihre ganzen Wintersachen, die sie nächsten Winter nicht mehr tragen möchte, zu uns schickt. Das heißt also, wir müssen spätestens bis zum nächsten Herbst warten, bis wir diese weiterverkaufen können. Das ist eben das Charmante an unserem Kommissionsgeschäft, dass wir da erstmal kein gebundenes Kapital haben.

Joel Kaczmarek: Na, höchstens im Sinne von Lagerkosten, was ihr nicht nutzen könnt, ne?

Maria Spilka: Ja, aber die sind eben ein Bruchteil dessen, was uns der Ankauf kosten würde. Im Durchschnitt kann ich sagen, also wir verkaufen von der Ware, die wir dann auch tatsächlich annehmen, im Concierge-Service 80 Prozent. Der Rest, der nicht verkäuflich ist, den bekommt die Kundin irgendwann entweder zurück oder sie entscheidet sich, diese zu spenden und dann übergeben wir das an eine Spendenorganisation.

Joel Kaczmarek: Heiner, wie ist denn das so bei euch? Wie ist euer Prozess und wie lange braucht ihr für den Turnover?

Heiner Kroke: Der Prozess ist ähnlich zu dem, was Maria beschrieben hat. Es gibt kleine Unterschiede. Wir sortieren sozusagen schon viel stärker eben bei der Kundin zu Hause, damit das erst gar nicht zu uns kommt. Das ist so ein wesentlicher Unterschied. Der andere Unterschied ist dann in den Prozessdetails. Wie machen wir wo was? Ich habe es eben schon gesagt, wir gehen natürlich voll ins Risiko. Das heißt, wir haben in der Tat gebundenes Kapital, aber das kennen wir halt eben auch in unseren anderen Kategorien. Wir verkaufen so circa 50 Prozent der Artikel innerhalb des ersten Monats. Der initiale Abverkauf ist relativ stark. Hinten raus kann es dann deutlich länger dauern, aber wir verkaufen nicht nur 80 Prozent irgendwann mal, wir verkaufen eher 98 Prozent irgendwann mal. Das heißt, Ware muss schon richtig akquiriert werden, damit sie hinterher wieder verkauft werden kann, weil wir halt eben auch ins Risiko da gehen. Das sind die wesentlichen Unterschiede zu dem, was Maria beschrieben hat. Sonst, glaube ich, kommt es immer darauf an, wie gut kann man eben diese Prozesse skalieren. Wir haben da verschiedene Logistik-Center, selbst mit denen wir in Fashion arbeiten und haben da einige hundert Leute in der Logistik und das ist natürlich wichtig, da effiziente Prozesse zu haben.

Dominik Dommick: Und sag mal, du hattest ja vorhin die Maria geärgert, indem du gesagt hast, andere haben Angst.

Heiner Kroke: Nee, nee, da meinte ich weniger Maria oder andere Wettbewerber. Ich merke das immer, wenn man so mit Investoren spricht, dann hat man häufig den Eindruck, hoffentlich jetzt irgendwie nach 2020 nicht mehr so stark. Alles, was irgendwie asset-heavy ist, ja, das ist schlecht. Und wir sind halt extrem asset-heavy. Und trotzdem glaube ich, dass wir ein echt schönes Geschäft machen.

Dominik Dommick: Meine Frage ging eigentlich ein bisschen in eine andere Richtung. Ich wollte nur ärgern. Die Frage ist tatsächlich, dass ihr keine Angst habt. Das hattest du ja auch so ein bisschen damit eingeleitet. Ihr macht seit 15 Jahren algorithmische Preisfindung in den anderen Kategorien der strukturierteren Mütter. Deswegen tatsächlich aus Interesse heraus, war das komplex, da eure AI sozusagen anzupassen? Ging das schnell? Hat das lange gedauert? Seid ihr das? Hat euch das überrascht, wie viel anders das ist? oder überrascht, wie wenig anders es ist?

Heiner Kroke: Es hat uns nicht überrascht, aber es ist in der Tat total anders. Und Pricing ist auch nie ein Prozess, der abgeschlossen ist. Selbst für unsere Buch- und Medienkategorien ist das kein Prozess, der abgeschlossen ist, sondern der wird täglich weiterentwickelt. Und das gilt halt eben auch für den Fashion-Bereich. Aber in der Tat, es ist halt anders, weil du nicht so eine eindeutige Artikelnummer hast, wo du dann halt eben doch für diesen Artikel Learnings über die Zeit aufbauen kannst. Das setzt dir schon eben andere Herausforderungen. Das Schöne ist halt eben, dass wir strukturell lernen können. Wir wissen halt eben, wie berechnet man dann irgendwie Reichweiten besonders gut aufgrund der Datenpunkte, die man hat. Wie beschafft man sich Wettbewerbsdaten? Welche Einflussfaktoren gibt es insgesamt? Und kann das dann halt eben überprüfen. In Buch und Medien machen wir das halt eben seit 16 Jahren. Da sind wir natürlich zehn Jahre weiter. Und ich denke mir auch, dass wir in zehn Jahren dann halt eben in Fashion nochmal riesige Schritte weiter sind. Wie gut kann man da algorithmisch die richtigen Preise auf der Ankaufsseite und auf der Verkaufsseite finden?

Dominik Dommick: Kommt man aufs gleiche Niveau mit Fashion oder bleibt man unter den strukturierteren Gütern zwingend darunter, weil einfach die Unwägbarkeiten sind höher?

Heiner Kroke: Ja, letzteres ist auf jeden Fall der Fall. Hätten wir komplett strukturierte Daten, dann wüssten wir natürlich, dass wir diese Levi's 501 aus dem Modelljahr 2018 schon irgendwie siebenmal für den und den Preis angekauft und verkauft haben. Ja, noch dazu mit den ganzen Größen und so. Zu diesem Status werden wir in Fashion halt eben nie kommen.

Joel Kaczmarek: Wie macht ihr denn eigentlich bei Fraud Detection? Also wie identifiziert ihr, ob ein Produkt, was euch geschickt wird, wirklich ein Originalprodukt und keine Fälschung ist?

Heiner Kroke: Das ist ein weiterer Punkt, der einfach extrem wichtig ist, auch nochmal wichtiger als in anderen Kategorien. Es gibt zwei Themen dazu. Das eine ist, auf welchen Bereich innerhalb von Fashion fokussiert man sich. Wir wissen, alle Fake-Items gibt es besonders häufig eben im Luxusbereich. Das ist auch einer der Gründe, warum wir keinen Luxus machen. Bestiaire Kollektiv macht es und die brauchen da einfach nochmal ganz andere Skills, um da Fakes zu identifizieren. Wir machen es nicht. Und das Zweite ist halt, wie schaffst du halt eben eine große Sicherheit für deine Kunden und für die Marken? Wir machen das im Wesentlichen mit sehr guten Prozessen und sehr guter Schulung unserer Mitarbeiter. Da gibt es technische Hilfsmittel, wie man das unterstützen kann, aber die technischen Hilfsmittel können nie so gut sein, dass die menschliche Intelligenz und das menschliche Wissen da ersetzen.

Joel Kaczmarek: Wie macht ihr das, Maria?

Maria Spilka: Wir unterscheiden halt, im Marktplatz ist das nur rein digital möglich und das ist grundsätzlich schwierig. Spätestens dann, wenn ein Betrüger zum Beispiel ein Bild von einem echten Produkt hochlädt, in das Paket aber nur einen Ziegelstein reinlegt. Also so der klassische, glaube ich, eBay-Myth. Und das versuchen wir eigentlich von Anfang an vorwegzunehmen, eben durch unsere treuhändlerische Funktion, ähnlich wie PayPal. Also spätestens dann, wenn die Käuferin einen Ziegelstein in ihrem Paket vorfindet, kann sie ein Problem melden. So versuchen wir, Fraud grundsätzlich zu unterbinden. Im Concierge-Service ist es genauso, wie der Heiner sagt, es ist sehr aufwendig. Im Premium-Luxury-Bereich kann es wirklich bis zu Materialproben gehen, was wir nicht machen. Das heißt also, wir versuchen auch eher, den mittelpreisigen Bereich abzudecken und nicht so sehr auf Luxury-Items zu gehen. Aber man darf sich da auch nicht zu safe fühlen. Also wir haben jetzt auch schon Vorfälle gehabt, wo ein durchschnittliches Zara-T-Shirt sich als Fälschung herausgestellt hat. Das gibt es auch, obwohl man nicht dran denkt.

Dominik Dommick: Wenn ich mal so bei uns reingucke, eher in den neuen Fashion-Bereich, ehrlich gesagt, weil da einfach mehr Daten sind bei uns im System, dann sind dabei so den bekannten Brands, die ich jetzt nicht nenne, durchaus Wachstumsraten coronabedingt in den 80 Prozent zu sehen. Unsere eigene Plattform sehen wir gigantisches Wachstum und so weiter. Was ist bei euch passiert? Tatsächlich auch zahlenseitig?

Tarek Müller: Das ist aber nicht repräsentativ, Dominik, für den Online-Fashion-Markt. Das muss ich nochmal ganz kurz reinwerfen, bevor hier ein falscher Eindruck entsteht. Also der Fashion-Markt ist der Online-Markt, der am wenigsten gewachsen ist von den großen Märkten, weil der Fashion-Markt in Summe so dermaßen eingebrochen ist, dass selbst die höhere Online-Penetration, also das schon kompensieren können. Also der ist schon gewachsen und der ist wahrscheinlich auch ein kleines bisschen stärker gewachsen als die Jahre davor, aber bei weitem nicht vergleichbar mit Elektronik, Home-Living und so weiter. Also Fashion ist kein besonderer Corona-Gewinner. Das soll ich nochmal ganz kurz reinwerfen.

Dominik Dommick: Deswegen wollte ich dich fragen, was du gesehen hast. Also das sind schon echte Zahlen, was ich gesagt habe. Das sind dann so Marken, wie man sie gerne an den Füßen tragen würde und so weiter.

Tarek Müller: Das, was man gerne an den Füßen trägt und dann auch noch Sport ist, das ist natürlich eine Sonderkategorie. Also Sport und Kids ist ein ganz, ganz klarer Corona-Gewinner, auch online. Aber da muss man eben dann die anderen Effekte sehen, wie Abendkleider und ganz viele andere Kategorien, die ja so dermaßen eingebrochen sind, dass der Gesamtmarkt in der Mode sozusagen online kaum schneller gewachsen ist, als das die Jahre davor war.

Dominik Dommick: Genau auf diese Unterschiede wollte ich hinaus. Du sagst also alles, was eher in Richtung von Sport geht, ganz besonders, in der Breite aber runter, weil andere Kategorien wie gerade Ausgehen, Weggehen und so weiter wieder viel, viel schlechter. Siehst du noch mehr? Ich finde, das ist ja eigentlich das Spannende, wie sie es verschoben hat.

Tarek Müller: Man muss ein bisschen unterscheiden. Also der Gesamtmodemarkt ist richtig massiv eingebrochen. Der Online-Modemarkt, der ist schon gewachsen im Gegensatz zu den Jahren davor. Der ist allerdings ja auch in den Jahren davor jedes Jahr gewachsen. Okay. Und der ist jetzt, man weiß es nicht so ganz gleich schnell oder ein bisschen schneller gewachsen. Das ist jetzt quasi der gesamte Online-Modemarkt. Der ist die Jahre davor immer so um 5% gewachsen, 5 bis 7 und man weiß es jetzt nicht, Corona wahrscheinlich irgendwie 5 bis 10 oder so. Aber jetzt nicht dramatisch mehr, also bei weitem nicht vergleichbar mit Online-Lebensmittel oder Elektronik oder sonstiges. Und dann innerhalb dieser Kategorie, da gab es eigentlich, kann man sagen, so zwei, drei wirkliche Gewinnerkategorien. Das war Sport, Kids und Home und Leisurewear, ja. Stichwort Jogginghose. Und dann gab es eben die zwei, drei absoluten Loser-Kategorien. Das ist auch irgendwie relativ nativ. Das ist alles zum Ausgehen letztendlich. Also Abendkleider, das ist so das, wo du im November normalerweise einen richtigen Ansturm hast an Abendkleider, weil die Leute sich eben auf Weihnachtsfeier und Weihnachtsfest eben vorbereiten. Das ist natürlich dieses Jahr alles weggefallen.

Heiner Kroke: Was ich noch spannend fand, und ich weiß nicht, ob das sozusagen für den Markt gilt oder nur für uns, wie der zeitliche Verlauf war. Wir haben gesehen, dass am 15. März, das war der Tag, wo zum ersten Mal Merkel im Fernsehen gesagt hat, wir sollen jetzt alle zu Hause bleiben, ist wirklich von heute auf morgen erstmal auf beiden Seiten, also Ankauf und Verkauf, der Markt für uns um 50 Prozent eingebrochen. Zack. Das hat sich dann wieder berappelt, das ist schön, aber dass es wirklich so schnelle Effekte gab auf, was eben Menschen bewegt, das war, glaube ich, neu für uns. Und dann sind genau die Sachen passiert, die ihr gesagt habt. FlatUp sagt, weltweit ist Second Hand um 25 Prozent dieses Jahr gewachsen, also online. Ich habe den Eindruck, in Deutschland ist es vielleicht ein bisschen mehr. Jedenfalls sagen das unsere Zahlen. Aber wir sind sicherlich im Online-Second-Hand nochmal in einer Sondersituation gegenüber dem Fashion-Markt. insgesamt, weil wir einfach gesehen haben, dass in der Phase, wo dann viele Leute zu Hause sind oder waren, man natürlich auch stärker aufgeräumt hat. Ich glaube, wir haben noch alle im Ohr, dass es irgendwann vom Roten Kreuz die Bitte gab, doch nichts mehr in die Kleidercontainer zu tun, weil die schon voll wären und sie hätten auch keine Möglichkeit mehr, die Ware weiter zu verarbeiten oder zu verkaufen. Da hat man eben gemerkt, dass auf der einen Seite unserer Wertschöpfungskette, nämlich im Ankauf, ein Riesendruck bestanden hat. Das muss muss man natürlich sowohl als Marktplatz als auch als wirklicher Händler, so wie wir das sind, balancieren, dass dann Angebot und Nachfrage eben einigermaßen Gleichgewicht sind.

Maria Spilka: Ja, bei uns hat es sich genauso, wie Heine erzählt hat, entwickelt. Also nach dieser anfänglichen Schockstarre haben die Frauen und Mädels erstmal ordentlich im Kleiderschrank aussortiert. Uns hat das für eine logistische Herausforderung gestellt, weil wir tatsächlich zu dem Zeitpunkt mitten im Prozess waren, ein neues Logistikzentrum in Polen zu eröffnen und wir hatten schon alles eingerichtet, angemietet und dann konnten unser Countrymanager, durfte nicht in das Land einreisen und unser Launch des Logistikzentrums hat sich verzögert. Das heißt, wir konnten gar nicht die ganze Ware abwickeln, die wir auf einmal zugeschickt bekommen haben. Das hat sich natürlich dann alles mit der Zeit wieder stabilisiert. Aber tatsächlich haben wir auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite vor allem jetzt von dem aktuellen Lockdown sehr profitiert.

Joel Kaczmarek: Zwei Dinge würde mich noch interessieren, bevor wir mal in Tareks Welt tiefer eintauchen. Wenn ich so einen Spezialisten-Shop aufbaue wie ihr beide, Was für Technologie etabliere ich da eigentlich? und wie mache ich Marketing vor dem Hintergrund, dass ich auf der Verkaufsseite eher Einzelprodukte habe und auf der Einkaufsseite eine ganz andere Zielgruppe wahrscheinlich targetieren muss als diejenigen, die es dann hinterher kaufen? Was sind so bei diesen beiden Elementen eure Vorgehen gewesen?

Heiner Kroke: Die erste Frage, die du gestellt hast, was für Technologie setzt man ein? Man würde sich immer wünschen und freuen, das ist alles irgendwas, was man kaufen kann, was schon irgendwie 100 andere Leute für einen gelöst haben. Und man stellt dann immer wieder fest, leider nicht. Also wir bauen fast 100 Prozent von dem, was wir an Technologie nutzen, komplett selbst. Es gibt nur ganz, ganz kleine Spezialfeatures, die wir sozusagen am Markt einkaufen zahlen. Zweite Frage, die du gestellt hast, Akquisition von Kunden. Es ist in der Tat so, dass die Käufer und die Verkäufer sich zwar überschneiden, aber nur mit einem verhältnismäßig kleinen Prozentsatz. Wir kennen das von Ebay, da waren mal so Überschneidungen irgendwie bei 15 Prozent. Die sind bei uns etwas höher, aber nicht viel höher. Und deshalb gibt es in der Tat zwei unterschiedliche Marketing-Endsätze, auch weil sich die USPs für die Kunden einfach etwas unterscheiden. Man hat sozusagen Nachhaltigkeit, Convenience und Ich bekomme was auf der einen Seite und man hat einen professionellen Händler mit günstigen Preisen und wieder Nachhaltigkeit auf der anderen Seite. Das heißt, die Kundenbedürfnisse auf den beiden Seiten, die unterscheiden sich schon mal. Das hat Unterschiede dann im Marketingansatz und die Herausforderung ist in der Tat, ich habe Einzelprodukte. Ich kann nicht einmal ein sehr schönes Model mit wunderbar ausgeleuchteten Hintergrund nehmen, wo ich die neue Jacke ablichte und ich verkaufe die dann 10.000 Mal. Das geht leider nicht, sondern ich muss da wirklich auf das Einzelprodukt fokussieren. Und auch da wieder viele der Marketing-Technologien, die man kaufen könnte, funktionieren nicht. Und deshalb bauen wir auch da wieder sehr viel selbst, um zielgerichtet und kostengünstig Kunden zu akquirieren und Produkte vermarkten zu können.

Maria Spilka: Maria, wie ist das bei euch? Die erste Frage ist, würden wir so ähnlich beantworten? Also wir haben auch alle unsere Technologie in-house entwickelt. Ganz am Anfang, also wirklich in 2012, als wir mit einem Prototypen an den Markt gegangen sind und dann eben aber so eine unglaubliche Nachfrage ab Tag 1 erlebt haben, haben wir es irgendwie noch versucht hinzubiegen mit irgendwie einer Typo-3-Vergewaltigung und einem wahren Management-System dahinter, aber das hat überhaupt nicht funktioniert. Wir haben mittlerweile alles selbst entwickelt, viel Prozess-Know-how aufgebaut, entwickeln uns da kontinuierlich weiter. Das geht einfach nicht anders. Wir haben eine etwas andere Überschneidung zwischen Käufer und Verkäufer. Das kann eben auch daran liegen, dass wir eben mit unserer einzigen Marke Mädchen Flohmarkt beide zusammenarbeiten. Zielgruppen adressieren. Also wir haben ungefähr eine Überschneidung von 30 Prozent. Ich glaube, es ist auch naheliegend, dass eine Käuferin, die Secondhand kauft, dass sie natürlich auch darüber nachdenkt, naja, ich habe ja auch noch was im Kleiderschrank, was ich nicht trage. In der Regel heißt das immer, Frauen tragen so 10 Prozent von dem, was sie besitzen. Natürlich ist es naheliegend, dass sie sagt, naja, Moment, ich kann das ja auch verkaufen zu liquiden Mitteln oder idealerweise zu weiterem Shopping-Budget. Und genauso ist es auch häufig, dass Verkäuferinnen sagen, naja, wenn ich jetzt genug Verkaufserlöse gemacht habe, dann gönne ich mir was richtig Schönes. Kann eine New York-Reise sein, kann irgendwie die Chanel-Tasche aller Träume sein. Ich weiß es nicht. Also es ist unterschiedlich, aber in der Ansprache tatsächlich konzentrieren wir uns immer auf eine Marketingbotschaft. Typisches Marketing wie für Mode können wir auch nicht machen aufgrund der Einzelstücke, zumal wir auch mit anderen Margen kalkulieren als die Modeindustrie. Also da können wir auch einfach teilweise nicht mitbieten. Das heißt also, wir setzen auch ganz viel auf Marke, Bestandskundenaufbau, 80% Trotzdem, unsere Umsätze werden durch Bestandskunden generiert. Das ist eben so unser Fokus. Man muss übrigens aber auch sagen, dass die Tatsache, dass jeder Artikel ein Einzelstück ist, das ist auch eine Vermarktungschance. In dem Sinne, dass man den Käufern eben sagt, du musst schnell sein, sonst ist es weg. Und die besonders aktiven Second-Hand-Käuferinnen, die wissen eigentlich, dass man da nicht zu lange zögern darf.

Tarek Müller: Bei uns ist die Überschneidung natürlich sehr hoch. Also wir sehen einerseits, dass wir sehr, sehr viele Mischwarenkörbe haben. Tatsächlich über die Hälfte unserer Warenkörbe sind Mischwarenkörbe aus Neuware und Gebrauchtware. Und auf der anderen Seite sind die allermeisten Kunden, die bei uns Secondhand kaufen, waren auch schon Neuwarenkäufer. Und wir haben mittlerweile aber auch schon den Effekt, dass wir eben reine Secondhand-Käufer akquirieren. Und da sehen wir dann aber auch oft, dass sie dann eben daraus einen Mischwarenkorb machen.

Dominik Dommick: Über die Hälfte eurer jetzt aktuellen Warenkörbe sind Mischwarenkörbe. Das ist ja gigantisch.

Joel Kaczmarek: Meine erste Frage wäre gewesen, was ist eure Motivation, Secondhand aufzunehmen? Weil prozessseitig hat es eine unfassbar hohe Komplexität, weswegen das man wahrscheinlich auslagert oder über den Marktplatz löst. Es hat super viel Fucker-Potenzial, wo wir, glaube ich, gleich nochmal eintauchen werden. Und es bietet zwar mehr Marge, aber so als Produktsuche ist es ja auch schwierig. Also einen Produktkatalog zu führen mit Einzelstücken ist ja gar nicht so einfach. Was war so eure Motivation, das Thema zu starten?

Tarek Müller: Ich glaube, Heiner hat ganz, ganz eingangs gesagt, wenn ich mich recht entsinne, ich weiß nicht, ich glaube, du hast gesagt, so fünf bis zehn Prozent oder so was des Modemarktes wird ein Second-Hand-Markt sein oder so, wenn ich mich recht entsinne. Heiner nickt, wir sind hier gerade über Zoom connected, das ist gut. Ich habe eine ähnliche Hypothese und ich glaube, wenn man halt sich als Fashion-Plattform versteht und den Anspruch hat, letztendlich auch das gesamte Spektrum abzudecken, dann muss man dem Kunden eben auch Second-Hand-Ware anbieten. Insofern ist das unsere Kernmotivation letztendlich. das volle Spektrum an Mode abzudecken. Ich finde das, was ich auch vorhin gesagt hatte, junge Menschen kombinieren teuer mit günstig und eben auch neu mit second hand. Insofern ist auch das sehr, sehr wichtig, dass wir das abdecken. Wir haben keinen Margen Aspekt dahinter. Es ist tatsächlich so, dass das für uns ein Not for Profit Bereich ist. Das heißt, wir haben jetzt auch ein Commitment abgegeben, da nie Marge rauszuziehen, sondern wenn wir da Marge erzielen, sie einerseits an unsere Partner weiterzuleiten, andererseits eben ins Ökosystem zurückzustecken, sprich Prozesse zu verbessern, den Bereich irgendwie zu stärken. Und das machen wir heute nicht. Also heute verkaufen wir nur Second Hand, aber wir wollen perspektivisch eben auch die Möglichkeit bieten, dass wir Secondhand-Ware entgegennehmen, sie dann weiterrouten zu Partnern, also nicht selbst prozessieren, aber dass wenn du als Kunde letztendlich ein About-You-Paket bekommst, egal ob neu oder Secondhand-Ware, du dann letztendlich im Checkout-Prozess schon anfordern kannst, dass du Ware zurückverkaufen möchtest, dann kriegst du irgendwie einen Beutel mit rein und so kannst du dann letztendlich deine alte Ware eben zurückgeben. Das ist natürlich der Fluch, wenn man jetzt hier im Hotel sitzt, gerade bei der Fashion Week und es klingelt im Hintergrund.

Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Wie wichtig ist denn PR eigentlich bei dem ganzen Thema? Also hat das auch so diesen Faktor Nachhaltigkeit und Umwelt, dass ihr das macht? Weil das wäre so eine der primären Motivationen, die ich mir sonst noch vorstellen könnte.

Tarek Müller: Ja, genau. Also das ist ein total großer Faktor für uns. Wir haben uns vor einigen Jahren schon gefragt, was sind eigentlich Unsicherheiten? Unsere Hebel, die wir haben, um das Thema Mode in Sachen ökologischen Footprint zu fixen. Und wir machen da relativ große Efforts. Zum Beispiel versuchen wir im Neuwarenbereich eben mehr Ware zu verkaufen und mehr Ware anzubieten, die nachhaltig produziert ist. Wir versuchen unsere CO2-Emissionen zu reduzieren. Wir versuchen irgendwie in Kartonagen, Verpackungen und so weiter auf recyceltes Material umzusteigen. Pipapo, ja, und neutralisieren auch unser CO2. Man muss allerdings feststellen, du kannst noch so großen Effort betreiben, am Ende ist die Produktion von Kleidung immer umweltschädlich, egal ob sie aus nachhaltigen Materialien stattfindet. Wenn man das im Hinterkopf hat und dann, muss ich sagen, war ich geschockt, als ich die Zahl gelesen habe, dann sieht, dass die Menschen im Schnitt Kleidung nur siebenmal tragen, dann muss man sagen, haben wir da irgendwie ein Problem. Ja, das ist relativ eindeutig. Und jetzt kann man natürlich einerseits dabei ansetzen zu sagen, kauft hochwertigere Ware und nachhaltig produzierte Ware und man kann natürlich auch sagen, trag die doch vielleicht ein bisschen länger, aber fahr ist, dass die Menschen im Kleidungsbereich oft neue Sachen wollen. Und dann ist, glaube ich, die logische Konsequenz zu sagen, na gut, wenn die Leute eine Rotation in ihrem Kleiderschrank möchten, dann ist wahrscheinlich die Lösung, dass wir sie A dazu bringen, hochwertig zu kaufen, diese hochwertige Ware nach den durchschnittlich siebenmal tragen, dann aber eben auch weiterverkaufen, der Nächste sie vielleicht nochmal siebenmal trägt, dann wieder weiterverkauft und wieder nochmal siebenmal trägt. Weil so schaffen wir es halt, dass einfach keine neue Ware produziert wird und trotzdem eine Rotation im Kleiderschrank passiert. Und das glaube ich wirklich vom Herzen. Und da rede ich auch für Hannes und Sebastian. Da sind wir völlig von überzeugt, dass das der mit Abstand größte Hebel ist, um Mode nachhaltiger zu machen. Gilt ja auch für andere Kategorien, aber Mode ist nun mal besonders ressourcenvernichtend und schädlich in der Produktion durch die Stoffe, durch Färbung und solche Themen. Und das ist, glaube ich, die Antwort letztendlich auf die Frage, wie können wir eigentlich von dieser Überproduktion an Kleidung wegkommen, ohne darauf zu verzichten, für diejenigen, die das halt unbedingt wollen, permanent neue Dinge im Kleiderschrank zu haben.

Dominik Dommick: Klar, hat ihr da auch so einen sozusagen Direct-Loop auf Einzelpersonen- oder Einzelkäuferebene, wie in Amazon das hat? Also, dass ihr wisst, ein Kunde oder eine Kundin hat den Schuh oder den Pullover X gekauft und dann direkt zu sagen, hier willst du genau den, den du mal bei uns gekauft hast, uns auch wieder zurückschicken. Denkt ihr an sowas mittelfristig?

Tarek Müller: Ja, also heute sind wir erstmal da, dass wir nur verkaufen. In diesem Kalenderjahr arbeiten wir, haben wir auch schon public gemacht, sehr intensiv daran, eben die Ankaufsseite letztendlich zu strukturieren. Und ich glaube, dann wird das noch ein relativ weiter Weg, den wir da gehen müssen. Allerdings muss man sagen, mich stimmen die ersten Wochen, in denen wir verkaufen. Also das Thema ist jetzt zwar seit September schon live, aber so richtig, richtig live eigentlich seit Dezember, also seit ein paar Wochen, die stimme ich da extrem positiv. Maria ist ja einer unserer Partner hier in dem Fall. Da ruten wir, glaube ich, auch schon ganz vernünftig Bestellungen rüber und wir haben da irgendwie diverse Partner. Also man hat halt gesehen, dass wir ohne Marketing, ohne gar nichts da eigentlich aus dem Stand ein relevanter, großer Second-Hand-Verkäufer geworden sind. Und ich glaube, wenn wir jetzt die Prozesse langsam einschwingen und da eben noch ein paar Meter weitergehen, dann kann das Thema sehr, sehr relevant werden. Heute ist es so, dass wir das auch nur in Deutschland machen. Wir sind mittlerweile in 23 Ländern aktiv und insofern ist da noch, ein riesengroßes Potenzial, wenn wir das erstmal auch internationalisieren oder zumindest mal in ein paar Länder bringen. Insofern bin ich da also sehr, sehr bullisch, aber so die Themen, die du da beschreibst, so eine Datenintelligenz und so ein CRM aufzubauen, da würde ich sagen, da sind wir schon noch ein paar Jahre entfernt und momentan sind wir eher dabei, irgendwie Hausaufgaben zu erledigen.

Dominik Dommick: Naja, aber umgekehrt mit 50% Mischwarenkörben habt ihr ja die Hausaufgaben mit 1+, mit Sternchen und Bienchen schon mal gemacht, oder?

Maria Spilka: Ich finde das wirklich beeindruckend.

Tarek Müller: Genau, also auf der Verkaufsseite sind wir, glaube ich, ganz vernünftig unterwegs. Aber die Intelligenz quasi zu speichern, was jemand im Kleid hat, zu realisieren, dass es dafür jetzt eine Second-Hand-Nachfrage gibt und auch einen Mechanismus einzubauen, wo wir sagen, wir wollen den Kunden ja auch zum richtigen Zeitpunkt fragen. Das heißt, wir müssen irgendwann irgendwie lernen, nach wie viel Zeit, will eigentlich ein Kunde im Schnitt und auch nicht ein Kunde, sondern ja im Schnitt muss man sich auch noch die Soziodemografie des Kunden angucken. Ich bin mir sicher, da gibt es massive Unterschiede in der Frage, wie oft tragen Menschen eigentlich ein Kleidungsstück, bis sie das verkaufen wollen. Das wird sich eben massiv unterscheiden. Ich glaube, was bei uns eben der große Vorteil ist, muss man sagen, wir haben halt einfach eine extrem hohe Besuchsfrequenz mit unseren Kunden. Das heißt, wir sind Top of Mind, das können halt Nischenplattformen, die nur Secondhand machen, gar nicht erzielen. Also diese Besuchs- und Kauffrequenz, die wir haben. Das heißt natürlich, dass wir häufiger die Möglichkeit haben, dem Kunden letztendlich Dinge mitzuteilen, wie zum Beispiel, hey, willst du uns das nicht schicken? Oder guck mal, wir haben hier ein Secondhand-Produkt, was wir dir gerne verkaufen wollen. Und wir haben aber vor allen Dingen auch eben eine hohe Kauffrequenz. Also ein aktiver Kunde, der kauft bei About You ja wirklich viele, viele Male im Jahr. Das heißt, der Kunde kriegt eben viele, viele Male im Jahr auch ein Paket nach Hause. Und die Barrierefrequenz, in einen Karton, der sowieso zu Hause liegt, der sowieso retourniert wird, wo der Retourenprozess maximal einfach ist. In den Karton jetzt sozusagen dann die alte Ware oder den besagten alten Schuh noch reinzuwerfen, das ist natürlich extrem niedrigbarjährig gegenüber dem Verkauf über spezialisierte Plattformen, wo man dann erstmal irgendwie online was anfragen muss und dann ein Paket bekommt. Also da muss man sich ja proaktiv eben drum kümmern. Ich glaube, alles hat seine Gefolgschaft, aber da bin ich schon von überzeugt, dass wir über dieses Konzept von About You halt in der Lage sind, sehr, sehr viel Ware einzusammeln. Wir wollen sie trotzdem nicht prozessieren, weil Heiner hat es vorhin beschrieben, mit Mädchen Flohmarkt haben wir tatsächlich vor sieben Jahren das Thema mal bei Edited aufgesetzt. Da gab es bei Edited unsere Eigenmarke im Secondhand-Bereich und da war ich auch bei Mädchen Flohmarkt im Büro und habe mir das angeguckt. Und auch finde ich, wenn man mit Heiner und Co. spricht, also habe ich einen so großen Respekt vor. Prozesskomplexität, dass wir uns das, denke ich, nicht antun werden, weil wir da einfach überhaupt keine Expertise drin haben und wir wollen das skalierbar haben. Und da gibt es eben Player wie Momox und Mädchen Flohmarkt, die das über Jahre jetzt optimiert haben. Insofern für uns eigentlich eher der Job, glaube ich, das Einsammeln von Kleidung, möglicherweise auch die Vorqualifizierung. Das Nutzen unserer hohen Frequenz sowohl im Verkaufs- als auch im Ankaufsbereich und dann das Ganze eben aber über Partner eben in die Skalierung bringen, das sollte, denke ich, für uns der Weg sein. Das ist ja auch quasi der Job einer Plattform, eben sich als Ökosystem und Connector quasi zwischen Spezialisten zu verstehen und eben den Zugang zum Kunden zu halten vor allen Dingen.

Dominik Dommick: Und den internationalen Rollout? Du sagtest, Deutschlandseitig macht das jetzt. Habt ihr das international vor, dann auszurollen auf eure 23?

Tarek Müller: Ja, also definitiv. Deutschland ist natürlich unser Heimatmarkt und der größte Einzelmarkt. Aber ja, die anderen Märkte in der Summe sind schon deutlich größer. Insofern ist das schon der klare Hebel, das Ganze international zu machen. Und ich glaube, so kriegt man eben auch Musik da rein, wenn man dann auch noch international ankauft. Am Ende des Tages ist es hektisch. Secondhand ja ein System, was von Demand und Supply lebt, das in einer ausgeglichenen Balance eben vorhanden sein muss. Und ich glaube, das Ganze auf einer europäischen Ebene zu spielen, bietet einem nochmal ganz andere Möglichkeiten.

Joel Kaczmarek: Ist das Thema attraktiv genug für euch, dass es sein könnte, dass ihr zum Beispiel so einen Player wie Marias Unternehmen einfach irgendwann mal ankauft, um euch diese Kompetenz in-house zu holen?

Tarek Müller: Ja, das ist natürlich immer so. eine Frage, ob du jetzt als Plattform sozusagen vertikal gehst. Man könnte ja die gleiche Frage stellen, warum wir nicht einfach irgendwie Marken kaufen oder so. Ja, wir sind bei vielen unserer Marken der mit Abstand größte Abnehmer. Also ich sage mal, die Frage der Vertikalisierung, die stellt sich eben in relativ vielen Dingen, wenn du halt irgendwie signifikant Volumen schiebst und dann halt, bei deinen Dienstleistern oder Servicepartnern oder auch Suppliern irgendwann halt einfach ein relevantes Geschäft ausmachst. Das muss man, glaube ich, mal sehen. Also es gibt tatsächlich heute jetzt irgendwie gar keine Pläne,aber you never know, würde ich sagen.

Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal ein Stück weit über die Minuseffekte reden,also dieses mögliche Fucker-Potenzial. Das Erste, was mir ja in den Kopf kommt, wenn man als Händler,als Plattform über gebrauchte Fashion nachdenkt, ist,einerseits ist ja der Einkauf in einem Unternehmen wie deinemeigentlich sehr, sehr mächtig, wo ich mir nicht so sicher bin,wie finden die das? Und andererseits andererseits arbeitet ihr mit sehr attraktiven Marken zusammen, wo man halt mal, wenn man dieses latente Schmuddel-Image im Kopf hat, vielleicht auch gucken muss. Wie haben denn so diese beiden Bereiche bei euch reagiert? oder wie habt ihr die abgeholt, als ihr gesagt habt, ihr wollt das Thema einführen?

Tarek Müller: Ach, der Einkauf ist eigentlich mega entspannt, ehrlicherweise. Also tatsächlich machen wir irgendwie so Tauschplattformen und so weiter tatsächlich auch intern, ja. Ich weiß das, weil unser Geschäftsführerbüro ist im Prinzip so ein bisschen vor unserem Essensbereich, unserer Kantine, dass wir da maximal sichtbar sind und da finden dann immer unsere internen Mädchenflohmärkte quasi statt. Wir sind ja auch irgendwo unser eigener Kunde und wir finden das cool und das gilt auch für den Einkauf. Die Frage, wie man da jetzt sozusagen die Brandpartner abholt, stellt sich natürlich trotzdem. Ich bin selbstständig in Strategie-Meetings mit unseren Markenpartnern und da kam schon die eine oder andere kritische Rückfrage. Das bezog sich aber auch oft auf die Darstellung. Dann hat halt irgendeine Marke auf unsere Seite geguckt, hat dann irgendwie sich selbst eben im Second-Hand-Bereich gesehen und dann kam denen da so ein eiskalter Schauer über den Rücken über die Darstellung. Die sind ja sehr, sehr visuell getrieben. So, was ich dann immer sage ist, A, Ihr könnt es eh nicht verhindern. Also seht euch als Teil der Lösung und treibt das Thema mit und seid da lösungsorientiert, weil ansonsten kann das eben ein Thema sein, wo euch die Disruption einfach vom Markt rollt, wenn ihr euch da nicht mit als Teil dessen versteht. B, wenn ihr ein hochwertiger Hersteller seid, fast jeder Hersteller versteht sich ja als hochwertiger Hersteller, dann ist das doch eine Chance für euch. Weil heute ist es doch so, wenn man besonders hochwertig und langlebig produziert, dann hat man da als Kunde nur den Benefit, dass man eben etwas besonders Hochwertiges und Langlebiges trägt. Aber es gibt heute diesen Zweitmarkt, Ich vergleiche das immer so ein bisschen mit dem Kauf von einem Auto oder sowas. Wenn ich mir einen Neuwagen kaufe, einen hochwertigen Neuwagen, dann kaufe ich mir den auch deswegen, weil ich weiß, dass ich ihn auch verkauft bekomme, wenn er von einer guten Marke ist, wenn er hochwertig ist. Und wenn ich mir jetzt eine hochwertige Levi's Jeans kaufe und dafür vielleicht dann eben 20, 30 Prozent mehr bezahle, dann bin ich doch noch bereiter, diesen 20, 30 Prozent Qualitätsaufschlag zu bezahlen, wenn ich weiß, dass ich diese Levi's Jeans eben auch wiederverkaufen kann. versus ich kaufe eine No-Name-billig produzierte Jeans, die ist dann vielleicht 20, 30 Prozent günstiger, aber da gibt es keinen Zweitmarkt. Das heißt, wenn man den Erlös aus dem Zweitmarkt quasi mit einrechnet, dann werden hochwertige Dinge plötzlich gar nicht mehr so viel teurer, nachhaltig produzierte Dinge auch übrigens nicht mehr. Und da würde ich halt sagen, wenn man einer dieser hochwertigen Player ist, dann muss man das als Chance verstehen und deswegen versuchen wir das so aktiv mit unseren Brandpartnern zu treiben. Das geht sogar so weit, dass wir jetzt mit ersten Markenpartnern Konzepte aufsetzen, wo wir denen anbieten, dass wir quasi orchestrieren, dass sie in ihrem Laden, in ihren Offline-Läden ihren Kunden anbieten können, dass die dort gekaufte Ware auch dort wieder zurückgegeben werden kann. Also im Grunde genommen ein Ankauf von Second-Hand-Ware der Hersteller stattfindet und wir hier uns wieder als Plattform verstehen, letztendlich die Ware mit Partnern zusammen orchestrieren und in den Verkauf bringen und nochmal einen kleinen Stempel drauf packen, dass das halt wirklich echt ist, weil das können die Mitarbeitenden im Laden natürlich sehr, sehr gut checken auch, ob die wirklich echt sind. Also du hast nochmal so eine Art Sonderechtheitssiegel. Dann kann man mit den Markenpartnern ja auch überlegen, wenn dieses Visuelle eben so ein großer Dorn im Auge ist, kann man ja mit den Markenpartnern auch überlegen, wie kriegt man das visuell vielleicht ein bisschen hochwertiger. Dann muss natürlich die Marke da am Ende auch ein paar Cents reinschießen, damit man eben den aufwendigeren Produktfotoprozess eben letztendlich auch rechtfertigt. Aber so kann man eben auch diesen visuellen Pain der Marken lösen. Und da muss ich sagen, bisher würde ich sagen, das ist auf 100% Zustimmung gestoßen und die sehen das genauso, dass sie da eben mit Gas geben müssen und dass das in meinen Augen einfach ein Teil der normalen Proposition wird, wie das im Automarkt heute der Fall ist, wie das in vielen der Momox-Kategorien heute der Fall ist. Ich kaufe etwas neu und ich weiß, es gibt einen Zweitmarkt, ich weiß, er ist liquide und ich weiß wahrscheinlich auch schon, wie ich das im Grunde genommen nutzen kann. Und da müssen wir einfach in der Mode hinkommen, da bin ich mir 100% sicher, dass das in ich weiß nicht wann, fünf Jahren, zehn Jahren, was weiß ich, 15 Jahren, komplett normal sein wird, dass das so erfolgt. Und ich finde, da muss man jetzt auch so ein bisschen Education betreiben. Wir haben gerade zum Beispiel eine Kooperation mit Pixi. Jeder kennt diese Pixi-Bücher, ja, diese kleinen, wo wir jetzt so ein kleines Pixi-Buch rausbringen werden wahrscheinlich, was wir dann bei Bestellungen für Kinderkleidung mit reinlegen werden, wo wir versuchen, so ein bisschen auf spielerische Art halt die Kreislaufwirtschaft letztendlich zu erklären und zu erklären, dass Kleidung halt nichts ist, was man in den Mülleimer wirft.

Joel Kaczmarek: Das ist ja geil. Finde ich ja cool, wie ihr da denkt. Und wie ist das, wenn ich einer dieser 50% gemischt Warenkörbe bin und bin unzufrieden mit dem Secondhand-Produkt? Kann man das genauso retournieren? und wie ist denn so die Zufriedenheitsquote in dem Bereich bei euch?

Tarek Müller: Also das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Faktor. Ich glaube, das ist auch ein Grund, warum bei uns viele Secondhand bestellen. Wir sagen halt, wir geben ein einheitliches Serviceversprechen ab, kostenloser Versand. Also analog First-Hand-Bereich, ein Retourenrecht, auch kostenlose Retour. Der einzige Unterschied hier ist, im First-Hand-Bereich hast du 100 Tage Zeit für die Retour, im Second-Hand-Bereich 14 Tage. Man kann aber auch sagen, im First-Hand-Bereich retournieren innerhalb von 14 Tagen trotzdem 98% der Leute. Also 14 oder 100 macht da jetzt keinen großen Unterschied, aber du hast eine kostenlose Retour innerhalb von 14 Tagen und du hast auch die gleichen Zahlungsmöglichkeiten, sprich Kauf auf Rechnung und allem, was wir da sozusagen anbieten. Das beantwortet auch die Frage am Ende des Tages, wenn du ein Second-Hand-Produkt bekommst, dir gefällt das nicht, kannst du das ganz normal retournieren, ganz gleich wie das im First-Hand-Bereich auch ist. Du hast ein selbstklebendes Retouren-Label im Paket, also mehr Convenience geht gar nicht. Du kannst das irgendeinem Carrier an den Kopf werfen, also irgendwie DHL Hermes ist total egal, kannst es überall abgeben. Also es ist maximal convenient. Deswegen haben wir natürlich auch höhere Retouren-Quoten als die reinen Second-Hand-Plattformen. Nicht, weil die das nicht teilweise auch anbieten, also die meisten machen es nicht, aber manche haben eine ähnliche Service Proposition, hat auch ein bisschen was mit, ich sage mal, Kundeneffizienz. Education zu tun. Der Kunde weiß das von About You und der nutzt das dann eben auch. Aber das ist auch der Grund, warum wir unseren Second Hand Partnern die kompletten Erlöse durchreichen, weil wir wissen, die haben wiederum ein bisschen höhere Kosten und wir wollen, dass wir den gleichen Preis haben wie die Second Hand Plattformen, um dann die etwas höheren Prozesskosten auszugleichen. Dadurch, dass wir etwas höhere Retourenquoten haben, dafür haben die dann wiederum kein Marketing. Und insofern würde ich jetzt mal vermuten, dass die Second-Hand-Plattformen wie Mädchenflummer mit uns gerade auch ganz gutes Geld verdienen. Aber Maria, ich weiß nicht, wie das bei euch ankommt, aber ich würde schon schätzen, dass unsere Kunden eine etwas höhere Retourenquote an den Tag legen, als das eure Kunden sonst haben, oder?

Maria Spilka: Ja, kann ich bestätigen, ja.

Dominik Dommick: Wie sind die Retourenquoten am Tag dann bei euch versus Neuquote? Also ist das ein ähnliches Niveau oder ist das erkennbar?

Tarek Müller: anders? Nee, ist geringer. Ist geringer?

Dominik Dommick: Ja, ist geringer. Ich meine, nun seht ihr natürlich, das ist ja dann wahrscheinlich auch ein bisschen der Fluch der hohen Gemischtwaren-Körbe. Wenn ich ohnehin vielleicht auch in der Neuware mit der üblichen hohen Retourenquote zurückschicke, dann ist es natürlich auch wieder leichter für mich, das mitbestellte, gebrauchte Kleidungsstück, wenn es mir nicht ganz so gut gefällt, auch wieder mit hineinzulegen sozusagen. Also das ist ja der Fluch der Convenience und des Mischwarenkorbs dann auch.

Tarek Müller: Genau. Allerdings muss man sagen, es gibt ja immer so die mehr, oh, Retouren sind schlimm. Und wenn man sich jetzt ganz, ganz stumpf auf eine Bilanz guckt, dann ist die auch schlimm, ja. Man stellt fest, irgendwie 5% Punkte Retourenquoten, Senkung bedeutet halt richtig signifikant mehr Geld. Ich vergleiche das aber immer ein bisschen, wie wenn man sich die Bilanz von einem Zahra anguckt, dann würde man auch sagen, oh, hohe Quadratmeterpreise sind ja ganz schlimm. Und der Zahra zahlt halt in der 1A-Lage an der Mönckebergstraße, in Hamburg in der Haupteinkaufsstraße, was weiß ich ja, 40, 50 Euro auf einen Quadratmeter Mietpreis. Und da kann ich auch hingehen und sagen, ja, Sarah, warum gehst du nicht nach Mümmelmannsberg? Da zahlst du 5 Euro auf den Quadratmeter. Das ist doch der Megatrick. Dann hast du irgendwie eine Milliarde mehr Gewinn. Ja, aber was passiert? Mit Quadratmeterpreis geht eben auch Frequenz einher. Und ähnlich ist das eben mit der Retourenquote. Kunden, die das Retourensystem verstanden haben, gewinnen Vertrauen darüber, dass sie eben Ware online bestellen können, dass alles convenient ist. Und wir sehen, dass Kunden, die das Retourensystem verstanden haben oder auch zum Beispiel Länder, die das Retourensystem verstanden haben, das Ganze kann man ja auch auf der Länderebene sehen. Es gibt da massive Unterschiede innerhalb Europas. Die haben eine deutlich höhere Kauffrequenz. Das heißt, was passiert? Man opfert letztendlich Deckungsbeitrag pro Transaktion durch die hohe Retourenquote. Man sorgt jedoch auch dafür, dass der Brutto-Warenkorb deutlich höher wird. Ja, also der Kunde bestellt dann halt nicht mehr ein Artikel, wo er sich 100 Prozent sicher ist, dass er ihn behalten wird, sondern zehn Artikel, bei denen er aber noch nicht so richtig sicher ist, ob er es behalten wird oder nicht. Wenn ein Kunde zehn Artikel bestellt, kannst du fast mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein Paket zurückkommen wird.

Heiner Kroke: Es gibt sicherlich noch einen Effekt, Tarek, den man da ergänzen muss. Du hast halt im Neuwarenbereich immer diese Auswahlbestellung, dass du sagst, ich weiß nicht genau, ob ich jetzt eine 33, eine 34 oder eine 35 bin. Deshalb bestelle ich mir aber alle drei Größen und behalte dann hinterher die 34. Das geht halt typischerweise im Secondhand nicht, weil wir es gar nicht haben. Wir haben nicht genau die gleichen Jeans in den drei Größen. Wahrscheinlich das zweite, warum die Retourenquote wahrscheinlich systematisch niedriger bleibt, ist, du hast halt einfach tiefere Preise. Warum viele Kundinnen dann halt auch immer irgendwas, was nicht tausendprozentig gefällt und nicht tausendprozentig passt, trotzdem behalten, ist mir auch schon öfters passiert.

Tarek Müller: Ja, und das, was du ansprichst mit den Größenauswahlbestellungen, ist ein guter Punkt. Ich würde mir wünschen, dass Größenauswahlbestellungen funktionieren. Wir haben bei About You einen Size Finder im Neuwarenbereich. Und der Size Finder, der empfiehlt dir teilweise die Größenauswahlbestellung. Mit dem Size Finder können wir dir prozentual, geben das noch aus, prozentual sagen, mit welcher Prozentwahrscheinlichkeit wir glauben, dass dieser Artikel passt. Wir haben manchmal den Punkt, dass wir sagen, ui, wissen wir nicht. Und dann empfehlen wir dem Kunden eine Größenauswahlbestellung. Das ist genau das Paradebeispiel, wo man sagt, das klingt erstmal komisch, aber eben die höhere Turnquote sorgt dafür, dass der Kunde am Ende auch etwas behält. Insofern ist es eigentlich eher schade, dass diese Größen-Auswahl-Bestellung im Second-Hand-Bereich nicht geht, aber geht halt nicht.

Dominik Dommick: Du hattest gerade einen ganz interessanten Punkt nochmal angesprochen, den ich in Bezug auf unser Thema hier spannend finde, nämlich europäischer Unterschied. Also wie verhalten sich Deutsche im Verhältnis zu Europäern, was auch so Rückgesendekoden angeht? Habt ihr dazu Erfahrung oder auch Meinungen, wie gebraucht Fashion im europäischen Unterschied angenommen wird? Weil also gerade wenn man sich auch eBay anguckt zum Beispiel, weil du hattest vorhin die Frage, wie ist so der typische Gebrauchtwarenkäufer? Auf einer europäischen Ebene könnte man wahrscheinlich auch sagen Deutsch, weil also wir sind was gebraucht. Was Flohmarktwaren angeht, was Flohmärkte angeht, was eBay-Akzeptanz angeht, im europäischen Schnitt aus all dem, was ich immer gesehen habe, führend. Ich weiß es überhaupt nicht für den Gebraucht-Fashion-Bereich. Deswegen die Frage, seht ihr da eher Unterschiede, die vielleicht auch relevant sind oder ist es ein eher übliches, ähnliches Verhalten eurer Meinung nach?

Tarek Müller: Wir sind in Deutschland ja im Übrigen auch, was die Online-Penetration angeht, einer der Weltmeister. Ich weiß gar nicht, ob wir der Weltmeister sind, aber sehr, sehr weit vorne. Ich glaube, Deutschland hat halt einfach eine lange Historie getrieben durch Quelle, Neckermann, Otto und Co. in Sachen Versandhandel. Und das ist eben wieder dieses Thema Kunden-Education. Wir sehen das immer, wenn wir in irgendwelche Länder gehen, in Osteuropa oder sowas, wo die Online-Penetration einfach noch sehr, sehr niedrig ist. Dann stellen wir immer wieder fest, das hat sehr viel damit zu tun, dass sie nicht wissen, worauf sie sich einlassen, einfach nichts gemacht haben. Und etwas, was man noch nie gemacht hat, Da hat man einfach eine sehr, sehr hohe Barriere zu. Insofern würde ich auch sagen, dass auch ein eBay, Kleinanzeigen und Co. am Ende der Distanzhandel ist und dazu einfach ein hohes Maß an Vertrauen herrscht. Plus auch das Vertrauen, dass man das Geld bekommt. Nicht ohne Grund ist Deutschland eines der ganz wenigen Länder, wo sich Kauf auf Rechnung letztendlich durchgesetzt hat. Das gibt es ja in kaum anderen Ländern, dass der Händler Ware im Wert von 1.000, 2.000 Euro zum Kunden schickt, in der Hoffnung, dass der Kunde danach seine Rechnung bestellt.

Dominik Dommick: Ja, aber das ist ja das andere deutsche Phänomen. Die Angst zu haben, dass das vielleicht nicht so richtig anguckt. Also ich kenne das so ein bisschen aus anderen Geschäften. Kreditkartenfraud in Deutschland ist einer der niedrigsten weltweit. Die Sorge vor Kreditkartenfraud ist einer der höchsten weltweit. Der Ebay-Fraud war einer der niedrigsten weltweit. Die Sorge vor Fraud auf Ebay, wenn du die Kunden fragst, war einer der höchsten weltweit. Also wir Deutschen sind schon sehr speziell in unserer Angst. Die Amerikaner nennen es ja auch German Angst. Also insofern, das ist, glaube ich, ein Faktor. Dann sagst du, Versandhandel, das glaube ich auch. Aber wir haben schon auch eine kulturelle Affinität für Flohmarkt und gebraucht ist und sparen letztendlich auch. Also das ist ja auch ein Faktor davon. Also deswegen kann ich mir da schon mehrere Faktoren für großen Unterschied vorstellen. Ich kann das nicht bewerten, ob es so ist.

Tarek Müller: Also ich kann es auch nicht bewerten, weil ich glaube, es ist wirklich sehr schwer, Marktdaten zu bekommen, weil das war ja das Thema, was wir ja quasi in den ersten zehn Minuten auch hatten. Insofern, mir sind keine wirklich verlässlichen Marktdaten bekannt, wo man sagt, man hat da mal einen Ländervergleich. Was wir allerdings feststellen ist, wir arbeiten ja heute im Second-Hand-Bereich mit Partnern zusammen. Das heißt, wir begeben uns ja auf die Suche nach Partnern. Dadurch, dass wir europäisch unterwegs sind, begeben wir uns auch auf die Suche in ganz Europa. Und man stellt schon fest, dass es Konzepte wie Mädchenflohmarkt eben doch auch in vielen anderen Ländern gibt. Man stellt auch fest, dass die in den anderen Ländern kleiner sind. Allerdings sind die Länder auch kleiner. So jetzt muss man das nochmal vielleicht ins Verhältnis zur Bevölkerung setzen. Dann muss man eigentlich auch wieder abdiskontieren. Wie gesagt, es ist ein Supply und Demand. Problem, dass natürlich, wenn du irgendwo so eine kritische Grenze unterschreitest, ja, wenn man jetzt sagt, man ist in einem Land, das ist ein Zehntel so groß wie Deutschland und man nimmt jetzt das Medienflohmarktangebot und zehntelt es einfach, dann hat man plötzlich überhaupt kein relevantes Angebot mehr. und dann hast du wahrscheinlich einen überproportionalen Effekt auch auf die Frage, wie groß ist eigentlich die Nachfrage der Kunden, weil du musst schon so eine Art kritische Masse überschreiten an dem, was du eigentlich anbietest dafür, dass ein Kunde überhaupt sagt, dann gehe ich jetzt drauf und gucke mir das mal an. Online vor allen Dingen. Das ist vielleicht beim Offline-Flomarkt ein bisschen anders, aber beim Offline-Flomarkt würde ich auch mal sagen, da geht es zumindest bei jungen Frauen, würde ich jetzt mal behaupten, auch nur zu einem Viertel darum, auch wirklich Kleidung einzukaufen und drei Viertel ist Experience. Und die hast du ja online nicht. Das heißt, online spielt es nur eine Rolle, ob du da ein gutes Angebot hast oder nicht. Und im unterkritisch großen Markt kannst du aufgrund der begrenzten Anzahl derer, die Kleidung verkaufen, gar kein solides Angebot hinstellen. Und das ist ja etwas, was europäische Plattformen lösen werden. Das heißt einerseits europäische Plattformen im Second-Hand-Bereich, Mädchenflumarkt, Womox etc. in ihrer Internationalisierung. Andererseits aber natürlich Plattformen wie About You, Zalando, die ja heute schon eben international aktiv sind und einerseits angebotsseitig ein europäisches Angebot zusammenstöpseln und damit eben ein relevant großes Angebot haben werden. und damit, glaube ich, auch den Markt machen werden. Das sehen wir jetzt auch in vielen Ländern, in denen wir jetzt rein expandieren. Wir machen da den Markt tatsächlich und das wird, glaube ich, auch im Second-Hand-Bereich passieren. Nicht in Deutschland, da ist der Markt schon in großen Teilen gemacht, aber in anderen Ländern ist er noch so unterkritisch groß, dass, glaube ich, aber weniger mit kulturellem Verhalten zu tun hat, sondern schlichtweg damit, dass es bisher nichts gab, wo man das eben kaufen konnte.

Joel Kaczmarek: Kannst du eigentlich nochmal beschreiben, welche Produkte ihr secondhand tauglich bei euch findet und wie du die eigentlich bei dir aufbereitest? Weil so Suchkatalog und solche Geschichten sind ja nicht ganz einfach auszustellen. Habt ihr es einfach separiert oder wie macht ihr das?

Tarek Müller: Genau, es ist eine separate Kategorie. Wenn du auf About You gehst, gibt es den Second Love Bereich. In der Zukunft kann ich mir allerdings vorstellen, dass das im Markt nochmal ein bisschen anders gelöst wird, dass du halt in einer Kategorie Kleider einfach, unterscheiden kann zwischen Sale, nachhaltig, neu und halt eben Secondhand und wahrscheinlich auch noch Rental irgendwann mal. Das ist ja, würde ich sagen, auch nochmal, wenn auch noch deutlich nischiger als das Thema Secondhand, aber trotzdem auch ein Thema, was kommen wird in bestimmten Kategorien, dass du die Ware einfach letztendlich mietest. Da kann ich mir vorstellen, dass man das irgendwann mal anders löst. Aber heute ist es bei Unternehmen wie Zalando und uns eben so gelöst, dass es in einer separaten Kategorie abgebildet ist.

Joel Kaczmarek: Und macht ihr das dann auch so, wie man das aus dem sonstigen Bereich immer kennt? Also das Problem im Fashion- und E-Commerce-Bereich ist ja immer Tod durch Filter. Also wie macht man dann die Aufbereitung, wenn das alles Einzelprodukte sind?

Tarek Müller: Genau, also es sind Einzelprodukte. Insofern ist es erstmal empfehlenswert, einen Gerüstenfilter zu benutzen. Da müssen wir mal gucken, ob wir irgendwie unseren Size-Finder auch irgendwann so schulen, dass wir relevante Empfehlungen machen können im Second-Hand-Bereich. Das ist heute nämlich noch nicht der Fall. Da sieht man aber auch, wie wenig entwickelt das ganze Thema heute eben auch noch ist bei uns. Im Vergleich zu dem, was wir im Neuwarenbereich machen, wir sind noch nicht so gut in der Lage zu personalisieren. Und diese ganze Unique-Item-Geschichte, die bringt unsere Business Intelligence schon ein bisschen ins Schwitzen, weil die sagen, sie können ja gar keine Historie auf dem Artikel aufbauen an Daten. Und normalerweise brauchen wir so fünf bis zehn Käufe und ein paar hundert Visits auf der Artikel-Detail-Seite und dann können wir das Thema ganz gut einschätzen. Das Problem ist halt, nach 30 Visits auf der Artikel-Detail-Seite ist der Artikel weg. Das heißt, wir erreichen nie den Threshold, sozusagen überhaupt mal ein bisschen Intelligenz aufzubauen über einen einzelnen Artikel. Das sind alles wenige von ganz vielen Herausforderungen, die da vor uns stehen, die, glaube ich, auch deutlich machen, dass das Thema halt noch, glaube ich, ganz, ganz, ganz am Anfang ist, zumindest jetzt aus Sicht der Neuwarenhändler, die das Thema ja jetzt gerade für sich so ein bisschen entdecken. Ja, wie gesagt, wir haben das schon vor sieben Jahren gemacht, aber dann auch eben sechs Jahre nichts da gemacht, weil vor sieben Jahren war es noch zu früh und jetzt sind wir es neu angegangen. Und heute ist halt der Weg, ja, du filterst dich da halt durch das Thema durch oder du stöberst dann halt durch das Thema durch. Aber wir haben jetzt heute im Frauenbereich irgendwie 350.000 verschiedene Artikel. Da ist es schon ratsam, das ein bisschen runterzufiltern.

Joel Kaczmarek: Meine letzte Frage wäre noch, wie arbeitet ihr denn mit so Spezialisten wie Maria zusammen? Also wie fließt da Geld, für welche Leistungen, wie ist der Prozess abgebildet, wie geht das?

Tarek Müller: Also letztendlich haben wir bei About You einen Marktplatz, das haben wir auch im Neuwarenbereich. Also auch im Neuwarenbereich sind wir eine Hybridplattform, bestehend aus Großhandel, Fulfillment bei About You, wo wir Ware auf Kommission in unser Lager setzen und eben Third-Party Logistics, also Marktplatz. Maria und Co. binden sich bei uns letztendlich technisch, nutzen unsere Marktplatz-Capability, über die sie sich anbinden und schieben eigentlich analog Neuwarenbereich letztendlich Ware einfach rein. Wir haben halt gewisse Standards, die wir abfragen in Sachen Produktdaten, Foto etc. Und ja, dann kommt die Bestellung rein, wird weitergerodet zu Maria. Maria hat About You Kartons bei sich liegen. Das Ganze wird in eine About You Karton verpackt. Es gibt die Bedingung, dass halt ein selbstgeliebtes Retourenlabel drin ist. Finden die Partner meistens nicht so geil, weil sie schon Ahnen können, dass die Retourenquote dadurch sinkt. Das ist uns aber wichtig, einheitliches Kundenversprechen noch abgeben zu können. Am Anfang manchmal ein paar Wochen oder sowas kann man das mal lassen, aber das ist langfristig schon, glaube ich, ein wichtiges Thema. Und wir sind der rechtliche Verkäufer und kaufen es dann quasi in der logischen Sekunde vorher in Maria ab. Das heißt, wir gehen auch den Kaufvertrag ein. Dadurch können wir auch das ganze Payment handeln. Deswegen sind wir auch in der Lage, Mischwarenkörbe über einen Checkout zu ziehen, was halt für den Kunden natürlich mega convenient ist. Wir machen auch den Kundenservice, müssen dann aber natürlich auf Maria anrufen und so ein bisschen Vermittler spielen. Und der Geldfluss ist letztendlich so, dass wir uns die Kosten abziehen, die das uns auch kostet, das Ganze anzubieten und den Rest eben an Maria und Co. eben weiterreichen. In der Hoffnung, dass die dann noch mehr Gas geben auf der Ankaufsseite mit den Margen, die sie mit uns machen und ja auch auf unsere Plattform optimieren und selbst dabei helfen, sozusagen unsere Plattform besser zu machen. Ja, das ist ein bisschen Natur des Ökosystems dann. letztendlich das Ganze eben zu vergrößern auf die Art und Weise.

Maria Spilka: Perfekt wiedergegeben.

Joel Kaczmarek: Und wenn die retournieren, musst du dann das wieder an Maria zurückverkaufen, weil dann wäre es ja sonst deins?

Tarek Müller: Genau. Es passiert natürlich dann, dass der Kunde zwei Pakete bekommt. Einmal ein Neuwarenpaket, ein Second-Hand-Paket. Und erstmal ist die Hoffnung immer, dass die nicht die Sachen in die falschen Pakete werfen. Das passiert natürlich mega oft. Da haben wir aber auch Prozesse für, dass einmal quasi der LKW von Maria zu Bout You und zurückfährt und einmal die Ware quasi wieder richtig reinschannelt. Aber ansonsten, wenn die Ware in den allermeisten Fällen dann auch zu Maria zurückgeht, dann geht die Ware auch wieder in den Besitz von Mädchen für Markt über.

Joel Kaczmarek: Aber jetzt mal Hand aufs Herz, es ist ja super aufwendig, diese ganze Prozessabbildung. Verdient ihr als About You wirklich dann Geld mit der Second Hand oder ist das momentan noch ein Vorfinanzierungsthema?

Tarek Müller: Momentan ist das verlustreich, das ganze Segment und unsere Hoffnung ist, dass wir es eben auf Break-Even bekommen, aber wie eingangs gesagt, ist für uns ein Not-for-Profit-Bereich, also der Anspruch ist auch gar nicht, dass da irgendwann mal ein abgeworfen werden soll, sondern es ist halt einerseits ein Thema, wo wir von Herzen glauben, dass das unser größter Beitrag sein kann. zum Planeten und ich bin jetzt 32, ich möchte schon, wenn ich irgendwann mit 60, 70 oder sowas hoffentlich in meinem Schaukelstuhl sitze und meine Enkel mich fragen, Tarek, was hast du denn mit deinem Leben angestellt, nicht sagen müssen, ja, hab auch noch dazu beigetragen, dass alles noch schlimmer wird und die Modeindustrie ist einfach eine Fuck-up-Industrie, ja, und das sehen wir als unseren größten Beitrag, den wir leisten können, ist das Thema Secondhand einfach zu pushen mit den 30 Millionen monatlich aktiven Usern, die wir haben, mit der Marktpower, die wir haben. Ich sitze jetzt hier gerade in Berlin im Hotel und hier startet gleich unsere Fashion Week. Es wird die About You Re-Fashion Week. Wir haben ja ein bisschen über diese ganze muffige Ecke gesprochen, ja, auch image-technisch dabei zu helfen, prozesse-technisch dabei zu helfen etc., Und das meinen wir halt wirklich, wirklich ernst. Und deswegen haben wir eben auch gesagt, das ist für uns ein Not-for-Profit-Bereich. Und ich schiebe gerne, von Herzen gerne Maria unsere Marge durch und hoffe, dass sie damit ihre Prozesse verbessert, ihre Angebotsseite verbessert und wir das ganze Thema halt hochpushen. Plus, man muss natürlich sagen, auch Not-for-Profit in dem Bereich heißt ja trotzdem nicht, dass es nicht rauskommt. auch trotzdem für uns gut ist, weil es am Ende eben einen Kundenvorteil hat. Der Kunde kann Mischwarenkörbe kaufen, der Kunde kann irgendwann über den Retourenprozess Ware zurückgeben. Das heißt, auch für uns als About You ist es natürlich gut, weil unser Kunde davon am Ende des Tages eben profitiert und vielleicht dann mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eben bei uns auch loyal bleibt.

Joel Kaczmarek: Gut, ihr Lieben, es war ein super, super spannender Ritt und es war echt interessant, mal eure beiden Welten kennenzulernen und wie die mittlerweile sogar verheiratet werden. Also ganz, ganz lieben Dank und ich glaube, wir können ja nur unterstützen, dass solche Dinge passieren. Von daher echt neugierig. Vielleicht machen wir in ein paar Jahren mal einen Recap, was sich da so getan hat. Also wichtiges Segment, glaube ich, und echt interessant. Von daher vielen, vielen Dank.

Heiner Kroke: Danke euch. Vielen Dank euch.

Dominik Dommick: Und bleibt gesund.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Gemeinsam mit Dominik Dommick, dem Geschäftsführer von PAYBACK lädt Joel regelmäßig zum Häuptlingstreffen der relevantesten Unternehmer:innen und Expert:innen im (Online-)Handel. Such dir einen Platz im Wigwam, folge den Strategiediskussionen und profitiere vom Praxiswissen der verschiedenen Häuptlinge.