Future of Mobility: Gängige Mobilitäts-Trends in der Analyse

3. März 2021, mit Joel KaczmarekAnja Hendel

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Patrick Setzer: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Mobility-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Patrick Setzer, Gründer und Geschäftsführer der Digital Entry GmbH und wir helfen Unternehmen bei der Planung, beim Aufbau und beim Kauf von Startups. In diesem Rahmen war ich Ende 2019 im Silicon Valley und unter anderem auch auf der World of Connections Conference im Golden Gate Club in San Francisco. Ein wunderbarer Blick auf die Golden Gate Bridge. Eine Tech-Konferenz, wirklich ein toller Ort. Dank an dieser Stelle an Nokia Growth Partners, die mich da eingeladen hatten und die Sponsoren dieses Events sind. Dort habe ich zufällig einen alten Bekannten getroffen, der früher bei der Telekom Ventures war und schon vor vielen Jahren in die Bay Area gezogen ist, in diesem Rahmen auch Mobility Investments getätigt hat. Da geht es also entsprechend heute ein bisschen um das Connected Car, die Mobility Szene, aber auch generell um das Thema Silicon Valley Investment, heiße Themen und Startups zur Zeit. Und außerdem hat der auch noch ein Buch darüber geschrieben, nämlich wie Silicon Valley Startups und Corporates zusammenarbeiten. Herzlich willkommen, Bernhard Gold.

Bernhard Gold: Hallo Patrick, schön hier zu sein.

Patrick Setzer: Sei doch so nett und stell dich einfach einmal kurz vor und vielleicht ein paar Schritte auf deinem Lebensweg und deinem beruflichen Lebensweg.

Bernhard Gold: Jawohl, sehr gerne. Also ganz ursprünglich war ich selber mal Gründer, 1999 bis 2001 hier in München. Habe also die erste Boomwelle mitgemacht und natürlich, wie man an den Daten schon merkt, ist da leider nichts geworden, aber es war eine tolle Zeit. Ich habe viel gelernt, war dann kurz ein paar Jahre bei T-Online, habe da Marketing und Sales gemacht für unsere Internetprodukte und bin dann zu T-Venture gegangen, was der Venturearm eben der Deutschen Telekom ist. Er ist hier in Deutschland und dann seit 2010 eben in San Francisco, also im Silicon Valley und habe dort viele Investments für die Telekom gemacht, bis ich dann vor knapp vier Jahren zu Iris Capital gewechselt bin, wo ich die letzten Jahre eben war. Iris ist ein französischer Venture-Fonds, also alle meine Partner sind in Paris. Und hatte aber auch ein Corporate Background, also einer unserer Hauptinvestoren war da eben Orange Telekom, was eben sehr ähnlich ist wie die Deutsche Telekom. Also ich bin der ganzen Telco-Welt und alles, was damit verbunden ist, von der Investmentseite eben treu geblieben.

Patrick Setzer: Mal kurz, Telekom Ventures war eher frühphasig und Iris eher spätphasig?

Bernhard Gold: Also bei T-Venture haben wir im Prinzip alles gemacht. Also klar, hier in Deutschland sind wir eher einer der Lead-Investoren und machen eher mehr Early, also CUSA-Runden, können aber auch später machen. Und in den USA waren wir eben auch sehr aktiv, haben wir also einige Early-Stage-Investments gemacht, aber eben auch Later-Stage. Und bei Iris habe ich im Prinzip jetzt zuletzt nur noch Later-Stage gemacht. also Series B oder später. Also normalerweise Firmen, die sich schon in den USA gut entwickelt haben, schön wachsen und ihren eigenen Markt natürlich selber bearbeiten können und da erfolgreich sind, aber dann eben nach Europa wollen. Und da war das sowohl in dem Job bei T-Venture als auch jetzt bei Iris eben, waren wir halt ein großer europäischer VC und konnten denen dann wirklich in europäischen Märkten, also vor allem in Deutschland und Frankreich eben sehr gut helfen.

Patrick Setzer: Erzähl doch mal ein paar Investments, die du für die Telekom gemacht hast vielleicht und dann später nochmal für die Iris.

Bernhard Gold: Ja, also wie gesagt, für die Telekom war es oft telco-nahe Themen. Also Pinga zum Beispiel, was damals ein WhatsApp-Klon war, der allerdings auf der Carrier-Infrastruktur gearbeitet hat, gibt es heute noch ein hoch profitables Unternehmen. Also die machen Texting und Messaging jetzt inzwischen vor allem für den B2B-Bereich. Oder auch Ruckus Wireless war eins meiner Investments, was ein WiFi-Hardware-Hersteller ist, die dann 2012, wenn ich mich richtig erinnere, 2013, sehr erfolgreichen IPO gemacht haben. Das war ein sehr schönes Investment. Und dann natürlich viel im Marketing, im Advertising-Bereich. Also Shares ist ein Social Advertising, also vor allem in den USA eben sehr, sehr große Social Advertising-Plattformen. Und ja, zuletzt, also ein Investment, was ich sowohl bei T-Venture als auch bei Iris hatte, war Lookout, was Mobile Security ist. Ja, inzwischen also für die ganzen großen Unternehmen. Vor allem Tech-Firmen eben eine Mobile-Security-Lösung liefern für deren Mitarbeiter dort. Also alle Microsoft, Apple, Amazon, Facebook und so weiter als Kunden haben. Oder auch im Connected-Car-Bereich, was also, glaube ich, für deinen Podcast auch spannend ist, eine Firma, die heißt Mojo, was zwischen die führende Connected-Car-Firma ist in den USA. Und auch da ist es interessant, weil ich habe also die Series A Runde angeführt für die T-Venture damals noch, 2015. Und haben wir damals investiert, weil es halt auch ein sehr, sehr interessantes Telco-Thema ist. Und für Iris Capital zuletzt, eben letztes Jahr, habe ich dann bei der Series B eben wieder investiert. Also ich habe praktisch, bin da mit zwei verschiedenen Fonds zweimal eingestiegen, bin deswegen der Firma sehr verbunden.

Patrick Setzer: Sei doch so nett und erzähl mal genauer, was Mojo macht. Wir haben über den Daumen 1,2 Milliarden Autos, die auf diesem Planeten rumfahren. Die meisten davon sind nicht connected, aber jetzt gibt es eben sehr viele digitale Dienste, die auf das Connected Car aufsetzen, diese Dienste einspielen. Was genau macht denn Mojo dabei?

Bernhard Gold: Ich würde sagen, Mojo ist im Moment die führende Connected-Car-Plattform. Was sie machen, ist, sie haben eben eine Software entwickelt, die sich auf den OBD2-Dongle draufsetzt. Also du steckst den Dongle eben in dein Auto. Was im ersten Schritt natürlich passiert ist, eine Verbindung in Internet-Konnektivität, die aufgebaut wird. Also da ist eine ganz normale SIM-Karte drin. Deswegen auch die strategische Relevanz für die Carrier, wie eine T-Mobile zum Beispiel, was ich vorhin erwähnt habe. Da wird dann also praktisch eine Breitbandverbindung in ein Auto hier aufgebaut. Also jeder, der im Auto sitzt, kann sich dann über Wi-Fi eben dann in das Netz einwählen und hat halt breitbandige Internetverbindungen. Also womit eben die über 80 Prozent Autos auf der Welt, die eben noch keinen Internetzugang haben, eben vernetzt werden. Und des Weiteren kann man sich dann die Mojo-Plattform so vorstellen wie eine Connected-Car-Plattform oder wie ein Betriebssystem fürs Auto, auf deren Basis dann eben alle möglichen Apps und Services entwickelt werden können.

Patrick Setzer: Da gibt es zum Beispiel das Fahrtenbuch, das Digitale.

Bernhard Gold: Das wäre zum Beispiel eine Möglichkeit, genau. Das Weitere, was sehr beliebt ist, sind verschiedene Service-Apps, also dass ich immer genau sehe, wie es meinem Auto gerade geht. Brauche es einen Service? Oder gerade in so Fällen zum Beispiel, was man ja oft hat, dass einmal die Motorlampe angeht und man weiß überhaupt nicht, ist das jetzt etwas Schwerwiegendes, muss ich jetzt sofort anhalten oder kann ich weiterfahren noch bis zur Werkstatt? Mojo sagt eben durch die Analyse der Autodaten, die ausgelesen werden, ganz genau, Zum Beispiel, was das Auto oder den Motor eben gerade fehlt. Plus hin zu Dingen, die ja schon auch alte Themen sind, aber jetzt zum ersten Mal wirklich realisiert werden in der Praxis. Wie zum Beispiel eine Alert-Funktion, dass wenn ein Unfall passiert, das macht Mojo zum Beispiel in Partnerschaft mit Bosch, die auch investiert haben letztes Jahr. Eben genau eine Meldung abgesetzt wird an die Polizei, Unfall passiert, die Location natürlich, wie viele Leute sind im Auto, aber vor allem eben auch die Schwere des Unfalls. Also wurden die Airbags ausgelöst, wie hart war der Aufprall und wie wahrscheinlich sind eben hier Leute, ist es nur ein Blechschaden oder sind Leute verletzt.

Patrick Setzer: Das ist ja im Grunde auch die Herkunft des ganzen Connected-Car-Themas, seit Mitte der 90er Sicherheitsfunktionen praktisch ins Auto zu bringen, wenn der Mensch nicht mehr reagieren kann.

Bernhard Gold: Richtig, genau. Und jetzt wird es halt eben Realität, weil was man unterschätzt und was nicht trivial war, auch für Mojo ist, das sollte ja nicht nur für einen Fahrzeugtyp und ein Auto funktionieren, sondern eben die Komplexität kommt darin, dass es Mojo eben wirklich buchstäblich Tausende von Modellen macht, Fahrzeugmodellen macht, die alle natürlich in den Nuancen unterschiedlich sind. Alle Hersteller und fast alle Fahrzeugtypen.

Patrick Setzer: Das Interessante daran ist, das heißt, es setzt sich auf die bestehende Betriebssystemplattform des Autos oder des Herstellers auf.

Bernhard Gold: Genau, ja, genau richtig. Und nutzt im Moment die offenen Schnittstellen, die die meisten Hersteller eben über den OBD Donglem auch anbieten.

Patrick Setzer: Ich frage deswegen so dezidiert nach, weil wir auf der einen Seite die Apple Carplays haben und die Android Autos haben und jetzt seit neuestem im letzten Podcast auch erwähnt Android Automotive, was ja sehr tief reingeht ins Betriebssystem oder dann teilweise sogar das ganze Betriebssystem ersetzt für den Autohersteller. Teilweise der Feind, weil die Daten dann plötzlich alle nur noch an Tech-Konzerne wandern. Auf der anderen Seite für diejenigen, die sich finanziell oder technologisch gar nicht in der Lage sehen, so ein Betriebssystem aufzubauen, Auch eigentlich der heilige Gral, prima, jetzt kann ich mich wirklich nur noch um die Autoherstellung kümmern. Wie siehst du das?

Bernhard Gold: Also definitiv. Also Mojo positioniert sich auf jeden Fall als Freund und hat im Moment eben damit angefangen, erstmal nur die Daten zu nutzen, die sowieso schon da sind und ausgelesen werden können. Und das ist schon eine wahnsinnige Flut. Also die Komplexität liegt in der Tat darin, die ganzen Rohdaten, die praktisch jede Sekunde ausgespuckt werden vom Fahrzeug, überhaupt zu analysieren und sinnvoll zu nutzen. Und da kann man schon wirklich unglaublich viele Services drauf aufbauen, ohne jetzt schon gleich auf die Auto-Betriebssystem-Ebene zu gehen. Was sicherlich im nächsten Schritt, gerade im Zusammenhang in der Partnerschaft mit Bosch, die ja der größte Zulieferer im Automobilbereich sind und auch eine sehr, sehr gute Software- und Datenkompetenz jetzt schon haben und auch sehr viel rein investieren, Auch dann auf die OEMs zu gehen und praktisch eine Ebene tiefer gehen bis ins Betriebssystem runter. Und da sehe ich das so, dass sicherlich ein, also gerade die deutschen wahrscheinlich großen Automobilhersteller ihre eigene proprietäre Technologie entwickeln wollen und sich das auch nicht nehmen lassen. und auch nicht von Mojo oder gar Google oder Apple oder sonst irgendjemand sich da reinreden und reinentwickeln lassen wollen. Aber dass es viele, also wahrscheinlich gerade kleinere OEMs gibt, die sich das selber nicht leisten können oder wollen und denen der Aufwand zu groß ist und die dann auf Drittlösungen auch setzen werden. Also ich glaube, mittelfristig wird es im Markt eben beides geben. Also proprietäre Lösungen genauso wie, wie wir hoffen, auch einen allgemeinen Standard, den Mojo und Bosch zusammen eventuell liefern könnte.

Patrick Setzer: Und Bosch ist Gesellschafter oder Kooperationspartner oder beides?

Bernhard Gold: Beides. Also Bosch hat letztes Jahr strategisch investiert und sie arbeiten also in vielen Projektbereichen zusammen. Also es ist definitiv neben der T-Mobile in den USA der wichtigste Partner für Mojo. Wobei man dazu auch sagen muss, dass also alles, was wir jetzt im OEM-Bereich hier sprechen und gerade wenn es um Neuwagen geht, nicht so schnell gehen wird. Also da funktioniert der ganze Automarkt halt schon noch sehr, sehr langsam. Und die denken halt in Modellzyklen, also in vier, acht Jahreszyklen. Und wenn wir jetzt eben über Betriebssysteme im Auto zum Beispiel reden, selbst wenn jetzt mit einigen OEMs schon damit angefangen wird, werden wir das auf Jahre hinaus eben nicht wirklich im Markt sehen, weil die Entwicklungszyklen dafür einfach zu lang sind.

Patrick Setzer: Das kann man sich, wenn man aus der Startup- und Tech-Welt kommt, gar nicht vorstellen. Da wird nach drei Monaten der erste MVP draußen. Und in der Autoindustrie, ich kenne es ja selbst, haben wir teilweise sieben Jahre gebraucht, um von der Idee bis zum Organ Life der Autos, wobei sich diese Zyklen deutlich reduziert haben. Also das geht jetzt langsam schneller und Tesla macht da auch Druck den Autoherstellern. Ich wollte gerade sagen.

Bernhard Gold: Also gerade die Kombination, also zum einen der Trend zum Elektroauto und zum anderen natürlich die Vernetzung führt ja dazu, dass Software eben immer wichtiger wird und Software hat per Definition keine besonders langen Entwicklungszyklen im Vergleich zu, also wirklich die nächste Generation eines Motors oder eines Autos zu bauen. Das heißt, diese Trends alleine beschleunigen sicherlich die Entwicklungszyklen enorm. Und es ist sicherlich eine Frage, ob jeder OEM diesen Umbruch von wirklich traditioneller Hardware-K-Fahrzeugherstellung, die natürlich ganz andere Anforderungen stellt, zu einem softwarebasierten Elektroauto à la Tesla. ob die wirklich jeder mitmacht. Weil die Softwarewelt trifft da auf die alte Automobilbauerwelt. Und das sorgt im Moment, glaube ich, in vielen Bereichen für Disruption und für Friktionen.

Patrick Setzer: Klar, die großen Autohersteller haben sich ja teilweise schon dazu bekannt, Android Automotive 1 sozusagen, damit die Eigenentwicklung ad acta gelegt. Ja. Da werden eigentlich nur noch ein paar übrig bleiben, die sich das leisten können, überhaupt ein eigenes Betriebssystem dann richtig aufzubauen. Und vielleicht ist Mojo ja eins, was da in die Richtung geht. Mit Bosch zusammen, ich glaube mal einen europäischen Tier zu haben, der eine Plattform anbieten kann, ist sicherlich nicht das Schlechteste. Vielleicht gibt es ja auch ein paar Allianzen zwischen den OEMs, die eine eigene Plattform herstellen. Das wäre sicherlich wichtig. Lass uns doch noch zu ein paar anderen Investments gehen, die du getätigt hast.

Bernhard Gold: Zuletzt bei Iris, also eine Firma, die ich persönlich sehr spannend finde, was ich schon erwähnt habe, eben war Lookout, also Mobile Security Company. Ist jetzt nicht so Mobility relevant, aber eine hochspannende und sehr erfolgreiche Firma, so ein Unicorn auf jeden Fall. Ein anderes Unicorn, wo wir auch beteiligt sind, ist CETA Global. Das ist also einer der riesigen inzwischen Datenfirmen. Ich würde sagen Top 3 oder 4 und sicherlich hinter Google und Facebook, vielleicht noch hinter Oracle. Auch eine hoch spannende Firma, die im Prinzip wirklich von uns aus deutscher oder europäischer Perspektive ein Graus ist, aber für die Amis eben ganz normal, die also wirklich von hunderten Millionen Nutzern eben sehr umfassende individuelle Profile hat und damit unglaublich viel Geld macht. Und für mich einfach interessant, ein bisschen mehr Einblick zu haben, was so eine Firma inzwischen mit ganz frei verfügbaren Daten, die machen ja nichts Illegales sozusagen im Internet und im Mobilbereich, eben inzwischen schon über Kunden weiß. Also man sieht das mit so einer Mischung aus Begeisterung und Grauen und sieht so ein bisschen in die Zukunft, was eben Firmen wie CETA zum Beispiel über einen wissen. Aber sicherlich auch, wie gesagt, also aus der Investor-Perspektive eben eine hochspannende Firma natürlich, wo ich sehr gespannt bin, wie das im nächsten Jahr für die weitergeht.

Patrick Setzer: Jetzt lebst du in San Francisco, einer der Startgebiete der ganzen Elektrorollerwelle. Erzähl doch mal aus deiner Sicht, Lime und Bird. Bird waren die ersten, Lime ist stark aufgesprungen. Jetzt haben wir hier, wir sitzen gerade hier in München, haben mittlerweile sieben Anbieter. In Europa ist das Thema eben auch richtig groß geworden in diesem Jahr 2019. Erzähl doch mal, wie du das momentan in Amerika wahrnimmst. Sind die heiß geliebt, die Roller?

Bernhard Gold: Sicherlich einige Nutzer lieben die Dinger. Generell in der Gesellschaft, genau wie hier. Also ich finde es zum einen spannend, dass also so ein Thema, normalerweise ist es ja so, irgendwas kommt in den USA und dann Jahre später bei uns. Ich glaube, bei den Rollern ist es das erste Mal so, dass sie wirklich eine komplett parallele Entwicklung haben. Also es ist auf beiden Seiten des Atlantiks plötzlich praktisch aufgekommen und explodiert förmlich mit den ganzen Problemen, die damit zusammenhängen. Und die Probleme haben wir in San Francisco als Stadt genauso wie wir das in Berlin oder München haben. Mit dem anfänglichen kompletten Chaos, mit der Diskussion, wo dürfen die eigentlich fahren, wie regeln wir das überhaupt? Mit der Problematik, dass eben die Roller überall rumfliegen und rumgeschmissen werden und dem ganzen Ärger, der natürlich da auch verursacht wird. Also ich denke, da haben wir ganz, ganz ähnliche Erfahrungen und bekommen das aber zunehmend, würde ich sagen, im Griff. Für mich als Investor, was ich faszinierend fand, weil ich halt Einblick habe in sowohl einen der Gründer von Tierkenne hier in Deutschland als auch eben einen der Hauptinvestoren eben von Bird eben in San Francisco ist und da auch wiederum auf beiden Seiten des Atlantiks,

Patrick Setzer: wie

Bernhard Gold: unfassbar schnell diese Firmen wachsen und dann wirklich skalieren in einer Form und zwar nicht nur skalieren auf der Nutzerseite, sondern eben auch gleichzeitig parallel auf der finanziellen Seite und also der Umsatz also wirklich und auch Parallel dazu die ganzen Mitarbeiterorganisationsstrukturen in einer Geschwindigkeit aufgebaut werden, wie ich glaube es noch nicht in irgendeinem Bereich oder mit irgendwelchen Business Models oder Produkten gesehen

Patrick Setzer: habe. Und umgekehrt sind ja auch die Städte davon sehr betroffen. In San Francisco war es auch mal so, dass die relativ hart mal reagiert haben und einige Anbieter rausgeschmissen haben. Also es ist ja so, auch da ist ein iterativer Weg, die Hersteller, die Mobility Provider kommen in die Städte, die Städte machen die Türen auf und dann merken sie, dass die Bürger vielleicht teilweise überfordert sind, dann machen sie die Städte wieder zu im Haruk-Verfahren, dann machen sie sie wieder auf in einem regulierteren Betrieb, wo steht San Francisco oder wo sind die USA da jetzt?

Bernhard Gold: Also wir hatten am Anfang in der Tat ein richtiges Chaos, weil, wie gesagt, die Dinger überall rumgeflogen sind und rumgeschmissen wurden und irgendwo auf Bäumen gelandet sind und was auch immer. Und das wurde dann relativ schnell sofort verboten. Also das ist die Stadt relativ rigoros. Man denkt ja, in Amerika ist so die Freiheit und gerade im Silicon Valley ist alles erlaubt und kann alles entwickelt werden. Aber San Francisco hat oft bewiesen, dass, also wenn es irgendwas gegen das Interesse der Menschen, der Gesellschaft ist, dass sie dann also relativ schnell auch was regulieren. So war das eben bei Rollern auch. Sie haben die erstmal gleich ganz verboten und haben dann die Regel eingeführt, dass die Roller nur dann zugelassen werden, wenn sie also praktisch in der App und im Produkt die Pflicht eingebaut wird, dass sie irgendwo angeschlossen werden müssen. Also wirklich fix an irgendwelche Ständer und Baum oder was auch immer. Und seitdem sie das eingeführt haben und sich natürlich die Hersteller daran halten, ist die Problematik auch im Prinzip beseitigt worden. Das ist so ein bisschen die negative Sache, wo wir so eine Entwicklung durchgemacht haben. Es hat sich jetzt eingespielt, also die anfängliche Problematik hat man gar nicht mehr. Was ich persönlich faszinierend finde auf der anderen Seite und was ich eigentlich sehr positiv finde, ist, dass diese Micromobility, wie wir den Bereich nennen, wirklich dafür sorgt, dass die Städte sich in einer erstaunlichen Geschwindigkeit verändern. Also in San Francisco ist es wirklich so im letzten Jahr, dass also wirklich auf den großen Straßen oft ganze Fahrspuren zugemacht werden für die Autos. Also da gibt es dann nicht mehr zwei, sondern nur noch eine Fahrspur. Und komplett dann abgesperrt werden mit Pfeilern und dann grün angestrichen werden. und dort eben die, so wie früher die Fahrradstreifen, jetzt eben die Fahrradstreifen für jede Art von Micromobility, also für Fahrräder genauso wie die Scooter und Roller und so weiter, eben aufgemacht werden. Und das in der ganzen Stadt im Prinzip durchgezogen wird, wo sich eine Stadt in einer relativ schnell eben komplett verändert. Und die Leute auch ihr Verhalten verändern. Das ist einfach viel üblicher jetzt. Wir haben natürlich den Vorteil, dass wir eigentlich immer gutes Wetter haben und dass es nur selten regnet. Das heißt, für uns ist es eigentlich ganz normal, dass man eben mit dem Roller dann eh schneller unterwegs ist. Der Verkehr ist natürlich zumindest unter der Woche eben eigentlich fast immer katastrophal. Man steht überall im Stau. Und mit dem Roller kommt man inzwischen echt meistens schneller ans Ziel innerhalb der Stadt als mit irgendeinem Auto oder Taxi oder Uber.

Patrick Setzer: Ich finde auch, dass die Städte eigentlich in Deutschland momentan noch gar nicht richtig erkannt haben das Potenzial in den Tretrollern, dass man nämlich das erste Mal über Mikromobilität und vielleicht vorhandene, in den Städten teilweise vorhandene Technologieplattformen eben die Mikromobilität oder die Mobilität der Bürger steuern kann, aussteuern kann, über Geofencing eben limitieren kann, aber eben auch bestimmte Wege freimachen kann. Man kann eben einfach mal eine Straße sperren. für Autos und sagen, jetzt ist sie für Roller, Fahrradfahrer und so weiter freigegeben und das planbar machen über Technologie. Diese Chance haben die Städte noch bisher vielleicht erkannt, aber noch nicht umgesetzt. Und ich glaube, insofern tun die Elektro-Tretroller da auch ihr Gutes, dass sie die Städte ein bisschen aus dem Dornröschenschlaf wecken, dass das einfach jetzt eine neue Zeit ist, die da einbricht.

Bernhard Gold: Genau. Und natürlich durch die Nachfrage der Nutzer. Also die Roller stehen überall, die Nutzer nutzen sie. Und man muss das Problem, weil auf dem Bürgersteig kannst du damit nicht fahren, dafür sind sie zu schnell. Auf der Straße ist es wirklich gefährlich und man muss eben Möglichkeiten schaffen, dass die eben sicher genutzt werden. Und das zwingt die Städte dazu. Übrigens nicht nur in San Francisco, auch durch meinen Job bei Iris, die ja hauptsächlich in Paris sind. Auch Paris, wer da ein paar Jahre nicht mehr war, wenn man jetzt dort hinkommt, ist genau dasselbe Phänomen. Paris hat in einer Geschwindigkeit diese Fahrspuren aufgemacht und überall angestrichen, was wirklich das ganze Stadtbild verändert hat. Und wenn man sich dann den Pitch von Bird als einer der ersten Firmen in dem Bereich anschaut, was der CEO für eine Vision hatte oder hat, dann ist es exakt genau das. Ich kann mich noch erinnern an eine Folie in der Bird Pitch Präsentation, die ich vor zwei Jahren gesehen habe, wo eben das genau so aufgemalt wurde, dass wir gesagt haben, okay, die Autos bekommen eben immer weniger Raum und wir besetzen sozusagen einen ganzen Raum auf den Straßen und in der Stadt für unsere Bedürfnisse für die Mikromobilität. Und es ist lustig zu sehen, dass es genau so passiert, zumindest jetzt in San Francisco und Paris, wo ich unterwegs bin.

Patrick Setzer: Das wird in den USA auch schneller passieren und vielleicht auch in Frankreich als in Deutschland, wo wir natürlich auch eine sehr starke Automobilindustrie haben. Leute, die ihr Auto auch anders lieben als die Franzosen oder die Amerikaner. Und auch Lobbyismus und Verbänden, die natürlich dafür sorgen. Das sind zwei Herzen in der Brust, die da schlagen. Auf der einen Seite will man den Bürgern wieder eine lebenswerte Innenstadt bieten. Auf der anderen Seite sind sie für sieben jeden siebten Arbeitsplatz in Deutschland zuständig, die Autoindustrie. Also man muss eigentlich einen geplanten, sauberen Übergang für die nächsten 10, 20 Jahre da sorgen zu Elektromobilität im Auto, wie auch eben dann Mikromobilität und anderen Mobilitätsformen in den Städten.

Bernhard Gold: Richtig.

Patrick Setzer: Wunderbar. Und jetzt würde ich noch einen kleinen Übergang gerne machen. Du lebst im Silicon Valley, die ganze Bay Area ist ja das Zentrum der Technologie, zumindest in der westlichen Welt. Versuch doch mal aus deiner Perspektive gerade die drei, vier wichtigsten Technologietrends oder auch aus der Venture-Capital-Brille die interessantesten Investment-Cases sozusagen darzustellen, dass wir hier im Podcast so ein bisschen mal ein Gefühl kriegen, was da gerade heiß ist.

Bernhard Gold: Ja, also generell ist es ja ein Mobility-Podcast. Also wir haben natürlich über Connected Car jetzt schon gesprochen. Wir haben über das Thema Micromobility gesprochen, was das Stadtbild sehr verändert. Was natürlich ein weiteres großes Thema ist, ist das ganze Thema autonomes Fahren, selbstfahrende Autos. Und gerade da haben wir im Silicon Valley, ich glaube in San Francisco, zwei, drei Dutzend wirklich Startup-Firmen, die daran forschen, da entsprechende Produkte entwickeln. Das ist so lustig. Meine Eltern haben mich gerade besucht in San Francisco. Meine Mutter fragte mich dann irgendwann, was sind denn das für komische Autos, die überall rumfahren? Weil die sehen natürlich wild aus, weil die ganzen Sensoren, die Kameratechnik und so weiter, die ist natürlich noch nicht verbaut.

Patrick Setzer: Als wir uns da gesehen hatten, war das ja genauso. Da saßen wir im Café draußen, da fuhr alle vier Minuten dasselbe Zugauto.

Bernhard Gold: Genau, da fuhr das Zugauto vorbei. Und meine Eltern haben sich komplett verwundert, dass denn diese futuristischen Autos mit diesen Aufbauten irgendwie, dass irgendwas vom Militär ist oder so. Ich sage, nee, nee, nee. Das sind wirklich eben Self-Driving-Car-Technologien, die entwickelt werden. Also das ist sicherlich ein weiterer großer Trend, den man also wirklich direkt sozusagen live in San Francisco jeden Tag beobachten kann.

Patrick Setzer: Hat auch VW gerade in eine neue Firma in dem LiDAR-Lasersensor-Bereich investiert mit Chip-Kombinationen. Richtig. Das sind auch bei uns Themen. Ja.

Bernhard Gold: Das ist sowieso so. Also in dem ganzen Bereich, was man sehr, sehr stark beobachten kann, ist, wie aktiv die deutschen Automobilhersteller auch im Silicon Valley sind. Es gibt, glaube ich, kaum jemanden mehr, der nicht mindestens mal irgendwelche Venture-Aktivitäten und irgendwelche Labs oder irgendwelche Innovationsteams eben auch im Silicon Valley hat und eben näher dran zu sein. Und diese Trends eben auch teilweise auch sehr näher dran, um gemeinsam mit Startups zu entwickeln. Also ich glaube auch die Offenheit der Corporates dort gegenüber Startups hat sehr zugenommen in den letzten zehn Jahren, seitdem ich dort bin. Also als ich da am Anfang gekommen bin, und zwar auch auf beiden Seiten übrigens. Sowohl Startups sind immer mehr bereit und daran interessiert, eben auch mit großen Corporates zusammenzuarbeiten. Und umgekehrt die Corporates auch viel, viel offener und sehen, dass sie eben gerade in diesen neuen Innovationsbereichen vielleicht nicht wirklich alles selber entwickeln können und auch nicht Kompetenzen haben. Ansonsten für uns als oder für mich als Venture Capital Investor wird natürlich gerade im Silicon Valley der Markt hauptsächlich durchgetrieben, was die großen Technologiefirmen interessiert, wo die im Wettbewerb stehen, wo die miteinander konkurrieren, also sprich Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft und so weiter. Weil das letztendlich die Exit-Kanäle für uns sind. Also wenn ein Startup sich erfolgreich entwickelt, dann kann das halt das nächste Uber sein und macht dann ein IPO oder Airbnb oder you name it. Aber der normale Exit-Kanal für ein VC im Silicon Valley ist nach wie vor eben ein Sale, also dass man eben gekauft wird strategisch von eben einer der Technologiefirmen. Und von den Top 10 Käufern von Tech-Startups in den USA sind eben die Top 8 eben auch selber Silicon Valley Firmen.

Patrick Setzer: Das ist auch ganz oft etwas, was wir in Europa missen, wenn wir dieses End-to-End-Buddy-Netzwerk von der Idee zum Start-up oder eigentlich beginnen schon an der Uni. Die Idee entsteht ja oft an der Universität. Die Verbindung von der Idee dann zu einem Gründerteam, die Seed-ABC-Runde und dann eben die zwei Exit-Kanäle, die es gibt, den Trade-Sale und den IPO. Da fehlt uns in Europa eben, naja, der IPO ist meistens nur für die ganz großen Unicorns, für die wenigen ganz erfolgreichen eigentlich der Fall. und sonst der Trade-Sale. SAP verkauft? Oder wen haben wir sonst noch außer SAP als Exit-Kanal?

Bernhard Gold: Ja, mein Gott, die Medienfirmen kaufen vielleicht noch mal ab und zu.

Patrick Setzer: Aber an großen Tickets?

Bernhard Gold: Aber wir haben das nicht. Also das Grundproblem wirklich von dem Venture-Capital-Markt generell hier in Europa ist, dass uns eben genau diese Kanäle fehlen. Und im Silicon Valley ist es umgekehrt. Man geht oft buchstäblich über die Straße und kann auch wirklich direkt mit Google, Apple, wem auch immer reden, was auch immer man entwickelt und weiß dann, zwei, drei Jahre eben weiter, wenn man sich als Startup gut entwickelt, kann man dann auch entsprechend an diese Firmen verkaufen und landet dann da irgendwann. Wenn man nicht so groß und eigenständig wird, dass man eben selber das schafft und ein IPO macht. Und das ist definitiv halt ein Nachteil hier in Europa. Was auch der Grund ist, warum europäische VCs und Gründer nicht so risikofreudig sind. Einfach deswegen nicht, weil sie es von ihrer Natur her nicht sind oder weil das ein kulturelles Thema wäre. Das habe ich schon immer für Quatsch gehalten. sondern weil sie sich einfach rational verhalten. Und wenn ich nicht für das nächste Nest bin und für drei Milliarden eben an Google verkauft werden kann und diese Perspektive einfach nicht habe, die ich im Silicon Valley immer habe, dann verhalte ich mich halt auch in meiner Unternehmensentwicklung rationaler und sage, vielleicht müssen wir doch eher schauen, dass wir Umsatz machen und vielleicht auch irgendwann mal gewinnen, weil wer weiß, ob wir die nächste Finanzierungsrunde hier noch schaffen. Und Google kommt eben nicht und kauft uns für eine Milliarde. Und deswegen ist es halt per Definition immer ein großer Unterschied, ob man in Europa ein Startup entwickelt und da ist der französische Markt zum Beispiel im Prinzip sehr ähnlich dem deutschen. Oder eben, ob man direkt im Silicon Valley sitzt. Und spätestens vielleicht ich als Gründer mag jetzt nicht Larry Page oder wen auch immer kennen. Aber spätestens meine Investor, ja, wenn ich jetzt dann irgendwie Andreessen oder Sequoia und kleine Perkins und you name it als Investor eben reinhole, spätestens die Top-Partner dort haben immer den direkten Rat zu jemandem, wo sie eben denken, an den sie es dann verkaufen können bei den großen Tech-Firmen.

Patrick Setzer: Wie siehst du das Thema Uber aktuell, die ganzen, oder vielleicht auch breiter gesehen, die ganzen Shared Services? Ist das ein Thema, was noch wächst, weil die Aktien sind ziemlich runtergeknallt in den letzten Monaten? Kommt das wieder?

Bernhard Gold: Ist aber auch ein Unternehmen, was eben sehr hoch bewertet war.

Patrick Setzer: Ist auch ein Unternehmen, was seit Ewigkeiten quartalsweise absurde Verluste einfährt. Das ist ja die ganze Zeit bekannt, trotzdem waren sie so hoch.

Bernhard Gold: Ich weiß nicht, also der Verlustseite, also ich glaube, wenn, ohne dass ich jetzt Insights habe, also ich kenne jetzt Uber nicht jemanden, der, aber so von außen betrachtet, erscheint es mir so, es ist ein typisches Silicon Valley Startup, wo man über Jahre hinweg die Priorität drauf setzt, erstmal zu wachsen und die Märkte zu penetrieren. und Wenn Uber sich darauf konzentrieren würde, auf die Länder, wo sie schon sind, in die Ballungszentren, dann sind die natürlich dort hoch profitabel. Nur geben natürlich noch mehr Geld aus, meiner Meinung nach, um geografisch eben noch weiter zu wachsen. Wir haben interessanterweise bei Iris ein Investment gehabt mit unserem Fonds aus dem Nahen Osten in Karim. Da waren wir einer der ganz ersten Investoren. und haben Karimis praktisch durch Uber vor dem Middle East, also im Nahen Osten eben, den Uber-Service, und haben das eben jetzt letztes Jahr, dieses Jahr glaube ich, an Uber auch verkauft. Eben weil Uber nach wie vor darauf aus ist, im Nahen Osten waren die noch nicht wirklich präsent, um eben dort möglichst schnell eben weiter zu wachsen. Und solange sich so ein Unternehmen in der Wachstumsphase befindet, ja, machen sie halt Verlust. Also ich finde da jetzt per se nichts Schlimmes dabei, solange das eine bewusste Entscheidung ist.

Patrick Setzer: Fokus auf Growth und am Umsatz als Haupt-KPI hat sich da schon ein bisschen verändert. Man geht jetzt ein bisschen raus aus brutalem Growth, da jetzt nicht gerade EBITDA Profitabilität, aber zumindest mal Contribution Margin 3 Profitabilität so in diese Richtung. Ist das was generelles momentan im Venture Capital Sektor in San Francisco gesehen wird oder also sprich verdunkelt sich so ein bisschen oder sind die Investment Risikofreude, ist die noch genauso wie vorher?

Bernhard Gold: richtig beobachtet, also unabhängig jetzt von Uber spezifisch. Der allgemeine Trend im VC-Markt ist definitiv, das liest man ja auch überall, dass die Unicorn-Zeit praktisch vorbei ist, mehr oder weniger. Dass man also nicht blind in irgendwelche neue Modelle zu abartigen Bewertungen investiert und die einzige Priorität ist irgendwie zu wachsen. sondern dass man schon mehr auf die Zahlen schaut und auf das Geschäftsmodell und dann später vielleicht auch auf Profitabilität. Das liegt daran, dass sich meiner Meinung nach der Markt gerade dreht, was nach zehn Jahren Wachstum und ich warte im Prinzip seit vier Jahren drauf. Also ich hatte gedacht, Ende 2015 schon, also die Bubble sozusagen, sie wird nicht platzen, aber wird ein bisschen die Luft rausgelassen sozusagen. Seit wann ist das so? Ich dachte, Ende 2015 ist es schon soweit und dann ging der ganze Wahnsinn sozusagen weiter. Was natürlich großartig ist für dein Portfolio, also bestehende Firmen, was aber schwierig ist für einen Investor, der eben neue Investments macht, weil du halt zu abartigen Preisen nur bei den Unternehmen gerade Later Stage einsteigen kannst. Und generell haben wir schon das Problem bis jetzt, dass eben einfach fast zu viel Geld im Markt ist. Also im letzten Jahr in den USA wurden 150 Milliarden an Venture Capital neu investiert. Also nicht unter Management, das ist noch viel mehr, sondern nur Neuinvestments in Startups. Und das ist von 2017 waren es 80 Milliarden. Also es hat sich fast verdoppelt innerhalb von einem Jahr. Und das ist verrückt. Das ist nicht gesund. Also es ist zu viel Geld im Markt, was zu hohen Bewertungen führt. und am Ende des Tages eben dann dazu führen kann, dass es viele Enttäuschungen gibt und im Schnitt eben sich diese Bewertungen nicht realisieren, weil so viele, so hohe Exits eben nicht passieren werden. Und deswegen ist die Beobachtung absolut richtig. Investoren denken jetzt mehr und mehr um, langsam, und schauen bei bestehenden Investments als auch bei Neuinvestments eben mehr drauf, wie solide ist das Geschäftsmodell, wie gut ist die Chance, damit mal Geld zu verdienen, dass die Firma auch auf eigenen Füßen steht.

Patrick Setzer: Das wäre ja sogar sehr gesund, wenn sich das so ein bisschen graduell jetzt mal abschwächt über die nächsten zwei, drei Jahre, weil ich möchte eigentlich nicht nochmal, oder wir alle möchten nicht nochmal ein Jahr 2000, 2001 und 2008 erleben.

Bernhard Gold: Genau, das habe ich ja, wie ich eingangs gesagt habe, schmerzhaft selber miterlebt, wie im Jahr 2000 auf einmal schlagartig das gesamte Venture Capital aus dem Markt von Wochen einfach weg war.

Patrick Setzer: Ich weiß, März 2000 war bitter.

Bernhard Gold: Und wir haben dann Ende 2000 versucht, noch Fund zu raisen. Ich habe, glaube ich, damals mit fast, ich habe eine Liste von fast 300 Investoren, mit denen ich direkt oder indirekt gesprochen habe und es versucht habe. Und es gab keine Chance, auch nur einen Euro irgendwo zu bekommen.

Patrick Setzer: Das habe ich auch hautnah erlebt. 2002 habe ich bei der Lufthansa beraten, eine Firma namens Trimondo, ein Startup. Und 2002, da hatten wir dann schon eineinhalb Jahre das Leid voll erlebt. Und jeden Menschen, den ich da angerufen habe, als Kooperationspartner, Co-Investor oder so etwas mit Trimondo zu kooperieren, die haben sofort den Hörer wieder aufgelegt. 2002, 2003 noch genau dasselbe. 2004 drehte sich dann langsam und 2005 haben wir die Firma verkauft, woran ich am Anfang dann auch irgendwann nicht mehr geglaubt hatte. Das waren, wenn man dann ehrlich ist, fast vier bis fünf Jahre, die das Risikokapital erstmal komplett ad acta gelegt hat. Insofern könnten wir wirklich froh sein, wenn es sich langsam etwas reduziert, momentan etwas mehr Risikobewusstsein eintritt und wir solche Krisen nicht nochmal erleben müssten.

Bernhard Gold: Genau, also wenn wir aus 2000 was gelernt haben, also hier der Markt, meine ich damit, dann ist genau das, dass was passiert. Und dass sich alles normalisiert und Investoren kritischer werden, die Bewertungen auch wieder runtergehen, was auch zu Abschreibungen führt, aber einige Abschreibungen sind immer noch besser als eine komplette Explosion und Inklusion des Marktes wie 2000. Damit rechne ich aber auch nicht. Der Unterschied definitiv zu 2000 ist, Wir haben im Prinzip wenige Firmen, die wirklich echte Bubble-Firmen sind. Also damals war es ja wirklich so, die haben ja nicht mal versucht, Umsatz zu machen, sondern einfach nur irgendwelche User, die wurden irgendwie bewertet und dann an die Börse gebracht. Relativ blind und ohne Sinn und Verstand. Und so Firmen wie heutzutage, wie Uber oder Airbnb, wenn man sich das Geschäftsmodell im Kern anschaut, sind natürlich hoch profitabel. Sie haben erstmal ein Geschäftsmodell, das ist ja schon mal was. Und dann auch ein hochprofitables. Oder wir haben über die Scooter gesprochen. Es gibt viele Beispiele. Also das ist sicherlich ein Unterschied, wo es wesentlich solider zugeht als im Jahr 2000. Der andere Unterschied ist, im Jahr 2000 gab es die Tech-Firmen wie Google und Facebook und Amazon und Apple und Co. eben nicht in der Form, die miteinander so konkurrieren, dass sie nach, also egal wie die Wirtschaft sich entwickelt, eben weiterhin Technologien kaufen werden und Teams. Und Ich glaube auch, das treibt eben den Venture-Capital-Markt entsprechend auch an. Sie werden vielleicht nicht mehr ganz so hohe Bewertungen zahlen, aber solange die nicht aufhören, miteinander in Konkurrenz zu stehen, in diesen neuen Bereichen wie Mobility, wie Self-Driving-Car, wie Artificial Intelligence, wo sie sich also unglaublich rügeln um diese Zukunftsmärkte, Big Data und Cloud und so weiter. wird es immer gute Chancen geben für gute Startups, zumindest eben in den USA, eben auch bei wirtschaftlich schlechteren Zeiten, da haben wir noch gar nicht drüber geredet, es könnte auch einfach von externen für den Technologiemarkt einen Schock geben, im Sinne von einer Rezession. Ich meine, wir haben weltweit genug Risiken in den Märkten, von Brexit über Italien zu Handelskriegen mit China zu diversen Kriegsgefahren und Konflikten und Das auch noch in Anbetracht der Tatsache, dass wir seit zehn Jahren im Prinzip eigentlich schon viel zu lange eben Wirtschaftsaufschwung haben. Und da ist eben die Frage, also wenn es jetzt generell vielleicht nicht eine Rezession, aber einen wirtschaftlichen Abschwung gibt weltweit, unabhängig von unseren Technologiethemen, welchen Einfluss hat das auf den Technologiebereich? Und ich glaube persönlich nicht so ganz so einen großen, eben weil in diesen Zukunftsmärkten weiterhin innoviert und entwickelt werden wird und investiert werden wird.

Patrick Setzer: Da würde ich eigentlich die zwei Krisen 2000 und 2008 so unterscheiden. 2000 war es wirklich auch eine starke Venture Capital Krise. 2008 ist in Deutschland ja auch gar nicht so tief eingeschlagen, Europa und weltweit allerdings schon. Und das war auch sehr viel aus den Kerngeschäften, aus den Industrien heraus. Und dort, wo die Industrien stark waren und Deutschland hat mit dem Automobilmarkt zu dem Zeitpunkt ein Jahr lang einen Dip gehabt, aber dann ging es eigentlich wieder aufwärts. Und dann hat sich das auch im Tech-Bereich eigentlich genau so eingespielt. Das lief eigentlich relativ harmlos ab. Wenn es so kommt, wie du sagst, dass der Venture-to-Capital-Dip nicht kommt, dann kann natürlich es trotzdem passieren, dass wir einen wirtschaftlichen über eine Krise angetriggert, irgendeinen der Krisenherr der Welt, da haben wir genug, dass sich darüber einfach eine kleine Rezession oder auch eine größere einspült. Und dann, meine Erfahrung ist, dass dann die Risikokapitalgeber auch sofort die Hosentaschen zunähen. Ist einfach so, ist eine Risikoaversion.

Bernhard Gold: Vor allem, also 30 bis 40 Prozent des Venture Capitals ist inzwischen Corporate Venture Capital. Ja, das ist sehr stark gewachsen die letzten fünf bis zehn Jahre. Und das kann natürlich schon stark betroffen sein, wenn die ganzen Corporates, die global agierenden Corporates eben merken, es kommt ein Wirtschaftsabschwung, dann ist normalerweise Venture Capital. Aktivitäten sind einer der ersten Bereiche, wo man sich zurückzieht. Das war 2000 so, das war 2008 so und das könnte den Markt auf jeden Fall treffen.

Patrick Setzer: Und umgekehrt bin ich deiner Meinung antizyklisch agieren als Gründer und als Startup. Eigentlich sind diese Krisen oder wenn es mal ein bisschen weniger Venture Capital gibt, ist es eigentlich genau die Phase, wo du als Startup reingehen musst. Dann hast du nämlich mal ein, zwei, drei Jahre, wo du dich sehr auf deinen Kunden, auf dein Produkt konzentrierst. und auf den Markt konzentrieren kannst, kannst du entwickeln, ohne dass irgendwelche Ubers dieser Welt vielleicht komplett an dir vorbeirauschen. Nicht, weil sie das beste Produkt haben, sondern nur, weil sie am meisten Geld haben. Dieser Gefahr, der bist du da nicht ausgesetzt. Und dann kannst du vielleicht auch das nächste exzellente Startup in dieser Zeit aufbauen. Jetzt hast du ein Buch geschrieben, da würde ich auch gerne nochmal kurz zum Schluss darauf zu sprechen kommen, was mich natürlich besonders freut, weil ich mich hauptsächlich jetzt damit beschäftige, wie Konzerne und Mittelständler in der digitalen Transformation agieren, wie sie Innovation in die Firmen bekommen, wie sie Startups aufbauen, wie sie Startups kaufen, wenn sie zu spät sind. Und du hast darüber auch noch genau das Buch geschrieben, wie Startups mit Konzernen im Silicon Valley zusammenarbeiten. Habe ich es richtig verstanden? Wie heißt der Titel des Buchs?

Bernhard Gold: Ja, also der Titel heißt Silicon Valley Startups and Corporate Innovation. Das ist im Prinzip meine Dissertation. Also ich habe vor zwei Jahren noch hier an der LMU in München eben meinen Doktortitel gemacht und habe eben genau zu dem Thema eben, wie du sagst, geforscht. Zum einen Corporate Venture Capital, Corporate Innovation, also wie können Corporates eigentlich erreichen, was permanent das Thema bei Corporate Venture Capital ist, praktisch das Beste aus beiden Welten zu erreichen. Also für die Innovationskraft und der Schnelligkeit von Startups zu profitieren auf der einen Seite und auf der anderen Seite aber die Stärken von einem Corporate, also natürlich finanziell, aber

Patrick Setzer: auch Know-how,

Bernhard Gold: Erfahrung, Marktgröße und so weiter, eben auch mit einzubringen und das eben zu kombinieren, weil nur dann macht Corporate Venture Capital natürlich Sinn und hat besondere Vorteile gegenüber einem Investor, der jetzt einfach nur in Anführungszeichen dummes Geld bringt. Und das dann in Verbindung mit, also das sind drei Studien im Prinzip dieses Buch, mit der letzten Studie, wo ich das Silicon Valley Ökosystem untersucht habe. Und dort mir genau angeschaut habe, was bietet eigentlich dieses berühmt-berüchtigte Silicon Valley, was im Prinzip niemand auf der Welt bisher geschafft hat, zu replizieren. Also es gibt halt nur einen Silicon Valley, auch wenn es in den letzten Jahrzehnten im Prinzip genügend Versuche gab. Warum ist das eigentlich so? und was bietet eben dieses Ökosystem, speziell Startups eben, wo ich als Investor natürlich, als Venture Capital Investor eben besonders guten Zugang hatte und Insights hatte, was bietet es diesen Startups als Erfolgsfaktoren, was eben den Unterschied letztendlich ausmacht, warum

Patrick Setzer: dann

Bernhard Gold: viele, ich möchte nicht sagen die meisten, eben der wirklich ganz großen, erfolgreichen Tech-Firmen eben aus dem Silicon Valley kommen letztendlich. Und habe das erforscht und bin, ich denke, zu auch ganz interessanten Ergebnissen gekommen. Und war auch überrascht, wie wenig dazu es eigentlich schon vorher schon gab, sich das anzuschauen.

Patrick Setzer: Kannst du es kurz zusammenfassen, was denn das Ergebnis der Studie ist?

Bernhard Gold: Ja, also ich habe zehn Case Studies gemacht. Und zwar haben wir Firmen rausgesucht, die eben schon global, also Startup-Firmen rausgesucht, die eben schon global erfolgreich sind. Und habe die genauer untersucht und habe geschaut, was haben die von außen eben aus dem Silicon Valley für Vorteile gezogen, die es vielleicht in Europa zum Beispiel jetzt eben nicht gibt. Und da gibt es natürlich Faktoren, die relativ offensichtlich sind, die man auch so selber erraten könnte. Zum Beispiel natürlich spielt das Thema Verfügbarkeit von Venture Capital eine große Rolle. Also Firmen wie Uber, bis sie dann IPO machen, können natürlich im Prinzip fast, solange sie erfolgreich sind, unbegrenzte Mengen an Venture Capital im Silicon Valley raisen, was hier in Deutschland und Europa halt eher begrenzt ist. In dem Zusammenhang aber, was auch sehr interessant ist, was ich so vorher nicht gesehen habe, ist, welche große Rolle auch nicht nur das Geld der Investoren spielt, sondern auch deren Einfluss, also deren Know-how, deren Erfahrung, deren auch Netzwerk eben diese Firmen letztendlich zu bauen und erfolgreich zu machen. Der zweite Faktor ist auch Talent, also praktisch die Menschen selber, die Gründer. Da haben wir zum einen natürlich Stanford, Berkeley, also die großen Universitäten, die praktisch permanent die neuen Gründer ausspucken und die auch schon wirklich auf Unternehmertum eben im Prinzip sehr praxisorientiert die Leute ausbilden. Zum anderen aber auch die Immigranten, also die Hälfte der Gründer im Silicon Valley sind gar keine Amerikaner, sondern sie kommen aus aller Welt. Und dieses Ökosystem zieht eben in einer einmaligen Art und Weise wirklich die besten Talente, die besten Gründer der Welt an. Und das Dritte, was eben auch sozusagen eine, das sind drei harte Faktoren, also Kapital, Talent und das Dritte ist eben ein Riesenvorteil für amerikanische oder Silicon Valley Firmen, ist eben der große Markt. Also die USA ist als Markt schon so groß, dass wenn du Marktführer in den USA bist, bist du per Definition de facto eigentlich schon weltweit. Jetzt lassen wir mal China außen vor, aber den Rest der Welt, was ein Riesenvorteil ist. Also irgendeine Gerade bei Software oder Apps und so weiter, die Marktführer in den USA sind, sind dann automatisch schon größer als jede App, die jetzt Marktführer in Deutschland oder in Frankreich ist.

Patrick Setzer: Wenn ich das jetzt auch nach Europa übertrage, dann hat, ich nehme jetzt mal irgendeinen, einen Google. Das Thema ist ja auch die Verbindung zum Konzern. Hat ein Google ja zwei Vorteile. Das eine ist dieses Tech-Know-How, was du ansprichst, was eben neben Kapital Smart Money was eingebracht wird. Mhm. Und auf der anderen Seite ist es auch eine andere Art und Weise, mit Innovation umzugehen. Die meisten deutschen Konzerne haben die Erfindungen in den letzten Jahrzehnten oder teilweise auch 100 Jahren gemacht. Google ist eben erst 20 Jahre alt und geht aber auch mit Innovation anders um. Wenn ich das jetzt nach Europa übertrage, was können wir daraus lernen mit den Ergebnissen, die du da machst? Was müssen wir verändern in den Konzernen, damit es leichter ist, Innovation voranzubringen?

Bernhard Gold: Ich sehe die Corporate Innovation im Endeffekt als Ergebnis, also jetzt die Erkenntnisse auch vom Silicon Valley übertragen auf den Bereich, also was müssen Corporates eventuell anders machen. sehe ich so, dass sie natürlich offener, kulturell offener und so weiter werden gegenüber externen Innovationen. Aber vor allem, ich glaube, technisch, was eine sehr gute Idee ist, einfach Corporate Innovation erstmal anzusehen als Toolbox. Also erstmal überhaupt die Voraussetzungen, die eben automatisch hier die meisten großen, zumindest Tech-Companies im Silicon Valley haben, ist, also wirklich mal die Möglichkeiten zu schaffen von einem eigenen Inkubator und eigenen natürlich R&D und was Deutsche auch viel haben, eben sehr Eigenentwicklung. zu einem Inkubator, wo es eben schon die Möglichkeit gibt, etwas auszugründen und das dort zu finanzieren, zu einem unabhängigen eigenständigen Venture-Arm, also der zwar Geld von einem Corporate verwaltet, aber unabhängig im Venture-Markt wettbewerbsfähig investiert, zu einer Innovations-M&A. Und je nach Thema, weil per Definition bei Innovationsthemen, gerade wenn sie disruptiv sein könnten, weiß man nicht, Wo sie sich hin entwickeln, kommen sie aus dem Konzern selber heraus, müssen sich unabhängig davon aus- und weiterentwickeln, werden dann wieder reintegriert. oder ist es umgekehrt? Ist es besser, wir haben beim Connected Car darüber geredet, gleich die Softwareplattform nicht selber zu entwickeln, weil ein OEM zum Beispiel keine eigene Softwarekompetenz hat?

Patrick Setzer: Da würde jeder OEM übrigens widersprechen. Ihr habt 20.000 Leute, die nichts anderes als Software machen. Richtig.

Bernhard Gold: Ich weiß nicht, ob jeder OEM widersprechen würde, aber zumindest in der Öffentlichkeit würden sie widersprechen. Oder ob man, wie gesagt, in Innovationen eben von außen sucht und über Beteiligungen und dann später M&A oder eben auch nicht. Und vielleicht baut man auch einen komplett unabhängigen System. neuen Geschäftsbereich auf, gerade wenn er disruptiv ist und dem bestehenden Geschäft Konkurrenz macht. Also ich glaube, der erste Schritt grundsätzlich in Corporate Innovation ist erstmal, diese Toolbox alle zur Verfügung zu haben.

Patrick Setzer: Das heißt, deine Kernaussage, die du machst, ist, die Innovation wird in Deutschland, in Europa gerne im Konzern noch innen gesehen. und der Amerikaner sagt, über die Toolbox, die du erwähnst, eben über den Incubator, Accelerator, Venture Capital, Corporate Venture, Corporate M&A, das ist die Sicht der Amerikaner.

Bernhard Gold: Genau, also ich meine, es ist ja nicht nur so, dass Google nichts mehr selber entwickelt, weil sie jetzt Google Venture und Inkubator und so weiter haben. Der Amerikaner würde wahrscheinlich eher sagen, ich weiß es halt nicht. Das ist die ehrliche Antwort. Ich weiß nicht, wo die nächste Innovation herkommt und ich muss nur die Möglichkeit haben, wo ich sie sehe, zu entwickeln. Das Interessante ist ja auch bei deutschen Konzernen, die Notwendigkeit, vielleicht auch destruktive, also einen eigenen Geschäft zerstören oder gefährliche Dinge zu entwickeln, wird auf Top-Management-Ebene oft meistens gesehen. Top-Manager in europäischen Konzernen sind nicht dümmer als irgendwie amerikanischen Konzernen. Ich glaube, wo es eben daran scheitert, ist eben die Umsetzung. Und man muss eben oft im mittel- und unteren Management eben auch die Widerstände umgehen können, die definitiv dann natürlich da sind, weil jeder natürlich Angst um seinen Job hat. Wenn jetzt das softwaregesteuerte Elektroauto kommt, wofür brauche ich dann noch? eine Horde von Getriebeherstellern im Konzern. Und das wird auf Top-Management-Ebene meistens verstanden, nur das Top-Management hat meiner Meinung nach zu wenig Tools und Möglichkeiten eben flexibel auf diesen Innovationstrend zu reagieren im Konzern und dort auch dann letztendlich auch entsprechend das Geld eben zur Verfügung zu stellen. Also das ist definitiv einer der Dinge, die ich raten würde. Auf der anderen Seite reden wir uns, glaube ich, im Großen und Ganzen dort auch schlechter, was typisch deutsch auch wiederum ist, wie wir eigentlich sind. Und ich bin immer wieder überstaunt, in wie vielen Bereichen wir eigentlich nachhaltig, nicht nur die Automobilindustrie, der ganze Mittelstand, Weltmarktführer sind, so viele Hidden Champions, was meiner Meinung nach wiederum für Deutschland unik ist. Die andere Empfehlung, die ich geben würde oder immer gerne gebe, wenn jemand aus Deutschland in Silicon Valley zu Besuch kommt, man muss nicht immer auch alles kopieren. Wir brauchen nicht unbedingt genau dasselbe Silicon Valley, mit dem genau das nächste Google und Uber hervorbringt hier in Deutschland. Wir sollten uns überlegen, was sind unsere Stärken, weil wir haben nämlich viele. und sollten uns als deutsche Wirtschaft eben darauf auch konzentrieren und die auch sehen und anerkennen und ausbauen und verstärken. Wir werden nicht das nächste Google oder Uber hier entwickeln. Höchst unwahrscheinlich.

Patrick Setzer: Aber vielleicht müssen wir das auch gar nicht. Bernhard, vielen Dank fürs Gespräch.

Bernhard Gold: Sehr gerne. Danke.