Francotyp-Postalia: Tradition vs. Digitale Transformation
16. September 2020, mit Mathias Weigert
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Matthias Weigert: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen People-First-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Matthias Weigert und ich bin Geschäftsführer der Unternehmerschmiede. Die Unternehmerschmiede unterstützt Unternehmen dabei, digitale Innovationen erfolgreich umzusetzen, indem wir die richtigen Teams gewinnen und schmieden. Das heißt vor allem erfolgreich machen. Wenn dieses Thema auch für euch interessant ist, kommt gerne über LinkedIn direkt auf mich zu. In unserem Podcast People First geht es um das Thema Mensch in der digitalen Welt. Heute sprechen wir wieder über ein spannendes Thema. Ein knapp 100 Jahre altes Unternehmen aus einer traditionellen Branche. Es geht um das Thema der Transformation des analogen Austausches von sicheren Informationen. Wir sprechen mit einem Unternehmen, das alle diejenigen kennen, die Briefe empfangen. Denn zum Briefeempfang gehört auch das Freimachen der Postsendung. Genau darauf hat sich das Unternehmen meines heutigen Gastes unter anderem spezialisiert. Wir sprechen mit der Franco-Typ Postalia. Das Unternehmen entwickelt, fertigt und vertreibt Frankier-, Falz- und Kuvertiermaschinen. Nach dieser Folge weißt du, wie sich ein traditionelles Unternehmen vom produktzentrierten Geschäftsmodell zu einem kundenzentrierten Lösungsanbieter wandeln will und welche Rolle die Themenfelder Aktorik, Sensorik, Kreativität Kryptografie und Konnektivität spielen. Zu Gast im Podcast heute ist Sven Meise. Sven ist seit fast sechs Jahren im Vorstand der Franco-Typ Postalia und verantwortet als Chief Digital Officer und Chief Operating Officer unter anderem auch die digitale Transformation. Herzlich willkommen, Sven.
Sven Meise: Vielen Dank. Herzlich willkommen hier in Berlin, Matthias.
Matthias Weigert: Vielen Dank. Sven, bevor wir einsteigen, würde ich dich bitten, dich so ein bisschen einmal unseren Hörerinnen und Hörern vorzustellen. Was hat dich dazu gemacht, was du heute verantwortest? Welche Lebenslampen waren das, die dich dahin begleitet haben? so ein bisschen?
Sven Meise: Ja, Sven Meise, 49 Jahre alt, habe mal vor langer Zeit Anfang der 90er BWL mit Fachrichtung Wirtschaftsinformatik studiert. Es war ein dualer Studiengang, damals bei der IBM in Mainz. IBM war genau in der Zeit genau im Wandel, vom Produktunternehmen zum Service- und Softwareunternehmen. Das war so die erste Transformation eines Unternehmens, die ich mitmachen durfte. Bin dann später in den deutschen Mittelstand gewechselt, zu Triumph Adler. Triumph Adler war da ein Mischkonzern, unterschiedliche Branchen, war eigentlich eine Finanzholding. Und ich war in einem Bereich tätig, Bürokommunikation. Im Wesentlichen alles, was rund um Drucker, Kopierer und digitale Lösungen in dem Bereich geht. Triumph Adler wurde dann irgendwann von Kyocera akquiriert. Ich glaube, 2011, 2012 das Unternehmen übernommen. Dann habe ich mir noch Drei, vier Jahre die japanische Kultur angetan oder gegeben und habe mich dann entschieden, doch wieder zurück in den deutschen Mittelstand zu gehen und bin so dann 2015 bei Frankotyp Postalia gelandet.
Matthias Weigert: Vielleicht kurz die Frage, Chief Digital Officer, Chief Operating Officer, was machst du bei Frankotyp?
Sven Meise: Die erste Aufgabe war, als ich als CDO angetreten bin, zu gucken, wie die damals schon vorhandenen Geschäftsfelder, digitalen Geschäftsfelder, wie man die weiterentwickeln kann. Das Unternehmen hatte schon recht früh erkannt, zum Börsengang 2006, dass sie sich breiter aufstellen müssen, diversifizieren müssen an der Stelle. Und 2011, 2012 kam nochmal eine weitere Akquisition im digitalen Geschäftsfeld dazu und sich diese Geschäftsfelder anzuschauen und kritisch zu hinterfragen und auch weiterzuentwickeln, das war die erste Aufgabe. Und wir haben im vorletzten Jahr eine neue Strategie bzw. ein neues Target Operating Model definiert. und dann war auch die Frage, wer übernimmt diese COO-Aufgaben? und so habe ich das dann auch mitgemacht. Insbesondere aufgrund meines Backgrounds im Bereich IT, weil ich jahrelang CIO war und auch im Servicebereich und habe jetzt somit auch R&D und Produktion, IT und Logistik in meiner Verantwortung sowie den Aufbau unserer Shared Services.
Matthias Weigert: Sehr spannend. Jetzt kommen wir ein bisschen zur Franco Typ. Auch das ein Unternehmen, das vielleicht nicht allen so bekannt ist. Du beschreibst es gerne als ein Grown-Up mit 97-jähriger Historie. Wo kommt ihr her? Was macht ihr heute? Du hast schon die Transformation leicht angesprochen. und vor allen Dingen, wo wollt ihr hin?
Sven Meise: Wir haben 2016 eine neue Strategie entwickelt. Dazu muss man wirklich ein bisschen zurückgehen. 97 Jahre alt, also noch drei Jahre, dann machen wir die 100 Jahre voll. Und das Unternehmen ist entstanden in Zeiten der Hyperinflation, wo es eigentlich darum geht, man kann mit dem Briefmarkendrucken gar nicht mehr nach. Und das war damals der Painpoint, wie kann man schnell neue Portowerte einstellen. Und dann wurden Frankiermaschinen entwickelt. Und das hat man auch erfolgreich vertrieben. Das ist wirklich ein urberliner Unternehmen auch. Das ist zwar mal ein Spin-off der Ankerwerke gewesen, aber es ist ein urberliner Unternehmen. Hat dann in den letzten Jahren das weiterentwickelt und es wurde immer mehr. von dieser analogen Frankiermaschine, die eher wie ein Kassensystem aussah, kam dann auch der digitale Wandel. Die Frage war immer, wie kommt ein Porto-Wert auf eine Frankiermaschine, weil Kunden verbrauchen Geld, sie drucken Geld mit der Frankiermaschine. Früher musste man mit der Frankiermaschine zur Post gehen, dann wurde eine Plombe gebrochen, dann hat man seine 200 Mark auf den Tisch gelegt und dann wurde dieser Porto-Wert als Guthaben eingestellt, wurde wieder verplombt und man konnte wieder gehen mit der Maschine. Irgendwann war die Frage, wie kriege ich diese Daten in die Maschinen rein. Am Anfang auch über Netzwerkverbindungen, am Anfang waren es Modemverbindungen. Ganz klassisch, wie wir es noch aus den 80ern und 90ern kennen. Und irgendwann gab es auch einen Ethernet-Port an den Maschinen und man fing an, über das Internet Daten zu übertragen. Die Herausforderung war immer, dass es hochsicher erfolgen muss, weil wir drucken Geldwerte. Wir drucken im Jahr mit unseren Maschinen bei unseren Kunden, wir haben 200.000 Kunden weltweit, drücken wir circa 1,5 Milliarden Euro, wird da in Porto aufgedruckt. Da ist natürlich ein sehr hohes Interesse der Postgesellschaften insbesondere, dass man dieses System nicht korruptieren kann und mehr Geld verbrauchen kann, als man bezahlt hat. Dementsprechend spielt halt das Thema Kryptografie da eine Rolle. Wir speichern Geldwerte weltweit. in der Maschine selbst, in einem Hardware-Security-Modul, weil der Gedanke Always On war damals nicht, als man diese Systeme konzipiert hat. Das heißt, sie müssen auch funktionieren, wenn der Ethernet-Stecker gezogen ist an der Stelle. Und wir haben 2016 uns das angeguckt und gesagt, was macht eigentlich dieses Unternehmen aus? Zum einen sind wir einer der drei globalen Player. Wir sind die Nummer drei, sind Marktführer in Deutschland mit fast 50 Prozent, Österreich. Also jede zweite Maschine in Deutschland ist von uns hergestellt. Und wir haben uns die Frage gestellt, naja, Reduzieren wir jetzt nur noch Kosten und melken das Unternehmen, weil wir alle wissen, wir sind in einem Marktsegment, was zurückgeht. Es werden immer weniger Briefe verschickt. Es geht immer mehr Richtung Marketing vielleicht im Briefverkehr, aber so, dass man direkt Briefe schreibt, Rechnungen etc., das geht alles weiter zurück. Also haben wir geguckt, wie stellen wir uns aus, haben schon erkannt, naja, wir sind die Nummer 3 im Markt. Also wir haben damals 10% Marktanteil gehabt, das heißt, das sind noch 90%, die man angreifen kann. Haben uns da entsprechende Strategien überlegt, haben auch überlegt, an der gleichen Stelle, wie ist denn so die Customer Journey, wenn jemand sagt, naja, Brauche ich überhaupt noch eine Frankiermaschine? Verschicke ich überhaupt noch Briefe? Und was ist dann der nächste Schritt? Ist es gleich ein voll digitales Transaktionsmanagement oder gibt es da mit hybriden Ansätzen, Inbound Scanning, Outbound Services, gibt es da Zwischenstufen? Und haben uns als Ziel gesetzt, für jeden Punkt in dieser Customer Journey eigentlich Lösungen anbieten zu können. Jetzt waren wir im Bereich Hybrid schon ganz gut unterwegs, haben dann aber gesehen, im digitalen Transaktionsmanagement, da fehlen uns Sachen, also rechtsverbindlich Transaktionen über das Internet, über Cloud-Applikationen abzubilden bzw. abzuschließen. Wir haben dann FP-Sign wirklich von Scratch entwickelt, weil wir große Kompetenzen auch im Bereich digitale Signaturen haben und haben dann in 2017 das erste Produkt gelauncht und sind da jetzt weiter bei, dieses Produkt abzubilden. auszurollen in unterschiedlichen Marktsegmenten, weil wir haben ein Asset, wir haben 200.000 Businesskunden weltweit und die können wir natürlich leveragen. Also neue Produkte für die bestehende Kundenbasis. Auf der anderen Seite aber auch zu gucken, wie können wir unseren Marktanteil von 10% auf mehr vergrößern, sprich auch die Kundenbasis zu erweitern. Und dann haben wir in der Strategie auch die Transformation fest verankert. Zum einen die Transformation hin zu einem neuen Target Operating Model, zu gucken, wie machen wir unser Geschäft vielleicht in der Zukunft effektiver als auch effizienter. Und haben aber auch gesagt, wie können wir grundsätzlich in der Transformation auch das Know-how, was wir in der Firma haben und wir haben sehr ingenieurlastig, was wir hier haben. dieses Know-how rund um Kryptographie. Wie können wir das in anderen Industrien vielleicht nutzen? Jetzt nicht an unsere 200.000 Kunden gedacht, sondern vielleicht an neue Kunden. Und sind relativ schnell dazu übergegangen zu sagen, naja, alles was wir da haben, 200.000 Maschinen im Feld, alle connected übers Internet, hochsicher, eigentlich reden wir da über eine IoT-Installation. Und wir haben uns überlegt, wie können wir das in anderen Industrien halt einfach leveragen und haben entsprechende Secure Edge IoT-Gateways entwickelt, die unsere Technologie einsetzen, mit der wir jegliche Art von Sensorik, Automatisierungssteuerung an jegliche Art von Cloud-Applikationen anbinden.
Matthias Weigert: Kannst du uns das nochmal so ein bisschen näher bringen, was das vielleicht auch bedeutet, konkret an einem Beispiel mal festgemacht? Weil dieses Internet of Things ist ja doch eins dieser gängigen Buzzwords, um es nochmal so ein bisschen greifbarer vielleicht auch zu machen, dass man sich so ein bisschen vielleicht auch mehr darunter vorstellen kann noch.
Sven Meise: Also was sind so die typischen Fälle, die wir haben? Große Kundenbasis von uns setzt das Thema im Bereich Energiemanagement ein. Das heißt entweder Überwachung von Energieverbrauch im Sinne von Smart Meter überwachen oder sämtliche Art von Messstellen auszuwerten. Das Ganze geht aber auch hin bis zum Contracting, also Energiecontracting. Wir haben Kunden, die überwachen Heizungsanlagen, also Heizungsanlagen outgesourced. Da gibt es einen Contracting-Partner, der betreibt diese Anlage, er muss sie überwachen können. Da nutzen sie unsere Gateways, um diese Heizungsanlagen und jegliche Art von Sensorik anzubinden. Wir haben andere Fälle im Bereich Automatisierung, worum es da geht, Fertigungsstraßen anzubinden. Jetzt ist das Problem einer großen Fertigung immer, dass man unterschiedliche Steuerungsanlagen hat. Das kann eine Siemens sein, ABB oder jegliche andere Art von Steuerung. Da ist immer die große Herausforderung, wie binde ich die eigentlich an? Und wir haben mit unserer Technologie, schaffen wir es ohne Eingriff in die Steuerung der Anlage, die Datenpunkte auszulesen, auf ein standardisiertes Datenmodell zu normalisieren und dann an eine Cloud-Infrastruktur zu übertragen. Es geht uns nicht darum, jetzt im Consumer-Bereich tätig zu werden. Smart Home oder ähnliches, sondern es geht uns immer im Wesentlichen darum, in dezentralen Deployment-Szenarien, also wenn es darum geht, diese Heizungsanlagen, tausende von Heizungsanlagen vielleicht zu überwachen, wenn es darum geht, Pumpwerke, Abwasserpumpwerke etc. zu überwachen, die dezentral in unsicheren Infrastrukturen stehen, da kommen wir zum einen mit der Kryptografie ins Spiel, weil das können wir zusätzlich besser absichern, als man mit den Standardmechanismen kann und zum anderen aber auch, dass wir unterschiedlichste Art von Hersteller anbinden.
Matthias Weigert: Also das heißt zum einen sicher machen von Unterschriftsprozessen, Datenströmen hatte ich verstanden. Dann eben auch diese Verbindung herzustellen zwischen etwas physischem, also etwas, was man wirklich anfassen kann und den Daten. Und da auch vor allen Dingen die Sicherheit, ganz konkret aber auch im Bereich der Geschäftskunden. Also ihr würdet jetzt nicht direkt mit den Mietern in Kontakt treten, sondern eure Einlagen sind verbaut für größere Kunden.
Sven Meise: Genau, also wenn man jetzt eine Immobilienwirtschaft nimmt, dann sprechen wir eher mit dem Besitzer der Immobilie als mit dem Mieter. Wobei immer die Frage ist, was ist auch der Zweck dieser Investition, was ist letztendlich eine Investition? Und in dem Fall kann es dann sein, eine höhere Transparenz gegenüber dem Mieter zu erreichen, sei es was Ausfälle betrifft, Verbräuche betrifft etc., Da merken wir schon, dass da eine Tendenz gerade in der Immobilienwirtschaft ist, dass man sich auch nicht nur über Optimierung von Verbräuchen und Stillstandszeiten Gedanken macht, sondern auch über die Kundenzufriedenheit, die Endkundenzufriedenheit.
Matthias Weigert: Und das sind auch Szenarien, in denen wir einfach da arbeiten. Magst du noch so ein bisschen was auch zum Wettbewerb erzählen, insbesondere international? Das ist ja doch sicherlich auch ein großes Thema, wenn ich jetzt das auf einen deutschen Markt beziehe. Wie transportabel ist so eine Technologie auch in andere Märkte oder wie einfach ist es auch von außen in diesen Markt einzutreten? Ich stelle mir das sehr komplex vor.
Sven Meise: Ja, also zum einen ist es genau die Frage, mit welchen Werteversprechen geht man in welchen Markt rein. Wir haben uns jetzt erstmal entschieden, dass wir uns auf DACH konzentrieren. Es ist aber trotzdem so, dass unsere Gateways auch schon mittlerweile international zu finden sind. Der Metro-Konzern ist ein großer Kunde von uns. Jeder Metro-Cash-and-Carry-Markt ist mit unseren Gateways ausgestattet zum Energiemanagement. Also wir kriegen immer mit, wenn Metro irgendwo einen neuen Cash-and-Carry-Markt aufmacht auf der Welt, weil dann auch Gateways bestellt werden. Aber was die reine Vermarktungsstrategie betrifft, sind wir aktuell noch sehr unabhängig. regional hier auf die DACH-Region beschränkt. Es hindert uns aber nichts auszurollen weltweit, insbesondere da wir den Vorteil haben, dass wir zehn ausländische Tochtergesellschaften haben, die wir auch dazu nutzen können, als Brückenkopf im Ausland.
Matthias Weigert: Wenn wir jetzt nochmal gucken auf das Thema Innovation. Du hast eben schon ganz viele Bereiche angesprochen. Du bist auch in deiner Rolle für Research und Development verantwortlich. Wie habt ihr das Thema hier innerhalb der Franco-Typ Postalia Holding, wie habt ihr das aufgesetzt, das Thema?
Sven Meise: Also wir haben das immer noch nicht final aufgesetzt, muss man auch ehrlich sagen. Wir sind da auch so in mehreren Iterationen und wir nähern uns dem Ganzen an. Es ist so die Herausforderung, dass dieses Unternehmen natürlich typisch deutscher Mittelstand sehr ingenieursgetrieben ist und immer eher so die, wenn man ein neues Produkt entwickelt oder ein Produkt weiterentwickelt, immer eher darauf geguckt, was ist technisch machbar, als das, was ist vielleicht auch aus Kundensicht sinnvoll, beziehungsweise ist es auch ökonomisch sinnvoll. Ich glaube, wir haben extrem starke R&D-Abteilungen wirklich mit sehr erfahrenen Ingenieuren aus allen, unterschiedlichen Aufgabenbereichen heraus. Und da ist es immer so die Frage, naja, das ist ein tolles Feature, aber zahlt dafür jemand Geld? Oder bringt es irgendeinen Wert für den Kunden? Und das ist eine recht schwierige Transformation. Die Menschen dahin zu bringen, schnell zu verproben, schnell zu gucken, ist das da auch mal mit mit MVPs zu arbeiten, die vielleicht nicht so ausgereift sind und vielleicht, wo im Hintergrund noch manuelle Sachen laufen, aber erst mit dem Kunden gegenüber zu simulieren, so könnte es aussehen. Und hier ist natürlich die Tendenz zu sagen, ich muss gleich die 120-prozentige Lösung hinstellen. Und das ist so ein Transformationsprojekt im Herangehensweise an Projekte. Da holen wir uns auch externe Unterstützung an der einen oder anderen Stelle, weil das ist wirklich ein Wandel, der auch im Kopfstand finden muss. Und das ist ein wesentliches Thema bei diesen zwei neuen Produkten, was Signatur und IoT betraf, sind wir schon sehr agil in der Innovation gewesen. Also ich sage wirklich schnell verprobt, schnell mit Kunden Mockups gebaut, mit Kunden verprobt und sage, ist da was? Vielleicht noch mal ein paar externe Berater reingeholt, die gesagt haben, naja, bewerte ich das als Spezialist auch als ein sinnvolles Thema? Sehr, sehr innovativ meines Erachtens. Das verliert sich dann aber wieder so ein bisschen, wenn man dann im Fortschritt des Projektes ist und man muss sich dann mal wieder darauf zurückholen und sagen, naja, tolles Feature, aber habt ihr es verprobt? Was sagen potenzielle Kunden? Wie steht der Wettbewerb da etc.? Das ist immer so ein bisschen die Herausforderung wieder.
Matthias Weigert: Wenn du jetzt nochmal drüber nachdenkst, auch so über die Vergangenheit, du hast schon ein paar Meilensteine genannt, kannst du schon erste Erfolge transportieren, wo du sagst, da haben wir wirklich was erreicht schon, geschaffen auch, was Neues, was anderes. Ich gewöhne mich gerade so ein bisschen daran, nicht neu zu sagen, sondern tatsächlich anders.
Sven Meise: Also ich glaube schon, dass wir haben Produkte, es ist nicht nur PowerPoint, wir haben Produkte, wir haben Kunden, die diese Produkte nutzen. Wir merken auch immer wieder, dass die in der Usability und wir uns noch verbessern können, dass wir vielleicht manchmal auch eher mit einem Mercedes kommen, wo ein Golf reichen würde aus Kundensicht, der sehr flexibel ist, das, was wir da anbieten. Also wir haben das komplette Line-Up, wir haben auch namhafte Kunden, aber es skaliert noch nicht schnell genug. Und das ist genau die Fragestellung, mit welcher Value Proposition gehen wir jetzt auf welchen Markt. Und da sind wir jetzt gerade so sehr aktiv unterwegs, zu gucken, müssen wir uns vielleicht anders platzieren. Weil den Namen FP oder Franco-Typ verbindet man ja auch nicht mit Secure Edge Gateways an der Stelle. Und das ist vielleicht der Nachteil, dass wir nicht diese Marke haben in dem Segment, sondern nur die Technologie. Und jetzt müssen wir genau gucken, an welches Segment gehen wir denn zuerst dran. Also ich würde sagen, wir haben schon Erfolge. Reicht es von der Geschwindigkeit? Glaube ich nicht. Da sind wir auch recht offen in der Transparenz. Wir haben den Vorteil und auch sicherlich auch in manchen Zügen den Nachteil, dass wir börsengelistet sind. Viele unserer Investoren gucken natürlich drauf, wenn wir so ein Investment tätigen, dass da auch ein ROI kleiner 2 mindestens bei rauskommt und dass da Erfolge, messbare Erfolge da sind. Das ist immer, wo wir natürlich mit einem Konflikt stehen. Wir sind nicht ganz so frei wie jetzt eine Nicht gelistete Gesellschaft, weil wir sind nicht ganz so frei wie ein Start-up, dass wir auch auf kleine Entwicklungen zeigen können, sondern man erwartet natürlich bei uns gleich dann sechs, sieben, achtstellige Nummern. Und das ist natürlich immer eine gewisse Herausforderung und ist auch ein bisschen Durchhaltevermögen, was man an der Anstelle braucht.
Matthias Weigert: Bevor wir nochmal auf das konkrete Innovationsvorhaben kommen und auch würde ich gerne so ein bisschen auf die Rahmenbedingungen eingehen, auch für die Kernorganisation verantwortlich in deiner Rolle. Sehr spannendes Thema, finde ich, gerade weil du ja auch beschreibst, dass es vielfach zurück oder sehr, sehr viele Abhängigkeiten im Endeffekt gibt. Wie würdest du das beschreiben, so dieser Spagat zwischen dem, was, ist es überhaupt ein Spagat, zwischen dem, was ihr bisher im Kerngeschäft umgesetzt habt und was ihr jetzt an neuen Themen euch vorgenommen habt? Ist das Neue, das Andere nicht eigentlich auch schon neu? Thema innerhalb der Kernorganisation?
Sven Meise: Es ist ein Spagat, weil wenn ich ein Geschäftsmodell habe, was seit 97 Jahren funktioniert, dann weiß ich relativ genau, wenn ich da investiere, wie viel ich investiere, was der Return ist. Immer mit dem Risiko, dass der Markt sich anders verhält, also der Briefmarkt stärker zurückgeht. Siehe Corona, was natürlich dann einen deutlichen Einfluss hat, zumindest kurzfristig. Ob das mittel- und langfristig ist, weiß man noch nicht. Aber da ist mal der Business Case relativ klar. In den neuen Geschäftszahlen ist es halt wirklich an vielen Stellen auszuprobieren und dann zu gucken, wie muss ich meine Strategie ändern. Da ist der Ansatz noch nicht klar und deswegen kann ich nicht einfach in ein fertiges Modell oben Zahlen reinschmeißen und weiß gleich, was unten rauskommt. Und diesen Konflikt habe ich. Und den Konflikt habe ich natürlich auch in meinen Fachbereichen, sei es R&D. R&D ist für beides verantwortlich, sowohl die neuen Initiativen, als auch die traditionellen. Und es ist immer die Frage, wie allokiere ich die Ressourcen? Auch wir haben immer Engpässe in Ressourcen, wie alle Unternehmen auch. Und wir müssen gucken, wie priorisieren wir richtig und wie balancieren wir auch. Als ich zum Unternehmen gekommen bin, 2015, war so die R&D-Ausgaben, waren so ungefähr 25 Prozent Software-lastig, 75 Prozent waren Hardware-lastig oder hatten immer was mit der Frankiermaschine zu tun. Mittlerweile haben wir das gedreht. Also wir sind jetzt bei über 75 Prozent. alles, was die neuen Produkte betrifft. Dazu zähle ich jetzt auch die IoT-Gateways und der klassische Bereich ist so zwischen 20 und 25 Prozent. Also wir haben das schon von der Budgetallokierung deutlich geändert, aber jetzt muss es halt auch im Umsatz und der Profitabilität kommen, weil sonst war es nicht die richtige Investmententscheidung. Aber ich bin da sehr zuversichtlich, dass wir das jetzt auch da in den Bereichen in den nächsten Monaten, vielleicht auch in den nächsten zwölf Monaten, den Durchbruch erzielen werden.
Matthias Weigert: Also auch da nochmal der Spagat bleibt im Moment zwischen dem alten Geschäft und das Ganze dann eben auch auf Augenhöhe zu managen, dem neuen Geschäft, um jetzt auch zu zeigen, dass Wertbeiträge aus dem neuen Geschäft kommen.
Sven Meise: Davon würde ich sagen, sind im klassischen Bereich dann irgendwie 80 Prozent verhaftet. Man muss ja auch die Mitarbeiter überzeugen und sagen, ist das sinnvoll, was wir da tun? Die Fragestellung ist natürlich da und da lässt sich so ein IoT-Gateway vielleicht noch, weil es hardwarenah ist, schneller begreiflich machen als jetzt vielleicht ein Produkt wie FBSign, wo es eine rein digitale Lösung ist. Und das ist schon spannend, auch in der Kommunikation und auch dem Buy-in, sicherzustellen, dass die Kollegen das unterstützen. Was wir uns schon permanent fragen, ist auch, ist es auch richtig, die gleichen Ressourcen auf beide Bereiche loszulassen? Oder sollte man, oder auf alle drei Bereiche, sollte man nicht eher sagen, nee, wir machen mit dedizierten Ressourcen das? Jetzt haben wir den Vorteil, dass wir eine R&D-Tochtergesellschaft haben, die NovoLabs. Die haben wir schon ein bisschen gekapselt, ein bisschen abgekapselt vom Konzern, aber trotzdem macht sie beides, das Klassische und die neuen Geschäftsmodelle. Und das muss man schon hinterfragen, ist das richtig oder wollen wir das nicht noch mehr trennen, um halt diese Geschwindigkeit und auch andere Methodiken zu erlauben.
Matthias Weigert: Jetzt sprechen wir ja schon so ein bisschen über das Setup des Anderen, des Neuen. Wie seid ihr vorgegangen? Welche Rahmenbedingungen gebt ihr dem? Du hast gesagt, die R&D-Tochter hat im Endeffekt zwei Aufgaben. Wie grenzt ihr das ein Stück ab? Was für Ressourcen gibt es? Gibt es einen Prozess, den ihr durchlauft? Wie kann ich mir das vorstellen?
Sven Meise: Wir haben hier einen Prozess, wo wir uns jedes Jahr insbesondere die R&D-Projekte angucken. Wir nennen das bei uns das Order Book. Das sind alle Anfragen richten R&D. Da sind auch Produktpflege-Anfragen drin, wie neue Projekte. Und die gehen bei uns durch einen entsprechenden Prozess und wir bewerten sie. Und da stehen dann zum einen die Aufwände dagegen, da steht der Revenue- und Profitbeitrag natürlich dagegen. Und dann fangen wir an zu bewerten, versuchen aber immer über diese Strategie, sagen wir wollen transformieren, also akzeptieren wir da auch vielleicht einen schlechteren Business Case als im traditionellen oder einen langsam hochlaufenderen Business Case, vielleicht eher der richtige Begriff, an der Stelle und gucken uns das sehr genau an, wie wir die Ressourcen allogieren. Aber man sieht ja schon an diesem 80-20, was ich eben gesagt habe, an diesem neuen Verhältnis, dass wir da schon sehr bewusst investiert haben. Auch wohl wissend, dass die Umsatzhochläufe länger dauern werden als im traditionellen Geschäft.
Matthias Weigert: Magst du noch so ein bisschen was zur Organisation sagen, wie ihr das aufgesetzt habt? Du hast gesagt, ihr habt so ein Stück gekapselt. Das klingt so, wasch mich, mach mich nicht nass. Oder habt ihr das schon, wie geht ihr damit um organisatorisch?
Sven Meise: Also wir haben diese kompletten IoT-Initiative in der InnovoLabs, auch was Vertrieb, Vertriebsleitung, Marketing etc. betrifft. Damit ist es schon mal außerhalb von Corporate, wobei Corporate dann eher unterstützt, gerade was Marketing, rechtliche Fragen. Es ist schon so ein kleines Start-up vielleicht im Unternehmen. Auf der anderen Seite, wie gesagt, haben wir dann noch die klassische Entwicklung auch damit. Und es ist halt die Herausforderung für die Geschäftsführung sicherlich auch der InnovoLabs, das immer wieder weiterzugeben. wieder auszubalancieren. Weil wir auch nicht in allen die Methodikkompetenz haben, holen wir uns dann halt auch externe Unterstützung rein. Machen das jetzt gerade mit Adventure zusammen an der Stelle. Meistens sehr erfolgreich, auch ein ganz anderes Momentum nochmal. Wenn man merkt, man nimmt das Team und macht nochmal so eine Art Outplacement oder Collocation an der Stelle und versuchen auch so Methodiken natürlich zu etablieren. Also die Methodiken, die wir dann gewinnen in dem IoT-Venture, was wir haben, wollen wir dann aber auch adaptieren in dem klassischen Geschäft. Auch da viel mehr zu verproben. Wobei man da auch fairerweise sagen muss, dass als wir 2012 großen Switch in einem Produktportfolio gemacht haben, waren wir schon sehr, sehr kundenfokussiert. Also da waren über 200 Kundeninterviews weltweit und das Feedback aus diesen Interviews ist in die neue Produktfamilie eingeflossen und das hat sie auch so erfolgreich gemacht. Aber hat man das in jeder Iteration dann danach gemacht des Produktes? Eher nein. Und das gilt es halt permanent zu etablieren. Und deswegen sagen wir, wir gehen jetzt mit der Alutiner-Insertive, ziehen wir das noch stärker durch und versuchen dann, dass das auch auf die restliche Organisation dann übergeht.
Matthias Weigert: Das heißt also auch da einen Partner zu nutzen, der einem hilft, Geschwindigkeit aufzunehmen und gleichzeitig in dieser Geschwindigkeit Methoden auch noch zu vermitteln, sodass beides eben entsprechend schnell auch dann wieder umgesetzt werden kann.
Sven Meise: Das haben wir auch für dieses Projekt OKRs definiert. Das haben wir da auch klar drinstehen, dass eine Säule die Vermittlung ist. Das Know-how, der Methodik, hier im Wesentlichen Lean Startup an der Stelle zu sagen, das wollen wir auch adaptiert haben in der restlichen Organisation und daran lässt sich auch der Partner messen.
Matthias Weigert: Das heißt, ihr habt mit dem Partner Objective Key Results definiert in Quartalen oder zeitlichen Abständen, sagen wir mal, sodass ihr daran auch ganz konkret den, was ist der Nordstern, den ihr euch vorgenommen habt für das Gesamtvorhaben?
Sven Meise: Für das Gesamtvorhaben, also wesentlicher Umsatzbeitrag und Ergebnisbeitrag aus der IoT-Initiative, mittelfristig zweistelliger Millionenbetrag und langfristig, dass wir den Rückgang im traditionellen Geschäft überkompensieren können.
Matthias Weigert: Gibt es noch, ohne dass du vielleicht zu stark auch in die Bücher dir gucken lässt, aber gibt es noch andere Kennzahlen? Denn gerade wenn du als Investor auftrittst in der Startup-Welt, misst du ja auch natürlich entsprechendes Reifegrat, den Fortschritt. Gibt es Kundensegmente, die ihr noch zusätzlich erschließen wollt, andere Indikatoren, an denen du das festmachst oder sogar Kennzahlen? Key Results, über die du sprechen magst?
Sven Meise: Also wir haben in dem Fall wirklich jetzt klar definiert, in welchem Kundensegment wir wie viele Opportunities erwarten, wie viele Leads daraus generiert werden und wie viele Kunden wir in Vertragsverhandlungen gehen. Vertragsabschluss haben wir nicht drin, aber zumindest mal Vertragsverhandlungen an der Stelle. Ein sehr starker Fokus ist auch kein Geheimnis. Energie- und Immobilienwirtschaft an der Stelle, weil das sehr in eng miteinander verzahnt ist. Und das sind so die Themen, an denen wir das Projekt auch messen werden und auch den Partner messen, beziehungsweise das ganze Team eigentlich. Es geht ja nicht nur darum, den Partner zu messen an der Stelle.
Matthias Weigert: Jetzt sind ja OKRs häufig auch qualitativ oder haben so eine neue, moderne Art der Formulierung, wo man sagt, wir wollen Kunden beeindrucken, Kunden wowen. Habt ihr auch solche Themen, die ihr euch als Ziel gesetzt habt, dass ihr auch an der Außenwirkung, Außendarstellung beispielsweise so eine Veränderung erzeugt?
Sven Meise: Also Außendarstellung, das ist eigentlich das Resultat der Außendarstellung, wird dann in die Opportunities und Leads, weil wir einfach sagen, wir müssen komplett unseren Auftritt verändern, Werte versprechen, all diese Sachen, weil wir präsentieren uns heute wirklich wie ein Produkt und nicht wie eine Lösung, End-zu-End-Lösung. Und das haben wir da drin, also Neuüberarbeitung, also Verprobung, was sind eigentlich die User-Stories, die am Markt ziehen, in welchem Segment. Wirklich zu messen, welchen Traffic wir auch auf Webseiten generieren dadurch, welche Opportunities und Leads da rausfallen. Also es ist wirklich sehr stark auch in diese Richtung. Es ist jetzt nicht nur die harten Zahlen, die kann ich mir natürlich am leichtesten merken, aber es geht auch darum, dass dieser ganze Sales Funnel funktioniert. Und das ist halt die Generierung von Leads an der Stelle. Und das haben wir da auch als entsprechende Ziele verankert.
Matthias Weigert: Okay, und wenn wir jetzt nochmal so ein bisschen eine Ebene tiefer, weil unser Thema natürlich auch immer Menschen und Funktionen sind, wie ist da so das Modell bei euch, wie setzt ihr das um jetzt, klar in der Co-Kreation am Anfang, aber wie haltet ihr das Wissen, das ihr da aufbaut, auch jetzt durch diese Geschwindigkeit, die erzeugt wird? Wie habt ihr das organisatorische Setup gewählt, vielleicht insgesamt?
Sven Meise: Wir haben ein sehr gemischtes Team von unserer Seite mit in das Projekt getan, um einfach auch alles, also es ist über Produktmanagement, über Strategie, wirklich Hardcore-Entwickler, sowohl Hardware- als auch Software-seitig, inklusive der Geschäftsführung der NovoLabs, Die haben wir alle mit in das Projekt geworfen, weil wir sagen, wir wollen eigentlich eine gesunde Mischung haben, dass wir alle erwischen, dass wir auch den Hardware-Entwickler, der seit 30 Jahren im Unternehmen ist, auf die Reise mitnehmen, als auch vielleicht zum Beispiel mein PA ist da mit im Thema drin, der jetzt seit einem halben Jahr beim Unternehmen ist und wir auch unterschiedliches Alter haben, unterschiedlichen Erfahrungsschatz, unterschiedlichen Background, was die Ausbildung betrifft, sodass wir das möglichst breit aufstellen und alle eigentlich erkennen, welchen Vorteil diese Methodik hat. Ein Hardwareentwickler, der seit Jahren anhand von Lasten, Pflichtenheften, klaren Spezifikationen gearbeitet hat und denen jetzt zu sagen, naja, es gibt auch andere Möglichkeiten, wir müssen viel für verproben, das ist ja die spannende Transformation. Und da haben wir wirklich inklusive dem zuständigen Geschäftsführer wirklich tolle Leute, die da auch offen sind und sagen, wir gehen diesen Weg mit, weil sie auch erkennen, es gibt auch eine Notwendigkeit und es ist was anderes, wirklich, es ist mal was Neues. Also das ist uns wichtig, möglichst breit da reinzugehen. Nicht zu sagen, hey, ich hole mir jetzt 20 neue Leute ins Unternehmen, die treiben das, die könnten das auch, aber dann verliere ich halt die 980 Mitarbeiter, die auch noch im Unternehmen sind. Und die will ich gerade nicht verlieren, weil das sehr wichtig ist, dass wir das Know-how auch erhalten und die Erfahrungen.
Matthias Weigert: Jetzt haben wir die Erfahrung gemacht, dass es ja auf der einen Seite wichtig ist, dass du ein sehr heterogenes Skillset dabei hast. Wie stellst du sicher, dass das Mindset, von dem du ja auch gerade gesprochen hast und wenn es das ist, was ist das Mindset für dich, auch eine ganz wichtige Rolle ist in dieser neuen Entwicklung? Gibt es da Gedanken, die euch in dem Kontext wichtig sind?
Sven Meise: Zum einen ist es natürlich die Frage, wie kriege ich dieses bei Ihnen hin? Also wie stifte ich Sinn in dem, was wir da vorhaben? Ich glaube, das ist viel Kommunikation. Und das ist auch hands-on. Also ich bin, ich sage immer hier scherzhaft, wenn ich gute Laune haben will, dann gehe ich aus meinem Büro in die R&D-Abteilung und lasse mir gerade zeigen, woran die arbeiten. Und gehe da auch wirklich mit den Ingenieuren und Entwicklern zusammen. sehr gerne persönlich ins Gespräch und teile meine Meinung mit und triggere vielleicht auch den anderen Gedankengang. Auf der anderen Seite kriege ich aber auch sehr, sehr viel Input. Und ich bin immer wieder erstaunt, was da für eine Kreativität drin ist. Das ist wichtig. Also ich glaube, dicht dran zu sein an den Leuten, diesen Sinn zu vermitteln und zu sagen, guck mal, wo kann uns das hinbringen? Wie kann diese Reise aussehen? An Erfolgen, an Kundenprojekten zu zeigen, guck mal, geht. Also da haben wir wirklich die Bedürfnisse eines Kunden befriedigt und der hat wirklich einen Mehrwert daraus. Und das permanent zu vermitteln, eng zu kommunizieren, ich glaube, das ist das Wichtigste. erstmal, dass überhaupt diese Bereitschaft da ist, sich zu öffnen. Und da haben wir auch alles. Es gibt auch Leute, die verweigern, also Verweigerung vielleicht nicht offen, aber Die sind eher pessimistisch, aber ich glaube, das ist eher die Seltenheit. Und der Vorteil an Ingenieuren ist auch oft, wenn die eine Entscheidung gefällt haben, dann gehen die auch den Weg. Und dann sind die auch dabei. Es ist ja auch aus der Mannschaft entstanden. Es ist ja nicht so, dass sich jetzt der Meise vorne hingestellt hat und gesagt hat, so, wir machen jetzt IoT. Sondern wir haben gesagt, okay, welche Kompetenz haben wir, was heißt das eigentlich? Und dann hat die Mannschaft gesagt, okay, wir treiben das jetzt. Und dann haben wir ihnen ein Budget gegeben, haben Stage-Gates definiert, die haben sie alle erfüllt, dann haben wir uns nochmal eine externe Sicht geholt und dann war klar, okay, da ist ein strategischer Vorteil, den wir haben, lass uns den nutzen. Und so ist das, glaube ich, wichtig.
Matthias Weigert: Und wenn ihr jetzt diese Erfahrung gesammelt habt in dem Vorhaben, Wie schaffst du es, wie schafft ihr es als Organisation, das auch den anderen 980 Menschen, die da auch hinzukriegen? Das ist ja schon sehr, sehr viel wert, auch das in der eigenen Organisation zu haben. Aber wie kriegst du jetzt dieses kontinuierliche Begleiten der Transformation? Gibt es da erste Erfahrungen oder Erkenntnisse, die du teilen magst?
Sven Meise: Das ist echt eine Herausforderung. Also insbesondere je weiter natürlich die Kollegen vom Headquarter der Fernsehen, also dem amerikanischen Techniker, kann ich das vielleicht schwerer vermitteln als jetzt dem Techniker, der hier in Deutschland bei uns im Haus sitzt. Das ist schon viel Kommunikation, das könnte man auch immer noch viel besser machen. Aber ich merke schon immer wieder, dass je weiter ich von Berlin weg bin, desto unklarer ist es, was wir da eigentlich tun. Dummerweise kann man zurzeit auch nur über Video kommunizieren. Es macht viel mehr Spaß, dann auch mal nach USA zu fliegen und zu sagen, jetzt zeige ich euch hier mal ein paar Prototypen, die wir gebaut haben. Das ist aber im Wesentlichen Kommunikation, wie wir es versuchen hinzukriegen. Und da sehe ich auch ein Potenzial. Also auch da mit den regelmäßig täglich zu kommunizieren, zu sagen, was haben wir uns vorgenommen, wo stehen wir heute, was nehmen wir uns morgen vor. Das kann man alles noch verbessern, sicherlich.
Matthias Weigert: Jetzt hast du einleitend auch schon gesagt, dass du im Ausland ja auch Erfahrungen gesammelt hattest. Bei deinem vorherigen Arbeitgeber, gibt es da etwas, was du aus dieser Erfahrung auch noch, vor allen Dingen aus dieser Zusammenarbeit, vielleicht auch im Ausland, in einer Region, in der auch nicht immer alle arbeiten, transportieren kannst, was jetzt hier in diesem Kontext auch der Transformation wieder eine wichtige Erfahrung ist, wo du sagst, das lässt dich nochmal anders über Dinge nachdenken.
Sven Meise: Ich habe wirklich drei Kulturen erlebt. Ich habe die amerikanische Kultur erlebt, die mir mittlerweile viel zu orientiert auf Monatskennzahlen ist, zu sehr fokussiert an der Stelle. Ich habe die japanische Kultur erlebt, die sehr stark auf Effizienz getrieben ist, hohes Kostenbewusstsein. Ich war in einer der profitabelsten japanischen Unternehmen, aber das war auch bei denen in der DNA. Das ist auch permanent erneuert worden und kommuniziert worden. Was ich da toll fand, eine enorm hohe Transparenz. Das kann man sich hier nicht so vorstellen, aber jeden Dienstag über Lautsprecher, Ansage, wo stehen wir aktuell, was haben wir uns vorgenommen, wo stehen wir gegenüber Budget. sehr offene Kommunikation. Auf der anderen Seite ein bisschen die Entscheidungswege etwas schwieriger, als sie vielleicht in einem amerikanischen Unternehmen sind. Und ich finde, der deutsche Mittelstand ist so, das vereint so ein bisschen das aus beiden Welten. Also wir haben diesen Drang zur Perfektion aus unserer Ingenieurskunst und auf der anderen Seite auch das Zahlen getriebene. Und ich finde, dass wir das ganz gut hier vereinen an der Stelle und deswegen Ich glaube, jeder nimmt seine Erfahrungen mit und ich fühle mich da wohl, wo ich gerade bin. Und deswegen ist das, glaube ich, ein schönes Setup, was wir hier mit unserem Mittelstand auch in Deutschland haben.
Matthias Weigert: Spannend. Jetzt vielleicht, bevor wir noch auf den Abschluss kommen, ein bisschen in die Zukunft geblickt. Was gibt es Neues, wo du sagst, das könnte die neue Entwicklung sein, ohne zu viel zu verraten, aber gibt es schon Gedanken, wo du sagst, das sind neue Themen, die wirklich auch auslaufen? der Organisation heraus bedient werden kann mit der Erfahrung, die sie gesammelt hat?
Sven Meise: Woran wollt ihr arbeiten? Wir haben jetzt eine schöne Plattform geschaffen, schöne Technologie geschaffen, um erstmal Daten bereitzustellen, hochsicher bereitzustellen aus jeglicher Art von Sensorik. Das ist jetzt mal so die Basis. Jetzt ist ja die Frage, was mache ich mit den Daten? Und das ist eigentlich auch die größte Herausforderung nachher. Und wir gucken schon in den Industrien, wo wir sind, wie können wir über Analytik, über Dashboarding, ich spreche jetzt noch nicht über KI an der Stelle, was sicherlich dann auch in dem nächsten Schritt kommt, aber wie können wir eigentlich Mehrwerte aus diesen Daten schaffen? Und mir ist das immer zu leicht gesprungen, Monitoring, Dashboarding und Preventive Maintenance. Also das Preventive Maintenance kann ich gar nicht mehr hören. Ich glaube, man muss vielmehr gucken, wie kann ich ein Geschäftsmodell transformieren? Und wir haben einen Kunden, der Ölfilter baut für Industrieanlagen und der sich einfach die Frage stellt, will ich weiter Hardware plus Filterkartuschen verkaufen oder will ich Öl as a Service verkaufen, also sauberes Öl as a Service. Und das ist das Spannende. Und zu sagen, okay, wie kann ich sein Geschäftsmodell transformieren? Wie kann ich ihm Risiko aus der Bilanz nehmen? Wie kann ich ihm eine höhere Effizienz und damit eine bessere Profitabilität liefern? Aber nicht immer mit diesen Standard Cases, Preventive Maintenance und Dashballing, sondern darüber hinaus. Und da mit Experten zusammenarbeiten, die eine Industrie gut kennen und wissen eigentlich, mit welchen Datenmodellen, Rechenmodellen sie eigentlich eine Optimierung herbeiführen können. Und das ist in diesem Ölfilter Case, der braucht drei Parameterwerte, drei Sensorenwerte und daraus kann er erkennen, Wie ist der Zustand dieser Filterkartusche? Und er kann sogar erkennen, ob die Filterkartusche von ihm ist oder von einem Wettbewerber. Und er will natürlich keine Wettbewerbskartuschen in seinem Filter haben. Also diese intelligenten Ansätze zu finden, da arbeiten wir gerade dran. Aber das ist dann nochmal ein Schritt weiter, weil wir dann natürlich noch weiter weg sind von Hardware und viel mehr Richtung. Analytik und Data Science sind an der Stelle.
Matthias Weigert: Also da auch der Wandel von Produkt zentriert hin zu lösungsorientiert und zu schauen, was die Lösungen sind. Vielleicht dazu noch eine Frage. Es gibt ja auch da immer so einen Trend zu sagen, wir machen nicht nur alles selber, sondern wir arbeiten auch viel mit Partnern. Wir nutzen das Ökosystem. Also inwiefern spielen offene Systeme an der Stelle für euch auch eine Rolle? die ja eigentlich geschlossene Systeme durch die Historie gewohnt sind.
Sven Meise: Ja, das ist auch sicherlich eine Herausforderung an der Stelle. Aber ich glaube, gerade der Kontext IoT funktioniert nicht in einem geschlossenen System. Die, die das versucht haben, sind meines Erachtens alle gescheitert und mussten sich irgendwann öffnen. Wir haben uns gesagt, wir wollen mit jeder Art von Sensor sprechen und wir wollen mit jeder Art von Cloud-Applikation sprechen. Das schließt nicht aus, dass wir selbst auch in dem Bereich tätig werden. Aber ich bin zumindest mal offen und will auch für andere der richtige Partner sein. Wir haben jetzt gerade einen Partnerschaftsvertrag mit der Telekom geschlossen. die unsere Produkte listen, aber sie kommunizieren dann natürlich mit der Cloud-Plattform der Telekom. Aber ich möchte auch mit anderen Cloud-Plattformen kommunizieren können. Nebenbei den Fakt, dass wir eine Beteiligung an einem Start-up haben aus München, an der Yukon, die selbst eine IoT-Cloud bereitstellt. Und wir sagen, mit denen wollen wir natürlich auch eng zusammenarbeiten. Aber es ist offen, es muss offen sein, weil es sonst kein Erfolg wird. Da bin ich mir sehr sicher. Und insbesondere auch dieses Know-how, industrie-spezifische Know-how, das kann nicht jeder vorhalten, der Gateways baut oder End-zu-End-Lösungen, sondern das muss man sich auch beparten.
Matthias Weigert: Also an der Stelle auch zusammengefasst, dass von der Haltung, vom Mindset kommt, also auch da diese Offenheit, auch Zusammenarbeit mit anderen in die Entwicklung einbeziehen und auch da in offenen Systemen zu denken.
Sven Meise: Was da bei dir raus ist? Wir haben auch in Berlin den Vorteil, auch wenn die meisten Startups im Consumer-Bereich sind, haben wir trotzdem hier ein paar hardware-nahe Startups, wo wir auch uns regelmäßig abstimmen, auch gucken, wie wir Blockchain in dem Thema verankern können und solche Themen. Und sonst gucken wir weltweit, mit wem wir da auch ins Gespräch kommen können. Es wird ja auch immer unübersichtlicher, sagen wir mal. Ich glaube, es gibt weltweit über 700 IoT-Cloud-Anbieter. Ich glaube nicht, dass wir mit allen in Kontakt kommen, aber die wesentlichen Player wollen wir natürlich, mit denen wollen wir natürlich Partnern an der Stelle.
Matthias Weigert: Super. Spannend. Jetzt zum Abschluss immer so. meine zwei Fragen nochmal. Zum einen ganz fokussiert in deine Richtung gefragt. Wie hältst du dich digital? Wie bleibst du am Zeitgeist, am Puls der Zeit?
Sven Meise: Also kommen wir wieder zurück auf Berlin. Das ist natürlich der Vorteil auch hier. Ich könnte jeden Abend auf irgendeine Veranstaltung oder konnte bis März jeden Abend auf eine Veranstaltung gehen. Das ist jetzt ein bisschen anders. Geht dann eher über Webmeetings und Videokonferenzen. Aber das ist der Vorteil, zu gucken, wer ist hier in dem Bereich tätig, mit wem. Stimmen wir uns ab. Es ist natürlich, LinkedIn ist irgendwie so schon ein Kanal, um immer mal wieder über Sachen zu stolpern und sich einzulesen. Ich bin Mitglied im CDO, Executive Circle in Deutschland, wo viele CDOs aus unterschiedlichsten Branchen sind. Das ist immer super spannend, weil CDO ist nicht gleich CDO. Der CDO von BMW hat eine andere Aufgabe als der CDO Franco de Postalia, aber zu sehen, wie denken die, welche Plattformen Gedanken haben, die welche Herausforderungen haben, das ist immer super spannend und man kann da glaube ich sehr viel von den Peers auch lernen an der Stelle und das sind so die wesentlichen Quellen, die ich habe.
Matthias Weigert: Also schon auch analoge Quellen, die dich aufladen, also Gespräche, die dazu führen, dass du weiterkommst.
Sven Meise: Also das ist ja die schönste Art, sich auszutauschen. Ich lese auch gerne ein Buch, aber ich bin ehrlich, ich unterhalte mich lieber mit Menschen und erfahre, wo sie Erfolge hatten, wo sie Misserfolge hatten und das finde ich viel spannender.
Matthias Weigert: Dann die letzte Frage, Sven, wie können Hörerinnen und Hörer mit dir in Kontakt treten, wenn sie jetzt das spannend finden, was ihr vorhabt, Teil der Reise zu sein oder auch nur Teil der offenen Diskussion im offenen System?
Sven Meise: Also ich bin, glaube ich, wie alle meine Kollegen auf LinkedIn vertreten. Ihr könnt auch gerne den Link teilen zum Profil, sehr gerne. Wer Interesse hat, sich auszutauschen, wer über unsere Stellenanzeigen stolpert oder irgendwas oder sagt, oder eine interessante Lösung hat, die sich integrieren lässt mit unserer Technologie, sehr gerne an sich oder über unsere Webseiten, alles. Aber wenn man persönlich mit mir in Kontakt, jederzeit gerne. Aber bitte nicht nur einfach kontakten, sondern bitte immer schon mitteilen, warum. Weil die anderen landen immer gleich zusammen. Oder werden nicht angenommen bzw. gelöscht. Also schon bitte mal schreiben, warum wir denn in Kontakt treten sollen. Das wäre mir lieb.
Matthias Weigert: Perfekt. Sven, vielen Dank für das spannende Gespräch.
Sven Meise: Danke dir, Matthias. Vielen lieben Dank.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung: Der Spagat zwischen digitaler Transformation und Unternehmenskultur ist eine echte Herausforderung. Doch keine Sorge, mit Mathias Weigert hatten wir dazu regelmäßig einen Gastmoderator, der dir zeigt, wie echter Kulturwandel funktioniert, wie das digitale Mindset ins Team kommt und wie du digitale Talente findest.