Wie ART+COM interdisziplinäre Arbeit kultiviert

15. August 2019, mit Mathias Weigert

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Matthias Weigert: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Podcast von People First bei Digital Kompakt. Mein Name ist Matthias Weigert und ich bin Geschäftsführer der Unternehmerschmiede. In unserem Podcast geht es um das Thema Menschen in der digitalen Welt. Heute geht es um das Thema Artcom, eine Designagentur aus Berlin. Nach dieser Folge weißt du, welche neuen Technologien eine Digitalagentur einsetzt, welche Rolle das Thema Kundenzentrierung bei ihrer Arbeit spielt und welches Team es braucht, um solche spannenden medialen und digitalen Projekte umzusetzen. Zu Gast im Podcast habe ich heute Andreas Wieck. Du bist seit 2000 Vorstand der Art.com und herzlich willkommen.

Andreas Wiek: Ja, herzlichen Dank.

Matthias Weigert: Perfekt, Andreas. Vielleicht beginnen wir mit einer kurzen Vorstellung von dir, dass du uns einfach sagst, wer du bist und danach auf die Art.com zu sprechen.

Andreas Wiek: Ja, sehr gerne. Also, Andreas Wiek, ich lebe schon seit Anbeginn in Berlin, in damaligem West-Berlin und habe nach meinem klassischen BWL-Studium verschiedene Branchen durchlebt. Mein Leben besteht aus Neugier. So habe ich zumeist Berührungspunkte dort, wo ich am wenigsten verstehe. Ich bin in den Maschinenbau gegangen, obwohl ich Kaufmann war und nicht eine einzige Schraube in die Wand bekam und dann nachher Werkleiter geworden. Ich habe eine Firma lange begleiten dürfen, Leckerland, die sich auf die Fahne geschrieben hat, kleine Kioske, Tankstellen und Co. zu beliefern. war dort Geschäftsführer und habe diese Firma zehn Jahre lang weiterentwickeln dürfen und bin faktisch mit wiederum völlig neuen Ansätzen des Handelns von Kleinststellen, wie es heute fast Amazon und Co. schon im professionellen Bereich machen, in Verbindung gekommen. Und nachdem ich dort auch eine ganze Menge bewegen durfte und Lust verspürte, was Neues machen zu wollen, bin ich dann zur Artcom gekommen. Im Jahre 2000, der große Internet-Hype, alle Menschen glaubten, beteilige dich an einer Internetfirma und du wirst schon irgendwie automatisch nach oben schwimmen, brachte mich vielleicht auf der einen Seite auch ein bisschen in diese Neugier, was ist da eigentlich? Artcom hat mit Internet nichts zu tun, aber auch neue Medien sind natürlich Bereiche, die interessant sind. Als auch, wie ich vorhin schon versuchte auszuführen, ein Bereich, von dem ich überhaupt gar keine Ahnung habe. Ich habe nicht programmieren können, so richtig gestalten auch nicht. Herleiten, Projekte, Museen, das war mir irgendwie fern und hat mich deshalb wahnsinnig gereizt. Und so habe ich dann mich dazu entschlossen, viele Jobangebote gehabt und alle gesagt, nein, ich möchte ganz neue Wege gehen, für mich im Jahr 2000 Gesellschafter von Artcom zu werden. Zu mir als Person. Ich war verheiratet, hatte mit meiner ersten Frau vier Kinder, die teilweise schon wieder Kinder haben. Ich habe jetzt eine zweite Frau, mit der habe ich wiederum ein Kind, was ganz jung ist, ein Jahr alt ist. Und wir genießen uns alle zusammen als Familie sehr. Das heißt, wir treffen uns sowohl auch mit der Ex als auch mit allen Opas, Omas, Familienmitgliedern, Kindern, Freunden, was ich wahnsinnig genieße. Also wir haben einen großen Familien- und Freundeskreis. Und der wird gepflegt. Ich gehöre, glaube ich, auch so ein bisschen in die Ecke derjenigen, die das irgendwie brauchen und die auch keine Menschen verlieren wollen oder können.

Matthias Weigert: Vielen Dank für die kurze Vorstellung, auch die persönliche Vorstellung. Was macht jetzt Artcom?

Andreas Wiek: Ich sage schon, obwohl ich jetzt 19 Jahre dabei bin, es ist schwer meiner Mutter klarzumachen, was ich eigentlich tue. Wir sagen, wir übersetzen Inhalte in den Raum. Das klingt erstmal sehr banal. Ich versuche das an einem Beispiel deutlich zu machen. Es gab einen Kunden aus dem dänischen Bereich, aus dem Kulturbereich, die haben die Entstehungsgeschichte Dänemarks vor tausend Jahren beginnend mit dem König Blauzahn, Bluetooth, uns näher gebracht und gesagt, wir haben Räume, wir haben neue Räume erbaut und wir möchten, dass ihr diese Geschichte erzählt. Was ist passiert in diesen 1000 Jahren? Was macht die Kultur aus? Was sind Wikinger? Was ist vor 1000 Jahren gewesen und wie hat sich die letzten 1000 Jahre weiterentwickelt? Und die Inszenierung, die wir hierfür machen, eine komplette Konzeption eines neuen Museums im analogen wie auch im digitalen Bereich, Das heißt, wir kriegen nackte Wände im weitesten Sinne, statten das Museum als solches aus, klassisch, wie es alle Menschen kennen, und reichern es an. mit digitalen Medien, wo Menschen sich wohlfühlen können, so sagen wir, in einer Gruppe gemeinsam interagieren. Inhalte zu erschließen, sodass du dann, je nachdem, wie viel Lust du verspürst, die Axt nehmen kannst und sagen kannst, okay, was ist mit dieser Axt früher gewesen? Oder du sitzt an einem digitalen Feuer und es werden Geschichten erzählt, weil früher es keine Bücher gab etc. Du fliegst zu Vahalla, zu dem König, dem du drei, vier, fünf verschiedene Steps gehen musst innerhalb deines Lebens und nachher auch in der Endzeit, um sehr weit nach oben zu Wahala zu kommen. Diese ganzen Erlebnisse versuchen wir medial sehr stark begleitend mit in den Raum zu generieren.

Matthias Weigert: Das heißt, ihr kombiniert nochmal zusammengefasst digitale und analoge Elemente. Wie seid ihr aufgebaut als Artcom? Vielleicht nochmal zwei, drei Punkte zu eurem Aufbau, vielleicht auch ein paar Zahlen, wie viele Mitarbeiter oder wie groß ist das Team? So einen Eindruck nur zu vermitteln.

Andreas Wiek: Artcom ist über drei geteilt, könnte man sagen. Ein Drittel der gut 90, fast 100 Mitarbeiter sind Programmierer, ein Drittel sind Gestalter und ein Drittel sind Projektleiter, Inhaltsmenschen. Wir müssen Wissenschaftler abholen und versuchen, die Storys zu verstehen oder eben auch klassische Bereiche wie Buchhaltung etc. pp. Darüber hinaus haben wir in unserem Firmennetzverbund, wenn man so sagen darf, noch Firmen, die uns ein Stück weit unterstützen und helfen, die Dinge auch umsetzen zu können, sodass wir insgesamt in der Gruppe 150 Mitarbeiter sind.

Matthias Weigert: Perfekt, jetzt würde ich gerne nochmal so ein bisschen einen Themenbereich, den du schon einmal angesprochen hattest, aber nochmal ein bisschen vertiefen. Neue Technologien und die Ausrichtung auch auf die Betrachter. Ihr habt seit 1998 ja schon unheimlich viele Projekte auch umgesetzt, aber vielleicht eins, wo insbesondere auch digitale Medien einen großen Bestandteil haben. Vielleicht gibt es eins, wo du konkreter nochmal beschreiben kannst, was das war, wie ihr vorgegangen seid, auch insbesondere in dieser Verbindung, die ich unheimlich spannend finde, zwischen digital und analog. Um einfach auch da nochmal so ein bisschen zu sehen, wie ihr neue Technologien dann auch einsetzt und dabei auch die Betrachter ja oder die, wenn es ein Unternehmen ist, die Kunden, aber für euch sind es ja deutlich breitere Gruppen auch einsetzt und darauf eingeht.

Andreas Wiek: Ja, uns gibt es sogar schon seit 31 Jahren, seit 1988, seit 1998 sind wir eine Aktiengesellschaft. Also in dieser Form seit 1998, seit 1998 auch jetzt hier an dem Standort. Wir sind technologisch getrieben, sehr, sehr stark und auf der anderen Seite auch gestalterisch. Beide Bereiche würde ich als gleich stark erachten. Technologisch sind wir wahnsinnig. in die Zukunft hineinzugehen. Also heute würde man sagen, künstliche Intelligenz, KI ist ein Thema, was auch uns berührt. Oder es sind auch Randbereiche, ob es schon vor vielen Jahren Cloud-Dienste, Messenger-Dienste oder Ähnliches sind. Ein Messenger-Dienst ist auch bei uns sogar entstanden. Ob wir ganz ehemals, als wir gestartet sind, angefangen hatten, mit der Telekom ein Projekt aufzusetzen, rein technologisch, unendliche Daten, Breitband nannte sich das in den 80er, 90er Jahren, um die Welt zu schicken. Und letztendlich ist ein Flug entstanden von Berlin nach Japan, wo dort Bundeskanzler und japanischer Präsident in einer großen Show dann mit der Telekom zusammen den Flug mit beobachten konnten. Mit wahnsinniger Materialschlacht, mit einem gigantischen Aufwand zu der damaligen Zeit. Und heute ist das Ganze tatsächlich in Google Earth geendet. Man sagen kann, mit kleinem Equipment, mit einem Smartphone ist das heute alles sehr einfach machbar, was wir in den 90er Jahren bereits schon umgesetzt hatten. Und was uns getrieben hat zu sagen, das war unmöglich und das reizt uns. Und genau das ist heute auch immer noch der Fall. Natürlich verwenden wir sehr viel auch vorhandenes, was man am Markt verfügen kann. Aber uns reizt auch immer etwas über die Grenzen zu gehen. Kein Mensch will mit Technologie überworfen werden. So einfach zu vermitteln, dafür brauchen wir natürlich auch Gestaltung, um das Unmögliche in den Raum zu transportieren und den Menschen als Erlebnis darstellen zu können.

Matthias Weigert: Wie geht ihr konkret vor, auch um Bedürfnisveränderungen, zum Beispiel bei Menschen, die ihr benötigt? begeistern wollt, zu verstehen. Wie stellt ihr euch auf die Unterschiedlichkeit ein? Ihr seid international unterwegs, aber wie kriegt ihr diese Verbindung hin zwischen dem, was Menschen begeistert und dem, was die Technologie bietet?

Andreas Wiek: Technologie darf niemals auffallen. Im Raum musst du immer das Gefühl haben, ich habe Dinge, die ich anfassen kann. Es ist bei uns sehr haptisch. Du kannst viel berühren, du kannst viel erleben und die Technologie ist im Hintergrund. Auch wenn sie wahnsinnig komplex ist, Serverräume mit 50 verschiedenen Rechnern bestückt sind, darf das niemals auffallen. Der Mensch muss, ob er sechs oder acht Jahre alt ist oder 80 Jahre alt ist, sich in dem Raum wohlfühlen und nicht Sorge haben, Angst haben und verschreckt sein. Das ist sicherlich die größte Aufgabe überhaupt, gestalterisch oder konzeptionell die Menschen näher zu bringen, neugierig zu machen, an Inhalte herangehen zu wollen. Die zweite Thematik, die wir auch ein Stück weit lernen mussten, sind verschiedene Kulturen. Also wir sind sehr stark im arabischen Raum unterwegs. Wir sind auch teilweise im asiatischen mit Projekten behaftet und natürlich auch im europäischen. Aber selbst im europäischen Umfeld, auch wenn der Unterschied nicht wirklich groß ist, aber aus der Kultur der Vergangenheit heraus, sind denen vielleicht etwas doch anders, als es wir hier in Deutschland alleine erleben. Oder wir haben in den Niederlanden ein großes Projekt gemacht. Dort ist man sehr viel derber. Wenn man über Viren und Bakterien redet, wurde darüber diskutiert, ob man auch Kot eines Hundes mit präsentieren kann, der sich täglich verändert. um ein Beispiel zu bringen und dann zu zeigen, was passiert da bakteriell. Und wir sagen dann, ah, das ist aber nicht wirklich europäisch oder international, also irgendwo musst du auch ein bisschen vorsichtig sein. Oder sie wollten an die Wand spucken lassen, alle Besucher, damit die jederzeit auch sehen können, was passiert denn da nach fünf Tagen, wenn alle an die Wand gespuckt haben. Wir haben gesagt, es gibt bestimmte Grenzen, die sind doch für uns sehr schwierig und haben sie überzeugt, nicht so weit zu gehen. Aber da sieht man auch, das sind kleine Beispiele, dass der Unterschied, wie würde ich ein Museum inszenieren, wie würde ich damit umgehen, auch selbst in Europa schon sehr unterschiedlich ist. Diese Kulturen, diese Menschen, diese Altersgruppen natürlich zu bedenken ist eine große Aufgabe. Wenn es dir gelingt, bist du natürlich glücklich. Also das Dänische Landesmuseum hatte vorher 12.000 Besucher und hat jetzt 150.000 pro Jahr. Es ist sogar ein Hotel entstanden. Wir sind sehr stolz, dass sich Infrastruktur aus einem Museumsbereich heraus jetzt auch schon entwickelt. Aber nicht immer gelingt es natürlich jederzeit so viele Menschen mitzunehmen.

Matthias Weigert: Hast du vielleicht noch ein konkretes Beispiel, wo Technologie zwar sehr stark eingesetzt, aber doch wieder im Hintergrund ist?

Andreas Wiek: Ich glaube, das einfachste Beispiel ist in Berlin. Vor zwölf Jahren die Öffnung des Museums für Naturkunde. Das sind ja ganz, ganz viele Kinder. Du gehst in den ersten Raum rein, den Saurierraum, und dort befinden sich Fernrohre. Wenn du durch diese Fernrohre blickst, siehst du den Saurier, wie er in dem Saal steht. Bewegst du dieses Fernrohr, fängt dieser Saurier an, sich ebenfalls zu bewegen in seiner damaligen natürlichen Umgebung. Der befleischt sich, findet sich wieder in einem pflanzlichen oder tierischen Umfeld und ist, soweit es die Wissenschaft damals sagen konnte, aufgebaut worden. Übrigens war mir noch nicht klar, dass man nicht viel über Saurier weiß. Also vieles ist tatsächlich auch noch Fantasie. Aber versucht, Worten in dem Gesamtkontext in seiner natürlichen Umgebung umzusetzen. Also Technologie in diesem Fernrohr, was du gar nicht mitkriegst. Du guckst in dieses Fernrohr rein, siehst diesen Saurier. Für alle, die nicht ins Fernrohr gucken können, weil sie zu klein sind, Behinderung haben oder ähnliches, gibt es links daneben einen riesen Bildschirm, wo du das Gleiche ebenfalls nachempfinden kannst. Sodass immer die Gruppe auch das, was der andere macht, miterleben können. Da würde ich sagen, da merkst du nicht, dass es wirklich Technologie im Hintergrund ist. Es endete übrigens tatsächlich auch noch in einem Patent und trotzdem sehr, sehr einfach machbar war, dieses Inhaltliche zu transportieren, den Saurier dir zu zeigen, lebhaft zu machen, erlebbar zu machen.

Matthias Weigert: Also ist das, würdest du sagen, eine Form von Augmented Reality, was da im Vorfeld schon eingesetzt worden ist? Oder ist das noch etwas anderes? Lässt sich das irgendwo einsortieren in diese Definitionen?

Andreas Wiek: Alleine jetzt, wie wir Ausstellungen umsetzen, würde ich das nicht nur mit einem Format begründen. Augmented Reality setzen wir tatsächlich seit über 20 Jahren ein, weil das ein wunderbares Mittel ist. Heutzutage gehst du mit deinem iPad in den tatsächlich physischen Raum und kannst virtuelle Dinge oder vergangenheitsbezogene Dinge hinzuaddieren. Du siehst, wie früher der Raum gestaltet war oder du stellst den Raum mit neuen Möbeln voll, um einfachste, primitivste Beispiele zu machen. Das machen wir schon seit über 20 Jahren. Das ist sicherlich richtig. Augmented Reality ist ein großes Thema. Aus unserer Sicht auf jeden Fall. Auch ein großes Zukunftsthema. Aber eben auch andere Technologien würde ich nicht alleine nur dahinter verstecken wollen. Wir haben Inhalte, die wir über Smartphones in Räume transportieren können oder wieder mitnehmen können, Technologien entwickelt. Wir haben digitale Tische zu einer Zeit entwickelt, als es die noch gar nicht gab, wo du x-beliebig großen Tischformaten, Inhaltlichkeiten spielen konntest, Geschichte, Inhalte wiedergeben konntest. Also ich denke, verschiedene Formate zu entwickeln und immer wieder weiterzuentwickeln, ist das große Thema.

Matthias Weigert: Super, jetzt hast du ja schon sehr lange dich auch mit dem Thema Technologie, nicht nur mit dem Thema Mensch beschäftigt. Wie hat sich Digitalisierung verändert? Wie hat Digitalisierung auch in unserem Umfeld Dinge verändert? Gibt es da Aspekte, die dir besonders im Kopf sind, wo du sagst, das sind starke Veränderungen, die vollzogen worden sind?

Andreas Wiek: Wir erleben das ja alle in unserer normalen Altersumgebung. Die letzten 20 Jahre haben grundsätzlich Veränderungen gegeben. Es ist alles wesentlich selbstverständlicher geworden. Wenn man sich überlegt, dass man vor 12 Jahren überhaupt gar kein Smartphone hatte und geht jetzt völlig selbstverständlich damit um und wundert sich, wenn andere Menschen dieses gar nicht erst haben. Ich versuche das immer zu vergleichen. Das erste Telefon auf der Welt, wie viele Jahrzehnte es gebraucht hat, sich durchzusetzen. So hat natürlich das Internet uns extrem getrieben oder auch digitale Medien extrem getrieben. Was wir aber in den 90er Jahren geglaubt haben, dass die Revolution einsetzen wird und kein Mensch mehr mitlaufen kann und die ganze Welt sich nicht nach rechts, sondern nach links rumdreht, ist auch nicht eingetreten. Und das Gleiche glaubt man nunmehr auch mit der sogenannten digitalen Transformation, Industrie 4.0, was alles erzählt wird. Die ganze Welt wird sich nunmehr wahrscheinlich wie eine Scheibe durch den Orbit schießen lassen. Und auch das wird sicherlich, wenn wir das in 20 Jahren betrachten, etwas anders auflösen. Aber natürlich haben wir eine, ja, es wird davon gesprochen, digitale Revolution ein Stück weit, in der wir uns selbst alle befinden, die wir teilweise mitmachen, erlebt schon und erleben sie immer noch und begleitet uns permanent. Es ist, glaube ich, schwer auszumachen, zu sagen, vor 30 Jahren sind wir oder 10 Jahren nochmal Fahrrad gefahren und jetzt gibt es E-Fahrzeuge und demnächst sind die alle vernetzt. Das ist so ein Prozess, den wir schleichend mitmachen. Und jetzt hat, keine Ahnung wie viel, 10, 15 Prozent der Menschen haben schon ein E-Fahrzeug. Das war auch vor 15 Jahren nicht denkbar. Das ist nicht alleine nur digital. Aber diese Veränderungsprozesse, über die wir nachdenken, ob das der Individualverkehr ist, das Benutzen von digitalen Medien sind, ist parallel sehr stark, gerade in der Diskussion. Und ich glaube auch, dass sich in den nächsten 10, 20 Jahren wahnsinnig viel mehr noch verändern wird als in den letzten 20 Jahren.

Matthias Weigert: Da vielleicht jetzt nochmal ein Haken. Du hast gesagt, du bist neugierig. Ich habe viel auch früher geforscht zum Thema Future of Work. Da hat mir mal ein Zukunftsforscher gesagt, wir werden nicht mehr aus der Vergangenheit Trends fortschreiben können, sondern wir müssen eigentlich anfangen, aus der Zukunft zu lernen, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Was ist das aus deiner Sicht, wo hat deine Neugier dich hingetrieben? Was würdest du sagen, sind Trends, die wir erwarten? aus der Zukunft lernen werden, um einfach auch uns da ein Stück anzupassen, vielleicht schon daran zu orientieren. Vielleicht wird es auch gar nicht eintreten, wie du ja auch sagtest schon. Aber was sind da so Dinge, die bei dir im Kopf sind?

Andreas Wiek: Ich glaube, man muss seine Ängste zur Seite legen. Und ich finde, was dieser Zukunftsforscher gesagt hat, hat eine Menge Wahrheitsgehalt. Die Strategie wird in der Zukunft gemacht. Ich kann dir heute sagen, was an Veränderungen bei der Artcom in den letzten zehn Jahren passiert ist. Und vor zehn Jahren hätte ich dir nicht sagen können, wo wir heute ankommen. Das ist nicht so, dass ich dir heute sagen kann, wo landen wir in fünf Jahren. Das wäre auch wahnsinnig vermessen. Aber die Neugier auf neue Themen und die Angst, gleichzeitig komplett wegzunehmen. Schönes Beispiel, glaube ich, Blockchain. Großes Thema vor wann? Zwei Jahren? Fünf Jahren? Beginnend sieben, acht Jahren? Kryptowährungen schossen wie die Wahnsinnigen durch den Himmel und haben Wachstumsraten gehabt. Es war abenteuerlich. Mitarbeiter bei uns haben tatsächlich auch welche gekauft für 2.000, 3.000 US-Dollar, die dann plötzlich 15.000 wert waren. Wir haben uns alle vielleicht auch tatsächlich gewundert. Und gleichzeitig ja mit erstaunlicher Kenntnis genommen, wird es eine Weltwährung geben, Fragezeichen? Wird es eine Veränderung der Technologie grundsätzlich für uns alle geben? Und plötzlich gefühlt hat es fast keine Bewandtnis. Und trotzdem wird irgendwas davon übrig bleiben, aus diesem Gedanken heraus, der Veränderung und hat uns ein Stück weit aufgelöst. auch mitgenommen in die Veränderung. Wir dürfen keine Angst davor haben. Wir müssen es versuchen zu begreifen. Wir müssen es anfassen. Wir müssen auch mitarbeiten in diesen Themen. Das treibt Artcom auf jeden Fall, ohne dass ich sagen möchte, dass wir nur begeisterte Blockchain-Programmierer sind. Das kann man überhaupt nicht sagen. Wir sind eher die, die mit allergrößter Skepsis reingegangen sind, aber trotzdem gesagt haben, verschließen können wir uns nicht, auch wenn wir keine Freunde davon sind. Ich glaube, das ist genau das Moment, um zu sagen, nimm offen mit, was du gefühlt heute schon fühlst, was passieren wird und kann. Öffne dich diesen Themen und gehe hinein ohne Angst und Schrecken und versuche zu extrahieren, was dann vielleicht dich begeistert und was du glaubst, dass du selber tatsächlich auch leben möchtest und kannst. Verbiege dich nicht so sehr wie immer im Leben mit all diesen Themen, auch in der Technologie nicht. Nimm nicht Dinge mit, nur weil alle Leute sagen, du musst jetzt Brille tragen und VR machen, wenn du es nicht magst. Setze es dort ein, wo es du für sinnvoll hältst.

Matthias Weigert: Hast du, wenn wir gemeinsam nochmal so einen Schritt in die Zukunft gehen, konkrete Trendbeispiele auch, wo du sagst, da haben wir heute noch viel zu wenig drüber nachgedacht, was sich durch neue Technologien verändern wird, aus euren Forschungsbereichen heraus oder der Kooperation auch mit Unternehmen, für die ihr Projekte umsetzt?

Andreas Wiek: Ich finde es ja immer wieder interessant zu sagen, was sind denn überhaupt neue Technologien? Das erste Fahrzeug war ein Elektrofahrzeug. Künstliche Intelligenz ist in den 60er Jahren beschrieben worden. Ist es neu? Ist es nicht neu? Ich glaube, wir lernen Dinge, die es schon ewig gibt oder gab, mit der heutigen Geschwindigkeit, die uns zur Verfügung steht, mit Hardware, die uns zur Verfügung steht, neu zu beherrschen und neue Wege zu gehen. Was ist Vernetzung? Das gab es vor 20 Jahren schon. Wir haben über dieses Thema der Vernetzung in den 90er Jahren alle miteinander diskutiert und relativ wenig gemacht und jetzt kommt es. Ja, ich glaube sehr stark an das Thema der Vernetzung und ich glaube auch sehr stark an das Thema KI. Das wird mit Sicherheit sehr starken Einfluss auf uns alle nehmen, ganz klar. Ob Sensoriken, ob Lautsprecher oder andere Dinge, Smart Home, Smart City. Wir reden seit 20 Jahren über diese Themen und sie kommen sehr schleichend. Wer kann heute seine Heizung, wenn er dann in Katar Urlaub machen würde, zu Hause so einstellen, dass ich nach Hause kann und es wird warm? Primitives Beispiel. Wie viele Leute können das? Oder kann ich meine Waschmaschine nachts um zwei Uhr so getaktet laufen lassen, dass der Strom für mich vielleicht billiger ist? Ganz primitive Beispiele sind heute erstaunlicherweise tatsächlich immer noch sehr schwer umsetzbar. Also Leute, die in der Technologie sehr stark behaftet sind, werden sich das genau persönlich basteln. Aber dass ich das von der Stange nehmen kann, ist noch nicht wirklich gegeben. Welches selbstfahrende Fahrzeug, obwohl es wahnsinnig viele Feldfahrzeuge gibt, gibt es denn, Fragezeichen, in Berlin? Nicht eins. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mein Smartphone einfach nehme, ich habe ein bisschen zu viel getrunken oder eh auch kein Auto und der soll mich nach Hause fahren, dann würde ich sagen, wann kommt das? In 20 Jahren? In 18 Jahren? In 15 Jahren? Es wird kommen, aber wann? Es wird in der Politik darüber diskutiert und da gibt es hunderttausende von Beispielen, dass wir E-Fahrzeuge brauchen und in Berlin hat die BVG gerade 200 Dieselbusse angeschafft. Also was ist neue Technologie und alte Technologie? Wie ehrlich sind wir miteinander? Wie ehrlich gehen wir miteinander um? Das ist ein wahrscheinlich schnellerer Prozess, als es im Jahre natürlich 1920 gab. Aber es ist immer noch ein Prozess, der sich langsam verbreiten muss und Menschen mitnehmen muss und Jahre dauern wird. Ich glaube nicht daran, dass es so schnell ist, wie alle Leute behaupten. Wir müssen viel tun, aber wir müssen uns auch nicht überholen.

Matthias Weigert: Perfekt, dann nochmal vielen Dank auch für den ersten Block, so ein bisschen zusammengefasst. Analog und digital, digital auch eher im Hintergrund. Technologietrends gibt es verschiedene, sie sind schon lange da, sie entwickeln sich und wir müssen uns einfach angstfrei diesen neuen Trends auch nähern und schauen, dass wir die dann in unsere Welt jetzt und auch ins Morgen applizieren. Einstimmend nochmal so ein bisschen jetzt auf das Team von Artcom zu kommen. Ich hatte eben schon das Vergnügen, hier einmal durchzugehen mit dir gemeinsam. Das ist natürlich die Frage, weil unser Thema ja auch Mensch und Digitalisierung ist. Wer steckt hinter Artcom? Was für Menschen habt ihr? Du hast schon mal grob die drei Blöcke genannt, aber was sind da konkret für Menschen dahinter, für Profile dahinter?

Andreas Wiek: Es hat sich sicherlich professionalisiert in den letzten vielleicht zehn Jahren. Ursprünglich sind wir aus der Lust heraus entstanden. Der Chaos Computer Club ist ein großes Thema bei uns gewesen, Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre, weil viele Entwickler aus diesem Bereich herauskamen. Dort wird ja nicht wirklich nur profan einfach Geld verdient, sondern dort wird mit Lust Technologie getrieben, experimentiert, diskutiert. Und sicherlich manchmal auch ein bisschen provoziert. Vielleicht ist das auch natürlich innerhalb einer professionellen Umgebung wird man nicht so viel provozieren können. Aber bis heute ein Stück weit auch unsere Beweggründe gewesen. Menschen, die zu uns kommen, kommen wegen unserer Themen, glaube ich, zu uns. Hoffentlich wegen uns. des Teams zu uns. Wir mussten Entwickler jetzt aktuell einstellen, noch mehr Projekte. Einige haben uns sogar verlassen, unüblicherweise. Und es war möglich. Wir haben am Markt sehr viele neue Menschen finden können, die uns auch gefunden haben und sind jetzt mehr Programmierer, Entwickler als jemals zuvor. Und man sagt heute findest du gar keinen. Ich glaube, diese Neugier, auch bei uns mit unseren Auftraggebern neuartig in die Zukunft blicken zu können und verschiedenste, ganz andere Projekte umsetzen zu können, findet sich zusammen in diesem Team. Das sind sehr unterschiedliche Menschen, die man nicht als Profil hundertprozentig definieren kann. Der Biologe, der bei uns ist, ist natürlich nicht Biologe. Der ist erstaunlicherweise jetzt in der Systemadministration und teilweise Projektleiter. Der Fotograf ist, der inhaltliche Themen aufarbeitet, aber hauptsächlich im Business Development arbeitet und draußen in der ganzen Welt rumreist, viele Menschen kennt und netzwerkt. Und ich glaube, genau diese Vielschichtigkeit, dass jeder sich hier neu versuchen kann zu finden zu erfinden, macht dieses Team so speziell. Dass sie alle hoch ausgebildet sind, das ist die eine Geschichte, aber ich glaube die Neugier, sich nochmal neu erfahren zu können innerhalb seiner Bandbreite, die man gerne hat. Wenn ich jetzt Gestalter bin, gibt es eine riesige Bandbreite von Gestaltung. Vielleicht finde ich aber hier ein spezielles Segment oder kann meine Neugier weiter befriedigen. und das glaube ich hat viel viele Menschen nicht nur hierher geführt, sondern auch viele Jahre hier sein lassen. Auch das Netzwerk von Menschen, die mal bei uns waren, ist immer noch da, weil die kommen immer wieder gerne. Dass man sagt, das ist schon eine ganz große Community, die experimentiert, Du musst angstbefreit sein, weil du einfach sagen musst, ja, es gibt jetzt eine neue Software, die will ich jetzt probieren. Oder wir nehmen im Moment Game Software auch noch hinzu, indem wir viel mit ihr experimentieren. Das heißt für viele Menschen hier einfach mal immer wieder neu lernen, weitermachen. Das, glaube ich, treibt auch viele dieser Menschen hier.

Matthias Weigert: Jetzt habt ihr diese drei Bereiche, den Entwicklungsbereich, Gestaltungsbereich, Projektmanagement. Welche Kompetenzen sind da zusätzlich noch notwendig, auch um dann Projekte in dem Gesamten umzusetzen?

Andreas Wiek: Wir arbeiten sehr stark mit Partnerfirmen zusammen. Da ist auch ein extrem großes Netzwerk. Ob es Architekten sind, sogar Projektsteuerer, ergänzende Menschen, die im analogen Bereich sehr stark unterwegs sind. Also wir sagen Szenografie. In der Storyentwicklung eines Museums uns helfen. in der Materialität uns helfen. Vieles von dem, was wir ganzheitlich anbieten, setzen wir mit Partnern um. Das haben wir nicht alles und können nicht alles vorhalten allein hier. Wir sind tatsächlich sehr stark fokussiert auf die mediale Übersetzung von Inhalten und versuchen dann punktuell unsere Partner, mit denen wir schon sehr lange zusammenarbeiten, auch sehr vertrauensvoll zusammenarbeiten, hinzuzuziehen. Du brauchst, wenn du in diesem Umfeld unterwegs bist, sehr viel Vertrauen zueinander. Weil im internationalen Kontext, da muss man nicht viel erzählen, das ist schon sehr anstrengend. Mitunter wird dann eine Zahlung ein Jahr lang offen gehalten oder es wird dir nicht gesagt, der arabische Raum kann niemals Nein sagen, warum jetzt gerade nichts stattfindet. Du musst es versuchen herauszufinden etc. pp. Und es kann eine Menge Irritation geben, wenn du nicht schon seit vielen Jahren gemeinsam solche Erlebnisse hattest, die immer übrigens positiv enden. Also wir haben noch niemals irgendwas Negatives gehabt. Aber es gibt immer schon so Schwächeperioden. Und wenn deine Partner dich verstehen und sagen, ach, wir sind genauso gut drauf wie du auch, wir machen das schon, wir kriegen das hin, wir vertrauen dir, dann kannst du ganz viel mit Menschen auch in die Zukunft gehen. Und da haben wir ganz viele von, auch in unserem Umfeld.

Matthias Weigert: Ich würde gerne da nochmal drauf eingehen, weil ich das vorhin auch gesehen habe, diese interdisziplinären Teams. Wie stellt ihr die zusammen? Worauf achtet ihr, wenn ihr so ein Team gestaltet? Gibt es da irgendwas, was besonders ist?

Andreas Wiek: Ich glaube, das startet wie immer. Erstmal kennenlernen, was ist das Thema, was ist die Herausforderung, was gilt es tatsächlich zu übersetzen. Das beginnt klassischerweise mit nicht nur Kennenlernen gemeinsamer Art des Auftraggebers und uns, sondern mit Workshops, mit Lernen. Wir haben ein ganz großes Thema der Nachhaltigkeit vor zehn Jahren gehabt, wo wir mit Wissenschaftlern zusammengearbeitet hatten und Instituten, wo tausende von Seiten versucht wurde, uns zu vermitteln, Oder wir sind jetzt gerade an dem Museum der Zukunft, dem Futurium in Berlin, in der Umsetzung, die im September öffnen werden. Wo wird in Zukunft die Energie herkommen? Aus dem Weltall? Mit großen Spiegeln. All diese Themen haben wir alle schon mal gehört, aber mit diesen Themen musst du dich dann auseinandersetzen. Und hier wirst du dann auch, nachdem du gelernt hast, was musst du eigentlich mitbringen, um dieser großen Aufgabe, Aber standhalten zu können, bist du auf dem Wege, den du gehst, dann dabei, dir auch deine Leute zusammenzusuchen, die du vielleicht nicht nur alleine in deinem Unternehmen hast. Also du brauchst Wissenschaftler, du brauchst Kuratoren, du brauchst Moderatoren, du brauchst spezielle Programmierer für spezielle Lösungen, mitunter natürlich genauso wie Gestalter, die in dem Raum aktiv sein können. Und auch im Lieferantenumfeld gibt es Skulpturen, Umsetzungen, die so speziell sind, dass du Statiker brauchst, um sie berechnen zu können, wenn 20 Menschen sich ranhängen, fällt es um oder fällt es nicht und was passiert. Und da war dir vorher nicht klar, dass du einen Statiker brauchst. Dann suchst du den Statiker, der ist dann in Stuttgart sitzen. Also daher, wir brauchen viel Ton. Das heißt, wir haben auch Menschen, die tatsächlich nicht nur in Lage sind, neue Musik zu programmieren. Ja, auch den Raum ganz anders zu begleiten, passend zu den Projekten, die wir haben. Wenn wir bei BMW Dinge umsetzen, muss es natürlich auch in dem Raum ein entsprechendes Raumgefühl geben. Du gehst dort rein und kannst dich nicht der Nachbar mit Schall überwerfen. Also der Raum selber muss natürlich auch gestaltet sein, auch vom Ton her. Und wenn du dort Musik mithören willst, muss es natürlich auch eine Beschallung geben, die funktioniert. Das sind auch nicht alleine wir, aber das sind auch unsere Partner. Wir finden dann für die jeweiligen Lösungen, die gebracht werden müssen, die richtigen Partner. Und dadurch, dass wir eben schon seit 31 Jahren unterwegs sind, haben wir auch ein riesiges Netzwerk, die uns im Zweifel weiterhelfen, wenn wir auch dann etwas ratlos sind. Wo finden wir denn jetzt den Statiker?

Matthias Weigert: Das heißt also auch die interdisziplinären Teams, die hier vor Ort arbeiten, nutzen eben euer Netzwerk, sind Netzwerker selber, um entsprechend auch die Lösung zu erarbeiten, um die es dann konkret geht.

Andreas Wiek: Intern, um darauf nochmal zurückzukommen, der Programmierer gemeinhin immer gerne auch der Nerd genannt, die sie bei uns nicht sind, weil sie wirklich unglaublich nette, sympathische Menschen sind, die sehr gut kommunizieren können. Aber der doch sehr extrovertierte Gestalter, der sehr gerne auch auf der Bühne steht, das sind sicherlich Teams, die sich finden müssen. Das ist gut gelungen. Und die dann aber auch bereit sein müssen, Externe mit bei sich hinzuzunehmen und zu integrieren. Du kannst nur funktionieren, wenn die Reibungsverluste möglichst gering sind.

Matthias Weigert: Inwieweit wächst so eine Kultur als Unternehmenskultur und inwieweit wird die so ein bisschen auch geprägt durch dich, durch andere, die schon lange da sind? Wo sind Grenzen? auch, wo du sagst, da muss man darauf achten, dass wir immer auch wieder die Richtigen haben, vielleicht unterschiedliche, aber Richtige? Inwiefern wächst das? Wie stark ist es vorgegeben?

Andreas Wiek: Ich glaube, du musst gar nicht viel korrigieren. Du musst leben und du musst ehrlich sein. Du musst fair sein und du musst bereit sein, verantwortlich oder auch Verantwortung abgeben zu können. Und du musst das auch alles vorleben. Wenn du so bist, wie du bist und das schaffst, tatsächlich zu bleiben und nicht jetzt Dinge zu versprechen, die du gar nicht halten kannst. Schwierige Dinge auch zu formulieren. Wir haben ein wahnsinnig schwieriges Jahr, aber das kriegen wir schon irgendwie hin. Das muss man genauso ausdrücken können, wie ist es sensationell gut gelaufen. Oder du bist einfach ein toller Typ. Das sind so Momente, die nicht immer natürlich auch mir gelingen, aber ich glaube schon, dass man, wenn man ein ganz, ganz starker Bestandteil eines Teams ist und das genau vorlebt und keine großen Attitüden hat und sich versucht, auch gemeinsam weiterzuentwickeln, da brauchst du mir eigentlich gar nichts zu tun. Menschen, unsere sowieso Teams, spüren es sehr schnell und geben dir das zurück. Mit Druck zu arbeiten, mit Angst zu arbeiten, das ist alles irgendwie gefühlt nie notwendig gewesen, so gestrig wie nur irgendwas. Nein, nein, lass es halt einfach laufen und lass einfach Menschen vollständig alleine, sie werden das schon tun. Also du brauchst überhaupt keine Sorge zu haben. Ich habe niemals Sorge, dass es nicht funktioniert. Und ich habe höchstes Vertrauen zu allen. Und das geben sie auch immer wieder zurück.

Matthias Weigert: Jetzt hast du mir gesagt, dass ihr auch in der Hierarchie sehr, sehr wenig unterscheidet. Ihr nutzt keine Titel zum Beispiel in den Visitenkarten. Unterschiedlich seid ihr in dem Team, das das führt innerhalb der Artcom.

Andreas Wiek: Ja, sehr unterschiedlich. Wenn man das juristisch ausdrückt, sind wir zwei Vorstände. Einer hat Artcom mitgegründet und ist weltbekannt, würde ich sagen, Professor Sauter. Der ist für die gesamte Gestaltung verantwortlich. Das ist nicht wirklich mein Thema. Wir haben jemanden noch im, wir sagen, CTO dazu, im Technikbereich, der die gesamte Mannschaft führt. Der ist natürlich technisch. technologisch stärker unterwegs. Wir haben jemanden in der Geschäftsleitung, der für die Gesamtorganisation mitverantwortlich ist, für die ganzen Projektleiter, für die Inhaltler und die Konzepte. Und letztendlich mich. Ich versuche, das ganzheitlich zusammenzuhalten, aber eben auch wahnsinnig viele Netzwerke extern, neu immer wieder zu bilden, zu finden, Menschen zu finden, zusammenzuhalten. Das ist, würde man heutzutage sagen, vielleicht indirekte Akquise auf der einen Seite. Darüber finden wir natürlich auch Projekte. Auf der anderen Seite aber auch Menschen, neue Ideen, Konstellationen, Forschungsaufträge, die wir auch im Hause haben. Und so ergänzen wir unsere verschiedensten Disziplinen bis hin, dass ich natürlich das klassische Werkzeug eines Kaufmanns habe mit einer Finance-Abteilung, die ich dann auch begleite und versuche natürlich auch so ein bisschen zu coachen, soweit es mir gelingt. Ich würde immer wieder sagen, die meisten Menschen sind in ihrer Einzeldisziplin besser, als ich es jemals alleine sein könnte. Also ob bei uns die Bilanzbuchhalterin überlegen ist, genauso wie es der Gestalter ist. Es gilt, gemeinsam uns zusammen als Team so zu verschweißen, dass man keine Vorbehalte vor der anderen Disziplin hat. Dass vielleicht Designagenturen dann sagen, dieser kaufmännische Bereich ist erschrecklich, genau das musst du ausräumen. Und wenn du schaffst, dass alle gerne miteinander zusammenarbeiten und Lust aufeinander haben, dann kriegst du auch dieses Interdisziplinäre viel besser zusammen. Das ist natürlich eine Aufgabe, eine große Aufgabe, die wird nicht immer gelingen, aber der stellen wir uns eigentlich auch täglich.

Matthias Weigert: Jetzt vielleicht abschließend auch nochmal zu diesem Blog. Wir haben beim ersten Blog auch nochmal so ein bisschen die Zukunft geguckt. Wir selber gucken auch so ein bisschen, was sind die Kompetenzen, die du brauchst im 21. Jahrhundert. Würdest du sagen, was ist so die Zukunft, was Menschen auf jeden Fall mitbringen sollten, um auch zukünftig einfach an spannenden Aufgaben zu arbeiten? Gibt es da so eine Beobachtung, wo du sagst, da ändert sich was oder da ist sie halt doch gleich?

Andreas Wiek: Naja, das Gemeinde hat seine Geschichte, dass sich in den letzten 100 Jahren oder vielleicht auch 1000 Jahren nichts geändert hat. Irgendwie ist es zwar schneller geworden, aber auf jeden Fall muss die Neugier mitbringen. und Bildung. Wir werden leider auch weltweit wahnsinnig viele Menschen abhängen, die nicht die Chance zur Bildung haben. Das ist ja nicht nur ein deutsches Thema, sondern wir haben ja internationale Themen. 7 Milliarden, demnächst 10 Milliarden Menschen, wo es um ganz, ganz andere Themen geht, nicht nur des Überlebens, sondern der Ernährung. Wir haben das jetzt aktuell gerade mit einer riesigen Klagewelle in Amerika zu tun, Monsanto und Ähnlichem. Das betrifft ja nicht nur uns alleine, sondern es betrifft uns alle. Und ich bin zutiefst von überzeugt, je mehr Bildung wir schaffen, in jede Kultur hineinzubringen, desto eher wird die Aufklärung gelingen, dass Plastik oder andere Themen sicherlich nicht wegweisend für die Zukunft sein werden. Und das Gleiche betrifft auch kleinere Ökosysteme, wie die in die Art kommen, dass wir auch nur, wenn wir neugierig bleiben und auch bereit sind, uns weiterzubilden, auszubilden in der Zeit, in der wir zusammenarbeiten, also jetzt nicht in einem Studium, sondern auch danach, dass wir dann auch eine hohe Chance für die Zukunft haben, was immer Zukunft sein mag. Es wird immer digitaler. Das ist ganz klar. Es wird vielleicht aber auch immer leichter zu benutzen sein. Es wird offener. Es werden viel mehr Menschen teilhaben können. Es werden aber auch viele Menschen nicht teilhaben. Alleine wenn wir das in Deutschland betrachten, sind wir wahrscheinlich auch schon mit 30, 40 Prozent der Menschen, die gar nicht mehr mitmachen können. Kann es jeder 70- oder 80-Jährige tatsächlich teilhaben? Ich sehe das an meinen Schwiegereltern. Können die? Nein, sie können es nicht über Booking.com heute eine Reise buchen. Und da wundern wir uns alle, dass es nicht machbar ist. Sie sind 80 und können keine Reise buchen. Sie brauchen ein Reisebüro. Diese Veränderung, die nimmt unheimliche Geschwindigkeit an. Ich mache mir keine Sorgen um uns hier, weil wir Menschen sind, die das in sich haben und spüren. Aber natürlich insgesamt für uns alle wird es große Herausforderungen in den nächsten 10, 20 Jahren geben. Das glaube ich schon. Menschen mitzunehmen und Menschen auch dahin zu führen und auch in die Bildung zu bringen. Das ist, glaube ich, das größte Thema für uns alle weltweit. Große Aufgaben, die wir schon vor 22 Jahren hatten, die wir aber immer noch haben und die nicht gelöst sind.

Matthias Weigert: Befasst ihr euch aktuell mit einem dieser Bildungsthemen? Ist das eins eurer Projekte möglicherweise?

Andreas Wiek: Nein, direkt Bildungsthema. als Bildungsthema, glaube ich, haben wir zurzeit. Ja, wir haben einige Forschungsprojekte, wo wir künstliche Intelligenz im Alterswesen gestalten, Aber wir haben auch im Umfeld viele Diskussionen mit vielleicht zukünftigen Auftraggebern, Indien, China, wo du schon merkst, krass, da hast du 30 Prozent Andalphabetismus, was ich zum Beispiel gar nicht wusste. Bis vor zwei Jahren gab es in Indien bei 1,2 Milliarden Menschen, glaube ich, nur 25 Millionen Mobilfunkgeräte. Das heißt also, kein Bauer hat dort eine Möglichkeit zu telefonieren. Das sind die Berührungen, die wir fühlen und spüren, indem wir auf verschiedenen Märkten unterwegs sind und doch die Unterschiedlichkeit feststellen. All das, was wir hier denken, natürlich auch gemacht werden muss. Auch wir müssen an die Umwelt denken, aber in vielen Kulturen einfach noch ganz weit, wirklich 30, 40 Jahre zurück sind. Wenn Autos gebaut werden, über die wir hier schimpfen, Ländern, die wie 1950 in ihrer Technologie immer noch genauso ausgestattet sind, der Bus, den wir aus Afrika kennen, auch noch so vom Band rollt wie vor 60 Jahren, dann sind es große Themen, die wir, weil wir diese Projekte international haben, natürlich mit ins Haus gespült bekommen. Nicht alleine nur die Themen, die uns hier gerade in Deutschland bewegen, sondern darüber hinaus.

Matthias Weigert: Perfekt, ja. Vielen Dank auch nochmal für die Einblicke in die internen Strukturen von Artcom, interdisziplinäre Projektteams, Kultur, die sich aus innen heraus entwickelt und auch nicht zuletzt die Zukunftstrends, Kompetenzen, Neugier und Bildung, die du ja sehr, sehr eindrucksvoll bewiesen hast oder gezeigt hast. Jetzt am Schließen noch drei Fragen, die ich immer stelle. Die erste geht auch tatsächlich in das Thema Bildung. Wie bleibst du digital? Wie Wie erhältst du dich aktuell? Neugier ist ja ein Thema, das sich durchzieht. Aber wie bleibst du digital? Wie bleibst du an den Trends?

Andreas Wiek: Ich habe ein unglaublich tolles Umfeld von wahnsinnig jungen Menschen, die mich treiben. Und ich muss gucken, dass ich mit ihnen mitkomme. Egal, was es für Trends gibt, ob sie jetzt die neuesten Fahrradtrends hat. Ich sag mal, vor sieben Jahren GPS auf dem Fahrrad, was heute natürlich schon ein alter Hut ist oder ähnliche Dinge. Es sind immer wieder neue Themen, die hier reingetragen werden durch diese Menschen hier. Auch meine persönliche Neugier treibt mich dazu, dass ich diese Trends versuche, mal selber mitzumachen. Ich habe selber Lust. Ob ich der Erste war, der ein Smartphone gekauft hat oder andere Dinge heute passieren, das hat sich nicht geändert. Aber wie gesagt, ich habe auch ganz großes Glück, dass ganz viele Menschen mir zur Seite stehen.

Matthias Weigert: Also aus Netzwerken heraus, aus dem privaten Umkreis, aus Mitarbeiterstudien, also einfach Impulse ausfinden.

Andreas Wiek: Also was wir technologisch hier auch durch unsere Forschungsprojekte, durch unsere Menschen im Haus an Themen bewegen, ist Zukunft. Du musst bereit sein, darauf einzustellen, ansonsten kannst du gar nicht im Team mitarbeiten. Und ich bin ja auch nur einer von den Menschen, die hier mitarbeiten und versuche, Dinge nach vorne zu bringen.

Matthias Weigert: Gibt es darüber hinaus, die zweite Frage noch, Medien oder andere Quellen, wie du dich informierst? Ganz konkret, was du liest oder Personen, denen du folgst, irgendwo in einem Blog vielleicht oder gibt es irgendetwas, was du darüber hinaus noch tust, persönlich für dich?

Andreas Wiek: Punktuell. Also ich würde jetzt nicht sagen, dass ich jetzt speziell Menschen folge. Wir haben auch in unserem Umfeld zum Beispiel den Pavel Meyer allen bekannt, ob das Sascha Lobo oder Ähnliche sind, die sehr stark in unserem Umfeld ja auch sind, denen ich folge. Es sind Zufallsblogs, die man manchmal auch liest und neugierig wird. Da gibt es ganz, ganz viele. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich so der typische Mensch bin, mit den heutigen Vokabeln auszudrücken, Follower oder ähnliches zu sein. Hinweise von Menschen, das musst du mal gelesen haben, das ist total wahnsinnig, total irre, mit welchen Themen der oder die sich beschäftigt haben. Meine Frau folgt zwei, drei Blogs sehr stark, sodass sie auch immer wieder Impulse setzt und wir viele Diskussionen haben. Ich glaube, ich bin eher der Vagabundierende immer schon gewesen und bin es auch weiterhin. Also, dass ich jetzt sagen würde, ich würde jetzt gezielt dauerhaft demselben folgen, nein. Aber ich bin schon sehr, sehr neugierig, wenn ich Themen mitbekomme, dass ich da versuche nachzubuchen und zu lesen. Warum passieren Sachen? Manchmal stoppest du auch in komische Sachen rein, die du eigentlich nur, weil du rumstöberst, viel liest, buche. in die Hand bekommst oder ähnliches plötzlich aufnimmst. Ich weiß nicht, vor sechs Jahren Blockchain, großes Thema, ich es nicht so hundertprozentig begriffen, wahnsinnig viel drüber gelesen. Das sind so die Themen, wo du dann da rein stolperst und sagst, ich muss es versuchen zu verstehen. Ich bin einfach wahnsinnig neugierig. Ich weiß es nicht. Ich fühle mich unwohl, wenn ich nicht zumindest ein Gefühl dafür kriege. Ich werde nie Spezialist sein, ich werde es nie beherrschen, aber ich will zumindest ein Gefühl dafür entwickeln. Das ist auch wahnsinnig schwer, muss man sagen. Du hast heute so viele verschiedene mediale Formate, ob es jetzt ein Mail ist oder ob es eine WhatsApp ist oder ob es ein klassischer SMS ist oder ob du bei Instagram bist oder LinkedIn hast. Ich werde irre. Du kriegst das schon gar nicht mehr hin. Willst du noch physisch buchen oder?

Matthias Weigert: Ja. Zeitung?

Andreas Wiek: Wenig, ja, tatsächlich. Empfohlene Bücher hin und wieder, die ich dann versuche im Urlaub zu lesen. Zeitung und Zeitschriften, muss ich leider gestehen, ist fast nicht mehr möglich. Also das geht an mir zunehmend vorbei, weil ich früher sehr viel gelesen habe. Es ist auch bei mir tatsächlich die Wandlung hin zum digitalen Erfolg. Also wenn die Süddeutsche einen Artikel hat, dann hole ich sie mir aus dem Internet und lese sie mir durch. Und ich habe die Zeitung nicht mehr vor Augen. Also da ist schon eine Veränderung passiert. Nein, Zeitung und Zeitschriften wenig.

Matthias Weigert: Ja prima, das waren zumindest interessante Erkenntnisse. Die dritte Frage, ganz profan, wie können unsere Hörer mit dir in Kontakt treten, wenn sie weiteren spannenden Austausch wollen, wünschen?

Andreas Wiek: Ob ich das jetzt immer alles persönlich schaffe, muss man gucken, aber mit uns in Kontakt kann man ganz klassisch treten, indem man an info.artcom.de, A-R-T-C-O-M geht. Dort sind auch Menschen, die sich sehr stark auch mit allen Anfragen, die wir haben, immer wieder beschäftigen und auch zurück antworten. Wir haben ein sogenanntes Business Development, wo ganz viel beantwortet wird. Wir haben aber auch in anderen Bereichen Leute, die sich dieser Info annehmen. Also ich sage mal, einfach fragenlos werden und ich glaube, es gibt eine Antwort.

Matthias Weigert: Super. Andreas, vielen, vielen Dank für die tollen Einblicke. Danke fürs Gespräch.

Andreas Wiek: Sehr gerne. Danke auch.

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HR

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung: Der Spagat zwischen digitaler Transformation und Unternehmenskultur ist eine echte Herausforderung. Doch keine Sorge, mit Mathias Weigert hatten wir dazu regelmäßig einen Gastmoderator, der dir zeigt, wie echter Kulturwandel funktioniert, wie das digitale Mindset ins Team kommt und wie du digitale Talente findest.