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Intro: Digital Kompakt. Heute aus dem Bereich Innovationsentwicklung. Mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek und Ruppert Botmeier. Los geht's!
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und heute an meiner Seite wieder der liebe Ruppert Bodmeier von der guten Firma Disrooptive. Eure erste Adresse, by the way, wenn ihr euch für Disruption eures Geschäftsmodells interessiert. Und das ist heute unser Thema. Wir beginnen gerade eine kleine Mini-Reihe sozusagen bei uns im Podcast, der wir den schönen Namen Beyond Amazon gegeben haben. Was heißt das? Wir wollen darüber sprechen, wie eigentlich Verkaufskonzepte der Zukunft aussehen und wie ich mich gegen so Player wie Amazon eigentlich behaupte. Und sind wir mal ehrlich, Amazon ist jetzt nur ein Beispiel für Monopole insgesamt. Das heißt, aus der heutigen Folge nimmst du drei Dinge mit. Erstens, was sind eigentlich so die größten Herausforderungen im E-Commerce? Zweitens, warum ist es wichtig, die anzugehen? Und drittens, wie bekämpfe ich eigentlich solche Monopole wie eben Amazon? Nach hinten raus, wenn wir noch ein bisschen drüber sprechen, was ist eigentlich so, wir haben das tektonische Plattenbewegung, was es da noch so gibt in der Wirtschaft? Also das verspricht eine spannende Folge zu sein. Und wer könnte das besser mit mir bestreiten als der liebe Ruppert? Hallo Ruppert.
Ruppert Bodmeier: Hi Joel, freu mich wieder dabei zu sein.
Joel Kaczmarek: Jetzt will ich mich ja auch nicht mit fremden Federn schmücken. Beyond Amazon ist so deine Themenidee und auch deine Titelidee. Wie kamst du darauf?
Ruppert Bodmeier: Also im Grunde ist heute einfach Amazon in Deutschland so dermaßen omnipräsent und gleichzeitig hat sich das E-Commerce seit Beginn konzeptionell einfach überhaupt gar nicht mehr weiterentwickelt. Also wenn du die letzten 12, 15 Jahre nimmst, dann ging es immer darum, immer mehr Sortimente aufzulisten und verfügbar zu machen. Und das war natürlich ein Zeitpunkt, wo es darum ging, ob die Leute überhaupt online bestellen. Natürlich genau die richtige Herangehensweise und da war es auch gut, dass im Grunde alle Branchen diesen einen Verkaufsansatz eben adaptiert haben. Aber jetzt hat irgendwie nach der Corona-Krise, wo die Leute eh überall mehr zum E-Commerce rüber geschwappt sind, ist halt irgendwie dieses Grundprinzip Bücher auf die gleiche Art und Weise zu verkaufen wie Mode und die wiederum auf die gleiche Art und Weise zu verkaufen wie Notebook und die wiederum auf die gleiche Art und Weise zu verkaufen wie eben eine Packung Zwiebeln, ist halt irgendwo dann an das Ende geraten, weil wenn du nämlich Preistransparenz hast, was wir haben, wenn du Verfügbarkeits- und Sortimentstransparenz hast, dann ist halt dieses Grundprinzip, Sorge zu tragen, dass die Leute überhaupt schnallen, online zu bestellen, ist dann einfach ad acta gelehrt, sondern du musst eigentlich jetzt strategisch dorthin kommen, dass du einfach herausarbeitest, wie kann ich mich eigentlich differenzieren. Und das ist die wesentliche Herausforderung und die Art und Weise Mode zu verkaufen ist eigentlich eine grund. andere Idee, wie die Art und Weise, um zum Beispiel heute ein Notebook zu verkaufen und dem muss man halt irgendwo Tribut zahlen.
Joel Kaczmarek: Ich habe ja so eine geheime Sucht. Ich bin anheimgefallen, bei YouTube mir mal diese Shorts anzugucken, diese Videos, was ja eigentlich von TikTok gnadenlos geklaut ist. Ich habe mir TikTok deinstalliert, weil es mir zu datenkrakig war und ich den Suchtfaktor gesehen habe. Dann bin ich blind mit allen YouTube reingerannt und hatte heute, wirklich gerade heute, so ein Video von Jeff Bezos da drin, so ein 30 Sekünder, wo er dann so mal. Ja, ich werde immer gefragt, wie sieht eigentlich der E-Commerce in 10 Jahren aus? Was verändert sich in den nächsten 10 Jahren? Aber nur ganz wenige Leute, eigentlich niemand stellt mir die Frage, was verändert sich nicht in den nächsten 10 Jahren? Meine Damen und Herren, was sich nicht verändern wird, ist, dass der Kunde immer nach dem günstigsten Preis sucht, dass er die größte Verfügbarkeit haben möchte und die größte Auswahl. Wo ich so dachte, dieses typische Amazon-Dreieck. Also ich weiß gar nicht, es klingt sehr rückwärtsgerichtet, wenn man das eigentlich so erzählt. Ich fand die Frage spannend, was verändert sich nicht in den nächsten 10 Jahren? Aber zu sagen, ja okay Preis, Verfügbarkeit und irgendwie die Sortimentsbreite, das wird sich niemals ändern. Also es ist ja genau das, was du gerade so ein Stück weit auch angekreidet hast, dass man sich mal angucken muss. Und es wird nach hinten raus das Thema werden mit den tektonischen Platten. Lass uns doch mal zuspitzen, schon konkret werden. Was würdest du sagen, zusammengefasst siehst du so als die größten Herausforderungen im E-Commerce gerade?
Ruppert Bodmeier: Wettbewerbsdifferenzierung, also wie kann ich mich differenzieren über mein Sortiment hinaus, nämlich muss man einfach mal nüchtern feststellen, auch wenn es der Handel Jahrzehnte, Jahrhunderte lang anders gelernt hat, Sortiment ist heute keine Wettbewerbsdifferenzierung, das ist der eine Punkt, an dem muss ich einfach massiv arbeiten. und eben da irgendwo andere Hebel finden. und Und eben vor allem auch, ich habe ein Margenproblem, weil es sich mit Sortimenten immer weniger Geld verdienen lässt. Also das heißt, die Direktverkaufsmarge, die hat die Tendenz immer mehr gegen Null zu laufen. So und die Frage ist, was sind dann meine zukünftigen perspektivischen Margenbringer? Und wie komme ich aus sozusagen der strategischen Falle heraus, einfach nur Bedarfsdecker zu sein? und wie finde ich vor oder vorne in der Wertschöpfungskette an, um eben schon dort präsent zu sein, wenn Menschen überhaupt erstmal überhaupt Ziele, Motivation entwickeln und ihre Restriktionen abklopfen, um damit am Ende dann des Abends dann vielleicht mal eine Kaufentscheidung rauskommt und die sich dann überlegen, Wo genau kaufe ich mir das ein? Weil da muss ich eigentlich als Händler, als Marke schon längst präsent sein. Und in diesem Spiel sehe ich komplett anders als Bezos. Es ist eben nicht entscheidend und wichtig, das größte Sortiment zu haben. Das ist nur dann entscheidend, wenn meine strategische Positionierung ist. Ich bin der Bedarfstecker schlechthin. Und Leute kommen, wenn sie etwas wollen. Na dann ist es die richtige Strategie, weil dann gucken die Leute wirklich, wo finde ich was und wo kriege ich es günstig und wo kriege ich es vor allem zuverlässig. Aber wenn es darum kommt, das Richtige und das Relevante zu finden, dann würde ich sagen, ist heute Amazon die mit Abstand schlechteste Anlaufstelle, die du finden kannst, weil sie dir bei ganz vielen Fragestellen schlicht und ergreifend nicht weiterhelfen können und dich mit einer Flut an Optionen und Produkten überschütten, wo du dich dann irgendwo durchnavigieren musst. So gucke ich eher auf das Thema.
Joel Kaczmarek: Ich meine, die sind ja an dem Punkt Amazon, dass man sie so als den Suchschlitz für Produkte des Internets versteht. Muss man ja fairerweise sagen, wenn man das als Matrix nimmt, als Matrize, ist man ja vielleicht gar nicht so schlecht unterwegs, oder?
Ruppert Bodmeier: Ja, also ich würde auch sagen, Amazon ist kein Händler, sondern sie ist ein Auflister. Das ist deren Kernkompetenz. Sie listen auf. Ich hacke irgendwas in die Suche rein und dann listen die alles, was sie haben, auf. So, das ist Amazon. Und gleichzeitig ist halt viel Versprechen, was ja ein Amazon immer hat, nämlich, dass es reibungslos funktioniert, dass ich keinen Stress damit habe, das geht immer wieder immer mehr flöten, weil sie eben versuchen, vor allem nur noch auflistet zu sein. Durch das Marktplatzmodell ist ein Urversprechen von einem Amazon mehr oder weniger hat es ein bisschen Risse bekommen, nämlich, ich verlasse mich darauf, dass alles reibungslos funktioniert. Aber wenn du ein Marktplatz bist, hast du viele Schritte in der Prozesskette halt nicht mehr im Griff. Und du kannst natürlich auf die Marktplatzteilnehmer irgendwo Druck ausüben, im Sinne von, wenn sie dort einen schlechten Job machen, werden sie nicht mehr gelistet oder werden niedriger gelistet. Kannst du natürlich machen, aber im Kern hast du es halt nicht mehr im Hebel und nicht mehr im Griff. Und du kennst es ja, du bestellst bei Amazon und stellst dann plötzlich entsetzt fest, dass du bei einem Marktplatzteilnehmer aus Versehen gekauft hast. Und dann ist es nicht in einem Tag da, sondern plötzlich in vier, fünf Tagen. Produkte im Warenkorb, kriegst fünf Pakete über acht Zustände und es wird in zehn Poststationen abgelegt, ne? Und dann darfst du das irgendwo stattverteilt irgendwo einsammeln. So, jetzt mal zugespitzt, ne? So, und da kann man halt sehen, dass dieses Amazon-Modell auch so ein bisschen Risse bekommt. Aber es wird halt nicht fundamental anders am Markt, wenn halt alle das Gleiche halt probieren. Weil alle anderen versuchen auch auflistet zu sein. Alle anderen versuchen auch Marktplatzbetreiber zu sein, alle anderen versuchen halt auch das gleiche Modell wie ein Amazon zu machen, nur ein Zalando macht es halt für Mode und ein Thalia versucht es halt für Bücher zu machen und ein Thomann halt für Musik. Aber im Kern ist es immer wieder das gleiche Prinzip und das führt halt dann einfach zu, in einem Markt, wo halt alle das gleiche machen, wo alle die gleiche Leistung anbieten, die gleiche Kundenerfahrung, das gleiche Prinzip. Da gehen die Leute halt einfach zum Besten. Und der Beste, der dieses Modell macht, ist halt ein Amazon. Also musst du dir eben nicht die Frage stellen wie ein Jeff Bezos, weil der lacht sich ja halb tot, wenn diese drei Kernfragen sich alle stellen werden, weil er weiß, er hofft ja, dass alle sich diese drei Fragen stellen, weil dann ist mehr oder weniger das Geschäft auch weiterhin bei einem Amazon. Sondern die Frage ist, wie kann ich halt dagegen anstinken?
Joel Kaczmarek: Ich meine, es gibt ja auch dieses typische Innovators-Dilemma, dass auch große Firmen, obwohl sie alles richtig machen, scheitern können, weil zum einen irgendwann halt die Iterationsqualität bei dir abnimmt. Das heißt, Änderung hat gar nicht mehr so den großen Effekt, wie es dann irgendeine Zeit lang hat. Plus, du musst irgendwann große Geldmengen bewegen, damit du es überhaupt noch merkst. Also gerade als börsennotiertes Unternehmen. Sprich, es gibt eigentlich so Die Mittelachse ist eigentlich die spannende, wenn man sich sowas anguckt. Und jetzt kommen wir nochmal auf die Fragestellung zurück, die größten Herausforderungen im E-Commerce. Wenn wir darüber reden, wen betrachtest du denn eigentlich? Also von wem reden wir denn eigentlich, der vor diesen Herausforderungen steht? Sind das die kleinen Händler, sind das die anderen großen Plattformen? Aus welchen Warten hast du das Thema für dich betrachtet? Also
Ruppert Bodmeier: ich betrachte es aus Sicht aller anderen Händler, die nicht Amazon sind und ich betrachte es halt aus klassischen Markenperspektive, die halt irgendwie auch vielleicht ein beschränktes Sortiment haben, aber weiß Gott heute nicht damit glücklich sind, wie E-Commerce funktioniert, wie ihre Produkte verkauft werden oder selbst ihre eigenen Produkte verkaufen. Aus der Warte betrachten wir das ganze Modell.
Joel Kaczmarek: Und wenn du jetzt jemanden vor dir hast, manchmal sind die Menschen auch ein bisschen beratungsresistent, warum würdest du sagen, ist es wichtig anzugehen?
Ruppert Bodmeier: Ich würde sagen, nenn mir nur einen einzigen Grund, warum ich bei dir bestellen sollte. Nenn mir nur einen. Und dann sagen sie, ja, wir haben die beste Beratung. Entschuldigung, du hast keine Beratung. Du liest das Sortiment auf und gibst mir einen Preisfilter mit oder einen Farbfilter. Das ist keine Beratung. Oder du gibst mir fünf Bilder und klatscht einen Text noch hin. Auch das, das ist keine Beratung. Jetzt mal ganz ehrlich, wenn ich in deinen Shop reingehe, 90% des Sortiments kriege ich auch überall anders. Warum bei dir? So, na und dann wird es halt dünn, weil wenn du nicht irgendwie der Schnellste bist oder den günstigsten Preis hast und es kann immer nur einer der Schnellste sein und es kann immer nur eine Person oder ein Unternehmen der Billigste sein, dann bist du halt Platz 2, 3, 4 oder 5 und dann wird es halt schon dünn. Und da wieder irgendeine klare differenzierende Wettbewerbsvorteile in den Mittelpunkt stellen zu können und das vielleicht auch in einem Satz mal runterbringen zu können und dass dieses Argument auch verfangen kann. Ich glaube, das ist sozusagen die Kür.
Joel Kaczmarek: Dann lass uns doch mal ans Eingemachte gehen. Ich glaube, das, was die meisten Menschen heute interessiert. Deine drei Strategien, also ich weiß, du hast drei rausgearbeitet, man macht ja ein bisschen Vorgespräch, wie man Monopole eigentlich bekämpft. Lass uns mal damit beginnen. Erste Strategie. Hi.
Ruppert Bodmeier: Also eins vorweg, die E-Commerce-Branche ist nicht die erste Branche und wird auch nicht die letzte Branche bleiben, die sich mit einem gigantischen Player wie Amazon 1400 Milliarden Bewertung auseinandersetzen muss. Das gab es in der Wirtschaftsgeschichte schon zig Mal. Und wenn es das schon mal zig Mal gab und es in anderen Märkten geknackt und gelöst wurde, Dann, Joel, würde ich sagen, dann lohnt es sich doch, diese Märkte vielleicht mal anzuschauen und sich mal zu überlegen, ja, wie haben das denn andere Märkte gelöst? Wie haben die das dann geknackt? So, und da musst du gar nicht so weit gehen, sondern es reicht schon, wenn du in einem dem E-Commerce relativ nahen Markt gehst, nämlich den der Zustellung. Und wenn du dir das mal anguckst und den Markt vor 10, 15 Jahren einmal genauer betrachtet hast, dann war der Zustellungsmarkt mehr oder weniger aufgegliedert in 4, 5 große Player. DAL, Hermes, UPS etc. Und die haben diesen ganzen Kies abgebildet. Wenn du aber heute auf den Zustellungsmarkt zugehst und anschaust, dann könnte ja diverser, vielseitiger gar nicht sein. Du hast Zustellung innerhalb von 10 Minuten, einer Stunde, zwei Stunden am selben Tag. Du kriegst es per Fahrrad, du kriegst es per Lastwagen oder demnächst auch noch irgendwie aus der Luft. Also im Grunde sind ja die Formate so divers dargestellt, Wie noch nie zuvor. und im Grunde passiert das halt immer dann, wenn halt ein relativ eindimensionaler, monopolistischer Markt mehr oder weniger sich völlig neue Segmente erschließt, die vorher überhaupt gar nicht in den Zustellungsbereich gefallen sind und innerhalb dieser erschlossenen Segmente völlig neue ausgeprägte Modelle halt sich eben erarbeitet, ne? Weil die Idee, wie heute ein Picknick zustellt, ist eine völlig andere Idee mit fest vorgegebenen Routen, an denen sich die Kunden zu orientieren haben. Das ist eine völlig andere Idee der Zustellung, als dass es ein Gorillas macht, das dir innerhalb von 10 Minuten per Fahrrad zustellt. Und das wiederum ist eine völlig andere Idee der Zustellung, wie von einem Spezialisten, wie beispielsweise Flaschenpost, die dir 40 Kästen irgendwie bringen und auch 40 leere wieder zurücknehmen und den Pfand annehmen. So, und im Grunde immer das, wenn das passiert Wenn eben Märkte diverser werden, vielseitiger werden, in der Summe größer, weil sie sich neue Segmente erschließen und das jedes Mal für sich genommen völlig neue Formate hervorbringt, dann reden wir in der Wirtschaft von dynamischer Segmentierung. Und das ist im Grunde Strategie 1, nämlich dynamische Segmentierung eben im Markt aufzubrechen, indem man sich neue Themenfelder eben erschließt, mehr Diversität reinbringt und damit alternative Verkaufskonzepte reinbringt. Das ist übrigens ein Trail, was du ganz, ganz häufig in der Wirtschaft irgendwo sehen kannst. Es gibt zig Märkte, wo das schon stattgefunden hat. Nimm den Betriebssystemmarkt. Wenn du da vor 20 Jahren drauf reingeblickt hast, dann war der Betriebssystemmarkt zu 90% in der Hand von Microsoft. 90%. Heute haben sie am gesamten Betriebssystemmarkt einen Marktanteil von 23%. Warum? Weil völlig neue Themenfelder erschlossen wurden, Smartphone-Markt, Tablet, Smartspeaker und diese einzelnen Disziplinen auch völlig neue Ausprägungen einfach notwendig gemacht haben, also die Idee. eines Mobile-Betriebssystems ist eine völlig andere Idee wie die eines Desktops. Und wiederum für ein Smartspeak ist wieder eine völlig andere Idee wie die von einem Smartphone. Das heißt also, du tust mehr Diversität in den Markt reinbringen und jeweils eben diese neuen Themen, die du da erschließt, mit völlig spezialisierten Formate einbringst. Selbst wenn du in die Autoindustrie reingehst, 80 Jahre lang gab es keinen neuen Automobilhersteller. 80 Jahre lang. In den letzten 14 Jahren sind über 40 neu hinzugekommen. Allein unter anderem das heute wertvollste Automobilunternehmen, das du heute auf der Welt finden kannst. Weil wir einen Formatwechsel hatten von eben Benziner zu Elektromobilität. Weil wir eben einen Formatwechsel haben eben von eben Autohaus Händleransatz, Verkaufsansatz hin zu Direktverkauf online, weil wir einfach einen Formatwechsel haben von, ich kaufe halt ein Fortbewegungsmittel zu einem, ich habe ein heute völlig durchdigitalisiertes Gerät, das ich auch über das Internet updaten und upgraden kann. Und das ist im Grunde die Kernaufgabe, dynamische Segmentierung, möchte der E-Commerce was ändern, muss ich zusehen, wie sehen neue Formate aus, wie kann ich einen Formatwechsel einleiten, wie kann ich mir dadurch vielleicht auch Zielgruppen, Themenfelder erschließen, die heute vom E-Commerce völlig unberührt sind, wie schaffe ich es darüber vielleicht auch weiter vorne in der Wertschöpfungskette anzufangen und nicht nur die reine Bedarfsdeckungsmaschine zu sein. Das war die Eingangsfrage, was du gesagt hast. Das ist ja die Bedarf-Deckungs-Strategie und ein Chef Bezos hofft, betet, dass es diesen Formatwechsel, wie es in der Autoindustrie, im Zustellungsmarkt oder im Betriebssystemmarkt ist, dass das nie, nie eintritt.
Joel Kaczmarek: Und wenn du jetzt sagst, dynamische Segmentierung, meint das gleichzeitig auch immer, also meint das eher Spezialisierung oder meint das eher, sag ich mal, Vervielfältigung der Spielfelder, auf denen ich mich bewege?
Ruppert Bodmeier: Zweiteres. Es muss nicht nur Spezialisierung sein. Ich glaube, wenn du spezialisiert bist, hast du einen Vorteil, weil du sozusagen tiefer in dein Thema reingehen kannst. Ich würde jetzt sagen, ein Kellersport hat es viel, viel einfacher als ein Amazon, die tausende von unterschiedlichsten Kategorien abdecken müssen, von Sport, von Filme bis irgendwie Computerspiele versus ein Kellersport, das sich komplett auf Sport fokussiert plus eben zum Beispiel die absolute Mainstream-Gruppe, wie zum Beispiel Fußball, überhaupt gar nicht bedienen möchte. So, ne, und die haben ja unter anderem im Grunde einen eigenen digitalen Ansatz gefahren, wie zum Beispiel KellerSmiles, wo sie zum Beispiel dich belohnen, wenn du Sport machst, was total schlau ist, ne, also die Motivation hinter dem Einkauf zu belohnen und nicht den Kauf selber. So, ne, und im Grunde ist es eine digitale Plattform, wo die wöchentliche sportliche Challenges machen und wo sie im Grunde digitale Dienste angedockt haben, wie eben Nike Plus oder Rentastic und Jedes Mal, wenn du halt in der Woche Sport machst und je länger und je besser du wirst, belohnen sie dich mit Punkten, die du wiederum in dem Shop eben einlösen kannst. Und das finde ich halt smart. Das ist für mich dynamische Segmentierung, weil sie vorne in der Wertschöpfungskette stattfindet, nämlich wenn Leute wirklich Sport machen. Weil sie ihre Kunden viel, viel besser verstehen, weil sie wissen, wie häufig sie Sport machen, sie wissen, wo sie Sport machen, sie wissen, wie intensiv sie Sport machen und können dann, wenn sozusagen eine Kaufentscheidung sich anbahnt, zum Beispiel ich brauche einen neuen Laufschuh, weil mein ist tot gelaufen. Haben sie mehr oder weniger schon sich ins Mindset gebraucht, weil A, ich habe ihnen die Punkte geschenkt, damit sie bei mir den Schuh günstiger machen können. B, ich kann ihnen den perfekten Vorschlag machen und das bringt. für mich als Unternehmen ist das halt total lukrativ und interessant. Weil ich eben nicht 1000 Laufschuhe auflisten muss, sondern es reicht mir, die drei Perfekten aufzulisten. Also ich kann mich fokussieren. Und das ist für mich, wir reden ja immer noch über Handel, wir reden immer noch über Sport, wir reden immer noch über E-Commerce. und in einem bestehenden Segment, wie zum Beispiel Sport, das ist dynamische Segmentierung.
Joel Kaczmarek: Hast du noch so eine Art Miniaturanleitung, also wenn ich diese erste Strategie mir zu eigen machen möchte, daraus Kapital schlagen und ich bin gerade eher der Nachrücker, was sind so meine typischen zwei, drei Hausaufgaben?
Ruppert Bodmeier: Überleg dir, was ist meine Kern-DNA, also wofür will ich wirklich stehen, wofür stehe ich auch wirklich? und da fange ich an. Heute, wenn du zum Beispiel auf Amazon klickst, dann haben die heute zig digitale Dienste. Die haben Amazon Video, die haben Amazon Music, die haben ihre ganzen Web-Service-Landschaften, sie haben ihre Film-Programme. Sie haben im Grunde zig digitale Dienste angedockt, aber sie haben gestartet mit der Kindle-Plattform. Ganz ursprünglich wurde Amazon, weiß man ja teilweise auch gar nicht mehr, als reiner Bücher-Online-Shop gegründet. Und dann haben sie eine Kategorie nach der anderen angedockt. Da kamen Filme dazu, da kamen Computerspiele dazu und heute ist es ein Gemischtwarenladen, sie bieten alles an. Aber der aller, aller, allererste digitale Dienst, noch vor dem ganzen Web-Service gedöhnt, selbst teilweise nahezu zeitgleich mit dem Marktplatzmodell, war die Kindle-Plattform. Sie haben bei ihrer ursprünglichen DNA angefangen. Bücher haben dort im Grunde dieses als digitalisierten E-Book-Markt neu interpretiert. Und sind dann weitergegangen und haben einen anderen Dienst nach dem anderen gedockt. So, und ich würde mich halt immer fragen, was ist meine Kern-DNA? Dort würde ich anfangen, zum Beispiel, Obi arbeitet mit einem eigenen, separaten, dynamischen, segmentierenden Verkaufsansatz, deren Ansatz heißt, hey Obi, und wo haben sie angefangen? Garten, weil von Garten kam Obi ursprünglich mal her. Die Kunden verbinden Obi extrem mit dem Prinzip von Garten. Klar, es ist ein klassischer Baumarkt, du kriegst da alles, Holz, Nägel und so weiter und so fort. Aber da kamen sie her und dort fangen sie an und das finde ich absolut richtig.
Joel Kaczmarek: Zweites Konzept, um Monopole zu bekämpfen, nennt sich das Fischschwarm-Konzept. Das klingt ein bisschen wie Gemeinsam sind wir stark, aber erzähl mal, was verbirgt sich dahinter?
Ruppert Bodmeier: Es ist genau das Prinzip, was du meinst, weil in unserem klassischen Denken sind wir ja der Ansicht, ein Emerson kann nur durch einen anderen Player geschlagen werden. Aber das ist eigentlich unrealistisch und das ist auch nicht das, was eigentlich am Markt immer stattfindet. Sondern im Grunde große, riesige Konglomerate kommen im Grunde unter Druck, weil an allen Enden gezupft und gezerrt wird und einzelne Segmente immer ein bisschen mehr verschwinden. Das heißt, das Fischschwamm-Konzept heißt also zum Beispiel Freeletics, gestartet eigentlich als ein tägliches Workout-Programm, hat ein eigenes E-Commerce-Modell eingedockt und tut aus dem Fitnessmarkt einfach mal 20 Millionen rausziehen, einfach weil sie es besser kennen. Dann gibt es im Grunde Pinterest. dass im Grunde eine Kreativ-Suchmaschine startet, wo ich einfach Fragestellungen beantworte, die den Amazon gar nicht bedienen kann. Zum Beispiel, wenn ich ein Muttertax-Geschenk suche und ich gebe Muttertax-Geschenk bei einem Amazon ein, dann viel Spaß, was da aufgelistet wird. Aber im Grunde ein Pinterest schafft es mir wirklich, dort einfach Inspiration zu geben und diese Inspiration durch ein angedocktes Marktplatzmodell eben auch zu verkaufen. Das heißt, alles, was kreativ ist, läuft schon gar nicht mehr über einen Amazon, sondern greift sich im Grunde ein Pinterest. Das musst du dir so vorstellen, wie ein Stück Brot, das im Wasser ist, ne, ich würde ein mega riesiges Leib Brot, Amazon, ins Wasser schmeißen und ein Fisch nach dem anderen zupft an jedem einzelnen Segment und im Grunde muss es mehr oder weniger, wenn du so willst, einen Zusammenschluss von mehreren E-Commerce-Unternehmen geben, ein Kellersports zupft bei Sport, ein Pinterest, alles irgendwie, was bei Kreativ ist, ein Freeletics bei Fitness, ne, Und diese Summe dieses Zupfens, mehr oder weniger jedes Mal ein Stück Brot eben dort wieder rauszureißen, ist das Fischschwamm-Konzept. Nachteil ist lediglich darin, dass man es selber nicht so ganz im Griff hat, weil man ja im Grunde auf die Koordination anderer Player angewiesen ist, aber du kannst es selbst auch in einem eigenen Segment machen. Also ein klassisches Fischschwamm-Konzept aus der Praxis, um sich eben gegen Kindle zu behaupten, gab es einen Zusammenschluss von eben Weltbild, Hubendubel, Talir, die denen zusammen mehr oder weniger ein Gegenmodell mit dem Tolino entgegengesetzt haben. und zusammen durch eben diese Marktmacht haben sie dann es mehr oder weniger geschafft, Eben diesen E-Book-Markt zumindest auf Augenhöhe gleichwertig dann eben zu verteidigen. Also das heißt, ein Fischschwamm-Konzept ist entweder ein völlig losgelöstes Prinzip, wo einfach viele mehrere innovative Player an einen zupfen oder du kannst es über Kooperationsmodelle auch koordiniert machen, funktioniert aber nicht über mehrere Segmente, nur innerhalb eines Segments.
Joel Kaczmarek: Na, ich habe mich gerade erinnert gefühlt, ich führe ja irgendwie mit dem Geschäftsführer von Payback regelmäßig einen Austausch und der hat ja auch mal die Hypothese zu sagen, ja, gemeinsam sind wir stark, so verbund ist die Antwort und als Payback bist du natürlich quasi im direkten Wettbewerb zu Amazon, was zum Beispiel Prime angeht, also beides Loyalty- oder Loyalitätsprogramme und das Einzige, also ich finde, inhaltlich hat er da recht, das Einzige, was ich mich jedes Mal frage ist, du hast ja dann so dieses typische Gefangenen-Dilemma. Wir würden alle besser fahren. Kennst du ja auch, zwei Leute sitzen in der Gefängniszelle, werden interviewt von einem Polizisten oder stehen im Verhör und wenn sie beide schweigen, geht es beiden besser. Und wenn einer redet, geht es immer dem anderen schlechter. Das heißt, wenn beide reden, geht es allen schlecht. Also tut man eigentlich das Beste daran, wenn man nicht redet. Und gefühlt, jetzt auf die Situation übertragen, habe ich ja oft den Eindruck, bei solchen Settings ist es halt so, dass dann doch immer irgendjemand ausscheren will oder dass du die Leute nicht so allein kriegst. Das heißt, so ein Fischschwarm-Konzept scheint mir super schwer steuerbar.
Ruppert Bodmeier: Also es gibt viele positive Beispiele, es gibt auch viele negative Beispiele. Wenn du ein negatives Beispiel haben willst, dann die Finanzindustrie, die mehr oder weniger versucht hat, ein Gegenangebot eben zu Paypal zu machen und dann irgendwie die Sparkasse versucht hat, mit der Deutschen Bank und der Commerzbank zu kooperieren. Und wenn halt dann die Egos im Weg stehen und im Grunde keiner wirklich möchte, dass die einzelnen Beteiligten auch daran profitiert, dann klappt sowas natürlich nicht. Also du hast völlig recht, das hängt massiv ab von den Leuten, die sich da zusammenschließen. Sind sie fähig, wirklich zusammenzuarbeiten, kooperativ? Oder ist es halt einfach nur eine Farce? und es ist halt schön auf ein paar PowerPoint-Folien, aber es wird halt nicht gelebt, es wird nicht danach gehandelt, man neidet im Grunde 1% Erfolg eben diesen anderen Konglomerat-Teilnehmern, dann hat das Prinzip keine Chance. Aber was man halt schon draußen am Markt sieht, diese Idee des kooperativen Zusammenarbeitens, also meine Konkurrenten nicht mehr sehr als Wettbewerber zu sehen, sondern auch als Kooperationspartner, mit denen zusammen sich vielleicht mehr erreichen lässt als alleine. Das findet jetzt immer mehr statt und ich glaube, dass in der Digitalisierung durch eben die Plattformmodelle plus eben die offenen Schnittstellen werden wir viel mehr solcher Kooperationsmodelle sehen. und man muss einfach auch mal sagen, es ist eine Managementattitüde, wenn du jetzt die Babyboomer siehst, also alle Babyboomer, die jetzt hier zuhören, bitte nicht persönlich nehmen, aber da ist schon noch die Managementattitüde, lieber bleibe ich dumm, als jemanden 5% schlauer zu machen. Und meine Kernaufgabe ist es, andere zu zerstören und nicht zusammenzuarbeiten, weil da kommst du ja noch so diesem Hardcore-Wettbewerbsgedanken nachher. Ich glaube, die nächste Generation, ich meine jetzt unsere Generation, vor allem die Generation danach, die ticken da schon ganz anders. Die stellen auch ganz andere Fragen, die haben auch viel mehr dieses Prinzip, dass zusammen erreicht man mehr, einfach viel klarer verstanden und die verstehen auch viel mehr, wie Netzwerkeffekte, Skalierung etc. funktionieren. Deswegen bin ich Ich bin relativ zuversichtlich, dass man das zukünftig noch viel, viel öfter sehen wird.
Joel Kaczmarek: Man spricht ja heutzutage, glaube ich, von Coopetition als Zusammenführung von Competition und Cooperation. Also da tut sich einiges. Drittes Format Achillesversen-Konzepte. Kann man sich ja grob vorstellen, was damit gemeint ist? Erzähl doch mal als dritter Weg, um Monopole zu bekämpfen, was dir da verbirgt.
Ruppert Bodmeier: Also, lass uns uns mal auf Amazon anwenden. Eigentlich ist im Grunde Digital-Business relativ simpel. Du musst an drei Segmenten arbeiten. Erstens, wie führe ich dem ganzen Laden Traffic zu? Erstes Segment Marketing. Zweites Segment, wenn ich diesen Traffic dann habe, wie konvertiere ich den? Segment, Plattform, so und dann hinten raus. und wenn ich ihn mal habe, wie sorge ich dafür, dass die Person zwei, drei, vier Mal wieder kommt, weil wenn ich ihn einmal teuer akquiriert habe, dann bringt mir das Ganze nichts, wenn er nicht dauerhaft bei mir bleibt, da geht es halt um das Thema CM, Kundenlebenszyklus etc. Wenn du jetzt an erster Stelle irgendwie versuchst, Amazon anzugreifen, bei der Traffic zu fördern, kann ich nur sagen, viel Glück, toi, toi, toi, halb Deutschland ist schon bei Amazon eben registriert, da gibt es irgendwo nichts zu holen, die sind so dermaßen marktprominent, haben eine unglaubliche Markenbekanntheit, da gibt es nichts zu holen. Hinten raus, wenn es um CRM geht, ich meine, niemand ist kulanter als Amazon, selbst wenn das Ding völlig im Arsch ist und du Du schickst es zerdeppert zurück, sie nehmen es immer noch an. Im Grunde niemand liefert zu schnell, niemand gibt dir so viele Gründe immer wieder zu kommen, auch hinten raus, wenn es um das Thema der Zustellung geht, um CM etc. Viel Glück, wenn du mit einem Amazon irgendwie konkurrieren möchtest. Aber wenn du im Grunde mal das Mittelsegment nimmst, also diesen klassischen Shop, dann ist das meiner Meinung nach die ganz klare Achillesferse. Amazon sieht aus wie Kraut und Rüben, es ist Kraut und Rüben und sieht aus wie vor 20 Jahren gegründet, was es auch ist. Also das heißt, die Präsentationsform ist Steinzeit. Die Aufbereitung von Inhalten ist Steinzeit. Das heißt, wenn du einfach versuchst, 250 Millionen Angebote aufzulisten, so wie es Amazon heute macht, dann ist klar, dass du dort nicht super spezifisch auf jedes Thema eingehen kannst. Also klar musst du dann eine Waschmaschine auf die gleiche Art und Weise Daten generieren und verkaufen wie einen Turnschuh. Und das wiederum auf die gleiche Art und Weise wie vielleicht den letzten Blockbuster-Film. Sonst wärst du dem Heer dieser ganzen Sortimente einfach, kannst du nicht managen. Es ist unmanagebar. Wie willst du 250 Millionen Angebote liefern und in jedem Sigmund total spezifisch eingehen? Das ist schlicht und ergreifend nicht möglich. Und wenn du dir dann noch anguckst, dass dieses Marktplatzmodell immer mehr Schattenseiten hat, zum Beispiel das gleiche Produkt wird 20 Mal aufgelistet. Dann merkst du so, hier ist so eine gewisse Achillesferse, also die Kunst ist es dort, einen Amazon wie Steinzeit aussehen zu lassen und das heißt, du konzentrierst dich auf dieses Segment und bei den anderen versuchst du irgendwie halbwegs mitzuhalten.
Joel Kaczmarek: Und wie sähe sowas konkret aus? Also ich meine, im Prinzip hast du ja genau recht, der Kunde ist schon da, der Kunde ist da wieder kaufbereit, aber wie man ihn zum Kaufen bringt, ist noch nicht so optimiert. Was müsste ich jetzt tun, um diese Achillesferse auszunutzen?
Ruppert Bodmeier: Also, ich möchte mal ein kleines Beispiel machen, haben wir mal für eine Baumarktkette mal gemacht, da ging es halt eben darum, haben wir gesagt, okay, welche von euch in Kategorien läuft denn so richtig scheiße? Dann haben sie ein paar aufgelistet, das läuft scheiße, das läuft eigentlich auch scheiße, das läuft richtig scheiße. Und dann habe ich gemeint, okay, und von all diesen Kategorien habt ihr eigentlich ein total hohes wirtschaftliches Interesse. Dann hieß es, ja, eigentlich E-Bikes, ist mega gut. Wir hätten, läuft extrem beschissen, hätten aber ein total hohes Interesse, dass das gut läuft. Ich meine klar, wenn du eine Schraube für 5 Cent normalerweise verkaufst und dann kriegst du plötzlich für ein Produkt 1500 Euro auf einen Schlag, mega für dich. Hätte ich auch ein hohes Wirtschaftliches Interesse, dass es läuft. So und dann sind wir eben hingegangen und haben geguckt, wie gehen sie darauf ein und was machen sie? Pflanzen halt 5 Bilder rein, machen irgendwie eine Produktbeschreibung und zack und stellen es halt live. Und ich habe gesagt, ey, verkauf das Ding wie eine Schraube. Und so funktioniert es halt nicht. Ich kann nicht einen Artikel, der 1500 Euro kostet, auf die gleiche Art und Weise verkaufen, wie halt irgendein Artikel, der 5 Cent kostet. So, und dann sind wir eben hingegangen und haben uns überlegt, okay, was sind eigentlich heute die 10 wichtigsten Fragen, die ich habe, wenn ich mir einen E-Buy kaufen möchte und die ich geklärt haben möchte. Und dann listest du die mehr oder weniger auf und dann kommst du eben auf die nächste Frage und wie viele dieser Fragen beantworte ich eigentlich heute. So und dann kam die Ernüchterung, eigentlich haben sie nicht mehr 2 von 10 Fragen geklärt. Und dann gehst du eben hin und tust es dann eben auseinanderdengeln. und im Sinne von, anstatt einen großen Textblock zu haben, splittest du halt diesen Textblock in fünf kleinere Bausteine und briefst es ein, okay, und Baustein 1 muss auf die und die Kundenfrage eingehen und Baustein 2 muss auf die und die Kundenfrage eingehen. und für Baustein 1 haben wir das und das Foto, um das plakativ reinzubringen. und eine Frage zielt auf Materialität ab, dann brauchen wir eben auch dafür ein Foto, ne? Das heißt also, du kommst vom Kunde, fragst dir, welche Kaufentscheidungsfragen haben die? und dann tust du im Grunde deinen Produktcontent darauf ausrichten und überlegst dir, für jedes Element muss es ein Foto geben, eine knackige kurze Headline, kurzer Textblock und beginnst dann deinen Contentprozess eben umzumodeln und startest dann mehr oder weniger modular. Das heißt also, du hast oben meinetwegen immer noch deine Conversion-Ebene, aber drunter kommt dann deine ganzen Kaufentscheidungsfragen im Modul. Eins setzt sich rund um die Batterie auseinander. Also brauche ich eine Headline und einen kurzen Plagg rund um das Thema Batterie und ein Foto zu den Batterien und muss mehr oder weniger Leuten die Angst nehmen, wie lange hält das Ding, wie weit komme ich damit, was ist, wenn das Ding kaputt ist etc. Muss ich irgendwo klären und zwar auf eine plakative, visuelle Art und Weise. Danach schlägst du dann das nächste Modul ein und es geht dann irgendwie auf Materialität ein und so weiter und so fort. Und irgendwann hast du mehr oder weniger das perfekte Verkaufsgespräch. Heißt, der Trend, wo es hingeht, ist, ich habe nicht mehr einfach nur eine Artikeldetailseite, wo ich einfach Bilder und Text reinklatsche, sondern ich habe eine modulare Artikeldetailseite, wo ich für jede Kaufentscheidungsfrage ein eigenes kleines Modul habe und peu a peu das perfekte Kaufentscheidungs Gespräch führe. und wenn ich irgendwie merke, Frage 3 ist eigentlich viel, viel relevanter, weil bei Modul 3, wenn ich runterscrolle, liegen besonders häufig Kunden, einen Artikel in den Waren kommt, dann lasse ich halt dieses Modul weiter höher wandern und tue dann irgendwann mal das optimieren. und dann, wenn ich diese Kategorie für mich geknackt habe, gehe ich zur nächsten und löse das 1 der Reihe nach. und das ist nur ein Prinzip von zig Prinzipien, die du anwenden kannst.
Joel Kaczmarek: Wenn ich mir die drei Wege, um Monopole zu bekämpfen, jetzt nochmal angucke, also dynamische Segmentierung, Fischschwarmkonzept und Achillesfersenkonzept, dann fällt ja auf, dass alle drei gefühlt doch eigentlich mit Spezialisierung zu tun haben und Nutzerbedürfnisausrichtung, oder? Dass man halt nochmal im Prinzip detaillierter eingeht. Also im Prinzip lerne ich so ein Stück weit daraus, die Größe, was vermeintlich die Stärke von Amazon ist, wird zur größten Schwäche an ganz vielen Stellen. Richtig verstanden?
Ruppert Bodmeier: Richtig verstanden. Du kommst vom Kunden, du überlegst dir, was ist das Kernproblem? und warum hat es heute eigentlich noch keiner gelöst. Und dann gibt es halt verschiedenste Ideen. Entweder du machst halt Segmentierung, da bist du aber auf einem sehr innovativen Pfad, mag nicht jeder. Oder du gehst nach der Achillesferse, bisschen leichter, weil ich im ganz Kleinen schon anfangen kann. Das ist der Baumarkt, der bei E-Bikes anfängt und dann sich von innen nach außen arbeitet. Bisschen pragmatischer, leichter umsetzbar. Oder eben Fischschwamm-Konzept, was halt strategisch super relevant ist, aber find erstmal deine Kooperationspartner und hat oftmals so einen politischen Koordinationsbeigeschmack, was teilweise sehr aufwendig klingt, kann sehr lange dauern, bis sowas mal dann wirklich auf die Straße kommt.
Joel Kaczmarek: Letzter Faktor, also letzter Fragenkomplex. Ich hatte ja schon angekündigt, dass wir so ein Stück weit auch mal noch einen Blick riskieren können, über was du tektonische Plattenbewegung genannt hast. Also Wie viele von dem, was wir jetzt gerade gesagt haben, ist denn wirklich in den Akteuren verortet, also in den Playern, die dort Strategien entwickeln und Entscheidungen treffen? Und wie viel davon ist eigentlich so ein gesamtwirtschaftliches Phänomen? Weißt du, was ich meine? So, dass man sagt, da verschieben sich gerade irgendwie Platten und das hat ja einen Effekt auf die ganzen Businesses.
Ruppert Bodmeier: Also ich glaube, dass es insofern von den Akteuren abhängt, dass sie diese tektonischen Bewertungen früher registrieren als alle anderen und ihre Strategie darauf dann eben ausrichten. Und im Grunde Tektonik heißt ja für mich nichts anderes als die Rahmenbedingungen ändern sich. Und eben klassischere Veränderung der Rahmenbedingungen hat jetzt zwar vielleicht im Kern nichts mit Tektonik zu tun, aber dieses Grundprinzip sozusagen veränderte Rahmenbedingungen trifft es halt ganz gut. Es war über Jahrhunderte total essentiell, dass eine Stadt mitten in zentraler Lage in einem Land gelegen ist. Ganz viele Städte kannst du heute, die sehr alt sind, noch darauf zurückführen. Zum Beispiel Madrid in Spanien ist so eins. Total in der Mitte des Landes, weil es dann einfacher war für Herrscher, Dort von schnell an jeden Winkel des Landes zu kommen, war super relevant. Dann gibt es im Grunde so veränderte Rahmenbedingungen wie Neuerfindung, Technologie, damals Bootsbau, das heißt also Schifffahrt ist dann irgendwie dazugekommen und plötzlich war diese zentrale Lage ein riesen Nachteil und es war eigentlich total relevant und wichtig am Wasser zu sein und eben oder an Meeresnähe. Solche Veränderungen, die Rahmenbedingungen finden halt ständig statt und tektonisch bedeutet nichts anderes wie einfach, dass halt einfach Verschiebungen stattfinden, die das Spiel einfach neu vermischen und aufteilen. Und wenn du dir heute auf den Markt blickst, dann muss man halt einfach mal nüchtern sagen, dass wir tendenziell eher am Ende dieser Überflussgesellschaften sind, wo es völlig normal ist, dass du ein 5 Kilometer langes Regal hast, wo 1000 verschiedene Joghurtsorten sind. Wer braucht diese Auswahl? Und wie relevant ist das? Und für wen ist das noch wichtig? Und eben da gibt es mehrere Bewegungen, warum das eben nicht mehr so der Fall ist. Erstens, die Handelsrestriktionen werden immer mehr hochgezogen von Ländern. Also wir sind ja jetzt schon dabei, dass wir immer mehr irgendwie Zollwirtschaft etc., dass das alles wieder eben wichtiger wird, auch im Grunde im Handelskrieg mit dem China, das sich immer mehr anbahnt, dann merken wir, dass die Lieferketten nicht mehr so anspringen, wie es ist, heute bist du ja just in time, perfektioniert auf Sekunden, aber wenn irgendwie nur ein krasses Event dabei ist, dann kommt alles durcheinander, Corona, Überschwemmung, Tornado. etc. Also diese auf Sekunden getakteten Modelle werden mehr oder weniger peu a peu immer mehr verschwinden. und jetzt ist der Gewinner jetzt zum Beispiel in der Autokrise, Gewinner sind diejenigen, die Halbleiter bei sich im Lager gehortet haben, obwohl du heute erstes Semester BWL liest, auf gar keinen Fall Lager aufbauen, bloß nicht horten. Also im Grunde ist ein vormals Nachteil plötzlich in dem Aspekt wieder ein Vorteil geworden und man muss halt einfach auch mal nüchtern sehen, dass es in Sachen von Klimawandel etc. einfach auch mehr Sensibilisierung reinkommt. Brauche ich wirklich alles? Was ist essentiell wichtig? Auch wird nicht mehr alles überall herstellbar sein. Es gibt auch teilweise Wettbewerbe um Dinge, wie es halt in der Erde etc., wo es immer begrenzte Rohstoffe gibt, wo es nur in wenigen Ländern geht und wer sichert sich dort die Zufuhr ab? Das heißt, all diese Metatrends, die droben stattfinden, führen mehr oder weniger dazu, dass ein Marktplatzmodell heute ein Riesenvorteil ist, weil du bietest alles an und du bist die Produktsuchmaschine für Ware. In den nächsten fünf, aber zehn Jahren höchstwahrscheinlich wird es ein strategischer Nachteil, weil du diese gigantische Verfügbarkeit einfach nicht mehr sicherstellen kannst. Und was nützt es dir, wenn du 250 Millionen Angebote hast, aber 50 Prozent davon ist nicht direkt verfügbar oder braucht teilweise Wartezeit von irgendwie eine Woche bis irgendwie drei Monate? Und wer will das dann noch? Wirklich. Weil wie attraktiv sind denn Produkte, auf die ich wirklich zwei bis drei Monate warten muss? Oder ist es dann nicht eher so, 90% aller Produkte sagen, ja eigentlich brauche ich es nicht wirklich, dann kaufe ich es mir halt nicht. Und wenn du das halt mal guckst, diese tektonischen Bewegungen, die finden ja heute schon statt. Die merken wir ja teilweise schon. Red mal mit Leuten aus Großbritannien, wo es da jetzt ausschaut in den Supermärkten etc. und Verfügbarkeit von Produkten. Was nützt es dir da als ein Amazon, wenn du alles anbieten kannst, aber nichts davon ist verfügbar? Weißt du, was ich meine? Und das sind sozusagen tektonische Bewegungen, die finden halt heute statt. Die sind heute noch im marginalen Bereich unterwegs, aber wenn du nach vorne blickst, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr, sehr hoch, dass das immer relevanter wird. Und wenn es immer relevanter wird, dann muss man halt nüchtern sagen, dass das Marktplatzmodell eher ein strategischer Nachteil, als dass es ein Vorteil ist.
Joel Kaczmarek: Lieber Ruppert, sehr, sehr spannend. Wir werden das noch fortsetzen. Wie schon angedroht, es wird eine Mini-Reihe rund um das Thema Beyond Amazon. Kannst du schon so ein Snick-Preview geben, was als nächstes kommt?
Ruppert Bodmeier: Ja, beim nächsten Mal. Wir haben es ja heute schon mal angerissen. Wo starte ich denn, wenn ich an völlig neuen Verkaufskonzepten arbeiten will? Da war ja die Idee zu sagen, ich starte bei deiner Kern-DNA. Und wie finde ich die raus, wie zeige ich sich die aus, was bedeutet wirklich Kern-DNA, was ist essentiell, warum ist das so entscheidend? und wie sehen Formate aus, die darauf aufsetzen, das wird so der nächste Thema-Ausblick sein, wo finde ich meinen perfekten Startpunkt? und wie disruptiv und marktverändernd kann ich da eigentlich sein, wenn ich vom Kern-DNA komme, A, es fällt mir leicht, B, ist es was Neues und C, ist es halt wirklich differenzierend, das wird das nächste Thema sein.
Joel Kaczmarek: Hervorragend. Hey, da freue ich mich schon total drauf und für heute schon mal vielen Dank.
Ruppert Bodmeier: Danke. Bis dann, Joel.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Disruption: Und für unseren regelmäßigen Co-Moderator Ruppert Bodmeier gilt, dass Disruption ein Handwerk ist. Ein Handwerk, dass du auch zu deinem machen kannst – durch einfache Handgriffe und Werkzeuge, mit denen du für Herausforderungen im Handumdrehen innovative Lösungen entwickeln kannst.