Welchen Einfluss haben Charisma und Empathie auf gute Führung? 🌟

21. November 2024, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, heute ein großartiges Gespräch mit einem Rückkehrer zu digital kompakt. Der liebe Jan Michalsky ist nämlich wieder am Start. Vielleicht erinnert ihr euch, wir hatten vor kurzem eine großartige Folge über Charisma. Das heißt, Jan hat uns erklärt, wie man Charisma an der Stimme ableiten kann. Denn Jan ist einem spannenden Doppelberuf unterwegs. Und zwar, er ist zum einen Phonetiker und Voice-Profiler, selbstständig. Da hat er nämlich das Thema Charisma sich angeguckt. Und zum anderen ist er auch Dozent, und zwar an einer Berufsfachschule für Pflegekräfte. Das heißt, dort unterrichtet er so Themen wie Deutsch, Werte, Ethik, also nur gute Sachen. So, und da haben wir uns gesagt, hey, das kam so gut an, das war solch ein Highlight, da sollten wir nochmal eine Fortsetzung machen. Da haben wir uns überlegt, naja, könnte ja interessant sein für die Leute, mal über die Anwendung von Charisma zu reden. Aber das alleine reicht noch gar nicht, weil ein zweites Feld, was Jan sich anguckt, ist das Thema Empathie. Und deswegen sprechen wir heute darüber, welchen Einfluss haben eigentlich Charisma und Empathie auf gute Führung? Im Prinzip kann man sagen, eigentlich reden wir heute auch über Beziehungsgestaltung, weil vielleicht kennt ihr das ja auch, es ist manchmal gar nicht so einfach in Führungsrollen diese Dinge zu erfüllen, charismatisch zu sein, empathisch und dann geht es ja auch noch um Authentizität, man selbst sein. Ja und das alles, schönen Dank, während man einen Rollenkonflikt hat, weil man irgendwo beruflich eine Hierarchie hat, aber sozial irgendwie gerne auf Augenhöhe sein möchte. Das ist gar nicht so einfach und dem Thema widmen wir uns heute, weil es kriegt ja nochmal eine besonders harte Komponente, wenn dann unterschiedliche Generationen aufeinandertreffen, zum Beispiel Boomer und Gen Z. Von daher, ihr merkt, heute ist einiges drin für euch und deswegen freue ich mich sehr, dass du wieder da bist, lieber Jan. Moin, moin.

Jan Michalsky: Moin, ja, vielen Dank, dass ich wieder da sein darf.

Joel Kaczmarek: Ja, und vielleicht fangen wir mal an, die Leute mitzunehmen. Also die werden ja jetzt die erste Folge sich gerade nochmal einen Player raussuchen, wenn sie die nicht schon gehört haben, aber vielleicht so eine kurze Abkürzung, Quick Summary, was ist irgendwie Charisma eigentlich und auf welchen Ebenen spielt sich das eigentlich so ab, wenn es denn um die Stimme geht, die du dir ja anschaust?

Jan Michalsky: Genau, also Charisma gibt super viele verschiedene Definitionen davon. und jetzt aber wir engen es langsam ein und können uns so darauf einigen, dass wir sagen, was sind so die Kernkomponenten von Charisma? und da können wir feststellen, dass es hauptsächlich sind, strahle ich Kompetenz aus, strahle ich Selbstbewusstsein aus und strahle ich Leidenschaft aus. Und ich formuliere das schon absichtlich so, dass ich sage, es geht um Ausstrahlung, denn Charisma ist halt in erster Linie eine Wirkung. Das ist auch ein riesiges Thema. Ist es Persönlichkeit? Ist es Wirkung? Was ist es eigentlich? Und die Wirkung setzt sich ja zusammen aus allem Möglichen. Das, was ich sage, wie ich das in Sprache verpacke, die Körpersprache, die mit rein zählt. Und mein Fokus liegt hauptsächlich auf der Stimme, weil wir festgestellt haben, dass die stimmliche Wirkung ganz oft andere Bereiche der Erscheinung tilgen kann und überschatten kann. Und da haben wir uns zum Beispiel angeguckt, was ist es in der Stimme, was besonders Leidenschaft oder Kompetenz ausdrücken kann. Das ist zum Beispiel die Melodieführung, wie hoch ich spreche, aber auch wie dynamisch, wie ich meine Pausen setze, meine Phrasen, meine Akzente, aber auch sowas wie Sprechgeschwindigkeit. Das war in der Nutshell.

Joel Kaczmarek: Ja, ich kann mir das auch in jedem Fall vorstellen. Ich glaube, man kann halt manchmal kompetent wirken, aber vielleicht nicht selbstbewusst. Oder man kann wenig Leidenschaft haben, obwohl man den Eindruck macht, man versteht etwas sehr, sehr gut. Also es braucht sozusagen immer so diese drei Komponenten, lerne ich. Okay. Und es ist ja mal spannend zu verstehen, welchen Effekt hat denn Charisma, wenn ich jetzt über Führung nachdenke in so einem Team. Weil du hast mir damals eine schöne Geschichte erzählt, eine Studie, die belegt hat, Wie so eine Vier-Felder-Matrix, wenn ich über einen Inhalt rede, der Inhalt kann spannend sein oder langweilig und ich kann interessant drüber reden oder auch gelangweilt. Und dann kann man natürlich beides mischen. Ich kann einen langweiligen Inhalt interessant erzählen oder umgekehrt einen sehr interessanten langweilig verpacken und der Mensch merkt es erst nach acht Minuten, habe ich von dir gelernt. Und dann ist ja so die Frage, ist dann auch in der Führung, in der Konsequenz, das ganze Thema Charisma so eine Art Superwaffe oder nicht oder irgendwas dazwischen. Kannst du uns ja mal abholen.

Jan Michalsky: Ja, das ist tatsächlich immer einer der interessantesten Effekte überhaupt, dass wir gar nicht so oder häufig gar nicht so ein integratives Hören haben, dass wir irgendwie sagen, ja, wir hören das, wie der wirkt und was er sagt und wir packen das sofort zusammen und es kommt in einem Eindruck an. sondern, und das ist auch so ein bisschen dem Aufbau unseres Gehirns geschuldet, dass das an zwei unterschiedlichen Stellen verarbeitet wird. Also alles, was wir sehen und was wir akustisch wahrnehmen, also Stimme zum Beispiel, das ist eben so alt, dass es einen Informationskanal bedient, der quasi an unserem logischen Denken vorbeigeht, in unser Emotionszentrum, wenn man so will, und da direkt einen Einfluss hat. Während alles, was wir an Argumenten vorbringen oder an Logik, eben in dem neueren Teil, in dem Sprachenzentrum, im Neokortex verarbeitet wird. Und dann quasi wir uns über den Inhalt Gedanken machen und denken so, ah, das ist aber Mist, was der gerade erzählt hat. Und dann versucht es als, das finde ich aber unangenehm, das Emotionszentrum zu erreichen. Und da ist aber schon der Eindruck, der gesagt hat, ich finde das toll, nimm das mal wieder mit, das blocke ich jetzt hier ab. Ja. Und das ist eben genau dieser Effekt, dass wir sagen, da erzählt jemand was super charismatisch und mein Emotionszentrum sagt, ja, den finde ich toll, das finde ich, alles, was der sagt, ist richtig. Und dann kommt der Inhalt an und wenn da ein Widerspruch drin ist, dann sagt das Gehirn einfach, nee, nee, das passt nicht. Und deswegen können wir super lange jemandem zuhören, der eigentlich nichts Sinnvolles erzählt. oder ja, totalen Blödsinn fällt natürlich schon auf, aber wir lassen wesentlich mehr durchgehen, wenn das eben da ankommt und hinterfragen weniger kritisch. Und das setzt so ein bisschen unsere Skepsis aus.

Joel Kaczmarek: Ich hab jetzt gerade gedacht, ob das so der Trump-Effekt ist. Weil der steht dann da und erzählt von Einwanderern, die ihre Haustiere essen und die Leute feiern das ab. Und der brabbelt ja teilweise vor sich hin und füttert irgendwelche Tiraden aus, die einfach gar keinen Sinn machen. Aber die Leute feiern das total ab. Ist das genau so ein Effekt, dass der aus irgendeinem Grund irgendwie charismatisch interessant erzählt wird? I said to Vladimir Putin, Vladimir, I said, don't do it, don't do it, don't go into war. I will solve this. Weißt du, was ich meine? Dieses oder manchmal diese ulkigen Manierismen, dass sie den da charismatisch machen, dann hört man auf den Inhalt gar nicht so doll hin?

Jan Michalsky: Also bei Trump ist das wirklich ein super faszinierendes Phänomen, weil er tatsächlich, ich weiß nicht, wir haben ihn mal durchgemessen, ich glaube, er ist irgendwo so bei 60 Prozent. Also der ist gar nicht so herausragend charismatisch. Aber ich glaube, das hängt auch so ein bisschen damit zusammen, welches Publikum er anspricht. Und wir haben, was für Führungen natürlich auch ein wahnsinnig interessantes Gebiet ist, ist, Je größer der Level an Angst in einer Bevölkerung ist, desto höher ist das Bedürfnis nach Orientierung. Und was wir bei Trump halt sehen können, ist, dass er genau dieses Bedürfnis bedient, dass er Selbstbewusstsein und Kompetenz mit einer absoluten Fähigkeit, Also Fehlerfreiheit quasi ausstrahlt. Also er lässt sich in keiner Weise anmerken, wenn da irgendwas, also es könnte natürlich daher kommen, dass er wirklich alles glaubt, was er von sich sagt und deswegen so selbstbewusst wirkt. Aber selbst wenn nicht, kommt es so rüber, dass bei uns ankommt, dieser Mann weiß, wovon er redet. Selbst wenn wir inhaltlich wissen, tut er nicht. Aber er signalisiert uns. Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin kompetent. Niemand hat jemals so viel über dieses Thema gewusst wie ich. Das ist ja der Satz, der immer wieder von ihm kommt. Keiner weiß mehr über XY als ich. Und das bringt er auch mit seiner Akustik rüber. Dass er sagt, zack, das ist ein Punkt. In den entsprechenden Häppchen. Dass er genau weiß, wie er sein Publikum ansprechen muss, um zu signalisieren. Ich gebe euch Orientierung. Ich zeige, wo es lang geht. Und deswegen wird Wurde Charisma lange als Heilsbringerfähigkeit bezeichnet, weil er gesagt hat, das manifestiert sich in der Krise und der zeigt uns, wie wir da rauskommen. Das ist das, was Charisma sein soll. Und genau das ist das, was Trump tut. Er zeigt der Bevölkerung und er gibt denen das Gefühl, ich zeige euch, wie wir hier rauskommen. Und das spricht die Leute an.

Joel Kaczmarek: Okay, wenn wir uns jetzt nochmal auf das Thema Führung auch in der Unternehmenswelt zurückführen, wir hatten ja gerade über Charisma geredet, wo du ja meintest, okay, es gibt so diese beiden Arten, wie ich etwas sage, was ich sage, es wird woanders verarbeitet. Was heißt denn das jetzt so in der Konsequenz? Ist dann Charisma eine unfassbar wichtige Eigenschaft von Führungskräften oder ist sie nur ein Baustein in einem ganzen Bouquet an Dingen?

Jan Michalsky: Also wenn es um Charisma, wenn es um Führung geht, natürlich ist es erstmal für den Ersteindruck super relevant. Also Charisma ist so das Ding für First Impression. Also eine Person kommt in den Raum und wir gucken die Person an, wir haben vom visuellen Eindruck direkt das Erste und dann macht die den Mund auf und wir versuchen uns direkt den ersten Eindruck rund zu machen. Also wir warten schon noch ein bisschen auf die Akustik. Also es ist nicht so, meines Wissens, dass ein schlechter visueller Eindruck sofort die Akustik blockiert, aber wenn wir eben die Person gesehen haben und gehört haben, dann haben wir einen Eindruck und der ist super schwer inhaltlich wieder zu kippen. Demzufolge für die Person kommt rein und hält ihre erste Ansprache. Das ist was, so unangenehm das ist, wo wir uns sehr viele Gedanken drüber machen sollten, wenn wir das erste Mal in ein Mitarbeitergespräch kommen, denen das erste Mal begegnen, weil dann Charisma tatsächlich diesen Effekt hat und denen wieder zu kippen, das kann ewig dauern. Aber es ist natürlich so, dass auch was, was wir festgestellt haben, um auf diese acht Minuten zu sprechen zu kommen, nach den acht Minuten, wenn wir dann merken, das ist aber Blödsinn, was da drin ist, dann kommt es zu diesem Clash zwischen dem, wie die Person wirkt und was sie sagt. Und das kann Menschen in so eine Wahrnehmungskrise stürzen, dass wir sagen, okay, der wirkt charismatisch, der redet aber überhaupt nicht charismatisch. Inhaltlich so? Jetzt weiß ich nicht, wie ich den einschätzen kann. und jemanden einschätzen zu können ist ja eine super wichtige Konstante für zwischenmenschliche Beziehungen, wenn Unberechenbarkeit ist halt ein absoluter Beziehungskiller. Deswegen ist so ein Widerspruch zwischen Charisma und Inhalt super schwierig. Also ohne, dass das jetzt ein Führungstipp wäre, aber wenn man nicht in der Lage ist, tatsächlich anständig zu führen, dann braucht man auch kein Charisma lernen, weil man das sonst nur noch schlimmer macht. Aber andersrum, wenn ich eine kompetente Führungskraft bin und ich bin mit Leidenschaft dahinter und ich bin kompetent in meinem Bereich. Und ich kann das dann aber nicht rüberbringen in meinem Auftreten, in meiner Erscheinung, in meiner Kommunikationsfähigkeit. Und das kennst du bestimmt auch, das kennen wir alle, dieses Phänomen, dass wir sagen, da ist jemand und ich weiß, dass der gut ist. Ich weiß, dass der was kann. Und er spricht aber so, dass ich sage so, ach Du machst es mir gerade echt schwierig, dich gut zu finden, weil du einfach nicht in deiner Expressivität, in deiner Ausdrucksform das untermauern kannst, was du machst. Also ich würde sagen, dass Charisma nicht eine ultimative Waffe ist, die alles andere an Inkompetenz ausgleichen kann. Aber es ist schon ein echt hindernder Faktor, wenn es nicht da ist.

Joel Kaczmarek: Ich wollte dich gerade gefragt haben, heißt das in der Konsequenz, dass jemand, der nicht charismatisch ist, niemals eine gute Führungskraft werden kann?

Jan Michalsky: Das ist eine schwierige Frage. Also es gibt bestimmt da draußen auch super Führungskräfte, die nicht charismatisch sind und die aber durch ihre Führung halt trotzdem überzeugen können und die eine Mitarbeiterbindung haben. Aber es ist halt unnötig schwierig. Also wenn das Auftreten auch noch dazu wäre, würde es es den Mitarbeitern deutlich erleichtern. Und das Ding ist ja auch, und darum unterrichtigt das ja auch, dass Charisma ja nichts ist, womit man geboren wird und entweder man hat es oder man hat es nicht. Und wenn man es nicht hat, dann wird man niemals eine gute Führungskraft, sondern es ist ja wirklich auch gerade über die Akustik relativ problemlos möglich, das nachzutrainieren. Und zu sagen, ich bin eine gute Führungskraft, ich habe aber ein Problem mit meinem Auftreten, dann arbeite ich da dran und kann das halt nachtrainieren. Und wir haben ja Verbesserungen von 30, 40 Prozent innerhalb eines Workshops. Also wenn man weiß, wie es funktioniert, kann jeder das eigentlich auch umsetzen.

Joel Kaczmarek: Krass. Jetzt bist du natürlich Phonetiker, aber arbeitest du auch mit, sag ich mal, anderen ExpertInnen zusammen, die zum Beispiel so etwas wie Körperhaltung oder auch Aussehen betrachten, wenn es um Charisma geht?

Jan Michalsky: Ich habe tatsächlich direkt jetzt gerade auch eine Verbindung mit einer, die viel Körpertherapie macht und so und Ausdruck über Körpersprache und so. Wir haben von der SDU aus mal zusammengearbeitet im Bereich, ich weiß tatsächlich nicht, mit wem das da war, aber da ging es um Kleidungsstile, wie das noch einen Einfluss hat und wie das in Wechselwirkung mit Charisma ist. Da haben wir auch ein Paper zu gemacht, dass auch das akustische Charisma abhängig ist vom Kleidungsstil. Also, dass ein Steve Jobs, der mit seinem Turtleneck-Pullover da auf der Bühne steht, eine ganz andere Form von akustischem Charisma auch benutzen darf, um da reinzukommen. Ja, aber da ist noch ganz viel Potenzial in Zukunft da. Die Schwierigkeit, die wir so ein bisschen haben, ist, dass die sogenannte halt multimodale Sprachforschung, also eben sowas wie Gestik, Mimik und Körperhaltung messbar zu machen, halt erst durch die technischen Möglichkeiten der letzten zehn Jahre überhaupt so richtig in den Fokus gerutscht ist. Also da gibt es noch ganz wenig Forschung zu.

Joel Kaczmarek: Gut, so und jetzt können wir uns ja mal so langsam weiterhangeln. Also wir haben jetzt über Charisma gesprochen. Das andere Wort, was wir ja so in der Anmoderation auch schon benutzt haben, ist ja dieses Buzzword Authentizität. Weil was ich mich ja frage ist, wenn ich Charisma trainiere, wenn ich jetzt bei dir einen Workshop besuche und bin hinterher 40% charismatischer, ist ja die Frage, bin ich dann eigentlich noch authentisch, wenn ich Dinge tue mit einem gewissen Impuls?

Jan Michalsky: Das ist eine super wichtige Frage. Und das ist auch ein Zahn, den ich den Leuten immer so ein bisschen ziehen muss am Anfang. Dass ich sage, es ist keine Maskerade, die wir hier spielen wollen. Also es hat schon ein bisschen diesen Fake-it-to-make-it-Charakter. Aber die Idee dahinter ist quasi Wenn ich mit anderen Vocal Coaches oder so rede, dann machen die normalerweise den Ansatz, dass sie sagen, sie versuchen dir quasi die authentische Einstellung beizubringen, also dass du halt lernst, okay, ich gehe hier jetzt mit Leidenschaft rein und mit Selbstbewusstsein und dann passt sich die Stimme quasi an. Das Problem ist aber, dass das nicht funktioniert, wenn ich gelernt habe, diese Eigenschaften zu unterdrücken. Also wenn ich zum Beispiel, keine Ahnung, mir als Kind so oft gesagt wurde, sei nicht so arrogant und auf einmal fange ich an, mein Selbstbewusstsein runterzuschrauben und traue mich nicht mehr, das einzusetzen. Dann habe ich mein Selbstbewusstsein eventuell noch, aber ich kann es nicht mehr ausdrücken. Und das ist dann ganz oft, dass wir den Leuten sagen, ja, sei mal leidenschaftlich, sei selbstbewusst. Und die können das nicht mehr ausdrücken. Und wir gehen halt den anderen Weg. Wir sagen, wir bringen dir bei, wie es klingen würde, wenn du selbstbewusst klingst, wenn du leidenschaftlich bist. Dann versuchst du das nachzumachen, hast diese akustischen Features. Und das zeigt deinem Gehirn quasi wieder, ach so, wenn ich leidenschaftlich bin, dann klinge ich so. Wenn ich selbstbewusst bin, dann klinge ich so. Und dafür ist es da mit dem Voice Profiling, dass du dich am Ende charismatisch präsentieren kannst, aber als Fortsetzung deiner eigenen authentischen Einstellung. Also es ist nicht der Sinn der Sache, dass du da stehst und du bist nicht selbstbewusst und nicht kompetent und nicht leidenschaftlich, aber du kannst toll so klingen. Das kann man Menschen beibringen, aber das ist erstens nicht unser Ziel und zweitens ist das super umständlich, weil wir dann wieder bei dem, ich glaube, du hattest das Wort Rollenkonflikt auch schon fallen gelassen, eben das Ding haben, dass wir sagen, wir müssen etwas spielen, was wir nicht sind und das kann man machen, aber das ist nicht nachhaltig. Also ich glaube, jeder von uns weiß, wenn wir lange eine Rolle gespielt haben, ist die Spannung irgendwann so groß. Würde ich nicht empfehlen.

Joel Kaczmarek: wo du gerade Vocal Coaches sagst. Also ich habe ja auch einen Gesangslehrer oder auf dem Papier, da würde ich glaube ich auch eher Vocal Coach sagen. Ich würde mal behaupten, es ist so der beste, den es im Bereich Musical in Deutschland gibt, Christian Schleicher. Und Christian sagt dann immer zu mir, ich sage immer so, ah, das klingt doch gerade voll Mist, warum fandst du das gut? Und dann sagt er immer, weißt du, wie du innen drin klingst, Joel? Und dann sage ich so, nee, wirst du mir jetzt bestimmt sagen. Dann hat der immer so eine kleine Tröte, wo man so Entenlaute mit imitieren kann. Guck mal, so klingt deine Stimme innen drin. Mäh, mäh. Und dann sitze ich so da und dachte so, okay. Und dann meinte er halt so, das hat damit zu tun, dass deine Stimmbänder ja einen Klangraum brauchen. Das heißt, die schwingen und dann ist im Prinzip dein Rachen, also der Hals, der Rachen und dann vor allem der Mundraum ist das, was die Stimme erst schön klingen lässt. Und jetzt gibt es einen Flaw sozusagen oder eine Schwierigkeit. Deine Ohren sind nicht da, wo dein Mund ist. Das heißt, du hörst deine Stimme völlig anders, als wir sie hier draußen hören. Und deswegen klingt zum Beispiel Singen im Badezimmer auch immer so gut, weil deine Stimme von den Kacheln reflektiert zu dir und du dich selber hörst und einen guten Klang hast. Und er sagt mir jedes Mal, Joel, es ist für jeden Sänger, auch für die absoluten Profis, eine riesige Schwierigkeit, dass die sich selbst halt nicht richtig hören. Für dich innen drin klingt es scheiße, da sagt er mal knetschig und mistig und hier draußen klingt es aber super. Gibt es das gleiche Phänomen auch beim Sprechen bei Charisma, dass du Leuten beibringst, so klingst du charismatisch und sie fühlen es selber gar nicht so sehr, weil sie sich ja selber ganz anders hören? Dauernd.

Jan Michalsky: Wirklich. Also das ist auch ein Effekt, den ich dauernd habe, dass ich denen sage, ja, und jetzt geh noch mal ein bisschen hoch. Und dann sagen sie, das klingt aber furchtbar. Und ich sage, es ist aber genau drauf. Es ist halt genau das, was du brauchst. Und dem wirken wir tatsächlich so ein bisschen entgegen. Also natürlich kannst du den Leuten ihre eigene Stimme auch vorspielen. Dadurch kriegst du es natürlich auch raus. Aber was wir eben auch ganz viel machen, ist Visualisierung. Du sprichst und ich kann dir am Monitor dann zeigen, wo deine Stimme ist und wo es sich hin bewegt und kann dir die Zielwerte zeigen und dann sprichst du das und du kannst sehen, dass du genau drauf bist, auch wenn es sich für dich nicht so anhört. Und dann kannst du es halt abspeichern, dass du quasi sagst, okay, es fühlt sich nicht jetzt an der Stelle an, als würde es richtig klingen, aber ich habe diese Verbindung geschlagen, dass ich sage, das ist das, was sich gut anhört für andere Leute.

Joel Kaczmarek: Ja, crazy. So, jetzt wollten wir uns ja noch einem zweiten großen Thema von dir widmen, nämlich der Empathie. Also wir haben jetzt schon mal das Charisma zu großen Teilen durchdrungen oder zu gewissen Teilen. Vielleicht fangen wir wieder mit einer Definition an, weil ich finde das Wort empathisch sein, Empathie, das wird recht inflationär benutzt. Ich frage mich aber, ob jeder Mensch eigentlich immer weiß, was das eigentlich genau meint.

Jan Michalsky: Ich frage mich manchmal, ob die Empathieforschung selbst weiß, was sie eigentlich genau meint. Weil, jetzt polemisch ausgedrückt, aber es ist ganz oft so, dass ich sage, ich lese zwei unterschiedliche Definitionen von Empathie immer wieder. Und ich glaube, dass ganz oft dieser eine Aspekt nicht berücksichtigt wird oder wie wichtig es ist, dass diese zwei Definitionen nicht das Gleiche bedeuten. Weil die generelle Definition von Empathie ist halt die Fähigkeit, Emotionen bei anderen Menschen wahrzunehmen und einzuordnen. Das ist erstmal der erste Aspekt von Empathie. Also ich kann sehen oder in irgendeiner Weise wahrnehmen, wie eine andere Person sich fühlt und diese Gefühle auch irgendwie bei mir kategorisieren. Dass ich sage, ich kann da quasi ein Label draufpacken, kann benennen, was fühlt die andere Person gerade. Was aber oft noch dazu kommt, ist, ich kann signalisieren, dass ich die Gefühle der anderen Person wahrnehme. Und das finde ich ist ein ganz, ganz wichtiger Unterschied, ob ich nur sehen kann und einordnen kann, wie der andere sich fühlt, oder ob ich dem auch kommunizieren kann, dass ich gesehen habe und einordnen kann, wie er sich fühlt. Und da gibt es tatsächlich diese zwei Definitionen, dass die einen sagen, es ist erst Empathie, wenn du dem anderen tatsächlich auch zeigen kannst, dass du es wahrgenommen hast. Mhm, interessant.

Joel Kaczmarek: Und jetzt würde mich auch nochmal interessieren, was ist denn eigentlich so der Unterschied? Ich habe immer mal gesagt bekommen, nein, ich möchte gar nicht empathisch sein, ich möchte mitfühlend sein, weil viele Menschen empathisch oder Empathie damit assoziieren, dass man die Gefühle anderer Menschen auch fühlt und damit übernehme ich so ein bisschen fremde Gefühle und fühle mich selber gar nicht so gut damit, sondern…. es wird sozusagen so ein bisschen mir überschrieben. Weißt du, was ich meine? Und deswegen frage ich mich, ist mitfühlen und empathisch sein dasselbe oder gibt es da doch genau diesen Grad, den ich gerade beschrieben habe?

Jan Michalsky: Ich finde das super, dass du das gerade nochmal erklärt hast, weil ich kannte tatsächlich nicht, dass die Leute diese Grenze bei Empathie und Mitgefühl ziehen, was die Begrifflichkeit angeht. Ich dachte zuerst in die andere Richtung. Es gibt ja den Unterschied zwischen Mitfühlen und Mitleiden, also Mitgefühl und Mitleid. Das ist das, was ja oft aufgemacht wird. Ich finde es immer super, dann auf das Englische zurückzugreifen, dass ich sage, Mitgefühl ist halt Empathy und Mitleid ist Pity. Das heißt, Mitleid ist quasi so von oben so ein bisschen, dass ich sage, ich bin da nicht drin, aber du leidest jetzt gerade und denkst, oh, das tut mir aber leid. Und das ist so halt Mitleid, was bei Menschen häufig nicht so gut ankommt, weil es eben eine Hierarchie erzeugt. Und Mitgefühl ist das tatsächlich, wo ich Ich glaube, Ram Dass hat das mal gesagt, dass er sagt, ich gehe runter in den Schlamm zu dem anderen und begegne dem auf Augenhöhe und sage, ich fühle mit dir. Aber genau das, was du gerade gesagt hast, das ist das, was ich als Unterschied kenne zwischen kognitiver Empathie und emotionaler Empathie. Kognitive Empathie ist eben, wenn ich sage, okay, ich sehe jetzt, du weinst und ich frage dich, warum weinst du? Du erklärst mir das, du sagst, du hast jemanden Wichtigen verloren. Ich kann nachvollziehen, wie das ist, wenn man jemanden verloren hat, der einem wichtig ist, kann dadurch dieses Gefühl in mir hervorrufen durch das Nachvollziehen und habe aber im Prinzip zu der Emotion, die der andere hat, einen gewissen Abstand und kann das nur in mir nachkonstruieren. Das wäre halt die sogenannte kognitive Empathie. Und Und emotionale Empathie wäre, ich gucke dich an, ich sehe, dass du weinst, ich brauche gar nicht wissen, warum und ich werde traurig. Einfach dadurch, dass ich sehe, was mit dir ist. Das ist eben dieses Ding, was über die Spiegelneuronen abläuft. Ich sehe eine Emotion bei dir, mein Körper, ohne dass ich was tun kann, empfinde diese Emotion nach und entsprechend habe ich die Emotion dann auch und kann darauf zurückgreifen, dass ich quasi bei mir selbst sehe, wie die Emotion ist. Und das zu trennen, beziehungsweise eben genau das, was du sagst, es ist halt ein riesiges Thema. Also ich glaube nicht, dass wir, meine persönliche Überzeugung, an einen Punkt gehen sollten, an dem wir emotionale Empathie blockieren und nur kognitive Empathie betreiben, weil ich glaube, dass gerade dieses, dass ich wirklich, ich gucke dich an und ich imitiere ohne mein Zutun deinen emotionalen Zustand, ist, glaube ich, ein unglaublich wichtiger evolutionsbiologischer Mechanismus. Das Wichtige ist nur dann, genau das, was du gesagt hast, dass ich dann reguliere, mich nicht davon überschreiben zu lassen. Also es gibt genau dieses Phänomen, das nennt sich, ich weiß nicht, was ein gutes deutsches Wort für Distress ist. Also es heißt halt Empathic Distress. Also so eine Art empathischer Unruhe oder so. Dass ich quasi sage, ich sehe deine Emotionen, ich empfinde die nach. Das macht mir Stress, weil das eine unangenehme Emotion ist. Und dann habe ich nämlich selbst ein emotionales Problem und kann auf dich nicht eingehen. Und was ganz viele Menschen dann machen, ist halt zu versuchen, den anderen aufzumuntern, damit ihre eigene negative Emotion weggeht. Und dann haben wir natürlich ein Problem. Dann kannst du nicht empathisch sein, wenn du selbst mit den Emotionen nicht umgehst.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe es gerade mal eingegeben, also wenn man es in der Kombination nimmt, also Distress ist ja sogar eigentlich Stress und Empathic Distress wäre so mitfühlende Sorge. Also da hört man ja sogar schon diese Wucht raus, von dem, was du gerade beschrieben hast, weil mir kam auch gerade dann der Gedanke, ob es im Business-Kontext oder im Arbeitskontext dann eigentlich wichtig ist, eher diese kognitive Empathie zu haben. Weil ich stelle mir gerade so eine Situation vor. Die weibliche Führungskraft sieht den männlichen Kollegen, fragt, was ist los? Und dann sagt der, ich wurde gerade verlassen. Und wenn die dann natürlich da voll mit reingeht, wenn die dann sagt, ach ja, das kenne ich auch, ich fühle das gerade voll, dann bist du ja auf einmal in so einem Schlingerkurs unterwegs. Also würdest du sagen, dass sich die Berufswelt und die emotionale Empathie, die du gerade beschrieben hast, vertragen?

Jan Michalsky: Pauschalantwort, ja. Aber Also ich glaube das auch, also zum Beispiel, ich gehe an meinen Mitarbeitenden vorbei und ich gucke dahin und ich sehe einfach nur, dass die Person gerade irgendwie bestimmte Anzeichen zeigt von, die ist in Sorge, die ist in Trauer, die ist gerade irgendwie oder in Wut oder sowas. Deswegen glaube ich, dass das nicht nur über die kognitive Verarbeitung zu machen, sondern eben auch die Intuition quasi, diese unbewusste Mustererkennung da drin zu haben, glaube ich, eine super wichtige Fähigkeit ist, um überhaupt erstmal zu erkennen, wie fühlen sich unsere Mitarbeitenden gerade. Aber ich glaube, dass es dann eine extrem gute Kompetenz darin braucht, sich emotional davon abzugrenzen. Also zu sagen, ich kann das sehen, die Emotion kommt und jetzt kann ich aber sofort sagen, ist nicht meins, blockiere ich oder packe ich an einen Punkt, wo ich sage, es nimmt mich nicht ein. Also emotionale Empathie ohne eine sehr gute Emotionsregulation ist für die Arbeitswelt halt super schwierig. Aber ich würde sagen, gar keine emotionale Empathie ist auch super schwierig. Also wenn, dann sollte man halt beides zusammen trainieren und sagen, ich trainiere meine emotionale Empathie und gleichzeitig den Umgang mit den Emotionen, die das auslöst.

Joel Kaczmarek: Weil was wir natürlich in unserer Gesellschaft ja eigentlich haben, ist, dass das Thema Führung oft mit dem Aspekt des Denkens assoziiert wird. Also wir bringen Menschen sehr viel bei, wie sie gut denken. Wir bringen ihnen aber überhaupt nicht bei, wie sie gut fühlen. Also das holen die sich dann im Prinzip so auf den zweiten Bildungsweg in der Regel über Therapien, über Coachings, über Meditation wieder rein. Aber dass du in der Schule mal einen Kurs hättest Wo jemand beibringt, so okay, wie gehe ich mit Gefühlen um, gibt es ja gar nicht. Und dann könnte ich mir vorstellen, also A, wäre mal interessant, deinen Blick darauf zu hören, was du denkst, was es mit der Arbeitswelt macht. Und B ist natürlich die Frage, sind dann viele Menschen vielleicht sogar davon abgeschreckt, sich empathisch auf der Arbeit zu geben, weil sie natürlich ihr Leben lang trainiert werden darauf, eigentlich mehr mit dem Kopf zu arbeiten als mit dem Bauch. Deswegen, was sind so deine Gedanken dazu?

Jan Michalsky: Richtig großes Fass. Also, super Thema. Also, ich würde tatsächlich an einer anderen Stelle kurz ansetzen, weil das, glaube ich, das zugrunde liegende Problem ist. Und zwar, das ist mir super lange nicht bewusst gewesen. Also, ich komme ja auch aus so einem Type-A-Hustle-Kontext, wo ich halt mein ganzes Leben lang auch eben so gesagt habe, so der Intellekt ist das absolut. Und nur der scharfe Verstand. und so, Team Fortress 2 Zitat, Professionals don't have feelings, Professionals have standards. Gefühle sind vollkommen unwichtig für das Professionelle, das kannst du vielleicht dann, wenn du Gedichte schreibst, zu Hause machen, aber nicht bei der Arbeit. Und was für mich halt eine super wichtige Erkenntnis war, ist, dass ich durch diesen Prozess sehr, sehr stark den Kontakt zu meiner eigenen emotionalen Wahrnehmung verloren habe. Und das heißt, ich habe einen Skill, also der Hauptskill, den ich in den letzten sechs Jahren überhaupt erstmal aufgebaut habe, ist emotionale Alphabetisierung. Also überhaupt erstmal zu sehen, was geht eigentlich gerade in mir vor, was passiert da, warum fühlt sich das in meinem Körper gerade so komisch an und nicht zu sagen so, ja, ist aber kein Gedanke, kann weg, sondern das einordnen zu können und erstmal zu sehen, was passiert in mir. Vorher würde ich behaupten, ist emotionale Empathie gar nicht möglich. Also solange ich nicht Kontakt zu meinen eigenen Emotionen habe, kann ich auch nicht richtigen Kontakt zu den Emotionen eines anderen kriegen. Und das ist natürlich dann eben genau das Ding, dass es momentan, also wir haben einen Trend, dass sich das jetzt gerade davon wegentwickelt, dass wir nur die kalten kalkulierenden Führungskräfte oben haben. Das weicht ja immer mehr auf. Aber das klassische Bild von Führungskraft ist ja eben durch diese Effizienz und dieses Kalkül und so ausgeprägt. Und die Frage ist eben, ob die meisten Führungskräfte, die eben so verstandesdominiert sind, überhaupt in der Lage wären, emotionale Empathie zu entwickeln, weil eventuell die eigene emotionale Wahrnehmung schon so verkümmert ist, dass sie diese Fähigkeit gar nicht anwenden könnten, selbst wenn sie es wollten. Und das ist eben, glaube ich, die große Frage, die dahinter steckt. Kann ich das überhaupt? Natürlich, klar, wir sollten die Frage vorwegnehmen, macht das überhaupt Sinn, das zu trainieren, bevor wir Leuten sagen, mach das mal. Aber ich glaube, dass das eben auch ein großes Hindernis wird, dass wir schön sagen können, ja, die Arbeitswelt von morgen braucht mehr Empathie, braucht mehr emotionale Zuwendung, wenn wir aber einen ganz großen Teil der Bevölkerung haben und da muss man schon sagen, da haben Männer ein hartes Defizit gegenüber Frauen. Dann ist die Frage, wie setzen wir das überhaupt um? Ist das überhaupt möglich?

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe gerade so daran gedacht, ich habe mal mit einem Analysten irgendwie einen Podcast gemacht und dann ging es so ums Thema Denken versus Fühlen. Dann meinte ich so, glaubst du nicht auch ans Fühlen? Dann meinte er so, ja, also das, was man so Gutfeeling nennt, das ist für mich Logik, die mein Körper quasi, also mein Gehirn hat aus dem Unterbewusstsein schon eine Information aufgenommen, die mein Bewusstsein noch nicht verarbeitet hat. Ja, so nach dem Motto, Gefühl ist für mich unverarbeitetes Denken. Warte, ich kann die Übersetzung Ich fand das unglaublich pervertiert auf eine Art, aber wenn man in dieser Sphäre klingt, hat es natürlich eine gewisse Logik. Aber das ist ja manchmal das Niveau, auf dem wir reden, wenn wir über das Gefühl reden. Und ich kam genau an den gleichen Punkt gerade, dass ich mich so gefragt habe, naja, wenn wir in einer patriarchal dominierten Welt noch immer sind, also die endet ja gerade, wird ja in eine sozusagen andere überführt. Dann hast du natürlich eigentlich die Erwartung naheliegend, dass dann viele Führungskräfte eher unempathisch sein dürften, vermutlich, weil sie eher mit höherer Wahrscheinlichkeit männlich sind. Und die wiederum in ihrer Entwicklung sozusagen diesen Trait gar nicht Ist ein bisschen wie wenn du Boni gibst für Verhalten A, aber nicht für Verhalten B. Und so ist es ja in der männlichen Welt wahrscheinlich leider oft gewesen. Deswegen gehe ich der Vermutung nach, dass dass Empathie dann in Führungsrollen oft ein Problem sein dürfte. Ist das so?

Jan Michalsky: Also kann ich auch nur vermuten, würde ich aber eben stark von ausgehen, dass das tatsächlich so ist, dass dass wenn ich jetzt eben so einer Führungskraft sage, ja, jetzt sei einfach mal empathischer, dass das nichts einfach ist mit dem, ach so, ja, dann mache ich das, sondern dass das halt wirklich auch auf so einer Persönlichkeitsebene, weil Emotionen überhaupt, ja, wie du sagtest, überhaupt erstmal einen Stellenwert beizumessen, überhaupt erstmal zu sagen, das ist was Wichtiges, denn so funktioniert unser Gehirn ja. Use it or lose it. Also wenn du dir die ganze Zeit beibringst, Emotionen sind nicht wichtig, kann ich ausblenden, dann blendet unser Gehirn diese Sachen halt auch aus, soweit es das halt kann. Also es wird halt unterdrückt. Es ist ja nicht so, dass Menschen, die keinen emotionalen Kontakt haben, diese Sachen nicht wahrnehmen, sondern es staut sich halt einfach nur auf. Und dann machen wir halt unsere Therapie Mitte 40, weil das dann irgendwann nicht mehr klappt, das alles zu unterdrücken. Und ich glaube auch, und das ist nämlich auch ein weiteres Hindernis, dass ich sage, versuch mal jemanden, der den Stellenwert von Emotionen gar nicht fühlen kann, weil er selbst diesen Kontakt gar nicht hat, überhaupt erstmal beizubringen, dass es wichtig ist. Also bevor ich diesen Kontakt hatte, hättest du bei mir voll gegen eine Wand reden können, wenn du gesagt hast, Emotionen sind super wichtig. Weil ich dann gesagt hätte, so ja, toll, weiß ich nichts von. Funktioniert ganz super ohne. Und geht alles über kognitive Empathie. Ich kann sehen, die Person ist traurig, dann schlage ich in meinem inneren Buch nach, was mache ich bei traurig? Ja, kann nach Hause gehen oder so. Ist aber nicht Empathie.

Joel Kaczmarek: Und wie kann man das lernen, wenn jetzt Menschen sich in der Situation genau wiederfinden, die du gerade beschrieben hast?

Jan Michalsky: Also ich überlege gerade, ob ich eine Antwort darauf habe, die über einige Jahre Psychoanalyse hinausgeht. Also ich würde tatsächlich sagen, wenn man wirklich massiv chronisch abgekapselt ist von seiner eigenen emotionalen Wahrnehmung, ist zu sagen, ich fühle jetzt mal mehr. Glaube ich schwierig, also da würde ich schon sagen, entweder ein Coaching, was speziell darauf ausgelegt ist oder eben eine Therapieform, wobei da eben glaube ich die Psychoanalyse und die Tiefenpsychologie wesentlich mehr daran arbeitet als die Verhaltenstherapie, denn es ist ja nichts, was auf der Verhaltensebene angelegt ist, es ist ja was auf der grundsätzlichen Einstellungsebene. Ich kann mir aber vorstellen, das allein zu erkennen, dass es eine Wichtigkeit hat und dem mehr Stellenwert zu geben. Ich vergleiche das immer mit Träumen. Wenn ich meinen Träumen keine Bedeutung beimesse, dann wache ich morgens auf, das verdränge ich und dann habe ich das Gefühl, ich träume nie. Wir wissen ja aber faktisch, dass wir alle träumen, permanent. Es ist halt nur die Frage, ob wir uns erinnern oder nicht. Und wenn ich anfange zu sagen, meine Träume sind mir wichtig, ich lege mir ein Blatt Papier neben das Bett und sage, ich möchte jeden Morgen meine Träume aufschreiben, dann dauert das vielleicht zwei, drei Tage, aber dann kommt das auf einmal und je länger ich das mache, desto mehr merkt das Gehirn, aha, das ist wichtig für mich und jetzt lege ich da wieder einen Fokus drauf. Und ich kann mir gut vorstellen, also eben auch aus persönlicher Erfahrung, je mehr Bedeutung ich meinen Emotionen beimesse, desto mehr kriege ich auch den Kontakt dazu. Aber das ist halt nicht in, also 30, 40 Jahre Erziehung machst du halt nicht in zwei Wochen rückgängig. Also das ist halt ein Prozess, wo man sich drauf einstellen kann, da bin ich jetzt eventuell auch ein paar Jahre mit beschäftigt.

Joel Kaczmarek: Ich hatte gestern gerade so eine Situation, da saßen wir am Tisch und dann ging es um die Essensbestellung und dann meinte er, ja, Joel kommt jetzt wieder und bestellt sich lauter Sonderlocken. Und dann guckte mich die andere so an und meinte so, ach, hast du so viele Probleme? Und ich sag so, nee, eigentlich habe ich nur eine Allergie, Walnuss und das Rest ist okay. Ah ja, okay. Und dann meinte der erste Gesprächspartner so, naja, ich kann mich da immer nicht so einfühlen, weil ich habe sowas überhaupt nicht und deswegen kann ich damit, hat es für mich sozusagen auf dem Radar nicht so einen Platz, ja. Aber verstehe ich natürlich, dass es den Leuten wichtig ist und so weiter, will ja auch keiner, dass du hier umkippst. Und das war so ein typisches Beispiel, von jemandem, der etwas, kennen wir ja vielleicht alle, wir haben uns immer gefragt, was haben die denn alle mit ihren Rückenschmerzen, ist doch alles fit, bis du dann mal einen Hexenschuss hast und dann sitzt du da und denkst, ach okay, das haben die mit ihren Rückenschmerzen. Also dieses, wenn ich es nicht fühle, existiert es für mich gar nicht, es ist in meiner Welt gar nicht da, also das wäre dann wahrscheinlich eher so diese emotionale Empathie, das haben ja manche Menschen, dass die sagen, ich verstehe gar nicht, ja okay, die hat sich von ihrem Freund getrennt, ja und? What about it? Weißt du, was ich meine? Fällt das genau in diese Sparte, was du gerade gesagt hast, dass es so ein Erziehungsding ist, dass man es auf dem Wege nachholt oder gibt es da einen anderen Pfad, wenn ich quasi Sachen erst dann empathisch mitkriegen kann, wenn ich sie selbst mal erlebt habe?

Jan Michalsky: Also ich glaube, dass tatsächlich der eigene Referenzrahmen auch ganz viel mit reinspielt. Also ich kann, ist ja auch mit der Intuition so, das basiert ja alles auf Erfahrung. Das heißt, wenn ich eine Situation niemals erlebt habe, also wir haben jetzt natürlich wieder dieses Ding mit kognitiver und emotionaler Empathie. Also um emotionale Empathie ausüben zu können, brauche ich eigentlich nicht den Referenzrahmen. Ich sehe einfach, wie jemand fühlt und Dadurch, dass ich die Emotionen kenne, das ist natürlich wieder auch eine Grenze. Wenn ich halt noch nie traurig gewesen bin, dann ist das, aber das ist, glaube ich, eher der seltenste Fall, dass man noch nie traurig war. Also solange man die Emotionen kennt, kann man sie auch emotional nachvollziehen, wenn der Kanal offen ist, wenn die Wahrnehmung da ist. Aber klar, die kognitive Empathie, die ist natürlich dadurch durch unsere Fähigkeit von Perspektivübernahme irgendwie auch begrenzt. Wobei ja nicht unbedingt notwendig ist, dass ich exakt die Erfahrung gemacht habe, sondern ich kann ja auch so ein bisschen extrapolieren aus, ja, ich weiß, wie das ist, einen Angehörigen zu verlieren, dann kann ich mir, ich kann mich annähern an die Vorstellung, wie es ist, zum Beispiel ein Kind zu verlieren oder so, auch wenn mir das nicht passiert ist. Wobei das natürlich nicht bedeutet, ich kann das tatsächlich nachvollziehen. Wir können niemals, aber das ist auch so, wir können niemals hundertprozentig nachvollziehen, was jemand anders gerade empfindet.

Joel Kaczmarek: Ja, ich denke dazu, ich habe das mit Hunden zum Beispiel. Ich kann nicht richtig nachempfinden, wie intensiv fühlt es sich für jemand an, wenn der seinen Hund verloren hat. Also ist es bei dem wie so ein drittes Familienmitglied zur Partnerin oder ist es irgendwie so, oh schade, aber naja, ich kaufe mir einen neuen. Das ist zum Beispiel so ein Case, das Thema Verlust kenne ich. Thema Tier, welche emotionale Bindung hat das bei dir? Kann ich ja gar nicht so nachempfinden.

Jan Michalsky: Ja, und ich glaube, da ist eben das Problem nicht, dass du nicht nachempfinden kannst, wie es ist, einen Hund zu verlieren. Also du könntest dir durchaus vorstellen, wie es ist, wenn du einen Hund hättest und du würdest den verlieren. Was du dir aber in der Situation halt nicht vorstellen kannst, ist, wie es ist, so eine intensive Verbindung zu einem Tier zu haben, dass dieser Verlust halt so stark ist. Und das ist eben auch was sehr Persönliches, die Bindung dann halt nachzuvollziehen. Und ich glaube, da ist auch eine ganz große Wechselwirkung zwischen emotionaler und kognitiver Empathie. Wenn ich das zum Beispiel, wenn das für mich gar nicht so ist, dass es für mich super schlimm ist, wenn man einen Hund verliert. Und ich sehe aber, wie traurig die Person ist und wie die leidet, denn erweitert das ja auch mein Weltwissen, dass ich sage, okay, da ist eine Person, die so emotional mit dem Gefühl auf den Reiz jetzt reagiert und dann kann ich das, glaube ich, besser nachvollziehen, ohne dass ich selbst in der Situation gewesen bin. Aber dieses ganze kognitive Empathie-Ding erfordert ja eben die Fähigkeit der Perspektivübernahme. Also es ist einer der Kernskills, und das fand ich super, als ich damals an die Realschule das erste Mal gegangen bin, hab da Deutsch unterrichtet, wie hoch da eigentlich der Stellenwert in der Literaturwissenschaft ist. Dass wir sagen, wir machen das nicht, damit die Leute Kurzgeschichten lesen können oder so, sondern damit die Empathie entwickeln. Ich lese eine Kurzgeschichte und ich versetze mich in die Person rein. Perspektivübernahme ist eine Textsorte, die die tatsächlich teilweise schreiben. Also dass sie sagen, wie ist es denn, wenn ich diese Person wäre? Und das ist aber ein Skill, der angebahnt werden muss. Und ich glaube tatsächlich, dass ganz vielen Leuten da schon die Fähigkeit fehlt, wirklich zu sagen, ich denke mich jetzt mal nicht nur in, wie wäre ich in dieser Position, sondern wie wäre ich in dieser Person? Also wenn ich auch diese Vorlieben und diese Interessen hätte und nicht einfach nur, ja, mir wird das nichts ausmachen. Sondern mir wird das aber was ausmachen, wenn ich du wäre. Und das sind halt, das ist eine andere Form von Perspektivübernahme.

Joel Kaczmarek: Ja, spannend. Und sag mal, wenn jetzt uns Menschen zuhören und sich fragen, wie so eine Umgebung aussieht, in der mit Charisma und Empathie gearbeitet wird. Weil es ist ja gerne manchmal so, dass man, ah ja, Ringelpiezen mit anfassen, wird ja nichts auf die Straße gebracht. Gerade in kritischen Zeiten, da muss man auch mal durchziehen. Also, sind wir wieder bei unserer patriarchalen Haltung. Wie sieht denn eine Arbeitswelt aus, in der man charismatisch als Führungskraft ist und empathisch miteinander umgeht?

Jan Michalsky: Du meinst so als Zukunftsvision, wie könnten wir uns einen Arbeitsplatz vorstellen, an dem das so wäre?

Joel Kaczmarek: Ja, als Ideal halt, oder als so, wenn man das mal integriert, uns zu denken.

Jan Michalsky: Ja, also ich glaube, dass es Wir haben ja dieses Ding, dieses Schlagwort, eins meiner Lieblingsschlagworte aus den letzten drei Jahren, Ambiguitätstoleranz. Der Mensch ist ja so unglaublich robust gegen Differenzierung. Also mal ein Thema wirklich als grau zu betrachten und nicht als schwarz-weiß, dass wir sagen, ja gut, wir haben jetzt eben so klassisch patriarchale Führung, wir haben eben Autorität und Orientierung und Struktur und das läuft alles so. Und dass sofort diese Angst ist, wenn wir jetzt sagen, ja, emotionale Führung, dass es dann heißt, ja, genau, was du gerade sagtest. Wir machen alle morgens erstmal einen Stuhlkreis und halten uns bei den Händen und singen Kumbaya. Und danach geht dann jeder in sein Bällebad und darf mit Bauchklötzchen seine Arbeits Dingens gestalten. Das ist ja sofort die Panik, die kommt, dass wir die ganze Zeit alle nur noch am Heulen sind. und ja, keine Ahnung, irgendwie machst du jetzt diese Aufgabe und du willst das nicht und dann schmeißt du dich auf den Boden und lässt deine Wut raus und sowas. Das ist ja nicht die Situation, die wir haben oder auch haben wollen. Sondern es geht ja tatsächlich um den regulierten Umgang. Das ist auch etwas, was ich als Vater selbst über die Erziehung halt auch lernen musste, dass ich sehr, sehr streng und autoritär und klassisch erzogen wurde, zumindest von väterlicher Seite. Und habe, als ich selbst angefangen habe, in meine Vaterrolle zu wachsen, auch gesagt, ich lehne das erstmal kategorisch ab. Und hab gesehen, das funktioniert halt überhaupt nicht. Also einfach nur auf Kompromiss und auf Augenhöhe und so nonstop geht halt einfach nicht, weil Kinder eben auch Orientierung brauchen. Also die brauchen eben auch Grenzen. Eine Erziehung ohne Grenzen ist zumindest meines Erachtens halt gar nicht möglich. Das heißt, da auch mal zu sagen, hier, stopp, bis dahin und nicht weiter. Ist etwas, was für Kinder meines Erachtens wichtig ist und aber glaube ich auch für, ohne das jetzt so auf so eine Erziehungsebene zu packen, auch für Mitarbeitende glaube ich wichtig ist, dass da auch mal eine Führungskraft sagt und so, das ist jetzt die Linie und hier wird jetzt gerade nicht diskutiert, sondern das muss jetzt gemacht werden. Und ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch, dass man das miteinander vereinbaren kann, dass man sagt, wir machen es nicht verweichlicht, sondern wir machen es emotional offener. Dass wir sagen, wir sind noch ganz weit davon entfernt, dass wir sagen, also hier ist jetzt und hier ist emotional verweichlicht und nur noch auf, man darf gar nichts mehr sagen. Und wir haben noch so viel Platz dazwischen, um einen Kompromiss zu finden.

Joel Kaczmarek: Und lass uns doch auch noch mal auf das Thema mit dem Rollenkonflikt eingehen. Wir hatten ja, das wird schon mal so angerissen, dass es ja manchmal gar nicht so einfach ist, Das, was wir gerade beschrieben haben, also empathisch sein, auch mit Charisma zu Werke gehen. Wenn man auf der einen Seite eine berufliche Hierarchie hat und auf der anderen Seite sozial auf Augenhöhe agieren möchte. Man könnte es ja sogar zuspitzen. Man kann ja sich sogar die Frage stellen, kann man miteinander befreundet sein, wenn man in einem Hierarchieverhältnis ist? Also ich kenne Führungskräfte, die sagen, mit Mitarbeitenden bin ich auf keinen Fall befreundet, kommt mir nicht in die Tüte. Und dann sagen andere Es gibt ja lustige Leute in der Startup-Szene, die gerne mal so sagen, wie eine Gründungsfamilie sind wir hier. Das ist so ein Extrem, was ich schon wieder schwierig finde, weil eine Familie hat ganz andere Werte als Freunde zum Beispiel oder auch als Kollegen. Also Unisex-FreundInnen, KollegInnen. Aber mal die Grundfrage zu stellen Wie verhalte ich mich, wenn ich empathisch sein will, es aber eine Hierarchie gibt, ich gleichzeitig aber auf Augenhöhe mir begegnen möchte? Hast du ja selber gesagt, mit Leiden ist übergeordnet, mit Fühlen ist auf Augenhöhe. Bis hin zur Frage, kann man miteinander gut befreundet sein, wenn man in so einer Lage ist?

Jan Michalsky: Ich finde, allein durch die, wie du die Frage gestellt hast, weist du halt super auf ein Problem hin, was wir in unserer Gesellschaft noch haben. Dieses Ding, dass wir sagen Die Rolle Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist so distanziert definiert, dass wir es mit der Rolle von Freundschaft vergleichen müssen, um überhaupt diese Emotionalität in das Rollenkonzept mit reinzukriegen. Also ich glaube nicht, dass der Sinn der Sache ist, zu sagen, wir geben diese Rollen auf und sagen, ja, du bist gleichzeitig Freund und Vorgesetzter. Ich glaube, dass wir an einen Punkt kommen, an dem wir soziale Rollen neu ausdefinieren müssen, um zu gucken, was ist denn eventuell ein kollegiales Verhältnis, was auf Augenhöhe stattfindet, aber nicht eine Freundschaft ist. Ich glaube, wir haben diese Rolle noch gar nicht definiert. das so trennen zu können, weil das bis jetzt halt noch nie die Notwendigkeit war. Weil wir gesagt haben, wir haben diese eine strikt abgegrenzte Rolle Arbeitnehmer und diese eine strikt abgegrenzte Rolle meine persönliche im privaten Leben mit meinen Freunden zusammen. Und dass wir sagen, wir müssen die Grenzen ein bisschen aufweichen. Wir müssen gucken, wie ist eigentlich der moderne Arbeitnehmer definiert. Wo wir jetzt eben auch das mit den neuen Bedürfnissen der Gen Z haben, die ja ganz andere Bedürfnisse an den Tag legen als jetzt die Generationen davor. dass die sich einfach mit dieser vor 50, 60 Jahren definierten sozialen Rolle des Arbeitnehmenden nicht mehr anfreunden können. Deswegen würde ich gar nicht sagen, dass Also ja klar, es ist durchaus auch möglich, dass man sagt, man ist Kollegen und man ist befreundet, vielleicht noch im privaten Bereich und kann das irgendwie trennen. Ich würde aber eben sagen, dass der erste Punkt erstmal ist, diese Arbeitnehmer-, Arbeitgeberrollen ein bisschen neu zu definieren vor dem Hintergrund unserer modernen Gesellschaft. Um auf die Frage einzugehen, können wir diese Rollen beide haben? Ich glaube tatsächlich, dass wir gerade diese große Schwierigkeit haben, wie definiere ich meine Rolle, wie nehme ich die ein? Und wenn ich gar nicht weiß, was meine Rolle Arbeitnehmer eigentlich ist, auch zufriedenstellend, auch sinnstiftend, dann kann ich die Rolle, glaube ich, gar nicht trennen von Freund und Freundin. Und dann kriege ich halt ein Problem. Wenn ich ganz klar weiß, das ist die eine Rolle, das ist die andere, dann kriege ich das, glaube ich, auch getrennt. Aber so weit sind wir, glaube ich, gerade nicht, weil alles so ein bisschen bröckelt. Und das macht natürlich Angst, aber da ist auch super viel Potenzial drin.

Joel Kaczmarek: Wirklich, ich habe vorhin, als du gesagt hast, Schlagwort so und so ist spannend, habe ich gedacht, was für ein komisches Begriff eigentlich, Schlagwort. Als wenn man jemanden mit einem Wort schlagen würde. Und ich denke jetzt auch gerade bei den Worten ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen darüber nach, Da steckt ja schon Hierarchie im Begriff drin. Also der eine gibt dir Arbeit, er ist der Gebende und der andere ist der Empfangende, der Nehmende. Damit bist du ja sozusagen schon straight gar nicht in der Lage eigentlich, dich auf Augenhöhe zu begeben, weil ich stehe ja über dir, ich gebe dir etwas, was du nicht hast, was du nur durch mich bekommst und ich nehme es. Kannst natürlich auch irgendwie wieder hier und da verzerren, das Bild, ja. Aber da steckt ja quasi schon ein Begriff drin, dass diese Logik dahinter steckt, ne?

Jan Michalsky: Ich bin jetzt überhaupt kein Freund davon, Sprache irgendwie zu normieren oder Sachen umzudefinieren, damit es halt irgendwie, ja damit es quasi eine, also außer im Gender-Bereich, da bin ich da voll dabei, aber eben zu versuchen quasi einen sozialen Wechsel zu forcieren, indem wir erstmal die Sprache anpassen und dann zu gucken, ob sich das nachentwickelt. Deswegen ist das jetzt kein ernst gemeinter Vorschlag. Aber eigentlich geht es ja auch darum, dass wir sagen, wir haben auf der einen Seite einen arbeitgebenden Menschen und auf der anderen Seite einen arbeitnehmenden Menschen, sodass wir sagen, die Definition ist nicht, ich bin der Arbeitgeber und ich identifiziere mich dadurch, dass ich dir Arbeit gebe, sondern ich bin halt in erster Linie ein Mensch, der mit dir auf Augenhöhe in Kontakt kommen möchte und natürlich gebe ich dir auch Arbeit, aber das ist eine Funktion, die ich habe und nicht eine Identität. Und dass das mir auch in unsere Rolle reinkommt, dass ich da hingehe und sage, wir sind erstmal Menschen und dann kommt die Hierarchie natürlich noch dazu, ich bin weisungsbefugt und sowas alles, aber eben trotzdem, dass wir im Hinterkopf haben, diese Autorität überschreibt nicht die Tatsache, dass du ein Mensch mit Bedürfnissen bist in der Kommunikation.

Joel Kaczmarek: Hast du dir eigentlich im Bereich Empathie schon mal das Militär angeguckt? Weil es gibt ja einen ganz merkwürdigen Effekt dort. Da ist der Begriff Hierarchie ja eigentlich erfunden worden. Es ist die hierarchischste Form der Organisation, die es gibt. Und gleichzeitig gibt es ja aber so Generäle oder Redelsführer oder wie immer die Rolle dann heißen mag, wo ja wirklich andere Soldaten für die Leute bereitwillig in den Tod gehen. Also für deinen General, weil Es ist ganz ulkig, dass da so eine Form von Empathie und Verbindung herrscht, obwohl es diese starke Struktur gibt und die Rollen sozusagen lasersharp abgetrennt sind voneinander.

Jan Michalsky: Gehe ich jetzt ein bisschen aus meiner Expertise raus, aber ich habe da tatsächlich schon mal, ich kann mich allerdings gerade nicht erinnern, in welchem Doch, mit einem Kollegen hatte ich darüber gesprochen, der gerade sowas wie Obrigkeitshörigkeit dazu definiert hat. Und ich würde, ohne jetzt jemandem zu nahe treten zu wollen, aber ich glaube, dass diese Form von »Ich würde für den sterben« nichts mit Empathie zu tun hat an der Stelle. Also es ist eher unfreiwillig an der Stelle. Ich kriege ja einen Vorgesetzten, den ich mir nicht ausgesucht habe. Aber dieses Ding, ich habe jemanden, der mir vorgesetzt ist. Ich bin von dieser Person in einer gewissen Abhängigkeit. Ich kann mich nicht frei verhalten und sich dann bedingungslos unterzuordnen, also dieser Drang, sich zu unterwerfen und eine Person zu haben, die für einen die Entscheidung übernimmt, obwohl ich sage, ich muss nichts mehr tun, außer für diese Person bedingungslos zu sterben und alle anderen Entscheidungen werden mir abgenommen, ist, und das ist, glaube ich, eben auch problematischerweise, auch in der freien Wirtschaft, in unserer menschlichen Natur verankert. Also, dass wir sehr, sehr schnell dazu gehen, uns Obrigkeiten unterzuordnen und dann auch Dinge zu tun, die eigentlich unseren Moralvorstellungen widersprechen. Mhm.

Joel Kaczmarek: Ja, ich erinnere mich lustigerweise an so eine militärische Situation. Ich war für die Bundesregierung im Verteidigungsministerium und traf den Obergeneralinspektor der Bundeswehr. Das ist der höchste Soldatenrang, den es gibt in Deutschland. Und dann haben wir so unseren Chitchat gemacht, bevor der Podcast losging. Und ich frag halt immer, ich sag so, ja, wir duzen, es ist okay. Das war der Erste, der gesagt hat, nee. Und es war ganz witzig, weil ich hab ja Top-Minister gehabt, die so, ja klar, Joel, das machen wir, ist kein Thema. Mhm. weil sie natürlich auch dadurch Nahbarkeit herstellen wollen vom Amt. Aber ich habe es halt ganz intensiv gemerkt, das war halt für den, da war ein Professor dabei, er und ich, da hat der Professor gesagt, ihn würde ich niemals duzen. Also dich duze ich über ihn nicht. Und das hast du halt verstanden, dass diese Rollentrennung an der Bezeichnung auch sich aufhing. Und dass das sozusagen eine Klarheit auch reingibt in das Verhalten untereinander. Auf die Frage, auf die ich jetzt hinsteuern will, ist, Das ganze Thema mit Charisma, ich führe empathisch. Wie ist das mit dem Thema Siezen? Weil da gibt es ja durchaus Grabenkämpfe in der Wirtschaft. So Oldschool sagen sie, nee, hier wird gesiezt. Aber manchmal nehmen sie dann sogar die Krawatte ab und sagen, ich biete immer das Du an. Das ist ja so ein Classic.

Jan Michalsky: Also mein Impuls, den ich da gerade noch zu hatte, ich weiß nicht, ich glaube Kann jetzt total ein Fettnäpfchen sein, aber war es Band of Brothers oder so, wo dieses Zitat ist, wir salutieren nicht der Person, wir salutieren dem Rang. Wo eben gesagt wird, es geht hier auch das Grüßen und der Respekt ist nicht gegenüber dem Menschen, der dahinter steht, sondern gegenüber halt der Position, die bekleidet wird. Und diese Person, würde ich jetzt mal halt sagen, über seine Definition auch, ist in der Situation, wo er mit dir geredet hat, verabschiedet. vollkommen identifiziert mit der Position in der Hierarchie, die er hatte. Und da passt das einfach nicht rein. Die Rolle ist definiert durch die soziale Distanz. Und ja, ich habe ganz viele Leute aus dem militärischen Bereich, die mir das auch immer wieder sagen, dass sie sagen, wenn Leben auf dem Spiel stehen, dann brauchst du diese klaren Strukturen und Hierarchien. Man kann jetzt lange darüber diskutieren, ob die Strategie, also die Hierarchie, die du auf dem Schlachtfeld hast, notwendigerweise auch jeden Bereich dieses Berufs durchziehen muss. Aber es ist natürlich einfacher, denn die Rollen zu trennen und nicht in Diskussionen zu verfallen, wenn es ernst wird. Deswegen glaube ich, dass Militär ein ganz, ganz spezifischer Bereich ist. Und ich meine, ich bin ja selbst auch Militärsohn. Also mein Vater ist Oberstleutnant gewesen. Das heißt, ich kenne diese Schwierigkeiten in der Trennung dieser beiden, dieser Welten. Und ich glaube, da kommen wir nämlich auch wieder da rein. Dass da nämlich dann die Schwierigkeit ist, da habe ich die soziale Rolle und die ist klar getrennt. Und wenn ich nach Hause gehe, gehe ich aber da raus. Und bin wieder in meiner sozialen Rolle des Vaters oder des Freundes oder so. Und das ist, glaube ich, eben etwas, was wir eben noch auszuhandeln haben, dieser fließende Wechsel zwischen den sozialen Rollen, wenn wir eben auch darüber reden, wie definieren wir das Ganze. Was jetzt das Siezen angeht habe ich keine pauschale Antwort drauf. Also ich würde sagen, das Duzen und das Siezen ist was, was symptomatisch für die Rollendefinition steht und dann quasi automatisch mitkommt, wenn wir geklärt haben, was erwarten wir eigentlich von den Rollen. Das Siezen ist ja im Wesentlichen ein Mittel, um Distanz zu schaffen, auch auf sprachlicher Ebene. Solange ich nicht in der Lage bin, auf einer persönlichen, emotionalen Ebene diese Distanz zu halten, ist das Siezen und Duzen halt auch nur Also wenn ich dir jetzt das Du anbiete als Banker und bin aber die ganze Zeit noch in meiner Rolle da drin, ist es halt auch Banane. Also es erschafft nicht wirklich Nähe, es suggeriert halt nur was. Ja, deswegen ist das tatsächlich eine Frage, mit der ich mich noch gar nicht intensiver befasst habe, weil das halt eben wieder versuchen, die Fassade anders anzustreichen, wenn das Haus dahinter aber eigentlich marode ist. Also das ist, glaube ich, nicht das Hauptproblem. Und ich glaube auch zu sagen, ja, wir bieten jetzt das Du an und dadurch wird es nahbarer, auch nicht wirklich das Problem löst.

Joel Kaczmarek: Ich habe auch gerade mal geguckt, wie viele Kulturen es eigentlich gibt, in denen quasi geduzt oder gesiezt wird. Im Englischen hast du es zum Beispiel gar nicht. Da wird es ja manchmal über den Vornamen geregelt, dass das Vornamen nennen als duzen empfunden wird. Aber aus dem Französischen kennt man es zum Beispiel auch. Thü und Wu. Aber anyway, wir wollen auch nicht hier zu sehr in Details abschweifen. Aber ich glaube, es ist für viele ein Thema. Genau diese Rollenklarheit und dieses Miteinander, dieses soziale Gefüge. Genau dieser Rollenkonflikt, den wir eigentlich besprochen haben. Ich bin auf der einen Seite Führungskraft, vorgesetzte Person und auf der anderen Seite will ich aber nie ein Empathie herstellen, dürfen wir uns jetzt duzen, ja oder nein. Wir sind hier in einem 300 Jahre alten Familienunternehmen, darf ich jetzt irgendwie Frank sagen, anstatt Herr, whatever it is. Wo wir aber noch am nächsten interessanten Thema zum Abschluss sind, was du auch kurz angerissen hattest, Gen Z. Da sind wir ja ein bisschen hier bei Ringelpitz mit Anfassen. Wir gehen ins Bällebad, schmeißen uns auf den Boden, wenn es uns nicht gefällt. Es ist ja so dieser Prototyp. Faul, hält nichts mehr aus, jammert nur rum, nimmt sich Sachen raus, die er sich noch gar nicht verdient hat. Das ist ja, was dieser Rolle so zugeschrieben wird. Was ist so deine Wahrnehmung dazu?

Jan Michalsky: Ja, ist auch wieder ein super großes Thema und habe ich auch tatsächlich möglicherweise eine kontroversere Meinung zu, weil ich überhaupt kein Freund vom Gen-Z-Bashing bin. Das hat mal jemand hervorragend erklärt, so Bedürfnispyramide nach Maslow ist dir ein Begriff, ne? Ja. Also es geht ja darum, dass die Bedürfnisse, also nur für, falls jemand zuhört, der damit nichts anfangen kann, die Bedürfnisse quasi nach, ja sagen wir mal Dringlichkeit zu ordnen. Dass du unten die Grundbedürfnisse hast nach Schlaf und Nahrung und dann kommt das Sicherheitsbedürfnis und Soziales Bedürfnis und ganz oben kommt dann die Selbstverwirklichung und die Selbstentfaltung. Und wir haben im Krieg und direkt in der Nachkriegsgeneration dieses Ding gehabt, dass die gesamte Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet war auf, ich brauche finanzielle Stabilität, ich brauche Sicherheit und ich muss ein Dach über dem Kopf haben und ich brauche was zu essen. Und dann hat man eben auch gesagt, Selbstentfaltung oder sowas kommt ganz nach hinten. Wichtig ist erstmal, dass ich einen Job habe, dass ich funktioniere, dass das Einkommen reinkommt, damit das alles gesichert ist. Und das ist so ein bisschen dieses Problem, was wir in diesem Gen-X-Boomer-Wechsel hin zu den Millennials haben. Dass dieses Mindset, wir müssen die untersten Stufen der Bedürfnispyramide sichern, immer noch weitergegeben wird an eine Generation, die das gar nicht mehr braucht. Also natürlich müssen wir noch Geld verdienen und uns ernähren und so, aber wir leben inzwischen in einer Zeit, in der wir nicht super darum bangen müssen, ob wir sicher sind, ob wir Also ich meine, klar, um das jetzt mal die typische Bresche da noch reinzuhauen, wo die Medien uns natürlich das Gegenteil erzählen wollen, aber es eben nicht so ist, dass wir uns die ganze Zeit Wir müssen nicht die ganze Zeit Angst haben, wir müssen nicht die ganze Zeit fürchten, wo unser Essen herkommt und so. Das soll jetzt auf keinen Fall schmälern, dass es natürlich auch in Deutschland Leute gibt, die hungern und die um ihr Leben fürchten müssen. Aber erstmal grundsätzlich geht es uns als Gesellschaft halt deutlich besser als in den Nachkriegsjahren und vor allem in den Kriegsjahren. Und das ist etwas, was ich, und da bin ich fest von überzeugt, was der Gen Z halt gerade bewusst wird, dass die merken, mein Lebensinhalt ist nicht die untersten Stufen der Bedürfnispyramide abzusichern, sondern mein Lebensinhalt muss irgendwas anderes sein. Selbstentfaltung, Selbstverwirklichung. Und die stellen sich halt die Frage, was bin ich eigentlich? Was mache ich eigentlich? Was will ich eigentlich mit meinem Leben, wenn nicht arbeiten? Und wir haben keine Vorbilder, was das angeht. Also wir haben eine Generation, die uns gezeigt hat, wie man ein gutes Arbeitsethos entwickelt. Das haben wir gelernt. Also wie man durchzieht und durchballert, das haben wir gelernt. Das wissen wir, wie das geht. Aber wie man sich selbst entfaltet und seine eigenen Interessen entwickelt, das haben wir halt nicht gelernt. Und ich glaube, das Problem, was wir jetzt gerade haben, ist, dass wir eben diese, die Gen Z haben, die sagen, wir suchen nach Selbstentfaltung und das tragen sie halt auch in ihre ArbeitnehmerInnenrolle rein. Und wir müssen eben den Arbeitnehmenden neu definieren als jemand, der natürlich auch Bedürfnisse hat, die gesehen und berücksichtigt werden müssen. Und gleichzeitig muss die Gen Z aber, also die kriegen jetzt beide ein, also die Gen X und Boomer müssen mehr darauf Rücksicht nehmen, dass die Gen Z gesehen werden will. Da muss man drauf eingehen, das muss man auch ernst nehmen. Gleichzeitig muss die Gen Z aber sehen, ja, wir kämpfen für mehr Selbstentfaltung, für mehr Befriedigung unserer Bedürfnisse, aber das hat auch irgendwo eine Grenze. Also wir müssen gucken, dass wir uns irgendwo in der Mitte treffen. Und jetzt zu sagen, wir haben auf der einen Seite die Fraktion, die sagt, nein, das könnt ihr zu Hause machen. Und die andere, die sagt, nein, ich will das aber alles hier haben. Und beide nicht aufeinander zukommen und sagen, vielleicht kriegen wir ein bisschen was. Und hier, wir haben diese Grenze noch nicht ausgehandelt. Und ich glaube, das ist eben das Problem, dass die einen sagen, ihr kriegt gar nichts und die anderen sagen, wir wollen alles. Und wir noch nicht wissen, wo ist denn, ihr kriegt so viel, dass ihr sagen könnt, okay, dann reicht mir das. Denn hier ist immer noch Arbeit, hier ist nicht zu Hause, das muss halt getrennt sein.

Joel Kaczmarek: Naja, ich glaube, das ist insofern ein ganz gutes Bild mit der Bedürfnispyramide, weil natürlich jemand, der, sag ich mal, sich in einem Arbeitskontext befindet und sich das alles erarbeitet hat, von unten nach oben, jetzt mit jemandem konfrontiert wird, der diesen Weg noch gar nicht gegangen ist, aber die Spitze der Pyramide schon einfordert. Mhm. Und verbunden mit der Angst, dass wenn es jetzt wieder rauer zugeht, also wenn eine Krise kommt, dass die Fähigkeit, die unteren Böden der Pyramide nie gebaut zu haben, halt fehlt. Und ich glaube, es ist auch ein Stück weit merkbar, man kriegt ja manchmal so dieses Also wenn du möchtest, kann man es ja im Prinzip als Resilienz bezeichnen, ob sie die überhaupt aufgebaut haben. Weil ich erlebe halt hier und da auch mal so eine gewisse Ohnmacht aus Erzählungen heraus. Dass mir jemand sagt, ja, ich habe hier irgendwie mit Gen-Z-Leutchens irgendwie verhandelt über eine Stelle und dann habe ich zugesagt, habe aber auch klare Wünsche geäußert und auf einmal ghosten die mich und antworten nicht mehr. Und ghosten ist ja der Inbegriff von irgendwie Machtlosigkeit. Also ich fühle mich ohnmächtig. Deswegen setze ich mich nicht mit dir auseinander. Also das wäre so der einzige Gedanke, den ich hätte, wenn ich über das obere Drittel der Pyramide verhandle. Mhm. das untere aber noch gar nicht für mich geschaffen habe oder Kompetenzen habe, es zu schaffen, gibt's da nicht so ein Mismatch. Weißt du, was ich meine?

Jan Michalsky: Ja, und ich bin ja ganz ehrlich, das ist auch eine Sorge, die ich in gewisser Weise auch teile, weil ich halt sage, gut, ich bin jetzt an dem Punkt, wo ich die letzten sechs Jahre daran gearbeitet habe, meinen emotionalen Zugang zu kriegen, empathischer zu werden und so. Aber ich habe vorher 30 Jahre in diesem Hustle-System gesteckt. und wenn jetzt zum Beispiel eben die Situation kommt, dass es heißt, ja, ein Arbeitsauftrag muss bis nächste Woche fertig sein, dann ist es für mich halt überhaupt kein Problem, quasi auf Kommando zu dissoziieren und voll durchzuballern für eine Woche. Also ich hab halt diese Fähigkeit noch, ich kann das noch. Und die Frage ist dann tatsächlich da, wenn jemand das nie durchmachen musste, ist es dann überhaupt noch möglich? Aber da sind wir eben auch ein bisschen bei dieser Frage, inwieweit müssen wir auch die Generation auf eine Katastrophe vorbereiten, die erstens nicht da ist und zweitens vielleicht auch eben nicht kommt. Und zu sagen, ja, wir schneiden denen jetzt halt ordentlich Lebensqualität ab und leben in einem Mindset, was wir vor 30, 40 Jahren hatten, Aus Angst davor, dass es wiederkommen könnte. Also definitiv diese Resilienz und auch dieses, ich muss auch mal durchziehen können, aufgebaut werden muss, gar keine Frage. Die Frage ist nur, ob man das machen muss, indem man halt die Strukturen wiederholt, die damals dieses Mindset erzeugt haben.

Joel Kaczmarek: Interessant.

Jan Michalsky: Ja, und das ist tatsächlich, glaube ich, etwas, wo wir einfach auch noch gar nicht genug im Dialog sind, um das überhaupt erstmal auszuhandeln, wie wir das machen können. Weil halt von beiden Seiten eben, wie du gesagt hast, so hart blockiert wird, dass wir auf der einen Seite die Führungskräfte der alten Generation haben, die sagen so, nee, das maximalste, was ihr kriegt, ist ein Obstkorb. Und auf der anderen Seite, denn eben die Gen Z, die sagen so, ich brauche aber 60.000 Euro und 60 Tage Urlaub im Jahr. und wenn du dann sagst, nee, gibt's nichts, dann werde ich patzig und schreibe nicht mehr. Also dann halt auch zu ghosten, da ist halt gerade das, was ich eben auch feststelle, wenn ich eben mit Auszubildenden und mit Praxisanleitern zu tun habe, dass ich sage, es muss halt von beiden Seiten. Einsatz kommen und daran gearbeitet werden und zwar nicht nach dem Motto, wie setze ich jetzt meine Interessen durch, sondern wie können wir tatsächlich von beiden Seiten auch versuchen, einen Kompromiss anzustreben. Und ich glaube, es wird einfach noch viel zu viel einen Krieg draus gemacht, als dass man sich irgendwie darauf einigen könnte.

Joel Kaczmarek: Wie würdest du denn eine Form der Resilienz herstellen, wenn nicht über das alte, bekannte Hustle-System?

Jan Michalsky: wie war das? You catch me with my pants down. Das ist tatsächlich, da wäre ich zum gegebenen Zeitpunkt noch überfragt. Also habe ich keine Pauschallösung für, wäre jetzt tatsächlich für mich die Impulsfrage, um das mit rauszunehmen und zu sagen, da möchte ich eine Antwort drauf finden. Dass es immer nur so wichtig ist, wir müssen die Leute an einen Tisch kriegen und wir müssen gucken, dass wir da einen Kompromiss finden, aber dadurch, dass dieser Kompromiss und diese Diskussion noch so in den Kinderschuhen steckt, weiß ich noch nicht, wie da die Lösung aussehen könnte.

Joel Kaczmarek: Finde ich aber sehr empathisch, wenn man auch einfach mal sagt, wenn man keine Ahnung von was hat. Sowieso zeichne ich das aus, ja, nochmal zu sagen, ich verlasse hier meinen Kompetenzbereich, ich äußere jetzt mal eine Meinung auf Hypothesen und schaut mal, was es mit euch macht. Finde ich gut. Danke. Ja gut, dann ist es doch quasi vielleicht auch mal eine schöne Schlussdenksportaufgabe für die Menschen da draußen. Vielleicht gibt es ja auch schon funktionierende Erfolgsbeispiele, die sie dann mit uns mal teilen können. Dir danke ich ganz herzlich, dass du dein Wissen und deine Erfolgsbeispiele mal mit uns geteilt hast und bis zum nächsten Mal darf ich da wahrscheinlich sagen, oder?

Jan Michalsky: Ich danke dir und lieben gerne.

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