Inbox Zero 📭 : Der Weg zum E-Mail-freien Büro

5. September 2024, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute habe ich den lieben Bernd Kopin zu Besuch. Bernd ist Geschäftsführer bei einer Firma namens BridgeFlow und BridgeFlow wiederum unterstützt Unternehmen und Teams dabei, besser miteinander zusammenzuarbeiten. Und ich nehme von Bernd immer ganz wertvolle Tipps mit, Was denn eigentlich Produktivität steigert? Und heute haben wir uns ein richtig geiles Thema daraus vorgenommen, nämlich, wie kriege ich ein E-Mail-freies Büro hin? Das kennen wir, glaube ich, alle, dass wir teilweise einfach nur noch Opfer der E-Mail sind, aus unterschiedlichen Richtungen gesehen. Also zum einen, glaube ich, kennen wir alle so diese Dopamin-Spikes, die man hat, wenn man so zehn Mails wieder abgearbeitet hat und irgendwie kommt immer so eine kleine Gratifikation ins Postfach rein. Und zum anderen stöhnen wir aber alle unter der Last, was da eigentlich täglich reinkommt und haben so ein Stück weit immer das schlechte Gefühl mit dem Gepäck, wenn wir noch drei E-Mails nicht beantwortet haben oder da was unklar geblieben ist. Deswegen sprechen wir heute mal darüber, was macht denn eigentlich E-Mail so problematisch. Wir können auch mal schauen, wie so der typische Tagesablauf aussieht mit der E-Mail, weil dann kriegt man auch mal so ein Gefühl, wie der eigentlich eingebunden ist. Und dann gucken wir uns natürlich an, was sind denn die Ursachen dafür, dass das so problematisch ist. Und wir wären nicht wir, wenn wir nicht nach hinten raus auch noch ein paar Lösungsvorschläge hätten. Von daher heute, glaube ich, eine sehr, sehr spannende Folge. Und lieber Bernd, in diesem Sinne, schön, dass du da bist. Moin, moin.

Bernd Kopin: Moin Joel, freut mich sehr. Freue mich auf den Unterhalter.

Joel Kaczmarek: Wie ist es bei dir mit der E-Mail? Wie stehst du dazu?

Bernd Kopin: Ja, gute Frage. E-Mails sind Fluch und Segen zugleich. Vielleicht kurz, wie wir überhaupt oder warum ich dieses Thema E-Mail so interessant finde. Bei mir gibt es seit über zehn Jahren keine internen E-Mails mehr. Die haben wir abgeschafft. Da kann ich gleich noch ein bisschen was zu erzählen. Warum das Thema E-Mail? Warum triggert mich das so? E-Mails sind, ja, ich glaube, die erste E-Mail kam in Deutschland vor 40 Jahren an und hat damals 24 Stunden zur Übertragung gebraucht. Wurde seitdem quasi immer als das führende Medium genutzt, um natürlich zu kommunizieren. Und dafür ist es ein super Medium zur Kommunikation. Wurde aber, und das ist auch das Problem, was wir heute auch besprechen können, vermehrt auch als das Go-To-Tool und Forum genutzt, um Arbeit zu organisieren, um Teams und Projekte zu organisieren. Und das ist eine Vollkatastrophe. Also können wir gleich mal auch, habe ich ein paar Fakten mitgebracht, was für Probleme das eigentlich führt, zu welchen Problemen das führt. Aber das war dann der Auslöser, warum wir gesagt haben, wir schaffen E-Mails ab bei uns, zumindest intern und bauen dann quasi eine andere Kultur auf und bauen uns quasi entsprechend auch Prozesse und Tools auf, die das ermöglichen. Und ich glaube, alle Zuhörer werden jetzt auch so nicken und sagen, ja, ich möchte noch eine Person kennenlernen, die sagt, ich liebe E-Mails, ich habe Bock auf E-Mails. Also ich glaube, die meisten Genau wie beim Thema Meetings sagen, ich hätte gern weniger davon. Und genau das haben wir bei uns geschafft.

Joel Kaczmarek: Crazy. Also ihr habt gar keine E-Mails, ich nehme mal an intern, von extern kriegst du ja welche rein.

Bernd Kopin: Intern, genau. Intern haben wir komplett abgeschafft und extern, klar. Wir haben ja zum Beispiel auch in Vorbereitung zum Podcast E-Mail geschrieben. Aber selbst externe E-Mails landen bei mir oft auch in einem Tool. Wir nutzen Asana natürlich, wo ich die dann quasi auch zu umsetzbaren Tasks, also Aufgaben umwandeln kann, wenn es jetzt nicht eine reine Information ist. Weil oft ist ja eine E-Mail, Schreibst du eine E-Mail und sagst, kannst du bitte ABC machen oder ich brauche bitte XYZ von dir. Und das ist am Ende eine Aufgabe. Und E-Mail ist quasi schlecht strukturiert, um Aufgaben und Projekte zu managen.

Joel Kaczmarek: Ja, guter Hinweis auch, by the way. Wir arbeiten ja auch mit Asana fleißig zusammen, weil du gehörst ja zu den Größten, die Asana-Einführungen in Deutschland begleiten. Und das ist ja auch freundlicher Partner und Sponsor dieses Formats. Doch ich glaube, heute wird Asana ein Teil der Lösung sein, aber vielleicht nicht der einzige. Also ich glaube, wir werden einige Vorschläge haben. Aber schon mal vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen dort. Und lass uns doch dann auch mal reintauchen. Also wir sind natürlich gleich neugierig zu erfahren, wie du das gemacht hast mit der E-Mail-Freiheit. Aber vielleicht ist als erstes mal nochmal interessant zu verstehen, was macht eine E-Mail eigentlich so problematisch?

Bernd Kopin: Also ich vergleiche das immer ganz gerne, wenn man sich so einen typischen Tagesablauf von Wissensarbeitern anguckt. Also jemand, der im Büro arbeitet. Meistens sieht das so aus, du hast leider Gottes auf deinem Smartphone deine E-Mail-App installiert. Die wenigsten von uns schaffen das. Das ist übrigens mal ein ganz interessantes Experiment. Das können wir vielleicht nachher bei den Lösungsvorschlägen nochmal angucken. Aber die meisten von uns haben eine E-Mail-App auf dem Telefon, auf dem Smartphone, auf dem iPad und natürlich auf dem Computer. So sieht das aus, du stehst, die meisten Leute nutzen meistens auch ihr Handy als Wecker, stehen dann morgens auf, dann klingelt der Wecker um sieben und das macht man, man schaut sich die Notifications auf dem Handy an und da sind ganz viele E-Mails drin. Das heißt, das Erste, was viele Menschen schon tun, ist morgens ihren Kopf wie Unterbewusstsein schon in Themen zur Arbeit zu verlieren. Eine E-Mail von einem Kollegen ABC, eine E-Mail vom Kunden, Problem hier, ich brauche was da und zack bin ich schon quasi in dieser Welt dieses, ich nenne das hyperaktives Arbeiten, ständig. irgendwie will jemand was von mir und das ist schon fast wie so eine Droge. dass man dann Angst hat, was zu verpassen, wenn man quasi seine E-Mails nicht die ganze Zeit checkt. Und ich glaube, das ist jetzt nichts Neues, was wir hier erzählen. Das ist ja ein bekanntes Phänomen. Aber so fängt der Tag von vielen Menschen heutzutage schon an. So, dann stehe ich auf, dann frühstücke ich. Die meisten Menschen, während sie frühstücken, wenn sie frühstücken, haben das Handy am Tisch und scrollen E-Mails, Facebook, Instagram, was auch immer dann am Handy drauf ist. Dann geht es ab ins Büro. Wenn ich mit der Bahn ins Büro fahre oder mit dem Auto, habe ich trotzdem auch wieder E-Mails, die ich checke. Und dann komme ich im Büro an. Was mache ich? Ich öffne das E-Mail-Programm zuerst. Und ich glaube, hier ist das erste große oder das zweite Problem ist jetzt hier, dass die meisten Menschen, Wissensarbeiter, das E-Mail-Tool mit Arbeit gleichsetzen. Also wo findet meine Arbeit statt, was ich täglich mache in meinen E-Mails? Das heißt, diese Bombardierung von unstrukturierten Informationen, da kommen wir vielleicht gleich nochmal zu, dass das E-Mail-Tool an sich, der Service, überhaupt nicht dafür organisiert ist, überhaupt nicht dafür gebaut ist, Informationen so zu strukturieren, dass ich quasi damit arbeiten kann. Und trotzdem ist es eigentlich als Kultur relativ normal, dass wir ständig mit E-Mails arbeiten und dass da unsere Arbeit in diesen E-Mails drin ist. Und das dritte Problem ist eigentlich, und ich glaube, da werden sich auch viele ertappt fühlen, ist, dass uns E-Mails ständig unterbrechen. Also sagen wir mal, du hast gerade ein Projekt, beispielsweise neue Webseite. zu bearbeiten, neue Webseite zu machen. Das braucht ja Konzentration. Du musst dich ja konzentrieren. Du kannst ja nicht alle fünf Minuten irgendwie dich unterbrechen, sonst kommst du ja nicht weit. Aber E-Mail macht genau das. Eine E-Mail unterbricht uns ständig. Also auch die wenigsten Menschen, die im Büro arbeiten, die ich kenne, schalten ihr E-Mail, also wenn es jetzt Gmail ist oder Outlook, schalten das aus, wenn sie arbeiten. Das heißt, das ist das nächste große Problem. Da habe ich auch gleich noch ein paar Fakten zu. tatsächlich, aber wir werden halt ständig unterbrochen. Also vielleicht nochmal von vornherein. Morgens aufstehen, E-Mails checken, ich bin direkt in dieser Gedankenwelt, hab dieses FOMO. Dann ins Büro, meine Arbeit ist in einem Tool organisiert, das E-Mail-Tool, was überhaupt nicht dafür gedacht ist. Und drittens werde ich ständig unterbrochen von der eigentlichen Arbeit, die ich machen muss. Das sind so drei der Kernprobleme, die ich bei E-Mails sehe.

Joel Kaczmarek: Ich denke gerade so darüber nach. Lustigerweise, ich weiß noch, Werner Zorn, mit dem ich in der D-School war zusammen, der hat die erste E-Mail aus den USA bekommen, 1984. Und da muss man sich mal überlegen, was du gerade gesagt hast, dass das minutenlang noch gedauert hat. Und ich finde das Schwierige an der E-Mail ist ja aber auch, dass es so ein Hybridformat ist. Also wenn man es mal ganz genau nimmt, ist es eigentlich die Digitalisierung des Briefes. Also normalerweise hättest du sonst früher Unternehmen, an Unternehmen hättest du einen Brief geschickt oder irgendwann mal vielleicht mal einen Fax. So. Brief, Fax, Mail. Und dann passiert ja so vieles auf einmal. Also es ist ja ganz oft so, dass man zum Beispiel Datentransport über E-Mail macht. Also es gibt dann einen Anhang, du willst jemandem was zukommen lassen, den neuesten Vertrag. Oder es ist eine Aufgabe zuschustern oder es ist eine Frage stellen oder wie oft ist man eigentlich nur CC in E-Mails, die einen gar nicht direkt betreffen. Es ist mehr so ein For-Your-Information-Mitlesethema. Also da kommen so ganz viele verschiedene Funktionen manchmal in einem Medium zusammen. Das macht es wahrscheinlich auch so ein bisschen schwer unterm Strich, oder?

Bernd Kopin: Absolut. Und es gibt auch die sogenannte CC-Falle. Also in vielen Unternehmenskulturen sichern sich die Leute auch ab, ihre Chefs oder andere Kollegen oder Kunden in CC zu setzen. Habe ich dir doch gesagt. Quasi blähen damit auch die Empfängerliste auf. Und eigentlich brauche ich diese Informationen gar nicht. Trotzdem wird von mir verlangt, dass ich die angucke. Und ich bewundere manchmal im traurigen Sinne, bewundere ich manchmal Leute, die drei, vier, fünf E-Mails am Tag bekommen, wie die das überhaupt schaffen. Ja, dann gibt es Systeme, Ordnerablagen, Flagging mit Tags und so weiter, ist ja alles schön und gut, aber es ist ja Wahnsinn, wie Leute sich mittlerweile mit welche Hacks und Tricks und Tipps sich da ausgedacht haben, um mit ihren E-Mails zu arbeiten. und es ist echt Wahnsinn. Und Was du auch gesagt hast, stell dir mal vor, das ist so ein klassisches Beispiel, eine Konversation startet, also eine Person schickt eine E-Mail an fünf Kollegen beispielsweise, dann antwortet einer der Kollegen, dann hast du den ersten E-Mail-Thread offen, dann antwortet einer der Kollegen dir, setzt die anderen aber nicht in CC, dann hast du einen zweiten E-Mail-Thread offen, ein anderer Kollege antwortet dir und setzt aber noch weitere Leute in CC, dann hast du einen dritten E-Mail-Thread offen. Und das geht ja die ganze Zeit so weiter. Das ist ja Wahnsinn. Und wie sollst du denn da überhaupt noch den Überblick behalten, wenn dann Aufgaben, Projekte, Informationen und auch Anhänge mitgeteilt werden, die in sechs, sieben verschiedenen Threads angehängt sind? Und was oft ein Phänomen ist, wo waren das nochmal, das PDF oder die PowerPoint? Dann sucht man in seinen E-Mails über die Suchfunktion, mit wem habe ich denn das gesucht? Dann verbringt man 10, 15 Minuten, um ein Dokument zu finden, was eigentlich hätte irgendwie anders und einfacher auffinden zu sein sollen. Und das ist auch so ein Phänomen, warum wir E-Mails nicht gut finden.

Joel Kaczmarek: Ja, ist verrückt. Also da merkt man, wie das auch so zweckentfremdet wird. Und vor allem, wo ich gerade noch so drüber nachdenke, ist, ehrlicherweise, so nervig man Mails irgendwie findet, man hat auch immer so einen kleinen Kick, wenn man die sieht, oder? Also man freut sich immer so ein bisschen. Oh, da kommt was rein. Ein Kommunikationsversuch. Wow, wer schreibt mir denn da Nettes? Verdienen wir jetzt vielleicht Geld? Fragt da jemand was an? Oder gibt's irgendwie eine tolle neue Funktion, die ich jetzt entdecken kann bei einer Software, die ich benutze. Ich ertappe mich so dabei, dass es schon immer so Ich weiß noch, als ich studiert hab, gab's immer diesen Uses and Gratifications Approach. Das ist so ein 80er-Jahre-Mediennutzungsmodell, wo es im Prinzip so hieß, du benutzt Dinge und du kriegst Gratifikationen, also Belohnungen daraus. Und dann gibt's so Mikrogratifikationen. Also, eine Mail aufzumachen und was Interessantes zu erfahren, ist quasi eine Gratifikation für dein Nervensystem. Sagst du, oh, toll, da ist was passiert. Olympisches System springt an, zack, zack, zack, los geht's. Hast du da ein bisschen Erfahrung mit? Ist das wirklich so, dass das so wie so eine Art Drogencharakter manchmal hat?

Bernd Kopin: Absolut, das ist mittlerweile sogar bewiesen. Es ist jetzt egal, ob das deine E-Mail ist, ob das Facebook ist, Instagram, also in eine App, wo Informationen quasi kommen und wir ständig in diesem FOMO-Modus sind und Angst haben, was du verpasst, wenn du sagst, da schreibt mir jemand, ist das vielleicht Umsatz, den wir machen? Was kann ich da tun? Und zusätzlich, was die ganzen Anbieter ja tun, ist Warnfarben zu nutzen, also beispielsweise rot, wenn du jetzt quasi auf dein Mail-Programm schaust, dann sind da irgendwie 300 ungelesene E-Mails in einer roten Farbe, die Icons über den Apps. Vibrationen und Töne und ständig auch Benachrichtigungen, hey, hier ist eine ungelesene E-Mail und so weiter und so fort. Und das triggert unseren Fight-and-Flight-Modus auch an. Du verpasst was, du musst hier reagieren, du musst arbeiten. Deswegen ist das auch wie eine Droge, dass wir quasi ständig in diesen Sog kommen und jedes Mal, wenn wir unsere E-Mail-Provider öffnen, ist was Neues drin. Und neu löst automatisch wieder Begeisterung aus, löst Dopamin aus, wir müssen da jetzt dran arbeiten. Und das ist tatsächlich einfach krank. Und die gesundheitlichen Folgen sind mittlerweile auch bewiesen. Also es gibt eine Tatsächlich eine Korrelation zwischen E-Mails und Stress. Die ist bewiesenermaßen da. Und ich muss nochmal nachgucken, wo das herkam. Ich glaube, das war eine Harvard-Studie. Genau, das war Leslie Perloff, Harvard-Professorin, die das getestet hat. Und je länger man Probanden quasi in einem bestimmten Zeitraum mit E-Mails sich auseinandersetzen lassen hat, desto höher wurde das Stresslevel. Und die haben das aber auch umgedreht. Die haben mal gesagt, das ist Können wir ja später auch nochmal bei den Lösungen sprechen. Die haben quasi eine sogenannte Predictable Time Off getestet. Also sie haben quasi Probanden gesagt, es gibt jetzt diese drei Stunden, in denen du keine E-Mails beantwortest. Und es ist auch okay, das ist natürlich in der Vorbereitung so kommuniziert worden, es ist auch okay, dass du in dieser Arbeitszeit keine E-Mails beantwortest. Und vor dieser Studie haben 27% angegeben, dass sie sich morgens auf die Arbeit freuen und nach dieser Studie über 50%, weil sie weniger Stress hatten, weil sie weniger in diesem FOMO-Modus waren und wieder sich konzentrieren konnten. Und das ist am Ende dieser gesundheitliche Aspekt. Also Stress löst alles mögliche aus, chronische Krankheiten, das kennen wir, das haben wir im letzten Podcast ja auch besprochen, aber auch einfach Motivation, Verlust habe ich eigentlich auf meine Arbeit und wenn ich ständig unterbrochen werde von E-Mails auf der einen Seite und nicht mehr konzentriert arbeiten kann, aber auch ständig in diesem Fight-and-Flight-Modus bin, dann macht es auch gar keinen Spaß mehr und ist auch gesundheitlich tatsächlich einfach wahnsinnig schädlich.

Joel Kaczmarek: Es gibt ja von Cal Newport auch dieses schöne Buch Deep Work, heißt es auf Englisch, konzentriert arbeiten auf Deutsch, wo er genau das beschreibt, dass man eigentlich viel produktiver ist, wenn man halt mal drei, vier Stunden unterbrechungsfrei konzentriert an etwas arbeitet, dass das gar nicht mehr so möglich ist. Und ich kann mir vorstellen, dass dieses E-Mail-Thema, dass da auch so um Verbundenheit geht, weil ich habe heute Morgen, glaube ich gerade, sind wir wieder bei Social Media Tools mit Alerts, habe ich so ein TikTok-Video gesehen, wo ein Typ erzählt hat, ich kann es nicht verifizieren, ob es stimmt, aber ich fand den Gedanken interessant. dass er meinte, es gab so eine Studie, da haben die Ratten eine Flasche normales Wasser hingestellt und eine Flasche, die mit irgendwie Kokain, Heroin, sowas versetzt war, und haben geguckt, welches sie trinken. Ja, guess what? Fast alle haben halt das giftige Wasser getrunken, sind dann da verreckt dran und that's it. Und dann hat man den Test aber später noch mal mit einem ganz anderen Vorzeichen gemacht, nämlich, dass man die Ratten nicht hat alleine sein lassen. Also, die waren in Gesellschaft, und siehe da, ein Großteil hat das Zeug nicht mehr getrunken. Das heißt, sein Take war, Die Droge ist eigentlich nicht, sag ich mal, weil sie irgendwie so lecker schmeckt oder weil sie sozusagen per se so süchtig macht, wird die genommen, sondern als Mittel gegen Einsamkeit. Und wenn du die Einsamkeit sozusagen aus der Gleichung nimmst, dann wird gar nicht mehr darauf zurückgegriffen. Das fand ich einen super spannenden Gedanken und ich kann mir vorstellen, Bei E-Mails ist es auch manchmal so, dieses Gefühl, sich verbunden zu fühlen, oder?

Bernd Kopin: Es ist ein sehr interessanter Gedanke. Ich glaube, bei Facebook oder Social Media sogar noch viel mehr. Und zu dem, was du vorher gesagt hast, zu diesem ungestört Arbeiten, was Colin Newport ja auch da promotet. Also ich glaube, wenn wir uns mal in unserer Bubble mal umgucken oder Menschen, die viel am Computer arbeiten, sind drei Stunden konzentriert arbeiten, ist unrealistisch. Und das kann auch gar nicht das Ziel sein. Das ist so ein Moon-Ziel, das auch die wenigsten von uns erreichen. Aber Ich will vielleicht mal bildlich so einen Vergleich ziehen. Das ist auch so ein Vergleich, den ich oft in Workshops gebe, wenn wir quasi das Thema E-Mail und besser zusammenarbeiten machen. Stell dir mal vor, du läufst durch die Straßen, durch die Stadt. Das sind überall quasi so Werkstätten, wo beispielsweise Tischler ihre ganzen Tischlereien haben, so ein bisschen Kunstwerk auch machen. Und du schaust da so einem Tischler zu und der baut was Schönes gerade. Und stell dir mal vor, oder vielleicht anders gefragt, wie stellst du dir das vor? Vermutlich siehst du diese Person, wie sie sehr konzentriert an ihrer Sache arbeitet. Anders würde das ja gar nicht funktionieren. Stell dir mal vor, der zieht alle, und das ist jetzt Fakt, alle sechs Minuten seine Handschuhe aus, um sein Handy rauszuholen aus der Tasche, um seine E-Mails zu checken. Dann steckt er nach fünf, sechs Minuten das Handy wieder in die Hosentasche, zieht seine Handschuhe an und macht weiter an dem, was er arbeitet. Ja, der wird nie zu Ende kommen. Der wird schlechte Qualität liefern und der macht sich auch noch selbst kaputt, weil er ständig zwischen zwei Kontexten hin und her switcht. Und das mit den sechs Minuten ist das, was auch rausgefunden wurde, dass wir alle sechs Minuten unsere E-Mails checken. Und das bedeutet dann wiederum, das ist Rescue Time. Das ist eine Firma, die hat so ein Tool gebaut, wo man auch seine Online-Zeit mal tracken kann. Wie viel Zeit verbringt man eigentlich? in welcher Kategorie? Social Media, E-Mail und so weiter. Die haben 50.000 Menschen mal untersucht. Und herausgefunden, dass wir auf maximal in der Summe auf den Tag verteilt 75 Minuten konzentriert arbeiten. Über den Tag verteilt. Das heißt, wenn ich mir jetzt mal so den typischen Knowledge Worker anschaue, der jetzt, wenn wir zurückgehen auf das Beispiel Website, ist am Ende das Gleiche. Jemand, der eine Webseite baut, muss kreativ und konzentriert arbeiten. Oder jemand, der Tischler ist und einen Tisch gerade fertig baut, muss auch konzentriert arbeiten. Wohingegen die Person, die an der Webseite arbeitet, alle sechs Minuten im Schnitt seine E-Mails aufmacht und dann wieder vergessen hat, was habe ich denn da eigentlich geplant? und dann dauert es drei, vier Monate länger, die Webseite fertig zu machen, als wenn ich eigentlich konzentriert arbeiten wollte. Und das ist eigentlich das Paradoxe, was wir auch im letzten Podcast ja besprochen haben, wo ich gesagt habe, plane mal doppelt so viel Zeit ein, also anstatt irgendwie 17 Meetings back-to-back-to-back zu machen. Und ein Meeting dauert eine halbe Stunde, blockt ja auch eine halbe Stunde davor und danach, um einfach viel konzentrierter zu arbeiten, weniger Meetings zu haben und mehr Zeit auch für solche Sachen zu haben. Und wenn man das, zu deiner Eingangsfrage, wenn man sich das nochmal bewusst macht und seine Arbeit als Wissensarbeiter vielleicht auch mit einem handwerklichen Beruf gleichstellt, das kann man natürlich nicht 100% gerade ziehen, aber wenn man das mal so vergleicht bildlich, dann ist das schon wirklich krank. Und noch kranker ist, dass das normal ist, dass das die Kultur in vielen Firmen ist.

Joel Kaczmarek: Was sind die Ursachen eigentlich davon, dass E-Mails so schädlich genutzt werden?

Bernd Kopin: Ich glaube, weil es einfach ist, weil es auch als die E-Mail kam, wenig Alternativen gab. Also das hat sich quasi so entwickelt. Das war ein Prozess. Wie du sagst, früher haben die Leute sich Briefe geschrieben, dann kam auf einmal die elektronische Form. Und damals gab es halt keine Alternativen wirklich zu E-Mail. Die gibt es ja mittlerweile zuhauf und ich glaube, das hat sich einfach festgesetzt und hat sich so entwickelt. Sowas ist natürlich ein langer und schwieriger Prozess, sowas aus den Köpfen auch wieder rauszukriegen. Und vor allem ist es ja auch einfach. Und der Mensch geht immer den Weg des geringsten Widerstandes. Und es ist natürlich Arbeit, sich zu überlegen, hey, wie können wir das eigentlich besser machen? Das ist ein Change-Management-Prozess. Das ist ein kultureller Veränderungsprozess. Man muss da offen für Neues sein. Und ich glaube, was da hilft, ist, sich auch mal anzugucken, dass es tatsächlich auch Firmen gibt, die es besser machen. Also viele unserer Kunden haben auch gesagt, hey, nach der Arbeit mit euch und nach den Tipps, die ihr uns gegeben habt, weniger Meetings, weniger E-Mails, wir arbeiten konzentrierter, super geil, mehr davon bitte. Ich glaube, das braucht es auch mehr. Aber um nochmal auf deine Frage zurückzugehen, ich glaube, es ist einfach einfach. Es ist aber auch einfacher, sich eine Pizza in den Ofen zu schieben, als gesund zu kochen. Ist aber auch ungesund. Ich glaube, das ist eine ganz gute Analogie.

Joel Kaczmarek: Ja, ist gar nicht so schlecht. Aber gut, dann fasse ich nochmal zusammen. Also man hat so diesen FOMO-Faktor, Angst, was zu verpassen, will sich verbunden fühlen. Es ist sehr, sehr einfach in der Anwendung. Es ist wahrscheinlich auch so ein Kulturelement. Also ich glaube, viele Arbeitskulturen beinhalten sowas. Und ich meine, du hast ja auch eingangs gesagt, dass die Tools das einfach auch sehr aggressiv ausnutzen. Also dass man halt da mit vielen Merkmalen arbeitet, die einen eigentlich so in diesen Sog, in diesen Strudel wieder hineinbringen.

Bernd Kopin: Absolut, genau, 100 Prozent. Und stell dir vor, du gehst zu einem großen Konzern, bist in einem Team und die arbeiten halt schon immer so und es ist dann einfach für die Führungskräfte auch einfacher, so weiterzumachen, anstatt sich jetzt zu überlegen, halt Stopp, lass uns jetzt mal einen Kulturwandel machen und besser arbeiten. Und ich glaube, was auch einfach akzeptiert ist, ist, dass irgendwie alle ständig irgendwie kurz vorm Burn-on sind und vorm Burn-out sind und überarbeitet sind, gestresst sind. Das ist einfach normal irgendwie. Das ist einfach so eine ungesunde Kultur. Und deswegen war mir das Thema auch so wichtig, das aus einer gesundheitlichen Perspektive auch nochmal zu betrachten. E-Mail ist natürlich nicht das Einzige. Klar, das Spiel ist ein Puzzlestück von dem Ganzen. Aber ich glaube, E-Mail befeuert Und ich glaube, in vielen Firmen kommt noch zusätzlich hinzu, dass man dann Microsoft Teams oder Slack angeführt hat. Und das ist ja noch hyperaktiver, das ist ja noch mehr Ad-Hoc, das ist ja noch mehr Messages. Und ich glaube, wir hatten es auch vorhin kurz bei der Vorbereitung besprochen, dieses nicht Threat-basierte Arbeiten. Dann kriegst du eine Nachricht um 8.30 Uhr, bitte den Bericht hier und da unterschreiben, ich brauche was von dir um 9.30 Uhr, hier ist ein neues Update um 10.30 Uhr und dann findest du die Information von 8.30 Uhr gar nicht mehr, weil die verborgen ist, überlagert von den ganzen anderen Themen. die komplett andere Themen bearbeiten und irgendwo verborgen liegen. Und das kommt noch bei vielen Firmen zusätzlich zu der E-Mail hinzu.

Joel Kaczmarek: Ist für dich denn eigentlich jede E-Mail gleich schlecht oder gibt es Unterschiede? Also ich kann ja zum Beispiel sagen, es gibt interne E-Mails und es gibt externe E-Mails. Oder ich kann E-Mails mir bestellen, um auf Dinge hingewiesen zu werden oder um Wissen zu konsumieren. Also ich kann Newsletter nehmen und erhalte Wissen. Ich kann ein Tool nehmen, wo ich meinetwegen einen Beitrag plane und dann kommt die E-Mail als mein Reminder. Hallo, dein Beitrag ist live. Hier sind deine Creatives, um es zu teilen, zum Beispiel. Ist E-Mail immer gleich schlecht?

Bernd Kopin: Also ich würde nicht sagen, dass E-Mail gleich schlecht ist. Also das will ich nicht bitte falsch verstehen. E-Mail ist kein schlechtes Tool, sondern wir nutzen es einfach sehr schlecht. Ich glaube, E-Mails können sehr gut sein, wie du sagst, sich Reminder schicken zu lassen, eine Zusammenfassung. Ich habe zum Beispiel so ein So ein AI-Tool in meinem E-Mail-Provider, wenn ich zum Beispiel ein Newsletter kriege, dann drücke ich da, bitte fass mir die Kernelemente zusammen und dann muss ich quasi nicht den ganzen Text lesen, wenn ich unterwegs bin. Das ist super, super geil. Das ist auch ein gutes Tool, um mit seinem Kunden in Kontakt zu gehen. Aber mir geht es jetzt eher um das Thema Zusammenarbeit im Team. Dafür ist E-Mail ein wahnsinnig schlechtes Tool. Deswegen auch interne E-Mails. Und da ist eigentlich so gut wie jede E-Mail schlecht, weil es gibt bessere Alternativen. Natürlich gibt es so beispielsweise Rundmails, so ein Announcement von einem Admin oder sowas, die mal rumgehen, aber E-Mails intern zu nutzen, um Arbeit oder Kommunikation oder Wissen irgendwie zu managen, dafür ist es einfach, es gibt sehr schlechte und schlechtere E-Mails.

Joel Kaczmarek: Wofür ist es denn denn gut umgekehrt? Also wofür würdest du E-Mail nutzen?

Bernd Kopin: Ja genau, also das, was ich jetzt gesagt habe. Es ist ein sehr guter Kanal, beispielsweise um mit Externen zu kommunizieren. Wir haben ja zum Beispiel auch diesen Podcast über E-Mail geplant. Es ist eine sehr gute Möglichkeit, um mit seinen Kunden in Kontakt zu bleiben. Newsletter beispielsweise machen wir ja auch, macht ihr ja auch. Selber Wissen zu konsumieren, als Individuum ist E-Mail ja auch super, um beispielsweise Newsletter zu konsumieren. Da gibt es ganz viele Use Cases, also als Kommunikationsmittel, vor allem mit Externen oder für mich als Person ist E-Mail super. Ich verstehe mich da nicht falsch. Ich beziehe mich da jetzt wirklich komplett auf das Thema Zusammenarbeit, Kollaboration.

Joel Kaczmarek: So, jetzt sind wir natürlich neugierig auf deine Lösungsansätze. Also wie hast du das geschafft, dass du keine E-Mails mehr für interne Kommunikation bei euch benutzt?

Bernd Kopin: Also was ich jetzt erzähle und wie das jetzt funktioniert, das hat bei uns funktioniert, weil es quasi von Tag 1, als wir Bridgelow gegründet hatten, hatte ich dieses Mindset und diese Kultur schon. Das heißt, es ist natürlich bei uns einfacher geworden oder gewesen, als wenn du zum Beispiel morgen bei uns anfängst zu arbeiten. Joel, dann saugst du diese Kultur von Tag 1 auf. Und ich glaube, in einem größeren Unternehmen, in größeren Teams ist es natürlich ein längerer Prozess, den wir dann natürlich auch gerne begleiten. Aber ich glaube, es sind drei Dinge, die es braucht. Das eine ist das Thema Tools. Also irgendwo müssen Informationen dahin. Wenn es keine E-Mail ist, wo kommt die Information? Wie arbeite ich damit Informationen? Das heißt, es braucht Alternativen zu E-Mail-Tools. Es braucht entsprechende Prozesse und Automatisierung und mehr auch entsprechend Adminarbeit und Dinge, die eigentlich ein Computer besser machen kann, als sich abzunehmen. Und es braucht eine Kulturveränderung, also Change Management. Ich glaube, das ist eigentlich das Allerwichtigste. Die Akzeptanz, Moment mal, ich glaube, so wie wir arbeiten, das funktioniert nicht, lass es uns besser machen. Und ich glaube, da hakt es auch bei den meisten Teams, dass sie sagen, wir brauchen das gar nicht. Deswegen ist auch ein Ziel dieses Podcasts, dieser Message auch zu sagen, hey, mal wach zu rütteln, mal zu überlegen, ist das vielleicht einer der Probleme, die wir haben, zu viele E-Mails zu schreiben. Ich glaube, das sind die Themen, also Tools, Prozesse und eben eine Kulturänderung. Und ich glaube, bei den Tools sind wir natürlich jetzt auch als Asana-Partner, haben wir natürlich eine subjektive Meinung, aber am Ende brauchst du ein Work-Management-Tool, also ein Tool, wo alles zusammenkommt, quasi so eine Single Source of Truth. Du hast auf der einen Seite Alle Projekte, alle Initiativen, alle Themen, an die du selber als Person, aber auch dein Team, dein ganzes Unternehmen dran arbeitest. Das heißt, es ist alles in einem Tool organisiert. Und die komplette Kommunikation, die du ja per E-Mails bekommst, die wabert ja um diese Themen rum. Also kannst du mir bitte Dokument A schicken, hier ist ein Gespräch mit Kunden B. Das hängt ja alles mit irgendwelchen Projekten und Prozessen, an denen du in der Firma arbeitest, zusammen. Und das ist losgelöst. Das heißt, gehen wir nochmal zurück auf das Thema Webseite. Wenn du das Projekt irgendwie in einem Excel organisierst oder in einer PowerPoint organisierst, gleichzeitig aber mit drei Agenturen E-Mails schreibst und mit fünf Kollegen E-Mails schreibst, dann ist das losgelöst voneinander. Und stell dir vor, das ist alles in einem Tool, also in Asana beispielsweise in einem Projekt organisiert, wo alle Schritte drin sind, aber auch alle Updates, alle Dokumente und ganz wichtig, die komplette Kommunikation. Also beispielsweise schickt dir der Designer dann ein Design hoch für die erste Website, du kommentierst, das ist dann ein Task oder ein Ticket, dann kommentiert ihr da, gebt Approvals, setzt Abhängigkeiten und holt Leute rein oder auch wieder raus aus der Kommunikation, wann immer es euch passt. Das ist alles an einem Ort und ich muss quasi nicht mehr an SharePoint gehen, ich muss nicht mehr an Teams gehen, ich muss nicht mehr zwischen diesen ganzen Tools hin und her springen. sondern es ist alles da. Und ich glaube, das hat man im letzten Podcast ja auch besprochen, ich glaube, was es am Ende, worauf es hinauskommt, ist asynchrones, kontextbasiertes Arbeiten. Also immer im richtigen Kontext, auf dem richtigen Projekt, zum richtigen Thema, mit den richtigen Leuten über die richtigen Themen zu diskutieren. Und Was es auch gibt, ist diese Epokalypse, dass Leute dann mit 10, 15, teilweise 20 verschiedenen Websites und Tools arbeiten müssen, um sich die Informationen zusammenzuholen und das entfällt einfach. Das heißt, du sparst dir ganz viel Stress, weil du nicht mehr hin und her springst, weil du nicht mehr unterbrochen wirst und weil alles an einem Ort ist. Und wenn du beispielsweise mit einem Tool wie Asana arbeitest, dann checkst du eben nicht mehr die ganze Zeit deine E-Mails. So ist es jetzt zum Beispiel bei uns, dass die Mitarbeiter, dass man Team nicht die ganze Zeit E-Mails checkt, weil sie wissen, wenn ich in einem Projekt arbeite und wenn was Neues reinkommt, dann kriege ich das auch an dem Tool und auch zur richtigen Zeit. Das ist das eine. Und vielleicht da schon mal ein kurzer Sprung zur Kultur, da können wir jetzt später mal drauf gucken. Es wird auch nicht erwartet bei uns, dass du innerhalb von fünf Minuten auf irgendeine Nachricht antwortest. Das ist jetzt die Asynchronität. Das ist auch ganz, ganz wichtig, dass wir diese FOMO, dieses Hyperaktive ausgeschaltet haben. Und genau, das ist eben der erste ganz wichtige Schritt, ein Tool zu haben, wo alles drin ist. Deine Aufgaben, deine Kommunikation, deine Updates, deine Dokumente, alles. Und das ist bei uns Asana. Da kann man sehr komplexe und sehr einfache Projekte mit managen, aber es ist egal, am Ende welches Tool du nutzt. Es ist muss auf jeden Fall diese Funktion haben, asynchron kontextbasiert zu funktionieren. Und das kann eben E-Mail nicht.

Joel Kaczmarek: Absolut nicht. Die meisten Leute führen ja ansonsten eigentlich Slack als Alternative für E-Mail ins Feld. Findest du das auch ein sinnvolles Tool?

Bernd Kopin: Ja, das ist ähnlich wie das, was ich eben zu Teams gesagt habe. Ich finde es eigentlich noch schlimmer, weil es ist noch Slack und Teams sind so gebaut, dass du quasi, das hast du ja ständig offen. Und es ist auch mit den roten Notifications, mit Sounds noch, mit Vibrationen, Und es führt eigentlich dazu, dass du dann 20, 30, 40 verschiedene Channels hast und dann innerhalb dieser Channels ganz verschiedene Informationen unstrukturiert sind und du suchst dann noch mehr. Also selbst der Slack-Gründer hat zugegeben, dass er seine Informationen in Slack nicht immer findet, weil er immer wieder suchen muss. und wer hat mir das nochmal in welchen Channel geschickt. Und auch das ist es ohne Kontext, die richtige Arbeit, du kannst ja keine Projekte in Slack organisieren, du kannst keine Aufgaben, keine Zuständigkeiten, wer macht eigentlich was bis wann, das kannst du in Textform nicht gut managen. Du brauchst dafür eine Struktur wie Tickets, wie Aufgaben, wie Projektlisten und so weiter. Und das kann Slack nicht. Und Slack ist eigentlich, ich würde sagen, irgendwie E-Mail und Steroids. Es ist quasi nochmal schlimmer, weil bei Slack siehst du, wer online ist. Ist da jetzt ein grüner Button, ist da ein roter Button und dann erwartest du auch sofort eine Antwort. Dann kannst du die Leute sogar noch anrufen in diesen Huddle. Und kannst dir noch mehr auf den Nerv gehen und noch schneller rausziehen aus der Arbeit. Hey, ich habe hier, ich warte seit 20 Sekunden auf die Antwort. Was ist los? Von daher finde ich das eine noch schlechtere Alternative. Andersrum hingegen kannst du deine E-Mails und Slack aber auch mit einem Tool wie Asana integrieren. Das heißt, wenn dir jemand eine E-Mail schickt, ein externer oder auch in Slack dir eine Nachricht schickt, dann kannst du daraus eine Aufgabe in Asana zum Beispiel erstellen, automatisiert. Das ist das Thema Prozesse unter anderem. Und kannst das dann in den richtigen Kontext, ins richtige Projekt bringen und daraus dann eine umsetzbare Aufgabe, einen nächsten Schritt definieren. Und da dann auch wieder alle Leute reinholen. Und dann ist es egal, ob du 20, 30, 40 neue Slack-Nachrichten bekommst. Die Information in Asana ist genau da, wo sie sein muss und du findest sie dann, wenn du sie brauchst. ist ja auch das, was ich eingangs geschrieben habe, das führt zu einer ruhigeren, zu einer konzentrierteren Weise zu arbeiten. Das heißt, wenn ich nicht alle sechs Minuten meine E-Mails checke und nicht ständig rausgerissen werde, dann arbeite ich fokussierter und das Website-Projekt ist dann vielleicht nach einem Monat und nicht nach drei Monaten fertig.

Joel Kaczmarek: Aber wie kriegst du diese Asynchronität hin? Weil ich meine, ganz oft ist es ja so, dass man gemeinsam an einem Projekt arbeitet und möchte vielleicht schnell eine Frage einfach nur klären oder braucht irgendwie eine Zuarbeit. Da ist den meisten Leuten ja schon wichtig, dass sie beim Gegenüber so eine Art Ping setzen können, dass da halt irgendwie einen Ausrufezeichen hochploppt und die Leute wissen, ach okay, der Bernd braucht jetzt hier irgendwie die neueste PowerPoint-Version von unserem Vortrag. Absolut.

Bernd Kopin: Ich glaube, zwei Dinge zu dieser Sache, die wenigsten unterscheiden zwischen wichtig und dringend. Und wenn wir eine Slack-Nachricht bekommen oder eine E-Mail, ist es automatisch immer sofort dringend und wichtig gleichzeitig. Am besten noch mit drei Ausrufezeichen, wie du gesagt hast. Und das stimmt einfach nicht. 99 Prozent, also muss jeder für sich selber definieren, aber 99 Prozent ist nicht dringend und wichtig. Wichtig ja, aber vielleicht nicht dringend. Das heißt, das ist auch wieder so eine kulturelle Veränderung zu akzeptieren, dass nicht alles innerhalb von Minuten beantwortet werden muss. Und das funktioniert aber nur, wenn du es gut vorbereitest. Das heißt, wenn du zum Beispiel so ein Projekt Kick-Off machst, was auch die wenigsten Unternehmen leider machen, Dass du dann schon solche Sachen antizipierst. Wo haben wir denn eigentlich unsere Dokumente gespeichert? Wer ist für was verantwortlich? Weil oft ist ja auch so ein E-Mail oder so ein Slack-Ping. Ah, wer macht eigentlich das? Wer verantwortet das Budget? Bei wem muss ich das Login für Google-Ads holen? Bei wem kriege ich die Rechnung ABC? Das ist absolut unstrukturierte, unvorbereitete Projektarbeit. Da öffnen wir jetzt noch ein ganz anderes Thema. Wie mache ich eigentlich Projektmanagement? Und das bereitest du halt mit einem sehr guten Kick-Off vor, packst die Informationen im Projekt und dann entstehen auch weniger Rückfragen. Ich glaube, damit kommt man auch so ein bisschen an den Kern. Und wenn dann Rückfragen sind, dann einigt man sich darauf zu sagen und akzeptiert auch, dass das Wenigste wirklich dringend ist und sofort beantwortet werden muss. Und dann aber, wenn es wirklich so ist, dann ruft man sich an, wenn man im Büro sitzt, geht man, wenn beide Leute im Büro sitzen, geht man eben rüber zur anderen Person. Oder man schreibt dann wirklich eine Slack-Nachricht. Das heißt, wenn ich eine Slack-Nachricht kriege bei uns, bei Bridgeflow jetzt, dann weiß ich, dass es dringt. Dann weiß ich, dass es wichtig. Alles andere schaue ich mir im richtigen Kontext zur richtigen Zeit in der Sahne an. Und das ist vielleicht auch schon der nächste Punkt, Kultur, ne?

Joel Kaczmarek: Ich wollte gerade sagen, sind die dann sozusagen verbunden, ja? Also die Tools hängen dann auch immer, sind immer auch angedockt an die Kultur, dass du irgendwie auch wissen musst, okay, wir benutzen das nach dieser und jener Logik. Also in deinem Fall war es ja jetzt zum Beispiel gerade eine Eskalationsstufe, also Slack ist bei euch eine kommunikative Eskalationsstufe.

Bernd Kopin: Nicht nur Eskalation, aber schon was, was auf jeden Fall dringend von mir Attention braucht. Also wir hatten zum Beispiel heute Morgen so einen Fall, wo was mit einem Kunden schiefgegangen ist und das muss sofort, da kann ich nicht zwei Tage warten, bis ich diesen Kunden anrufe, das muss sofort passieren. Und das läuft über Slack.

Joel Kaczmarek: Was habt ihr denn sonst noch für Tools im Einsatz? Also Workmanagement nutzt ihr jetzt als Sana. Gibt es noch weitere Sachen, mit denen ihr quasi die E-Mail abgeschafft bekommen habt?

Bernd Kopin: Ja, also wir nutzen noch ein ERP-System, das wir selber gebaut haben. Das basiert auf Airtable, wo alle Informationen drin sind, wo zum Beispiel auch automatisiert Nachrichten rausgehen. Also beispielsweise und auch im CRM, da nutzen wir Pipedrive als CRM. Und beispielsweise, wenn ein Kunde drei Tage lang nicht sich gemeldet hat, dann geht automatisch eine Nachricht raus. Wenn ein Kunde bei uns einen Workshop gemacht hat, dann geht automatisiert eine Befragung raus. Angebote werden automatisiert erstellt. Also da haben wir ganz viele Prozesse und Automatisierungen gebaut. Da nutzen wir Make, vielleicht schon mal gehört von Celonis, das ist quasi so ein Low-Code-No-Code-Plattform, in dem ich quasi APIs, also Schnittstellen von verschiedenen Tools zusammenbauen kann. Und quasi Dinge, die automatisiert ablaufen kann, die normalerweise in vielen Firmen administrativ von Personen bearbeitet werden, die kann ich dort automatisieren. Also in vielen Firmen sehe ich das zum Beispiel bei Angebotserstellung. A, der Kunde hat Interesse. Lass mich mal ein Word-Dokument aufmachen, vielleicht mit der Vorlage, wo ich jetzt den Preis reinschreibe und manuell alles eintippe. Da verschwenden Mitarbeiter und Leute teilweise Stunden mit. um dann quasi dem Kunden eine manuell erstellte PDF zu schicken. Und sowas zum Beispiel haben wir komplett, und vielleicht noch einen Schritt davor, um dieses PDF zu finalisieren, habe ich schon wieder 15 E-Mails hin und her geschickt oder Slack-Nachrichten. Hey, glaubst du, das sieht gut aus? Kannst du mir hier nochmal ein Approval für den Rabatt geben? Ich brauche nochmal ein anderes Logo. Dann hast du wieder 15 Leute die ganze Zeit unterbrochen, um einen Prozess und ein Ergebnis zu erstellen, das du mit einem Klick eigentlich automatisieren kannst. Das machen wir zum Beispiel. Also wenn du jetzt sagst, hey Bernd, wir würden gerne Asana bei uns einführen, kannst du mir ein Angebot für 20 Lizenzen machen, dann klicke ich auf zwei Buttons und du hast das Ding in deinem E-Mail-Postfach. Und damit sparen wir uns wahnsinnig, wahnsinnig viel Zeit und damit sparen wir uns aber auch sehr viel interne Abstimmung über Slack oder E-Mails, die bei uns, die existieren einfach nicht. Und das ist eben das zweite wichtige Thema, Prozess und Automatisierung. Repetitive Aufgaben durch Automatisierung und wenn das nicht geht, durch Checklisten.abzulösen, also immer die gleichen Schritte zu machen,zu definieren, was ist Schritt 1, was ist Schritt 2,um quasi hier E-Mails und Kommunikationsabstimmungenzu reduzieren, extrem zu reduzieren.

Joel Kaczmarek: Aber wie schaffst du das? Ich meine, ganz oft hat man ja so Individualisierung drin,also du hast jetzt irgendwie den einen Kunden,der sagt dann vielleicht, Bernd, ich möchte bei dirirgendwie Asana-Onboarding buchen und können wirirgendwie auch nochmal einen Workshop machenüber dies, das, jenes und hat so, weißt du, Aber das müssten wir mit den Kollegen in Italien anders machen als mit denen in Spanien. Kannst du mir da vielleicht zwei unterschiedliche Angebote machen? Ich brauche da noch irgendwie eine PO drauf, also so eine Purchase Order Nummer. Also du weißt, worauf ich hinaus will, ne?

Bernd Kopin: innerhalb dieser Tools, die alles automatisieren, kannst du auch Texte verändern, du kannst auch Dinge verändern. Wir versuchen das aber zu vermeiden. Das heißt, wir versuchen den Kunden auch, dein Gen quasi auch so ein bisschen zu educaten. Und wenn es dann nicht geht, zum Beispiel bei ganz großen Enterprise-Kunden, da gibt es irgendwelche spezifischen Einkaufsbedingungen, klar verändern wir dann Sachen. Und da überlegen wir aber auch ständig, wie können wir das vielleicht irgendwie automatisieren? Wie können wir das verbessern? Und ich glaube, was jetzt hier noch ins Spiel kommt, ist natürlich KI, also das AI-enablede Tools. Was wir zum Beispiel machen, ist, dass wenn Kunden uns E-Mails schreiben und ich will nicht und gibt es auch in vielen Firmen wieder E-Mail-Pingpong oder Slack-Pingpong. Was hat der Kunde gesagt? Gib mir ein Update. Bei uns fasst das ein AI zusammen. In der Asana-Task oder in dem CRM-System. Kunde hat geantwortet, möchte das und das. Bernd hat geantwortet und schlägt das und das vor. Und alle sind geupdatet. Auch hier habe ich mir wieder 15 E-Mails gespart.

Joel Kaczmarek: Ja. Was hast du da für ein Tool benutzt? Also womit kannst du so, also welches KI-Tool doggst du an, was dann in dieser Trias funktioniert?

Bernd Kopin: Ja, das muss ich nochmal nachgucken. Das hat unser Tag-Team gemacht. Ich weiß gar nicht, welches Tool die da genau nutzen, aber wir nutzen als, sagen wir mal, als Anbindungsstelle nutzen wir Make, was dann quasi mit unserem CM und mit Asana dran ist und die E-Mails dann ausliest und dann quasi zusammenfasst. Ich muss nochmal genau gucken, welches, da will ich jetzt keine falschen Informationen geben, welches Tool das genau war.

Joel Kaczmarek: Aber okay, also ihr habt, sag ich mal, E-Mail wandert es rein und dann hast du Make, was aktiv wird. und also die Frage ist immer, was ist der Trigger? Du musst du was, du drückst sozusagen, du hast einen Auslöser, aber dann hast du eine Verbindung zwischen deinem Mailfach, Make, Asana und gegebenenfalls noch Drittools wie diesem KI-Anbieter, so viel kann man schon mal sagen.

Bernd Kopin: Genau, das ist ein CM. Also bei einem guten CM-Tool hast du quasi einen Deal oder eine Opportunity offen und dann hast du mehrere Kontakte, die damit verknüpft sind. Sagen wir mal Kunde abc at abc.de und sobald du von dieser E-Mail-Adresse eine E-Mail bekommst, checkt das Tool, ah, okay, das ist ja mit diesem Deal verknüpft. Dieser Deal ist wiederum mit Asana verknüpft zum Beispiel. Bitte fasst das zusammen, die letzte E-Mail. Und ich glaube, das plus eben diese Automatisierung, diese Prozesse plus eben alles auch in Asana zu haben, das sind so die ersten zwei Schritte, die bei uns auch E-Mails komplett intern unnötig machen, weil alles eben in den Tools ist. Und das hat richtig, richtig gut funktioniert. Wir wollen das halt immer weiter treiben und bauen das auch bei immer mehr Kunden ein.

Joel Kaczmarek: Die Erfahrung zeigt ja bei mir, dass Automatisierungen nie aufhören, sondern ich finde, wenn man einmal angefangen hat, macht man eigentlich immer eher mehr. Was ist denn so dein Vorgehen, wenn du über Prozesse und Automatisierungen als ein wichtiges Element jetzt denkst, um E-Mails loszuwerden?

Bernd Kopin: von wem? das Zitat war, do things that don't scale. am Anfang, also immer wenn du was merkst, was ein neuer Prozess ist, dann mach den erstmal manuell und lern den Prozess kennen, lern auch alle Fallstricke kennen, was ist quasi zu analysieren, was davon ist automatisierbar und was nicht, also du hast es ja gerade gesagt, der Kunde will das und das, ein Extrawunsch, das sind dann diese 30%, das heißt diese Prozesse, also immer wenn was Neues aufkommt oder wenn du einen Prozess hast, der sich wiederholt, das da auch ein Auge für zu haben und dann zu überlegen, können wir das automatisieren, macht das auch Sinn, manche Dinge automatisieren wir zum Beispiel nicht, Weil das gefährlich ist, zum Beispiel wenn du das dritte Follow-up im CRM-Prozess, das hatten wir mal automatisiert, dann sind E-Mails an Kunden gegangen, fünf Minuten nachdem der Kunde geantwortet hat, hey, hast du dir das Angebot schon angeguckt und der Kunde hat das Angebot gerade angenommen. Also solche Sachen, da muss man aufpassen, wo man sagt, das macht vielleicht nicht so viel Sinn, das zu automatisieren und da ist auch der Mensch viel besser im Vertrieb zum Beispiel. und andere Dinge wie zum Beispiel Checklisten basierend Schritt 1, Schritt 2, Schritt 3 Dinge, das kannst du viel besser automatisieren. Also unsere NPS-Auswertung, wie zufrieden sind die Kunden mit uns? Das geht komplett automatisiert raus, sobald bei uns ein Berater sagt, das Projekt ist abgeschlossen, triggert eine E-Mail von meinem E-Mail-Account. Joel, ich wollte mich nochmal als CEO selber vorstellen, hoffe, du warst zufrieden. Wenn nicht, bitte mir eine E-Mail schreiben, dann versuchen wir es gut zu machen. Wenn doch, freue ich mich auf ein Feedback. Super geil, 99% der Kunden antworten und das ist komplett automatisiert. Ich muss mir keine Gedanken darüber machen. Ich muss die Berater nicht fragen, hast du kurz eine E-Mail-Adresse von der Ansprechpartner? und habe auch da wieder E-Mails und Kommunikation gespart.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe nur die Beobachtung gemacht, dass wenn es auffliegt, dann ärgern sich Leute immer. Also ich habe jetzt auch mal das Feedback bekommen, so hey, du schreibst immer Nachrichten, die fühlen sich voll persönlich an, aber ich glaube, sie sind es nicht. Und dann bin ich pissig, wenn ich das Gefühl habe, ich werde so in das Licht geführt, dass du mir was Persönliches schreibst und dann de facto war es eigentlich nur eine Automatisierung. Also ich finde das manchmal auch so ein zweischneidiges Schwert.

Bernd Kopin: Ja, aber das ist auch, das ist die Minderheit. Also als du mir E-Mails geschickt hast, war mir auch sofort klar, dass die automatisiert waren. Aber das ist okay. Also ich glaube, da müssen die Leute auch ein Verständnis haben. Wenn du irgendwie mit 100.000 Kunden arbeitest, du kannst ja nicht mehr alles persönlich machen. Also von daher, ich glaube, das ist auch wieder so eine Ausnahme. Und dann kann man es auch immer noch erklären. Also hat das seinen Sinn, hat es doch erfüllt.

Joel Kaczmarek: Der letzte Punkt, also wir haben jetzt die drei eben schon mal so halbwegs zu zweidritteln angekratzt, also Tools, Prozesse und als drittes Kultur. Was empfiehlst du da, wie man so eine Kultur in den Griff kriegt?

Bernd Kopin: Ja, also das ist eigentlich das Größte und ich glaube, das wichtigste Thema. Ich glaube, der Schritt eins ist auch die Erkenntnis, hey, irgendwas läuft bei uns nicht gut. gut. Also wir hätten zumindest mal Interesse rauszufinden, schreiben wir uns so viele E-Mails, arbeiten wir überhaupt irgendwie gut zusammen, warum sind bei uns eigentlich alle immer die ganze Zeit gestresst und hyperaktiv. Ich glaube, das ist die Voraussetzung. Dann ist es sicherlich so, dass jetzt, sagen wir mal, du arbeitest in einem Team mit 20 Leuten im Marketing und deine Chefin sieht das nicht so, dann ist es natürlich schwieriger, das irgendwie reinzubringen. Ich glaube, da fängt es an, nochmal die Probleme aufzulisten und wirklich zu sagen, hey, wir schwimmen doch alle, du doch inklusive, liebe Chefin, wir schwimmen doch alle in E-Mails, wollen wir es nicht besser machen? Also da so ein bisschen so ein Verständnis zu schaffen. Ich glaube, das ist das Allerwichtigste. Aber ich glaube, da würde jeder auch, ich glaube, kein Mensch sagt, ich kriege zu wenig E-Mails. Also ich glaube, damit kriegst du, glaube ich, jeden. Und dann tatsächlich auch mal so auflisten, was macht das denn? Also das, was wir heute auch in dem Podcast, vielleicht auch diesen Podcast teilen. Vielleicht auch mal mit Kolleginnen und Kollegen teilen und auch mal die Punkte, die wir heute aufgelistet haben. Hyperaktives Arbeiten, ständiges Unterbrechen. Das kann man ja auch in Zahlen ausdrücken, was es der Firma kostet. Wie viel besser es eigentlich wäre, das besser zu machen. Genau wie es besser ist, gesund zu kochen, als sich jeden Abend eine Pizza in den Ofen zu machen. Das ist Das versteht jeder. In der Arbeitswelt ist es natürlich komplexer und ich glaube, da ist dieses Beispiel mit dem Tischler, den man sich anguckt und sich damit vergleicht, wenn er alle sechs Minuten sein Handy rauszieht, dann wird er diesen Tisch nicht fertig kriegen und nicht gut machen. Ich glaube, das resoniert dann relativ oft. Das ist so Schritt eins in der Kulturveränderung und so ein Change-Management-Prozess, der dauert ja. Das ist ja nicht von heute auf morgen gemacht, sondern dann mal auch zu überlegen, okay. Wollen wir es denn besser machen? Was sind denn unsere Schmerzpunkte? Lass uns doch von den, keine Ahnung, zehn Schmerzpunkten, die wir in einem gemeinsamen Workshop vielleicht auch mit einem Trainer herausgefunden haben, mal die Top 3 tacklen. Und die Top 3 sind beispielsweise, wir schicken uns alles, jede Anlage, jede Frage, schicken wir uns alles per E-Mail. Lass uns doch mal ein paar Regeln, Konventionen anlegen, dass wir beispielsweise keine Dokumente mehr schicken, sondern nur noch Sharepoint-Links. Lass uns mal Regeln aufsetzen, dass wir uns sechs Stunden Zeit geben, auf E-Mails zu antworten. Lass uns mal eine Regel erstellen, was bedeutet eigentlich, und nicht dringend. Also, dass wir auch so ein bisschen mehr Ruhe in die Arbeit bringen. Ich glaube, das ist Schritt Nummer zwei. Das muss jede Firma, jede Kultur für sich selbst auch definieren. Ich glaube, das kann man jetzt nicht so pauschal sagen. Da können auch wir als Trainer zum Beispiel unterstützen. Und dann, wenn diese ersten Schritte gemacht sind und man auch Erfolge dann merkt, dann zu überlegen, okay, was können wir denn jetzt an Tools einsetzen und Prozesse optimieren, um das besser zu machen. Und manche Firmen sind schon so weit zu sagen, hey, lass uns direkt mit den Tools in den Prozessen anfangen. Wir sind schon so weit. Wir haben schon die ganze Zeit danach gesucht. Wir wollen das eigentlich. Und manche Firmen sind wirklich noch ganz am Anfang. Die brauchen erst die Erkenntnis. Und das ist auch das, was wir zum Beispiel auch von Tag 1 machen. Wir müssen erst mal rausfinden, sind die Leute überhaupt bereit für diesen Wechsel? Da müssen wir sie an die Hand nehmen und quasi auch durch Best Cases das zeigen. Dann zeige ich auch mal kurz mein E-Mail-Postfach und zeige denen, da sind 10 E-Mails drin am Tag. Und dann schaut sich jemand das neidisch an und sagt, krass, ich kriege irgendwie 300 am Tag. Wie machst du das? Und ich glaube, damit fängt man so einen Kulturwandel an, aber man muss es wollen. Und es ist auch nicht einfach. Es ist eine Veränderung der Art und Weise, wie man arbeitet. Es ist eine Akzeptanz und es ist ja tief in uns drin, dieses ständig WhatsApp checken, dieses ständig E-Mails checken und das abzuschalten, ist wahnsinnig, wahnsinnig schwer. Und da gibt es auch ein Buch von Colin Newport, da musste ich kurz schmunzeln, dass du es am Anfang gesagt hast. Ich habe ja die unpopuläre Meinung, beispielsweise, dass das Handy nicht als Wecker genutzt werden sollte. Das machen wahrscheinlich alle, die den Podcast hier hören, nutzen ihr Handy als Wecker. Und ich finde, das ist das Schlimmste, was du tun kannst, weil du dann morgens von einem Gerät geweckt wirst, was nur darauf wartet, dich in seine Welten einzusaugen. In Instagram, in TikTok, in E-Mail. Und dann bist du schon ganz woanders. Und da gibt es auch einen ganz interessanten Experiment. Das ist in diesem Buch, wie heißt denn das? Da geht es um irgendwie Social Media, ich muss nochmal den Titel raussuchen, das ist eines seiner letzten Bücher. Und das habe ich mal ausprobiert, beispielsweise mal Instagram vom Telefon zu löschen, mal meinen E-Mail-Provider vom Telefon zu löschen, LinkedIn vom Telefon zu löschen.

Joel Kaczmarek: Digitaler Minimalismus heißt das Buch.

Bernd Kopin: Digitaler Minimalismus, genau. Das ist natürlich, der zeigt das sehr extrem auf. Aber davon, das mal auszuprobieren, sich mal als Team hinzusagen, die Leute, die 20 Menschen jetzt im Marketing-Team arbeiten, wenn sie quasi das Go von ihrer Chefin haben, löscht doch mal bitte alle den E-Mail-Provider von eurem Handy oder lockt euch zumindest aus der Firmen-E-Mail-Adresse aus. Und dann merkt man mal, das mal als Selbstexperiment, vielleicht will ich das mal mitnehmen, wie oft man eigentlich sein Handy aufmacht, nur um gewohnheitsmäßig die E-Mails zu checken, eben weil dieser Dopaminkick kommt. Man sitzt auf der Toilette, man ist auf dem Weg zur Arbeit, im Bus, im Auto, wo auch immer und checkt die ganze Zeit. Und das ist ein ganz guter Indikator, um herauszufinden, bin ich eigentlich süchtig? Und das ist am Ende eine Sucht. Und weil eben Dopamin ausgeschüttet wird, man ständig eben diesen FOMO befriedigen möchte. Und das ist vielleicht auch ein ganz guter Kulturwandel, das mal auszuprobieren. Das muss natürlich die Akzeptanz haben. Wenn ich jetzt irgendwie in einem Bereich arbeite, zum Beispiel Messebau oder weiß ich nicht, in irgendeiner Arbeit, wo das ganz wichtig ist, dass ich zu einer gewissen Zeit zumindest ständig erreichbar bin, dann ist das okay, dann darf man das in dem Moment nicht machen. Aber wenn ich jetzt im Marketing-Team arbeite und es ist kein Event oder kein Rollout geplant gerade, sondern wir haben gerade die Möglichkeit, ein bisschen langfristiger an Projekten zu arbeiten, dann ist das zum Beispiel auch mal ein gutes Experiment, um so einen Kulturwandel anzustoßen.

Joel Kaczmarek: Würdest du denn sagen, dass so ein Kulturwandel eher bottom-up oder top-down immer kommen muss? Was sagt deine Erfahrung?

Bernd Kopin: Also top-down ist natürlich einfacher. Da muss man natürlich aufpassen, dass das nicht heißt, ich habe die Weisheit mit Löffeln gefressen und wir machen das jetzt alle so. Da wird es auch Widerstand geben. Ich glaube, das Beste ist, tatsächlich da einfach mal offen drüber zu reden. Ich glaube, die besten Veränderungen kommen, wenn alle ganz offen reden können, vielleicht in so einem Workshop, in einem Offsite mal zusammen und das mal als Thema thematisieren können und darüber sprechen können. Ob das jetzt Bottom-up oder Top-down ist, das kommt auch von der Kultur drauf an. Das kann man, glaube ich, auch nicht so pauschal sagen. Ich glaube, oft kommt es Bottom-up, weil die, sagen wir mal, die unterste Hierarchie-Ebene die meisten E-Mails am Ende abkriegt und das dann irgendwie hoch eskaliert. Aber ich glaube, das wird auch oben gesagt, ach komm, manage dich doch besser. Geh zu dem Kurs, how to deal with 100 E-Mails per day. Und ich glaube, das sind dann einfach nur Pflaster, die auf Wunden geklebt werden, anstatt wirklich an die Wurzel zu gehen. Und ich glaube, man braucht am Ende die Möglichkeit, das ganz offen zu kommunizieren. Das ist oft ein gutes Thema, so ein Offsite oder vielleicht mal so eine Open Q&A Session in der Firma einzurichten, zu sagen, was sind denn eigentlich Probleme? Lass uns das doch mal ausprobieren. Und dann ganz langsam anfangen. Und wenn es halt nicht funktioniert, dann funktioniert es nicht. Dann ist es vielleicht die falsche Kultur. Und es funktioniert ja, viele Firmen funktionieren ja auch auf E-Mail. halt nur mit welchen Kosten. Was sind dann die Opportunitätskosten?

Joel Kaczmarek: Ja, cool, Bernd. Du, das war echt inspirierend, mal zu verstehen, dass man so wie miteinander verhaken kann und was es eigentlich so an welchen Stellen für Punkte braucht. Also, ich würd sagen, to be continued. Und ich setz mich jetzt mal hin und guck mal noch mal ein bisschen hier unter die Haube, wo wir alles die E-Mails weglassen können. Und vielleicht machen das viele andere auch. Also, daher schon mal vielen, vielen Dank.

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