Wie f*cked up ist der Food-Markt (und was können wir tun)?
21. Januar 2025, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, heute eine schöne Folge, denn ich habe mir zwei der Menschen rausgesucht, von denen ich die Erfahrung habe, dass sie wirklich so gar kein Blatt vor den Mund nehmen und mir heute mal vorgenommen, mal über Defizite zu sprechen. Und zwar nicht über unsere oder die von der Wirtschaft allgemein, sondern vom Food. Weil vielleicht geht es euch auch so, dass ihr manchmal im Supermarkt steht und fragt euch so, okay, warum ist das so teuer oder das so günstig, hier die Qualität so schlecht, was sind eigentlich die Prozesse dahinter? Und ich glaube, jedes Lebensmittel-Startup, was irgendwie mal in den LEH, also den Lebensmitteleinzelhandel gegangen ist, kann so das ein oder andere Liedchen singen von dem, was da draußen irgendwie schiefläuft. Deswegen habe ich heute so als Thema ausgerufen, wie fucked up ist eigentlich der Food-Markt and what to do about it. So, und die beiden Herren, die ich dafür eingeladen habe Die kennt ihr bei mir aus dem Podcast bestimmt schon. Das ist nämlich einmal der liebe Jan Bredack. Der ist ja mit Veganz wirklich schon wie ein Veteran unterwegs in Sachen Food und Co. Hat erst selbst in eigene Märkte investiert, dann irgendwie den Weg in Richtung selbst eigene Herstellung gewählt. Und ich kann euch schon verraten, Jan hat immer ein klares Bild und äußert das auch. Und genauso ist das beim lieben Josef Brunner, der ja eigentlich mehr aus der Software-Ecke kommt. Also ich weiß gar nicht, wie viele Firmen er schon verkauft hat, wenn ich mich richtig entsinne. Zwei an die Börse gebracht, drei geexited, aber das kann er mir gleich nochmal im Detail sagen. Und mittlerweile ist er mit Nutri United nämlich auch in diesem Space unterwegs und nicht minder offen und smart wie der liebe Jan. Von daher, ihr lieben beiden, schön, dass ihr da seid. Heute die drei Js mal am Start.
Josef Brunner: Stimmt, super. Schön, dass wir hier sein dürfen. Ich freue mich wahnsinnig auf das Gespräch. Und der Jan und ich sprechen das erste Mal. Also wir lernen uns quasi live on air kennen. Auch schön.
Jan Bredack: Speed-Dating, ja.
Joel Kaczmarek: Mein Verdacht, ihr werdet hinterher öfters dann mal miteinander telefonieren, wenn es um Food-Sachen geht. Aber ich glaube, ihr seid sehr kongruent, würde man in der Mathematik sagen. Deckungsgleich, also ihr habt gute Schnittmengen. Aber wir können ja trotzdem nochmal einen kleinen Exkurs machen, dass wir die Leute mal abholen, so euren Turf. Also Jan, habe ich deine Reise richtig wiedergegeben? Erst Märkte, dann Produktion?
Jan Bredack: Du hast stark abgekürzt, weil dazwischen lagen noch Handel, also Handel im Sinne von Großhandel, eigene Marke und dann ist es tatsächlich 2020 in die eigene Produktion rein diffundiert.
Joel Kaczmarek: Und Josef, du bist ja gerade mit Nutri United quasi 2024 an den Start gegangen. Magst du mal ein, zwei Sätze dazu sagen?
Josef Brunner: Ich bin ein Frischling. Ich lerne noch. Seit sechs Monaten, glaube ich, ungefähr, sind wir live. Und vorher hast du es fast richtig beschrieben, hast mir aber zu viel Lorbeer gegeben. Es war ein Börsengang, vier Exits. Aber alles in anderen Industrien, also Energie und Technologie und Software. Und jetzt traue ich mich das erste Mal in die Gefilden echter Produkte und Lebensmittel und lerne jeden Tag dazu.
Joel Kaczmarek: Und was sind so die größten Unterschiede, die du schon festgestellt hast?
Josef Brunner: Da gibt es einige. Das erste, das frappierendste für mich sind die Menschen. Also ganz, ganz viele tolle Menschen, die ich da kennenlernen darf, weil die Branche ja nicht die einfachste ist. Das heißt, wenn du in dieser Branche bist, dann musst du das wirklich gerne machen und das spüre ich bei ganz vielen Menschen. Wir kaufen ja auch einige Unternehmen und Das sind Unternehmer, die es herz am rechten Fleck haben. Ich sage nicht, dass das im Software-Umfeld nicht der Fall ist, aber das ist eher professionalisiert, Joel. Das ist also quasi transaktional professionalisiert, so Company-Building und das haben die alles nicht. Die stehen für ihre Produkte und lieben die und stehen da jeden Tag auf, weil sie das mögen. Also das muss ich sagen, ist der frappierendste Unterschied, die Menschen. Das berührt mich wirklich sehr.
Jan Bredack: Wobei das manchmal auch das Problem ist, dass die Menschen, Also ich will nicht sagen, dass Passion für das, was man macht, das gehört dazu, sonst funktioniert das nicht. Aber ich erlebe halt oft, dass diese Passion dann die Probleme überstrahlt oder dass die weggestrahlt, weggebeamt werden. Und dass man oft dazu neigt, auch am Markt vorbei zu operieren und hier und da Dinge macht, Und das nehme ich für mich auch in Anspruch, wenn ich mal auf unseren Track Record gucke, dass da hier und da auch Dinge passieren, die mit Euphorie begleitet waren und sehr viel Believe und wenig Proof. Und das in der Lebensmittelindustrie, wo so viel Hardware auch eine Rolle spielt. und so viele persönliche Kontakte auch entscheiden über deinen Erfolg. Es sei denn, du machst ein reines Digital-Game, was die wenigsten hinbekommen. Oder sie machen nur digital oder nur stationär. Du bist so abhängig von diesem Geflecht und wenn du da zu viele Fehlschüsse hast, dann kann auch mal passieren, dass es dich ganz aushebelt. Insofern, Passion ist gut und auch die Überzeugungstäter liebe ich. Ich bin selber einer. Aber man darf darüber hinaus nicht die Mechanismen des Marktes ausblenden.
Joel Kaczmarek: Ja, spannend. Ich meine, vielleicht können wir mal mit so einer kleinen Marktbeobachtung starten. Also du hast ja eben schon gesagt, das ist jetzt ein Markt, der sehr stark vom Vitamin B lebt, also Vitaminbeziehungen. Was ist denn sonst so eure Wahrnehmung, wie der Food-Markt gerade strukturiert ist? Was ist so Big Picture? Was sind so Seilschaftsschmerzen, die ihr merkt? Ihr wisst ja, was ich meine, also die großen Strömungen.
Jan Bredack: Boah, wir haben den Markt im Wandel gerade. Und was vor drei Jahren Gültigkeit hatte, gilt heute gar nicht mehr. Und wenn ich sage gar nicht mehr, dann meine ich gar nicht mehr.
Josef Brunner: Wir hatten
Jan Bredack: Bis vor drei Jahren ein Brandgame, das heißt, und das war Acidlight möglich, weil viele haben dann Marken gegründet, Fancy-Marken, die mit sehr viel Marketing-Power hochgepusht und haben sich die Produkte produzieren lassen. Das heißt, die Wertschöpfung war relativ gering. Aber dadurch, dass das Thema Marketing, Influencer, ich kann das ganz groß machen, du weißt selber, was alles in den letzten Jahren auf den Markt gekommen ist und das war inflationär, was da in die Regale gebombt wurde, aber so schnell wie es drin war, war es auch wieder raus. Also dieses Thema Nachhaltigkeit ist da. Nachhaltigkeit im Sinne von nachhaltige Produktlebenszyklen sind dann echt auf der Strecke geblieben. Und wir haben seit drei Jahren ein komplett anderes Game. Also mit Corona-Ende und mit Start Ukraine ist das Thema Marke komplett in den Hintergrund gerückt. Und das hat jetzt nichts mit pflanzlicher Ernährung zu tun oder so, sondern es hat wirklich was mit mit der allgemeinen Konsumlage zu tun. Das heißt, Menschen kaufen heute anders ein. Die Impulse werden anders gesetzt, auch vom Handel. Der Handel setzt heute seine Impulse über Preis. Preis Und der Preisimpuls wird gesetzt über Eigenmarken. Und du hast mittlerweile Eigenmarken im Preiseinstiegssegment und du hast Eigenmarken im Mittel- und auch im Premiumsegment. Und das führt dazu, dass dort die Investments getätigt werden, dass dort der Fokus draufgelegt wird. Es hat einer angefangen, also Aldi war ja schon immer ein starker Eigenmarkenplayer. Dann Lidl hat es jetzt, treibt es wirklich zur Perfektion. Die gehen sogar so weit, dass sie selber die Wertschöpfung soweit vertikalisieren, dass sie selber produzieren. Ich weiß nicht, wie viele Werke die mittlerweile schon aufgebaut haben. Das heißt, die produzieren ihr Eis selber, ihre Backwaren selber, Mineralwasser, das kennt man ja schon alles. Also es heißt, da werden die Mechanismen in der Industrie, in der Lebensmittelindustrie komplett ausgehebelt. Und das hat zur Folge, dass Firmen, die heute die Wertschöpfung nicht unter Kontrolle haben, dass die nicht selbst entwickeln, eine eigene IP haben, selber produzieren, selber die Handelszugänge haben. Dass Firmen, die das nicht haben dass die keine Überlebenschance haben. Soweit würde ich heute gehen. Und das hat auch für unsere Firma bedeutet, dass wir komplett alles umkrempeln mussten, weil wir kommen aus diesem Game Marke, Marke, Marke. Brand Awareness schaffen, am Regal für Rotation sorgen. Heute mit den Einkäufern und Einkäuferinnen heißt es, kannst du auch Eigenmarke produzieren, kannst du das für uns machen, kannst du in dem Segment was für uns machen. Und dann kannst du dir darüber, wenn du Glück hast und gutes Produkt hast, was gefragt ist, kannst du dir darüber auch für deine Marke was hebeln. Aber der erste Einstieg geht erstmal über das Thema der Eigenmarke. Und deshalb hat sich der Markt komplett gedreht innerhalb der kurzen Zeit.
Joel Kaczmarek: Das war mal eine ganz kurze Nachfrage dazu. Wenn du sagst, die haben eigene Werkstellen selber her, macht das dann wirklich Lidl selbst oder ein Aldi? Weil ich weiß, ich hatte mal einen Podcast mit
Jan Bredack: Aldi nicht, aber Lidl macht das. Ah, okay.
Joel Kaczmarek: Weil ich erinnere mich, ich hatte mal einen Podcast mit Robert Rausch, der die Rauschschokolade macht und der sagte mir, du guck mal, wenn du irgendwie im Lidl bist, die JD Gross Schokolade, das ist so die Edelvariante, die machen wir. Wenn du bei Aldi bist und kaufst dir Chouqueur, das macht zum Beispiel Stork, also die sonst sowas wie Toffifee und Co. machen. Und so hast du bei ganz vielen Produkten, du kaufst sozusagen eine Eigenmarke von Lidl oder von Aldi, aber de facto steckt irgendeine bekannte Marke dahinter, so wie du es gerade auch beschrieben hast. Also von daher macht Lidl das mittlerweile sozusagen komplett selbst, dass denen sogar auch die Schokoladenfabrik sozusagen gehört.
Jan Bredack: Ja, jetzt machen sie es, sie haben glaube ich 25 Werke und da steht ja nicht mehr Lidl drüber, sondern Schwarz. Die Schwarz-Gruppe und die sitzen in Leipzig und die fahren überall rum und machen Akquisitionen und vertikalisieren die Wertschöpfungsketten. Das heißt, die bringen das komplett unter ihre Kontrolle. Bis zum Anbau sogar, also bis hin zum Farming. Und da liegt so ein bisschen auch die Zukunft, weil, guck mal, ein Lidl hat, weiß ich nicht, zweieinhalb, dreitausend SKUs im Sortiment. Da kannst du das Kategorie für Kategorie durchforsten, gerade wenn du es auf die eigene Marke abstellst. Ein Edeka, ein Rewe oder jetzt mal ein Kaufland, die haben 60, 70, 80.000 SGU im Sortiment. Dann wird es natürlich deutlich komplexer und schwieriger. Deshalb sind die Discounter prädestiniert, an der Stelle den Hebel anzusetzen. Arsch.
Joel Kaczmarek: Spannend, weil ich wollte gerade sagen, müssten die dann eigentlich alle nachziehen? Also sehe ich dann so ein großes Konsolidierungsgame, weil sich irgendwie die Edikas, Reves und Aldis auch die Läden zusammenkaufen und dann selbst machen. Aber glaubst du eher, dass es eher nur bei dem einen Modell funktioniert und nicht beim LEH insgesamt?
Jan Bredack: LEH zieht nach, hört den CEOs zu, also Edeka und Rewe, der ihre ganz klare Geschäftsstrategie ist, Vertikalisierung, Eigenmarken. Da geht die Reise hin. Also dem muss man nur richtig zuhören. Die sagen das, weil da steckt für die Ein Stück weit auch eine Chance drin, die ich super nachvollziehen kann als Unternehmer, weil du machst dich ein Stück weit unabhängiger und du schaffst natürlich auch die Differenzierung zu deinen Wettbewerbern, weil was hat denn ein Händler heute? Die Coca-Cola steht in allen, die steht im Edeka, im Rewe, im Kaufland. Im Globus etc. Die Differenzierung, die du hast, um die Menschen zu dir zu holen, ist nur der Preis. Hast du aber eine eigene Marke und die geht zulasten der Marge und die Marge geht dann in den Einkaufsgesprächen, wird die verhandelt, aber hast du eine eigene Marke, wo du rein investierst, die du aufbaust, wo du Brand Awareness schaffst, dann kommt der Kunde zu dir, weil bei dir gibt es den Rewe Beste Wahl Ketchup oder die Rewe Die ja, Kaffeesahne oder wie auch immer. Mir fällt jetzt gerade nichts anderes ein. Ich will jetzt auch keinen in der Werbung ausschließen. Und geh mal bitte zum Rewe. Bei denen fällt es mir am meisten auf. Und die machen das hochprofessionell. Du hast mittlerweile in jeder Kategorie eine Einstiegsmarke. Du hast eine im Premium-Segment und manchmal hast du sogar noch eine dritte Eigenmarkt. Das heißt, in einer Kategorie, wo sich sonst die Marken aus dem Regal gegenseitig gebombt haben mit Außendienst etc., hast du mittlerweile schon Regalplätze okkupiert, 30 Prozent von den eigenen Marken der Rewe. Und dieses Spiel wird jetzt bis zum Exzess weitergetrieben. Und das heißt, du als Industrie kannst das Spiel mitspielen. Und kannst sagen, okay, ich habe für dich Produkte, die sind super interessant, die haben eine Innovationskraft. Ich biete sie dir an, dass du sie unter deiner Marke ins Regal stellst.
Joel Kaczmarek: Vorher Josef gleich mal wieder dazu und meine Nachfrage dazu. Ich hatte mir auch so als eines der Themen aufgeschrieben, dieses Oligopol, was du so im LEH hast. Weil ich glaube, wenn man sich mal so Dr. Oetker anguckt, ich kriege die Zahlen nicht mehr zusammen, wie viel Prozent es waren, aber eine sehr hohe Anzahl der Produkte, die du in einem Supermarkt kaufst, sind auf einige wenige große Unternehmen zurückzuführen. Also sowas wie Kraftgruppe, Dr. Oetker. Da frage ich mich doch auf der einen Seite, was macht denn das mit so einem Game, wenn das sozusagen noch spitzer wird, weil der Marktbetreiber auf einmal derjenige ist, der dir die Produkte verkauft. Und B, warum regeln die da nicht dagegen? Weil es gab doch, war das nicht in 2024, wo irgendjemand sogar knallhart die Regale hat leer werden lassen, weil er irgendwie die Einkaufskonditionen so hart fand? Also ich würde doch
Jan Bredack: Das passiert ständig. Das gehört zu einem guten Ton dazu.
Joel Kaczmarek: Aber deswegen, was macht das mit so einem System?
Josef Brunner: Finde ich super spannend. Ich habe ja mich sehr, sehr intensiv mit diesem Markt auseinandergesetzt, bevor wir Nutri United gestartet haben. Aus unterschiedlichen Gründen. Das eine war, ich komme ja aus einer Bäckerfamilie, bin ja in einer Bäckerei aufgewachsen, habe deswegen eine emotionale Bindung zum Handwerk und zum Produkt gestartet. Und Jan hat ja schon den Begriff in den Mund genommen, der die Branche gut beschreibt. Das ist nämlich eine Industrie geworden. Es ist ganz viel Distanz, Professionalisierung, wenig Authentizität und Integrität in den Produkten. Und dann ist der Markt ja auch bekannt. Als nicht der einfachste, um es vorsichtig zu formulieren. Und gleichzeitig berührt dieser Markt jeden von uns jeden Tag. Wir essen jeden Tag und der Einfluss, den unser Konsumverhalten auf die Gesellschaft und den Planeten hat, ist signifikant. Also es ist ein unglaublich interessanter Markt. Also habe ich mich sehr intensiv damit auseinandergesetzt und habe mit ganz vielen Leuten vorher gesprochen, mit CEOs von Konglomeraten, mit CEOs von Handelsunternehmen, um einfach mal zu verstehen, wo diese Reise hingeht und wie dieser Markt denn heute funktioniert. Und die Punkte, die der Jan angesprochen hat, die sehe ich auch. Also immer eine immer stärker werdende vertikale Integration derjenigen, die den Kunden haben. Das würde ich gar nicht auf den stationären Handel beschränken, obwohl da natürlich der Großteil ist. Aber du siehst es auch, wenn du eine starke Online-Präsenz hast, dass du dich rückwärts integrierst und eben so viel der Wertschöpfungskette versuchst, für dich zu integrieren, weil du einfach in einem marginschwachen Markt jeden potenziellen Margenpool für dich mit anzapfst. Das ist definitiv eine richtige Beschreibung. Gleichzeitig Weiß ich aber nicht, ob ich mich so sehr auf das Oligopol, das du beschrieben hast, Joel, versteifen würde, sondern auf die duopolistische Natur des Lebensmittelsystems. Du hast nämlich bestimmte Entities, die haben den Kontakt zum Kunden. Es ist der stationäre Handel. Alles andere kannst du eigentlich, wenn du in Volumen denkst, vergessen. Das ist ein bisschen online, das ist alles ein bisschen Kirsche auf die Torte. Aber das Produkte werden im stationären Handel gekauft. Und dann hast du Produktionsunternehmen, die wie große Industrieunternehmen funktionieren. Alles andere ist ein bisschen feigenblatt und sowas. Und das finde ich unglaublich spannend, weil aus einer externen Betrachtung heraus ist dieser Markt unglaublich widerstandsfähig. Wenn du es dir überlegst, der einzige Markt, der mir spontan einfällt, mit Energie wahrscheinlich zusammen, die sich bis jetzt gegen externe Disruption wehren konnten, indem sie einfach immer stärker diesen Preispunkt forcieren, und sich vertikal integrieren und da hat Deutschland auch eine sehr besondere Rolle. Wenn du das Ganze international siehst, ist Deutschland der einzige Markt, bei dem so gut wie jeder internationale Spieler, der sich hier versucht hat, auf der Handelsseite und der Produktionsseite verloren hat und sich wieder zurückgezogen hat. Also der Markt hat schon was, führt aber quasi invertiert dazu, Wenn du diesen Markt knackst, hast du natürlich ein unglaubliches Potenzial vor dir, weil ihm komplette Innovation fehlt. Du hast extremes Geld in diesem Markt, aber sehr ungleich verteilt in so extrem schwere, schwerfällige, langsame Tanker, dass wenn du es schaffst, auf eine gewisse finanzielle Schwungmasse zu kommen und deinen Weg in diesen schwierigen Markt gefunden zu haben… ist es viel, viel schwieriger, dich aus diesem Markt wieder rauszukegeln, als das in agileren, sich selbst disruptierenden Märkten ist. Von daher, um das abzuschließen, weil deine Frage war, wie sehe ich den Markt? Ich sehe ihn als extrem resilient, aber unglaublich attraktiv, weil du fast keinen Wettbewerb mehr hast. Die Gründe dafür müssen nicht gut sein, warum du keinen Wettbewerb mehr hast. Aber du brauchst schon viel, Luft. Und eine hohe Schmerztoleranz, um dich hier durchzusetzen.
Joel Kaczmarek: Was ist denn da dein Blick drauf, Jan? Du bist ja in der Waschmaschine schon ein bisschen länger drin.
Jan Bredack: Genauso wie es Josef sagt. Es gibt einen Spruch unter den Lebensmitteln, unter den Foodlern. Wenn du es in Deutschland schaffst, schaffst du es überall. Weil es ist mit Abstand Der härteste und das ist ein Captive-Markt. Es ist wirklich nach außen abgeschirmt. Und insbesondere für neue Player, die versuchen, stationär Fuß zu fassen. Man muss sich vor Augen halten, es gibt nirgends auf der Welt so eine hohe Dichte an Lebensmittelläden wie in Deutschland. Nirgends. Pro Einwohner, pro Quadrat. Du kannst es auf alles runterbrechen. Du brauchst ja nur mal woanders hinfahren. Und dafür gibt es relativ wenige Wettbewerber. Also das ist sehr überschaubar, was man heute. Und du weißt ja, hinter der Schwarzgruppe oder vor der Schwarzgruppe hast du Lidl und du hast Kaufland. Da hast du schon mal zwei große. Und die Schwarzgruppe mit Lidl ist Marktführer in Europa mittlerweile mit 120 Milliarden Umsatz. In Deutschland im stationären Handel ist nach wie vor Edeka Marktführer, mit um die 20, 23 Prozent tendeln die immer da rum. Und dann hast du noch die Rewe-Gruppe und den Rest kannst du schon fast vernachlässigen. Aldi auch? Aldi, ja klar, sorry. Aldi hast du noch, Entschuldigung. Aber nur mal Discount. Discount, nur Lidl und Aldi zusammen machen 40 Prozent des Marktes aus. 40 Prozent, das ist schon krass. Also rein von dem Schnitten in den Marktanteilen. Also die beiden, die geben es sich auch richtig, das sind so ein bisschen die Erzfeinde, so ein bisschen wie Edeka und Rewe. Das sind so die Hauptwettbewerber und man muss wissen bei Edeka und Rewe, das sind Genossenschaften. Das heißt, Edeka Rewe gehört jetzt keinem Konzern, wie es jetzt zum Beispiel bei der Schwarzgruppe ist, wo es einem Shareholder gehört. Das gehört quasi den Kaufleuten. Und diese Struktur, die macht es extrem, jetzt gehe ich mal wieder auf die Industrieseite, die macht es extrem schwierig, dort Traktion aufzubauen. Du brauchst ganz tiefe Taschen und einen langen Atem, um dich nachhaltig im Regal zu etablieren. Oder jetzt, jetzt spreche ich wieder andersrum, positiv, wenn du etwas hast und es produzieren kannst, was auch attraktiv ist für ihre Strategie, nämlich das im Eigenmarkensegment zu forcieren, dann hast du tatsächlich mit diesen Partnern, dann ist es auch eine spaßige Veranstaltung für alle Beteiligten. Weil was wegfällt bei dir, ist der Aufwand, der Invest in das ganze Brand Awareness. Das hast du in dem Fall jetzt zumindest auf der Produktebene nicht.
Josef Brunner: Den Punkt, den Jan anspricht, den finde ich super. Den Teil habe ich weggelassen. Ich habe ja ziemlich erfolglos in Food investiert. bevor ich mich selbst in Food gewagt habe. Ich habe da so knapp 10 Millionen, würde ich mal sagen, verbrannt. Also auch ein Schluck aus der Pulle. Aber alles in diese Asset-Light-Modelle, die quasi en vogue waren, bin da quasi mit der Herde mitgelaufen. Aber da gibt es ein paar interessante Punkte, um da eine Connection zu dem, was der Jan erzählt hat, Und zwar, ich habe mich ja sehr intensiv auf Nuccio United vorbereitet und viel intensiver als auf alle Unternehmen davor, um auch zu verstehen, wie eben diese Mechanismen in diesem Markt funktionieren. Und das Spannende ist, wenn du dir die neuen Player-Startups, wie auch immer du die nennst, wenn du dir die anschaust, die haben alle so eine wishful thinking. Ich muss nur in den Lebensmittel einzeln und ich muss nur in dieses Regal. Aber sie verstehen, und Jan, bitte keep me honest, weil ich bin ja hier neuer Teilnehmer in diesem Spiel, die verstehen nicht, dass du zweistufiges Marketing zu betreiben hast. Du musst erst ein Den Lebensmitteleinzelhändler überzeugen, manchmal musst du den Zentraleinkauf und den quasi lokalen Kaufmann noch überzeugen und dann hast du da schon zwei kleine Schritte. und dann viel wichtiger musst du ja die Konsumentin und den Konsument vom Regal nochmal abholen, weil ob das Ding im Regal steht oder nicht, hat nichts mit dem Kaufverhalten zu tun und das nennt man Drehung, also wie dreht sich quasi dieses Produkt. Und im Excel-Sheet, Bullshit-Bingo vieler Startups, skaliert es halt super, solange du mal irgendwo gelistet bist. Und das funktioniert halt nicht. Und deswegen glaube ich allerdings auch, um vielleicht so einen kleinen anderen Impuls, einen hoffnungsvolleren Impuls wieder Jahren zu liefern für mich. den ich noch habe als Rookie. Ich glaube, dass durch diese sehr starke vertikale Integration und dieses ständige Optimieren auf Preispunkt und gleichzeitig das Erzählen einer Marketinggeschichte, das sind so diese zwei großen Hebel, die du hast, um Produkte preiskünstig an die Frau und den Mann zu bringen. dass ein Platz entsteht für Authentizität und für Integrität und für eine Marke. Weil die Leute ja zwar manchmal schizophren sind in ihrem Einkaufsverhalten, also anders über ihren Einkauf erzählen als das, was im Wagen dann liegt, aber trotzdem merken, dass irgendwie da was nicht stimmt. Also so ein sehr schwierig zu begreifendes Gefühl. Und deswegen habe ich die Hoffnung, dass man sich dort positionieren kann in dieser Lücke, die durch diese Industrialisierung entsteht. Das ist ein Punkt. Und der zweite, der Jan hat ja Edeka hervorgehoben. Ich habe aus Neubiberg, das ist ein Vorort von München, einen Edeka-Kaufmann kennenlernen dürfen. der heißt Haircheck und der ist so der Revoluzzer unter diesen Kaufleuten, der baut seinen Markt quasi so auf, wie er das gerne hätte. Der hat keinen Alkohol im Markt, er hat fast keine Eigenmarken, er macht so viel Local Sourcing, wie es geht und er ist unglaublich erfolgreich. und das kann ich sagen, das sind ja keine unserer Produkte, also ich bin da nicht biased, aber ich finde es unglaublich hoffnungsfroh, dass er durch sein Anderssein, natürlich im Speckgürtel von München ist mir klar, dass die Kaufkraft eine besondere ist, aber dass sich der durchsetzt, zeigt, dass es doch einen Appetit, um im Jargon des Lebensmittelhandels zu bleiben, gibt, weg von dieser Masse, weg von nur Preis und nur Marketinggeschichten. Und deswegen gibt es auch Hoffnung, Jan.
Jan Bredack: Ich will sogar dich insofern unterstützen, dass dieses Spiel, was wir gerade beschreiben, nicht zwangsläufig in der Reihenfolge funktionieren muss, dass du erst den Einkäufer, den Großhändler überzeugen musst. Sondern durch dieses Influencer-Game, was ja seit Jahren jetzt läuft, machen ja erst mal die Influencer dem Einkäufer, gaukeln sie den Markt vor und sagen, guck mal hier, ich bring dir quasi die Käuferschaft in den Laden. Und so gibt es ein Capital Bra, so gibt es die ganzen Produkte, die man da, Eistee, so gibt es die ganzen Produkte, die man da über die Jahre, Pamela Reif und wie sie alle heißen, die da Lohn produziert, dann en masse im Wochentag neue Produkte in die Regale spülen. Und immer mit dem Versprechen, lieber Handel, ich bin der, diejenige, die dafür sorgen, dass das auch aus deinen Regalen wieder rausgespielt wird. Und das war viele Jahre, bis vor drei Jahren, war das das Game, was funktioniert hat. Und deshalb stimme ich dir da hundertprozentig zu. Natürlich können es Marken mit einer Authentizität, mit einer für etwas, für was sie stehen, mit einem Wert, der jetzt nicht nur heißt, ich will jetzt keinen dissen, ich nenne keinen Influencer oder Influencerin, also ich bin XY und ich stehe für dieses Produkt, kaufe es, gehe zu DM, gehe zu Edeka und krempel die Regale um. Das ist ein Game, was funktioniert als Impuls und was zeigt, dass das Thema Marke nach wie vor eine Rolle spielt. Was sind am Ende Marken? Es ist leider nur nicht nachhaltig. Es lebt immer davon, sobald dieser kleine Impuls weg ist, ist auch sofort der Regalplatz wieder frei. Da steckt eben nicht dieses, was du im Kopf hast, Josef, dieses Authentizität, Wertesystem, das steckt in der Regel nicht dahinter, sondern es geht um einen schnellen Impuls, schnell was mitnehmen, kaufen, sogar überteuert kaufen. Da spielt das Thema Preis tatsächlich sogar mal nicht eine Rolle, sondern die Drehzahl kommt über die Attraktivität des Influencers der Influencerin. Dieser Reiz wird da gesetzt und dem sind ganz viele Handelsketten verfallen. Über viele, viele Jahre jetzt. Angefangen hat übrigens damit DM. DM hat damit angefangen. Also plötzlich neben uns, wir waren ja die Marke bei DM und plötzlich neben mir überall kleine Influencer-Marken aufgetaucht und wir sind ruckzuck hier und da aus den Regalen raus gewesen.
Josef Brunner: Das Thema mit den Influencern fand ich auch sehr spannend, weil als ich quasi meine eigene Equity-Story für Nucci United geschrieben habe, sah die noch ein bisschen anders aus, als die, die sie jetzt ist. Und wenn ich kurz auf die Architektur eingehen darf und dann bestätigend zu dem, was du gesagt hast, abrunden darf. Wir kaufen uns ja unterschiedliche Familienunternehmen, die eigene Produktion haben und das Herz am rechten Fleck und Liebe zum Produkt haben. Das ist also der eine Teil, Produktionsfähigkeiten zu haben. Der zweite Teil ist, dass wir nach vorne gerichtet uns eine Vertriebsplattform aufbauen, indem wir vom Airline-Catering über den Lebensmitteleinzelhandel online genauso vertrieben sind und du kannst dann quasi mit mehr Produkten aus deiner Bibliothek an Produkten durch dieselben Türen durchmarschieren und hast dann hoffentlich im Ergebnis eine höhere Produktivität pro Vertriebsmitarbeiter und steigerst dann deine Gesamtgruppenprofitabilität. Und wenn du diesen Gedanken weiterspinnst, hatte ich die Idee am Anfang, auch so eine Art White-Label-Plattform zu bauen, in dem Influencer, also Fußballer als Beispiel, ihre Produkte wie bei uns als Eigenmarke quasi entwickeln können und sie dann vertreiben. Aber wenn du dich dann inhärent mit der Logik beschäftigst, die du total richtig beschrieben hast, merkst du, das sind alles so Stichflammen. Also die sind sehr schnell da und dann nicht weg, sondern irrelevant. Also das ist wie so ein Soufflé, das extrem schnell implodiert und das zeigt die Es ist wirklich so. Und das zeigt, wie unglaublich quasi wenig profitabel und nachhaltig im ökonomischen Sinne dieser Ansatz ist. Und deswegen haben wir gesagt, wir gehen auf diese Langfristigkeit, langfristig stabile Kanäle im Food Service, im Lebensmitteleinzelhandel, im Catering und lassen diese High Flyer, die lassen wir komplett außen vor, weil das ökonomisch sehr, sehr schwierig profitabel zu bespielen ist.
Joel Kaczmarek: Also ich habe es ähnlich gehört, dass gerade bei diesen Dosen, also ist ja gefühlt so, der eine macht irgendwie Gunnergy, die andere macht Dirty, dann macht hier die, in der DSDS-Jury saß auch ihr eigenes Eis, dann gab es immer so dieses Battle, wer hat in den ersten zwei oder vier Wochen die meisten Dosen verkauft, so einen neuen Rekord zu vermelden. Und ich habe da mal von irgendeinem Dude auch gelesen, dass er meinte, ja, egal wer von denen das jetzt ist, das ist halt immer so ein Peak und dann fällt es wieder ab. So, ihr nickt beide bedächtig. Von daher ist ja so die interessante Frage, Josef, wie kriegt man sowas denn dann aber besser gebaut hin, so eine Brand, wenn du sagst, das Handwerk wieder das natürliche, gerade wenn man diesen Bias hat zwischen was sagen die Leute und wie sieht es im Einkaufswagen aus?
Josef Brunner: Ja, das ist natürlich keine triviale Aufgabe und sie hat unterschiedliche Stellschrauben. Also die eine ist, wenn du dir, ich kann dir sagen, wo mein größter innerer Konflikt gerade ist. Wir kaufen jetzt unterschiedliche Unternehmen zusammen, die umsatztechnisch zwischen 10 und 50 Millionen sind. Und dort sehe ich Synergien. Es gibt zwei Arten von Synergien, die ich sehe. Eine quasi… Upstream-Synergie, das ist Marketing und das ist Vertrieb. Die kann ich mit gutem Gewissen nutzen, weil sie mit der Authentizität des Unternehmens nichts macht. Also ich kann einem Vertriebsarbeiter von Firma 1 ohne Probleme die Produkte von Firma 2 mitgeben, wenn der das gut positioniert bekommt. Wo ich große Bauchschmerzen habe, ist eine zu starke vertikale Integration, die der Jan beschrieben hat, die Lebensmitteleinzelhändler machen, bei mir innerhalb der Gruppe zu forcieren. Das würde zwar on paper, wenn du jetzt so einen McKinsey-Slide nimmst, macht das total Sinn, aber dann habe ich ein, da mache ich aus meiner Sicht, das kann falsch sein, einen extrem großen Fehler, weil dann spiele ich das Spiel eines großen Industrie-Konglomerats und das verliere ich. Weil dann quasi, jetzt spiele ich dieses Preisspiel mit. Das kann ich nicht. Also gibt es einen natürlichen Punkt, in dem die Professionalisierung, die ich intern vorantreibe, die Integrität der Marke beschädigt. Und wir sind ja ein Blumenstrauß von Marken. Also nicht eine große Holding, alles unter Nutschi United, sondern da hast du einen veganen Ready-to-Eat-Convenience-Hersteller, dann vielleicht auch mal Käse oder wie auch immer. Die haben alle eine spitze Marke und eine spitze Daseinsberechtigung. Und je mehr ich das zusammen verwurschte, desto mehr verwässere ich meine Existenzberechtigung. Und das ist eigentlich mein spannender Konflikt, den ich habe. Also ich komme an eine bestimmte Professionalisierungsobergrenze. Also wir wollen ja das Dach der Familienunternehmen sein, weil es die alleine aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr schaffen. Und das ist eigentlich der Konflikt, der mich wesentlich mehr umtreibt als irgendwelche Influencer-Soufflés. Bei mir machen eben langfristige Geschäftsbeziehungen im Food-Service, im Retail oder eine loyale Kundenbasis, wo ich mir die Kunden online nicht erkaufe, die macht für mich Sinn, langfristig. Der Rest, das kann ich auch, ob da jemand fünf Dosen mehr verkauft, ist mir völlig schnurz.
Joel Kaczmarek: Aber dann hast du im Prinzip ein Skalierungsende. Also wenn du sozusagen zu professionell wirst, dann geht das mehr an Professionalität auf Kosten der Glaubwürdigkeit, der Authentizität der Marke und du stößt quasi an so eine Decke, lerne ich daraus.
Josef Brunner: Ja, ich habe unterschiedliche Begrenzer nach oben. Eine Skalierung weiß ich nicht, weil es gibt um die 10.000 Familienunternehmen im Lebensmittelumfeld in Deutschland alleine. Es ist extrem fragmentiert und kleinteilig. Das heißt, wenn du uns jetzt technisch als Buy-and-Build-Case betrachtest und selbst wenn wir unseren Wertemaßstab anlegen, da kann ich noch sehr, sehr lange wachsen, weil ich kaufe ja aus dem Cashflow der Unternehmen weiter zu. Diese Skalierungsgrenze sehe ich nicht. Ich habe eine Profitabilitätsobergrenze. Ich kann über eine bestimmte Marge nicht gehen ohne …. dass ich anfange, nicht mehr integer zu sein. Es gibt einen schönen Spruch eines CEOs, dessen Namen ich jetzt nicht zitieren möchte, aber der meinte Du musst schauen, dass du auf die 10% Profitabilität kommst. Dann hast du eine langfristige Daseinsberechtigung. Da sind wir gut unterwegs. Alles über 15% ist an der Grenze, nicht mehr integer zu sein. Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen. Das muss so nicht stimmen. Aber wenn du produzierst und du kommst auf 20%, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass du auch nach unten durchoptimierst, hoch. Und das muss per se nicht schlecht sein, aber es passt dann eben nicht mehr zu unserer Markenaussage. Und deswegen haben wir keine Skalierungsgrenzen per se, aber wir haben eine EBIT-Obergrenze, würde ich sagen.
Joel Kaczmarek: Was ist denn eigentlich der zweite Synergie-Case? Du hast gesagt, es gibt zwei. Der erste ist Vertrieb, also Marketing und Sales. Was ist der zweite?
Josef Brunner: Also du hast einmal Upstream und Downstream. Upstream ist Sales-Marketing. Ich kann bestimmte Kanäle nutzen für alle Produkte und für alle Marken und ich kann eben den Sales-Rucksack voller machen. Das ist die Upstream-Fähigkeit. Synergie nach unten hast du unterschiedlich. Ein ganz großes Thema ist der Einkauf. Wenn du lauter kleine Unternehmen mit 10, 20 Millionen Umsatz hast, die kaufen alle Kartonagen und so weiter einzeln ein, Wenn du auf 100 Millionen, 200 Millionen kommst, dann bist du vom Umsatz relativ schnell da. Ändert sich der Preispunkt signifikant, das schlägt sofort auf deine Profitabilität durch. Dann hast du ein Riesenthema, das ist die Bürokratie. Es ist schön, dass wir gute Gesetzgebung haben, die dafür sorgt, dass Lebensmittelhygiene großgeschrieben wird. Aber das ist eine Last auf Kleinunternehmen. Und wenn ich diese Last auf stärkere Schultern verteile, dann habe ich denselben Aufwand am Personal, aber für quasi eine größere Schwungmasse. Das ist auch eine Integration. nach unten, die mir die Marke noch nicht beschädigt. Was mir die Marke beschädigt ist, ein lokaler, ich hätte jetzt fünf Käsehersteller, durch das Land verteilt. Und wenn ich mir anschaue, warum die heute punkten, dann punkten die die, weil die Das ist diese Weide, das sind diese Kühe und ich transportiere diese Bilder. Und wenn ich jetzt quasi das Kompetenzzentrum Käse in Nordrumänien mache, wo ich dann meinen Käse verpacke, dann habe ich einen extremen Margensprung gemacht für exakt ein oder zwei Jahre, bis mir quasi meine Integrität verloren gegangen ist und mir dann mein Case zusammenbricht. Also quasi in der Produktion habe ich Grenzen.
Joel Kaczmarek: Aber das ist eine interessante Frage, weil ich habe genau dieses Thema mal gelesen, da ging es um eine uns allen bekannte Biermarke, die immer mit so großen Schiffen mit grünen Segeln geworben hat und die wurde von irgendeiner anderen Brauerei aufgekauft. Entweder habe ich es gelesen oder sogar erzählt bekommen, dann hieß es, du kannst solche Marken kaufen und wenn du sie mit solch einem Werbedruck etabliert hast, wie das da der Fall war, dann kannst du die zehn Jahre melken mit niedriger Qualität, mit höherer Marge und es fällt sozusagen in der Zeit gar nicht so sehr ins Gewicht und dann kippt es halt irgendwann, weil das ist sozusagen so der Nachbrenneffekt. Ist es einfach nicht mehr so?
Josef Brunner: Also erstens will ich dich an einem Sailing-Ding hören jetzt. Ich weiß jetzt nicht, ob das so ist, Joel, aber ich will ja für etwas stehen. Also es gibt ja, ein großes Problem in der Lebensmittelbranche ist aus meiner Sicht die Distanz zwischen dem, was wir essen und uns. Weil es gibt keine Menschen mehr. Also du kannst nicht 555 Konglomerat, ich will jetzt keine Namen nennen, anrufen und sagen, Herr Konglomerat, was soll denn das? Das geht nicht mehr. Und ich möchte das ja sein. Ich möchte ja verbindlich sein und ich möchte als Mensch hinter diesen Sachen stehen. Ja. Und ich kann dann da nicht mehr dahinter stehen. Ob ich das noch zehn Jahre melken könnte oder fünf, ist für mich gar nicht mehr die entscheidende Frage, sondern ich habe mir sehr viel Gedanken gemacht, was ist die einzige Chance, von der ich denke, dass ich gewinnen kann. Also das muss ja etwas sein, was nichts mit Geld und mit Ressourcen zu tun hat, weil ich dieses Spiel immer verliere. Es gibt kein Szenario, wo ich mich auf ein Marketing-Spiel einlasse, ein Skalierungsspiel, ein Preisspiel, auf irgendein Spiel, das mit Geld zu tun hat und gewinne. Das geht nicht. Also mit was ich für mich in meiner Verzweiflung gesagt, das Einzige, mit dem ich punkten kann, ist Authentizität. Du musst uns nicht mögen, aber dafür stehen wir. Und das kann ich nicht mehr, wenn ich mir das im Innenverhältnis kaputt mache. Also selbst wenn ich melken könnte, könnte ich mich als Person nicht mehr hinstellen.
Joel Kaczmarek: Jan, wie siehst du das sonst mit den Brands, gerade wenn die gekauft werden? Also ich habe immer die Meinung, es geht genau in so eine Richtung. Mit Werbedruck aufgebaut und dann so Schnelldreher, zack, zack, abmelken und weiter. Das ist ja, wenn ich sage, hau fucked up, ist der Foodmarkt, sowas finde ich fucked up.
Jan Bredack: Ich würde gerne erstmal nochmal, ich beantworte deine Frage gleich, zurückspulen. Du hast vorhin gefragt, was denn dann? die Marken oder dieses Spiel, was der Josef da jetzt beginnt oder schon begonnen hat, zu spielen, was denn da ein Erfolgsgarant ist. Und ein großer Erfolgsgarant, ich glaube, Du hast sie Soufflés genannt, finde ich super. Was die gerade nicht sind, ist Relevanz. Du musst eine Relevanz schaffen. Und Relevanz hat viele Töchter oder viele Facetten. Du hast ein innovatives Produkt, du hast einen attraktiven Preis. Aber was der Josef ja richtigerweise sagt Dein Produkt steht für etwas, was einen Wert symbolisiert, der der Gesellschaft oder der Käuferschaft wichtig ist. Und wichtiger ist, um dazu zu greifen, ich bringe mal das Beispiel Share. Share ist ein super Beispiel. Share, die Marke, hat als Wert den Konsumenten vermittelt, Wenn du mich kaufst, mich Seife, mich Schokolade, mich sonst was, dann geht ein Teil des Erlöses, spende ich und derjenige bekommt das gleiche, was du hast. Er kriegt ein Wasser zu trinken, er kann sich waschen und so weiter oder sie. Und damit triggerst du das Thema Donating auf eine ganz andere Art und Weise. Du sprichst damit innere Instinkte an bei Menschen, die sagen, ich möchte was Gutes tun. Ich nenne das immer moderner Sündenerlass. Wenn ich das tue, dann tue ich was Gutes und deshalb kaufe ich dieses Produkt. Da gibt es jetzt x Beispiele und deshalb ist es wichtig, für den Erfolg nicht, wie viel Alarm draußen jemand macht und bei TikTok oder sonst wo das bewirbt, sondern wie relevant ist das Produkt? Wie relevant kann denn ein Eistee sein? Sorry, dass ich das jetzt mal so despektierlich sage. Wovon es hundert verschiedene draußen gibt, nur weil da jetzt Capit Was weiß ich, wie der heißt? Ihr wisst, wen ich meine.
Joel Kaczmarek: Monte.
Jan Bredack: Ja, der macht keinen Eistee, der macht Energydrinks. Energy, stimmt. Wie relevant kann das sein, nur weil die Person, und das hängt ja dann an dieser einen Person, und das haben mittlerweile die Handelspartner auch verstanden, weil sie begeben sich da natürlich in eine gewisse Abhängigkeit auch. Und sie sind abhängig davon, ob der jetzt Lust hat, das weiter zu bewerben, weil irgendwann zieht die Karawane vorbei und dem fällt was Neues ein. Dann macht er nicht mehr einen Food, sondern er macht einen MP3-Player, was ja totaler Quatsch ist, was ich erzähle, aber ihr wisst, was ich meine. der Impuls bei diesen Leuten ist ja nicht gesetzt, ich möchte was, in der Regel nicht so gesetzt, ich möchte was Gutes für die Gesellschaft tun, sondern ich möchte erstmal was Gutes für mich tun, ja, und ich erzähl jetzt meiner großen Gefolgschaft, wie geil das alles ist, dann kaufen die das und so, dann hab ich das auf der Kette und dann geht's zum Nächsten. So, das ist, was war eigentlich deine Frage vorhin, die ich später beantworten wollte?
Joel Kaczmarek: Dreher tun, wenn ich eine Brand kaufe und sie dann eigentlich nur noch so misshandle.
Jan Bredack: Es ist immer die Frage, mit welchem Purpose sie gekauft wird, weil es gibt verschiedene Motivationen. Es gibt die Motivation, ich kaufe einen Wettbewerber und der ist dann mal weg vom Markt. Dann hast du oft gute Motivationen, ich möchte diese Brand, die ist stark, die ist toll. Dann kommt die aber in einen Konzern, in ein Corporate-Umfeld, wo hundert andere Marken daneben existieren und dann kriegt sie nicht mehr die Liebe, die Pflege, Und ich sag mal, die Passion, die es bräuchte, um die Marke weiter strahlen zu lassen. Und deshalb passiert es oft, sehr oft, dass gerade wenn große Corporates Marken kaufen, dass die innerhalb kürzester Zeit nicht mehr relevant sind. Die verschwinden und irgendwann geht denen dann auch die Lust aus, den Konzernlenkern und sagen, pass auf, bringt nicht die Rotation, kostet uns zu viel Zeit. im Verhältnis zum Ertrag und zack ist das Ding wieder weg. Da haben die dafür richtig Geld gezahlt und Marken verschwinden aus unserem Leben. Da gibt es hunderte Beispiele. Gerade im Food-Bereich in den letzten Monaten, Jahren, was da an Marken verschwunden ist, was da passiert auf dieser Welt, das ist unglaublich.
Joel Kaczmarek: Ich denke gerade so, also die beiden Beispiele, die mir so einfallen, wäre so Bionade an Coca-Cola. Ich glaube, das performt ja noch ganz solide. Und ich weiß gar nicht, was daraus geworden ist, aber es gab ja einen riesigen Shitstorm, als damals Ankerkraut verkauft hat an Nestlé. Und ich glaube, das ist so ein schönes Beispiel, weil ich glaube, Ankerkraut war von der Positionierung her genauso, wie das Josef so ein bisschen im hatte, so Menschen, die dahinter standen, es waren zwei Gesichter und man ist mit denen auf die Reise gegangen. und jetzt muss man dazu wissen, der Gewürzmarkt ist glaube ich super intensiv verteilt auf wenige Player, also da gibt es glaube ich Ostmann, Fuchs und gefühlt so 80% sind wahrscheinlich auf diese zwei Firmen verteilt, vielleicht noch eine mehr, ich weiß es nicht. Kraft gibt es. Kraft noch, danke. Und dann kommt halt so einer und bringt da irgendwie so einen Wind rein, weil ich glaube jetzt irgendwie eine Barbecue-Mischung aus drei Gewürzen herzustellen ist jetzt auch nicht so, ne? Das bist du wie bei dem Eistee. Und da flogen ja die Fetzen, als die da verkauft haben. Ich weiß aber jetzt zum Beispiel gar nicht, was draus geworden ist. Hat das einer von euch mitgekriegt, wie die mittlerweile dastehen?
Jan Bredack: Nein, habe ich nicht verfolgt. Aber ganz ehrlich, da kommt wieder meine Botschaft. Wie relevant kann es heute noch sein, eine Gewürzmischung? Also relevant auch im Sinne von, du hast es ja eben selber angesprochen. Was kann so schwer sein da? Und wenn dieser, diesem Erfolg, dieser Ankerkraut war ja, lag ja inne, dass da zwei Persönlichkeiten über Jahre ihr Baby geschaukelt haben und überall gehegt, gepflegt und bei Twitch die Ersten waren, die das richtig hochgebombt haben, ja, in diesen Kanälen. Die waren so beliebt überall, die hatten so eine Brand Awareness gebaut, ja, mit Gewürzen, was jetzt? ja, ne, Gewürze kannst du auch von Osman oder von Fuchs kaufen, in jedem scheiß Supermarkt. Aber die haben es geschafft, für sehr viel Geld diese Dinger an Mann und Frau zu bringen, so. Und jetzt fällt genau das weg. Also dieses Hegenpflegen fällt weg. Dann ist es ein Gewürz wie jedes andere. Wo ist die Relevanz für so ein Produkt, dass man sagt, ich möchte das jetzt unbedingt haben. Wo soll das herkommen? Mir fehlt die Fantasie, wo man das noch dran basteln soll.
Joel Kaczmarek: Und jetzt hilft mir nochmal, dieses Game dann noch besser zu verstehen. Also ihr habt ja beide gesagt, wenn ich es schaffe, ein attraktives Produkt hinzukriegen, wo dann diese großen Player, das Oligopol, darauf aufmerksam wird, dann habe ich eine Chance, mich da reinzusetzen, weil es ist trotzdem schon ein langsam drehender Markt. Also die Schwingungen von Tankern, die sind sozusagen sehr, sehr langsam. Und ich frage mich nur immer, was hält sie denn eigentlich davon ab, wenn ich etwas kreiert habe, es einfach zu kopieren? Weil so jüngst zum Beispiel dieses Beispiel Dubai-Schokolade war, Also ich weiß, ich habe das irgendwie drei, vier Tage, nachdem die Berichte über Lindh durch die Presse gegangen sind, dass die da so eine teure, tolle Schokolade machen und alle haben voll den Hype, habe ich da die Rewe-Eigenkreation gesehen. Das frage ich mich, was hält die denn davon ab, das immer so zu tun?
Jan Bredack: Ganz am Anfang habe ich ja gesagt, du hast ein Produkt, was innovativ ist, es hat nicht nur was mit Innovation zu tun. Was eine gewisse Relevanz hat, Begehrlichkeit hat, ja. Und wo du möglichst eine IP hast. Das heißt, es müssen nicht zwangsläufig Patente sein. Es reicht auch oft das Know-how. Aber du steigerst deine Attraktivität mit einer Zehnerpotenz, wenn nur du das kannst. Und das ist genau unser Game, was wir jetzt spielen. Mhm. Wir haben uns genau kapriziert auf Dinge, die nur wir können, die wir entwickelt haben, die wir erdacht haben. Und es kann kein anderer. Und deshalb habe ich da auch eine relative Sicherheit und kann mit den Hosenträgern schnipsen, wenn die Begehrlichkeit vom Markt kommt. Weil ich kann sagen, ich mache dir das unter deiner Marke, aber ich möchte, dass du es auch unter meiner Marke machst. Und schon kannst du dir auch Brand Awareness hebeln über die Marketing-Power, über die Listungspower deiner Partner.
Josef Brunner: Ich finde es turbospannend, weil das war ein großer Teil meiner Anfangsübung zum Verstehen, wie wollen wir denn in den Markt reingehen. Und eine Sache, die viele Startups aus meiner Sicht besser machen können, unabhängig vom Food-Umfeld, ist eine Übung, einen initialen Product-Market-Fit zu trennen von einer nachhaltigen, langfristigen Defensibility. Also wenn du, nehmen wir mal dein Gewürzbeispiel, ohne dass ich da auf ein bestimmtes Unternehmen raus will. Wenn du versuchst, dich mit einem Produkt oder Ansatz zu differenzieren, der irgendwie innovativ, frech, neu ist, du deinen Vorteil, den du aber hast, nicht langfristig verteidigen kannst, Ist es irrelevant? Also meine Sorge war die, zum Thema Verteidigung oder über das Produkt rein zu differenzieren. Gibt es irgendetwas, das ein Konglomerat mit unendlichen und nicht limitierten finanziellen Ressourcen hat? davon abhält, wenn ich das absolut obergeilste Highflyer-Produkt habe, das sich nur über das Produkt differenziert und ich im Worst Case auch noch so Asset-Light-mäßig unterwegs bin. Das einfach besser zu machen oder gleich gut und günstiger. Und die Antwort, die ich hatte, war, nein, es gibt nichts, was die aufhält. Und deswegen habe ich für uns gesagt, deswegen darf es nicht eine reine Produkt- Differenzierung sein, sondern es muss mehr sein. Also was tun wir für die Local Community? Sourcen wir lokal? Sind wir regional verankert? Wie sind wir als Unternehmer? Das muss Teil unserer Identität sein, weil das nicht schlagbar ist. Du kannst eine Milliarde auf uns draufwerfen, wenn du so willst, im negativen Sinne. Du wirst dadurch nicht authentischer als Konkurrent. Aber du kannst uns quasi die Produktproduktionsfähigkeiten strittig machen. Und deswegen bei uns diese Trennung Product-Market-Fit nach nachhaltige Defensibility im Sinne von Seven Powers, wo ich ein großer Fan davon bin, war für uns auch essentiell beim Start.
Joel Kaczmarek: Aber jetzt mal ehrlich, wenn ich durch so einen Supermarkt gehe, also so einen Lidl, finde ich, machen die schon einen erschreckend guten Job, Produkte, die offensichtlich Fabrikcharakter haben, so aussehen zu lassen, als wenn sie total natürlich wären, mit Liebe gemacht. Also da steckt ja so viel Branddetail drin. Da ist so viel Verpackungsdesign. Also wenn wir jetzt wirklich von Lieschen Müller reden, weil ich habe gerade so eine Reminiscenz. Ich habe einen Freund, der hat seine Tochter nach Irland zum Austauschjahr geschickt. Und die hat in einer richtigen Arbeiterfamilie gewohnt. Und der hat erzählt, die haben gar nicht verstanden, was sie meint, warum sie das macht, wenn die die Inhaltsprodukte der Waren liest. Also die stand dann da und las, was sind denn die Zutaten? Warum machst du denn das? Ja, weil ich ja wissen will, ob es gut ist und so weiter und so fort. Also hat nicht der Großteil der Menschen so ein Niveau, dass die eigentlich auch immer zum gleichen Produkt greifen, immer das gleiche Deo, das gleiche Duschgel, die gleiche Salami und so weiter.
Jan Bredack: Das ist leider die größte Mauer, über die man als neue Marke springen muss, die Gewohnheit. Und zwar die Konditionen über Jahrzehnte, die Konditionierungen, die sich über Jahrzehnte etabliert haben, die aufzubrechen. Und deshalb ist es auch, ich habe vorhin gesagt, du brauchst was Innovatives. Innovation hat leider den Nachteil, dass es meistens disruptiv ist. Und wenn du etwas, was alle schon immer so machen, versuchst zu ändern und anzugreifen und sei es mit einer neuen Sichtweise, es besser zu machen, dann rennst du immer gegen die Mauer der Gewohnheit. Und das ohne ganz tiefe Taschen aufzubrechen oder mit ein bisschen Zeit und Geduld. Beides funktioniert. ist eigentlich die Königsdisziplin.
Josef Brunner: Das stimmt, ja. Und auch da brauchst du diesen langfristigen Blick. Also da funktioniert dieser Soufflé-Ansatz einfach nicht. Aber um jetzt da auch wiederum als absoluter Optimist reinzukommen, wenn du dir anschaust, wo Bio herkommt, wo Demeter herkommt, das ist ja eine Reise gewesen. Dann hast du In den Alpenregionen hast du ganz viele so Genossenschaften, die sich zusammengetan haben, für das Berchtesgadener Land, für das Tegernseer Land. Und da schwingt eine Nachricht mit, die per se nicht so viel nur mit dem Produkt zu tun hat, sondern mit dem Außenrum zu tun hat. Und die haben sich alle nachhaltig etabliert und sind in das Gedächtnis der Menschen eingebrannt. Nichtsdestotrotz ist es richtig, dass es eine ganz große Schicht in der Bevölkerung gibt, die sich diesen Luxus nicht leisten oder nicht leisten können. Und das, glaube ich, sagt mehr über die Gesellschaft aus als potenziell über das Kaufverhalten der Menschen. Und ich versuche in meiner eigenen Wahrnehmung und Formulierung so den Feuerwehrmann, die Krankenschwester und sowas, deren Probleme zu sehen. Also wenn du alleinerziehende Mutter bist und irgendwie Pflegekraft irgendwo bist. dann finde ich das vermessen, wenn ich der sage, pass mal auf, warum liest du nur die Inhaltsstoffe nicht, weil dein Kind zupft am Kittel, überall brennt die Hütte und du weißt nicht, wie du durchs Leben kommst. Das ist so ein gesamtgesellschaftliches Thema, das wir dort haben. Das wirst du aber nicht nur am Regal lösen können. Und darum ist das auch okay.
Jan Bredack: Aber, ich stimme dir zu. Jetzt haben wir aber in Deutschland das Phänomen, dass es besonders ausgeprägt ist, dieses Verhalten. Weil diese Mütter, von denen du gerade redest, die Krankenschwestern, Feuerwehrleute, die gibt es in Spanien, die gibt es in Italien, die gibt es in Frankreich, die gibt es überall. Trotzdem ist das Verhalten an der Theke, am Regal ein komplett anderes. Du absolut. Und ich will gar nicht nach Amerika gehen. Da ist das Spiel ja komplett absurd. Da kaufst du auf der einen Seite der Straße mit ganz vielen Menschen an der Kasse, kaufst dir einen Salat zum Mittag bei Whole Paycheck, bei Whole Foods für 30 Dollar und noch ein Getränk dazu bei 40 Dollar. Und gegenüber auf der anderen Seite hast du Taco Bell, wo du für 5 Dollar unendlich viel essen kannst und trinken kannst, bis du tot umfällst.
Josef Brunner: Da kriegst du alles, Jan, bis auf Nährstoffe.
Jan Bredack: Ja, genau. Ich will damit nur sagen, diese krassen zwei Welten sind mir nirgends so bewusst geworden wie in den USA. Aber jetzt mal zurück nach Europa. Wir haben in Deutschland aufgrund dieser dichteren Lebensmittelmärkte pro Einwohner, pro Quadratmeter, haben wir einen so krassen Wettbewerb, um den Kunden zu dir reinzuziehen. Und es hat sich ab den 70ern Jahren leider etabliert in Deutschland, dass alles über den Preis geht.
Josef Brunner: Und da hat der Jan komplett recht. Und es ist aber ein urdeutsches Phänomen. Jetzt kommen wir wieder quasi auf die Eingangsdiskussion zurück. Also wenn du, jetzt nehmen wir mal einen Discounter, wo jemand sich seine günstigen Produkte kauft, der steigt aber in ein schönes, neues, geliestes Auto. Es kann ein kleines, neues, geliestes Auto sein, aber es ist neu. Wenn du in Frankreich unterwegs bist, dann kaufen sich halt geile Produkte und steigen halt in die Schrottkarre. Also du merkst einfach, wo der Fokus ist. Wir fahren halt lieber in einem schönen, geliesten Auto rum. als dass wir uns vernünftig mit Lebensmitteln auseinandersetzen. Kann man mögen, kann man nicht mögen, sollte man langfristig versuchen zu ändern, aber ist leider auch so.
Joel Kaczmarek: Warum ist das eigentlich so, dass der deutsche Markt so speziell ist? Also es sind ja auch die Preise teilweise, wie ihr es beschrieben habt, ich glaube in Frankreich, Spanien, da fassen die sich an den Kopf, wenn die mitkriegen, was wir für Fleisch bezahlen.
Josef Brunner: Fahr mal nach Österreich, es geht in Österreich los. Du kannst im deutschsprachigen Raum bleiben, die Schweiz noch krasser.
Joel Kaczmarek: Ja okay, die Deutschen sind ja bei allem mal ganz krass, aber warum ist das in Deutschland so, dass das bei uns so strukturiert ist?
Jan Bredack: Na eben aus dieser, aus diesem Discount, aus dieser Mentalität, Geiz ist geil, die ist ja, kennt man ja so, aus dieser Saturn-Mediamarkt, das ist geprägt, aber im Lebensmittelhandel war mit der Gründung von Aldi und mit dem Großwerden von Lidl, von den Discountern, hat das hier im Lebensmittelhandel Einzug gehalten. Und nochmal, ursächlich ist die hohe Dichte an diesen Märkten. Du musst mal aufpassen, Joel. Gut, bei dir jetzt, wo du wohnst, ist tatsächlich nur ein Markt, weil es ist ein Dorf. Aber geh in eine größere Population. Du hast doch in der Regel an so Stationen Stimmt nicht mal.
Joel Kaczmarek: selbst bei uns hier, hast du vollkommen recht. Wir haben, glaube ich, drei Discounter. Norma, Aldi, Lidl, zweimal Rewe, einmal Edeka.
Jan Bredack: So, und guck mal, wie viele Einwohner da drum sind. Und darum kloppen die sich. Und die leben davon. Ich habe ja selber Märkte gehabt. Ich weiß, wie schwer das ist. Du musst die Kunden in deinen Laden bekommen. Wir haben es damals so gemacht, wie Josef es vorhat. Wir haben Anreize geschaffen, die außerhalb des Preises liegen. Produkte anzubieten, die es nirgendwo anders gibt. Die gab es nur bei uns. Insofern mussten sie zu uns kommen. Und dann haben sie das Obst, Gemüse mitgekauft. Dann sind sie nicht noch extra zum Denz oder in die Bio-Company gegangen. Das war unsere Strategie und unsere Philosophie dahinter. Aber diese ganzen, die kämpfen alle. Glaub nicht, dass es denen wirklich gut geht, den Märkten. Er hat vorhin von Double-Digit-ABDA-Margins geredet. Die wirst du in keinem der Einzelhändler finden. In keinem. Die sind froh, wenn sie ein oder zwei Prozent am Ende des Jahres haben. Dann sind die Happy, die Kaufleute. Das ist es. Und guck mal, was die für ein Risiko haben. Die haben erstmal das Invest, die haben das operative Risiko, die müssen die Menschen vor Ort in Brot und Butter halten, die haben das Thema Diebstahl, die haben das ganze, die haben, ich kann jetzt meine ganzen Storys aus meinem Einzelhandelsleben erzählen, du hast ja multiple Risiken den ganzen Tag, operativ. Und dafür hast du dann ein, zwei Prozent EBDA-Marge am Ende des Tages. Das ist schon krass. Abschriftenrisiko, Abschriftenrisiko, ja. Die Ware verkauft sich nicht, sondern die wird im Regal schlecht. Naja, guck mal, das sind locker. drei, vier Prozent im deutschen Durchschnitt, was im Durchschnitt weggeschmissen wird. Das ist auf der Stufe Einzelhändler, aber das Gleiche hast du nochmal beim Großhändler. Also du hast es auf verschiedenen Ebenen verteilt. Und dann wird so ein Case für so einen Handelsriesen auch schnell Zum Problem. Und dann optimieren die das. Lidl ist für mich ein Paradebeispiel. Wie schnell die Kassiererin oder die Leute vor Ort die Kiste aufreißen können und sie ins Regal zu stellen. Die Palette ist so gepackt, dass sie im Durchlauf wirklich alles reinstellen kann, ohne dass sie mit Hilfsmitteln das abreißen kann. Das ist durchdekliniert bis zum Exzess. Und nur so kannst du es am Ende wirklich profitabel machen.
Joel Kaczmarek: Und sag mal, da kommen wir zu einem interessanten Thema, was ich als letztes mit euch gerne nochmal aufgreifen möchte und das ist natürlich das Thema Inhaltsqualität, weil was mich so nervt, ich habe mich jetzt schon mit vielen Leuten im Bereich Schokolade lustigerweise unterhalten, mag an meinem Fable dafür liegen, also ich hatte irgendwie Andreas Ronken von Ritter Sport hier, ich hatte Robert Rausch hier von Rausch Schokolade und und und. Und dann frag ich dich, sagst du, sag mal, ich hab ein Restaurant gefasst, habt ihr eigentlich eure Zutat geändert? Und dann meinte er, nee, seit 15 Jahren nicht. Und ich sag, echt? Weil ich finde, es schmeckt alles immer nur noch so süß. Und ich hab überall das Gefühl, dass es so schmeckt. Und dann hab ich Robert Rausch gefragt, der meinte, naja, weißt du, stell dir doch mal folgende Frage. Wenn du jetzt so eine Schokotafel verkaufst, die Kakaopreise haben sich verdoppelt, ja, durch die Krise.
Jan Bredack: Vervierfacht. Okay, mittlerweile sogar das. Vervierfacht.
Joel Kaczmarek: Damals war es verdoppelt, jetzt sowieso. Und dann hast du den folgenden Effekt, wenn die Leute im Regal stehen, wenn deine Rittersport 89 Cent im Angebot kostet, wird sie gekauft, wenn sie 1,79 kostet, bleibt sie stehen wie Blei im Regal. Milka, scheißegal welche, ist bei allen so. Also über einen Euro ist so eine magische geistige Grenze. Und dann meinte er, was machst du denn da mit den Inhaltsstoffen? Da kannst du ja dann nicht, wenn der Kakaopreis sich vervielfacht hat, du aber über so ein bestimmtes Preis, dann ist doch klar, dass du noch Alternativen suchen musst. Also ist da eigentlich nur noch Dreck drin, lange Rede, kurzer Sinn. Will ich den genannten jetzt gar nicht unterstellen, aber mal so big picture gedacht. Und das ist, was ich irgendwie so schwierig finde, dass dann das ja vor allem den Effekt hat, auch gerade was du geschrieben hast, muss ich ja eigentlich lauter Geschichten reintun, dass das Zeugs nicht so schnell schlecht wird, damit es sich länger hält und und und. Also eigentlich, so mein Verdacht, züchten wir uns doch da Produkte, die keinem mehr schmecken und die keinem mehr guttun vor allem.
Josef Brunner: Also das Thema Inhaltsstoff ist tatsächlich ein sehr, sehr interessantes, weil es auch jetzt wieder einen gesellschaftlichen Impact hat. Mit Schokolade kann ich nicht mitreden, weil ich seit 20 Jahren keinen Zucker esse. Also da bin ich da ein bisschen raus.
Joel Kaczmarek: Was bist du denn für ein Heiliger? Oh mein Gott.
Josef Brunner: Nee, ich bin in der Bäckerei aufgewachsen. Du auch? Oh Gott. Also das ist Teufelszeug. Und das Schlimme bei Zucker ist, es ist ja so ein Industriestreckungsstoff geworden, weil es einfach günstig ist. die Herausforderung mit den Zusatzstoffen ist mannigfaltig. Zum einen, also wenn du dir anschaust, so Vanillearoma aus deinem Vanillejoghurt ist Rohöl. Jesus. Du willst bestimmte Sachen einfach nicht wissen und mir ist klar, dass irgendwann wird auch Wissen zu einer gewissen Belastung. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist allerdings, dass die Ernährung eine direkte Korrelation hat mit den Kosten unseres Gesundheitssystems. Und Jan hat jetzt Taco Bell vorhin angesprochen. Wenn wir in eine Übergewichtssituation wie in den USA reinkommen, wird es für unser Gesundheitssystem extrem herausfordernd. Deswegen liegt es im gesamtgesellschaftlichen Interesse, dass die Leute weniger Scheiß essen. Das muss man in dieser Härte sagen. Gleichzeitig muss das in die Lebensrealität der Menschen reinpassen. Das hat man vorhin gesagt. Alleinerziehende Mutter, die vielleicht im geleasten Auto zum Shoppen fährt, aber auf jeden Fall Stress hat. Jetzt musst du ihr irgendwas geben, eine Kaufentscheidung triffst du nicht, weil du vorher einen Doktor in Chemie gemacht hast. Sondern du hast einen Impulskauf, Du musst schnell da durch und dein Kind nervt und du hast auch keine Kohle. Und in dieser Lebensrealität, die man mögen kann oder die man nicht mögen kann, muss dein Produkt reinpassen. Und deswegen musst du es schaffen, dass du quasi inhärent aus dir heraus Produkte baust, die ein gutes Nährwertsprofil haben und das du mit gutem Gewissen rausgeben kannst. In den Grenzen, also aus meiner Sicht musst du das in den Grenzen der Realität machen, wenn du Skaleneffekte ziehen willst. Weil es bringt mir nichts, wenn ich den Jan und den Joelauf meiner Kundenliste habe und sonst keinen mehr. Also wenn ich in absoluten Impact denke ist mein Ansatz der, bin ich kompromissbereiter und habe aber einen netto-positiven Effekt auf den größeren Teil der Gesellschaft. Und deswegen bei uns so gut wie es geht keine Zusatzstoffe, keine Allergene, wo das eben geht, kein Zucker, wenig Natrium, also all diese Streckungsmittel, die eben inhärent so ungesund sind und eigentlich nur zur Preisoptimierung eingesetzt werden.
Joel Kaczmarek: Da bin ich ja jetzt mal neugierig. Habt ihr jeder mal so eure Top 5 Ernährungs- oder Nahrungsmittelsünden? Also von Josef weiß ich jetzt schon Streckungsmittelkacke, keine Vanillearomasachen. Was wären noch so auf deiner Liste, Josef?
Josef Brunner: Also ich mache nichts, was halt, ich lebe nicht wie ein Asket. Also ich versuche, alles, was irgendwie Aromastoffe oder sowas ist, zu vermeiden, weil die Herausforderung bei, speziell wenn draufsteht, natürliche Aromastoffe, musst du extrem aufpassen. Das ist nämlich ein kleines Ei, das uns die EU-Gesetzgebung gelegt hat. Erdöl ist eine natürliche Ressource. Deswegen kannst du dein Vanillearoma, das aus Erdöl gewonnen wird, als natürliches Aroma verkaufen. Und deswegen, da ich nicht den ganzen Tag Zeit habe, mich damit auseinanderzusetzen, nehme ich nur noch quasi natürliche Produkte, wo das eben geht. Nicht natürliche Aromastoffe oder natürliche Zusatzstoffe, sondern keine Zusatzstoffe, keine E-Nummern, insoweit das möglich ist. Dann Zucker ist bei mir ein absolutes No-Go. Dann so diese ganzen Geschmacksverstärker, die da drin sind. Alles, was irgendwie so Streckungsmittel sind. Und bei mir ist es dann noch Kohlenhydrate. Also ich versuche, soweit es geht, ohne Kohlehydrate durchzukommen, weil ich merke das auch im Körper. Jan, bei dir?
Jan Bredack: Genau, also ich könnte die Aufzählung in der gleichen, ich habe jetzt, es gibt natürlich für Zucker, da steht jetzt nicht immer zwangsläufig Zucker drauf, Maltrudextrin und was ist da, also es gibt ja, die Industrie hat sich da in den letzten Jahrzehnten einiges einfallen lassen, was am Ende trotzdem Zucker ist, ja.
Joel Kaczmarek: Wenn ihr Zucker meint, was meint ihr denn eigentlich mal blöd gefragt? Kristallinzucker, Weißenzucker oder auch Rohrzucker, was ist das?
Jan Bredack: Ja, also ich versuche komplett auf Zucker zu verzichten, auch Rohrohrzucker, auch alle möglichen Ersatzzuckerstoffe. Also ich trinke auch keine Leitgetränke oder sowas, lasse ich alles weg. Ich trinke hier, wie du siehst, Wasser. Da ist nur Wasser drin und das Und Tee, Grüntee. Das sind so meine zwei Getränke. Ansonsten, ich trinke keine Cola Zero Light, das lasse ich alles weg. Das ist alles Bullshit, ja.
Josef Brunner: Du hast jetzt ein super Problem mit Zucker. Zucker ist wirklich mein Endgegner, also gesellschaftlicher Endgegner, weil du ihm so schwer entkommst. Du hast Würfelzucker, Puderzucker, Eimachzucker, du hast Gelierzucker, du hast Raffinare, du hast Weißzucker, du hast unterschiedliche Industriezuckerarten. Ich glaube, zwölf Stück gibt es, die alle nicht Zucker heißen. Das heißt, du siehst es nicht. Die Tochter deines Bekannten, wenn die die Packung umdreht, Du siehst es darauf nicht. Es springt dir nicht ins Auge. Und das ist so gemein, wenn du so willst. Und deswegen versuche ich, auf alles, was irgendwie süß ist, zu verzichten. Ich esse auch keinen Honig oder sowas. Alles, was süß ist, lasse ich weg. Was zu ganz witzigen Situationen führt, wenn ich ab und zu mal irgendwie was essen muss oder mir was aufgetischt wird, was süß ist, ist das für mich so ein extremer Geschmacksimpuls, weil ich das ja gar nicht mehr kenne. und ich merke das, was das mit meinem Körper macht, weil der nämlich auf diesen Insulinschock nicht vorbereitet ist und du kannst mich danach für eine Stunde in so ein Krummerbad legen. weil ich in dieses Loch falle. Weil das ist wirklich krass. Und das ist, wenn du mal von irgendeiner Gesellschaftsdroge sehr lange abstinent bist und sie dann mal wieder isst, merkst du, was das eigentlich mit deinem Körper macht. Also Gluten, ähnliches Thema.
Joel Kaczmarek: Wie geil bist du denn aber bitte, dass du der Sohn eines Bäckers bist, isst kein Gluten und kein Zucker. Wenn du in eine moderne Bäckerei gehst, das besteht doch eigentlich nur aus Fett und Zucker und Gluten.
Jan Bredack: Ja, ja.
Josef Brunner: Aber wie gesagt, als Kind wurde ich ja, ich habe mich überfressen an diesem Zeug. Und daher einfach, ich war jetzt nie dick oder sowas, weil ich immer viel Sport gemacht habe, aber ich habe das Gefühl, so ein Zuckerschock, dieses Unwohlsein, die fehlende Leichtigkeit und sowas. Und bei Kohlenhydraten muss ich sagen, da kommt es jetzt aus der anderen Schiene, dass das an meiner Liebe zur Pasta liegt. Weil beim Pasta habe ich kein Sättigungsgefühl, da kann ich 8 Kilo, also das ist überzeichnend, aber da kann ich einfach essen, bis ich umfalle und das ist Selbstschutz, dass ich da einfach aufhöre, weil ich das Zeug liebe.
Joel Kaczmarek: Aber sag mal Jan, wenn man jetzt wie du Fabrikant von sowas ist, also gefühlt muss es doch so sein, als wenn du Sportler bei den Olympischen Spielen bist und bist der Einzige, der nicht dopen darf.
Jan Bredack: Ja, und das ist tatsächlich der Kampf mit ungleichen Waffen. Wir bringen pflanzlichen Käse auf den Markt, einen Camembert, der besteht aus drei Zutaten, da ist nichts drin. Und der schmeckt trotzdem wie ein Camembert, alle lieben es, auf Blumenkohl fermentiert, tralala, hopsasa. Und du konkurrierst mit Chemie-Cocktails, ja? Und wir sind auch noch Bio, es kommt auch noch dazu, also wir haben auch noch alles biologische Zutaten. Du konkurrierst im Regal mit Chemie-Cocktails, die zusammengebraut und gematscht wurden, ja, ich muss das jetzt mal leider so abfällig sagen. Und dann wirst du von Endkonsumenten und Konsumentinnen wegen dem Preispunkt angesprochen, weil du 50 Cent mehr kostest. Mehr ist es mit, also wir sind mittlerweile sogar Preispari, das haben wir auch schon geschafft. Es ist ein Kampf mit unfairen Waffen. Und wir seit 15 Jahren, deshalb Josef, willkommen in unserer Welt, seit 15 Jahren versuche ich, die Leute über ihr Bewusstsein zu motivieren, die Produkte, wirklich die Vorteile dieser Produkte herauszukehren. Guck unsere Milch, unsere gedruckte Milch. In der normalen Milch, die du kaufst, ist überall, auch in der Kuhmilch, ist Wasser drin. Du kaufst Wasser für teuer Geld. Und bei Hafermilch kaufst du sehr viel Zucker und Kohlenhydrate. Und wenn du das alles weglässt und trotzdem ein funktionales Produkt dem Kunden bietest, was schäumt, was schmeckt und so weiter, dann hat das einen anderen Preispunkt. Du bist teurer als die Brühe, die sonst verkauft wird. Oder vielleicht nur genauso teuer. Aber du hast am Regal erstmal einen Nachteil. Abgesehen davon, dass du innovativ bist, weil du die Milch nicht mehr in Tetrapaks verkaufst, sondern in gedruckten Blättern, hast du erstmal einen Nachteil.
Josef Brunner: Und vielleicht, um da auch eine kurze Lanze nochmal zu dem zu brechen, was Jan gerade gesagt hat und vielleicht auch so ein quasi gefühlte öffentliche Wahrnehmung nochmal einzuordnen. Diese Konkurrenz, die der Jan angesprochen hat, die dürfte in den USA nicht als Lebensmittel verkauft werden. Also wenn du in den USA über Produkte, über Lebensmittel sprichst, denkt jeder sofort an das Chlorhühnchen, weil das irgendwie vom Handelsabkommen irgendwie hängen geblieben ist. Aber viele der veganen Produkte brauchst du ja einen Chemie-PhD, um zu verstehen, was da drin ist. Das dürftest du in den USA teilweise nicht als Lebensmittel verkaufen. Das ordnet das Ganze nochmal ein bisschen ein, was Jan eben gesagt hat. Aber das ist nicht bekannt.
Joel Kaczmarek: Aber sind die Amis nicht viel schlimmer mit ihrem ganzen genmanipulierten Zeugs und so? Ich habe den Eindruck, bei Essen interessiert die gar nichts.
Jan Bredack: Also das ist ja genau diesen Zwiespalt, den ich vorhin versucht habe aufzumachen. Du hast eine viel größere Gruppe als bei uns. die ist extrem interessiert und die gucken auch immer nach den neuesten Trends, Lebensverlängernde Sachen, die sind wirklich healthy. Diet spielt dort eine viel, viel größere Rolle als bei uns. Also die Bubble ist dort viel größer. Deshalb kannst du dort auch Produkte wie unsere viel besser adressieren. In Europa, in Deutschland ist die Zielgruppe viel kleiner. Das ist so. Du hast aber auf der anderen Seite, da gebe ich dir recht, für diesen Massmarkt hast du genauso diese Scheißprodukte, diese Nährstofflosen, Cornflakes und wie auch immer, das hast du natürlich da und du hast sehr viel. Und Genmanipulation, so will ich es gar nicht nennen. Du kommst in den USA, ich war ja der größte Importeur veganer Lebensmittel aus den USA, du kommst gar nicht drum herum, irgendwas mit Gen Die einzufangen, weil jeder Sirup, Mais-Sirup, Zuckerrüben, Soja, brauchen wir gar nicht drüber reden, Weizen, die sind alle kontaminiert. Du findest gar nichts mehr GMO-freies. Das ist gar nicht möglich. Das ist unmöglich. Es ist einfach Gott gegeben. Und schon weil du es übers Tierfutter, ja, bei Tierfutter sind ja die Grenzwerte andere, da hast du den Scheiß sowieso auch in Europa. Also nur mal so, by the way.
Joel Kaczmarek: Gibt es eigentlich eine Lobby dafür? Weil genau sowas finde ich immer so abartig, dass du irgendwie Tiere fütterst mit Sachen, die der Mensch sich nie reinziehen würde, isst dann aber die Tiere. Oder wenn du liest, ja, bei Zusatzstoffen musst du etwas nicht angeben, wenn es vorher in ein anderes Produkt gekippt wird und das andere Produkt dann Teil der Zutaten ist. Ich meine, es ist doch verarsche, bis der Arzt kommt.
Jan Bredack: Also ich komme ja aus der Automobilindustrie. Das ist meine Lieblingsaussage. Muss nur auch mal aufpassen, wo ich die tätige. Jetzt mach ich es bei dir im Podcast. Da habe ich schon viel erlebt und gesehen, wie beschissen wird. Also beschissen, ihr wisst im Kontext dessen, was wir gerade diskutieren. Die Lebensmittelindustrie, die eigentlich dafür da ist, für unsere Gesundheit zu sorgen, die eigentlich eine Verantwortung auch trägt, dass wir jetzt keine Scheiße essen, die ist nochmal eine Zehnerpotenz härter und schärfer. Und die Reflexe kann ich manchmal sogar nachvollziehen. Du hast es vorhin angesprochen, bei uns ist Kakao jetzt, hat sich vervierfacht, von 2.000 Dollar die Tonne auf 10.000, über 10.000, 11.000 Dollar die Tonne. Was machst du dann? Du kriegst ja den Preis gar nicht durchgesetzt bei deinem Händler und der kriegt es bei dem Kunden nicht durchgesetzt. Was machst du dann? Wir haben tatsächlich Produkte ausgelistet, weil ich kriege halt einen Keks, einen Doppelkeks mit Schokolade drin, nicht mehr für vier Euro verkauft. Das kann ich sein lassen. Den Aufwand kann ich mir sparen.
Josef Brunner: Aber der Optimist kommt wieder.
Jan Bredack: Ja, jetzt, los, gib's uns. Ich bin aber auch ein Optimist. Ich bin kein Pessimist, ich bin auch ein Optimist.
Josef Brunner: Der Karren ist natürlich ziemlich im Dreck und er ist eingefahren. im Dreck, ja. Aber desto mehr glaube ich daran, dass sich langfristig, dass das Pendel wieder zurückschwingen muss und dass das zurückschwingen wird, was auch daran liegt, dass einfach viel mehr Bewusstsein in der Bevölkerung zum Thema Wechselwirkung Ernährung, Wechselwirkung Planet da ist. Das ist ein großer Unterschied. zu der Zeit, in der die Discounter entstanden sind. Und auch vielleicht ein großer Unterschied zu der Zeit vor zehn Jahren. Was wir natürlich jetzt als negativen Sondereffekt haben, ist die extrem angespannte wirtschaftliche Situation. Wenn du die jetzt aber mal rausnimmst und in die Vor-Corona-Zeit reingehst, dann war auch Deutschland auf dem richtigen Weg.
Jan Bredack: Absolut. Also das würde ich unterstreichen, unterschreiben. Wir waren eigentlich auf einem guten Weg. Das kann ich wirklich sagen, vom Bewusstsein von allen. Aber dadurch die Situation, die du, Josef, vorhin beschrieben hast, beim Lidl an der Kasse, eine dreifache Mutter oder Vater, die haben doch die Motivation, sie müssen ihre Familie satt kriegen. Und wenn alles drumherum 20, 30 Prozent teurer geworden ist und Lebensmittel sind teilweise noch teurer geworden, dann kann ich es total nachempfinden, dass man dann erstmal in die Regale greift, wo andere Preispunkte dran sind, als das, was vorher gewohnt war. Ich kann das nachempfinden, ich habe dafür sogar eine Sympathie, eine Empathie. Aber Firmen, die natürlich für die anderen Produkte stehen oder standen, sind reihenweise umgekippt in den letzten Jahren. Reihenweise umgekippt. Und gerade die Firmen, die nicht selber produzieren. Die haben keine Chance mehr. Weil du kannst das mit deiner Marge nicht mehr kompensieren, dieses Thema. Kriegst du nicht mehr hin.
Joel Kaczmarek: Ich weiß auch manchmal nicht, wie manche Dinge noch funktionieren sollen. Ich habe jetzt mit Berlo gerade einen Podcast aufgenommen, den Bierhersteller. Die haben auch eigene Gastronomien. Wenn du das Thema Essen mal weiterdenkst in der Gastronomie, wird es ja noch schlimmer. Wenn du da dann sozusagen noch Restaurantbetrieb Kellner, die du auch nicht mehr kriegst und Kellnerinnen, also Personalmangel, dann das ganze Thema Mindestlohn Erhöhung, also das ist ja deswegen, also ich weiß, was du dabei meinst mit dem Pendel, Josef, weil so geht es ja manchmal nicht mehr weiter. Ich frage mich nur trotzdem, was es manchmal macht, wenn ich mir jetzt noch Klimawandel mit reinrechne, wenn man dann weiß, okay, die Kaffeeernte wird, glaube ich, bis zum Jahr, ich weiß gar nicht, 2035 oder so, um so und so viel Prozent sinken, also ich glaube, beim Thema Kaffeepreis werden wir uns noch ganz schön umgucken.
Jan Bredack: Bei allen. Guck mal, die Böden sind heute schon am Rande ihrer Fruchtbarkeit angekommen. Mit wie viel Dünger willst du die denn noch füttern, damit sie noch mehr erträge? Es wird nicht mehr Ertrag aus diesen Böden kommen. Wir haben in Zenit überschritten. Das heißt, die Böden versanden, du wirst weniger Ertrag haben, wir werden aber immer mehr Menschen. Und jetzt kommt was ganz Böses, was ich sage. Wir Menschen konkurrieren beim Essen mit dem Tierfutter. Und dieser Aspekt wird immer mehr an die Oberfläche kommen, weil 80% der Anbauflächen heute wird verwendet, um Tierfutter herzustellen. 80%! Das musst du dir einfach mal reinziehen. Aber dadurch, dass wir mehr Menschen werden und die Erträge immer geringer werden und der Hunger immer größer wird entsteht am Futtertrog ein richtiger Kampf. Und wir konkurrieren wirklich als Menschen mit Tierfutterherstellern. Das hört sich total baller an, aber es ist so.
Joel Kaczmarek: Es gibt ja immer diesen Spruch, Veganer essen meinem Essen das Essen weg. Eigentlich isst mein Essen eher mir das Essen weg, lerne ich dann daraus.
Josef Brunner: Aber der Teil mit der Ernte, der ist schon interessant, weil es zahlt ja in die Diskussion zur Kreislaufwirtschaft ein. Es gibt jetzt unterschiedliche Studien mit unterschiedlichen Daten, aber von 60 Jahresernten geht man aus, dass man die noch hat. Vielleicht ist das zu viel, vielleicht ist das zu wenig, aber es ist endlich. Das ist der eine Teil. Der zweite ist, dein Nährstoffprofil sinkt in jedem Jahr. Das heißt, nur weil du dort Produkte rausbekommst, heißt das nicht, dass die dasselbe Nährstoff- und Nährwertprofil haben. Aber all das sehe ich jetzt wiederum positiv, weil es faktisch dazu führen muss, dass ein Umdenken kommt. Das muss nicht radikal sein, das wird sich auch entwickeln müssen. Aber du kommst einfach faktisch zu einem Punkt, wo dieses System sich an die eigenen Grenzen hin manövriert hat. Und deswegen auch dein Punkt mit den Restaurants. Ich glaube auch, dass sich da wieder die Qualität wieder durchsetzen wird, das Lokale wieder durchsetzen wird, das Regionale, dass wir als Menschen allgemein wieder ein bisschen mehr Wertschätzung mitbringen werden. Was Jan von den USA mit Taco Bell angesprochen hat, die weltweit größte Restaurantkette ist Inspire Brands. 30.000 Restaurants, Quick-Serve-Restaurant-Kette in den USA. Ich glaube, das System hat sich zu dem Punkt optimiert, wo es nicht mehr weitergeht. Und dann kippen so Systeme auch mal. Und dann schwingt das zurück. Und daran glaube ich sehr. Ich glaube an die regionale Verankerung. Du willst wissen, wo dein Essen herkommt. Du willst wissen, wer hat das gemacht? Was bedeutet das? Vielleicht trifft das nicht 100% der Bevölkerung oder vielleicht trifft das nicht für 100% der Bevölkerung zu, aber ein größer werdender Teil der Bevölkerung möchte das besser verstehen und das ist positiv.
Joel Kaczmarek: Und jetzt holt mich mal ganz zum Schluss nochmal ab, was mache ich denn, wenn so ein Boden nur noch 60 Jahre das Ernten hergibt, wenn alles am Arsch ist, wenn die Nährstoffe weniger werden und so weiter und so fort, was bleibt denn da noch als Alternative?
Jan Bredack: Darf ich Werbung machen? Wir haben ja vor drei Jahren mit dem Fraunhofer genau aus diesem Grund ein Projekt gestartet. Kann man Grundnahrungsmittel auch im Indoor-Farming anbauen? Weil das ist die einzige Variante, wo du ohne Erde und ohne Klimaeinflüsse, Umwelteinflüsse zukünftig noch deine Nahrung irgendwo, du musst sie ja irgendwo erschaffen, aus der Saat erschaffen. Und tatsächlich haben wir den Stein der Weisen gefunden und haben ein System etabliert, das heißt OrbiFarm. Und mit OrbiFarm sind wir tatsächlich in der Lage, überall auf der Welt, unabhängig Klima, Umwelt, Grundnahrungsmittel anzubauen. Und zwar mit einer Effizienz, die ist 36-fach höher als das, was heute in der freien Natur passiert. wachsen kann. Warum ist das so? Wir können sechsmal im Jahr ernten. Du hast keine Zyklen. Wir haben den doppelten Ertrag auf der Fläche sowieso, weil wir viel optimiertere Bedingungen auf die Pflanze, jeweils abgestimmte optimierte Parameter haben. Und, ich gehe mal kurz zur Erbse, das trifft nicht für alle Erbsen zu, dadurch, dass wir nicht in Erde wachsen, sondern quasi auf dem Fließband nur mit Wasser von hinten besprüht, mit Nährstoff, können wir die gesamte Pflanze nutzen zur Verarbeitung. Das heißt, wir können nicht nur die Frucht, sondern wir nutzen das gesamte grüne Biomasse und die Wurzel und können daraus entsprechend die Nährstoffe und Proteine extrahieren. Das hat etwas Disruptives, weil du damit die heutige Landwirtschaft komplett auf den Kopf stellst. Deshalb ist es auch in europäischen Breitengraben aktuell wenig attraktiv, damit hausieren zu gehen. Aber du hast ja Länder, jetzt nenne ich mal die arabische Welt, die muss halt 90 Prozent ihrer Lebensmittel importieren. Die sind heute schon unter Druck, Sie können nicht selber anbauen, sie sind abhängig. So abhängig, wie wir von der im Öl und Gas sind oder waren, hoffentlich bald waren, sind die abhängig von unseren Lebensmitteln, die wir denen exportieren. Und deshalb sind solche Systeme, wo sie das zukünftig selber machen können, weil was sie haben, ist Energie im Überfluss. Sie haben Sonne, sie haben Wind, sie haben Wasser, sie haben alles da, wobei Wasser brauchst du für unser System gar nicht. Und deshalb kannst du mitten in der Wüste kannst du plötzlich deine eigenen, mit viel weniger Platz, auf viel weniger Platz, also mit so einer 30.000 Quadratmeter Halle machst du eine Anbaufläche von 500.000 Quadratmetern. Das heißt, du schaffst Ernährungssicherheit in Regionen, wo heute nichts wächst. Und das ist unser Game. Das ist mein größter Schatz, den ich mit Veganz in den letzten Jahren gehoben habe. Ist noch unterm Radar. Haben wir als separate Firma im Moment aufgestellt. Und wir gehen jetzt damit in die Offensive, brauchen Investoren und so weiter. Es ist eine separate Entity. Aber das ist ein Thema, das ist wirklich Für die gesamte Menschheit, für die Weltbevölkerung ist das ein Asset. Das ist unbeschreiblich. Und es hat vor allen Dingen das, was ich vorhin aufgezeigt habe, deshalb war ich da auch so argumentativ sattelfest, wir konkurrieren heute mit dem Tierfutter. Und wir können genauso, du kannst ja die Farmen meinetwegen auch nutzen, um dort das Tierfutter, die Proteine anzubauen, die du an die Tiere verfütterst. Ich sag dir mal, in Norwegen landet heute jede Woche ein riesiges Schiff von Kagil an. Kagil ist einer der größten, ich sag mal, Commodity-Hersteller weltweit, US. Die schippern Proteine von Kanada, Südamerika in die Fjorde nach Norwegen und füttern damit die Lachsfarmen. Es ist krass, da werden Lachse gefüttert, die wir dann wieder essen. Mit unserer Orbi-Farm kannst du vor Ort in Norwegen eine Farm machen. Du brauchst da kein Schiff mehr, das kannst du alles selber vor Ort machen. Das ist jetzt nur ein Beispiel. Ich mag viel lieber die Beispiele, wo wir Menschen direkt davon partizipieren und unsere Lebensmittel daraus generieren können. Nachteil, es ist energieintensiv. Du brauchst Energie, weil was du in die Pflanze reingibst, an Proteine, an Nährstoffen, musst du ja irgendwie, also es entsteht ja nichts von selbst. Du brauchst Energie und das in der Regel geht nur mit Erneuerbaren, also anders macht es überhaupt keinen Sinn. Aber ich habe ja gerade von Regionen geredet, wo du unendlich viel Energie hast. Sonne ohne Ende, Wind ohne Ende oder eben in Norwegen Wasserkraft ohne Ende. Die produzieren ja viel mehr Energie, als sie heute brauchen. Also für die ist das ein No-Brainer. Du kannst hocheffizient, total sicher, also immer in der gleichen Qualität, immer in der gleichen, so wie du es möchtest, kannst du deine Proteine oder deine Grundnahrungsmittel produzieren.
Josef Brunner: Und was du zusätzlich noch tun kannst, Joel, ist, du fragst deine Oma, was die wann gekocht hat und versuchst wieder ein bisschen mehr Saisonalität reinzubekommen. Ein Problem ist die Monokultur, die du auf den Äckern hast. Nur Kartoffeln ist halt irgendwie schwierig. Und gleichzeitig, ich mag ja die Wechselwirkung Ernährung, Gesundheit sehr. Der Kohl ist ja so eine verlorengegangene Wunderwaffe, auch gesundheitlich. Hanf, Nutzer.
Jan Bredack: Also jetzt nicht den Hanf, den man raucht, sondern… den man essen kann oder verwerten kann. Das ist die einzige Pflanze, wo man komplett verwerten kann, alles.
Josef Brunner: Und wenn du da mal so ein bisschen quasi in das Rezeptbuch deiner Oma reinguckst, oder wenn wir hier inklusiv sind, wenn dein Opa gekocht hat, natürlich auch in die deines Opas, da glaube ich, würde man schon einen enormen Sprung nach vorne machen. Eben nicht nur, was quasi die Effizienz des Bodens betrifft, sondern auch für uns gesundheitlich wäre das schön.
Joel Kaczmarek: Na gut, also ich freue mich, dass ich hier mit etwas Optimismus rausgehe, betankt. Viel, viel, viel. Und dass wir vor allem den zweiten Teil der Frage, what to do about it, auch ganz gut angegangen sind. Von daher, vielen Dank ihr zwei, hat Spaß gemacht. Ich glaube, sollte ich mal einen regelmäßigen Tonus mit euch machen. Und drückt euch natürlich beiden ganz feste die Daumen, egal ob es jetzt der Rookie oder der Veteran ist. Schön mit euch.
Josef Brunner: Danke, hat Spaß gemacht. Dir auch danke, Jan.
Jan Bredack: Vielen Dank. Ja, danke, Josef.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Unternehmertum: Denn getreu dem digital kompakt Motto "Lerne von den Besten" trifft sich Joel in freudiger Regelmäßigkeit mit den erfolgreichsten Unternehmer:innen aus der Startup- und Digitalwirtschaft. Egal ob Scale-up, Soonicorn, Unicorn oder erfolgreicher Mittelständler – in unseren Episoden zu Unternehmertum lassen dich die Besten hinter ihre Kulissen blicken und nehmen dich mit auf eine Reise zur Strategie, Entstehung und Entwicklung ihrer Firmen.