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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Podcast von Digital Kompakt. Man hört es ein bisschen am Hintergrund rauschen. Wir befinden uns auf einem Event und zwar auf der fabulösen NOAH-Konferenz. Ich darf mich bei Marco Rotzinek dafür bedanken, dass er mich einem sehr spannenden jungen Mann vorgestellt hat und ich empfehle euch allen Zuhörern dieses Event wärmstens, also die NOAH. Ich stehe euch mal ganz kurz vor.
Jochen Engert: Hi, ich bin Jochen. Ich habe vor ein paar Jahren mit zwei Freunden zusammen Flixbus gegründet. Wir sind irgendwann angetreten, um ein Produkt zu schaffen, das die Menschen bewegt. Dass wir es so wortwörtlich nehmen würden, war uns damals noch nicht klar. Und sind damals aus ganz guten Jobs eigentlich rausgesprungen und haben gesagt, wir probieren das jetzt einfach mal, wenn der Markt schon liberalisiert wird. Weil wir uns garantiert ärgern, wenn das Produkt funktioniert und wir es nicht gemacht haben. Von daher sind wir im Nachhinein sehr froh, dass wir gesprungen sind damals. Und heute sind wir die Jungs mit den grünen Bussen.
Joel Kaczmarek: Okay, sehr gute Jobs. Das heißt, ihr wart böse Berater vorher, oder?
Jochen Engert: Ein Teil von uns haben Beratung gemacht vorher, das stimmt. Wir haben aber auch einen IT-Kollegen, also Daniel an Bord, der, gut, Microsoft ist jetzt auch nicht irgendwie Best Buddy von allen, aber auch nicht Beratungshintergrund hat.
Joel Kaczmarek: Okay, sehr gut, sehr gut. Ja, lass uns doch mal so ein bisschen das auseinandernehmen. Also ich glaube, viele kennen ja dein Produkt, eigentlich schnell erklärt, ihr bietet Busse an. Und was man aber, glaube ich, irgendwie vielleicht gar nicht so auf dem Schirm hat, wenn man jetzt privater Nutzer ist, ist, Ihr besitzt jetzt nicht einen riesigen Fuhrpark, so verstehe ich das, sondern es ist so ein bisschen, an Movinga reite ich dieses Modell der vertikal integrierten Marke immer sehr, sehr stark ab. Oder Hummel macht das ja auch und Karubi oder Termondo. Ihr seid also eigentlich jemanden, der diesen ganzen Prozess managt und verwaltet und die Busse gehören aber eigentlich jemand anderem. Vielleicht kannst du mal in eigenen Worten uns kurz wiedergeben. Ich kann ja viel erzählen, wenn der Tag lang ist.
Jochen Engert: Im Prinzip stimmt das genau, was du gesagt hast. Also wir haben tatsächlich original einen einzigen Bus und das ist nämlich unser Firmen-VW-Bus. Der ist auch grün, aber sonst keinen einzigen Bus bei uns in den Büchern. Wir haben uns auch sehr früh dafür entschieden, dass es keine gute Idee ist, weil wir sicher nicht gute Buskäufer, Betreiber und Warter und sonst was irgendwie sein würden, sondern Wir haben uns eher für eine Art Franchise-artiges Modell entschieden, uns aber, wie du sagst, dafür entschieden, stärker die Wertschöpfungskette zu integrieren und uns um viele Teile davon zu kümmern, aber eben um den Betrieb und die Investitionen und die Wartung und sowas nicht zu kümmern, sondern das unseren mittelständischen Partnern zu überlassen. Das heißt, wir sind eigentlich alles, was die Marke und das Gesicht zum Kunden ist und alles, was dahinter steckt, inklusive allen Fahrplänen, den Abstimmungen mit Behörden, die es natürlich in praktisch jedem Land in Europa in irgendeiner Form gibt, alles, was an Technologie dahinter liegt, das heißt, jedes Ticket läuft durch ein eigens von uns entwickeltes Buchungssystem, alles, was an Verspätungsmanagement außenrum passiert, das ist im Prinzip unsere Hardware und dann auch Softwarelösungen dazu. Also wir bauen das komplette Produkt, die komplette Customer Experience von uns und machen den Betrieb dann eben mit Partnern zusammen, die ein Stück weit nach einer Art Playbook, das wir schreiben, Das Produkt dann ausliefern, wenn man es so mag. Also sehr stark runter definiert, bis auf wie ist die Krawattenfarbe vom Fahrer, die kriegt er nämlich von uns und was kostet der Snickers auf der Snackliste und welche Ansage soll er denn machen, wenn er losfährt und wie begrüßt er die Fahrgäste und wie funktioniert der Check-in-Prozess. Also sehr stark im Detail einfach das Produkt definiert, weil es für uns wichtig ist. essentiell ist, dass wir eine einheitliche Kundenerfahrung haben quer durch den ganzen Kontinent im Prinzip. Also es darf keinen Unterschied machen, ob jemand in Barcelona in den Bus steigt, in Berlin, in Amsterdam, in Wien oder in Zagreb. Und das haben wir mit unseren Partnern eigentlich ganz gut geschafft und sind mittlerweile so groß, dass wir mit ungefähr 250 Partnern quer durch Europa arbeiten und die den Teil Bus quasi für uns übernehmen und wir alles außenrum bauen.
Joel Kaczmarek: Einheitlichkeit, hast du ja gesagt, ist so ein bisschen Thema. Also ich habe so ein bisschen den Eindruck, so habe ich diesen Modellansatz verstanden, dass es halt wirklich genau darum geht. Also Customer Experience ist immer so das eine, was ich höre und sozusagen Vergleichbarkeit, also ein bisschen wie McDonald's. Wenn du irgendwie in einen Markt gehst, schmeckt der Hamburger genauso wie in deinem Heimatmarkt. War das so geplant oder ist das so ein bisschen zufällige Entwicklung, dass dieses Geschäftsmodell jetzt so sukzessive zunimmt?
Jochen Engert: Also wir haben schon eigentlich relativ früh für uns entschieden, dass es wichtig ist, einen einheitlichen Markenauftritt zu haben. Und am Anfang hat es mal vor allem so den Außenauftritt umfasst, also sprich, dass die Website zu dem Produkt irgendwie auf der Straße passt. Farbe ist natürlich irgendwie so das wesentliche Erkennungsmerkmal. Die haben wir zwischendrin mal gewechselt, weil wir zwei Unternehmen zusammengelegt haben. Also erstmal vor allem so der Außenauftritt und was ist so der erste Eindruck auf den Kunden? Und sind dann über die Zeit immer stärker ins Detail gegangen auf, wie fühlt es sich an für den Kunden? Und das ist, glaube ich, der Teil, der sehr entscheidend ist und der dann auch den Unterschied macht zwischen, ich schaffe es wirklich eine Marke aufzubauen oder ich schaffe es halt nicht. Und aus meiner Sicht ist das Thema Marke, natürlich erklären dir viele Marketeers irgendwie, das hat viel mit Image und Brandbuilding und Kommunikation und sowas zu tun, ist auch wichtig. Aber es ist vor allem ganz viel Kundenerfahrung und das ist der Teil, um den wir uns wesentlich kümmern und versuchen das zu beeinflussen. Wie fühlt sich unser Produkt für den Kunden an? Von ganz vorne, der hört das erste Mal davon, bis zu, er ist mit uns gefahren und erzählt dann hoffentlich seinen Kumpels und Freunden und Familie irgendwie glücklich, dass es eine geile Erfahrung war und irgendwie es alle unbedingt mal ausprobieren sollen.
Joel Kaczmarek: Wie ist das eigentlich für die Busfuhrunternehmen? Also ich denke ja immer, wenn da jemand so drei, vier, fünf so eine Busse hat oder auch wenn es nur einer ist, der produziert ja eigentlich eine große Abhängigkeit für sich, wenn er nur für euch fährt und der kann ja eigentlich so richtig auch nichts anderes machen, wenn ihr da drauf gelabelt seid, oder?
Jochen Engert: Also das stimmt, dass die Fahrzeuge, die die Partner für uns fahren, sind quasi 365 Tage im Jahr für uns unterwegs. Und diesen Bus kann er primär für uns einsetzen und normalerweise nicht für irgendwas anderes. Jetzt ist aber meistens so, dass der typische Partner hat bestehendes Geschäft. Also die fahren schon Reisebusse, die fahren irgendwie Chartergeschäft, die fahren teilweise öffentlichen Nahverkehr für die Stadt oder Region oder sowas. Und wir machen nur einen Teil seiner Flotte aus. Das heißt, wir haben irgendwie so vielleicht 10 bis 20 Prozent seiner Kapazität. Der Flotte fährt er für uns. Und damit hat er jetzt nicht so sehr eine wirtschaftliche Abhängigkeit von uns. Auf dem einzelnen Bus allerdings ist es so, dass es schon sehr stark auf uns zugeschnitten ist. Was er aber machen kann und was eigentlich für die Fahrer auch super ist, die wechseln quasi zwischen verschiedenen Produkten. Der fährt einmal irgendwie Fernbus und dann fährt er wieder Stadtbus und dann fährt er mal wieder irgendwie eine Gruppe irgendwo hin. Und dann ist eigentlich eine ganz willkommene Abwechslung für die. Aber schon auch eine große Herausforderung, mit uns das zusammen zu betreiben, weil es eine andere Anforderung ist, als das, was sie typischerweise haben.
Joel Kaczmarek: Und wie managst du die Customer Experience? Wie weißt du, ob der wirklich seine grüne Krawatte trägt und ob das WLAN in so einem Bus funktioniert? Weil ich habe gelernt, die zwei Hauptfrostfaktoren sind Verspätungen, die man nicht ankündigt und nicht funktionierendes WLAN. Wie managst du das? Wie könnt ihr sowas kontrollieren?
Jochen Engert: Das stimmt tatsächlich. Das sind die zwei großen Zufriedenheitstreiber bei uns. Funktioniert das WLAN und ist der Bus pünktlich? Wie managen wir das? Das sind, glaube ich, verschiedene Komponenten. Das eine ist, in dem Modell, in dem wir mit den Partnern arbeiten, sind sehr starke Anreize beinhaltet, die dafür sorgen, dass der Partner gute Qualität liefert. Ich muss nämlich erklären, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen guter Qualität, Kundenzufriedenheit und Wiederbuchern und damit Umsätzen, die passieren. Und nachdem wir im Prinzip auf einer Art Umsatzverteilungsmodell mit den Partnern arbeiten, ist es relativ offensichtlich, dass sie einen starken Anreiz haben. Und das sind alles Unternehmer, die auch ein Stolz mitbringen und ein gutes Produkt abliefern möchten. Und auf der anderen Seite haben wir zum einen sehr, sehr viel Transparenz über das, was draußen passiert. Also wir haben jeden Monat dedizierte Kundenumfragen. Wir haben jeden Monat eine fünf- und teilweise sechsstellige Anzahl Kundenfeedbacks, die wir auswerten, qualitativ und qualitativ. Wir wissen sehr präzise, auf welcher Strecke, welcher Bus, welcher Fahrer, wie gut sein Job macht. wo das WLAN funktioniert, wo es nicht funktioniert. Also haben sehr viele Datenpunkte dazu und haben dann auch intern über die Zeit ein sehr starkes Qualitätsteam aufgebaut. Also ein zentrales Team, das quasi mit den Daten arbeitet, die auswertet und da für uns Insights daraus generiert und dann wirklich auch operative Teams, die in der Fläche sind und mit den Partnern zusammenarbeiten und kontinuierlich die Qualität verbessern.
Joel Kaczmarek: Kannst du eigentlich ein bisschen was zu den Gebührenstrukturen sagen? Also wie viel kriegt so ein Fahrer ab von dem Kuchen?
Jochen Engert: Also der Fahrer an sich kriegt den Lohn von seinem Busunternehmer. Also unser Partner ist nicht der einzelne Fahrer, sondern sind in der Regel Unternehmen, mit denen wir arbeiten, die eben über schon eine Bestandsflotte an Bussen verfügen und dann einen Teil ihrer Busse einfach mit uns fahren. und dann typischerweise von uns eine Art Minimumabsicherung kriegen. Das heißt, die laufen nicht in das volle Risiko, dass keiner mit dem Bus fährt und sie kein Euro daran verdienen, sondern wir haben typischerweise eine Absicherung für die, um denen die Sicherheit zu geben, wir wissen, was wir tun, wir gehen da auch mit ins Commitment und auch selbst, wenn wir mal eine Anlaufphase von einer neuen Linie haben, stehen wir da irgendwie zusammen. Und über die Zeit ist es so, dass wir einfach ein klassisches Umsatzmodell, Umsatzverteilungsmodell mit denen haben, das sich auch an der Kostenstruktur orientiert. Und das heißt, der größere Teil der Umsätze landet auch bei den Partnern, weil im Prinzip bei uns das Thema Overhead, also sprich unsere Leute, unser Team, Marketing, Vertriebskosten, Payment, IT, solche Themen, eben natürlich bei uns landen. Und das im Vergleich zu den Produktionskosten und irgendwie Busbetrieb ist quasi unsere Produktion immer noch der geringere Anteil ist.
Joel Kaczmarek: Also ist es so, dass ihr solche Kosten sozusagen auch schon abzieht? Also sagt ihr irgendwie, wir hatten Marketingkosten X und irgendwie Kundenservicekosten Y, das alles abgezogen von den Einnahmen auf deiner Linie, gibt sozusagen denen den Betrag und dann wird nach, was weiß ich, 40, 60, whatever geteilt?
Jochen Engert: nicht ab, sondern unser Job ist es quasi aus unserem Anteil, den wir aus dem Umsatz einbehalten, so viel sinnvoll Marketing und IT-Entwicklung und sowas zu machen, dass wir davon leben können und am Ende auch der Partner natürlich von seinem Umsatzanteil leben kann und arbeiten da an vielen Stellen auch zusammen, um für beide Seiten das so effizient wie möglich zu machen. Also Beispiel, wir nutzen andere Flotten von dem Partner mit als Werbemedien für uns, das heißt, die fahren Werbung durch Städte für uns. Andersrum ist es so, dass wir sehr stark auch operativ teilweise mit den Partnern in die Planung gehen und gucken, wie kann ich denn deine Fahrerplanung optimieren? Wie kann ich vielleicht auch irgendwie Wartungszyklen mit dir gemeinsam optimieren? Wie kann ich deinen Bus einkaufen mit dir optimieren? Also wir haben zum Beispiel Rahmenverträge mit allen großen Herstellern. Das heißt, der Partner von uns geht zu einem der großen Bushersteller und sagt, ich hätte gerne einen Flixbus von euch. Und dann kriegt er ein vorgefertigtes Angebot, das genau unsere Spezifikationen hat, unsere Einkaufspreise, Rückkaufwerte, Finanzierungskonditionen, alles. Einfach um das Thema Produktionskosten auch gemeinsam in dem Netzwerk, das wir aufgebaut haben, zu optimieren.
Joel Kaczmarek: Okay, wow. Das wäre nämlich so ein bisschen. meine nächste Frage gewesen, ob du mal sagen kannst, wie viele Busse habt ihr eigentlich mittlerweile angebunden und bindet ihr eigentlich noch welche an? Und wenn ja, wie ist das Prozedere?
Jochen Engert: Also mittlerweile sind es ungefähr 1000 Busse quer durch Europa. Und ja, wir binden noch neue an. Also wir haben sowohl neue Partner, die mit uns starten und neue Linien und neue Regionen entwickeln. Gerade erst kürzlich wieder Pressekonferenz in Zagreb gehabt, um neue Linien in Osteuropa, da auch quer durch die verschiedenen Länder zu starten und mit den Partnern gemeinsam anzuschieben. Und es ist jedes Mal auch Für uns wieder ein cooler Prozess zu sehen. Wir haben einen neuen Partner an Bord, der quasi kauft sich typischerweise wirklich neue Busse. Also wir haben eine sehr junge Flotte und brandet die für uns, kriegt dann Schulung, Training für uns, für den Unternehmer und für die Fahrer und die starten dann mit uns. Das heißt, wir haben zum einen neue Partner, zum anderen aber auch Bestandspartner, die weiter mit uns wachsen und einfach noch mehr Flixbusse in ihre Flotte ergänzen. Und geht im Prinzip los aus der Idee oder dem Impuls heraus, wir haben eine neue Linie, die wir gerne fahren möchten, suchen dann dafür einen Partner, wo wir sagen, der liegt auch geografisch so, dass er die gut betreiben kann und bauen dann mit ihm gemeinsam das Geschäft auf. Also schlagen ihm das vor, erklären ihm das alles, stimmen das mit ihm ab, dass es operativ funktioniert und starten dann die Linie mit in der Regel ganz großem Marketing, Bohei und Presse und so weiter und optimieren das dann einfach über die Zeit gemeinsam.
Joel Kaczmarek: Ja, aber das stimmt. Das habe ich auch schon beobachtet, dass diese Busse überraschend modern alle wirken. Ja, also man hat das ja, wenn du deiner Mutter oder deiner Oma davon erzählst, dann sagen die, sind es nicht so eine Gammelschüssel? Und dann kommen die da rein und denken so, wow. Also die Markenidentität wird wirklich gut durchgehalten. Es ist hochwertig, man hat dieses WLAN-Thema. Also jetzt frage ich mich natürlich auch so ein bisschen, das ganze Thema IT wird ja bei euch hochkomplex sein. Du hast es am Anfang ja schon so ein bisschen irgendwie angerissen, was ihr da alles für Themen habt. Verspätungsmanagement, die Kommunikationsabwicklung, das Payment. Also dieses Modell hat ja den Vorteil, du hast sehr viel in der Hand. Aber zu den Kosten, dass du das natürlich auch verantwortest und dann irgendwie derjenige bist, der gelackt ist, wenn es nicht klappt. Kannst du mal so ein bisschen skizzieren, was ihr da an IT eigentlich habt und wie ihr das so alles gesteuert bekommt?
Jochen Engert: Also es ist tatsächlich so, dass wir viel, viel mehr IT- und Tech-Company sind, als man so von außen sieht. Und im Prinzip auch für uns irgendwann beschlossen haben, dass die Themen, die wir für wettbewerbskritisch halten und die man auch am Markt nicht wirklich kriegt, dass wir die selber in-house machen. Und das hat dazu geführt, dass heute unser IT-Team größer ist als typischerweise die Teams von jedem anderen Busanbieter quer durch Europa.
Joel Kaczmarek: Und wie groß ist das?
Jochen Engert: Das Team ist mittlerweile 120, 130 Leute groß und irgendwie wächst ständig weiter. Von daher ist es schon sehr, sehr zentral an dem, was wir machen und an unserem Geschäftsmodell. Und der Kern dessen, was wir tun, ist schon das Buchungssystem, das im Prinzip das Management von Kapazität, also sprich den Plätzen im Bus treibt, die Fahrpläne alle beinhaltet, auch quasi Umlaufpläne von einzelnen Fahrzeugen drin hat, das ganze Preismanagement da drin passiert, auch dann ein Stück weit Optimierung über die Zeit passiert und natürlich irgendwie Buchung, Ticketing für den Kunden, die ganzen Informationen, die dem Kunden zur Verfügung gestellt werden, darüber gemanagt werden. Und vielleicht, um die Komplexität irgendwie zu skizzieren, im Prinzip ist es ähnlich wie ein Airline-Buchungssystem. Nur, dass die Airline von A nach B typischerweise Strecken hat und wir haben halt von A nach F über B, C, D, E. Und daraus ergibt sich natürlich eine Kombinatorik, die deutlich komplexer ist, als es typischerweise in Airline-Buchungssystemen der Fall ist. Und was wir zusätzlich machen, du hast es kurz angesprochen, wir versuchen schon sehr viele Teile des Produkts auch noch mit Technologie zu kontrollieren und da Einfluss drauf zu nehmen. Das heißt, wir haben in jedem Bus ein Navigationssystem, in dem Fall ist es ein TomTom, wo wir eine Schnittstelle dazu benutzen, um wirklich Fahraufträge dahin zu pushen, dem Fahrer zu sagen, jetzt bist du an der Haltestelle, als nächstes fährst du bitte dahin und damit Zum einen immer zu wissen, wo die sind, seine Route quasi zu planen und zu checken und auch das Thema Verspätungsmanagement und Kundeninformation darüber zu steuern. Das ist auch ein integraler Bestandteil von dem, was wir tun. Wir haben unseren Shop und die App und so weiter natürlich verknüpft mit einem sehr starken Online-Datentracking, mit Automatisierungslösungen, was die verschiedenen Marketingkanäle angeht. Wir haben Automatisierungslösungen für den Pricing-Algorithmus, an dem wir ständig weiterarbeiten, den wir optimieren, weil natürlich Preise für uns ein sehr zentraler Teil des Geschäftserfolgs oder Misserfolgs sind. Wir werden uns dahin entwickeln, dass wir auch mit zum Beispiel Beacon-Lösungen arbeiten, dass Leute wirklich auf den Meter genau, wir die zum Bus navigieren können. Die WiFi-Lösung in den Bussen ist im Prinzip von uns spezifiziert. Das heißt, wir betreiben die, verhandeln auch dann die Mobilfunkverträge mit den großen Providern und so weiter. Es ist sehr viel Technologie, die da im Hintergrund passiert und arbeitet, um am Ende wirklich wieder das Thema Customer Experience für uns so stark wie möglich kontrollieren zu können.
Joel Kaczmarek: Wo du gerade gesagt hast, Preis ist irgendwie bei euch so ein zentraler Hebel. Ich habe ja immer so den insgeheimen Verdacht, dass man irgendwie hingeht, das mit günstigen Preisen hebelt, bis man irgendwie eine gewisse Größe hat und dann hebt man den Preis an. So würde ich es zumindest machen.
Jochen Engert: Also ich meine, natürlich ist es so, dass man aus einer Wettbewerbssituation heraus auch das sehr stark auf den Preisen sieht. Und Wettbewerb mit Bahn, anderen Busanbietern, sonstigen Verkehrsmitteln haben sehr starken Impact auf die Preise haben. Am Ende preisen wir aber eigentlich auf die Zahlungsbereitschaft von den Kunden an. Und wenn ich irgendwo feststelle, und das sieht man aus den Daten sehr schnell, dass mir Conversion kippt, dass mir quasi Buchungen kippen, dass sich Buchungskurven verändern, weil ich mit dem Preis zu hoch oder vielleicht auch zu tief bin, dann habe ich im Prinzip, ist das meine Maßgabe, wie wir Preise steuern? Und darauf versuchen wir zu optimieren. Natürlich versuche ich, das Maximum irgendwie rauszuholen und maximal viel Geld auf einem Bus oder einer Fahrt zu verdienen. Und dann gibt es halt viele verschiedene Faktoren, die reinspielen. Das ist natürlich ein Buchungszeitpunkt, das ist, wie voll ist irgendwie schon der Bus? Was habe ich für eine Saisonalität? Über welchen Kanal kommt der Kunde? Und das alles im Prinzip endet in einem Wahrscheinlichkeitsmodell. Wie hoch ist meine Wahrscheinlichkeit, den maximalen Umsatz da rauszuholen? Und daher auch das ein sehr, sehr komplexes und extrem datengetriebenes Thema, was am Ende auch wieder bei uns im IT-Team hängt und landet, um wirklich die ganzen Themen dann umzusetzen und darauf zu optimieren.
Joel Kaczmarek: Ich habe das gesehen, dass teilweise die gleiche Strecke zu unterschiedlichen Tageszeiten auch wirklich schon deutlich andere Preise bedeutet. Also das hängt sozusagen mit Nachfrage und Auslastung zusammen. oder was ist da so der Haupthebel?
Jochen Engert: Im Prinzip sind das die wesentlichen Treiber. Also es ist Nachfrage zu bestimmten Zeiten und wie du sagst, es kann tatsächlich die Fahrt am gleichen Tag, früh und Nachmittag, Faktor zwei oder drei unterschiedlich bepreist sein. Zum einen, glaube ich, aus Erfahrungswerten heraus, wo wir wissen, okay, auf der Fahrt habe ich halt eine gewisse Nachfrage. Und zum anderen aber auch aus wirklich Live-Daten im Sinne von, wie viel Traffic habe ich auf einzelnen Routen, wie viel Nachfrage habe ich da irgendwie gerade drauf, wo konvertiert mir was, wie gut. Und das ist ein System, das wir über die Zeit optimieren. Und was, glaube ich, auch schon für uns ein extrem relevanter Wettbewerbsvorteil ist, weil es auf dem Level, wo wir es mittlerweile betreiben, draußen im Markt eigentlich keiner so macht und kann.
Joel Kaczmarek: Ich meine, habt ihr da eigentlich auch eigene Spezialisten, die so Themen wie Data Warehousing irgendwie abbilden?
Jochen Engert: Also wir haben mittlerweile mehrere Teams, die sich mit Daten beschäftigen und es ist so, dass tatsächlich mehr Bereiche bei uns datengetrieben sind, als man vielleicht auch wieder von außen sieht. Also wir haben das ganze Team, das Angebotsplanung macht, was hochkomplex ist, was sich mit Verkehrsströmen beschäftigt und eben dieses ganze Thema Fahrplan, Optimierung, Betriebsoptimierung, auch Lenkzeitausnutzung natürlich und so weiter beschäftigt. Auch dafür haben wir eine eigene Software gebaut, die das automatisiert und optimiert, weil es am Markt nichts passendes für uns gab. Die sind sehr stark datengetrieben, auch auf historischen Daten, auf Marktdaten, wie viel Nachfrage, glaube ich, das auf bestimmten Strecken gibt. Das Marketingteam hat eine eigene Analyseabteilung, die den ganzen Tag nur Daten analysieren und versuchen daraus clevere Insights für uns zu finden, um Marketing besser und effizienter zu machen. Und natürlich Pricing, das sehr stark datengetrieben tickt. Und wir sind zunehmend dabei. Wir sind noch nicht fertig damit. Und ich glaube, jede Firma, die behauptet, sie ist fertig damit, lügt. Aber wir kippen das alles in ein zentrales Data Warehouse rein, dass wirklich alle im Unternehmen auf die gleichen Daten zugreifen, die gleiche Definition von was ist dieser KPI irgendwie haben und damit arbeiten können. Und haben dazu eben ein Team auch an Data Scientists, die sich dann mit Automatisierungslösungen, mit statistischen Modellen beschäftigen und eben die Engineers, die dann für die Umsetzung zuständig sind.
Joel Kaczmarek: Mal blöd gefragt, wie managst du die alle? Also machst du da irgendwie so OKR oder solche Geschichten, um dein Team irgendwie auf Spur zu halten? Weil du hast ja viele Schnittstellen, die ineinander greifen müssen.
Jochen Engert: Ja, wir kommen ja aus einer Situation, wo du im Prinzip so eine Zurufkultur über den Tisch hast, weil du ein sehr kleines Team hast von 10, 15, vielleicht 20 Leuten und sind dann relativ schnell gewachsen. Und du kommst dann überhaupt nicht mehr anders aus, als wirklich klare Richtungen und Ziele für die Teams und die Leute vorzugeben. Formate zu definieren, in denen sich auch Teams untereinander austauschen, Meilensteine zu definieren und da auch einzelne Projekte festzulegen und zu sagen, das sind die Themen, die passieren müssen. Ihr arbeitet darin zusammen in Bezüglern, in denen wir ein Review machen. Also unterschiedlichste Philosophien. und gerade was das Thema Zusammenarbeit mit IT angeht, haben wir natürlich mit einem grundsätzlich agilen Umfeld und Arbeitsweise gute Erfahrungen gemacht. Und auch mit dem Thema ein starkes Produktmanagement-Team zu etablieren. Also wir haben wirklich ein Team, das sich dediziert darum kümmert, im Prinzip Business-Anforderungen aus den Fachbereichen in IT und Feature-Requests zu übersetzen und auch dieses Projektmanagement da außen rum zu treiben. Und am Ende auch die Idee des Kunden irgendwie bei uns reinzutragen. Also im Prinzip sind die der Anwalt des Kunden, die dafür sorgen müssen und sollen, dass für den Kunden am Ende die beste Lösung rauskommt. Und damit haben wir eigentlich ganz gute Erfahrungen gemacht.
Joel Kaczmarek: Ich finde das wirklich hochspannend. Also ich kann mir vorstellen, dass du eigentlich auch sehr, sehr viel interessantes Wissen bei dir in der Company auf unterschiedlichen Bereichen versammelt hast, wo bestimmt viele was Ähnliches machen. Also ich glaube, es ist ja sehr gut übertragbar, ob es jetzt manchmal Preisfindung für einen Bus ist oder irgendwie für einen Umzug oder was weiß ich, ist ja dann einerlei. Lass uns doch nochmal auch ein, zwei Sätze sagen zu eurem Merch. Also du hast ja vorhin selber schon gesagt, dass ihr mit MeinFernBus fusioniert seid. Also ich glaube, von meiner Wahrnehmung war das so, mein Fernbus hatte so 50 Prozent Marktanteil, ihr 25. Also die waren schon die bisschen Größeren.
Jochen Engert: Ja, also wir haben, im Prinzip kommen wir aus einer Situation, wo wir uns zwei Jahre lang in dem Markt bis aufs Messer bekriegt haben und zwei Startups den Markt entwickelt haben. Und mit Flixbus und meinem Fernbus wirklich zwei Teams, die es vorher einfach so nicht gab und zwei Unternehmen, die es vorher nicht gab. das Angebot aufgebaut haben und wirklich auch die Marktführerposition da jeweils gespielt hatten. Zu dem Zeitpunkt, als wir uns zusammengesetzt haben mit dem Gründerteam dort, war es so, dass mein Firmus tatsächlich deutlich eine ganze Ecke größer war als wir. Wir etwas, glaube ich, stärker gewachsen sind in der Phase. Und wir uns dann irgendwann entschieden haben, Jungs, lass mal überlegen, wie wir gemeinsam weitermachen. Weil es eigentlich keinen Sinn macht, dass wir eigentlich das gleiche Verständnis von dem Produkt haben und eigentlich die gleiche Vision, was in dem Markt passieren soll, aber uns irgendwie so hart bekriegen und da sehr viel Ressourcen, Energie und Geld drauf verschwenden. Und haben dann in den Gesprächen auch festgestellt, dass die Teams sehr, sehr komplementär sind. Also wir haben sehr viel stärker nach Wachstum, E-Commerce und ein Stück weit Aggressivität getickt. Und das Main-Fairbus-Team hat sehr viel Wert auf wirklich Präzision, wohlgeplante Netze, sehr viel Produkt und das Thema auch wirklich Offline-Produktqualität irgendwie gelegt. Und entsprechend waren die Teams auch aufgestellt und deswegen war es extrem komplementär. Und so kommt es und kam es, dass wir heute eben einen Standort in München und in Berlin haben und ein großartiges Team, das sich jetzt gemeinsam darum kümmert, nicht nur das in Deutschland zu machen, sondern das quer durch Europa zu tragen.
Joel Kaczmarek: Ich bin euch auch sehr dankbar, dass ihr das Grüne und nicht das Blau genommen habt. Ich fand ja dieses Blau voll hässlich, aber ich habe es schon gelernt, das ist so ein 50-50-Ding. Und Flixbus war wahrscheinlich der internationalisierbare Name, war so meine Hypothese.
Jochen Engert: Genau, also es gibt jetzt fairerweise, es gibt so die PR-Story, wo kommt Flixbus her, die ist aber eigentlich nicht so richtig wahr, sondern es ging primär darum, was ist internationalisierbar, was funktioniert in verschiedensten Sprachen und wo habe ich alle möglichen Domains, die man sich ausdenken kann, inklusive aller Typos. Und das hat so ein bisschen auch die Entscheidung damals dafür getrieben. und jetzt im Nachhinein, glaube ich, war es auch die richtige und gute Entscheidung, weil es wirklich einprägsam ist. Und wir es eben, wie du sagst, gut internationalisieren können. Und das wäre auch mit dem Markennamen Mein Fernbus nicht gegangen oder nur sehr, sehr schwierig gegangen. Wir fanden aber schon immer, und da waren wir ein bisschen neidisch, irgendwie das Grün für unser Thema und die Busse natürlich irgendwie sehr cool. Weil es einfach sehr einprägsam, glaube ich, ist. und auch zu dem Thema, wir sind ein extrem umweltfreundliches Verkehrsmittel, was viele nicht so auf dem Schirm haben. Aber unser CO2-Footprint ist besser als der von der Bahn, weil es ist sehr gut transportiert. Und die grünen Busse mittlerweile halt ein Begriff für viele Menschen quer durch Europa sind.
Joel Kaczmarek: Was ich also ein bisschen tragisch finde, wenn ich mich aber richtig entsinne, derjenige, der damals eigentlich so das Kippen dieses Urteils sozusagen angestoßen hat, das war glaube ich dein Fernbus, war das so?
Jochen Engert: Dein Bus.
Joel Kaczmarek: Dein Bus, so hießen die. Die sind ja dann irgendwie insolvent gegangen. Das ist ja eigentlich fast ein bisschen tragisch. Hast du so ein bisschen Wissen, was da irgendwie das Problem war?
Jochen Engert: Ja. Also ich glaube, das eine ist, dass das Urteil, beziehungsweise nicht so sehr das Urteil, sondern die Marktliberalisierung immer mit dem Urteil der Bahn gegen Deinbus, also dass die Bahn damals verloren hat zum Glück, vermischt wird. Ich glaube, es hat nicht zwingend miteinander zu tun. Also es hat irgendwann die Politik im Koalitionsvertrag 2009, also damals schwarz-gelbe Regierung entschieden, wir möchten diesen Markt liberalisieren, hatten das im Koalitionsvertrag stehen. Dann ist ewig lang nichts passiert. Zu der Zeit war Deinbus unterwegs mit einem sehr cleveren Konzept, eine Art Busmitfahrtzentrale zu machen. Natürlich ein Markt, der unliberalisiert lange nicht so dynamisch werden konnte. Und ich glaube, sie haben einfach aus dieser Position heraus so ein bisschen die Geschwindigkeit verpasst und unterschätzt auch. Also wie viele unserer Wettbewerber unterschätzt, wie dynamisch sich der Markt entwickelt und sind deshalb so aus der kleineren Position über die Zeit nicht so richtig rausgekommen. Sie haben nach wie vor, glaube ich, ein sehr gutes Produkt und sind da mit sehr viel unternehmerischem Geist und Herzblut dabei.
Joel Kaczmarek: Gibt es die noch? Ich dachte, die sind insolvent.
Jochen Engert: Die waren zwischenzeitlich insolvent, gab aber quasi eine Rettung durch einen externen Investor, sind immer noch unterwegs. Immer noch auf Wettbewerb auf ein paar Strecken, aber eben lange nicht in die Größenordnung gewachsen, auf der es dann am Ende wirklich funktioniert.
Joel Kaczmarek: Und kaufen macht keinen Sinn?
Jochen Engert: Ich glaube, wir haben bei uns viele interne Themen, auf denen wir größere Hebel haben, als uns dann damit anorganisch im Wachstum zu beschäftigen.
Joel Kaczmarek: Aber trotzdem, wie beurteilst du denn die Konkurrenzlage? Ich sag mal, was ich so mitgekriegt habe, gibt es eigentlich sonst noch Postbus, was ja ehemals ein ADAC- und Postprojekt war. Dann ist irritierenderweise der ADAC ausgestiegen, nicht die Post. Vielleicht hast du ja da auch ein bisschen Background. Und dann hat man noch irgendwie Berlin-Linienbus von der Bahn, so ein bisschen das Pendant, die natürlich immer ein intrinsisches Interesse haben, würde ich jetzt theoretisieren, sich da nicht selber das Geschäft zu kannibalisieren. Wie beurteilst du so die Wettbewerbslage?
Jochen Engert: Also es ist tatsächlich so, dass wir jetzt, wenn man mal auf Deutschland schaut, sind die beiden, die du genannt hast, so noch die relevantesten Spieler. Alle allerdings deutlich, deutlich kleiner als wir. Also wir sind eher Faktor 10 bis 15 größer als die. Und ich glaube, sie tun sich auch so ein bisschen in den Konzernstrukturen schwierig, einfach in so einem dynamischen Markt mitzuhalten. Auf der einen Seite ist aus dem ADAC-Post-Konglomerat eben nur noch die Post hervorgegangen, was viel, glaube ich, mit dem Thema Gelber Engel-Skandal beim ADAC zu tun hatte, die sich dann auch auf ihr Kerngeschäft besonnen haben. Ich glaube, man tut sich in Summe mit Konzernstrukturen, auch den entsprechenden Kosten, die dahinter liegen und auch gewissen Zwängen, die man hat, siehe Bahn, Kannibalisierung, Kernprodukt und sowas, ein bisschen schwierig in unserem Markt mitzuhalten und die Geschwindigkeit mitzugehen. Von daher, glaube ich, ist Konkurrenz natürlich an sich, es ist gut, weil es, glaube ich, für den Kunden gut ist und auch uns nicht pausieren oder aufhören lässt, sondern auch immer auf Trab hält. Auf der anderen Seite muss man sich schon fragen, warum sich zwei, ja auch quasi Staatskonzerne im gleichen Markt im Wettbewerb gegenüberstehen und man da Steuergelder verschwendet und die Bahn nicht mal ihr Kernprodukt so richtig im Griff hat und sich aber mit Bussen irgendwie beschäftigt. Ich glaube, da wäre mehr Fokus auf das eigentliche Geschäft doch durchaus für alle Seiten irgendwie besser.
Joel Kaczmarek: Schamantler Seitenhieb. Habt ihr mit denen eigentlich, oder was habt ihr für ein Verhältnis mit denen? Habt ihr da viele Legal Issues? Habt ihr irgendwie, dass ihr euch mal an den Tisch setzt und euch unterhaltet, Austausch? Oder gibt es da kein Verhältnis?
Jochen Engert: Ich glaube, in Summe bewegt man sich ja im gleichen Markt und wir sprechen jetzt nicht nur mit anderen Busanbietern, sondern mit verschiedensten anderen Verkehrsanbietern, also auch mit der Bahn an sich, auch quer durch Europa mit verschiedenen Spielern da Kontakt und haben auch ein gutes Verhältnis mit BLB und Post. Es ist nicht, dass wir uns in irgendeiner Form größer juristisch bekriegen oder sowas. Es gibt auch gemeinsame Interessensgruppen und Gemeinschaften im Prinzip, um so ein Stück weit das Thema und Produkt an sich voranzubringen. Von daher ist es eher Ja, ich glaube, ein gesunder Wettbewerb und Austausch auf der Ebene. Und glaube ich jetzt nicht, was man vielleicht aus anderen Märkten kennt, primär auf juristischer Ebene irgendwie Streitigkeiten.
Joel Kaczmarek: Wie siehst du denn so das internationale Wettbewerbsfeld? Also ich würde mal tippen, Europa ist gerade so euer Kernziel. USA hat natürlich so die größten Margen, die größten Distanzen, das attraktivste Geschäft. Da sehe ich immer nur diese Greyhound-Busse, wenn ich mir irgendwie mal so einen Hollywood-Streifen ansehe. Ist das für euch auch ein Thema oder ist gerade Europa eher so euer
Jochen Engert: Ich meine, dadurch, dass wir jetzt in quasi Zentraleuropa in den großen Märkten schon unterwegs sind und auch kontinuierlich neue Länder dazu addieren, also Richtung Osteuropa kommen jetzt regelmäßig weitere Länder dazu, auch in andere Richtungen, Nordics und so weiter, wenn wir demnächst deutlich mehr machen, ist natürlich für uns Europa erstmal der Kernmarkt und das, worauf wir uns konzentrieren. Es ist auch ausreichend komplex, was die Internationalisierung angeht. Zig verschiedene Sprachen, regulatorische Umfelder, teilweise sogar ja immer noch Währungen, Zeitzonen an der einen oder anderen Stelle. Von daher ist es durchaus komplex. Ich glaube, es gibt keinen wirklichen Grund, warum das Produkt nicht auch in anderen Kontinenten und Geografien funktionieren sollte. Und wie du sagst, ist USA und Nordamerika an sich natürlich schon extrem spannend. weil auch das Zugsystem dort nicht wahnsinnig gut ist, beziehungsweise quasi nicht existent ist. Leute das Thema Bus irgendwie schon kennen, wobei jetzt Greyhound sicher so der Platzhirsch ist, aber glaube ich auch was so die Produktqualität und einfach den Standard dort angeht, auch ein bisschen stehen geblieben ist. Und auch, glaube ich, einfach kein gutes Image hat. Und gerade die Amerikaner stehen ja immer sehr auf Image, Marke, cooles Produkt, coole Features. Und ich glaube schon, dass wir da auch mit dem, was wir machen und wie wir es machen, nochmal einen ganz anderen Aufsatz in den Markt haben können. Von daher beschäftigen wir uns da natürlich mit. Ich glaube auch, es gibt quer durch die Welt viele Märkte, wo eigentlich der Bus so das Rückgrat des Verkehrssystems ist, wo es eben überhaupt keine wirklichen Zugnetze gibt und deswegen riesige Busmärkte entstanden sind, die typischerweise viel größer sind als die in den europäischen Ländern. Und wir uns natürlich schon anschauen, wo geht denn so die Reise hin. Gerade Fokus Europa, aber perspektivisch natürlich auch viele, viele andere Länder.
Joel Kaczmarek: Habt ihr schon irgendwie Eintrittsstrategien, dass ihr wisst, wann ihr solche Märkte wollt und ob überhaupt?
Jochen Engert: Also ich würde jetzt nicht den Plan aus der Schublade ziehen und sagen, das ist die Roadmap und dieses Land passiert in diesem Jahr und in diesem Monat. Aber wir werden uns schon innerhalb der nächsten 12, 18 Monate auch mit anderen Kontinenten beschäftigen, perspektivisch. Und eben fünf Jahre von heute sicher auf drei, vielleicht sogar vier Kontinenten irgendwie noch unterwegs sein. Haben aber, wie gesagt, gerade in Europa einfach noch wahnsinnig viel zu tun. Und es ist schon wichtig, auch erstmal das Kernprodukt und den Kernmarkt wirklich gut hinzukriegen. Und darauf konzentriert sich auch das Team überhaupt nicht.
Joel Kaczmarek: Habt ihr da eigentlich irgendjemanden, der das gleiche macht wie ihr, dass ihr fürchten müsstet, da nicht First Mover zu sein?
Jochen Engert: Ich glaube, es ist schon langsam so, dass wir auch schauen müssen, dass wir in bestimmten Ländern schnell genug sind, weil natürlich Leute gucken und schauen, was so passiert ist und was wir so gemacht haben. Stand heute habe ich das nur in sehr kleinen Ansätzen mal hier und da gesehen, aber es gibt jetzt kein wirklich relevanten anderen Spieler, der in einem Modell ähnlich wie unserem unterwegs ist.
Joel Kaczmarek: Ich meine, ist es zu irgendwie verwegen gedacht, aber habt ihr auch schon mal überlegt, dass man das Ganze mit so ein bisschen dem Thema Delivery verbinden könnte? Weil Uber macht ja sowas teilweise auch, dass die sagen, wir liefern irgendwie Sachen. Und ich meine, ihr habt riesige Busse und wenn man sich diese Rampen mal anguckt, was da reinpasst unten und wie, also am Ende des Tages sind die nicht sehr voll, so was ich so sehe. Ist das irgendwie ein Thema für euch?
Jochen Engert: Ja. Also grundsätzlich, glaube ich, gibt es sehr viele Themen, Produkte, Services, die man noch an das, was wir gerade machen, andocken kann und ergänzen kann. Und wenn man so grundsätzlich über das Thema Ancillary Revenue ist, was ja für Airlines auch ein Riesending ist, spricht, sind wir also brutal in den Kinderschuhen und haben noch sehr wenig davon, was man machen kann, gemacht bisher. Und natürlich ist da so Logistik schon auch was, worüber wir mal nachgedacht haben, wo wir auch einen kleinen Pilot laufen haben mit einer Kooperation auf auf der Strecke Hamburg-Berlin, was aber perspektivisch auch zum Beispiel auf grenzüberschreitenden Linien extrem spannend sein kann, weil da typischerweise Logistik sehr teuer ist, meistens irgendwie länger dauert und über unser Netzwerk eigentlich das sehr gut funktionieren kann. Aber auch da ist es wieder so ein bisschen so, dass wir erstmal wirklich unser Kernprodukt so gut machen wollen, dass wir uns damit maximal wohlfühlen und dann eben nach und nach wirklich auch andere Themen addieren können.
Joel Kaczmarek: Lass uns mal so ein bisschen in Kennzahlen eintauchen. Habt ihr eine primäre Zielgruppe oder ist das querbeet?
Jochen Engert: Also ich glaube generell kann man schon sagen, dass typischerweise die Einstiegszielgruppe eher jüngeres Publikum ist, eher studentisch und natürlich eher Leute mit einem kleineren Geldbeutel. Also jemand, der eher auf den Euro guckt und nicht so viel Geld für die Fahrt an sich ausgeben will, sondern lieber einfach für, ich habe eine gute Zeit irgendwo, dafür Geld ausgibt. Das heißt, es sind etwa 60 Prozent, teilweise zwei Drittel der Kunden, würde ich sagen, unter 30. Wir sehen aber schon, dass je reifer die Märkte sind und je länger wir bestimmte Linien, auch wirklich einzelne Linien bedienen, die Zielgruppe deutlich breiter wird. Also es kommen dann typischerweise die Senioren nach, die sagen, auf Zug und umsteigen oder irgendwie selber Auto fahren habe ich keine Lust, sondern ich setze mich da rein, habe meine Ruhe, es kümmert sich jemand ums Gepäck, ist alles sehr entspannt und bequem. Und dann auch Familien dazukommen und wirklich eine sehr breite Zielgruppe wir mit dem Produkt erschließen. Und von daher, glaube ich, gibt es jetzt auch keine Zielgruppe, wo wir sagen, das ist eigentlich nicht unser Publikum. Also klar, die typischen sehr Gutverdiener würde ich eher nicht so direkt zu unserer Zielgruppe zählen. Wobei auch da wir Strecken haben, wo es einfach kein adäquates Angebot gibt. Und München, Zürich ist irgendwie ein ganz schönes Beispiel, wo die Flüge entweder ausgebucht oder wahnsinnig teuer sind. Die Bahnverbindung fürchterlich ist und wir einfach mit dem Bus das beste Produkt haben. Und auch da sehr viel Business Traveler haben.
Joel Kaczmarek: Weil es mich so ein bisschen interessiert ist, wie macht ihr eigentlich Marketing für das Thema? Also ich meine, ihr habt natürlich fahrende Billboards quasi mit euren Busunternehmen irgendwie da und ich könnte mir vorstellen, dass sehr viel über Referrals passiert. Aber was sind sonst so eure Kanäle, wie ihr das ganze Thema vermarktet?
Jochen Engert: Es ist tatsächlich so, und das war auch immer unser Verständnis, dass der Bus auf der Straße unser bestes Werbemedium ist und auch, wie gesagt, das Thema Weiterempfehlungen extrem wichtig für uns ist. Ansonsten bespielen wir eigentlich alle anderen Kanäle, die man sich so vorstellen kann. Wir haben ungefähr alles schon mal ausprobiert mit mehr oder weniger großem Erfolg. Klar ist alles, was online und mobile mäßig passiert, für uns sehr, sehr wichtig. Also wir haben ein sehr großes Performance-Marketing-Team. Wir machen immer noch klassische auch SEO- und Google-Optimierung. Wir haben auch viel Offline-Themen, wenn wir dediziert in bestimmte Städte rein möchten. Also wirklich Promotion-Campaigns, wo Teams von uns in grün durch die Städte rennen und irgendwie Flyer verteilen und einfach Promo machen. Wir haben mit TV mehrfach experimentiert, auch teilweise gute Erfahrungen gemacht und, wie gesagt, alles schon irgendwie mal querbeet ausprobiert. Am Ende ist, wie du sagst, vor allem entscheidend, dass die Leute eine gute Erfahrung haben und das dann weitererzählen. Und das ist für uns nach wie vor ein sehr wichtiger Kanal.
Joel Kaczmarek: Ja, es ist wirklich, ich habe so das Gefühl, dass das zugenommen hat, dass man wieder mehr offline macht. Also Flyering ist auf einmal ein Thema in irgendwelchen PowerPoint-Präsentationen, ja. Billboard, Out of Home, das sind irgendwie so Themen. Wie ist denn bei euch so die Quote? Also was habt ihr denn für eine Marketingquote? Müsst ihr sehr viel Geld dafür ausgeben? Ich würde ja tippen eher, also deutlich weniger wahrscheinlich als manch anderes Modell.
Jochen Engert: Ja, wir sind jetzt nicht so das klassische, ich muss ganz schnell wachsen, E-Commerce-Unternehmen, das irgendwie erstmal die Hälfte vom Umsatz wieder in Marketing reinvestiert. Ich glaube, wir haben eine gesunde Quote und das ist je nach Land und Stadium von der Linie sehr unterschiedlich. Also ich glaube, in einem stabilen Szenario und in einem reiferen Markt, wenn wir uns eher im einstelligen Prozentbereich bewegen. In anderen Märkten, wo wir wirklich reingehen und investieren, ist es so, dass wir schon auch massiv Geld in die Hand nehmen, um Bekanntheit in gewissen Städten zu schaffen und wirklich das möglichst schnell hochzufahren, weil am Ende, wie gesagt, die Busse sehr teuer sind und der Betrieb auch irgendwie sehr viel Geld kostet und es deswegen meistens einfach effizienter ist, es am Anfang mit wirklich Geschwindigkeit im Marketing anzuschieben und so die Busse frühzeitig zu füllen.
Joel Kaczmarek: Also schon so ein bisschen Winner takes it all, höre ich daraus.
Jochen Engert: Ja, schon. Also es ist schon auch so ein bisschen Landgrabbing-Game quasi und ich muss eine gewisse Marktposition und damit vor allem Relevanz aufbauen für den Kunden, dass er sagt, wenn ich irgendwo hin will, dann denke ich irgendwie an euch und dann komme ich irgendwie da und komme ich da hin und schaue mir an, ob es bei euch ein Angebot gibt. Und das hat sehr viel mit Größe am Ende auch zu tun.
Joel Kaczmarek: Kannst du das mal so ein bisschen verorten, so die Klassiker, ja? Also was für eine Warenkorbgröße hast du üblicherweise bei Bus-Themen? Also ich sehe immer oft so diese 10, 15 Euro Liga, aber manchmal auch 25, 30. Und wenn Net Promoter Scores so wichtig sind, was ist da das Thema? Und Marge und Wiederkäufe, das sind ja so die Klassiker.
Jochen Engert: Also Warenkorb ist tatsächlich bei uns relativ klein, weil natürlich die Tickets vielfach sehr günstig sind und auch die durchschnittliche Distanz sich so in der Größenordnung von 300 bis 400 Kilometern bewegt. Das heißt, viele Tickets kosten halt irgendwas in der Größenordnung 10, 15, vielleicht 20 Euro. Das heißt, der Warenkorb ist auch etwa in der Ecke 20 bis 30 Euro im Schnitt. Und von daher ist es schon auch sehr transaktionsgetriebenes Geschäft und ich brauche schon sehr viele Kunden, um das funktionieren zu lassen. Und darauf konzentrieren wir uns am Ende, um wirklich auch eine große Anzahl Menschen dafür zu gewinnen und zu begeistern. Und das Thema Kundenzufriedenheit, du hast es angesprochen, wir würden nicht den Aufwand treiben, was Qualitätsmanagement und einfach Produkterfahrung angeht, wenn wir nicht daran glauben würden, dass das zentral ist für Wiederkaufraten. Und wir sehen das auch, dass wir auf den Strecken, wo wir einfach sehr hohe Empfehlungsraten haben und hoch im Sinne von 80, 85 Prozent plus, was auch das Anspruchslevel einfach ist, da zu sein, dass da einfach die Gesamteconomics besser für uns funktionieren. Und man sieht schon über die Zeit, und das ist irgendwie Deutschland sicher auch ein sehr kritisches Beispiel, aber dass die Menschen sich an den Standard gewöhnen und dann immer kritischer mit einem Produkt sind und man, was das Thema Verkehr angeht, ein paar Sachen auch einfach nicht unter Kontrolle hat. Bei uns ist es natürlich auch Staus und sonstige Verspätungen, die dadurch induziert sind. Aber wir uns halt einfach massiv Mühe geben, maximal viel Information rauszugeben, das irgendwie operativ auch gut zu managen und uns darum zu kümmern. Aber wir haben, glaube ich, schon in unserer Unternehmensgeschichte auch auf die harte Tour gelernt, was Murphy's Law bedeutet und dass man am Ende die Prozesse so bauen muss, dass auch der letzte H-Case irgendwie abgefangen wird. Und das ist was, was kontinuierlich passiert und was auch nicht aufhört, dass man sich um Produktqualität kümmern muss. Und wie gesagt, wir sehen es sehr, sehr deutlich einfach in den Zahlen, dass wenn die Produktqualität passt, die Weiterempfehlungsraten besser sind und da auch in Summe einfach Strecken, Fahrten, Korridore für uns einfach besser funktionieren.
Joel Kaczmarek: Wie viel Marge hast du auf so ein Busticket? Und wie viel Marge? Also wie viel Gewinn tragt ihr für euch davon?
Jochen Engert: Naja, im Prinzip muss man sich das überlegen. Also wenn ich quasi das gesamte Ökosystem, unser Geschäftsmodell anschaue, hast du eine ganze Weile, bis du mal deine Fixkosten, sprich den Betrieb irgendwie deckst. Und ob da einer im Bus sitzt oder 10 oder 50, macht für den Betrieb quasi keinen Unterschied. Das heißt, ich habe die frühen Tickets in dem Sinn, wenn du darüber nachdenkst, 100% Marge, weil die quasi meine Fixkosten decken. Und später hinten raus, sprich ab wann wird sowas profitabel, also du brauchst in der Größenordnung mindestens mal 50% Auslastung in einem Bus, dass du überhaupt damit Geld verdienen kannst. Und dann ist es im Prinzip nach oben offen, weil dann jedes inkrementelle Ticket wirklich einfach komplett in die Marge reinläuft. Und am Ende glaube ich für uns zentral, dass wir natürlich als Plattform funktionieren und das funktioniert vor allem über Größe und Skaleneffekt. Und wir skalieren die Plattform einfach auf mehr Volumen. Aber am Ende muss es vor allem auch für unsere Partner funktionieren, muss für die ein Geschäft sein. Und da ist es vor allem halt wichtig, dass du den unteren Teil, sprich die Produktionskosten, so früh wie möglich gerechnet kriegst.
Joel Kaczmarek: Aber ist ja schon krass, dass der Bus halb voll sein muss, damit sich das erstmal überhaupt ansatzweise rechnet. Und ich meine, du sagst ja selber, die Aufwände sind sozusagen fix, egal wie viele Leute drin sind. Und du brauchst Skalierung, damit sich das rechnet. Also man merkt, glaube ich, viel Komplexität drin. Deswegen gibt es wahrscheinlich jetzt auch nicht so viele und wenn, dann eher so konzernnah. Ja, gut. Thema Mobile. Es gibt ja sehr, sehr viele Startups mittlerweile, die sagen Mobile first. Und gerade wenn du sagst, du schielst auf Märkte, wo Busse wichtig sind, weil schlechtes Bahnnetz, dann bist du, glaube ich, in so Ländern wie Indien, China vielleicht auch. Die haben ja oft so Desktop teilweise direkt übersprungen. Das heißt, das ist ja nochmal signifikanter. Welchen Stellenwert genießt ihr bei euch im Mobile und wie geht ihr daran?
Jochen Engert: Also ich glaube, ein Stück weit ist es so, dass natürlich Mobile ein extrem relevanter Kanal ist, der sehr viel stärker wächst als alle anderen Kanäle. Und das ist bei uns genauso. Und das sieht man an der App-Durchdringung, die wir haben. Wir haben mittlerweile ein paar Millionen Downloads von der App quer durch die Länder, in denen wir unterwegs sind. Auch der Anteil Das Traffic wird immer größer. Die Conversion ist nach wie vor, wie es wahrscheinlich den meisten anderen draußen auch geht, am Desktop immer noch etwas höher als Mobile. Ich glaube, bei uns ist der Mix noch ein bisschen diversifizierter, weil wir mit unseren Produkten auch häufig in Märkten sind, wo Leute gewöhnt sind, in Cash und an einem Kiosk quasi zu bezahlen. Das heißt, für uns ist durchaus auch relevant, Kanäle zu erschließen, wo Menschen, die keine Kreditkarte haben, kein PayPal nutzen oder sonst irgendeine Möglichkeit, online zu zahlen, vielleicht nicht mal ein Konto haben, ein Ticket kaufen können. Weil das durchaus für uns in vielen Ländern und ich schaue jetzt gerade mal auch Richtung Italien, Richtung Osteuropa, gerade die unsere Zielgruppe sind. Von daher haben wir neben unseren, klar, wichtigsten Kanälen, Desktop und Mobile und unserer eigenen App, ein sehr breites Vertriebsnetz aufgebaut. Also wir arbeiten mit über 25.000 Reisebüros zusammen, die Tickets für uns verkaufen und die das aber auch über unser System tun. Das heißt, die haben eine Art dedizierten Agenturzugang, buchen auf dem gleichen System und verkaufen aus unserem Frontend raus dann Tickets. Und das ist für uns extrem relevant, gerade eben in Ländern, die, wie du sagst, eigentlich Desktop quasi überspringen und irgendwie eher mobile unterwegs sind, aber teilweise halt noch eine sehr stark cash-geprägte Kultur haben. Und wir zum einen dafür sorgen, dass wir genug Outlets draußen haben und zum anderen aber auch daran arbeiten, wirklich cash-nahe Payment-Arten anbieten zu können. Sprich, entweder über deine Telefonrechnung oder über was wie eine Barzahlmöglichkeit, wo ich mit einem Code nachher wieder in den Shop gehe und irgendwie damit zahlen kann. Und wie gesagt, von daher ist für uns der Verkaufsmix nochmal differenzierter, als zu sagen, es ist eigentlich nur mobile. Das würde für uns nicht funktionieren.
Joel Kaczmarek: Ich meine, da merkt man ja auch wieder diese ganzen Komplexitäten, die da drin stecken. Wenn ich daran denke, Niederlande hat irgendwie andere Kreditkarten, EC-Kartensysteme als England, als Frankreich, als Deutschland. Kann ich mir schon lieber vorstellen. Bargeld in Bussen ist wahrscheinlich auch gar kein Thema für euch, weil das wahrscheinlich so Fraudgefahr hat, oder?
Jochen Engert: Also wir verkaufen auch Tickets am Bus. Das heißt, der Busfahrer hat über die App, die er von uns her kriegt und auch zum Check-in benutzt, auch die Möglichkeit, Tickets zu verkaufen. Es ist schon ein Thema. Es ist kein wahnsinnig großer Kanal. Und wir versuchen natürlich auch, die Leute möglichst in eine frühzeitige Buchen zu bringen, weil es uns Planungssicherheit gibt, weil es uns auch natürlich ein Stück weit Cash-Cycle optimiert. Und wie du sagst, das Thema Fraud mit Bargeld natürlich deutlich einfacher ist, als wenn du es online abwickelst. Aber es ist trotzdem relevant. Also ich habe trotzdem Menschen, die halt sehr kurzfristig sagen, ich schaffe irgendwie den Bus noch, ich renne da hin und kaufe dann beim Busfahrer ein Ticket. Und das wollen wir einfach als Service schon und als Möglichkeit zur Verfügung stellen.
Joel Kaczmarek: Was sind denn eigentlich so deine Learnings in Sachen Mobile? Weil man hat so ein bisschen so Parallelen. Viele sagen, es ist schwer, so Cross-Selling zu machen und die User Experience ist so ein Thema. Geschoppt wird Mobile gekauft, aber irgendwie Desktop, also stationär. Hast du da irgendwie Learnings, die du mit anderen teilen kannst?
Jochen Engert: Ich glaube, was man bei uns ganz krass sieht und das ist, nachdem wir die Analyse gemacht haben, das war ein Stück weit die Anfangshypothese auch, aber hinterher ist es dann irgendwann trivial, aber Dass wir auf den kurzen Strecken einen deutlich höheren Mobile-Anteil haben, weil Menschen öfter fahren. Das heißt, die Buchungskonvenience ist natürlich für die Leute relevanter, die sehr viel mit uns unterwegs sind, was typischerweise auf kürzeren und Pendlerstrecken der Fall ist. Das heißt, wenn jemand übers Wochenende irgendwo hinfahren möchte und eine Strecke 500, 600 Kilometer, der fährt München, Berlin, um sich ein cooles Wochenende in Berlin zu machen, dann hat er eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass er Desktop bucht. Der sucht wahrscheinlich irgendwie mal ein Mobile, bucht dann aber am Ende bei uns eher über eine Desktop-Lösung. Aber wenn ich Hamburg Berlin zum Beispiel anschaue, was eine 300 Kilometer Distanz etwa ist, da habe ich einen sehr, sehr viel höheren App-Anteil und sehr viel mehr Repeat-User damit. Und ich habe natürlich auch eine viel engere Bindung. Und natürlich sind wir das die liebsten Kunden, die direkt in unsere App buchen. Aber es ist schon sehr stark auch getrieben durch den Use Case. Und so versuchen wir auch unser Marketing zu steuern, dass wir eben auf bestimmten Strecken dediziert Stärke auf unseren Mobile- und App-Kanal abstellen. Und auf anderen halt eher so auch so ein bisschen emotional getriebeneres Marketing machen. Hier macht ihr doch mal ein cooles Wochenende in der und der Stadt und fahren mal nach Paris oder Wien oder London oder was auch immer. Und das sind dann eher aber auch Desktop-Kampagnen.
Joel Kaczmarek: Wie ist denn eigentlich so eure Quote mobile? Also wie viel mobile, wie viel Desktop buchen bei euch?
Jochen Engert: Also wir sind Traffic-mäßig also deutlich über 50 Prozent mobile. Umsatzmäßig noch nicht da, weil wie gesagt einfach ein Conversion-Unterschied besteht. Aber bewegen uns da auch in die Richtung.
Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal so als abschließenden Themenbereich das ganze Thema Investoren noch so ein bisschen behandeln. Also wenn ich es richtig mitgekriegt habe, sind ja bei euch vor allem Holzbrink einerseits investiert, dann als Stratege Daimler und jetzt habt ihr ja bei der Fusion, hattet ihr ja so ein bisschen dieses Thema noch mit General Atlantic. Vielleicht kann man ja mal so ein bisschen die Strategie mit den Einzelnen so ein bisschen durchdeklinieren. Also Holzbrink ist ja, glaube ich, relativ klar, ja, VC-Case. Bei Daimler hast du ja schon wieder so eine strategische Komponente. Hilft euch das? Was ist da so der Background dazu?
Jochen Engert: Also ich glaube, wir sind bei dem Thema Investoren grundsätzlich durch den klassischen Startup-Lebenszyklus gelaufen. Von sehr frühen Angels, die an uns geglaubt haben und da sehr früh Geld investiert haben, zu dann der VC-Runde, in der damals Holzbrink und auch Daimler dazugekommen sind. Und dann eher, ich glaube, GA bezeichnet sich auch selber so als Growth Equity Investor, dazugekommen sind. Und die auch ein Stück weit die Lebenszyklusphasen des Unternehmens widerspiegeln. Und klar, für Holzbrink, wie du sagst, ist es ein klassischer VC-Case. Und die, glaube ich, sehr stark auch einfach an das Wachstum geglaubt haben. Stand heute damit auch bestätigt wurden. Für Daimler ist es tatsächlich ein bisschen eine andere Geschichte und der erste Reflex ist immer, ja Daimler baut ja auch Busse, deswegen sind die dabei. Tatsächlich ist bei uns eine Einheit von Daimler beteiligt, die sich mit Mobility Services beschäftigt. Also eigentlich eine Tochter von der Financial Services Sparte, die gleichzeitig auch Themen wie Car2Go, wie MyTaxi, wie Blacklane und so weiter, also die Investments treiben und sich sehr viel stärker mit dem Thema, was passiert mit Mobilität eigentlich? Was sind die Trends dort und an welchen Plattformen sollten wir irgendwie dabei sein und beteiligt sein und irgendwie für unser Wissen natürlich und irgendwie Beteiligung mitnehmen, um einfach auch stärker zu partizipieren an allen Trends, die in dem Thema Mobilität passieren. Und ich glaube, das ist Daimler, auch wie viele andere Autokonzerne auch, aber dass sie das sehr, sehr gut machen, sich einfach Gedanken darüber zu machen, wo geht denn unser Produkt eigentlich hin? Was passiert denn? Wie sieht das in 10 oder 20 Jahren aus? Und womit muss ich mich jetzt beschäftigen? Und von daher ist Der Antrieb, klar ist die Nähe zu den Bussen ist für uns auch super, da irgendwie einen sehr engen Draht zu haben, aber der Antrieb ist stärker darüber nachzudenken, wird es irgendwann selbstfahrende Elektrobusse geben? und wie sieht die Plattform aus, die sich da primär drum kümmert. Und die Perspektive ist für uns natürlich schon auch spannend, weil wir damit sehr nah an frühen Technologieentwicklungen dran sind und auch der strategische Austausch da extrem wichtig ist. Und was man dazu sagen muss, das war natürlich auch für unsere Partner damals, die vielfach auch Daimler- und Mercedes-Kunden quasi sind, also nicht nur im Privat-Pkw, sondern vor allem auf den Bussen, ein Qualitätsstempel, wo die sagen, okay, wenn da Daimler dabei ist, dann habe ich da irgendwie Vertrauen rein.
Joel Kaczmarek: Da habe ich viele Mannbusse bei euch eigentlich, sehe ich mir an, oder?
Jochen Engert: Es ist ein wilder Mix. Also wir schreiben denen nicht vor, was sie für eine Marke fahren müssen, aber wir haben, wie gesagt, zu Daimler natürlich irgendwie einen sehr engen Draht und freuen uns auch darüber, wenn die Partner da quasi ihre Busse beschaffen, weil es auch ein sehr, sehr gutes Produkt einfach ist.
Joel Kaczmarek: Aber wo du schon selber die selbstfahrenden Busse ansprichst, ich meine Daimler testet ja sehr aktiv selbstfahrende LKWs in Nevada. Ist das bei euch ein realistischer Case?
Jochen Engert: Es wird noch ein bisschen dauern, also es ist nicht zwei, drei Jahre entfernt, aber ich glaube, dass in den nächsten fünf oder zehn Jahren mehr Schritte dahin passieren und das den Markt radikaler verändern wird, als wir heute wahrscheinlich absehen. Es wird gleichzeitig nicht mit einem Big Bang passieren und morgen fahren nur noch selbstfahrende Busse irgendwie bei uns durch die Gegend. Ich glaube, dass es eher ein Stück weit auch Übergangsphasen gibt, wo der Fahrer plötzlich auf der Autobahn zum Beispiel Zeit hat, sich mehr um die Fahrgäste zu kümmern, weil der Bus einen Teil der Strecke einfach autonom fahren kann. Und für uns macht das natürlich das Modell noch attraktiver, weil ich glaube ich für die Fahrer noch einen spannenderen Job schaffen kann, mich mehr um die Fahrgäste kümmern kann, mehr Service daraus leisten und bauen kann und gleichzeitig aber auch ein Stück weit noch das Thema Sicherheit natürlich und da glaube ich sehr stark daran nochmal verbessert
Joel Kaczmarek: wird. Spekuliert ihr bei Daimler dann eigentlich so ein bisschen auf so ein My-Taxi-Case, dass die für euch mal irgendwie Käufer werden? oder ist das eher nicht so ein Thema? Ich meine, mein Tipp wäre, dass es langsam ein bisschen teuer wird, aber
Jochen Engert: Also grundsätzlich glaube ich, ist Daimler mal dabei, weil sie strategisches Interesse an dem Thema haben und ob sie dann zu irgendeinem Zeitpunkt die Entscheidung treffen, okay, das ist für uns so groß und wichtig und relevant geworden, dass wir es gerne komplett haben möchten, kann passieren. Es ist aber nichts, womit wir zum Start weg und auch jetzt irgendwie gerade nicht irgendwie größer spekulieren, sondern Ich glaube, worauf wir uns fokussieren, ist wirklich eine sehr coole, sehr große, sehr gute Company zu bauen. Und was auch immer dann in diese Richtung passiert, wird man über die Zeit sehen. Und das ist am Ende vor allem wichtig darum, was dann mit der Firma und dem Unternehmen und dem Team passiert.
Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal ein, zwei Sätze zu General Atlantic auch sagen. Wenn ich so einen Namen lese, da ist man manchmal nicht so weit weg von Heuschrecke, finde ich. Also die gehen da so gerne hin. konsolidieren, indem sie ein, zwei, drei Player zusammenlegen und dann muss halt irgendwas passieren, dass sie irgendwie teuer wieder weiterverkaufen. Also oft hat man so diesen Case, dass dann an irgendeiner Stelle gespart wird, um irgendwie Marge rauszuholen. Ist das sozusagen durchschnittlich ein Unrecht oder ist das kein jetzt so fernes Szenario?
Jochen Engert: Ich glaube, worüber du sprichst, sind eher klassische PE-Fonds. Ich glaube, General Atlantic ist an der Stelle Und das war für uns schon auch sehr, sehr zentral in der Art und Weise, wie wir miteinander arbeiten. Eher zwischen VC und klassischem PE anzusiedeln.
Joel Kaczmarek: Also PE meinst du Private Equity? Genau.
Jochen Engert: Also ein Unternehmen und ein Fonds, die stärker in Wachstum investieren und die typischerweise einfach ihre Returns aus Wachstumsunternehmen ziehen. Also die Investments auch in Facebook und Alibaba und Co. gemacht haben und sich eher auf, wie gesagt, Wachstumsgeschichten konzentrieren. Und das ist für uns in der Art, über unser Geschäft nachzudenken und auch dann zusammenzuarbeiten sehr wichtig gewesen, weil Wir, wie gesagt, glaube ich, noch sehr am Anfang dessen stehen, was wir noch machen können und da auch eine gemeinsame Perspektive und Vision geteilt haben. Von daher ist das zum Glück nicht der Fall. Ich glaube auch nicht, dass es zu unserem sowohl Stadium als auch Unternehmen und Produkt gepasst hätte.
Joel Kaczmarek: Also ich gebe dir recht, ich denke immer an diesen Private Equity Case, die sind so ein bisschen dazwischen, ist das eigentlich ganz gut getroffen. Abschließend, was ist denn noch so geplant auf der Finanzierungsseite? Ich meine, ist das Modell sehr, sehr teuer? Plant ihr, noch weiter Kapital aufzunehmen, gerade wenn man in diese internationalen Märkte expandiert? Oder seid ihr da eigentlich so
Jochen Engert: Also es ist schon so, dass in den Reifenmärkten einfach das Geschäft für uns funktioniert. Sowohl für uns als auch für unsere Partner und wir da auch einen entsprechenden Cashflow haben, um das Geschäft da zu betreiben. Für uns ist das Thema Finanzierung immer eins, das eine strategische Relevanz hat. Also habe ich irgendwo eine Möglichkeit, schneller zu wachsen, in irgendeinem Markt mir eine bessere Position zu sichern, irgendwelche Themen zu einem gewissen Zeitpunkt einfach rechtzeitig zu realisieren. Und das kann dann und wird das auch häufig auch nochmal Finanzierung involvieren. Von daher ist es eher eine strategische Fragestellung als eine geschäftliche Notwendigkeit. Und klar, ich glaube, in einer Phase, wo du als junges Unternehmen sehr stark wächst, beschäftigst du dich eigentlich permanent mit Finanzierung und irgendwie, wie entwickelst du es weiter und wo macht es vielleicht Sinn und wo macht es vielleicht keinen Sinn. Von daher ist es eine kontinuierliche Diskussion.
Joel Kaczmarek: Super, dann danke ich dir ganz, ganz herzlich, dass du so viel Zeit erübrigt hast auf diesem, man darf es ja mal sagen, unbequemen Bänken, auf dem wir hier übrigens sitzen. Das sind so geriffelte Holzbohlen, wo einem der Arsch echt gut wehtut irgendwann. Sehr gerne. Ich glaube, wir haben viel Spannendes gelernt und ja, viel Erfolg. dann dafür weiterhin.
Jochen Engert: Cool, danke.