BRLO 🍺: Ein Startup, das Bier neu erfindet
14. Januar 2025, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, heute kommt ihr auf eure Kosten, denn es wird quasi feuchtfröhlich. Wir reden heute über Bier. Und zwar, und damit werdet ihr mir schon mal danken, jetzt wisst ihr nämlich endlich, wenn ihr bei einer Cocktailparty seid, wie man das ausspricht, über BRLO. Kennt ihr dieses Bier, wo BR mit so einem Strich durch LO draufsteht? Das spricht man eigentlich BRLO aus. Und das hat eine Dame gegründet namens Katharina Kurz. Nicht ganz alleine natürlich, mit tollem Team. Und ich kenne Katharina schon eine Weile, schätze sie sehr. Sie war auch schon mal zu Gast bei ihrem Parallelengagement, nämlich mit dem FC Viktoria Berlin. Und da war ich neugierig und hab gedacht, komm jetzt sollten wir auch mal über deine Biergeschichte reden. Von daher heute mal eine schöne Startup-Geschichte darüber, wie entsteht eigentlich so eine Bierbrauerei und wie verdient man damit im Jahr 2024 beziehungsweise eigentlich schon bald 2025 Geld. So und that being said, liebe Katharina, freu ich mich total, dass du hier bist. Moin Moin!
Katharina Kurz: Ich freue mich auch, hi.
Joel Kaczmarek: Hat auch eine gewisse Ironie, wenn ich ehrlich sein darf, weil ich weiß nicht, ob ich es dir erzählt habe, ich habe ja drei Besonderheiten bei mir. Erstens, ich bin einer von zehn Menschen, die noch wirklich in Berlin geboren sind. Zweitens, ich bin einer von drei Menschen, die keinen Kaffee mögen und einer von fünf Männern auf dem Planeten, die kein Bier mögen. Also heute die große Chance, mich mal zu bekehren.
Katharina Kurz: Ich versuche es, aber leider, wir haben hier kein Tasting gleichzeitig, das holen wir dann nach.
Joel Kaczmarek: Ja, das wäre gut, wenn es sowas schon gäbe. Remote-Video und Audio kriegen wir hin, aber so Schlecken an der Tastatur, das funktioniert noch nicht. Aber erzähl doch mal zu dir. Also ich nehme mal an, du bist Bier-Fan. Ansonsten würdest du wahrscheinlich keine Brauerei leiten, oder?
Katharina Kurz: Ich bin Bier-Fan. Ich habe immer schon gerne Bier getrunken. Ich komme aus Franken. Da hat man das auch relativ früh mal angefangen, heimlich.
Joel Kaczmarek: Da packt man es in die Kinderflaschen rein, anstatt die Milch.
Katharina Kurz: Genau, so ungefähr. Und ich war auch immer eine der wenigen Flüchtlinge, Frauen würde ich sagen, die auch in einem Restaurant, weißt du, so mit weißer Tischdecke, wo alle eigentlich immer denken, hier muss ich doch jetzt ein Wein bestellen, da habe ich mir immer total gerne auch ein Bier bestellt und fand das eigentlich auch immer so ein bisschen traurig, wie sehr vor allem auch der deutsche Biermarkt eigentlich so auf die männlichen Konsumenten abgestellt war. und das habe ich mit BRLO glaube ich oder sind wir ganz gut dabei zu durchbrechen.
Joel Kaczmarek: Ich finde das insgesamt manchmal traurig. Ich habe einen favorisierten Baumarkt in Berlin, also eine Kette, die ich sehr gerne mag. Ich mache jetzt mal aus Schleichwerbungsgründen hier keinen Namen publik. Und da lief ich so lang und dann habe ich gesehen, dann gab es einen Akkubohrschrauber für Frauen. Und was schätzt du, was war das Item, was ihn so weiblich machte? Er war rosa.
Katharina Kurz: Pink, ja, es ist so lächerlich. Es gibt auch, glaube ich, Kugelschreiber für Frauen. Ich verstehe es nicht. Und da ist der Biermarkt nicht anders. Also auch da ist das Getränk entweder pink oder besonders leicht. Und ich finde das eine absolut bescheuerte Bevormundung der weiblichen Biertrinkerinnen, weil ich kenne auch super viele Frauen, die gerne Bier trinken. oder es gibt auch viele Frauen, die es glaube ich einfach kulturell dann doof finden, weil es eben so eine wahnsinnig männliche Konnotation hat und sowas. Also die immer sagen, ich mag gar kein Bier oder mir schmeckt das nicht. Aber ich glaube, das liegt oft gar nicht unbedingt tatsächlich am Geschmack, sondern es ist eben diese ganze kulturelle Bubble, die da drumherum gebaut wurde. Und ich freue mich immer, wenn ich da auch so ein bisschen anders, auch mit anderen Bierstilen überzeugen kann.
Joel Kaczmarek: Ja, weil ich glaube, das ist voll das Potenzial eigentlich. Also ich meine, die Tage habe ich mit unserer Designerin und ihrem Mann, der macht auch so Möbelbau, haben wir so einen neun Meter langen Schrank bei uns in der Wohnung aufgebaut, ein riesiger Akt. Und dann gab es die um uns den Akkuschrauber und meinte so, ja, hier macht ihr gerne mal. Und dann kamen wir auch auf dieses Thema weiblich versus männlich und meinte sie so, ja, so ein Bullshit, als wenn ich einen rosa Akkuschrauber haben wollen würde. Aber was ich gerne hätte, wäre ein Akkuschrauber, der kleiner ist, weil die sind für männliche Hände gemacht. Meine Hände sind einfach kleiner und dadurch tun die mir viel schneller weh. Und ich finde, es ist an so vielen Stellen so, auch wenn du so Medikamente nimmst, Medikamente werden auf männliche Körper abgestimmt, Frauen überdosieren ganz einfach. Und deswegen bin ich jetzt mal neugierig, wie macht ihr es denn dann besser? Also was hast du denn getan, dass du sagst, okay, davon fühle ich mich auch als Frau angesprochen, wenn da so ein Bier steht von BRLO?
Katharina Kurz: Bei uns zieht sich das eigentlich so ein bisschen durch die gesamte Story und das gesamte Unternehmen. Wie gesagt, ich fand das immer total doof, dann auch zu sagen, jetzt machen wir ein Bier für Frauen, weil das ist ja auch Quatsch. Wir machen einfach ein Bier für Menschen und das soll Männer, Frauen und Non-Binary gleich abholen. Und wir machen das, indem wir, ich glaube, so wie wir die Marke gestaltet haben, ja, es sind super schöne, auch designorientierte Bierflaschen, es sind Bierstile von Sauerbier bis hin zu super hopfenfruchtigen IPAs, die, glaube ich, auch einfach die gesamte Bandbreite von Geschmäckern und Menschen abholen und gleichzeitig…. Deswegen sind wir, glaube ich, da auch als Brand sehr authentisch, so wie wir uns auch aufgestellt haben. Wir sind im Gründer- und Führungsteam 50-50 und das zieht sich wirklich durch alles. Genauso sind unsere Gastronomien auch relativ ansprechend. Bei uns gibt es eben nicht nur die Haxe und Sättigungsbeilage und ich denke, so schaffen wir das eben gut.
Joel Kaczmarek: Das Wort Sättigungsbeilage kennt man nur als Gastronom. Das unsexieste Wort für Kartoffel oder Pommes, was es gibt.
Katharina Kurz: Ja, aber stimmt.
Joel Kaczmarek: Ja stimmt, ihr habt ja auch eingeladen. Wir können uns ja jetzt mal so reinhangeln. Wie hat das denn eigentlich alles angefangen? Wie bist du dazu gekommen, dass du Bier verkaufst?
Katharina Kurz: Also wenn du mir das erzählt hättest, hätte ich nie daran geglaubt. Ich war gerade in der beruflichen Auszeit, habe einen BWL-Background, wollte gerne nach Berlin und wollte was selbst gründen. Und habe so ein bisschen rumüberlegt, in welche Richtung es gehen könnte. Dachte natürlich, das muss was Digitales sein. War so ein bisschen in so einer Krise und dachte, oh Mann, ich weiß immer noch nicht, was ich machen möchte. Und war ein paar Wochen in Australien auf Reisen und habe da ganz viel Craft Beer getrunken und fand es total cool und spannend und bin in jeden Laden reingegangen. Und es gab irgendwie so 20 Biere vom Hahn und alles war super kreativ, hatte witzige Namen, Bierstile, von denen ich noch nie gehört hatte. Und es hat mir richtig Spaß gemacht, mich damit auseinanderzusetzen und mich da durchzuprobieren. Das war eben so ein Moment, wo ich mir dachte, verrückt, also in Deutschland geht es ja oft auch so, dass du dich nicht entscheiden kannst, aber nicht, weil du alles so cool findest, sondern weil es irgendwie, also im Supermarktregal, ob das jetzt ein Bitburger oder Kronbacher oder ein Radeberger ist, das schaut alles relativ gleich aus, ist sehr, sehr unemotional, ist super traditionell. Und da dachte ich mir, das würde ich gerne mal irgendwann als Nebenprojekt machen, so eine coole kleine Biermarke. Also das war noch nicht der Moment, wo ich dachte, das wird jetzt mein neuer Hauptjob. Hab aber ein paar Wochen später einen Freund aus Studienzeiten wieder getroffen, der fand das Thema Bier auch cool, wollte sich mit seinem Papa eigentlich ein Vater-Sohn-Hobby zulegen und sich das Brauen selbst beibringen. Haben sie bis heute noch nicht gemacht, weil Wir sind dann einfach mal losgelaufen, haben einen jungen Braumeister uns gesucht, also haben wirklich so einen Aushang gemacht an der Brauereischule. Der Micha, der kam dann noch als Dritter dazu. Und dann haben wir uns vor mittlerweile, Achtung, zehn Jahren, das als Projekt gestartet. Also das war so, ja, in 2014, als wir dann überlegt haben, wie kann das aussehen, wie soll das schmecken. Und ich glaube, wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort, weil dieses Thema Craft Beer damals, So ein bisschen in der Presse schon aufkam, also es gab ein paar Artikel darüber und du hast das aber noch nirgendwo gefunden. Es gab so zwei, drei Kneipen und es schwappte also so eine Welle an Begeisterung aus den USA, vor allem UK, dann so rüber. Und es war wie so ein kleines Pflänzchen. Und ich glaube, wir waren dann so die Ersten, die so ein bisschen auch rangegangen sind und nicht in die einschlägigen zwei, drei Craft Beer Kneipen gegangen sind, sondern gesagt haben, hey, wir wollen das auch an jeden Späti und an coole Bars und Restaurants verkaufen.
Joel Kaczmarek: Ja, aber ich meine, da sagst du auch was ganz Interessantes, weil mir geht es auch so, immer wenn ich Geburtstag habe, mein Vater kommt und ich dann ein Bier für den kaufe im Laden, mir geht es immer so, ich komme da gar nicht zurecht bei dieser Vielfalt. Also es ist ja nicht nur, dass es die verschiedenen Marken gibt, dann gibt es ja auch noch die Sachen, dann gibt es ja irgendwie helles und dunkles Weißbier und was weiß ich nicht was, wirst du ja irre im Kopf. Von daher, habt ihr euch da nicht in so ein unglaublich, so ein Haifischbecken reinbegeben, der ja auch irgendwie so halbwegs verteilt ist? Weil es gibt so, glaube ich, die zwei, drei großen Brauereien in Deutschland und dann kommt lange nix, ne?
Katharina Kurz: Total. Also wenn man vom Blue Ocean redet, den man sich suchen sollte, wir haben auf jeden Fall den Absolutely Red Ocean gewählt. Deutschland ist so ziemlich der schwierigste Biermarkt, den du dir aussuchen kannst. Ist auch der zweitgrößte, beziehungsweise nach Pro-Kopf-Umsatz. Die Tschechen trinken immer noch mehr Bier. Aber wir haben das große Problem, dass wir ein wahnsinnig niedriges Preisniveau haben. Also Bier ist zu billig in diesem Land. Das wird dem tollen Produkt, was wirklich so handwerklich immer noch aus den vier Rohstoffen hergestellt wird, überhaupt nicht gerecht. Wird oft als Lockangebot im Supermarkt verwendet. Man kennt so die Kästen für 9,99. Ist aber auch ein großer Fehler der Bierindustrie gewesen, glaube ich. Weil wenn wir uns angucken, es gab kurz nach der Wiedervereinigung nochmal einen großen Anstieg, weil natürlich einfach neue Bundesländer, neue Menschen, neue Konsumentinnen dazugekommen sind. Ich glaube seit 93, 94 jedes Jahr sinkt der Bierabsatz in Deutschland. Also es geht immer weiter runter, Bier wird eigentlich immer uncooler. gleichzeitig wurde darauf reagiert, nicht mit Innovationen, nicht mit neuem Storytelling, würde ich mal sagen, sondern es wurde darauf reagiert, indem man die Biere immer mehr angeglichen hat, es ist immer mehr Kante rausgegangen. Also wenn du mal so einen Pilz mit vor 40 Jahren vergleichst, das ist Ein riesiger Unterschied, also die Bittereinheiten sind immer mehr runtergegangen und die Preise sind immer mehr gesunken. Ein riesiger Prozentsatz vom Bierabsatz in Deutschland wird über Lockangebote und Sonderangebote gemacht. Das heißt, die Bierindustrie hat sich so ein bisschen ihr eigenes Grab geschaufelt, würde ich ein bisschen überspitzt sagen. Und wir versuchen da eben schon nochmal so mit ganz anderem Storytelling, wir sagen immer Challenging Stereotypes, sorry, jetzt wieder super viele Anglizismen, versuchen wir so ein bisschen die Wahrnehmung, was deutsches Bier angeht, auch zu verändern.
Joel Kaczmarek: Was hätte nicht selbst in dem Segment mittlerweile voll umkämpft? Also ich habe gerade so gedacht, als ich mich so auf das Gespräch mit dir vorbereitete, der Finn Hänsel hat doch glaube ich auch eine Biermarke, Berliner Berg, irgendwie mitbegründet und in der Art gibt es doch mittlerweile auch so viele coole, hippe Biermarken. Also gibt es da nicht mittlerweile auch ein ganz breites Angebot?
Katharina Kurz: Da ist gerade wieder eine ganz schöne Konsolidierung tatsächlich dabei. Also dieses Thema kreative Biermarken hat sich nicht so wie in den USA oder UK oder Australien nicht so durchgesetzt. Zum einen wirklich diese Preisniveau-Geschichte und zum anderen auch, das muss man fairerweise dazu sagen, hatten wir ja in Deutschland schon immer auch ein tolles Bierniveau. Qualitätsmäßig, ja. Also wir kommen da von einer ganz anderen Absprungbasis, als das vielleicht über den Teich in den USA der Fall war. Als dieser Hype, sage ich mal, so 2014, 2015, 2016 angefangen hat, gab es schon die Erwartung, dass das ähnlich hier durchschlagen wird. Und der Blick in die USA, da sind wir mittlerweile beim Marktanteil von Craft Beer hoch. von ungefähr 25 Prozent. Das ist hier nicht passiert, also nicht mal annähernd. Ich glaube, wir sind hier immer noch unter einem Prozent, wenn man das alles zusammenrechnet. Es ist ein sehr urbanes Thema und es Gab wirklich für viele kleine Brauereien super Schwierigkeiten, diese Skalierung hinzubekommen, die du im Bier einfach brauchst, weil du bist hier nicht in der hochwertigen Spirituose, wo du irgendwie am Ende 15 Euro Deckungsbeitrag pro Flasche hast, sondern du bist in einem…. Und da haben es viele jetzt auch vor allem über Corona und die ganzen anstehenden Schwierigkeiten nicht geschafft. Das heißt, wenn du dir anguckst, wie viel jetzt eigentlich noch übrig sind und auch wir versuchen uns ganz klar von diesem Begriff Craft Beer eigentlich mittlerweile zu distanzieren. Wir sagen Craft Beer. Hey, wir machen moderne Biervielfalt und wir haben genauso auch ein Helles und ein Pils, zeigen aber auch eine ganz, ganz breite Palette an Bier. Ja, es ist natürlich umkämpft, aber auf einem sehr, sehr kleinen Niveau.
Joel Kaczmarek: Woran liegt denn das, was du beschrieben hast, dass Bier so als a. uncool wahrgenommen wird und b. so günstig ist? Also beim Günstigen habe ich ja so den LEH ein bisschen im Verdacht, dass die die Preise drücken, weil Schokolade, Fleisch finde ich auch viel zu günstig. Also so bitter das ja auch ist, wenn gerade die Wirtschaftskrise zuschlägt. Aber so mit der Coolness, woher kommt's?
Katharina Kurz: Also richtig erkannt erstmal, dass der LEH da auf jeden Fall sehr viel dazu beigetragen hat. Und insgesamt kommt das schon auch so ein bisschen aus diesem Verständnis, gerade das bayerische Verständnis, Bier ist Grundnahrungsmittel. Und das ist ja auf der einen Seite schon auch ganz cool, finde ich. Also das ist so ein basisdemokratisches Produkt auch, mit dem irgendwie jeder was anfangen kann. Also entweder hast du es oder liebst du es oder du hast zumindest irgendwie eine Meinung dazu. Das ist ja auch so ein grunddeutsches Ding. Da hat sich einfach bei uns die Tradition durchgesetzt, dass ein Bier günstig sein muss. In Verbindung mit großen Brauereien, die dann wahnsinnige Etats und Budgets auch haben, um sich, Stichwort Bierlieferverträge, das ist ja auch total einzigartig, dass eine Brauerei sich quasi über Jahre hinweg das Recht an einer Gastronomie sichert, dort exklusiv Bier reinzuliefern. Das ist in Berlin noch einigermaßen okay, wenn du nach München runterguckst. Das wird sogar, glaube ich, im Jurastudium als Besonderheit gelehrt, weil da gibt es teilweise Gastronomien, die über Generationen quasi mit einer bestimmten Brauerei verbunden sind. Also so wurde der Markt natürlich auch sehr dicht gemacht. Und zu deiner Frage, warum wird Bier uncool? Ich glaube wirklich, dass Bier es nicht geschafft hat im Vergleich zum Beispiel zum Wein. Vor 30 Jahren waren deutsche Winzer auch nicht cool. Wenn du an qualitativen Wein gedacht hast, hast du nicht an deutschen Wein gedacht. Und die Winzer zum Beispiel haben es wirklich verstanden, das Produkt dann mit Geschichten aufzuladen, mit Geschichten über die Winzer selbst, da nochmal einen ganz anderen Qualitätsanspruch reinzubringen. Und ich finde, dass die deutschen Brauereien bis auf wenige Ausnahmen wirklich immer noch im gleichen Narrativ verfallen sind, immer noch… auf die Tradition setzen und aufs Reinheitsgebot und auf Hopfen und Malz und guck mal unsere tollen Rohstoffe. Aber es eben überhaupt nicht verstanden haben, eigentlich an jüngere Zielgruppen ranzugehen. Und jetzt hast du natürlich auch den Trend immer mehr hin zu alkoholfrei. Das heißt, wenn du dir jetzt gerade in jüngeren Zielgruppen anschaust, wie viel weniger Alkohol getrunken wird, ist das echt frappierend. Und wenn sie alkoholfrei trinken, dann ist in der Regel auch nicht alkoholfreies Bier dabei. Sondern es sind viel Energydrinks. Beim Alkohol hat auch der Bierkonsum total abgenommen. Das heißt, sie schaffen es tatsächlich nicht, jüngere Zielgruppen zu erreichen. Und das, wenn wir, wir machen auch so ein Brandtracking seit zwei, drei Jahren, das ist ganz cool, dass wir das ganz gut schaffen. Also wir sind tatsächlich in der Zielgruppe der 20- bis 32-Jährigen am stärksten, obwohl wir vergleichsweise sehr viel teurer sind. Schaffen wir es, glaube ich, durch kreatives Marketing und guten Markenauftritt und Biere, die ansprechender sind, schaffen wir es wirklich ganz gut, jüngere Zielgruppen auch abzuholen.
Joel Kaczmarek: Ja, ich sehe, wenn ich Shorts gucke, ab und zu immer so ein Wirtschaftsdude, der so Tipps und Tricks erklärt, wie man manchmal manipuliert wird und das ist ja richtig krass. Kennst du das, wie man mit Wein in Restaurants eigentlich so leicht in das Licht geführt wird? Es ist absurd und es fällt einem wie Schuppen von den Augen, wenn man es einmal verstanden hat. So der Charme bei Wein ist ja der folgende, dass der Großteil der Bevölkerung keine Ahnung von den Marken hat. Also wenn ich den Wein hinstelle. und dann sage ich Jahrgang X und Weinberg Y, da kann ein Bruchteil der Leute mit anfangen, was gut ist. Das heißt, du kannst also einen Wein einkaufen für drei Euro und kannst ihn für 15 Euro labeln und es fällt gar keinem auf. Du kannst ihn auch für 30 Euro labeln und es fällt gar keinem auf. Das ist mal so die erste Basis. Und dann läuft es ja so, wenn du in ein Restaurant gehst, dann stehen auf den Tischen schon mal die Weingläser. Das ist schon mal Set, also damit hast du sozusagen schon mal eine Erwartungshaltung gesetzt, weil das Produkt dadurch, dass du die Markenbekanntheit ja nicht hast als Kunde, ist es natürlich am Margen stärkst. Du verdienst also am meisten Kohle als Restaurant damit. Und dann ist es so, du kriegst ja immer eine Weinkarte. Mal festhalten, das heißt Weinkarte, das heißt nicht Getränkekarte, das heißt Weinkarte. Also bist du auch schon mal gelabelt so, dass du das Ding nimmst. Und dann kommt die nächste Ebene, du kriegst immer nur eine. Du kriegst nicht pro Gast eine, dass sich jeder ein Getränk aussucht, sondern es gibt eine Weinkarte, einer sucht dann aus und dann trinken alle gemeinsam, weil ansonsten würde ja vielleicht der eine sagen, ich will ein Bier, der andere, ich will eine Fanta und so weiter. Auf Englisch ist es glaube ich auch teilweise mit, so haben sie noch so bestimmte Formulierungen, wo du auch schon hingeführt wirst, dass du eher Wein nimmst oder bei Wasser auch. Also deswegen, wenn man einmal anfängt da einzutauchen, staunt man eigentlich und man denkt, oh ja, stimmt. Du hast vollkommen recht, bei Bier ist es nicht so.
Katharina Kurz: Das ist aber auch ein gutes Stichwort, die Weinkarte. Du bist hier jahrzehntelang, bist in eine Kneipe gegangen und hast gesagt, ein Bier bitte. Also hast vielleicht noch Unterschieden zwischen willst du einen Pilz oder einen Weizen. Und das sehen wir eben in vielen anderen Ländern, dass es da auch mittlerweile selbstverständlich ein Biermenü gibt. Also du gehst in die besten Restaurants und ganz viele Sterne-Restaurants versuchen auch mittlerweile bei großen Menüs auch ein Bier-Pairing dazu zu machen oder zumindest mal einen Gang beim Bier auch reinzubringen, weil Bier kann geschmacklich genauso vielfältig sein und kann mit Aromen genauso toll spielen wie Wein. Nur das wird nicht erzählt. Diese Geschichten werden kaum erzählt, weil es einfach immer so ein bisschen dieses Standardprodukt zum Durstlöschen ist mit Freunden. Aber es ist nicht dieser Genussmoment und wir wollen das auch nicht überspitzen. Du kannst auch genauso dir von uns ein Fourpack Helles holen und es ist alles gut. Aber wir wollen eben schon diese Möglichkeit bieten, zumindest da so einzutauchen. Also wir haben ja mittlerweile auch Vier Gastronomien hier in Berlin und dort machen wir zum Beispiel auch ein Tasting Board mit einem kleinen Food Pairing dazu. Also du kriegst fünf Biere von sauer über hopfig bis dunkel und kriegst so einen kleinen abgestimmten Hubs dazu, der dir so ein bisschen zeigt, wie du auch mit den Geschmäckern der Sensorik spielen kannst. Und das ist total spannend und das ist für viele Menschen echt so ein richtiger Augenöffner, die sagen, wow, ich wusste gar nicht, dass Bier das kann.
Joel Kaczmarek: Ja, weil ich habe so darüber nachgedacht. Ich habe heute Morgen mir noch schnell Brötchen geholt im Supermarkt und dann stand einer vor mir und dann dachte ich so, okay, das ist etwas anderes Frühstück. Das ist dann so Boulevardzeitung und Bier. Guess what, war ein Bauarbeiter. Also ich finde, Bier assoziiert man auch oft Mit so einem gewissen Milieuhaftigkeit. Also ich denke da viel an Kneipe, ich denke da an Bauarbeiter oder Fußballverein. Ich weiß, als ich damals in meinem Studienort im Fußballverein war, hieß es danach mit einem Kasten Bier auf dem Parkplatz, was ich so das asozialste des Planeten fand. Deswegen, das ist eigentlich schade, dass dieses ganze Storytelling gar nicht so existiert, ne?
Katharina Kurz: Das mit dem Milieuhaften, was du gerade beschreibst, das ist genau das, warum, glaube ich, viele und nicht nur Frauen, auch viele Männer, die dann sagen, ich trinke lieber Wein oder ich bin gar nicht so der Biertrinker. Also ich glaube, dass es wirklich nur in den wenigsten Fällen tatsächlich mit dem Geschmack zu tun hat, dass du sagst, das Herbe, das Hopfige, das mag ich nicht, weil es gibt ja auch trotzdem ganz andere Bierstile, die nochmal andere Charakteristiken haben, sondern ich glaube, es ist tatsächlich so, kulturell gelernt, ob du dieses Getränk magst oder nicht.
Joel Kaczmarek: Würdest du denn sagen, dass es volkswirtschaftlich betrachtet attraktiv wäre, wenn mehr Bier getrunken wird? Weil ich finde, so ehrlich sollten wir ja auch sein. Was ist Alkohol in der Regel, wenn man jetzt nicht gerade alkoholfreies Bier trinkt? Also Alkoholismus irgendwie ernstes Thema. Ich glaube, es macht ja auch halbwegs dick, ist ja nicht Östrogen drin oder so. Ich weiß gar nicht, ob es eigentlich gesund ist, Bier zu trinken. Also bei Wein wollte man das ja auch mal erzählen. Was ist denn da so deine Haltung zu?
Katharina Kurz: Das war jetzt dieses Jahr großes Thema, dass man früher immer noch gesagt hat, so ein Glas Rotwein oder ein Bier ist gesund. Da sind natürlich die lobbyigen Verbände der jeweiligen Branchen auch immer ganz vorne mit dabei. Das möchte ich mir jetzt gerade nicht anmaßen. Wir stehen mit BRLO für bewussten Genuss. Und das merkst du auch, wenn du dir, wir haben ja hier einen großen Biergarten am Gleistreich in Berlin und du merkst es einfach auch am Publikum, dass wir jetzt nicht Junggesellenabschiede und Saufgelage hier bekommen. Wir zeigen auch immer auf großer Leinwand die großen Fußballturniere und selbst da ist es super angenehm und gesittet. Also das heißt, wir schaffen es glaube ich, wahrscheinlich muss man fairerweise dazu sagen, auch durch ein gehobeneres Preisniveau. Aber wir schaffen es trotzdem, glaube ich, auch diesen Markenansatz und diesen Fokus auf bewussten Genuss nicht in das große Besäufnis zu kommen. Und das ist mir auch wichtig. Und ich glaube, bewusster Genuss, da kann ich voll dahinter stehen.
Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal so ein bisschen Number Crunching machen. Wie viele Menschen arbeiten denn eigentlich in deinem Team so? Wie viele Kronkorken habt ihr am Ende des Jahres, wenn ihr alle eure Bierverkäufe mal anguckt? Vielleicht hast du ja mal so ein paar Zahlen.
Katharina Kurz: Ja, also wir sind ungefähr 150 MitarbeiterInnen. Davon ist aber der Großteil, muss man sagen, in den Gastronomien. Also mit vier eigenen Läden, davon haben wir hier unser Brauhaus am Gleisdreieck mit Biergarten. Da haben wir natürlich die meisten Teammitglieder. Das geht dann in der Biergartensaison nochmal ganz ordentlich nach oben, wenn du dir so den Kern anguckst. Brauerei, Verwaltung, Sales sind wir so um die 30. In Kronkorken, also die große Währung im Bier, da muss ich mich echt auch dran gewöhnen. Hektoliter, ne? Hektoliter, genau. Wir haben am Anfang immer, als wir aus dem Kofferraum heraus noch verkauft haben, haben wir immer einfach in Kisten gerechnet, weil das war dann irgendwie, als der erste Kunde uns irgendwie zehn Kisten auf einmal abgenommen hat, war das noch, oh mein Gott. Und wir haben uns wirklich dann so ein bisschen über die Jahre dazu gezwungen, auch in Hektoliter zu denken. Und wir sind so bei 20.000 Hektoliter. Das ist verteilt über Flasche, über Fass. Wir machen auch Bier in Dosen, machen auch so ein bisschen Lohnbrauer. Das heißt, wir brauen auch für andere kleine Brauereien, die vielleicht keine eigene Brauerei haben oder die uns auch mit unserem qualitativen Ansatz vertrauen. Wir sind zum Beispiel für alkoholfreies Bier mittlerweile echt bekannt. Und ja, das sind so ein bisschen kleine Eindruckanzahlen bei uns.
Joel Kaczmarek: Und hilf uns mal so das in Relation zu setzen zum Markt. Also wenn man sich die Großen anguckt, das ist glaube ich astronomisch viel mehr, aber wahrscheinlich auch mit einem viel niedrigeren Preispunkt und so weiter.
Katharina Kurz: Und das ist auch ganz spannend. Wir sind so in dieser unabhängigen Kreativbrauerszene, würde ich jetzt mal sagen, gehören wir mit zu den größten in Deutschland. Aber wenn man dann sich mal anguckt, was das einfach noch für ein Unterschied ist. Also gerade auch viele bayerische Familienbrauereien, die sind definitiv über den 100.000 Hektolitern, weil die einfach so um den Kirchturm herum auch gewachsen sind. Und wenn du dir die größten Brauereien in Deutschland anguckst, ganz viele von denen sitzen da im Sauerland, also irgendwie auch NRW, wo einfach damals auch ein unglaublicher Bierdurst war. Das ist schon Wahnsinn, wie sehr das auch regional dann über viele Jahrzehnte und teilweise Jahrhunderte auch gewachsen ist.
Joel Kaczmarek: Also ich gucke jetzt gerade mal auf so eine alte Übersicht aus dem Jahr 2013, also auch schon wieder zehn Jahre alt, aber einfach nur mal, um so mal die Marken sich anzugucken. Ich staune, es gibt ja so eine hohe Markenbekanntheit bei Bier eigentlich. Also wenn ich mal von oben nach unten runterlese, Oettinger, Krombacher, Bitburger, Felddienst, Becks, Hasseröder, Warsteiner, Radeberger, Paulaner, Erdinger, Augustiner, Franziskaner, Jeva, Königspilsener. Also da steckt ja so viel drin. Wie kommt es eigentlich, ich meine manche von dir sind jetzt auch in Gruppen zusammengepasst, also Radeberger ist ja zum Beispiel eine Gruppe und dann diese InBev oder wie die heißt. Wie kommt es, dass da nicht viel mehr Konsolidierung auch stattgefunden hat über die Jahre? Du könntest ja locker hingehen und sagen, ich kaufe mal vier Marken zusammen und hast wahrscheinlich auf einmal 30 Prozent des Marktes.
Katharina Kurz: Also es gibt schon relativ viel Konsolidierung. Ich finde es auch einen spannenden Ansatz und frage mich auch immer, ob das wirklich so sinnvoll ist. Man kann schon beobachten, dass es eben nicht zu so einer Monobrand-Strategie gegangen ist, sondern dass eine große Braugruppe gesagt hat, hey, wir brauchen jetzt noch einen Weizen und ein Weizen wird aber nicht unter meiner Marke funktionieren, dann kaufe ich mir doch noch eine bekannte Weizenbrauerei dazu. Wo, glaube ich, die Konsolidierung vor allem stattgefunden hat, ist im Backend sozusagen. Also das heißt, dass Brauanlagen stillgelegt wurden, da Synergieeffekte geschaffen wurden, dass innerhalb der großen Braugruppen dann eben Volumen hin und her zwischen den verschiedenen Standorten geschifft wird. Tatsächlich viele Marken. weiterhin bestehen bleiben. Ob das so sinnvoll ist? Ich würde das wahrscheinlich nicht so fahren. Also für mich ist BRLO so die Hauptmarke und da muss eigentlich alle Energie reinfließen. Und ich würde das jetzt als nicht so sinnvoll ansehen. Aber das war tatsächlich die Strategie der großen Braukonzerne. Und das geht dann weiter, weil eben die Hauptmarke meistens rückläufig ist. Geht das weiter mit, wir brauchen jetzt noch ein Spezi und eine Limo und gucken, was wir sonst noch an Getränken auf die Reise nehmen, weil es natürlich am Ende im Vertriebskanal und in der Logistik auch Synergieeffekte finden.
Joel Kaczmarek: Ja, das Interessante ist, ich überlege gerade so, ich habe mir die Tage mal wieder Spezi im Laden gekauft. Und da gab es ja auch diesen schönen Rechtsstreit. Jetzt haben sie sich geeinigt, dass mehrere diesen Namen benutzen dürfen. Und ich ertappe mich immer dabei, ich störe mich schon an diesen Flaschen. Weil ich finde, das sieht immer aus, als wenn man so ein Assi-Bier durch die Stadt trägt. Und dabei ist es eine fucking Limonade. Von daher, ich frage mich manchmal, warum auch bei der Verpackung nicht mehr gemacht wird. Lustigerweise stand ich dann am Supermarkt in der Kasse und dann stand da oben so eine Wodka-Flasche, wo du denkst, die wurde so von Da Vinci gemeißelt. So ein Kunstwerk, ja. Und du denkst so, hä? Gibt es da eigentlich mal auch in so eine Richtung Ambitionen, dass man was macht? Weil es ist immer diese hässliche braune Flasche, die so nach Baustelle aussieht.
Katharina Kurz: Sehr gute Frage. Als wir angefangen haben, dachten wir natürlich, nee, wir wollen eine eigene Flaschenform und das Etikett muss ganz besonders sein und was weiß ich. Und dann merkst du, wie schwierig das ist und wie teuer das vor allem bei einem kleinmarschigen Produkt ist. Wenn du in die hochwertige Spirituose gehst, wo du ohnehin in einem Einwegbereich unterwegs bist. Das heißt, die Flasche wird danach einfach weggeschmissen. Da kannst du das machen. Bier in Deutschland funktioniert nur im Mehrweg. Und das Mehrwegsystem hat nochmal ganz, ganz eigene Tücken, die man am Anfang auch vollkommen unterschätzt. Was wir eben machen, wir nutzen diese Standard, die heißt 0,33 Liter Longneck. Es ist so ein bisschen Fluch und Segen. Natürlich ist es toll und nachhaltig, glaube ich, vor allem um deinen Kirchturm herum, wenn du wirklich Flaschen mehrmals wiederverwendest. Aber durch diese ganzen Individualflaschen, die mittlerweile dazugekommen sind, ist es absurd, was das eigentlich an Logistik hin und her und Sortierung am Ende auch an Kosten verursacht. Also ich glaube, unterm Strich ist es richtig, dass wir uns damit befassen, wie können Dinge wiederverwendet werden und was ist der richtige Weg. Ob durch die ganzen verschiedenen Sonderwege das alles immer dann am Ende perfekt ist, ist die andere Frage.
Joel Kaczmarek: Jetzt hast du ja eben von deiner Gastronomie erzählt. Schauen wir uns doch die jetzt mal näher an. Wie läuft das so für euch? Was ist auch die Kalkulation? Weil Gastro ist ja gar nicht so einfach. Gerade nach Corona Personal finden. Es ist ja auch ein ganz anderes Geschäft, wenn wir ehrlich sind. Produkte abfüllen und an einen Verkäufer schicken oder selbst verkaufen ist ja was ganz anderes als Kunden bewirten.
Katharina Kurz: Das stimmt. Es ist ein komplett anderes Geschäft. Es erhöht auch definitiv unsere Komplexität um ein Vielfaches. Und ehrlich gesagt, wir haben auch ganz oft immer diskutiert, sind wir jetzt eigentlich ein Bier oder sind wir ein Gastronomieunternehmen? Und wir haben es ganz klar für uns definiert, wir sind eine Brauerei und Biermarke, die aber Erlebnisse auch bietet. 2017 haben wir angefangen mit unserer ersten Gastronomie. Wir haben diesen wunderbaren Ort am Gleisreich gefunden. Wir sind hier in einer temporären Nutzung. Das heißt, jemand hat uns diesen Ort angeboten, mitten in der Stadt, an einem Park und meinte, hey, hättet ihr nicht Bock, hier irgendwie eine Brauerei und Gastronomie aufzubauen? Aber irgendwann müsst ihr hier wieder runter. Hier kommen irgendwann fünf große Bürogebäude hin, aber in der Zwischenzeit wäre das ganz cool. Und wir haben uns so in diesen Ort verliebt und haben dann ein Konzept entwickelt, aus Schiffscontainern dieses Gebäude zu bauen. Also es steht hier aus 38 gebrauchten Schiffscontainern, kann man sich nicht so ganz vorstellen, ist aber sieht ziemlich cool aus, architektonisch auch echt spannend. Und gleichzeitig wussten wir, hey, nur für eine Brauerei lohnt sich der Aufwand hier nicht. Wir müssen hier eigentlich auch einen Ort schaffen, wo Leute gerne hinkommen und auch unser Bier dann und die Marke erleben können. Und so haben wir eigentlich gesagt, okay, lass uns doch hier eine Gastro machen. Und zu dem Zeitpunkt kam auch Ben dazu, mein Co-Geschäftsführer, der eigentlich gelernter Koch ist, sehr viel in der Sterne-Gastronomie, auch sehr viel in der Streetfood-Szene unterwegs war. Und dann haben wir gesagt, hey, lass uns doch mal gemeinsam ein Konzept hierfür entwickeln. Jetzt sind wir ja schon dieses Bier mit dem komischen Namen, das keiner aussprechen kann und wir sind in Berlin und wollen eigentlich alles anders machen. Lass uns doch auch mal schauen, wie wir Brauhausküche nochmal neu definieren können, ein bisschen einzigartiger machen können. Und so sind wir eigentlich mit dem Konzept angetreten, wir machen Fokus auf Gemüseküche. Kreative Gemüseküche, fermentiert, im Salzteig gebacken, also wirklich ganz tolle Gerichte. Und es gibt auch Fleisch, weil wir wollen auch nicht dogmatisch rankommen, aber Fleisch ist so ein bisschen bei uns die Beilage. Also wir haben das umgedreht und haben gesagt, wir möchten so ein bisschen Fleisch dazu haben, also nicht den beilagenden Salat. Weil es wirklich auch wunderbar zur Aromatik von Bier passt. Und gerade auch diese verschiedenen Biersorten, die wir haben, bildet das ganz toll ab. Als wir 2017 damit gestartet sind, haben viele gesagt, ihr spinnt. Brauchst Gastronomie, ihr braucht doch eine Bulette und was weiß ich, man in Berlin irgendwie noch damit definiert. Genau das ist aber total eingeschlagen wie eine Bombe. Also wir ziehen hier eben ganz, also ich weiß nicht, wie oft du sagst, du gehst ins Brauhaus mit deinen Freunden. Wir kriegen hier zum einen Leute, die wegen Bier hier kommen, wir bekommen aber auch viele Foodies, die wirklich wegen Essen kommen und dann gibt es Leute, die wegen Ort kommen und dann überrascht von beidem sind, was wir noch so bieten. Das hat uns, glaube ich, wirklich auch nochmal einen anderen Bekanntheitsgrad gegeben, wo viele sagen, hey, das finde ich echt cool, dass ihr auf die Kulinarik genauso viel Aufmerksamkeit legt eigentlich wie aufs Bier.
Joel Kaczmarek: Ich staune einfach insofern, es gibt ja in Charlottenburg auch einen Laden von euch und wenn ich da reingegangen bin, dann sind es zwei Sachen, die ich assoziiere, Bier und Brathähnchen. Also hier dachte ich mir so, ach guck, Bräuner und Bier, das ist ja hier was. Gemüse hätte ich jetzt gar nicht gedacht.
Katharina Kurz: Ja, pass auf, es gibt eine Entwicklung da hinten. Also das ist so unser Flaggschiff hier. Wir haben dann 2018 kam unsere zweite Gastronomie dazu und zwar im KDW. Da sind wir ganz bewusst hier in die sechste Etage gegangen, in der Fressmeile sozusagen. KDW ist so super oldschool, alter Westen, versucht aber auch sich neu zu erfinden. Wenn wir da jetzt mit so einem hipster Gemüsekonzept kommen, könnte es sein, dass wir da nicht lange sind. Diesen Ort, den wir dann neu bespielen sollten, da war bis vor einiger Zeit davor ein Hühnchengrill. Das war irgendwie so der demokratische Treffpunkt, weil KDW ist ja auch so ein bisschen Champagner und Austern und am Hühnchengrill, da konnte sich aber irgendwie noch jeder leisten. Und dann dachten wir, hey, dann lass uns doch den Hühnchengrill zurückbringen, aber in geil. Und dann sind wir da, haben wir wirklich eine Hühnchenkriege gekauft und haben ein Konzept gemacht, so Keycock-Maishähnchen, wirklich unglaubliche Qualität. So ein halbes Hähnchen kannst du eigentlich zu zweit essen und haben gesagt, hey, wenn, lass uns wieder mit dem gleichen Qualitätsanspruch an dieses Konzept rangehen. Und in Charlottenburg, auch wieder so ein bisschen ein Schritt in den Westen, haben wir eigentlich gesagt, Charlottenburg soll so ein bisschen unsere Blaupause werden. Wie wollen wir es eigentlich skalieren? Wie wollen wir, wenn wir irgendwann hoffentlich 10, 20 Brauhäuser haben, mit welchem Angebot gehen wir dahin? Und das war auch der Versuch, so ein bisschen die Essenz von dem, was wir da entwickelt haben aus diesen beiden Läden zu destillieren, auch nochmal ein bisschen einfacher zu machen, weil im Gleisdreieck, im Flagship kochen wir wahnsinnig aufwendig, riesen Küchencrew, auch viel Kopfschmerzen dabei. In Charlottenburg haben wir tatsächlich so eine Mischung gemacht aus dem Gemüsekonzept und den Grillhähnchen. Und wir sind aber gerade wirklich in so einer Findungsphase, dass wir manchmal auch sagen, hey, vielleicht machen wir es uns auch zu kompliziert. Und vielleicht müssen wir den Leuten auch ein bisschen mehr geben, was sie wollen. Deswegen, wenn du Grillhähnchen gesehen hast, ist das momentan auch dort der Bestseller.
Joel Kaczmarek: Ich finde es charmant, ich stelle mir das gerade vor, die ganzen Austern-Schlürfer da mit so ein bisschen Brathändel-Schocken.
Katharina Kurz: Das müssen wir eigentlich mal nach München bringen, oder? Was meinst du so? Chicken und Bier?
Joel Kaczmarek: Ja, ich habe auch gerade gedacht, die Preußen rücken in München ein und erklären den Krieg hier mit euren Brauereien.
Katharina Kurz: Genau. Aber um nochmal auf deine Eingangsfrage zurückzukommen, warum machen wir das eigentlich? Wir haben gemerkt, dass es ein total toller, zum einen Vertriebskanal ist, also verkauft man schön viel Bier, könntest jetzt sagen, such dir doch irgendwie andere Gastronomien, die dein Bier verkaufen und dann hast du den ganzen anderen Kopfschmerz nicht. Aber gleichzeitig ist es für uns auch ein Markenort. wo wir unser Konzept erklären, wo wir diese Biervielfalt weiterbringen können, wo wir unser Design, unser Personal, unsere Gästeansprache auch einfach haben. Das ist, glaube ich, wirklich das Einzigartige, dass du wirklich so ein Markenerlebnis schaffen kannst. Und wenn du das profitabel machen kannst und gleichzeitig da noch ganz viel Bier verkaufst, dann ist das gut. Und deswegen machen wir das eigentlich. Es erhöht die Komplexität enorm. Aber unserer Meinung nach bringt es die Marke wahnsinnig nach vorne. Und wir haben hier in Berlin ungefähr 350.000 Gäste, Gästinnen jedes Jahr, davon auch viele, viele Touristen. Und das ist natürlich auch so ein bisschen die Hoffnung, dass das dann auch zurückgetragen wird. Wir verkaufen mittlerweile auch ein bisschen im Export und darauf wollen wir auf jeden Fall noch mehr aufbauen. German Beer Berlin Attitude nennen wir es immer.
Joel Kaczmarek: Kannst du denn im Jahr 2024 Gastronomie eigentlich gewinnbringend durchführen, wenn nicht alles so Schwarzarbeit durchsetzt ist oder du halt riesige Preise hast, weil alle Restaurants, die ich immer so sehe, ist ja immer ganz lustig, wenn man da so reinmarschiert. Ich hatte mal einen Podcast auch hier mit dem von Luca App. Und er hat mir auch genau erklärt, wie das alles mit dem Schwarzgeld in den Buden funktioniert. Und wenn ich mich dann mal so, mein Vater hatte früher viel mit Gastronomie zu tun, der hat mir immer gesagt, du Joel, die würden alle gar nicht überleben ohne Schwarzgeld. Das ist irgendwie, ist einfach nicht realistisch. Plus jetzt nochmal verschärft, die Lebensmittelkosten gestiegen, dann haben sie die Mehrwertsteuer gesenkt. Ich weiß gar nicht, ob die jetzt wieder angehoben wurde, sollte ja eigentlich.
Katharina Kurz: Ja, ist wieder angehoben worden.
Joel Kaczmarek: Also das ist ja Schon ein Minenfeld. Ich will jetzt nicht aufrufen, dass man irgendwie den Staat betrügen soll, aber eine Gastronomie gut zu betreiben, dass die Gewinnabwürfe, ist glaube ich schon sportlich, oder?
Katharina Kurz: Ja, es ist mega sportlich. Wir haben noch keinen einzigen Euro Schwarzgeld jemals gemacht. Damit sind wir natürlich nicht angetreten. Aber klar, das ist natürlich in vielen kleinen Familienbetrieben so ein bisschen gewachsen. Aber ja, die letzten vier Jahre waren echt tough. Du hast natürlich Corona gehabt, dann hast du ganz viele gesamtwirtschaftliche Effekte gehabt. Du hast Mindestlohnerhöhungen gehabt und zwar in riesigen Schritten. Ja, über die letzten Jahre. Und das ist ja alles aus Arbeitnehmersicht und gerade wenn du dir die Inflationsraten in den letzten Jahren angeguckt hast, auch richtig. Wenn du dir anguckst, auch welche Wertschätzung Leute der Gastronomie gegenüber auch in Deutschland haben, wo auch gerne mal gemeckert wird, warum ist das jetzt so teuer und warum kostet die Cola so viel? War das echt, also die Personalkosten sind uns wirklich davon galoppiert. Und das Problem ist ja, dass eine Mindestlohnanhörung immer dazu führt, dass alle mehr wollen. Weil du dann sagst, hey Moment, jetzt verdient der ja auch genauso viel wie ich früher, ich möchte bitte auch mehr. Und das ist so ein Leitereffekt, der sich irgendwie durch alles zieht. Dann hattest du ganz genau, die Mehrwertsteuer wurde ja temporär gesenkt auf Essen, von 19 Prozent auf 7 Prozent. Was eigentlich EU-konform ist. Das heißt, in fast allen EU-Ländern hast du auch einen reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Essen, auf Speisen in der Gastronomie. Das war eine Erleichterung während Corona, aber gleichzeitig sind ja die Preise nicht nur für Personal, sondern auch für Rohstoffe, für Essen ist alles auch angestiegen. Diese Rückerhöhung im Januar diesen Jahres zusammen mit Mindestlohnerhöhung, das war echt hart. Und gleichzeitig hast du Leute, die sagen, hey, ich habe nicht mehr so viel netto vom Brutto und ich spare beim Restaurantbesuch, muss man ganz klar sagen. Die Gastronomie insgesamt ist echt in einer schwierigen Situation und ich glaube, dass dass momentan sich nur gut durchstrukturierte und organisierte Läden, die vielleicht auch ein paar mehr Läden haben, halten können, die quasi ihr Backoffice auch gut verteilen, gute Einkaufskonditionen haben oder eben die, wo der Besitzer selbst 24-7 im Laden steht. Aber es ist gerade echt ein schwieriges Pflaster.
Joel Kaczmarek: Ja, ich finde es aus so unterschiedlichen Perspektiven irgendwie so schwierig. Also aus Konsumentensicht geht es mir so, dass wenn ich irgendwie Sushi essen gehen will und zahle 40 Euro mittlerweile, das finde ich irgendwie ein bisschen von einem anderen Planeten. Und also früher war es so, wenn du in der Mittagspause von der Firma essen gegangen bist, bist du eigentlich für 10 Euro irgendwie durchgekommen in Berlin. Mittlerweile sind wir eher bei 20 bis 25. Das ist mal so die schmerzhafte Seite auf der einen Seite. Auf der anderen Seite ist es genauso wie du, dass ich mich schon auch manchmal frage, auch mal so rein von dem Zeichen, was man setzt, verstehe ich manchmal nicht, warum sie bei den kleinen Restaurants immer einreiten mit irgendwie Zoll und große Bambule, weißt du, und die ganzen Großen, die im viel größeren Stil die Steuern hinterziehen, da passiert nichts. Also da ist jetzt so eine andere Diskussion, ja, aber so von dem, was da passiert, ist es schon an vielen Stellen unfair. Und wenn du dann das erste Mal bei deinem Lieblingsitaliener oder Burgerladen stehst und dann steht da, wir öffnen erst um 17 Uhr, Personalmangel, bin ich, kommt man schon ins Grübeln, ne?
Katharina Kurz: Personalmangel war vor allem nach Covid frappierend, weil viele dann irgendwie in andere Berufe gegangen sind und gesagt haben, ach, ist ja eigentlich auch ganz nett und kann ich mit ein bisschen weniger Stress das Gleiche verdienen und sind viele nicht zurückgekommen. Das hat sich wieder ein bisschen geändert. Also es kommen wieder mehr in die Gastronomie, aber einfach zu sehr viel höheren Preisen. Viele auch ungelernte Menschen, wo du echt sagst, okay, ich habe zwar jetzt genug Leute, aber es sind jetzt keine ausgebildeten Restaurantfachleute. Eigentlich, wenn du dir mal so ein Traumbudget von der Gastro irgendwie anguckst, dann hast du ungefähr 10 Prozent Miete, dann hast du 30 Prozent Personalkosten, dann hast du einen Wareneinsatz von 25 Prozent und dann hast du noch ein paar sonstige Kosten und dann sollte eigentlich gut was übrig bleiben. Und das ist mittlerweile nicht mehr machbar. Also vor allem die Personalkosten sind bei den meisten Restaurants und meisten Gastronomien gehen eher Richtung 40 Prozent. Und was man auch nicht vergessen darf, also du hast zum einen wahnsinnig viel Konkurrenz. Du hast einfach dieses ständige, du musst jeden Abend abliefern. Es macht trotzdem wahnsinnig viel Spaß, also wenn man auch merkt, wie viele Menschen man irgendwie satt und glücklich und mit ein paar Bieren intus, die einem ein bisschen Horizont erweitern im guten Sinne. Macht das auch Riesenfreude.
Joel Kaczmarek: Was sind denn bei euch sonst noch so eigentlich die Dinge, die ihr tut oder wo ihr vielleicht noch Möglichkeiten habt? Also ich denke gerade an sowas wie, ihr könntet Tasting-Sets verschicken, ich kann mir einen Bier-Adventskalender gut vorstellen.
Katharina Kurz: Das ist doch alles.
Joel Kaczmarek: Ja? Macht ihr sowas auch? Nein, ihr macht das nicht, oder?
Katharina Kurz: Nee, Bier-Adventskalender haben wir. Digitale Tastings haben wir während Covid viel gemacht. Also das war echt spannend. Teilweise dann auch mit 200 Leuten so Firmen-Tastings, wo wir einfach Sets verschickt haben. Da hat, glaube ich, das Interesse natürlich abgenommen, weil man jetzt irgendwie wieder in Real Life zusammenkommt. Aber wir versuchen da wahnsinnig viele verschiedene Dinge. Zum einen, was so für uns echt große Themen sind, ist auch Digitalisierung und vor allem Customer Relationship Management. Also wie schaffen wir es eigentlich, diese 350.000 Leute, die bei uns da jedes Jahr in die Läden rennen, Lust haben, uns ihre E-Mail-Adresse zu geben, mit uns in Kontakt zu bleiben. Wie schaffen wir es auch, dass die verstehen, wer wir eigentlich sind, ja? Dass du nicht nur hier im Biergarten sitzen kannst und dein Helles trinkst, sondern dass du uns auch im gut sortierten Edeka findest oder uns online bestellen kannst. Dass du vielleicht Lust hast, bei neuen Specials, bei neuen speziellen Bieren, die wir rausbringen, vielleicht mal als erstes eine Kostprobe zu bekommen. Also das ist ein Riesenthema für 2025 für uns, wo wir rein investieren werden. Ansonsten bringen wir bestimmt wieder ein paar spannende Biere raus. Wir wollen sehr viel mehr nochmal in das Thema alkoholfreie Biere reingehen, weil wir da einfach merken, dass das unglaublich wächst. Und das Thema alkoholfrei war immer so nicht so sexy. Also ein alkoholfreies Bier, ich habe das auch immer ehrlich gesagt früher nicht verstanden. Ich dachte immer so, hey, wenn ich heute nichts trinken will, dann trinke ich eine Apfelschorle und brauche auch nicht so ein Fake-Bier. Früher waren aber auch viele alkoholfreie Biere geschmacklich noch nicht so spannend. Und jetzt mit neuen Hefesträngen, mit neuen Methoden aus dem Craft-Bier, dass man nochmal Kalthopfen nennt man das, dass man nochmal Hopfen bei der Lagerung des Bieres hinzugibt, bekommst du super spannende Biere raus, die echt wie ein Bier schmecken. Und da werden wir auf jeden Fall noch sehr viel mehr reingehen, um auch diesen Trend alkoholfrei mehr abzubilden.
Joel Kaczmarek: Aber löst dir das denn so deine Themen eigentlich? Also du kommst ja jetzt mit, ich mach noch mehr Bier, ich mach noch mehr alkoholfrei, ich guck, dass ich nochmal hier und da was tweake, da drehst du ja nicht an richtig großen Rädern, du bist ja immer noch in dem gleichen Apparatus. dann wie die Hektoliter-Millionen-Produzenten auch.
Katharina Kurz: Das stimmt. Wir machen natürlich zum einen viel im nicht sichtbaren Bereich, dass wir weiter daran arbeiten, wie können wir effizienter einkaufen, wie können wir effizienter brauen oder wie läuft uns das Bier nicht ab durch gute Bestandsplanung. Das zum einen. Und zum anderen geht natürlich viel Hirnschmalz auch in das Thema Marketing. Da geht noch viel, aber natürlich, wir sind immer noch im Bierbereich, wir sind immer noch im Biermarkt, wollen uns da eben ganz klar absetzen, neue Zielgruppen erschließen, neue Leute für das Thema auch begeistern, die sonst eigentlich Bier nicht spannend finden. Ich glaube, wir haben da noch sehr, sehr viel Potenzial.
Joel Kaczmarek: Wird es denn von Katharina Kurz irgendwann mal einen BRLO Gin geben oder einen BRLO Spezi oder you name it?
Katharina Kurz: Wir denken da immer mal wieder drüber nach, sei das irgendwelche Spirituosen oder Cocktailkonzepte. Es muss aber super gut durchdacht sein und du kannst dich auch echt schnell verzetteln. Und gerade haben wir gesagt, hey, Fokus und wir machen das, worin wir gut sind. Eine Fassbrause wird es geben nächstes Jahr. Wir machen das sehr mit Bedacht, weil wenn du es richtig machen möchtest, dann sind das auch wieder große Budgets dahinter. Deswegen versuchen wir die Makels gerade noch nicht zu weit auszuweiten.
Joel Kaczmarek: Wie hast du denn eigentlich die ganze Party finanziert über all die Jahre, sag mal?
Katharina Kurz: Das Schöne ist ja bei Brauereiequipment, dass man sowas auch klassisch über Bankkredite finanzieren kann. Das ist ja bei vielen Digital-Startups komplett unmöglich. Das heißt, wenn du Sicherheiten dahinter hast, geht das natürlich auch. Dann haben wir natürlich auch Investoren, also Fremdgesellschaft da drin. Oder Business Angels, je nachdem wie man es nennen möchte. Also es sind keine aus der Brauereibranche oder keine großen Konzerne oder VCs. Das sind eher so Family Offices. Das war uns auch immer wichtig, dass das Leute sind, die den Weg auch mit uns mitgehen und die auch verstehen, dass so ein Markenaufbau Zeit braucht. Gerade im Getränkebusiness. Dann haben wir so die ganze Klaviatur von Förderung bis Leasing, Mischfinanzierung würde ich sagen.
Joel Kaczmarek: Wie oft wurdest du denn eigentlich schon gefragt, ob du dich verkaufen möchtest, von einem anderen Brauerei-Betreiber oder Betreiberin gekauft zu werden?
Katharina Kurz: Kann ich jetzt natürlich nicht sagen. Nein, aber es ist tatsächlich gar nicht so wirklich passiert, weil wir bisher da auch nicht aktiv die Fühler danach ausgestreckt haben. Und glaube ich, Leute immer gemerkt haben, dass wir da noch ganz schön Spaß an der Sache haben und das jetzt auch nicht so aufgezogen haben, dass das jetzt direkt wieder verkauft werden soll.
Joel Kaczmarek: Und jetzt sag mal, jetzt habe ich dir noch gar nicht aus den Rippen geleiert, wie man eigentlich Marketing macht, wenn man ein so umkämpftes, roter Ozean hast du gesagt, Produkt hast. Also was ist denn da der Trick? Macht ihr einfach die ganz normale Social und bezahlte Sucheklaviatur oder habt ihr geile InfluencerInnen, die da irgendwie sich hier so ein Bier hinterkippen? Was ist denn da so das kleine Einmaleins der Biervermarktung?
Katharina Kurz: Also die Kanäle sind natürlich klassisch. Also Social ist für uns auf jeden Fall das Allerwichtigste. Influencer-Marketing ist gar nicht so einfach im Bierbereich. Also das ist jetzt nicht so der No-Brainer, wie das vielleicht andere Direct-to-Consumer-Marken haben. Das Spannende bei uns ist, dass wir wahnsinnig viel zu erzählen haben. Also dass ganz viele Leute, Brands mit der Marke resonieren. Wir verbindet ja auch Menschen und erweckt ganz viel Fantasie und wir sind wirklich in einer Luxussituation, dass teilweise Agenturen auf uns zukommen und sagen, ich habe da eine Idee, kann ich die euch mal pitchen? Wo du sagst, normalerweise musst du erstmal Geld zahlen und sagen, Hilfe, ich brauche Ideen und spricht aber, glaube ich, für die Marke, dass sie so aufgeladen ist und auch so viel Potenzial bietet, dass sich andere Leute daran andocken und Ideen entwickeln. Und das haben wir über die Jahre einfach, glaube ich, durch diesen Mischmasch aus Einzigartigkeit, gutes Design im Biermarkt, Social-Media-Aktionen, die gut angekommen sind, den Orten, die du hier erleben kannst. Und auch diesem Thema Challenging Stereotypes, dass wir Sachen anders machen. Wir machen auch Bier und Fußball, aber wir machen natürlich Frauenfußball. Also wir sponsern natürlich auch den FC Viktoria. Und genau das sind, glaube ich, die Dinge, die im Gedächtnis bleiben.
Joel Kaczmarek: Darf man denn eigentlich für Bier überall munter werben, auch auf Social? Oder gibt es da wegen Alkohol und Co. harte Einschränkungen?
Katharina Kurz: TikTok gibt es harte Einschränkungen. Da musst du sehr kreativ unterwegs sein. Ist aber ehrlich gesagt auch noch nicht unser Kanal. Instagram, Facebook und Co. ist bisher okay. Der Trend auch im Fußball geht ja bei vielen hin zu alkoholfrei bewerben, 0-0 bewerben. Aber es ist, glaube ich, in Deutschland noch über die Maßen erlaubt.
Joel Kaczmarek: Gibt es in Stadien eigentlich auch diese Verträge wie bei Restaurants, dass dann jetzt eine Brauerei hinkommt und sagt, hier, wenn Hertha spielt, dann kommt bitte nur das Tier ins Becherchen?
Katharina Kurz: Na klar, es ist teuer, sehr teuer.
Joel Kaczmarek: Aber gut, Bier im Stadion ist jetzt auch nicht ganz günstig, von daher war ja krass verrückt. Hey Katharina, aber das war doch eine schöne Reise, also da habe ich ja jetzt ganz viel mitgenommen. Vielen, vielen Dank.
Katharina Kurz: Hat Spaß gemacht, danke dir.
Joel Kaczmarek: Ja, mir auch. Toll mit dir, viel Erfolg vor allem weiterhin.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Unternehmertum: Denn getreu dem digital kompakt Motto "Lerne von den Besten" trifft sich Joel in freudiger Regelmäßigkeit mit den erfolgreichsten Unternehmer:innen aus der Startup- und Digitalwirtschaft. Egal ob Scale-up, Soonicorn, Unicorn oder erfolgreicher Mittelständler – in unseren Episoden zu Unternehmertum lassen dich die Besten hinter ihre Kulissen blicken und nehmen dich mit auf eine Reise zur Strategie, Entstehung und Entwicklung ihrer Firmen.