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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Legal- und Text-Podcast von Digita Kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und wir sind ja in der letzten Folge ein bisschen mit so einem Cliffhanger quasi geendet. Wir haben irgendwie erzählt, wie man eine Verkaufsverhandlung vorbereitet. Und jetzt gehen wir natürlich alle danach zu wissen, okay, wie läuft das denn dann genau ab? Wie bestimme ich eigentlich einen Kaufpreis? Wie entscheidet sich, wie viel ich mit meiner Firma verdienen kann? Da steigen wir heute ein. Und wenn ich wir sage, bin ich wieder in kompetent juristischer Begleitung vom guten Jörg Zetsch. Grüß dich, Jörg.
Jörg Zätsch: Hallo. Hallo.
Joel Kaczmarek: Wie immer. übrigens ein kleiner Hinweis am Anfang. Wir machen hier natürlich keine Rechtsberatung. Das heißt, alles, was wir hier sagen, solltet ihr immer noch mal verifizieren lassen. Also geht zu einem Anwalt, lasst euch beraten. Vielleicht ist das der Jörg, vielleicht habt ihr einen anderen. Das ist ganz, ganz wichtig. Das liegt uns am Herzen. Und man sollte da transparenzhalber auch sagen, wir haben auch eine Kooperation, der Jörg und ich. Sein CMS Hasche Siegle unterstützt uns mit einem Produktionskostenzuschuss, aber alles, was wir hier sagen, ist eigentlich wirklich voller Fokus auf hochwertigen Content. Es geht uns eher darum, dass man uns auf diesem Wege ermöglicht, dieses Format zu machen. So, aber zur Sache. Für alle, die irgendwie auf den Ohren gelegen haben in den letzten Folgen, was machst du? Was ist dein Daily Doing?
Jörg Zätsch: Mein Daily Doing ist Startups beraten in rechtlicher Hinsicht. Ich bin Anwalt, bin Partner bei CMS Hasche Siegle. Das ist eine der größten deutschen Wirtschaftsrechtssozietäten. Und in Berlin machen wir neben anderen Schwerpunkten vor allen Dingen Startup-Geschäft auch. Das sind Finanzierungsrunden, aber auch vermehrt Exits. Und deswegen kann ich sicher auch ein paar Dinge gleich nochmal zum rechtlichen Aspekten der Kaufpreisbestimmung sagen. Wir machen aber natürlich auch Intellectual Property, Steuerrecht, Employment, alles was so ein Startup gebrauchen kann.
Joel Kaczmarek: Also der juristische Baukasten von Anfang bis Ende, von Legal bis Steuer. Da merkt man, du hast sozusagen Filter schon gesehen und kannst das sehr gut überblicken. Lass uns doch dann gleich in medias res gehen. Wir haben beim letzten Mal darüber gesprochen, wie Anwälte und M&A-Berater helfen können in so einem Prozess und wie man sich eigentlich vorbereitet auf einen Exit. Jetzt wollen wir natürlich wissen Wie entscheidet sich eigentlich der Kaufpreis? Wie wird der gefunden? Wie ist da das juristische Vorgehen? Was gibt es da für Standardprozedere? Wie muss ich mir das vorstellen?
Jörg Zätsch: Also zunächst mal liegt es ja am M&A-Berater und an den Verkäufern, mal einen Unternehmenswert aufzurufen. Der orientiert sich oder wird abgeleitet zunächst aus anderen Transaktionen, die im Markt stattgefunden haben. Da gibt es Ressourcen, wo man schauen kann, was ist eigentlich so der Multiple, nennt man das, auf zum Beispiel Umsatz oder EBIT, EBITDA. Was wird da so als Kaufpreis erzielt? Und dann versucht man das auf die Gesellschaft zu übertragen, auch mit Hochrechnungen in die Zukunft, wo das Potenzial liegt, um dann zu einem Unternehmenswert zu kommen.
Joel Kaczmarek: Also so ein bisschen Benchmarking eigentlich am Markt. Wenn jetzt meinetwegen üblich ist, E-Commerce sind 1,5 Mal Umsatz und SaaS, was weiß ich, dann hält das her, plus man guckt sich an, was schon an Track Record gegangen ist. So ungefähr, genau. Jetzt habe ich ja dir gut zugehört, du hast ja in unserer letzten Folge gesagt, es gibt diese schöne juristische Regel, wer schreibt, der bleibt. Kann man den Kaufpreis auf dem Wege sozusagen auch ein bisschen positiv beeinflussen, indem man selbst versucht, die Aktivrolle zu übernehmen, was das Verfassen der Verträge angeht oder gibt es da eigentlich schon so ein gewisses Korsett?
Jörg Zätsch: Also es gibt natürlich gewisse Standards, in denen man sich bewegt. Wer schreibt, der bleibt, ist vor allen Dingen in einem Bieterprozess wichtig. Also wenn ich an mehrere Interessenten habe und wirklich einen kompetitiven Bieterprozess habe, dann ist es oft so, dass man von M&A-Beraterseite einen Prozess aufsetzt und sagt, okay, ihr könnt jetzt mal angucken, hier Due Diligence und bis dann und dann müsst ihr fertig sein. Das wird in einem sogenannten Process Letter geregelt. Und im Übrigen nennt ihr uns dann mit Ablauf der Frist bitte mal euer finales Angebot, was der Preis ist. Und ihr sagt uns auch, was ihr an Änderungen haben wollt für den Kaufvertrag, den wir mit den anderen Unterlagen in den Datentraum eingestellt haben. Also man würde dann bewerten, was rufen die auf als Preis, jeweilige Bieter, und man guckt sich an, ist der Markup, also die Änderungen des Kaufvertrages, sind die rot, blau und grün, wie schwerwiegend sind die eigentlich? Und daraus, aus dieser Melange, wird man sich dann für ein oder zwei Bieter entscheiden, mit denen man dann in die finalen Runden geht. Das heißt, wie kann ich es beeinflussen? Erstmal dadurch, dass ich beim Bieterprozess Vergleichbarkeit dadurch schaffe, ich lege einen Entwurf vor. Du kannst dir vorstellen, wenn man mit fünf verhandeln würde und sagt, ja, dann schickt mir mal jeder euren Vertrag, dann wird man wahnsinnig. Also da muss man im Treiber-Seed sitzen. Und ansonsten kann man sich natürlich strukturell ein bisschen überlegen, wie möchte ich eigentlich den Kaufpreis gestalten.
Joel Kaczmarek: Speaking about structure, man liest ja gerne mal in solchen Verträgen dann vom sogenannten Enterprise Value. Was ist das und wie ziehe ich das heran, um dann eigentlich den Kaufpreis sukzessive abzuleiten?
Jörg Zätsch: Also zunächst, wie gesagt, wird der Unternehmenswert festgelegt und der Erwerber, insbesondere wenn er ein Finanzinvestor ist, legt diesen Unternehmenswert oder Enterprise Value immer Cash- und Debt-Free fest. Was bedeutet das jetzt? Er stellt sich dieses Unternehmen sozusagen nackt vor, ohne Schulden und ohne Kasse. Das bedeutet, vom Unternehmenswert muss ich irgendwie auf den Kaufpreis kommen. Das mache ich dadurch, dass ich vom Unternehmenswert die Finanzverbindlichkeiten abziehe. Finanzverwindlichkeiten versteht man in der Regel zinstragende Verbindlichkeiten darunter, das bedeutet also Darlehen. Die ziehe ich also ab und ich rechne die Kasse drauf, also wie viel auf den Konten ist und komme dann zu einem Kaufpreis, dem sogenannten Equity Value. Und das wäre dann das, was zu zahlen ist. Und dann stellt sich natürlich die Frage in Einzelheiten, was sind genau Finanzverbindlichkeiten? Oft werden da noch andere Sachen mit reingenommen. Es gibt auch noch mal Korrektivposten über Working-Capital-Positionen. Was fällt ins Cash rein, sollte man auch genau bestimmen. Da mag es bei manchen E-Commerce-Modellen Themen geben. Also das muss genau bestimmt sein. Aber die wesentliche Frage ist, zu welchem Zeitpunkt bestimme ich das ein? Nehmen wir mal an, wir sind jetzt im September, würden im September verkaufen und unsere letzten Abschlüsse stammen vom 31.12.2016. Dann könnte ich zum 31.12.2016 verkaufen. Das wäre das wirtschaftliche Übergangsdatum. Das heißt, ab diesem Zeitpunkt stünden die Gewinne auch dem Erwerber zu. Dann würde ich natürlich gucken auf die Bilanz des 31.12.2016 und da schauen, was sind da für Finanzverbindlichkeiten und was ist da für Cash. Das heißt, ich kann eigentlich sehr genau bestimmen, wie der Kaufpreis ist. Es spricht im Übrigen auch für eine geprüfte Bilanz, haben wir im letzten Podcast darüber gesprochen, damit wir da sicher sind mit der Berechnung dieser Faktoren. Wenn man so etwas kauft auf Basis einer Bilanz, die in der Vergangenheit liegt, dann nennt man das Locked Box, eingepackte Packung oder wie auch immer man es nennt, verschlossene Box. Bedeutet, aus dieser verschlossenen Box darf natürlich danach auch nichts rausfließen. Das heißt, der Erwerber wird sich absichern gegen Ausschüttungen oder sonstigen Zufluss, den die Veräußerer, Gesellschafter haben aus der Gesellschaft. Das ist eine sogenannte No-Leakage-Klausel, die man hier vereinbart. Es darf nichts aus der Gesellschaft herausliegen, heraustropfen. Gleichzeitig wird er sich absichern und sagen, natürlich muss die Bilanz garantiert sein. Und zwischendurch bis zum Erwerbszeitpunkt, der jetzt ungefähr September, Oktober wäre, muss dieses Geschäft im Ordinary Course of Business geführt sein. Das ist so mal der Grundsatz. Für wen ist das gut, für wen ist das schlecht? Also es eignet sich natürlich eher für Modelle, wo man mit dem Kaufzeitpunkt der Unterschrift des Vertrages nahe am Abschlussdatum ist. Das liegt ja auf der Hand. Je weiter das Datum fortgeschritten ist, desto mehr fragt man sich, ist das eigentlich noch richtig, da der 31.12.2016. Und das andere Modell, nach dem man verkaufen kann, ist, dass man auf den Zeitpunkt des Vollzuges abstellt des Kaufvertrages. Also wir würden jetzt unterschreiben, nehmen wir mal an, da müsste das Kartellamt noch zustimmen. Wenn die Zustimmung da wäre, würde man den Kauf vollziehen, das sogenannte Closing. Und dann würde man auf das Closing Abschlüsse aufstellen oder zumindest die Finanzverbindlichkeiten und die Cash-Positionen überprüfen und dann zum Closing diese Berechnung durchführen. Das lässt so eine gewisse Unsicherheit natürlich, wenn man seine Finanzdaten nicht genau kennt. Wo stehe ich denn eigentlich mit Financial Debt und dem Cash? Aber so würde man es machen, wenn man auf den Closing-Tag abstellt.
Joel Kaczmarek: Und dass man diese Stichtagsbilanz vor dem Exit-Prozess macht, dass man zum Beispiel sagt, ich kann absehen, ich befinde mich im September, aus dem Dezember stammt mein letzter Jahresabschluss, meine letzte Bilanz. Da werde ich Diskussionen bekommen, dass ich dann hingehe und sage, ich beantrage den Wirtschaftsprüfer, eine Bilanz schon zu machen und das dann in den Verkaufsprozess mit reinzunehmen, ist eher unüblich?
Jörg Zätsch: Das gibt es auch. Ich weiß nicht, ob es üblich oder unüblich ist. Ich würde sagen, eher auf der unüblichen Seite, aber es kann Sinn ergeben. Wenn ich jetzt im September bin und es lässt sich leicht einen Abschluss erstellen und ich habe vielleicht große Veränderungen gehabt vom 31.12. bis jetzt, Gesellschaften im Ausland zugekauft oder sonst was, dann kann es ja mal sein, dass ich vielleicht einen neuen Abschluss mache und dem Käufer sage, guck mal, du musst dir überhaupt keine Sorgen machen. Neue geprüfte Abschlüsse und auf der Basis kaufen wir. Wir kaufen nämlich auf Basis Juni oder sowas. Und dann kann ich dieses Lockbox ab Juni machen. Aber es ist nicht so, dass jetzt, also Closing Accounts, das ist nichts Übles oder Großes vom Verkäufer. Skepsis zu sehen, weil man nicht weiß, was da rauskommt. Aber es lässt halt immer so, da wird halt nochmal drauf geguckt. Und die Regelungen sind dann so, dass das Management, wenn es noch drin bleibt, diese Abschlüsse aufzustellen hat. Und die Berechnungen von Cash on Debt, die werden dann beiden Parteien zur Verfügung gestellt. Dann können die innerhalb einer gewissen Frist überprüft werden. Wenn es dann einen Einspruch gibt, wird versucht, das gütlich beizulegen. Klappt das nicht, kommt der neutrale Wirtschaftsprüfer, also ein anderer dann, der möglichst bitte nicht auch den Käufer oder die Verkäufer berät. Und legt das für die Parteien dann verbindlich fest. Also da ist halt dann nochmal hinten ein Mechanismus dran, um das Ganze abzusichern. Und deswegen wird auch der Kaufpreis, der bei Closing gezahlt wird, der sogenannte vorläufige Kaufpreis, der wird ein bisschen niedriger sein meist als die Berechnung, die man so projiziert hat von Cash und Debt. Damit man, wenn man dann feststellt bei den Closing-Accounts, Der Kaufpreis war zu hoch. Oh, jetzt müssen wir was rückverlangen, der vorläufige Kaufpreis. Das ist eine Situation, die man nicht haben möchte und deswegen nimmt man den ein bisschen runter. Auf jeden Fall versucht man nicht, dass er viel zu hoch ist als angenommen.
Joel Kaczmarek: Okay, aber dann höre ich da eigentlich raus, Closing Accounts ist eigentlich der Standard, wenn nicht der Exit-Zeitpunkt kurz hinter der letzten Bilanz lag, wo ich dann auf Lockbox gehen kann.
Jörg Zätsch: Ja, man könnte es wahrscheinlich so vereinfachen. Es ist immer eine Frage, auf welcher Seite man steht. Aber so als Rule of Thumb kann man das sicher so sagen.
Joel Kaczmarek: So, jetzt ist ja eigentlich ein Begriff schon angeklungen, der in so einem Verkaufsprozess garantiert eine Rolle spielen wird, Garantien. Was gibt es da für Strukturen? Was sind irgendwie die Standards? Wir können uns ja mal so ein bisschen von den Akteuren vielleicht reinhangeln. Ich würde mal tippen, VCs sind jetzt eher Akteure, die sich scheuen, operative Garantien zum Beispiel zu geben. Sprich, das ist ein Großteil ein Gründerthema, aber da wechselt das auch so ein bisschen. Nimm da VCs eine verändernde Rolle ein.
Jörg Zätsch: Also dein Bauchgefühl ist genau richtig. Natürlich sagt der Finanzinvestor, eigentlich möchte ich nicht operative Garantien, also Garantien, die sich mit dem Business auseinandersetzen, abgeben. Ich kann sagen, ich habe meine Anteile, sie sind nicht verpfändet, Stammkapital ist eingezahlt und nicht zurückgezahlt, die sogenannten Legal Title Garantien. Das bedeutet, die Verkäufer, die Gründer sind und die aktiv im Management sind, tragen eigentlich, wenn man dieses Bild weiterspinnt, die Last der operativen Garantien. So war es zumindest früher. Das scheint sich aus meiner Sicht ein bisschen aufzuweichen. VCs sind schon auch bereit, in gewissem Maße wirtschaftlich für operative Garantien einzustehen, aber nur dann, wenn die Höhe klar begrenzt ist. Es sind also Fälle denkbar, in denen es einen Kaufpreiseinbehalt für ein Gewährleistungsrisiko gibt. Das ist auch vollkommen üblich. Und diese sogenannte Escrow wird dann bei einem Escrow Agent, Notar oder neutrale Person hinterlegt Und wenn kein Gewährleistungsfall vom Käufer angezeigt wird innerhalb Frist, wird diese Summe dann ausgezahlt. Das heißt, ab diesem Moment ist dann auch klar, da kommt meist nichts weiter. Und wenn man das so überschaubar macht, sind teilweise auch Finanzinvestoren bereit, mit das Risiko zu tragen, aber nicht immer.
Joel Kaczmarek: Was sind denn so die typischen Garantien, die ich in so einem Verkaufsprozess geben muss?
Jörg Zätsch: Ja, es ist eine Riesenbandbreite. Fangen wir mal einfach an. Zunächst muss ich natürlich sagen, dass mir die Anteile gehören. Klar, dass ich das Stammkapital eingezahlt habe und dass das nicht zu mir zurückgeflossen ist. Dann muss ich garantieren, dass ich über die Anteile verfügen kann. Da würde man jetzt sagen, ja klar, logisch kann ich die Anteile verkaufen. Da muss man ein paar Sachen beachten. Unterstellen wir mal, du würdest jetzt einen Exit machen, wärst beteiligt an einer Gesellschaft und dein ganzes Vermögen würde jetzt nicht in digital kompakt stecken, sondern in dieser Beteiligung. Und unterstellen wir weiter, du wärst verheiratet, hättest nicht irgendwie Gütertrennung vereinbart, sondern wärst einfach verheiratet. Dann gibt es eine Regelung im BGB. Bürgerlichen Gesetzbuch, die sagt, wenn ein Ehegatten über sein gesamtes Vermögen verfügt, muss der andere Ehegatte zustimmen. Das heißt, in deinem Fall, du müsstest die Unterschrift von deinem Ehegatten, Ehegattin besorgen.
Joel Kaczmarek: Und die dürfen wahrscheinlich nicht beliehen sein oder verpfändet, nehme ich mal an, das ist auch noch ein Klassiker.
Jörg Zätsch: Das wäre schlecht. Das muss vorher dann aufgelöst werden. Und dann kommen natürlich die Garantien. so zum Business. und ja, das ist so die ganze Palette. Also Ich kann es ja mal kurz so durchkategorisieren. Zunächst mal Finanzkennzahlen. Das bedeutet Abschluss. Wenn der Abschluss weit zurückliegt, gegebenenfalls auch Management-Accounts. Ganz beliebte Garantie, auch ganz gescheute Garantie auf der Veräußererseite, weil Management-Accounts natürlich nie so gut sind oder nie so genau sind wie ein Abschluss. Das ist ganz normal und deshalb muss man da ein bisschen aufpassen. Dann je nach Company, vor allen Dingen Garantien zu den Intellectual Property Rights, hatten wir schon darüber gesprochen, dass das wichtig ist bei der Frage der Vorbereitung einer Transaktion. Dann hat jede Gesellschaft Kunden, egal wie, selbst wenn ich einfach nur an Consumer verkaufe und AGB ins Netz stelle, das würde man sich angucken. und jede Company hat auch Kunden. Zulieferer, auch das würde man sich angucken. Zulieferer denkt man jetzt so an klassische Unternehmen, aber das kann natürlich auch bei einem Digitalunternehmen der Fall sein. Das sind die Zulieferer anderer. Das sind die Mitarbeiter, die was schaffen, das sind Freelancer, die was schaffen oder das sind Kooperationsverträge, die ich habe. Aber die Kategorien gibt es überall und da muss ich natürlich sehen, wird garantiert, dass die Verträge existieren, die man sich angeguckt hat, nicht gekündigt und so weiter und so fort. So und so viele Mitarbeiter, Das und das ist die Payroll. Keine Scheinselbständigen, beliebtes Thema. Keine Subventionen. Compliance, sehr beliebtes Thema. Alle Gesetze eingehalten, sondern versuchen, ob man das ein bisschen einschränken kann. Ja, jedes Kleinstgesetz, Kleinstnormen wird man vielleicht nicht beachtet haben, ist auch ganz normal. Rechtsstreitigkeiten, dass es keine gibt oder welche es gibt. Und dann zum Schluss gibt es immer noch so schöne Auffangklauseln, dass man alles offengelegt hat, was vernünftigerweise ein Investor verlangen konnte. Auch da sollte man, weil es so eine Öffnungsklausel ist, gut drauf schauen.
Joel Kaczmarek: Jetzt hast du vorhin diesen Begriff Escrow genannt, diesen Sicherheitseinbehalt, würde man glaube ich auf Deutsch sagen. Wofür steht Escrow als Abkürzung eigentlich auf Englisch?
Jörg Zätsch: Das ist ein Treuhandbetrag.
Joel Kaczmarek: Okay, ich dachte, das sei so wie ESOP, dass das irgendwie
Jörg Zätsch: Nee, also es ist keine Die Buchstaben stehen nichts für anders. Es gibt den Escrow Agent bei der Transaktion, der eben der Treuhänder ist. Es gibt übrigens auch Escrow Agent für Source Codes. Wenn man die hinterlegt in Kooperationen, das soll den Vertragspartner davor schützen, dass der andere insolvent ist, dass man an den Source Code reinkommt.
Joel Kaczmarek: Also da ist das Prinzip eigentlich, dass man sagt, ich nehme einen Sicherheitseinbehalt vor, knüpfe den vermutlich an gewisse Garantien und schwellwerte fest und wenn die überkommen sind, wird das im Zeitpunkt, der determiniert ist, ausgezahlt. Genau so.
Jörg Zätsch: Weil der Käufer sagt natürlich, wenn ich jetzt einen Garantiefall habe und dann muss ich den Verkäufern hinterherlaufen und die verklagen, das ist natürlich ein Albtraum. Also möchte er was zurückhalten und die Verkäufer sagen, ja, so kann es ja nicht sein. Da müssen wir dich ja verklagen, dass du Kaufpreis zahlst. Also sagt man, Wir legen das bei einem Treuhänder fest und einigen uns auf einen Mechanismus, dass das dann automatisch vom Treuhänder auszuzahlen ist.
Joel Kaczmarek: Gut, also dass man nicht auf die Bermudas abhaut und warten wieder gesehen. Ja, so ist es. Wie verträgt sich so ein Escrow denn teilweise mit den Lickprefs? Also Liquidation Preferences haben wir ja auch schon mal besprochen. Es kann dir ja passieren als Unternehmer, dass du Investoren reinholst, die natürlich sagen, sie wollen als erstes Kasse machen. Da haben wir auch schon ganz viel zu gesagt, mit Caps und Single oder Mehrfach und ist es Participating oder Non-Participating. Lange Rede, kurzer Sinn, es kann dir passieren, dass die Investoren ihr Geld vom Tisch nehmen, du relativ spät bedient wirst und dass so ein Escrow sich dann eigentlich nicht mit dir verträgt, weil du im Prinzip, weil der Sicherheitseinbehalt vielleicht genau das auffrisst, was dir als Unternehmer sozusagen als Exit-Erlös eigentlich nur bleibt. Ist das ein Problem, ein signifikantes, oder ist das eher hypothetisch?
Jörg Zätsch: Also das ist nicht hypothetisch, das kann durchaus zum Thema werden. Wenn man es mal aus Käufersicht sieht, so würde der Käufer sagen, ich zahle hier einen Gesamtkaufpreis und dafür kriege ich Garantien. Ich bin bereit, dass der Garantiebetrag im Schadensfall gecappt wird. Da gibt es auch Usancen unterschiedlich, irgendwas so 10, 20 Prozent, für bestimmte Garantien vielleicht mehr, 30 Prozent. Da gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen, aber auch Standards. Nehmen wir mal an, es wären 20 Prozent. Also wären 20 Prozent des Gesamtkaufpreises im Garantiefeuer sozusagen. Wenn jetzt der Kaufpreis so aufgrund der Erlöspräferenzen verteilt ist, dass die Gründer gerade mal 21 Prozent des Gesamtkaufpreises bekommen, Und wenn es so wäre, dass die Gründer die operativen Garantien abgeben, dann bedeutet das, dass die fast mit ihrem gesamten Kaufpreis dafür haften. Und das ist dann natürlich nicht so schön, weil man eigentlich sagt, Moment mal, ich möchte nicht, dass der ganze Kaufpreis im Feuer ist, sondern ich möchte eigentlich nur, dass 20 oder 30 Prozent davon im Feuer sind. Das bedeutet Wenn wir diese Konstellation haben, nur Gründer geben die operativen Garantien ab, wir haben einen geringen Kaufpreis, der dazu führt, aufgrund der Liquidationspräferenzen, dass wenig beim Gründer ankommt, dann kann so etwas entstehen. Da muss man frühzeitig auch drüber sprechen, wie man damit umgeht.
Joel Kaczmarek: Was mache ich dann am besten? Also da wäre eigentlich die naheliegende Konsequenz zu sagen, die VCs müssten in diese operativen Garantien mit reingehen. Das heißt, man lockt sozusagen auch von deren, oder packt ins Feuer, hast du gesagt. Ins Feuer kommt dann auch ein bisschen was von deren Exit-Erlös. Da werden die jetzt nicht so viel Lust drauf haben.
Jörg Zätsch: Da haben die überhaupt keine Lust drauf, weil das ja wiederum ihre Liquidationspräferenz anknabbern würde.
Joel Kaczmarek: Was tue ich dann als Unternehmer?
Jörg Zätsch: Da muss man sehen, dass man es verhandelt. Diese Situation ist ja bei einem sehr geringen Kaufpreis oder bei einem Kaufpreis, wie ihn sich eigentlich keiner vorgestellt hat. Das heißt, wir sind in einer gewissen Notlage, die Gesellschaft zu verkaufen. Und ja, manche Kunde haben ja schon gesagt, na gut, dann nehme ich das Risiko jetzt halt. Das kann man auch durchaus machen, wenn man seine Gesellschaft gut kennt und sieht, wie die Garantielage ist und sagt, ja, das kann ich gut garantieren, das mache ich gut ein gewisses Risiko. dann kann man sowas auch eingehen. Es ist ja nicht so, dass hier dauernd Garantiefälle geltend gemacht werden. Das Gegenteil ist der Fall. Bei den meisten Transaktionen gibt es überhaupt keinen Garantiefall.
Joel Kaczmarek: Gut, also merke ich, wenn man immer in einer schlechten Lage ist, kann die teilweise noch schlechter werden, wenn genau das irgendwie eintrifft, dieser Fall. Und am Ende des Tages entscheidet sich vieles am Verhandlungstisch.
Jörg Zätsch: Ja, vor allen Dingen ist die Verhandlung dann zweigespalten. Man verhandelt einmal mit den Käufern. Und man muss intern noch seine Reihen schließen, um da geschlossen nach außen auszutreten.
Joel Kaczmarek: Also gar nicht so leicht, nehme ich an. Da kommen dann die Therapeutenaufgaben auch wahrscheinlich des Anwalts zum Tragen. Wie ist das dann eigentlich von der vertraglichen Seite? Was für Dokumente schließt man denn hinterher? Wir haben ja bei unserem Beteiligungspodcast auch so ein bisschen erklärt, was es da eigentlich gibt mit Gesellschaftsvertrag, Gesellschaftsvereinbarung. Wie sieht das im Exit-Fall aus?
Jörg Zätsch: Das sind hier weniger Dokumente, erfreulicherweise. Wenn ich das ganze Unternehmen, also 100 Prozent der Anteile verkaufe, dann ist das ein Kaufvertrag. Der Kaufvertrag enthält die Garantien und gegebenenfalls Anlagen zu den Garantien. Das ist es erst mal. Wenn ich auch einen Kaufpreis davon abhängig mache, wie sich in Zukunft das Unternehmen entwickelt, also einen Earn-Out, dann ist da ein zusätzlicher Kaufpreismechanismus drin, der bestimmte Schutzmechanismen drin hat. Darüber sprechen wir getrennt nochmal. Das heißt, der ist aber inkorporiert in diesen Kaufvertrag. Der Kaufvertrag wird dann eben ein bisschen länger. Beim 100%-Verkauf ist es also einfach. Verkaufe ich aber weniger Einkommen, Mein Beispiel 60, ich verkaufe 60% und für 40% gibt es Put-and-Call-Optionen. Da muss ich natürlich noch diese Put-and-Call-Optionen regeln und ich müsste die Zwischenzeit regeln. Denn in der Zwischenzeit sind ja 60% Gründer oder 60% sind verkauft worden an den Erwerber und 40% werden ja noch von anderen gehalten. Das heißt, ich habe hier für diese Zwischenzeit ein Joint-Venture. Da müssen auch Regelungen getroffen werden, nämlich dass während der Zwischenzeit die Anteile zum Beispiel nicht verkauft werden. Wer hat das Sagen eigentlich in der Zwischenzeit? Gibt es bestimmte Vetorechte? Können da Umstrukturierungen gemacht werden? Also da stellen sich ähnliche Fragen, wie wir sie aus der Gesellschaftervereinbarung kennen.
Joel Kaczmarek: Also vielleicht noch mal ganz kurz als Fachbegriff erklärt. Put und Call bedeutet Putten. Putten heißt, ich kann den Käufer sozusagen unter bestimmter Erfüllung von Milestones sozusagen dazu nötigen, den Rest zu kaufen. Und Callen heißt, er hat auch das Recht, ein Kaufrecht sozusagen. Also platzieren können oder kaufen können. Genau so.
Jörg Zätsch: Und jetzt noch als letztes Dokument ist natürlich wichtig, die Gründer, Management bleibt ja oft an Bord. Es ist auch geradezu Voraussetzung oft, dass die an Bord bleiben. Deswegen muss man gucken, wie sehen eigentlich meine zukünftigen Geschäftsführeranstaltungsverträge dort aus. Und das kann dann auch nochmal ein bisschen an Verhandlungen kosten. Was kriegt man da als Packages? Wie lang gehen die? Das ist besonders beim Earn-Out natürlich wichtig. Kann der einfach so gekündigt werden? Nehmen wir an, der hat einen 100% verkauft. Und der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag wird gekündigt, wie soll ich denn dann den Earn-Out verdienen, wenn da andere Truppen aus dem Erwerberumfeld sich um das Business kümmern.
Joel Kaczmarek: Und ich meine, für einen Unternehmer wird jetzt sicherlich noch ganz interessant sein, wie ist eigentlich die Erlösverteilung? Also wonach entscheidet sich, wie viel Prozent ich bekomme? Gerade wenn wir jetzt über Lickprefs gerade geredet haben, da greift im Prinzip das Shareholder's Agreement, bevor der Käufer im Prinzip ins Spiel kam.
Jörg Zätsch: Genau. Also wenn man verkauft und dann mal mit einem M&A-Berater den Unternehmenswert oder auch den Kaufpreis festgelegt hat, dann ist die parallele Überlegung, was bekomme ich eigentlich als Gründer daraus, wenn ich jetzt ein VC-finanziertes Unternehmen habe und es dann auch irgendwelche Präferenzen gibt. Das denkt man im Hinterkopf immer sofort mit.
Joel Kaczmarek: Gibt es da eigentlich generell bei diesem ganzen Thema, gibt es da immer Luftschiffverhandlungen oder ist man da eher Hardball? Also gerade wenn du sagst, Garantien sind oft nicht so der Fall, Ich muss mit meinen VCs vielleicht aushandeln, was die operativen Garantien angeht. Was ist da so? deine Erfahrung? Sind die Player in einem Exit-Verhandlungsfall eher offen, gesprächsbereit, weil sie sozusagen die Dollars sehen, die auf dem Tisch liegen? Oder ist das eher das Gegenteil der Fall?
Jörg Zätsch: Wenn viele Dollars auf dem Tisch liegen, ist jeder froh. Dann nimmt man auch gerne mal was in Kauf oder sagt, komm, ja, machen wir so, passt. Wenn es wenig Dollars zu verteilen gibt, dann behauptet man schon mal eher auf seiner vertraglichen Position, die vorher im Shareholder-Secure mit in der Gesellschaft der Vereinbarung zementiert worden ist.
Joel Kaczmarek: Das ist eine gute Voraussetzung. Einleuchtend auch leider. Ja, leider auch einleuchtend. Sehr gut. Jetzt haben wir über einen Punkt natürlich noch nicht so in der Tiefe gesprochen, wie er es verdienen würde, nämlich das Thema Earn-Out. Das würde ich sagen, machen wir in einem separaten Podcast, weil das eigentlich nochmal ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient. Aber für den Moment haben wir, glaube ich, schon ganz gut was abgeritten, nämlich einmal, wie finde ich so einen Kaufpreis, wie berechnet er sich, an welchem Zeitpunkt sollte ich dabei betrachten? und das ganze Thema Garantien bis hin zum Escrow. Wie gesagt, nächstes Mal folgt dann der Earn-Out. Da haben wir noch was Spannendes vor der Brust und ich danke dir ganz herzlich.
Jörg Zätsch: Ja, vielen Dank.
Joel Kaczmarek: Hey! Hey!
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Rechtsthemen: Joel trifft sich dazu regelmäßig mit wechselnden Top-Anwält:innen, Steuerberater:innen und Rechtsexpert:innen, welche dir praxisnah und leicht verständlich die wichtigsten Rechtsthemen erklären. Als Unternehmer:in und Gründer:in kannst du diese dadurch sofort verstehen und anwenden.