Mein Unternehmen wird gekauft 1: Effekte eines Exits

20. Februar 2025, mit Joel KaczmarekStefan Lammers

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, herzlich willkommen zu einer neuen Folge zum Thema Führung. Und ihr wisst ja, wenn es hier um Führung geht, dann um High-Performance-Leadership mit niemand anderem als dem lieben Stefan Lammers. Und Stefan, ihr wisst das, der ist ja Executive Companion für so einige CEOs und CEOInnen, um den Begriff hier mal zu prägen. Also er ist Führungskräfteberater, kann man sagen. Und wir beide haben uns so überlegt, es gibt manchmal die Situation im Leben von Unternehmen, dass eins ins andere übergeht. Also egal ob Gründerin oder Gründer, hat man das vielleicht schon mal erlebt. Mein Unternehmen wird verkauft, wie gehe ich damit eigentlich um? So und wir haben uns überlegt, heute machen wir es mal so, nicht so Mansplaining-Modus mäßig schon alle Antworten parat haben, sondern wir schildern euch mal die Situation, was sich da so einstellt und dann hangeln wir uns mal sukzessive zu möglichen Lösungsideen rüber. Und ich kann euch noch nicht versprechen, ob es nicht sogar eine Doppel- oder Dreifachfolge wird, weil es ist ein bisschen Programm, was wir heute haben. Denn wir werden darüber reden, was stellt sich da eigentlich so emotional-psychologisch ein, wie verändert sich die Kultur, die Zusammenarbeit, aber dann natürlich auch aus Sicht der Führungskräfte. Was verändert sich für mich, wenn ich Führungskraft bin, worauf gilt es zu achten und auch als Unternehmen? Zum einen, dass das übernommen wird, aber auch zum anderen das Übernehmende. Also ein bisschen Programm heute, lieber Stefan, und da freue ich mich doch drauf. Moin Moin!

Stefan Lammers: Moin Moin. und da freue ich mich auch total drauf, weil das ist ein Thema, was im Moment häufiger kommt und ich vermute in der wirtschaftlichen Situation, in der wir uns gerade befinden, wird es in Zukunft noch häufiger bekommen. Nicht nur, wir kennen das ja oft so aus der Startup-Welt, dass die dann irgendwo aufgehen in größere Unternehmen. Wir sehen das ja gerade bei About You und Zalando beispielsweise, wo die zusammengehen. Aber es geht natürlich auch in größeren Unternehmen. und machen wir uns nichts vor, es gibt einen riesengroßen Markt an Investmentgesellschaften, die beispielsweise auch da fokussiert in bestimmte Unternehmen investieren und da reingehen. Da verändert sich eine ganze Menge für die Führungskräfte oder Gründer oder Geschäftsführer, die in den Unternehmen unterwegs gewesen sind. Und das ist natürlich etwas, wo ich auch öfter mit zu dealen habe über dieses Thema von beiden Seiten. Nämlich einmal von der Seite der Führungskraft, die in die neue Kultur reinkommt. Aber auch natürlich von der Seite der Unternehmen, die natürlich daran Interesse haben, dass ein neu gekauftes, beteiligtes Unternehmen sich möglichst gut und effizient und reibungslos in die eigene Unternehmung integriert, um anschließend auch einen echten Mehrwert gemeinsam miteinander zu bilden.

Joel Kaczmarek: Vor allem gibt es ja Situationen, wo man gewollt mit einem anderen Unternehmen zusammengeht und welche, wo man eher ungewollt zusammengeht.

Stefan Lammers: Auch das ist ein wichtiger Punkt, ja, absolut.

Joel Kaczmarek: Plus, ich hatte mal einen ganz interessanten Podcast, der ist wirklich geil gewesen. Wir wollten eigentlich über was völlig anderes reden. Aber ich habe dann zwei draus gemacht. Und zwar, das war ein Typ, der hat sich ein Unternehmen selbst gekauft. Weil es gibt ganz oft das Problem, Deutschland hat ganz viele mittelständische Unternehmen, wo die Geschäftsführung in Rente geht oder aufhört, hat aber keine Kinder oder niemanden, der es übernehmen möchte. Es sind richtig viele Unternehmen in Deutschland, mehrere hunderttausend, wenn ich es richtig erinnere. Ich meine so zwei, dreihunderttausend. Und dann hat er sich so ein Schatzsucher-Unternehmen gekauft. Das war total geil. Es hatte so eine Pyramide als Zentrale und die haben solche Bodendinger verkauft, womit du so 20 Meter in den Boden mit Sonar irgendwie forschen konntest. und das ist genau so ein Beispiel, worum es ja auch gehen kann, also dass vielleicht so ein Übergang von einer Generation zur nächsten geht, also die Anlässe sind sehr vielfältig, wollte ich damit sagen.

Stefan Lammers: Ja, absolut. Das ist eine ganz ähnliche Dynamik, die da oftmals passiert.

Joel Kaczmarek: So, und wir haben uns ja vorgenommen, dass wir mal den Anfang machen mit eher so persönlichen und auch den beruflichen Veränderungen der Menschen. Und das ist ja das allererste, emotional und psychologisch betrachtet, wenn ich daran denke, was ich oft erlebt habe, wenn UnternehmerInnen ihre Firma verkaufen, ist, dass die danach erstmal in so ein Loch fallen. Also ich habe so beobachtet, die Leute sind mit so einem Purpose-Motor unterwegs und wollen die Welt verbessern und rattern und für ihr eigenes Ding und es gibt sicherlich so zwei Pfade, das eine ist irgendwie der Purpose, das andere ist irgendwie das Thema Cash, ja, und ich hab das ganz oft erlebt, dass die Leute danach in so ein Loch fallen, also dass so der Purpose auf einmal weg ist, dieses ich hab 24-7 nur für die Firma gelebt, das ist jetzt irgendwie anders, weil es gehört mir nicht mehr, irgendwie aber auch doch, ich bin noch

Stefan Lammers: drin,

Joel Kaczmarek: also das ist so die erste emotionale Ebene, die mir in den Kopf kommt, aber beschreib doch mal, was du so erlebst.

Stefan Lammers: Ja, also finde ich schon wunderbar, wie du das gerade beschreibst. Ich nenne das manchmal so einen Spannungsabfall, der passiert. Also du bist ja die ganze Zeit in irgendeiner Form unter Strom, willst das Unternehmen voranbringen, hast eine extrem hohe Verantwortung für dieses Unternehmen und eine Idee, wo du damit hin möchtest und hast vielleicht auch schon gerade in den letzten Monaten harten Kampf gefochten. Also entweder kann ja sein, dass dir das Cash ausgegangen ist oder was auch immer. Also weil du ein Stück weit ums Überleben des Unternehmens gekämpft hast, hast du also auch dafür dich voll und ganz reingegeben. Oder andersrum, du hast halt eine grandiose Idee, die du noch größer machen willst und suchst dafür genau den richtigen Partner. Auch das ist eine aufreibende Arbeit, sich da mit reinzusetzen. Und jetzt passiert das und das Projizierst du dir ja wahnsinnig viel Hoffnung auch in diesem Moment rein, wie das Ganze hinterher aussieht. und du bist natürlich noch so in deiner Welt und in deinen Träumen, die da verwirklicht werden sollen. und jetzt ist dieser Moment sozusagen der Unterschrift. Und von diesem Moment an ist ja etwas, was psychologisch mit dir passiert. Du hast auf einmal wahnsinnig viel Verantwortung abgegeben. Also reden wir nicht darüber, dass du derjenige bist, der auch hinterher der CEO des neuen Unternehmens wird, sondern dass du ein Teil des Unternehmens wirst. Dann hast du wahnsinnig viel Verantwortung abgegeben und dann kommst du natürlich auch so ein Stück weit in so einen Abbruch rein. Im Sportmentaltraining würde man sagen, so von der overmotivated Zone her, wo du die ganze Zeit unterwegs warst, knallst du runter in die andere Motivated Zone, weil du im ersten Moment so eine Entlastung spürst, wow, jetzt habe ich nicht mehr die Verantwortung, boah, jetzt kann ich erstmal runterfahren. Es gibt auch viele, die dann erstmal so einen kurzen Zwischenstopp brauchen, Urlaub machen oder was auch immer, wenn das möglich ist und die Firma gerade zulässt, um dann in diesem Moment rauszukommen. Und dann kommt natürlich gleichzeitig, wird bewusst, dass ich jetzt gar nicht mehr die Kontrolle über das Unternehmen habe. Also ich habe gar nicht mehr die Möglichkeit, alles zu entscheiden, wie ich das vorher gemacht habe. Und jetzt sickert so nach und nach ein Bewusstseinszustand, was das eigentlich alles bedeutet, nach dem anderen in diesem Moment ein. Also je nachdem, wie meine Rolle dann zukünftig ist, habe ich einen Statusverlust beispielsweise. Ich bin eben kein Geschäftsführer mehr. Ich bin vielleicht ein Bereichsleiter, Abteilungsleiter oder habe eine Sonderaufgabe, Projektverantwortlicher für diese Integration oder ähnliches. Aber es ist erst mal ein Statusverlust. Wie sehen mich meine Mitarbeitenden in dem Moment? Wer bin ich mit meiner Rolle in der Zukunft in diesem Unternehmen? Und gleichzeitig, wenn ich natürlich gerade so extrem viel für mein Unternehmen gemacht habe, habe ich eine extrem hohe Verbindung zu diesem Unternehmen auch. Jetzt kann es sein, dass ich gerade meinen Namen verliere. Das Unternehmen verliert den Namen, den ich mühsam aufgebaut habe. Also es ist auch ein Identitätsverlust im ersten Moment da. der mich dann in diesem Moment trifft. Also Identitätsverlust, Kontrollverluste, Statusveränderungen, das sind alles so Dinge, die dann sukzessive einsickern und das sind ja keine Motivationstreiber im ersten Moment.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich lustigerweise, ein Bekannter von mir ist Handwerker und der hat irgendwann angefangen, andere Handwerksbetriebe aufzukaufen, weil bei Handwerken ist ja auch das Thema so diese Skalierung und der hat mal so, ich fand das so witzig, wie der das zu mir sagte, der meinte, Joel, weißt du, wenn du so einen Handwerksbetrieb übernimmst, dem ist eine Sache wichtig, dass der sein Auto hat, sein Van, wo sein Name draußen draufsteht, der damit rumfahren kann und so halbwegs selbstbestimmt ist, dass er entscheiden kann, welchen Auftrag nehme ich an oder nicht. Das muss ich denen geben, alles andere ist fein, dann fügst du die irgendwie ein. Und das ist so ein bisschen das Bild, was ich da jetzt auch gerade im Kopf habe. Der Name muss irgendwo noch an irgendeinem Stellchen stehen und irgendwie braucht es so diese Identifikationsmomente. Ansonsten knarzt es.

Stefan Lammers: Ja, absolut. Und ich habe dann eine Webseite gehabt, da war über uns und da wurde dann beschrieben, wie man da hingekommen ist und was der eigene Anteil da vielleicht auch dabei gewesen ist. Und dann stellt man fest, auf einmal möglicherweise wird die Webseite noch umgeleitet auf die neue Webseite. Man selber taucht über uns nicht mehr auf in der neuen Konstellation. Und das ist natürlich durchaus dann gefühlter Bedeutungsverlust im ersten Moment.

Joel Kaczmarek: Was ist so deine Beobachtung? Wie gehen die meisten damit um?

Stefan Lammers: Ganz, ganz unterschiedlich. Aber im überwiegenden Teil tatsächlich in so eine Lethargie und Passivität, die dann gefallen wird in diesem Moment. Ich würde das mal als Oberbegriff mit einer gewissen Orientierungslosigkeit einhergehend beschreiben. Und es braucht eben eine Zeit, um tatsächlich dann wieder in einen Modus zu kommen, sich Gedanken zu machen. Und das ist etwas, weswegen ich auch relativ häufig in solchen Situationen bin, weil dann natürlich die Maschine innerlich auch anfängt zu rattern, was ist meine Zukunft? Wo will ich eigentlich hin? Das sehen wir aber auch genauso beispielsweise bei Seriengründern oder Gründern, die verkauft haben. Also was ist denn jetzt der nächste Step, den ich mache? Baue ich noch weiter? Beim Seriengründer ist es wahrscheinlich eher leichter. Aber bei jemandem, der das erste Mal verkauft, ist es die Frage, was ist denn jetzt sozusagen meine Zukunft an dieser Stelle? Möchte ich das nochmal machen, was Neues aufbauen? Will ich irgendwo anders reingehen? Und da ist es natürlich gerade bei Gründern oftmals auch so, dass sie dieses Unvermögen haben, sich unterordnen zu können. Sonst hätten sie eine Firma gar nicht so groß machen können. Und dann ist es eben schon eine große Frage, wo gehe ich denn da überhaupt hin? Was ist meine Persönlichkeit? Passe ich überhaupt dann in ein größeres Unternehmen auch mit rein? Mit der Art, die ich da an den Tag lege.

Joel Kaczmarek: Ich meine, mir wurde immer so suggeriert, dass es so diese harte Wand gibt, durch die man irgendwann knallt, wenn man vom Gründen zum Managen kommt. Also du bist irgendwann gar nicht mehr in dieser Aufbruch-Aufbau-Stimmung, sondern du bist dann eigentlich mehr ein Verwalter oder eine Verwalterin. Würdest du sagen, dass viele gegen diese Mauer krachen, gerade wenn man auch jetzt Teil von einer größeren Organisation wird?

Stefan Lammers: Ich würde das ein bisschen differenzieren. Also das, was du gerade beschreibst, ist ja das Typische, wenn die Unternehmen in eine bestimmte Reifephase reinkommen nach der Gründung. dass du dann mehr ins Managen reinkommst. Das schaffen auch nicht alle und die echten Gründertypen sind dann eher diejenigen, die dann aussteigen und die dann das nächste Ding wieder gründen. Aber es gibt auch viele, die das in das Managen reinschaffen. Wenn wir jetzt das sehen, wenn es um Verkauf geht, wenn du also in ein ganz anderes Unternehmen in dem Moment reinkommst, dann ist dieses Gefühl ein anderes, weil du bist gerade im Prinzip auf einem total ekstatischen Hoch, weil du hast es geschafft, Das, wofür du dich so eingesetzt hast, hinzukriegen, nämlich jemanden zu finden, der dich gerade kauft. Das wolltest du ja. Warum auch immer, um das Unternehmen überleben zu sichern oder aber um das Unternehmen größer zu machen. Also du bist eigentlich gefeiert und du fällst dann sozusagen gefühlt in die Bedeutungslosigkeit, weil du jetzt eben entweder keinen Job mehr hast, weil du ja das Unternehmen verkauft hast, weil du raus bist. Oder aber, wenn du jetzt bei unserem Thema in ein Unternehmen reinkommst und du bist nicht gleich auf dem C-Level mehr, du bist vielleicht ein Geschäftsführer, ein Bereichsleiter oder sonst irgendetwas, kommst du auf einmal in ein System rein, wo du einer von vielen bist. Du bist nicht mehr der leuchtende Stern oben an der Spitze, sondern du bist einer von vielen. Und das ist natürlich irre, diesen Absturz zu fühlen in diesem Moment. Das ist ein reines Gefühl. Ist ja kein wirklicher Absturz, aber es ist ein reines Gefühl, was in dem Moment da ist und was menschlich ist und verarbeitet werden muss.

Joel Kaczmarek: Macht es denn einen Unterschied in deiner Wahrnehmung, wenn ich eine Firma freiwillig verkauft habe oder zwangsweise? Also ist es vielleicht zum Beispiel so, wenn eine Firma aus irgendeinem Grund wirtschaftlich nicht mehr gut lief, wird Teil einer größeren, das dann sogar eher so einen Motivationsschub einsetzt, wenn man sagt, hurra, wir können weitermachen, es gibt eine neue Perspektive. oder ist es nicht so? Kann man es vielleicht gar nicht sagen? Ist es vielleicht auch, wenn ich freiwillig verkauft habe, so, dass ich motiviert sein kann oder auch nicht? Gibt es da Unterschiede, die du wahrnimmst?

Stefan Lammers: Also ich würde jetzt nicht sagen, dass es den Stereotyp gibt in der einen oder in der anderen Situation, sondern ich würde eher sagen, dass es sehr viel mit der eigenen Persönlichkeit und mit der eigenen Lebensplanung letztendlich aussieht und auch mit dem Gefühl von Bedeutung oftmals einhergeht, mit dem Gefühl auch eben, kann ich mich unterordnen oder bin ich derjenige, der selber die Dinge in der Hand haben muss. Also da gibt es sehr viele unterschiedliche Facetten in den Fällen, wo ich unterwegs bin.

Joel Kaczmarek: Was würdest du sagen, reagieren weibliche Führungskräfte, CEOs anders als männliche im Fall einer Übernahme oder ist die Gefühlswelt ziemlich analog?

Stefan Lammers: Das kann ich dir ehrlich gesagt gar nicht sagen, weil an der Stelle habe ich fast ausschließlich Männer. Das ist nach wie vor einfach total bedauerlich, dass es nach wie vor die Quote der Frauen, die in diesen Positionen sind und noch relativ wenig sind. Und tatsächlich So traurig das ist, habe ich da bisher ausschließlich mit Männern gearbeitet.

Joel Kaczmarek: Na gut, wir hangeln uns mal weiter in Richtung Kultur auch. Also die Veränderung eigentlich der Zusammenarbeit und auch wie so eine Unternehmenskultur dann zusammenwirkt. Was nimmst du denn so wahr? Wie verändert sich denn eigentlich so ein neues Miteinander, wenn du neue KollegInnen hast, wenn du neue Geschäftsführungen hast? Also was ist so Weißt du, was ich meine? So das kleine Einmaleins, dass wir rücken gerade mal neu zusammen.

Stefan Lammers: Was wichtig ist, was dann passiert, ist ja, aus welcher Rolle heraus bin ich mit den anderen in Kontakt. Und oftmals habe ich ja eben diese Rolle für mich gelernt, dass ich der Chef bin, dass ich die Dinge in der Hand habe und Ähnliches. Also die Frage ist, Wie schaffe ich das, mich eben anzupassen an die Organisation und mit diesem Machtverlust in diesem Moment umzugehen, den ich da habe. Mich auch als Teil des Teams dann wieder neu zu identifizieren. Was auch ein großes Thema ist, ist das Thema Kulturveränderung. Also wie tickt eigentlich dieses Unternehmen? Und als Chef, wir haben ja immer dieses Bild »Shadow of the Leader«. Das heißt, die Kultur im Unternehmen bestimmt sich ja immer sehr stark vom Chef aus. Jetzt bin ich es gewohnt, über Jahre letztendlich auch für die Kultur im Unternehmen starke Verantwortung zu übernehmen. Und ich habe mir die Kultur aufgebaut, die ich gerne haben wollte. Und plötzlich habe ich eine ganz andere Kultur, die da ist. Und dann wird es an der einen oder anderen Stelle sicherlich auch so innerliche Dissonanzen geben, wo ich sage, oder vielleicht auch äußerliche, wo ich sage, das ist gar nicht meine Kultur. Das ist gar nicht das, was ich machen würde. Ich würde das hier vielleicht ganz anders machen. Und wo ich mich dann fragen muss, ist es angemessen, wenn ich das jetzt ganz anders mache? Passe ich da in das System rein? Und das sind natürlich erst Dinge, die ich erlebe, wenn ich erst in dem neuen System angekommen bin und nicht mir vorher ausdenken kann, wie das da wohl tatsächlich sein wird. Weil ich meine, machen wir uns ja nichts vor, wenn es da Käufer gibt, die wollen natürlich auch ein gutes Bild hinterlassen, damit ihnen verkauft wird. Und insofern stimmt das nicht unbedingt immer alles so hundertprozentig überein, was man will. da in den Verkaufsgesprächen miteinander spricht und hat da auch keine präzise Sicht drauf. Und das ergibt sich eigentlich erst, wenn ich dann in der neuen Rolle bin. Und dann komme ich natürlich an die Situation ran, wo ich mir eine eigene Motivation hinterfragen muss. Also wirklich, was das eigentlich alles bedeutet für mich, wird eigentlich erst klar, wenn ich in dieser neuen Situation bin. Und jetzt wissen wir ja, dass wir alle nicht gerade die veränderungswilligsten Menschen sind. Und jetzt kommt man in so eine Situation rein und die ist vielleicht nicht so, wie ich mir das unbedingt vorstelle. Und jetzt frage ich mich dann natürlich, muss ich mich verändern oder die anderen? Jetzt komme ich mit dieser ganzen Gestaltungskraft da rein, die mich ja auch erfolgreich gemacht hat. Und jetzt will ich natürlich alle anderen erstmal verändern vielleicht. Und dann ist die Frage, wie funktioniert das? Welche Stressfaktoren kommen da hoch? Wie kriege ich auf einmal Gegenwehr? Ich kann da möglicherweise mich nicht mehr so durchsetzen und dann kommen all diese Fragen der Reflexion hoch. Was will ich damit machen?

Joel Kaczmarek: Ja, ich denke gerade daran, ich habe einen Freund, der hat, ich glaube, drei Firmen schon verkauft und nachdem er seine dritte verkauft hat, also zwei weiß ich auf jeden Fall, bei der dritten bin ich mir nicht sicher. Und bei der letzten Firma auf jeden Fall kam dann das kaufende Unternehmen auf ihn zu und hat gesagt, du, wir haben ein Problem. Dein Team ist um 50% produktiver als unseres. 50%, was ja signifikant ist. Und dann hat er sich alle Zahlen angeguckt und hat festgestellt, der hat recht, das stimmte. Und dann haben die sich so ihre Leadership-Kultur angeguckt, was ist bei uns anders als bei denen und flaggen das jetzt sozusagen um und übertragen das. Und die Frage, die ich so ein Stück weit mit dir irgendwie einleiten möchte, ist, das ist ja der seltenste Fall. Absolut. Was sind denn sonst so typische Missverständnisse, Konflikte, die als erstes aufkommen und wie kann man die vielleicht auch vermeiden?

Stefan Lammers: Also erste Missverständnisse und Konflikte, die aufkommen, sind oftmals tatsächlich Kommunikation, Aufgabenbeschreibung, das Thema Erwartungshaltung, das Thema, was ist die Aufgabe wirklich. Was steht mir dafür an Kompetenzen zur Verfügung? Was ist mein Spielraum? Das heißt also, da gibt es ganz viele Dinge, die geklärt werden müssten. Und das, was wir erleben, ist, dass es eben sehr oft nicht geklärt wird, weil man davon ausgeht, man hat ja eine sehr kompetente Person für ein bestimmtes Thema eingekauft damit auch gleichzeitig und die wird das schon machen. Und das gibt meistens halt Probleme in den Unternehmen. Und das ist brutal schade, weil das Beispiel, was du gerade genannt hast, ist ein wahnsinnig gutes Beispiel, wo nämlich anerkannt wird, wo ist die gute Leistung im Grunde genommen? Was ist das Beste für das Unternehmen? Das ist ja mal gerne die Frage, die wir stellen. Und das muss ja nicht das sein, was das Unternehmen bisher gemacht hat, was kauft. sondern es kann ja auch von dem gekauften Unternehmen besser sein. Und wie kommt man jetzt in den Dialog voneinander zu lernen? Und das findet oft nicht statt. Da wird ganz viel Know-how, Geld, was auch immer, versenkt und verschenkt. Weil wenn ich diesen Schatz nicht in der Anfangszeit hebe, Dann ist der in der Regel weg.

Joel Kaczmarek: Ehrlich gesagt denke ich gerade darüber nach. Ich finde das Beispiel, wo am deutlichsten wird, dass sowas verschlafen ist, ist die Zusammenführung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Weil da war es auch so, dass man sich hinterher hingestellt hat und hat bei allem so getan, als wenn es in der DDR scheiße war und in der BRD gut und wir stülpen mal das neue System über das alte über und dabei ist so viel Wertvolles verloren gegangen und so viel Kränkung passiert. Also wenn du das jetzt mal auf Firmenkontexte übertragen, jetzt kann ich mir lieber vorstellen, wenn du das bessere CRM gebaut hast oder deine Prozesse funktionierten besser und auf einmal wirst du da in was reingeflanscht. Also ist wahrscheinlich auch gar nicht so einfach.

Stefan Lammers: Also ich finde das gerade ein total schönes Beispiel, zumal ich ja in dieser Zeit ein Stück weit auch dabei war. Ich habe ja damals, als ich, damals war ich noch bei Eurocard. Und ich bin damals zu meinem Chef gegangen und habe gesagt, wenn es irgendwie eine Möglichkeit gibt, dabei zu sein, dann will ich dabei sein an dem Zusammenwachsen. Und bin ja damals erst nach Ostberlin gegangen, 1990 und dann später nach Sachsen, um eben an dem Aufbau von Eurocard beteiligt zu sein. War damals auch politisch da in den Bundesländern unterwegs, in Brandenburg, Berlin, Sachsen. Und ich bin da komplett deiner Meinung. Ich nehme mich auch selber an manchen Ecken nicht davon aus, dass ich da auch mit einer Wessi-Haltung an manchen Ecken unterwegs gewesen bin. Das sehe ich heute auch nochmal sehr viel kritischer, als ich es damals gesehen habe. Und tatsächlich ist es so, wir haben viele Sachen, ich hatte ja damals das Glück auch, eine Partnerin zu haben mit Kind, aber habe da eben vieles auch in dem Thema gemacht. Ob das jetzt von Hort oder sonstigen Geschichten gewesen ist, die da gewesen sind. Wie viel mehr haben Frauen Verantwortung genommen damals schon zu der Zeit? Und da finde ich, hätten wir auch unheimlich viel lernen können. Und das haben wir wirklich verpasst. Ich glaube, das ist eine der Verletzungen, die heute noch nicht geheilt sind, was ich echt mega bedauere. Für mich war das immer, seit Jugendlicher habe ich mich immer für die Wiedervereinigung eingesetzt. Bin oft mit vielen anderen Jugendlichen in Berlin gewesen, um dafür zu demonstrieren und insofern, das ist echt verpasste Chance und ein super gutes Beispiel.

Joel Kaczmarek: Ja und ich sage mal, in Unternehmen kann ich mir das ganz ähnlich vorstellen, dass du dich dann da nicht gesehen fühlst in deinen Leistungen, dass Frust entsteht, aber lass uns doch auch mal auf die positive Seite gucken, also gibt es auch so positive Erfahrungen, die du gemacht hast, gibt es vielleicht auch Elemente, wo du sagst, das erleichtert den Übergang total, wenn dies, das oder jenes eintritt?

Stefan Lammers: Also das, was den Übergang total erleichtert, ist, wenn man wirklich eine Bestandsaufnahme macht. Also wenn man zum einen nochmal draufguckt, dass man Menschen nimmt, die sagen, okay, lass uns nochmal auf die Firma draufgucken, was sind die Assets, die wir auch kulturell bei uns übernehmen können, die uns besser machen. Und auf der anderen Seite auch Stops miteinander vereinbart, wo man in die Diskussion geht mit denjenigen, die neu reinkommen, um da abzuholen, was sind denn eure Dinge, die ihr hier gerade seht. Weil dieses Momentum, dass neue Leute Teil des Systems werden, der geht relativ schnell verloren. Und insofern ist es ganz wichtig, auch diese Erfahrung abzuholen und sich da ehrlich zu stellen und nicht in eine Verteidigungshaltung reinzugehen. Wir machen eben alles besser, wir haben euch ja gekauft. sondern in die Haltung reinzugehen, was können wir voneinander lernen und was hilft uns wieder dabei, das beste Unternehmen zu machen. Und das ist für mich eine Grundlage dafür, dann entsprechend zu wachsen, weil jedes Unternehmen, sei es noch so schlecht, hat gute Assets. Und da muss man sich fragen einfach, was habe ich davon, dass ich das gerade habe und wie kann ich das nutzen für mich.

Joel Kaczmarek: Lustigerweise hänge ich gerade noch dem Gedanken nach, dass man in der Startup-Szene, wenn man sein Unternehmen verkauft, ja auch immer Exit sagt. Und irgendwie, Sprache prägt ja auch dein Handeln. Und wenn man sich überlegt, ich habe gerade einen Ausgang begangen, ist das eigentlich ganz ulkig.

Stefan Lammers: Es ist ja auch tatsächlich bei mir, wenn ich mit Gründern zusammenkomme, oft die Frage, Zu Beginn, wenn wir uns kennenlernen, wenn ich jetzt also nicht bei dem Thema bin, Executive Companion, auch so Begleitung des Unternehmens in den unterschiedlichen Phasen und Begleitung des Management Teams oder um da Führung reinzubringen oder ähnliches. Was ist denn euer Ziel? Ist dein Ziel tatsächlich der Exit, also in möglichst kurzer Zeit eine Optimierung, dass ich hier… möglichst gut Cash machen kann? Oder willst du sowas wie ein mittelständisches Unternehmen, was auch immer aufbauen, was langfristig eine Bedeutung hat in der Gesellschaft? Und das ist schon sehr unterschiedlich, was auch die Antworten sind, die dann in dem Moment kommen. Und das macht natürlich was aus mit den Leuten, mit welchen Gedanken ich da unterwegs bin.

Joel Kaczmarek: Das ist ein schöner Übergang zu dem nächsten Punkt, den ich mit dir besprechen wollte, nämlich Erwartungen und der Druck, der aus solchen Erwartungen entsteht. Was würdest du denn sagen, was erwartet so ein übernehmendes Unternehmen von den Führungskräften der Firma, die sie gekauft hat?

Stefan Lammers: Das Unternehmen erwartet vor allen Dingen immer schnelle Anpassung. Also alles so machen, wie wir das bisher gemacht haben. Ordnet euch den Prozessen unter, die hier sind. Und das macht ja auch in vielen Sachen Sinn. Wenn ich jetzt beispielsweise daran denke, ich habe hier irgendwo, wenn wir jetzt mal nochmal auf die beiden erwähnten von mir guckt, Zalando und About You, wenn die zusammengehen, jeder hat bestimmte Assets. Wenn man jetzt sagt, okay, das Asset ist identifiziert und das sollen wir möglichst schnell für beide Seiten anpassen und so weiter, das macht ja auch brutal viel Sinn. Aber es ist natürlich auch oftmals eine kulturelle Anpassung gefordert und das bestimmt in der Regel, dass Unternehmen was kauft letztendlich, meistens nicht andersrum. Manchmal macht man das so, auch wenn es um größere Zusammenschlüsse geht von Unternehmen, dass man beispielsweise Stellenbesetzungen neu ausschreibt. Dann gibt es möglicherweise für die gleiche Position zwei Leute, die in Frage kommen und wenn man Glück hat, wird da ein echter Wettbewerb gemacht, dass man einfach nochmal guckt, das ist die Stelle, Und da können sich beide drauf bewerben. und dann guckt man, wer ist derjenige, der dann wirklich dann darauf kommt und das Unternehmen weiterbringt. Das wäre schon was Produktives an der Ecke. Was auch wichtig ist, ist so dieses ganze Thema der Loyalität. Und das ist gar nicht so einfach, da rauszukommen. Du hast es bestimmt auch schon mal erlebt. Leute sind in einem neuen Unternehmen und die erzählen die ganze Zeit vom alten Unternehmen. Wir haben das so gemacht, wir haben das so gemacht und so weiter. Ja. Und das hält natürlich ab von Integration und da erwartet man natürlich, dass man seine Gedanken schon mit reinbringt. Wir haben das so gemacht, aber nicht, dass ich dauernd erzähle, wir haben das so gemacht, sondern was heißt denn das für mich jetzt? Also was ist die Verbesserung, die wir hier vielleicht noch machen können? Wie können wir uns nach vorne stellen? Also dieses Thema, dass wir möglichst schnell ins Wir ankommen. Und natürlich Also wenn wir jetzt wieder an die Führungskräfte und die Geschäftsführer und so weiter denken, ist es natürlich auch diese kulturelle Vorbildfunktion. Shadow of the Leader. Wenn ich nicht mich integriere in dieses Unternehmen, dann werden es meine Mitarbeitenden auch nicht tun. Das heißt also, ich brauche auch diese Vorbildfunktion, in der ich zeige auch meinen bisherigen Mitarbeitenden, dass ich dazu stehe und dass ich auch diese Verantwortung übernehme. Und das ist etwas auch was für mich schon eigentlich Teil des Kaufprozesses ist, diese Dinge auch miteinander klar zu ziehen. Diese Bedeutung und die Erwartung, die an den zukünftigen Personen gestellt wird und auch das klare Commitment dafür, dass die Bereitschaft da ist, diese Verantwortung zu übernehmen und dass sie sich klar ist über diese Rolle und über diese Bedeutung, die es für den kulturellen Wandel aller Mitarbeitenden hat.

Joel Kaczmarek: Und lustigerweise denke ich gerade daran zurück, als Kind, Jugendlicher, war meine Lieblings-Star-Trek-Serie immer Raumschiff Voyager, wo zwei Schiffe so 80.000 Lichtjahre von zu Hause stranden im Delta-Quadranten und dann reisen sie zurück und entscheiden sich, ja, wir müssen jetzt hier beide Crews zusammenlegen, damit wir eine Chance haben. Und das ist ja ein krasser Konflikt eigentlich, wenn du zwei Mannschaften sozusagen auf ein Schiff setzt. Weil was du gerade beschrieben hast mit, wenn ich es richtig mache, mache ich eigentlich eine Ausschreibung, wer jetzt die Position als X oder Y bekommt. Gibt sowas nicht auch tierisches Konfliktpotenzial? Weil wenn ich jetzt irgendwie der CTO der kaufenden Firma wäre und dann kommt irgendwie der CEO und sagt, so pass mal auf, wir machen jetzt mal eine Ausschreibung, weil vielleicht ist die Kollegin von drüben auch besser als du. Boah, da fliegen noch die Fetzen.

Stefan Lammers: Ja, da können durchaus die Fetzen fliegen, aber die Frage ist, was ist das Sinnvollste für das Unternehmen? So brutal das ist, das ist ja nicht immer so, dass immer alle Leute überleben können dabei oder da wieder einen neuen Job finden können, wenn Positionen doppelt besetzt sind. muss es dafür ja eine Lösung finden. Und da finde ich es ja deutlich besser, wenn es sozusagen eine qualitative Auswahl darüber gibt, als wenn es hinterher nur eine Nasenauswahl darüber gibt, weil der Käufer mehr Macht hat oder mehr Verbindung zu der Person hat oder ähnliches. Ich habe schon im Bankensektor beispielsweise das erlebt, wo Banken, die gekaufte Firma am Ende, glaube ich, mehr Führungskräftepositionen besetzt hat als die bisherige Firma. Krass.

Joel Kaczmarek: Nicht schlecht, nicht schlecht. Na gut, lieber Stefan, ich würde sagen, dann lassen wir es heute mal bei einem Halbstünder, weil jetzt haben wir den ersten Baustein, sage ich mal, nämlich so Verortung, was passiert da, wie fühlt es sich an, schon mal gehoben. Beim nächsten Mal können wir uns der Frage widmen, was kann ich eigentlich als Führungskraft tun, um das gut zu managen. Und dann haben wir noch, was kann ich als Unternehmen tun. Aber für heute denke ich mir, guter Endpunkt.

Stefan Lammers: Ich danke dir.

Mehr zum Thema

Leadership

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Leadership: Dazu spricht Joel regelmäßig mit Stefan Lammers von SLBB, der auf die Entwicklung von High Performance Teams spezialisiert ist. Du bist hier genau richtig, wenn du auch zur High Performance Führungskraft werden und erfahren willst, welche Potenziale in deiner Führung stecken. Ob für dein gesamtes Unternehmen oder für dein Team – mit diesem Podcast katapultierst du deinen Führungsstil auf ein neues Level.