Führung im Startup vs. Konzern – was passt wann zu mir?

21. Juni 2023, mit Joel KaczmarekNina Pütz

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Intro: digital kompakt. Heute aus dem Bereich Führung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek, ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute habe ich eine weitere Geschäftsführerin an meiner Seite, schon wieder die liebe Nina Pütz von RatePay. Und ihr wisst, wenn Nina da ist, dann reden wir immer über Leadership und in der Regel meistens mit einem Change-Einschlag. Heute so ein bisschen in between, wir reden heute nämlich über das Thema Führung im Startup versus Konzern. Und da hat Nina gesagt, pass mal auf, da packe ich jemanden ins Gepäck, nämlich die liebe Diana. Diana Pullner, die ist CPO bei RatePay. Die kann nämlich wie ich einiges erzählen, weil wir beide Welten kennengelernt haben, nämlich eBay als eher konzernig und jetzt RatePay als eher startupig. Also werden wir heute mal darüber sprechen. Wie unterscheidet sich das eigentlich in der Führung? Was muss ich anders machen? Was darf ich erwarten? Und wo bin ich richtig, wenn ich was möchte? So würde ich es mal kurz zusammenfassen. In diesem Sinne, schön, dass ihr da seid, ihr beiden. Hallo.

Nina Pütz: Hallo.

Diana Pullner: Hallo.

Joel Kaczmarek: Wie kommst du, dass du hier die Diana heute im Schlepptau hast? War das wirklich so, weil ihr gemeinsam eine Station habt und dann gemeinsam ein bisschen in der Historie gegrabbt? Oder hattest du eine bestimmte Idee noch?

Nina Pütz: Diana ist eine sensationelle Führungskraft. Nicht nur bei RatePay, sondern war auch bei eBay herausragend. Und hinzu kommt, wir haben ja schon eine ganz lange Historie, wir beide. Wir kennen uns, haben wir gerade nochmal festgestellt, seit über 18 Jahren. Das will auch schon mal was heißen, dass wir uns nach 18 Jahren auch noch ertragen können und zusammenarbeiten.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe schon gelernt, ihr habt euch aber noch mit Mädchennamen im Telefonbuch hier so ungefähr, zumindest im Geistigen. Ja, aber erzähl doch mal, wie war es denn bei dir, Diana? Also irgendwann kam dann wahrscheinlich der Anruf durch, hier brennt es, ich brauche dich. Und dann kamst du so aus der sicheren, schönen eBay-Welt. Wie hat es sich angefühlt?

Diana Pullner: Sehr gut, ansonsten würde ich ja heute nicht hier sitzen und mit Nina sprechen. Ich war gerade bereit dafür, für eine große Veränderung. Ich habe damals in einer internationalen Rolle gearbeitet, das war super spannend. Ich habe aber auch sehr anspruchsvolle Arbeitszeiten gehabt. Ich habe von mittags bis 0 Uhr oder so gearbeitet, manchmal noch mehr. habe in einer Rolle gearbeitet, wo ich das europäische Team vertreten habe und hatte auch meine Herausforderung, dafür zu sorgen, dass wir genug Aufmerksamkeit bekommen. Und deswegen gab es ein paar Dinge, die ich mir so gewünscht habe. Und zwei Dinge habe ich bei RatePay gefunden. Deswegen habe ich mich sehr gefreut, dass Nina angerufen hat. Das eine ist, erstmal in Deutschland zu sein, übersichtlichere Arbeitszeiten zu haben, im übersichtlicheren Team zu arbeiten. Was aber viel wichtiger ist, dass wir eine ähnliche Kultur haben wie eBay. Die eBay-Kultur ist super. Ja, Diversität wird ernsthaft gelebt. Man geht sehr gut miteinander um. Man schätzt seine Kollegen, die sind sehr nett. Und gleichzeitig habe ich aber gesucht, irgendwie eine Möglichkeit, mehr Impact zu haben. Und das findet man in so einem etwas übersichtlicheren Umfeld, wo alle an einem Standort sind, natürlich wesentlich mehr.

Joel Kaczmarek: Da kommt ja sogar eigentlich noch eine weitere Komponente rein. Wir reden ja eigentlich quasi sogar nicht nur Startup versus Konzern, wobei ihr eigentlich fast eher Scale-Up als Konzern seid, sondern ja eigentlich sogar auch noch Deutsch versus National oder vielleicht in dem Fall amerikanisch, wo ich immer so gehört habe, die Amis sind immer ganz special. Also wir haben schon gelernt, Zeitzone kommt mit rein. Was ich immer so den Eindruck habe, ist, wenn ich in einer amerikanischen Firma arbeite, habe ich oft so dieses Stadthalter-Syndrom. Du bist zwar so der deutsche Stadthalter, aber entschieden wird in Seattle oder in New York oder wo immer die Firma sitzt. War das bei Ebay auch so oder ging das?

Diana Pullner: Sehr ähnlich. Es ist gar nicht mal unbedingt, dass es darum geht, wo sitzt wer, sondern es geht mehr darum, wie sehr kann man sich auch aus den USA in die Bedürfnisse von deutschen Nutzern einfühlen. Und die Antwort ist etwas weniger. Und deswegen hat man, wenn man in Deutschland sitzt und die Zentrale beeinflussen will, eine wesentlich größere Herausforderung. Und trifft natürlich auf andere Ziele, die andere Länder mit reinbringen oder auch das US-Team. Und deswegen verbringt man sehr viel Zeit mit Storytelling, mit Präsentationen und mit Lobbying-Arbeit. Das ist natürlich anders als in einer kleinen deutschen Firma, in der alle zusammensitzen und man einfach miteinander redet.

Joel Kaczmarek: Dafür sind wahrscheinlich Werte auch bei Amerikanern nochmal ganz anders aufgehangen. Also da schreiben die sich ja in der Cafeteria an die Wand, während wir Deutschen sagen, wie, was, value, warum, erzähl. Oder war das auch so?

Diana Pullner: Ich wusste es aber wirklich zu schätzen. Dadurch, dass man explizit klar macht, was die Werte sind, merkt man, dass Leute sich mehr daran orientieren und die auch wirklich leben wollen. Und das ist etwas, was ich sehr wertschätzt habe. Durch die Werte hat eBay eine Superkultur. Und das ist genau das, was ich halt auch in anderen Firmen dann gesucht habe und was ich jetzt auch so bei RatePay gefunden habe.

Joel Kaczmarek: Und jetzt lass mal hier Hand aufs Herz, Nina. Man hat ja so ein bisschen die Klischees. Startup, total viel Verantwortung, riesige Lernkurve, ich kann ganz viel Macht haben, wie ganz kurz auch unerfahren versus Corporate, mehr Politik, dafür mehr Sicherheit, dafür vielleicht auch sich nicht ganz so tot arbeiten. Also da hat man ja so ein paar Bilder, man könnte so drei, vier Sachen bei jedem dazuschreiben. Was ist denn so dein kleines Einmaleins? Was heißt Arbeiten im Startup versus Führen im Konzern?

Nina Pütz: Konkret bei mir war das ja so, du hast zwar eine Geschäftsverantwortung im Konzern, also in meinem Fall fast eine ganze P&L verantwortet, aber nicht komplett. Und wenn man dann einmal genau reinguckt, kann man gar nicht viele Faktoren direkt beeinflussen. Das heißt, du bist zwar für den Umsatz verantwortlich, hast aber überhaupt keine direkte Steuerung auf die Leute, die entwickeln und auf die Produktmanager, musst irgendwie riesengroß internationale Lobbyarbeit machen. Kannst eigentlich nur erfolgreich sein, wenn du ein richtig guter Leader bist, der eine Matrix führen kann und es eben schafft, immer den größtmöglichen gemeinsamen Nenner für das Gesamtunternehmen zu finden. Und jetzt in einer kleineren Firma, in unserem Scale-Up, triffst du eine Entscheidung und die siehst du zwei Wochen, drei Wochen, vier Wochen später sofort in deiner PNL. Du hast also einen ganz anderen Impact, den du generierst. Das heißt, du bist zwar nicht nur auf dem Papier für Zahlen verantwortlich, aber du steuerst sie auch unmittelbar. Und das war eigentlich der größte Unterschied, dass ich zwar bei eBay ein Milliardengeschäft verantwortet habe, aber mal genau genommen wenig direkten Einfluss jetzt unmittelbar habe, sondern immer von vielen anderen Abteilungen und Faktoren mit Zielkonflikten, die da sind und unterschiedlichen Prioritäten und Fokusthemen abhängig bin.

Joel Kaczmarek: Wie hast du das so erlebt?

Diana Pullner: Sehr ähnlich, nur aus einer anderen Perspektive. Ich habe immer sehr produktnah gearbeitet bei Ebay, habe aber auch sehr viel Zeit damit verbracht, erst mal anderen zu erklären, warum man eine Veränderung machen soll. Mich mit den Experten zu treffen, zu überlegen, wie ich auf Augenhöhe mit diesen super Spezialisten sprechen kann, obwohl ich mehr ein Generalist bin im Land und dafür zu sorgen, dass sie es irgendwann priorisieren. Und deswegen in der Balance würde ich sagen, ich habe 80 Prozent Lobbying-Arbeit gemacht und dann 20 Prozent Umsetzung gemacht. Und jetzt ist es genau andersrum. Jetzt mache ich 20 Prozent drüber nachdenken, was sollte man tun, ein bisschen absprechen und dann ist 80 Prozent der Energie in die Umsetzung gesteckt. Und insofern ist es sehr ähnlich. Beides hat aber auch Vor- und Nachteile, so ist es nicht.

Joel Kaczmarek: Apropos Lobbyarbeit, wie viel ist denn in so einem Konzern eigentlich Politik?

Nina Pütz: Das hängt ganz stark vom Konzern ab. Wenn ich jetzt für unseren beiden ehemaligen Arbeitgeber spreche, war das sehr, sehr wenig. In einem traditionellen, sehr country-spezifischen Konzern ist es noch deutlich stärker. Aber im Vergleich zu jetzt, wir haben ja jetzt Zero Politics. Also ich habe ein bisschen Politics im Shareholder Management natürlich, da hat man so ein bisschen was, aber für unsere täglichen Geschäftsentscheidungen, die wir treffen, kann man sagen, wir haben Zero Politics, wir machen einfach.

Joel Kaczmarek: Habt ihr das so erlebt, dass man irgendwann, wenn man in Führungskraft in einem Großunternehmen ist, dass man so detached ist von dem eigentlichen Produkt und den eigentlichen Kunden?

Diana Pullner: Also ich kann das gar nicht bestätigen. Dadurch, dass wir immer sehr herausfordernde Ziele hatten, haben wir uns sehr damit beschäftigt, was wäre denn das Beste, was wir tun könnten, um dieses Ziel zu erreichen und haben dann genau Pläne gemacht, um diese umzusetzen. Da bleibt gar nicht so viel Raum dafür, also für persönliche Meinung oder so Gefühle. Sondern das ist schon eine sehr rationale Angelegenheit, die dann auch mit Zielen hinterlegt ist, mit KPIs. Und dann geht es nur darum, ob man die tatsächlich erreicht oder nicht. Ich glaube, das ist anders bei Apple oder bei irgendeiner Firma, bei der man so diese eine Figur hat. Das war bei uns gar nicht so.

Nina Pütz: Ich glaube, der moderne Führungsstil von heute ist ja fälschlich zu glauben, dass nur weil wir da jetzt sitzen, dass uns jetzt alle anhimmeln und von uns den ganzen Tag lernen wollen. Sondern mein Führungsanspruch ist ja eher der Identitätsstil. Jeder Einzelne, den ich jetzt einstelle in meinem Team, ist ja in seiner Rolle viel besser als ich. Das Einzige, was ich ja machen kann, ist den Leuten bloß den größtmöglichen Raum geben, dass sie sich entfalten kann. und ich kann jetzt Budget besorgen, Gelder besorgen und einfach allen größtmöglichen Freiraum lassen. Alles andere wäre ja total falsch, wenn ich mich jetzt hinsetzen würde und glauben würde, ich wüsste das alles besser.

Joel Kaczmarek: Und wenn man jetzt mal so überlegt, stellt euch mal ganz kurz vor, eine Sekunde, ihr seid jetzt jemand, der einstellen muss für entweder Ebay oder für RatePay oder sagen wir mal stellvertretend großes Unternehmen versus kleines Unternehmen. Was würdet ihr denn sagen, welche Personen sind in welchem Umfeld richtig aufgehoben?

Nina Pütz: Du hast ja schon Unterschiede. Also in der Phase, in der wir bei RatePay jetzt gerade sind, das erfordert Ärmel hochkrempeln, in diversen Bereichen sich auch mal ein bisschen aufs Detail bewegen, Dinge zu hinterfragen und einen ganz klaren Fokus auf Umsetzung und Execution einzusetzen. Und wenn man dann in vielen Bereichen merkt, oh hier gibt es ja noch gar keinen Prozess oder das ist alles neu, dann muss man auch Spaß daran haben, das zu definieren und von Null auf aufzusetzen. Für einen großen Konzern, da ist ja ganz viel schon vordefiniert. Du hast viel weniger Umsetzung, sondern sag ich es mal bewusst negativ, oftmals bist du ein zahnloser Tiger. Du bist zwar für einen riesen Bereich verantwortlich, hast eine riesengroße Umsatzverantwortung und eine Geschäftsverantwortung oder ein Operating Income, aber es ist wenig, was du jetzt unmittelbar direkt mit deinem Team verwendest. steuern kannst. Deswegen gilt es einfach, großmögliche Einflussnahme zu üben auf globale Entscheidungen, die dann dazu führen, dass das Land oder der Bereich, was man jetzt gerade eben leitet, bestmöglich mitperformt. Deswegen ist, würde ich eher sagen, bei uns Detailfokus umsetzungsstark, aber auch so Barrieren gehen, geht nicht, gibt Wenn man ein Problem kommt, irgendwie gucken, wie kann man den riesen Felsen jetzt aus dem Weg räumen? und im Konzern ist viel mehr Zeit verwenden auf Leute abholen, Leute mitnehmen, Leute überzeugen von den einzelnen Themen, was man hier überhaupt nicht braucht, weil wir einfach machen. Wir gucken uns an, sagen, finden wir das gut, sieht gut aus, Business Case, Wahrscheinlichkeit ist gut, also machen wir jetzt einfach mal. Das kannst du da natürlich nicht.

Joel Kaczmarek: Lass uns mal bei dir fiktiv denken, du würdest jetzt weggehen, wo du gerade bist und müsstest deine Nachfolgerin oder der Nachfolger heiern. Nach was für einem Typ Menschen würdest du gucken? Was für einen Bildungsstand, was für eine Karriere bisher, welches Alter, wie situiert, was würdest du sagen, muss der oder diejenige mitbringen?

Diana Pullner: Ja, also einige der Kriterien spielen gar keine Rolle. Ich glaube, es ist als erstes sehr, sehr wichtig, dass man heute kümmere ich mich darum, wie machen wir Planung? Morgen überlege ich mir, wie können wir diesen neuen Bereich starten? Dann muss ich jetzt aber irgendetwas deliveren. Wie sorge ich also dafür, dass wir jetzt die Spezialisten haben, die sich damit auskennen? Und deswegen als erstes ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass man Spaß an unterschiedlichen Aufgaben hat und in bestimmten Hinsichten Generalist ist. Das Zweite, was sehr wichtig ist, ist, dass man einen hohen Level in Resilienz hat. Denn es gibt natürlich auch Setbacks. Man muss damit zurechtkommen, dass irgendwann das Funding plötzlich nicht da ist. Dann ist es wieder da. Geht jemand verloren, dann muss man schnell jemand Neues heiern. Man muss also sehr gut mit Rückschlägen zurechtkommen und eher eine Chance in allem sehen und dann vorwärts gehen. Und ja, vom Hintergrund her, ich habe Ich habe ja einen sehr diversen Hintergrund. Ich habe im Konzern gearbeitet, im Startup gearbeitet, überall und deswegen hätte ich da gar nicht unbedingt Präferenzen. Die Person muss einfach eine realistische Erwartung davon haben, was da kommt.

Joel Kaczmarek: Und welche der Dinge, die du gerade gesagt hast, wären bei Ebay oder einem großen Unternehmen jetzt anders und was käme dafür hinzu? Also wenn du das jetzt mal in Relation setzt, wenn du jetzt genau dasselbe für deine vorherige Arbeitswelt suchen würdest?

Diana Pullner: Da würde ich nach jemandem suchen, der wesentlich stärker spezialisiert ist. Ich habe da eine bestimmte Rolle gehabt, war für Homegarden verantwortlich. Dann würde ich jemanden suchen, der diesen speziellen Hintergrund hat. Weil da geht es darum, sehr tief ins Thema reinzugehen. Man muss das Rad da nicht neu erfinden. Es gibt da schon meistens alles. Man muss sich keine Gedanken darum machen, was links und rechts passiert. Deswegen würde ich da jemanden suchen, der das Spezialwissen hat. Auch Resilienz, aber ganz andere. Da geht es eher darum, einen langen Atem zu haben. Und wenn man eine gute Idee hat, die ganz lange zu verfolgen, bis sie tatsächlich umgesetzt wird. Mit Rückschlägen muss man auch zurechtkommen, das sind aber ganz anders geartete Rückschläge und deswegen kommt mir das, was ich mit meiner derzeitigen Rolle mache, wesentlich handfester vor und auch ernster zum Teil.

Joel Kaczmarek: Ist denn eigentlich das, was jetzt auch Diana gerade beschrieben hat, immer wirklich so ein Automatismus bei großen Unternehmen? oder fallen dir auch große ein, wo du sagst, nee, ist ganz anders, die sind viel Startupiger, obwohl sie so groß sind oder ist es quasi so, korreliert es oft oder ist es sogar wirklich kausal, dass wenn du groß bist, dann ist das so und so und so?

Nina Pütz: Ja, du hast halt in einem großen Konzern automatisch ganz viele Rollen besetzt und musst dich gar nicht um alles kümmern. Ein konkretes Beispiel ist, also wenn du in so einem Laden bist wie bei uns, 260 Köpfe, die wir da haben, da musst du halt auch mal, wenn Office-Veranstaltung ansteht, dann packst du halt selber mit an oder holst die Blumen selber morgens oder kümmerst dich nochmal ums Catering oder räumst da selber nochmal auf. Das ist im Großkonzern undenkbar, da gibt Es ist ja immer eine Person, die das alles schon macht. Dann hast du im Strategieprozess ein Riesen-Strategie-Team sitzen, die machen das. Du bist per se in deinem Verantwortungsbereich viel spitzer, viel enger. Und in so einem Scale-Up und auch im Start-up musst du viel flexibler sein. Du musst viel mehr machen. Du bist viel unternehmerischer tätig, weil du einfach alles von A bis Z Ich übertreibe jetzt mal bewusst, aber vom Toilettenpapier bis zum Wasser in der Küche mit aber allen Geschäftsentscheidungen, die noch anstehen und dann musst du Geld besorgen und Leute heiern und alles, das ist ein viel breiterer Scope und es muss einem auch Spaß machen, sich mit sowas auseinanderzusetzen, wenn du jetzt wirklich nur rein auf dein inhaltliches Ding arbeiten willst, bist du da vielleicht auch falsch, weil eigentlich In einem gewissen Level musst du halt in so einem mittelgroßen Unternehmen viel mehr und viel breitere Dinge selber machen.

Joel Kaczmarek: Gibt es bestimmte Faktoren, die dich von einer Rolle ausschließen? Also Beispiel Alter. Bin ich, wenn ich ein bisschen älter bin, bei euch falsch aufgehoben und vielleicht besser in einem großen Unternehmen?

Nina Pütz: Nein und deswegen liebe ich ja RatePays und finde es so sensationell und freue mich so, weil die Kultur kann ich selber machen. und jetzt ist es ja auch kein Geheimnis, je diverser die gesamte Mitarbeiterschaft, desto statistisch relevanter der finanzielle Erfolg eines Unternehmens. und das ist total. total fälschlich zu glauben, dass du mit irgendeiner Altersspannbreite, sagen wir mal 30 bis 40, heute noch erfolgreich bist, sondern die erfolgreichen Unternehmen der Zukunft, die wissen, von den 20-Jährigen bis zu den 65-Jährigen, bis die Leute in Rente gehen, alle zu nutzen und dass alle sogar im Idealfall Spaß haben, miteinander zu arbeiten und auch den unterschiedlichen Bias kennen, was die einzelnen Generationen und was sie antreibt. Langfristig, wir haben riesengroßen Fachkräftemangel. Die Babyboomer, die gehen alle in Rente bald. Du musst automatisch die ganze Altersskala ausnutzen, sonst kriegst du überhaupt gar keine Leute mehr. Bei uns, wir haben wirklich alle Altersklassen. Wir sind im Schnitt natürlich auch, ich glaube jetzt 37, 38 ist unser Schnitt, Aber wir haben wirklich von Studenten und wir holen uns junge Mitarbeiter, also wir haben schon diverse Working Students, die wir dann übernehmen. Dann haben wir Uni-Abgänger und dann haben wir die Klassischen, die ein paar Jahre Berufserfahrung haben, dann einsteigen. Und die letzten Jahre haben wir gezielt Leute jetzt wie Diana auch eingestellt, die eben schon massive Berufserfahrung haben, die eben so ein Scale-Up schaffen auf die nächsten Jahre. Umsatzmilliarden, die wir dann irgendwann mal machen, da brauchst du einen anderen Erfahrungsschatz. Und jetzt mache ich tatsächlich ein bisschen Schublade. Jemand, der natürlich 18 Jahre Berufserfahrung hat oder 20 Jahre, ist in gewissen Themen einfach ein bisschen resilienter als jemand, der kann noch so granatenmäßig toll und schlau sein, aber als jemand, der erst zwei bis vier Jahre Berufserfahrung hat. Also ein bisschen was kommt auch mit Alter und Erfahrung tatsächlich.

Joel Kaczmarek: Wir diskriminieren noch ein bisschen weiter. Das heißt ja nicht, dass das unsere Meinung widerspiegelt, aber einfach mal um Klischees einen Haken hinter zu machen oder durchzustreichen. Macht es einen Unterschied vom Geschlecht her, wo ich besser aufgehoben bin, ob in einem großen oder einem kleinen Unternehmen? Ist es vielleicht zum Beispiel besser, wenn ich eine Frau bin, sage ich mache Familienplanung, dass ich in einer größeren Firma sicherer situiert bin, da vielleicht auch klarere Arbeitszeiten finde versus einem Unternehmen wie Startup oder eure Größe jetzt?

Diana Pullner: Also in der Vergangenheit hätte ich ja gesagt. Nach meinem ersten Kind bin ich wieder zu Ebay gegangen, weil ich mehr Beständigkeit brauchte. Und die Startup-Welt damals so aussah, dass man teilweise im Büro geschlafen hat. Ich habe das definitiv gemacht, besonders in der Technikabteilung. Heute kann ich das überhaupt nicht mehr unterstreichen. Heute ist es normal, Kinder zu bekommen. Es ist normal, dass sowohl Mütter als auch Väter Elternzeit nehmen, in meiner Umgebung auf jeden Fall. Heute würde ich genauso zu RatePay gehen oder zu eBay oder zu einer anderen Firma. Das wäre kein Thema mehr für mich. Darauf würde ich mich jetzt nicht mehr fokussieren.

Nina Pütz: Und das ist, glaube ich, völliger Quatsch, das ans Geschlecht zu knüpfen. Dazu muss man vielleicht sagen, wir hatten jetzt amerikanischer Konzern, vielleicht auch eine kleine Bubble. Also bei mir war es ja tatsächlich so, ich bin ja nach meiner ersten Elternzeit gestorben. promoted worden, also das gab es vorher auch nicht und ich hatte ursprünglich geplant, sogar in Teilzeit zurückzukommen, also musst du dir vorstellen, Teilzeit-Mutti, die aus der Elternzeit zurückkommt, wird promoted, das war unseen und hat also ein Vertrauen gezeigt, dass ich den Teilzeit nicht geschafft habe, dem Job und dann ganz schnell Vollzeit sei jetzt dahingestellt, aber ist völlig egal und Wir haben natürlich bei uns jetzt ein kleines Unternehmen, in bestimmten Bereichen noch ein bisschen höhere Flexibilität, als dass du es im Konzern hast. Das heißt, wir haben zwar Standards, die wir haben bei uns, aber du kannst in bestimmten Bereichen auch noch ein bisschen mehr Ausnahmen schaffen, als was du jetzt vielleicht im Großkonzern machen kannst.

Joel Kaczmarek: Gut, dritte Diskriminierungsebene, Diversity Background. Wenn ich jetzt meinetwegen Expert bin, ich komme sozusagen non-deutsch sprechend nach Deutschland und arbeite hier oder was Queer ist, also alles, was, sage ich mal, ein bisschen Toleranz erfordert, vielleicht auch am Arbeitsplatz, würdet ihr sagen, dass man eher gute Umgebung in einem großen Unternehmen findet? Oder du sagst jetzt, nein, wir sind voll divers, weiß ich, aber nimm es mal breit betrachtet, jetzt mal RatePay als Elitebeispiel außen vor, bin ich eher, wenn ich divers unterwegs sein möchte und mich da auch gesehen fühlen, eher in der kleinen oder eher in der großen Organisation besser aufgehoben?

Nina Pütz: Völlig wurscht. eBay hat schon 2007 einen riesenstarken Fokus auf Diversity gelegt und große Programme gemacht und kleinere Firmen im Übrigen auch. Jetzt weiß ich, jetzt sprechen wir, wir sind hier in der Berliner Bubble, wir sind jetzt nicht in Buxtehude bei einem kleinen Mittelständler mit 50 Leuten, wo der Patriarch sitzt auf dem Dorf. Ich glaube, da hast du, wenn du sehr bunt bist, sehr diverse, kann man da schon an Grenzen stoßen. Das ist aber, glaube ich, hier in der Berliner Bubble, in der wir sind, sowieso kein Thema. Und ich spreche da jetzt auch nicht nur für eBay und RatePay, aber guck dir doch mal alle Konzerne an, die hier sitzen. Ob es meine Freunde sind, die jetzt bei BMW oder Daimler oder VW sitzen oder in den Internetkonzernen, das ist überall gleich.

Diana Pullner: Meine Erfahrung ist ein bisschen anders da, was das angeht. Ich bin auch der Meinung, das kommt nicht auf die Firmengröße an, sondern eher darauf, welche Werte die Firma hat. Und meine Erfahrung aus eher so Austauschkreisen ist, es gibt durchaus Firmen, die heute immer noch gar kein Programm für Frauen haben oder für andere Gruppen, wo jegliche Versuche der Mitarbeiter noch immer an Grenzen stoßen. Und das ist genau das, weswegen ich auch ganz, ganz lange bei eBay geblieben bin, weil ich mich fast gar nicht rausgetraut habe. Für mich ist Diversity sehr wichtig. Man hört das sicher nicht, aber ich bin halb Nigerianerin und deswegen ist es für mich wichtig, in einer Umgebung zu arbeiten, in der ich so genommen werde, wie ich bin, unabhängig von meiner Hautfarbe, der Tatsache, dass ich eine Frau bin oder eine Mutter bin. Und da habe ich schon interessante Erlebnisse gehabt. Das hat aber nichts mit der Firmengröße zu tun, es hat was mit der Kultur der Firma zu tun.

Joel Kaczmarek: Siehst du auch so, dass es eher mit der Technologie die Sprache und die Kultur verändert oder auch mit der Größe?

Nina Pütz: Vor allen Dingen mit der Technologie, aber auch mit der Größe, weil das ist Fachkräftemangel getrieben. Also wenn dir hunderttausende Fachkräfte fehlen in Deutschland, dann musst du die ja irgendwo herbekommen und dann musst du kreativ werden. Und dann ist es halt branchenabhängig, ob du eher Amerika oder Indien oder China oder Asien oder Südamerika gehst, das ist dann halt branchenabhängig. Aber dir bleibt ja gar nichts anderes übrig, weil du deine freien Stellen sonst gar nicht nachbesetzen kannst. Also ich meine, wir mussten auch wirklich hart lernen, weil wir hatten vor anderthalb Jahren die Situation, wir haben keine Leute bekommen. Sowas von schwer, es gab niemanden auf dem Markt. und dann haben wir auch versucht kreativ irgendwie zu denken, wo gehen wir jetzt international hin und schaffen es am besten und haben da auch Lehrgeld bezahlt, ordentlich, weil es nicht so funktioniert hat, wie wir uns das gedacht haben mit unserem Nearshoring, was wir uns da ganz toll überlegt hatten.

Joel Kaczmarek: Und jetzt mal noch eine ganz andere Frage. Viele Leute gehen ja hin und planen ihren Lebenslauf. Gibt es da für euch eine logische Abfolge zwischen kleines, mittleres, großes Unternehmen, dass wenn man sagt, okay, wenn ich in die Richtung gehe, dann fallen diese Türen zu, während wenn ich in diese gehe, jene. Oder ist das so, dass man heutzutage sagt, nein, eigentlich ist das so kompetenzgetrieben offen in beide Richtungen?

Diana Pullner: Für mich ist es eindeutig kompetenzgetrieben. In meinem eigenen Lebenslauf merke ich, dass ich immer wieder hin und her gegangen bin zwischen kleinen und großen Unternehmen. Es gibt Dinge, die ich wertschätze bei großen Unternehmen, zum Beispiel, dass man Ressourcen hat, dass man mit echten Spezialisten zusammenarbeitet, dass man meistens einen sehr hohen Standard hat. Dann bemerke ich aber, es dauert immer alles so lange. Und dann arbeite ich lieber bei kleineren Unternehmen, da geht es ein bisschen schneller, da hat man aber nicht immer die Spezialisten, dann wünscht man sich wieder ein bisschen mehr Ressourcen. und deswegen, ich glaube nicht, dass es eine klare Abfolge gibt, sondern es gibt bestimmte Dinge, die man in dem Umfeld lernen kann und bestimmte Dinge, die man in dem Umfeld lernen kann und es hat viel damit zu tun, welche Präferenz man hat, also auch in welcher Hinsicht man resilient ist.

Joel Kaczmarek: Würdet ihr sagen, dass man verbrannt ist für das andere, wenn man das eine ausprobiert hat in irgendeiner Form, dass man sagt, oh Gott, wenn du einmal den Duft der Freiheit gespürt hast, dann willst du nie wieder einen Konzern oder nee, wenn du einmal strukturgewohnt bist, dann ist das andere ja furchtbar anstrengend.

Nina Pütz: Ich glaube, wir beide sind ein Paradebeispiel, die ja beides gemacht haben und auch in beiden ganz gute Karrieren gemacht haben. Und ich würde auch mal behaupten, wenn wir jetzt morgen sagen würden, RatePay ist nicht mehr unseres, dann könnten wir genauso gut auch wieder in Konzern gehen, wenn wir es denn wollen würden. Nochmal dazu, wir haben Fachkräftemangel und Leute, die viel gesehen haben, sind nachgefragter denn je. Es kommt einfach darauf an, möchte ich halt unmittelbaren Impact haben oder bin ich fein damit, dass mein Zahnrad jetzt nicht in dem, wenn du dir das wie so ein Uhrwerk vorstellst, wenn ich in so einem Zahnrad arbeite, was aber vielleicht nicht so auf den ersten Blick sichtbar ist, wie das aufs große Ganze führt. Weil wenn du jetzt im Konzern in irgendeiner Abteilung bist, weißt du, da fehlt dir manchmal der Blick auf das ganz große Ganze, wie es jetzt zusammenkommt und dann einfach nur, was ist einem halt wichtiger.

Diana Pullner: Also meine Erfahrung ist tatsächlich, nachdem ich im großen Konzern gearbeitet habe, dass ich mich schon teilweise in Vorstellungsgesprächen rechtfertigen musste. Also schon bei kleineren Firmen sagen musste, nein, ich kann wirklich arbeiten. Nein, ich habe nicht nur in Meetings gesessen, ich habe Dinge umgesetzt und ich kann weiterhin Dinge umsetzen. Ich habe tatsächlich mit so ein bisschen Bias gekämpft, fand den Sprung dann wieder in eine kleinere Firma nicht immer leicht, weil einem unterstellt wird, dass man im Konzern nicht wirklich arbeitet.

Joel Kaczmarek: Wahrscheinlich in beide Richtungen. Wahrscheinlich sagen im Startup, hast du eigentlich nur am Kicker gedreht? oder habt ihr da in einem Startup auch was gemacht?

Nina Pütz: Ich glaube, das hängt auch nochmal davon ab, hast du jetzt 15 Jahre im Konzern nur einen Job gemacht, eine Rolle und bist da ganz tief reingegangen? oder kannst du auch 15 Jahre im Konzern sein und jedes Jahr eine komplett andere Rolle machen. Auch das ist ja wieder ein großer Unterschied.

Joel Kaczmarek: Erzähl doch mal so ein Stück weit aus dem Nähkästchen. Habt ihr so bestimmte Erlebnisse gehabt, die euch geprägt haben in einem oder anderen Umfeld, auch euren Führungsstil?

Diana Pullner: Es gibt zwei, die mir besonders einfallen. Eins ist eher negativ, eins sehr positiv. Das für mich herausfordernde Erlebnis war nach meinem zweiten Kind, bin ich zurückgekommen, wollte wieder anfangen im Konzern und es gab keine Rolle für mich. Und dann wurde mir eine Rolle angeboten, Head of Planning, bei der gesagt wurde, total langweilig, aus dieser Rolle wirst du niemals befördert und übrigens dein Manager auch nicht so cool. Ich habe es dann trotzdem gemacht, weil ich dachte, was soll's, man kann gar nichts verlieren. Wie das dann geendet ist, ist, ich konnte mir die Rolle eigentlich so stricken, wie ich wollte, hatte ja offensichtlich nicht so viel Aufmerksamkeit, habe gelernt, dass Planung sinnvoll ist und wie man es richtig macht. Bin aus der Rolle befördert worden nach nur sechs Monaten und der Manager war super, stellte sich im Nachhinein heraus. Das hat mich insofern geprägt, als dass ich jetzt weiß, man kann alles gestalten, man darf sich gar nicht erst irgendwo reinpressen lassen, sondern man überlegt sich selbst, wie man diese Rolle leben möchte, lebt sie so und delivered, also gibt die Antwort auf den Platz. Die richtig positive Erfahrung war für mich, als einer meiner Manager mir gesagt hat, du, ich möchte dich fördern, ich nehme dich so ein bisschen unter meine Fittiche, ich helfe dir, den nächsten Schritt zu machen. Diese Investition in mich als Person, das ist etwas, was man vielleicht eher in einem Konzern erlebt, dass wirklich eine High-End-Führungskraft, die selbst schon eine ganz lange Karriere gemacht hat und schon viel gesehen erlebt hat, in einen investiert und dafür sorgte, dass man den nächsten Schritt macht, Selbstbewusstsein aufbaut und tatsächlich dann innerhalb des Konzerns eine tolle neue Rolle findet.

Nina Pütz: Bei mir gibt es keinen Unterschied. Ich habe unglaublich viel gelernt, sowohl im großen Laden als auch im kleinen Laden. Und ich hatte sehr viele sehr gute Chefs und Chefinnen und ich hatte Glück, weil ich wenig schlechte hatte. Und auch von schlechten habe ich immer gesagt, was lerne ich jetzt hier? Also wie möchte ich es nicht lernen? Machen. Führungskraft-Koryphäen, die unglaublich viel Erfahrung haben, hast du dann eher im Konzern. Also im Start-up geht es ja auch darum, ganz viel machen und das alles ist ständig im Ändern und da sind andere Themen eben wichtiger, als sich jetzt wirklich dediziert den ganzen Tag mit Führung zu beschäftigen, sondern das ist andere Dinge einfach dringender. Die müssen halt einfach gemacht werden. werden. Und dann nimmst du dir jetzt nicht die Zeit ständig zu coachen und Mentoring zu machen und Development planen zu machen und Karriereentwicklung sich mal in Ruhe hinsetzen und planen, wo möchtest du die nächsten drei bis fünf Jahre hingehen, weil darum geht es überhaupt nicht. Es geht einfach ums Überleben. Du musst jetzt mal schnell wachsen und dein Produkt testen.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich, dass ich mal mit Jan Bredak von Veganz ein sehr gutes Gespräch geführt habe. Der hat mir von seiner Zeit im Konzern erzählt und der war halt relativ rücksichtslos, hatte einen Ober-Ober-Ober-Vorgesetzten, der ihn so protegiert hat und dann ist der halt aber weggegangen. Und wie bei so einem Puppenspieler waren dann die Schnüre durchgeschnitten und er war im luftleeren Raum und auf einmal haben ihn alle nur noch richtig beschissen behandelt, weil sozusagen die Coverage weg war. Und das hat er in dem Podcast, müsste ich fast mal verlinken, darunter hat er echt Seelenstriptease gemacht, dass er meinte, du, ich habe irgendwann nur noch meiner Assistentin gesagt, keine Anrufe mehr durchstellen, habe mich in meinem Büro gesetzt, habe die Decke angeguckt, weil ich war fertig, mir ging gar nichts mehr. Ich habe überlegt, mir das Leben zu nehmen, ja, wo er meinte im Nachhinein, wie dumm eigentlich, aber ich bin so tief gefallen, weil sie dir quasi so die Klappen auch von den Schultern gerissen haben, wie bei einer Uniform. Habt ihr sowas auch erlebt, dass man in diese Richtung Seilschaften aufbaut, dass vielleicht gerade in größeren Unternehmen so dieses jemanden kennen, Vitamin B wichtig ist, Oder seid ihr da gesegnet, dass das gar nicht so war?

Nina Pütz: In meinem ersten Job tatsächlich, da bin ich auch gegangen nach ein paar Jahren, weil ich für mich verstanden habe, ich werde nie Teil dieser Seilschaften sein. Ich werde nie zum Inner Circle gehören. Und damit sind meiner Karriere einfach krasse Grenzen gesetzt. Ich komme hier über einen gewissen Punkt nicht hinaus, weil ich da nicht dazugehöre oder auch gar keine Chance habe, reinzukommen. Und ich habe für mich dabei gemerkt, erstens, ich habe mich ausgeschlossen gefühlt. Also das war wirklich dann über Family und Friends und alle immer rein. Und da kam jemand wie ich, der vom Studium kam, ich hatte überhaupt gar keine Chance, da reinzukommen. Das hat auf eine gewisse Art und Weise verletzt, weil natürlich willst du dazugehören. Aber es war für mich ein Learning zu sagen, nee, so, also A möchte ich so nicht führen, sondern die Leute kommen weiter, weil sie einen guten Job machen und weil sie der oder die Beste für eine jeweilige Rolle sind. Und auch bei eBay war es, natürlich hast du ein Netzwerk und du hast manchmal Phasen. Ein Countrymanager gibt und der hat sein Managementteam und der wird irgendwann ausgetauscht, dass dann mindestens die Hälfte des Managementteams mitgeht. Weil für sie jetzt die Situationen anders sind. oder jetzt kommt ein neuer Chef, neue Chefin und die challenged alles nochmal und stellt Fragen. und von solchen Wechseln habe ich viele gesehen. Ich hatte immer das Glück, dass ich da nicht immer so mittendrin war, sondern ich habe immer schon eher mein Ding gemacht und hatte halt das Glück, dass ich dann Leute mochte oder im richtigen Netzwerk in dem Moment war, wo ich dann eben nicht so stark von betroffen war.

Diana Pullner: Also ich habe etwas erlebt, das würde ich nicht in der Seilschaft nennen, das ist zu stark. Aber was ich erlebt habe, ist, dass ein bestimmter Typ von Mitarbeiter eine höhere Chance hatte, erfolgreich zu sein in einer Firma. Also zum Beispiel Ex-Berater mit dem selbstbewussten Auftreten und einer typischen BWLer-Karriere. Und ich habe meistens aber diesen Typus nicht entsprochen, deswegen fühlte mich sehr häufig eher außen vor und habe es eher von außen beobachtet. Das hat aber dazu geführt, dass meine Karriere sich auch gar nicht unbedingt geradlinig verhalten hat, sondern sehr viel hin und her ging. Für mich war es eine negative Erfahrung, aber ich würde es nicht gerade Seilschaft nennen, sondern eher so Lack of Diversity.

Joel Kaczmarek: Und großer rosa Elefant im Raum, ihr seid beide Frauen. Habt ihr geschlechtsspezifische negative Erfahrungen gemacht in irgendeiner Firmengröße? Da nicken sie beide bedächtig.

Diana Pullner: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll natürlich.

Nina Pütz: Abend füllen, da können wir nochmal drei Stunden Podcast draus machen.

Diana Pullner: Also ich bin vor 22 Jahren angefangen zu arbeiten. Das war eine andere Welt. Natürlich habe ich Riesenherausforderungen gehabt. Ich war in meinem ersten Job bei einer Unternehmensberatung. Wir hatten ein Team von 45 Leuten. Drei Frauen. Bei meinem allerersten Projekt hat der Projektmanager sich gar nicht mehr eingekriegt darüber, dass er eine Frau im Team hat. Der hat mir fast gesagt, wow, du bist ja eine Frau. So geartete Erfahrungen habe ich unterbrochen gemacht damals, weil es noch okay war, richtig explizit zu sein. Das erlebe ich heute überhaupt nicht mehr. Aber der Weg dahin war steinig und da gab es schon ziemlich viel zu überdauern. Heute sind es eher so unconscious biases. Also wenn überhaupt erlebe ich nur etwas, wo Leute nicht richtig nachdenken oder irgendwelche Erwartungen haben. Aber abendfüllende Erlebnisse in den letzten 22 Jahren zum Thema, wie ich als Frau bei der Arbeit behandelt wurde, insbesondere auch seitdem ich Mutter bin. Also Mutter zu sein ist ja dann der absolute Todesstoß, weil einem ja gar nichts mehr zugetraut wird. Also noch nicht mal mehr Anwesenheit so ungefähr, weil einem unterstellt wird, dass man ab jetzt immer nur noch zu Hause ist und sich um ein krankes Kind kümmert. Was dabei vergessen wird, ist, dass ich genauso kompetent danach war. Einfach nur meine Zeit anders gemanagt habe und deswegen, da ist mir sehr viel passiert.

Nina Pütz: Ich liebe diese Frage. Ich weiß nicht, wie oft du die gehört hast, Diana, aber ich kann bei mir auch nicht mehr erzählen. Wie schaffst du das, Nina, mit deinen zwei Kindern und deinem Job? Und dann denke ich mir, wieso wird mir überhaupt diese Frage gestellt? Wird dir jemals ein männlicher Kollege von mir gestellt, wie er das denn schafft mit seiner Frau und seinen zwei, drei Kindern? Keinem, aber uns wird es ständig gestellt.

Joel Kaczmarek: Ich frage das ganz oft, Florian Heinemann und hier Sandy Kuttlich, weil die vier Kinder, wie macht ihr das? Du kriegst ja gar keinen Schlaf.

Diana Pullner: Was ist denn das, ey?

Joel Kaczmarek: Aber ja, sind für sie recht.

Nina Pütz: Ich habe da auch die dollsten Dinge erlebt. Aber ich hatte das große Glück, auch wieder in dieser Berliner Bubble, amerikanisches Unternehmen zu sein, wo es sicherlich deutlich besser ist als im deutschen Mittelstand. Da sind nochmal ganz andere Welten. Aber ich hatte auch ein, zwei Chefs, Wo das ein Thema war, ob man jetzt eine Frau oder ein Mann ist und ob man dann zum Inner Circle gehört, aber es war nicht mehr. Aber auch das habe ich jetzt über die Jahre gelernt, dass ich da im eBay-Konzern massives Glück hatte und in dieser Bubble war, wo wie gesagt schon ganz früh Wert auf Diversity gelegt wurde und gerade auf einen gewissen Frauenanteil in Seniorenpositionen. Also das war ganz früh schon die Regel, wenn du zwei gleichgeartete Kandidaten, Kandidatinnen hast, dann nimmst du die Frau. Weil der Share erhöht werden muss zwischen Mann und Frau. Das war schon 2007 Recruiting-Regel bei Ebay. Da profitiert man dann natürlich mit. Aber ich mag auch immer nicht diese Diskussion Mann-Frau und das ist so abgedroschen. Mittlerweile sollte eigentlich überhaupt gar keine Rolle spielen. Wir müssten da eigentlich gar nicht drüber reden. Und ich mag auch immer nicht diese Diskussion. Frauen sind so benachteiligt und immer Glas-Sealing. Und das ist nicht zielführend, sondern für mich ist immer Jeder, jede, die einen guten Job macht, hat auch die Daseinsberechtigung. Jeder, der gut ist, kommt weiter und da ist Geschlecht egal, da ist Religion egal, da ist Hautfarbe egal oder Nationalität. Es sollte eigentlich überhaupt gar keine Rolle spielen und null Thema sein.

Joel Kaczmarek: Und aber nochmal zurückgeführt auf unser Thema Führung im Startup versus Konzern. Die abendfüllenden Materialien, die ihr euch über die Jahre angesammelt habt, hatte das was mit der Firmengröße zu tun, mit der Firmenart? oder war das eher was gesamtgesellschaftliches oder was kulturelles? Was würdet ihr sagen?

Diana Pullner: Für mich ist das schon etwas, was vorherrschender ist im Konzern. Einfach nur, weil man da sehr leicht untergehen kann. Man muss sehr viel tun, um auf sich aufmerksam zu machen, damit man Chancen hat, damit man gesehen wird, damit man den nächsten Schritt machen kann. Und dort habe ich sehr häufig das Gefühl gehabt, dass ich noch höher springen muss, nur um ähnlich gesehen zu werden. Trotz allem ist das natürlich auch gesamtgesellschaftlich.

Nina Pütz: Ja, ich finde es auch, es ist auf jeden Fall auch gesamtgesellschaftlich. und im Vergleich jetzt zu dir war ja selbe Firma. Ich hatte immer das Glück, dass ich an Themen gearbeitet habe, die so eine hohe Visibilität hatten. Das heißt, ich musste gar nicht laut sein oder mich irgendwie hinstellen, sondern es waren einfach die Inhalte. Da musstest du da eh ständig antanzen bei den Europachefs oder beim CEO und damit kannte der dich natürlich. Wenn ich an anderen Themen gearbeitet hätte, wäre das natürlich auch anders gelaufen.

Joel Kaczmarek: Ich muss gerade daran denken, wie Jörg Reinbold mal zu mir meinte in der Gründungszeit von Alando damals, also Prä-Ebay, da hat selbst der Postbote sich beworben, ob er nicht da mitgründen kann, was ich ganz geil fand, weil er so die Pakete da gebracht hat. und als letztes würde ich jetzt von euch gerne mal noch wissen, diese Mär, dass man im Startup ja so leicht aufsteigen kann, weil da bin ich gerade hängen, wie du das meintest, ich habe das Gefühl gehabt, im Konzern muss ich doppelt so hoch springen für die gleiche Sichtbarkeit. Ist das so, dass meine Karriere steiler sein kann, wenn ich in einem kleinen Unternehmen bin, weil ich schneller Verantwortung kriege, schneller in Führungspositionen rücke? oder ist das gar nicht so sehr, weil es vielleicht auch nicht so nachhaltig ist?

Diana Pullner: Das ist für mich eindeutig. Einfach nur deswegen, weil es mehr um das Handeln geht. Es geht mehr darum, was du wirklich machst. Wenn du tolle Ergebnisse ablieferst, öffnen sich durch das Wachstum meistens Chancen, sehr schnell sehr viel mehr Verantwortung zu übernehmen oder einen größeren Bereich. Du wirst tatsächlich mehr an dem gemessen, was du machst und etwas weniger daran gemessen, wie du darüber redest und wie du dich positionierst und welches Storytelling du betreibst. Und deswegen, ich spreche immer ein bisschen mehr aus der Produkt- und Tech-Perspektive kommt, glaube ich, dass es sehr viel leichter ist, eine steile Karriere im Startup zu haben, wenn man delivert.

Joel Kaczmarek: Was wir natürlich noch gar nicht besprochen haben, wir haben jetzt immer nur auf die Unternehmensgröße geguckt, aber mit Unternehmensgröße verbindet sich ja oft auch eine unterschiedliche Ownership. Also in eurem Beispiel zum Beispiel, ihr wart ja ich glaube lange finanziert und hattet einen Otto gehangen und habt jetzt mit Nexi irgendwie einen Besitzer. Das macht ja was mit einem versus wenn man börsennotiert ist, versus wenn man Familienkonzern ist, KMU etc. etc. Was ist so euer Gefühl? Wie verändert sich eine Arbeitskultur, eine Arbeitsumgebung aus Führungssicht, wenn die Ownership sich wandelt?

Nina Pütz: Hat massive Einfluss. Wir gehören ja zu Italienern. Also ganz stark italienisch geprägt. Guckst du dir das Exco an bei Nexi und guckst dir da mal die Geschlechterdiversity an, spricht für sich. Aber dann ist immer die Frage, wie tief bist du integriert, wie unabhängig bist du, wie viel Freiraum hast du? und da haben wir halt das große Glück, das ist zwar ein Tanker Nexi, die uns gehören, aber wir haben ja komplette Unabhängigkeit. Sonst könnten wir überhaupt gar nicht so agieren, wie wir es tun, weil die Entscheidungen würden ja zehnmal so lange dauern, wie sie jetzt dauern. Da kannst du natürlich, wenn du jetzt PE-geowned bist, also eine Private-Equity-Firma dein Shareholder ist, da kannst du sicherlich schneller agieren, als wenn es jetzt ein Großkonzern ist und dann ist es jetzt vielleicht ein deutscher traditioneller Mittelständler. Ist es jetzt ein analoges Geschäft, was du machst oder ist es ein Digitalgeschäft? Das hat ja auch nochmal einen ganz großen Einfluss. Also ich finde immer je digitaler alles ist, desto schneller sind auch Entscheidungen und desto flexibler ist man digital.

Joel Kaczmarek: Ich überlege gerade so, was dann so das primäre super, super Horrorszenario ist. Also wahrscheinlich analoges Produkt, irgendwo auf dem Land, alter konservativer Firmenpatriarch, dann hast du schon eine hohe

Nina Pütz: Drama, da kannst du dir die Kugel geben oder kündigen, weil wenn du Dinge umsetzen willst und verändern willst, weil es dauert einfach ewig. Und dann ist wieder die Frage auch, wie gut ist dein Einfluss und wie gut erklärt man seine Geschichte? Schafft man es jetzt, die Shareholder abzuholen oder nicht? Und in unserem Fall liebe ich ja an den Italienern, die sind ja total offen. Und Meetings mit Italienern machen einen unglaublichen Spaß. Da wird wahnsinnig viel gelacht, ist immer witzig, wird viel gestikuliert. Die sind offen und in der Regel sind die sehr, sehr konstruktiv. Also ich persönlich habe wirklich riesengroßen Spaß mit denen.

Joel Kaczmarek: Und bei jeder Firmenfirma gibt es großartige Pizza.

Nina Pütz: Ja, nicht nur Pizza, gib vor allen Dingen gutes Lunch, also da sind dann so die Business Deals, gehst du erstmal Mittag essen und dann sitzt du eine Stunde beim Lunch, alle reden nur privat, nur geschäftlich und die letzten fünf Minuten, dann wird der Deal gemacht, beim letzten Espresso.

Joel Kaczmarek: Bei den Russen ist es dann noch so, da musst du neben der Zimmerpflanze sitzen, weil wenn die die zehnte Runde Wodka geben, dann musst du die auch mal schnell in den Pflanzentopf kippen können und so. Ja, cool. Also letzte Frage dann an euch beiden natürlich. Ihr beides probiert, was gefällt euch denn besser?

Nina Pütz: Also in meinem Fall gibt es kein, was gefällt mir besser, sondern ich sage, wo ich bin, will ich sein. Ich habe mich bewusst nach Ebay und nach Brands for Friends dafür entschieden, eine mittelständische Karriere weiterzumachen. Da möchte ich sein, da bin ich total glücklich. Aber ich würde nicht ausschließen, dass ich auch nochmal in ein ganz kleines Startup gehen würde oder wieder ein Großkonzern. Also ich würde sagen, alles ist offen und es hängt von der beruflichen Herausforderung an und von den Themen, die da anstehen. Aber jetzt ist das perfekt und ich bin total glücklich da, wo ich jetzt gerade bin.

Diana Pullner: Mir geht es genauso. Ich finde verschiedene Szenarien oder verschiedene Firmengrößen haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Es kommt immer so ein bisschen darauf an, was man gerade sucht. Was aber viel wichtiger für mich ist, ist wie die Kultur der Firma ist, wie der Ausblick der Firma ist, was gerade ansteht und auch welche Rolle ich da füllen soll. Mir gefällt es manchmal, diejenige zu sein, die Strukturen heraufbeschwört und dafür sorgt, dass man endlich plant und dass man nicht nur einfach immer schreiend losrennt. Und manchmal ist mir das dann aber auch irgendwie zu viel und dann möchte ich einfach gerne, dass alle anderen schon einsehen, warum man irgendwie strukturierter vorgehen soll. Und deswegen fühle ich mich eigentlich in jedem Kontext wohl und es geht eher darum, herauszufinden, wo ist mein Mehrwert, was kann ich eigentlich tun? Und deswegen fühle ich mich sowohl in einem blutigen Startup als im Scale-Up als auch im Konzern wohl.

Joel Kaczmarek: Blutig, das trifft es übrigens gut. Ein bisschen wie bei Steak, ne? Magst du es eher so medium well oder so richtig schön roh noch? Okay. Ja, cool ihr beiden. Vielen, vielen Dank. Hat Spaß gemacht mit euch da mal in beide Welten einzutauchen und bin mal gespannt. Ich habe vieler viel gelernt. Bleibt gesund, ihr beiden. Du auch.

Diana Pullner: Danke.

Outro: Danke fürs Zuhören beim digital kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Leadership: Dazu spricht Joel regelmäßig mit Nina Pütz von RatePay, deren Spezialisierung im Change liegt. (Werdende) Führungskräfte, die sich eingehend mit den Themen Führung und Veränderungsmanagement befassen, finden hier einzigartige Perspektiven, viel Praxiserfahrung und anregende Ratschläge. Dieser Podcast ist also ein Muss für jede:n, der oder die sinnvolle Veränderungen vornehmen möchte und dafür nach Führungsansätzen sucht.