Wie Top-Führungskräfte Souveränität in Situationen von Ungerechtigkeit bewahren

25. Januar 2023, mit Joel KaczmarekStefan Lammers

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und habe heute wieder den lieben Stefan Lammers mit dabei. Stefan Lammers ist der Führungskräftekoach für mich schlechthin und seine Beratung SLBB sei stets jedem Hörer und jeder Hörerin ans Herz gelegt. Und in der heutigen Folge konnte ich Stefan dazu gewinnen, dass er sich mal auf ein kleines spontanes Thema einlässt. Normalerweise ist er top top vorbereitet und heute nur ein Top, nicht zwei, weil ich gesagt habe, sag mal Stefan, können wir nicht heute mal eine Folge machen? zum Thema Souveränität in Situationen der Ungerechtigkeit bewahren machen. Weil vielleicht kennt ihr da draußen das auch alle, gerade im Geschäftskontext, aber auch privat hat man ja öfters die Situation, dass man sich ungerecht behandelt fühlt und dann noch das eintritt, was ich mit dem Wort von Stefan, was er mir beigebracht hat, jetzt immer als emotionalen Geisterfahrer bezeichne. Die Leute manchmal auch noch patzig werden, obwohl man sie eigentlich in der Falschrolle warne. Und weil das bestimmt vielen Menschen so geht und ich gerne für mich selbst Abhilfe hätte, aber auch für andere da draußen, durfte ich ihn heute mal breitschlagen, das zu machen. Also lieber Stefan, moin, schön, dass du da bist und danke, dass du mir heute mal meinen Wunsch erfüllst hier.

Stefan Lammers: Mach ich doch super gerne mit dir und freue mich drauf, mich einzulassen auf dieses Spontanexperiment.

Joel Kaczmarek: Ich habe immer so eine Situation im Kopf, wenn ich an sowas denke, wie das Thema, über das wir heute reden, nämlich, also ich finde dieses Begriff emotionaler Geisterfahrer ist mein Lieblingsbegriff seitdem und zwar, es hat nichts mit Business-Kontext zu tun, weil ich ja meine Kunden nicht in die Pfanne haue, sondern dass von mir trotzdem geschätzte Partner sind, auch wenn sie sich mal blöde benehmen. Erzähl ich mal eine Privatlebens-Unfairness, so eine Situation, was vielleicht ganz bildlich macht, worüber ich rede. Und zwar, ich stand mal eines Tages vor einem Bioladen bei uns um die Ecke. Es war 7 Uhr morgens und er machte erst um 7.30 Uhr oder was in der Art auf. Und wie ich da so stehe, kommt auf einmal eine Frau mit ihrem kleinen Hund an, hat so einen Hundekackebeutel in der Hand und legt diesen Hundekackebeutel auf den Fenstersims des Ladengeschäftes nebenan. Und es sprang so aus mir heraus, dass ich sie anguckte und meinte so, Sie haben doch da nicht gerade wirklich ihre Hundekacke bei den Leuten aufs Fenster gelegt. Dann trat das ein, was ich gerade meinte, ein Fehlverhalten und man geht sozusagen aber trotzdem in die Offensive anstatt in die Einsicht. Dass ich meinte, wieso, was geht sie das denn überhaupt an? Und ich sag so, naja, also ich fände es nicht so geil, wenn das vor meinem Fenster wäre und ich wohne ja auch hier. Dann meinte sie zu mir, ja, sind sie aus dem Osten oder was? Und ich gucke sie an und sag so Nee, bin ich nicht, aber was hat das auch damit zu tun? Dann war kurz Schweigen, hab ich es schon auf mich nicht bewenden lassen, hab gedacht, okay, hast dein Statement gemacht und nach dir die Sinnflut. und dann ging die nächste Tirade los und irgendwann ist sie dann beleidigt, ab von dann gezogen und trug das Ding 300 Meter weiter in den Mülleimer. Und ich glaube, so eine Situation kennt jeder aus seinem Privatalltag, aber in der Geschäftswelt genauso. Also um es mal hypothetisch zu formulieren, dass man vielleicht irgendwie den Chef hat, der selbst eine Deadline killt und einem selber die Schuld daran gibt. Oder dass Zuarbeiten nicht geleistet werden, die zugesagt waren. Oder man wird einfach unachtsam behandelt. Vor einem Termin wird irgendwie regelmäßig abgesagt, die Person ist zu spät, schlecht vorbereitet, dann trotzdem unfreundlich. Also all diese klitzekleinen Situationen, in denen man sich ungerecht behandelt fühlt und der andere oder die andere dann vielleicht auch noch in so eine Haltung geht, die man irgendwie doof findet. Das ist so mein bigger picture. Hast du bestimmt auch schon mal erlebt solche Situationen. Ist glaube ich kein Geheimnis, oder?

Stefan Lammers: Ja, ich kenne solche Situationen natürlich. Und es gibt auch die Situationen, die mich dann aus der Ruhe bringen und wo ich das auch vielleicht sogar gerne mache, dass ich mich aus der Ruhe bringen lasse. Und in der Regel bin ich da an diesen Momenten, sind das so meine Lieblingsmomente, wo ich dann ganz souverän reagieren kann. Ist doch eine Frage, mit Welche Einstellung ich unterwegs bin. Also wie gesagt, manchmal spiele ich das Spiel ganz gerne und drehe mich dann auch mit jemandem ganz fürchterlich auf. So habe ich übrigens mal eine meiner besten Freundinnen kennengelernt bei einer Tankstelle, als sie da gerade vor mir in der Reihe Leute zusammenfaltete, weil die da irgendwo sich nicht richtig genommen haben. Und ich habe sie dann abgeholt mit einem Eis und bin mit ihr ins Gespräch gekommen, als sie an der Waschanlage wartete auf ihr Auto. Und daraus ist eine langjährige, sehr schöne Freundschaft entstanden.

Joel Kaczmarek: Wir können ja mal damit beginnen, vielleicht über das Thema Subjektivität zu reden. Weil das erste, was mir selbstkritischerweise einfällt, ist, wenn man über Ungerechtigkeit empfindet. Ungerechtigkeit ist ja oft irgendwas Relationales und Subjektives. Also was der eine als gerecht empfindet, empfindet der andere nicht unbedingt als gerecht. Hast du da so eine Grundhaltung zu?

Stefan Lammers: Ich finde das so klasse, weil das habe ich mir gerade aufgeschrieben. Ich glaube, wir haben das auch schon mal irgendwo in einem Podcast gehabt. Also Gerechtigkeit ist ja immer so ein Thema. Wir erleben das ja gerade überall. Wir nennen das ja immer die emotionale Aufschaukelung, die passiert. Also man nimmt irgendwelche kleinen Anlässe und aus denen wird gleich was Riesiges gemacht in irgendeiner Form. Und es fehlt komplett diese Beruhigung und diese Zurückhaltung, um über die Situation mal nachzudenken. Und wenn wir jetzt drauf gucken, Gerechtigkeit ist eben eine sehr persönliche Angelegenheit. Also wir können über ein Thema reden, wir zwei miteinander, obwohl wir uns jetzt so viele Jahre kennen. können unterschiedliche Ansichten haben und wir sind beide gleichzeitig der Meinung, ich habe Recht und du denkst, du hast Recht. Und wir sind davon überzeugt und wir können da trefflich drüber streiten. Und das ist aber jetzt die Frage, geht es dann darum, sozusagen einen Sieger am Ende davon zu tragen, der sagt, ich habe das Recht jetzt, ich habe den anderen überzeugt oder was auch immer. Oder kann es nicht sogar sein, dass gleichzeitig zwei Leute auch Recht haben in einer Situation. Und das ist eben eine ganz spannende Betrachtung. Es hat immer was mit dem persönlichen Empfinden in so einer Situation auch zu tun. Was wir glaube ich gerade an manchen Ecken verlernen ist, dass wir halt mit einer gewissen Gelassenheit daran gehen und Souveränität und eher auf die Verbindungen und die Brücken schauen, die man dann miteinander wiederherstellen kann und das was man lernen kann, sondern dass wir lieber die Perspektive einnehmen uns eben emotional hochzuschaukeln, uns aufzuregen und so weiter. Das gibt ja mehr Beifall oftmals, wenn man sich aufregt und tut einem aber nicht gut.

Joel Kaczmarek: Ja überlege ich so, bringt das wirklich mehr Beifall? Ich habe ja immer eher so das Gefühl, sich aufzuregen bindet eigentlich mehr Energie auf allen Seiten.

Stefan Lammers: Naja, wenn du dir das zumindest in den sozialen Medien wie Twitter und so weiter anguckst, was da passiert, dieses Ätzende und der Hass, der in vielen Situationen ausgekippt wird, eben nicht schön und er wird auch dann eben sehr schnell übergriffig. Nehmen wir jetzt mal gerade diese Geschichte aus der Elphi, da habe ich heute einige Sachen gesehen. Mit den Klimaaktivisten, die dort unterwegs gewesen sind. Da kann man jetzt ganz unterschiedlicher Meinung sein.

Joel Kaczmarek: Erzähl mal mehr, ich weiß gar nicht, worum es da geht. Achso, okay.   Stefan Lammers: Also in der Elbphilharmonie sind zwei Personen reingegangen und haben dann, also neben vielen anderen Zuschauern, die sich vorgenommen haben halt für Klimawandel zu demonstrieren. Das ist ja heute dieser Klebereflex, wie man das glaube ich nennt oder so, dass man sich dann irgendwo anklebt. Und die haben sich dann halt an das Dirigentenpult angeklebt. Und dann haben die halt ihre Themen vorgetragen. Die Leute fanden das alle nicht gut, weil die lieber Musik hören wollten. Und jetzt haben sie sich aber dummerweise an ein Metallteil geklebt, was man einfach rausnehmen konnte. Das war einfach gesteckt. Und dann waren die zwei halt angeklebt. Mit diesem Teil sind sie dann rausgeführt worden unter großem Jubeln des Publikums. Und dann sind von denen auch Fotos gemacht worden. Ich verstehe auch gar nicht, warum die Fotos veröffentlicht worden sind. Ehrlich gesagt, ich finde das schon ziemlich schräg. Und was daraus jetzt gerade in den sozialen Medien passiert, finde ich echt grenzüberschreitend, weil sehr viel passiert. persönlich über die gesprochen wird und das finde ich einfach nicht mehr angemessen. Und das ist so die Frage, worüber unterhalten wir uns eigentlich in solchen Situationen. Ich kann also diese Situation gut finden und kann sie unterstützen, ich kann sie gleichzeitig aber auch schlecht finden, also die Aktion, dass sie sich angeklebt haben und kann dagegen sein. Gegen beide Haltungen und es kann mir auch egal sein, gegen alle drei Haltungen ist im Grunde genommen nichts einzuwenden. Und jetzt kann man darüber streiten und kann darüber sich unterhalten, wie man damit umgehen kann. Dafür habe ich volles Verständnis. Muss ich jetzt sozusagen die nächsten Grenzüberschreitungen hinten dran machen, dass ich dann anfange persönlich zu werden, dass ich die beiden Personen diffamiere, dass ich über die Diffamierung der beiden Personen versuche, die gesamte Aktion des Klimaschutzes und Ähnliches zu diffamieren. Das ist für mich eben eine Grenze, die da überschritten wird. Und ich glaube, da sind wir dran. schlechter geworden in den letzten Jahren, souverän mit so einer Diskussion umzugehen und in solchen Medien, wenn das dann passiert, dann entsteht eben auch ein starker Widerhall in der Gesellschaft und es wird auf einmal eben sehr stark auch geklatscht, auch für das Niedermachen von Menschen und für das Anprangern von Menschen. Und ich finde, das wird sukzessive stärker. und das ist früher mal in Einzelfällen bei Medien gewesen, wir haben das früher bei Sportstars beispielsweise erlebt, Die sind lange gehypt worden und dann irgendwann ist denen irgendetwas passiert und dann sind sie niedergemacht worden. Mir fällt da gerade Jan Ulrich beispielsweise ein als Exempel. Und das ist eben eine Frage, dass das eben jetzt nicht mehr so Einzelfälle sind, sondern dass das jeder irgendwie so das Gefühl hat, er kann das tagtäglich auch machen. Und das finde ich sehr bedauerlich. Und ich würde mich da freuen, wenn wir da wieder einfach ein Stück weit abrüsten und ein Stück weit auch wieder eine Souveränität entwickeln. Und uns überlegen, wie wir gerade mit anderen Menschen umgehen und was wir da auch wieder auf der anderen Seite auslösen und zurückkriegen dann am Ende auch. Weil es ist dieses emotionale Aufschaukeln. Wir kriegen ja eine Retourklatsche in irgendeiner Form. Das hört ja nicht auf.

Joel Kaczmarek: Mein Freund Sebastian Krumbiegel sagt immer, wer den Kopf aus dem Fenster steckt, wird geföhnt. Das fand ich irgendwie ganz gut. Ja, das ist auch okay.

Stefan Lammers: Ich habe auch gar nichts gegen Föhn. Und ich habe auch gar nichts gegen einen harten Diskurs miteinander. Und unterschiedliche Argumente. Aber die Frage ist halt, wo ist an diesen Ecken eine Grenze? Und wir schieben diese Grenze halt Wir verschieben diese Grenzen immer wieder und tolerieren auch Dinge. oder schlimmstenfalls, nicht nur, dass wir sie tolerieren, sondern schlimmstenfalls hängen sich ganz, ganz viele hinten dran als Rucksäcke und sagen, ach, das ist aber toll. Guck mal. Und schade, dass sowas passiert.

Joel Kaczmarek: Also ich lerne jetzt, erster Punkt war mal die Subjektivität zu hinterfragen, was ist eigentlich gerecht, was ist ungerecht. Zweite, es bricht sich auf die Frage runter, aus welcher Haltung will ich agieren.

Stefan Lammers: Ganz genau.

Joel Kaczmarek: Und hast du da nochmal einen Impuls, wenn man jetzt merkt, dass solche Grenzüberschreitungen passieren? Also das ist ja auch eine Form von, also das Ungerechtigkeitsgefühl, was ich gerade beschrieben habe, ging ja auch in diese Richtung. Ich empfinde es als Grenzüberschreiten, wenn jemand aus einem Fehlverhalten irgendwie in eine Falschkommunikation aus meiner Wahrnehmung geht. Was für Impulse kann man denn eigentlich selbst setzen, wenn man quasi Opfer einer solchen Grenzüberschreitung wird?

Stefan Lammers: Also das ist natürlich echt jetzt ein weites Feld. Also ich bin erstmal froh, dass in vielen Unternehmen heute es ja dafür auch Beauftragte gibt. Also dass es Leute gibt, die Ansprechpartner sind für Leute, die Grenzüberschreitungen erleben, ob das jetzt eben im Bereich des Sexismus ist, ob das in dem Bereich über Übergrifflichkeiten ist. verbal oder auch körperlich ist. und das finde ich total wichtig und finde ich auch klasse, dass es das in Unternehmen gibt. Schade, dass man sowas einrichten muss, aber auf der anderen Seite spiegeln ja immer, wenn mehrere Leute zusammenkommen, die auch ein Teil der Gesellschaft wieder. So und da passieren eben Dinge, die nicht immer okay sind oder die Einzelne für sich okay empfinden, aber die anderen nicht. So und ich glaube, was wichtig ist, dass man in der heutigen Zeit und das ist eben nicht einfach nach wie vor, dass man in solchen Momenten sich nicht als schwach fühlt und eben auch Stoppzeichen setzt und auch klar macht, dass man bestimmte Dinge nicht toleriert und gleichzeitig aber nicht dahin geht, in diese Spirale oder wir nennen es oft auch in den Tanz einsteigt, des gegenseitigen Aufschaukönns, dass man jetzt sagt, okay, ich bin jetzt sozusagen gerade Ich sage jetzt mal erniedrigt worden in irgendeiner Form. Jetzt muss ich zurückschlagen, indem ich den anderen auch erniedrige. Und dann fühlt sich der andere erniedrigt und der denkt dann, er muss jetzt wieder zurückschlagen, indem ich den anderen erniedrige. Und so schaukelt sich ja im Grunde genommen diese Spirale auf. Und die Frage ist, wie schaffe ich es, eine erwachsene Position im Grunde genommen einzunehmen, wo ich der Person auf Augenhöhe begegnen kann. Und beispielsweise geht das durch Fragen, indem man sagt, glauben Sie, dass diese Art und Weise gerade angemessen ist. Indem man sich vielleicht hinterfragt, ob man nicht mit dem Belehrenden daran geht, sondern möglicherweise versucht, einen Perspektivwechsel anzuregen. Zu sagen, okay, was wäre, wenn das bei Ihnen passieren würde und man würde das auf den Fenstersims legen, um bei deinem Beispiel zu bleiben. Wie ging es Ihnen dann dabei? Würden Sie das schön finden? Würden Sie es jetzt einfach wegbringen in irgendeiner Form oder würden Sie sich aufregen? Also da fängt dann jetzt an, der andere zu denken und es ist kein Angriff in dem Sinne. Ich glaube, das sind Methoden beispielsweise, wie man damit umgehen kann und eben in schwerwiegenderen Fällen tatsächlich auch andere Leute einschalten und zu sagen, ich toleriere das nicht, ich hole gegebenenfalls eine Polizei dazu, je nachdem oder eben nutze meine Ansprechpartner, die ich in den Unternehmen dafür habe.

Joel Kaczmarek: Apropos Position, was du gerade eben sagtest. Ich finde, wenn man sich über so eine Themen Gedanken macht, am Ende des Tages, also wenn man noch in der Lage ist, dass man nicht mehr emotionaler Beifahrer ist, gibt es ja auch, dass man dann selber gar nicht mehr sich selber so gut steuern kann, dann geht ja meistens ein Prozess los, dass man sich eigentlich so einer Positionsverordnung hingibt. Also sich fragt, was will ich gerade, wo stehe ich und was für Machtgefüge herrscht hier eigentlich gerade vor? Was ist denn da so deine Anleitung für, weil ich meine besonders schlimm ist es ja, wenn man so eine Ungerechtigkeit empfindet, ist ein Untergebener oder eine Untergebene in Anführungsstrichen und hat sozusagen auch noch eine Disposition, dass man quasi eine Macht, also unproportionales Machtverhältnis hat. Das ist ja so gefühlt wahrscheinlich das allerunangenehmste.   Stefan Lammers: Ich finde das gerade erstmal lustig von dir, so Wörter wie Untergebener oder Untergebene zu hören, das habe ich schon so lange nicht mehr gehört.   Joel Kaczmarek: Ich dachte es auch sonst nicht so, aber es empfehlen ja viele.   Stefan Lammers: Ja, ja, ja, pointiert das ja, was du gerade beschreiben möchtest. Finde ich gerade spannend. Also tatsächlich, wenn ich da auch an mich in meiner Sturm- und Drangzeit denke, als ich noch bei Eurocard beispielsweise unterwegs gewesen bin vor Vorzeiten, grauen Vorzeiten im Vertrieb. Ich habe mich immer gerne gestritten mit meinen Vorgesetzten und habe spannenderweise Genau über dieses Beispiel vorgestern noch mit meinem Sohn gesprochen. Da ging es genau um dieses Thema auch Souveränität zu behalten und wie schaffe ich es auch Respekt zu erhalten. Und ich habe eine Situation beispielsweise gehabt, in der wir ein Vertriebsmeeting hatten und in diesem Vertriebsmeeting habe ich dann zu sehr meine Finger in die Wunden gelegt, was mir gar nicht zustand, wo ich auch insgesamt diese gesamte Strategie komplett in Frage gestellt habe oder sie auseinandergenommen habe, was dazu führte, dass mein damaliger Freund, Chef angeblich, so ist es mir zugetragen worden, gesagt hat, ich habe die Schnauze voll, dem Lammers haue ich jetzt mal was aufs Maul. Ich kann es nicht mehr ertragen.   Joel Kaczmarek: Viel Glück bei deinem 1,95.   Stefan Lammers: Ja, das war auch eine Kante. Und später kam dann mein direkter Vorgesetzter auf mich zu und sagte, Stefan, du bist so ein Idiot. Du warst vorgesehen für die nächste Führungsposition und die hast du dir gerade selber kaputt geschossen. Und das sind eben so Momente, wo man anfängt über sich nachzudenken, gerade wenn man etwas jünger ist und sich nochmal überlegt, was machst du da eigentlich? Inwieweit ist das eigentlich richtig und auf welche Art und Weise kannst du das in Zukunft anstellen, dass du nicht nochmal in diese Situation kommst? oder wie kannst du anfangen, solche Maßnahmen, Entwicklungen von Anfang an mit zu begleiten, um da deinen Input auch reinzugeben und die zu prägen. Das heißt also, meine Lösung ist an vielen Stellen, wenn ich merke, dass ich mit Dingen konfrontiert werde, wo ich nicht ausweichen kann, dann frage ich mich selbst, was hätte ich eher tun können, um diese Situation anders beeinflussen zu können. Das ist ein Thema, was ich mache. Die zweite Geschichte ist, dass ich mich auch immer wieder mal hinterfrage, was sind denn die Spiele, die ich wirklich gewinnen muss und wo muss ich auch mal Spiele verlieren? Warum muss ich immer am Ende als Sieger aus einer Situation herausgehen? Ist das wirklich erforderlich in jeder Situation? Oder ist es auch mal okay, einfach zu sagen, okay, der andere hat einen fairen Punkt gemacht, ich finde ihn gerade überhaupt nicht lustig, aber auf der anderen Seite ist es auch okay, dass er jetzt mal den Punkt an dieser Stelle gemacht hat und ich mich der Situation auch füge oder mitmache und dann auch die andere Person dabei unterstütze, dass es trotzdem erfolgreich wird. Und ich glaube, das ist ganz wichtig, dafür sich drüber nachzudenken. Und für mich ist ja immer Viktor Frankl an dieser Ecke einfach eine große Hilfe. Mit der Aussage zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum und in diesem Raum besteht halt die Möglichkeit, eine Wahl zu treffen und darin liegt am Ende auch die Freiheit. Und das ist eben für mich so dieser Punkt, wie kann ich diesen Raum dehnen und wie kann ich für mich in solchen Momenten nicht sofort spontan intuitiv reagieren, sondern wie kann ich mich auch nochmal fragen, worum geht es hier eigentlich? Also welches Spiel wird hier gerade gespielt, welcher Tanz wird aufgeführt? Und was ist meine Position dazu? Was muss ich jetzt gerade? Was bringt mich eigentlich weiter? Oder am Ende, um es wieder mit Simon Sinek zu sagen an der Stelle, was ist eigentlich das Why für unsere Diskussion? Und muss ich jetzt gewinnen? Muss ich dagegen angehen? Muss ich den anderen runtermachen? Muss ich den anderen schlecht machen? Oder was auch immer. Und je mehr ich mir darüber klar bin, was meine Position ist, umso leichter fällt mir auch die Entscheidung zu treffen für eine angemessene Art und Weise, wie ich darauf reagiere.   Joel Kaczmarek: Ja, ich hab mich dabei ertappt, dass ich wieder an eine Situation zurückdenken musste. Ich hatte so eine Woche vor kurzem, da waren irgendwie lauter Leute, wo es auch in so Grenzkonflikte ging und wo genau sowas kommt. Ich finde, das, was du gerade beschrieben hast, ist ja auch ein bisschen das, was man im Militärischen so als Extreme Ownership bezeichnet. Also Bei einem Bataillon ist es so, wenn das Gefecht verloren geht, das Übungsgefecht, dann hinterfragt sich jeder und uns wird nicht die Schuld zugewiesen, sondern jeder muss sich fragen, was hätte ich tun können, das. Und am Ende des Tages ist es immer die Führungskraft, an der es hängt. Ich erinnere mich an eine Situation, da habe ich vor unserem Büro zum Beispiel Müll eingesammelt mit so einer Müllzange, weil irgendjemand wieder die ganze Straße zugemüllt hatte. Und da stand ein Container. Ich hatte mir so eine Lieferandotüte mitgenommen, so eine Restauranttüte, packte den Müll da rein, sieh den Container, ach super, leer ist aus, ist ja bequem. Ich wusste, dass in dem Haus die Glasscheiben ausgetauscht werden. Also würden über den Tag verteilt da im Prinzip Fensterrahmen mit dem Glas drin landen. Wo mir klar war, bei Containern ist es so, die zahlst du nicht nach Volumen, sondern, also es wird nicht gewogen, sondern die zahlst du nach Volumen, so rum. Und es ist nach Sortenreinheit. Es wird aber keinem Menschen auffallen, wenn da unten ein bisschen Papiermüll drin liegt und ein bisschen Plastik. Und dann kommt ein Mann an, meint auf einmal, als ich da so eine Glasflasche ironischerweise in diesen Container schmeiße, warum soll ich denn dafür bezahlen? Und dann guck ich ihn an und ich sag, wie meinen sie denn? Ja, na, ich zahl doch jetzt die Entsorgung, was soll denn das hier? Und dann guck ich den an. und das Komische ist, wenn wir über Ungerechtigkeit reden, in mir selber geht der Impuls los, man möchte dann pöbeln. Das ist so, man fühlt sich ertappt, man fühlt sich angesprochen, man denkt so, so ein Penner, was soll das jetzt und will aggressiv werden. Und ich guck den dann an dachte so, nee, du hast ja auch schon ein bisschen was falsch gemacht, ja, der Müll gehört ja da eigentlich nicht rein, so, guck ich ihn an und sag zu ihm, ja, haben sie recht, war ich ein bisschen faul, ne, wissen, es war einfach so bequem, das da reinzuwerfen und ist so doof, wo man das sonst reinwerfen soll, ja, da vorne ist so ein oranger Mülleimer, ich sag, ja, da passt aber die Tüte immer nicht so rein und so, ja, verstehe ich, seien sie mir nicht böse. meckerte er rum, realisierte dann, dass ich noch mehr reingeworfen hatte, knallte den Deckel zu und ging pissig halt weg. Und ich hab mich so dabei, das ist ja das, was du gerade eigentlich beschrieben hast, sich mal zu fragen, worum geht's da, welches Gefecht muss ich gewinnen, eine Verantwortung übernehmen, ich hab ja auch was falsch gemacht, ja, und in der Woche hatte ich lustigerweise einige solche Sachen. Mhm. Und trotzdem ist es manchmal so, dass ich finde, dass es frustrieren kann auf eine Art, wenn man weiß, ich hab selber die Spielregeln echt ganz okay eingehalten, ich hab vor meiner eigenen Haustür gekehrt, ignorierend, dass der andere das vielleicht nicht getan hat. Der hat ja jetzt nichts falsch gemacht, der war ein bisschen kleinlich, meinetwegen in dem Beispiel. Aber ich finde, da ist trotzdem so ein Element drin, dass mich meine Frau immer anguckt und sagt, wie schaffst du das nur, so ruhig zu bleiben? Und ich sag, ja, geht irgendwie. Aber manchmal hab ich mich auch, wenn man immer ruhig bleibt und immer der Verspielende ist Irgendwann kratzt einem das auch so ein bisschen.   Stefan Lammers: Da bin ich völlig dabei und ich glaube, da sprichst du einen ganz, ganz wichtigen Punkt an. Gerade Menschen, die extrem freundlich sind, halten ja viel aus und dann kommt es manchmal an Situationen zu Tage, wo es eigentlich nicht mehr angemessen ist. Dann bricht es dann auf einmal aus einem raus und man ist dann eben wütend. Aber eigentlich hätte man schon bei jemand anderem viel früher klare Kante zeigen müssen. Ja, und ich glaube, das ist wichtig. Es geht mir nicht darum, wenn wir uns über das Thema unterhalten, dass nicht wichtige Dinge geklärt werden müssen und dass man nicht in den Infight gehen soll. Da bin ich, kennst mich für, respektvoll, schonungslos, die Dinge zu benennen und sie dann auch miteinander zu klären, ist ganz wunderbar und ist wichtig. Aber an der richtigen Stelle, da wo sie hingehören und nicht sozusagen selber einen Arsch zusammenkneifen und sich nicht trauen in manchen Situationen und weggehen und dann, wo man das Gefühl hat, wo man vielleicht in einer stärkeren Position ist oder sowas, dann auf einmal ungerecht werden. Das ist auch so eine Geschichte, die wir bei dem Thema mit Social Media erleben. Also da gibt es sicherlich ganz viele Leute, wenn man die sieht und wenn man mit denen spricht, dann nicht sich vorstellen könnte, wie sie sich in Social Media geben. Da bin ich ganz, ganz sicher. Und das ist dann Kompensationsverhalten an der Stelle. Und das Schönste ist, wenn man so mit sich im Reinen ist und auch in der Kommunikation und die Dinge auch so adressieren kann zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle, dass man erst gar nicht in so ein Kompensationsverhalten reinkommt.   Joel Kaczmarek: Ich sag mal so, ich glaube ich nehme mit nach deinem Tipp, der vorher kam, dass ich das nächste Mal das noch erweitere. Es war ja fair zu sagen, habe ich es mir bequem gemacht und ist nicht ganz richtig.   Stefan Lammers: Total.   Joel Kaczmarek: Und dann kennt man aber mit einer Frage, mit einer Suggestivfrage so, aber meinen Sie nicht, wenn ich hier den Müll von der Straße sammle, der in Ihrem Container gar nicht auffällt, dass man darauf auch hinweg gucken könnte oder irgendwie so eine Form von Rückfrage, ja?   Stefan Lammers: Da würde ich allerdings dann eine offene Frage nehmen und keine geschlossene, weil der würde nämlich vermutlich Nein sagen. und dann hast du das nächste Problem an den Hacken, also achte auf offene Fragen an dieser Ecke, ne? Aber manchmal ist es eben auch eine Geschichte, also es wäre ja auch eine Möglichkeit gewesen, du hättest ja auch mit Leichtigkeit aus der Situation rausgehen können, du hättest ihn ja stehen lassen können, du hättest ja diese Technik nennt sich dann ein Stück weit Unrat vorbeischwimmen lassen, du musst ja auch nicht jeden Kampf fighten, den man dir anbietet. Ja, also wo gehst du denn wirklich rein? Also musst du dich jetzt mit dem unterhalten oder ist es jetzt gelaufen? und du gehst halt raus aus der Situation und sagst dir, okay, ich habe da immer schon vor vielen Jahren, 1996 auf Zypern war das glaube ich oder 98 auf Zypern, habe ich für mich dieses Bild entwickelt, eben dieses Unrat vorbeischwimmen lassen und für mich ist dieses Bild der Rhein bleibt der Rhein. Also egal, ob da jetzt irgendwie, wenn ich jetzt am Fluss reinstehe, ob ich da jetzt gerade Baumstämme drin rumschwimmen sehe oder eine Öltonne oder was auch immer das ist, das ist trotzdem der Rhein und das schwimmt daran vorbei und hat hinterher keine Bedeutung mehr. Aber der Fluss bleibt der Fluss. Und das ist für mich eben ein Bild, eine Metapher, die ich in solchen Momenten auch für mich innerlich ziehe, wo ich mich frage, macht es denn Sinn, jedes Ding jetzt anzugehen und mich darüber zu echauffieren? Oder ist es jetzt vielleicht viel klüger, mit meinen Energien zu haushalten und zu sagen, ja, das passiert halt. Und gut, dass Sie mich gefragt haben. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Und ich gehe.   Joel Kaczmarek: Aber welche Technik, also ich erinnere mich nämlich, ich hatte mal ein Stressbewältigungscoaching. Ich habe das noch genau vor Augen, wie diese gelockte Frau vor mir stand und meinte Ja, und wenn der Chef dann halt was rüberschmeißt, was so richtig Kacke ist, dann gehen sie mal kurz beiseite, lassen das vorbeischwimmen und dann stellen sie sich wieder hin und dann wird das Gespräch weitergeführt. Und das ist ja ein bisschen, wie du gerade sagst. Du gehst kurz beiseite, die Scheiße fließt einmal an dir vorbei und dann stellst du dich wieder hin. Und ich hab gedacht, wie mach ich das? Ist ja nicht so, du kriegst ja einen Föhn dann, ne? Also ist ja wirklich so, die Leute kacken dich voll und das nicht so an sich ranzulassen, ist ja wirklich   Stefan Lammers: Ich merke deine ganze Emotionalität in dem Thema.   Joel Kaczmarek: Mein Derailer-Thema diese Woche.   Stefan Lammers: Ich merke das schon. Die Situation ist aber genauso, wie die Dame das gesagt hat, die Gelockte. Das unterscheidet halt eine souveräne Haltung. Und das unterscheidet auch tatsächlich die Top-Ebene von anderen Ebenen. Das unterscheidet auch Top-Politiker von anderen Ebenen. Also ich muss in der Lage sein, einfach Dinge an mir auch oder mir genau zu überlegen, worauf ich einsteige. Also beispielsweise nehmen wir doch einfach mal nur tatsächlich die Politik an dieser Stelle. Kaum ein Bereich, wo öffentlich so viel entschieden wird wie dort. Und entscheiden bedeutet an der Stelle ja wieder, ich treffe eine Gruppe, die das gut findet und ich treffe gleichzeitig automatisch eine große Gruppe, die das nicht gut findet. Das heißt, ich bin als Politiker, wenn ich in diesen Job reingehe, von Anfang an damit auseinandergesetzt worden, Dass die eine Hälfte der Gesellschaft, egal was ich gerade für eine Entscheidung treffe, mich gerade nicht gut findet. Und das bin ich permanent unterwegs. Und wenn ich jetzt jedes Stöckchen aufnehme, was mir hingeworfen wird, um darauf zu reagieren, das kann ich gar nicht. Ich muss halt auch für mich eine Haltung entwickeln und überlegen, was mir wirklich wichtig ist und welchen Pfad ich verfolgen muss und was sind die Dinge, wo ich sage, ja, wie ich vorhin schon mal sagte, zwischendurch das Spiel auch mal zu verlieren und zu sagen, ja, ich werde euch keine Antwort geben können an dieser Stelle, weil es auch möglicherweise gar keine Antwort gibt oder es nicht lohnenswert ist, auf dieses Thema einzusteigen. Und das ist auch eine hohe Schule der Diplomatie, das ist eine hohe Schule der Kunst, in Top-Unternehmen unterwegs zu sein, weil du eben auch ganz viele Anspruchsgruppen in einem Unternehmen hast. Und leider Gottes wird es dann von den Mitarbeitenden in dem Unternehmen manchmal auch als Entscheidungsfläche ausgelegt, dass dann keine Positionierung erfolgt. Aber nichtsdestotrotz ist das manchmal auch der klügste Weg, das so zu tun.   Joel Kaczmarek: Also ich denke nur gerade darüber nach, was du beschreibst mit, da trennt sich ein bisschen die Spreu vom Weizen, Top-Politiker versus Normalo und so, was du gerade beschrieben hast. Am Ende des Tages geht es ja oft um Gefühle. Also das sind ja so, jeder hat ja so seine Derailer, wie ich von dir wieder mal ein schönes Wort von ein paar Jahren gelernt habe, also Sachen, die dich aus der Fassung bringen. Und ich habe neulich in einem schönen Buch, was ein grandioses Buch ist, by the way, von Karin Kuschik, 50 Sätze, die das Leben leichter machen, hatte ich sowas gelesen wie, wo Widerstand da ist, Wahrheit. Das heißt, wenn einem manchmal Gefühle geweckt werden durch bestimmte Dinge oder man Sachen nicht machen möchte, dann ist da irgendwas. Und die Frage, die mir jetzt auf der Zunge liegt, ist, wenn du sagst, Es gehört zum Spiel auf die Top-Ebene zu klettern, dass man seine Souveränität wahren kann, auch bei Themen, die einen derailen. Was ist denn der Weg dorthin? Ist es so ein Therapiefaktor, dass man sich da halt mit auseinandersetzt, muss es aufarbeiten? oder gibt es da Techniken, dass man sagt, ich weiß, es ist mein Thema und trotzdem kann ich aber irgendwie die Scheiße an mir vorbeischwimmen lassen, wie du es im Bild hattest?   Stefan Lammers: Ja, ein Part ist sicherlich auch Techniken zu lernen, wie man mit solchen Situationen umgeht und wie man da eben kommunikativ darauf reagiert. Ein anderer Part ist eben tatsächlich diese innere Kraft zu haben, nicht verführt zu werden, auf jedes Ding zu springen, was gerade da liegt. Und die andere Situation ist natürlich auch wiederum diese persönliche Reifung einschätzen zu können, welche Situation ist für mich gerade förderlich, welche ist bedrohlich und was ist eine angemessene Reaktion darauf. Also muss ich eben in den Angriff gehen in diesem Moment? Muss ich es thematisieren? Oder kann ich es eben auch liegen lassen? Und das ist natürlich auch auf der Top-Management-Ebene. Wenn wir uns das jetzt ansehen, CEOs und Ähnliche sind sehr, sehr stark in den öffentlichen Medien vertreten, sind in Social Media immer stärker vertreten. Und es wird auch von ihnen erwartet, weil die Persönlichkeiten, auch Politiker, auf der einen Seite möchte man, dass sie zum Anfassen sind. dass sie ihre Persönlichkeit zeigen und ihre Gefühle zeigen. Und auf der anderen Seite sollen sie sich so weit im Griff haben, dass sie immer alles angemessen beschreiben. Machen wir uns nichts vor. Die größten Dinge, wenn du dir einfach mal die letzten drei Monate anguckst von den Personen, sobald einer mal aus der Fassung fällt, in Anführungsstrichen, dann wird das sofort durch die Medien gezogen. Hat er die Kompetenz? Hat er die Reife? Ist das überhaupt der Richtige in dieser Situation? Und das ist schon eine ganz, ganz hohe Anforderung an Selbststeuerung, an Selbstkenntnis auch, wie ich in bestimmten Situationen reagiere. Und es ist auch ein Teil unserer Arbeit, die wir machen, eben genau über Persönlichkeitsdiagnostik beispielsweise zu gucken, wo sind die Railer und was ist das Rezeptbuch, was ich mir selber schreiben kann in einer Situation, wo ich nicht unter Druck stehe, wie ich in einer Drucksituation damit umgehe. Das ist eine ganz, ganz wichtige Eigenschaft für Top-Leute. Und Trend auch aus meiner Sicht wirklich für C-Level, zumindest in größeren Unternehmen, Aber auch in anderen Bereichen trennt das Freude vom Weizen, um auch gute Entscheidungen treffen zu können und sich nicht von den Gefühlen leiten zu lassen in dem Moment. Oder ich würde sogar sagen, nicht von den Gefühlen leiten, sondern von den Gefühlen reiten zu lassen.   Joel Kaczmarek: Und ich meine, was du ja im Prinzip sagst, ist choose your battles. Also sich zu überlegen, was ist meine Position? Welche Schlachten sollte ich schlagen? Welche sollte ich nicht schlagen? Und von denen, die ich schlage, welche davon muss ich gewinnen und welche kann ich verlieren? Und was ist deine Entscheidungsmatrix? Also wonach gehst du vor und überlegst dir, An welcher Stelle kannst du verlieren oder an welcher nicht?   Stefan Lammers: Da gibt es keine Matrix, da gibt es ganz unterschiedliche Parameter für mich beispielsweise. Ich habe oftmals so vor Augen das Thema von Lose-Win, Win-Lose, Win-Win und Lose-Lose. Also ich glaube einfach daran, am Ende müssen beide Seiten immer gut leben können und müssen gute Entscheidungen treffen, die für beide Seiten tragbar sind. Und wenn ich eine Situation habe, wo ich eine Situation erzeugt habe, dass der andere verloren hat, Dann versuche ich auch dafür zu sorgen, dass das in irgendeiner Form wieder ausgeglichen wird, damit wir wieder auf eine gute Balance kommen. Weil auf Dauer gibt es sonst ein Missverhältnis und wenn ich permanent gewinne und der andere verliert, dann landen wir am Ende im Lose-Lose. Weil die andere Person dafür sorgen wird, dass sie auch irgendwie gewinnt und das wird keine fruchtbare Beziehung miteinander sein. Und das ist für mich einfach ein gutes Modell, wo ich mich auch in Beziehungsarbeit dran beschäftige. orientieren kann, auch mit dem Kunden, um einfach Regulationen zu finden, wie weit kann ich gehen, wo muss ich möglicherweise auch abstoppen. Es geht auch durch Rückfragen und es geht für mich natürlich auch immer wieder, das ist ja immer die doppelte Position sozusagen, ich hole mir ja auch immer Rat oder lasse mich supervidieren oder habe auch einen Coach in bestimmten Situationen, wo ich hinterfragen kann, wie gehe ich mit der Situation um und mich selbst hinterfragen kann. Und das ist ja eben auch das, was ich gerade im C-Level auch des Öfteren mache oder regelmäßig mache, mit den Leuten Situationen durchzugehen und fragen, was ist ein angemessenes Verhalten in dem Moment und wie kann ich mit so einer Situation umgehen. Das ist ja so in diesem Bereich Executive Companion, in dem ich unterwegs bin, also Begleitung sozusagen der Executives, ist das eben auch eine Geschichte, die läuft ja nicht einfach nach Termin, so wie man das so beim Coaching kennt, sondern Da hat einer gerade jetzt ein Problem und dann ruft er in der Nacht an. Oder vor ein paar Jahren hatte ich das Heiligabend. Da habe ich mit drei Geschäftsführern nacheinander gesprochen. Heiligabend jeweils, ich glaube eine Stunde oder anderthalb. Und das fällt eben an zu einer bestimmten Zeit, wenn das gebraucht wird, um da gut miteinander umzugehen. Und nicht irgendwie nach Öffnungszeiten oder so in einem normalen Leben, sondern das sind einfach Momentreaktionen. Oder man hat ein anstrengendes Meeting abends gehabt, sitzt dann im Hotel und denkt darüber nach, wie gehe ich in den nächsten Tag rein. Und das ist eben gut, jemanden zu haben, der als Sparringspartner dann unterwegs ist. Und spannenderweise habe ich heute hier auch nochmal so eine alte Geschichte von mir erzählt, in der ich eben den Fehler gemacht habe. Ich war in einem Battle, das habe ich aber eher spät gemerkt, eigentlich erst am nächsten Tag, aber ich war auf einem Workshop, wo ich abends total fertig war und wo ich gemerkt habe, irgendwas stimmt hier nicht. Und dummerweise habe ich meine damalige Frau angerufen und mit ihr darüber gesprochen und habe nicht in externen Profi genommen, um das zu reflektieren. Meine Frau wollte mich retten, dass es mir wieder gut geht und ich habe am nächsten Tag dann diesen Workshop beendet und habe meinen Auftrag zurückgegeben, der sechsstellig war, weil ich da im Grunde genommen in der Konstellation alles versemmelt habe, was man versemmeln konnte. War eine gute Lehre für mich. Und das eben ist so ein Fall. Da hätte ich beispielsweise aus heutiger Position mit den Erfahrungen, die ich heute habe, zumindest andere Personen angerufen, die mich einfach neutraler unterstützen können in so einer Situation. Aber ich wäre vermutlich auch in diese Situation nicht mehr reingekommen, weil ich schon viel früher anders auf die Fronten reagiert hätte und eben nicht versucht hätte, mit denen ein Battle zu machen.   Joel Kaczmarek: Mir fallen noch zwei Dinge dazu ein. Das eine ist, dass in dem Buch, was ich vorhin zitiert hatte, auch irgendwie so ein schöner Faktor drin stand und ich glaube, der stimmt. Dass, wenn man manchmal dann irgendwann die innere Souveränität hat, ist es sogar fast egal, was man sagt, weil es geht in diesem Buch, ging es ja so um Sätze, die man sagen kann. Und dann meinte sie, wenn du den Satz verinnerlicht hast Es ist schon fast egal, ob du ihnen sagst, weil dann die Haltung schon so ist. Manchmal ist es ja wirklich so, wenn ich in so eine Souveränität reinkomme, kommen die Situationen gar nicht mehr auf. Also ich brauche das Werkzeug gar nicht, weil es gar nicht erst so weit kommt. Das ist irgendwie eine ganz faszinierende, selbsterfüllende Prophezeiung dann so ein Stück weit.   Stefan Lammers: Unterschreibe ich 100 Prozent.   Joel Kaczmarek: Ja, wirklich, ne? Und das Zweite, was mir gerade einfiel, war bei diesem Lose-Lose-Win-Win etc., also die anderen auch mal gewinnen lassen und sich genau zu überlegen, wie ist die Balance. Mir fällt da wieder ein Beispiel aus dem Privatleben ein, was ich ziemlich faszinierend fand. Wir haben Nachbarn, die sehr, sehr laut sind oft und wir regelmäßig irgendwie aneinander geraten. Und ich bin immer so ein Mensch, ich habe kein Problem damit, wenn jemand was falsch macht. Ich habe nur dann ein Problem damit, wenn er was falsch macht und dann noch unfreundlich wird. Das ist irgendwie so mein Ding. Und ich weiß noch, ich ging dann da hoch und hab gesagt, ja, hier könnte man ein bisschen mit euren Kindern tickenleise sein, wäre sehr nett, das ist halt echt laut. Und dann war die erste, der erste Kenner war so, was soll ich machen? Soll ich meine Kinder festbinden oder was? Ich mache nicht. Und es schlossen sich halt wirklich Jahre des wiederkehrenden Konflikts an. Immer wieder so Samstag um 6.30 Uhr wird gesaugt oder weiß ich nicht. Also wirklich so Dinge, wo du denkst, das ist einfach massiv rücksichtslos und mit ein bisschen Common Sense. Also alles, was du mitnehmen kannst, so fiel denen auf. Und irgendwann saß ich dann da, kurz vor Weihnachten letztes Jahr und dachte so, naja, also irgendwie, mein Gesangslied hat mir das lustigerweise gespiegelt, dass ich so dachte Man geht auch immer nur dahin und sagt was unfreundliches. Also bin ich am Abend hochgegangen, hab denen so eine Flasche Wein und irgendwie ein bisschen Süßigkeiten gebracht, klingel bei denen, was ist jetzt schon wieder? Und ich sag, ja, ich komm ja immer, Meckerfehl weiß ich ja auch, das ist ja auch nicht schön, wenn man immer mit negativen Themen aneinander kommt, deswegen dachte ich heute mal, ich bring euch mal was Nettes zu Weihnachten mit und frohe Weihnachten. Ich will das nicht nehmen. Nein, wirklich, ist doch nur nett gemeint. Und du konntest in seinem Gesicht sehen, da wusstest du gar nichts damit anzufangen. Die Tür ging zu. Ein paar Stunden später klingelten sie bei uns, wir haben es nicht gehört. Am nächsten Tag klingelten sie nochmal bei uns und meinten, ja, wir waren gestern schon bei euch. Hier, wir haben euch auch was Schönes zu Weihnachten gekauft. Wir fanden das so nett von euch. Erst kam seine Frau und sagte, es sei so nett. Und dann kam der Mann und meinte, ja, hier, wir haben euch auch was gekauft. Und meine Kinder wollten eigentlich noch Gutscheine reintun mit einen Tag lang irgendwie nicht laut sein und so. Haben sich dann aber nicht getraut, fand ich aber witzig. Und ich so, ach, lustig. Und boom, war so eine 180-Grad-Wendung, wo du dir gedacht hast, der ist ja lustig. Seitdem hat es sich auch schon wieder mal zurückgedreht, aber trotzdem.   Stefan Lammers: Ja, aber das ist total schön, was du da sagst. Das nennt man so Musterunterbrechung, dass man eben etwas tut, um sozusagen aus dieser automatischen Rutschbahn, wo es immer weiter abwärts geht, auszubrechen. Und dafür ist genau so eine Musterunterbrechung total klasse, also jemand anderen aus dem Konzept zu bringen, in dem man nicht so reagiert, wie man das normalerweise macht und eine Überraschung reinbringt. Und dadurch kann eben ganz was Neues in diesem Moment entstehen. Das ist ein ganz wichtiger Faktor in dem Zusammenhang.   Joel Kaczmarek: Ich kenne mir das im Berufskontext ehrlich gesagt auch vorstellen. Also es ist ja so, man kennt das ja auch, wenn man in so ein Gespräch reingeht und wartet drauf, dass der andere mit totalem Widerstand reagieren wird. Und auf einmal ist der so total outgoing und irgendwie freundlich. Das führt dich so aus der Bahn, dass du eigentlich gar nicht anders kannst, als darauf einzugehen.   Stefan Lammers: Ja, bei den meisten Menschen kommt ja in so einem Moment dann gleich hoch, mein Gott, was ist jetzt die Falle? Also da wird ja schon wieder negativ gedacht ganz oft. Ja, aber um das nochmal zu bestätigen, was du sagst, das kann ja jeder bei Präsenzmeetings beobachten, dass sich ja jeder auf seinen festgesetzten Platz setzt. Man kann ja im Prinzip vor den meisten Meetings unter den Stuhlnamen drunter kleben, weil man weiß, wer sich auf diesen Stuhl setzen wird. Kann man mal spaßeshalber machen im Übrigen, dass man das mal im Vorfeld macht und dann sagt man den Leuten, irgendwann guckt mal unter euren Stuhl, wo ihr gerade sitzt. Das ist jetzt zum Beispiel Also wäre eine Musterunterbrechung und möglicherweise sitzen die Leute das nächste Mal woanders, weil sie das zu doof finden, nochmal wieder auf dem gleichen Sitz zu sitzen. Manche stark verkrustete Organisationen setzen sich jetzt aber auch dahin und kleben sich im Grunde genommen hintendran ihren Namen und sagen, das ist mein Stuhl. Also es ist ganz spannend zu beobachten, weil dadurch kannst du auch wieder Erkenntnisse über die Gruppe gewinnen und kannst das auch wieder entsprechend nutzen. Und wenn du langweilige Dinge aufbrechen möchtest, dann versuchst du eben auch da wieder die Muster zu unterbrechen.   Joel Kaczmarek: Und abschließende Frage, weil unser Thema war ja Souveränität in Situationen der Ungerechtigkeit bewahren. Wenn man jetzt im Prinzip jemanden wirklich dabei erwischt oder nachweislich common sense ist, dass er sich ungerecht verhält, gibt es überhaupt eine Handhabe und ein Werkzeug, denjenigen in eine Verantwortungsübernahme zu bringen? Dass man halt sowas zum Beispiel thematisiert und sagt, pass mal auf, aus folgenden Gründen finde ich das ungerecht, ich erwarte von dir dies, das, jenes oder, oder, oder. Oder ist es so, wie man das immer aus der Psychologie kennt, man kann eigentlich nur sein eigenes Verhalten ändern und nicht das der anderen?   Stefan Lammers: Die Antwort hast du dir ja schon mal selber gegeben gerade. Also am besten erreicht man eine Veränderung bei einer anderen Person durch eine eigene Verhaltensänderung. Dazu gehört eben das Musterbrechen beispielsweise. Oder wie wir das oft nennen, eben aus einem Spiel auszusteigen und zu sagen, ich beende diesen Tanz oder ich beende dieses Spiel miteinander. Ich steige da aus ganz bewusst und mache das nicht mehr mit. Dadurch kann wieder etwas Neues entstehen. Und manchmal ist es eben tatsächlich auch das Das Spiegeln in einer Situation, dass man zurückmeldet, wir machen das ja immer aus der gewaltfreien Kommunikation mit dem WWW, Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch, also ich nehme gerade wahr, das und das passiert, das hat die und die Wirkung auf mich, mit Ich-Botschaften das Ganze und ich würde mir von dir wünschen, dass du in Zukunft das und das machst. So und das ist ja jetzt eine Kommunikation, die von meiner Seite ausgeht. Ohne jeglichen Angriff und dadurch wird dann auch ermöglicht, dass wieder ein Kommunikationsraum entsteht, den öffne ich zumindest in diesem Moment und jetzt liegt es an dem Gegenüber, ob der in diesen Raum eintritt. Bestenfalls tut er das und meistens mit 99,9%iger Wahrscheinlichkeit tut die andere Person das und dann hat man wieder die Möglichkeit auf eine andere Art und Weise sich zu begegnen und das Thema zu lösen.   Joel Kaczmarek: Das war hier Rosenberg, wenn mich nicht täuscht, was du gerade zitiert hast, oder? Das kann durchaus sein. Weißt du, kennst du nicht? Das ist genau das. Aber der hat noch ein viertes Element, was ich immer vergesse. Wahrnehmung, Wirkung, noch irgendwas drittes Wunsch und noch irgendwie. Naja, anyway. Pack ich mal in die Shownotes als Leseempfehlung. Und danke dir recht herzlich, dass du heute deinen Beitrag zur Souveränitätsgewinnung deines Podcast-Companions hier geleistet hast.   Stefan Lammers: Ja, du hast mich heute Abend verführt und ich hab mich drauf eingelassen. Ganz bewusst.   Joel Kaczmarek: Sehr gut. Dann freue ich mich aufs nächste Mal. Da schlägt das Pendel dann wieder in Richtung deiner Wünsche. Und danke dir ganz herzlich.   Stefan Lammers: Sehr gerne. Danke dir auch.

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