Wie finde ich Hochleistungsmitarbeiter?
30. November 2016, mit Joel Kaczmarek, Stefan Lammers
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge High Performance Leadership von Digital Kompakt. Ich bin Joel Kaczmarek und mit mir dabei ist wieder der fabulöse Stefan Lammers. Hallo Stefan.
Stefan Lammers: Hallo Joel. Schön, wieder dabei zu sein.
Joel Kaczmarek: Ja, das soll ja noch ein bisschen so bleiben. Aber falls wir jemanden verpasst haben oder jemand uns verpasst hat in den ersten zwei Folgen, sag doch trotzdem noch mal ein bis zwei Sätze. kurz zu dir.
Stefan Lammers: Ich bin seit 15 Jahren selbstständig mit meinem Beratungsunternehmen. Wir sind vor allen Dingen in dem Bereich Executive Coaching, Teamentwicklung und Organisationsentwicklung unterwegs. Unsere Leidenschaft ist High Performance Teams, High Performance Organisationen aufzubauen und einfach so eine Exzellenz hinzubekommen in Verbindung mit Menschen, die einfach Spaß haben an ihrer Arbeit.
Joel Kaczmarek: Sehr gut. Jetzt haben wir die erste Folge genutzt, um so ein bisschen den Überblick zu geben, was High Performance Leadership eigentlich ist und was grob die Schritte sind, um da hinzukommen. In der zweiten Folge haben wir gesagt, was ist eigentlich eine Vision? Also viel so ein bisschen, wie finden wir eine gemeinsame Marschrichtung, eine gemeinsame Kultur, die uns verbindet? Und eine Vision, eine Kultur ist natürlich nur so gut, wie die Leute, mit denen man sie befüllt, in Anführungsstrichen. Das heißt, heute soll es darum gehen, wie treffe ich eigentlich die richtige Personalauswahl und welche Bedeutung habe ich als Leader in dem Kontext? Vielleicht fangen wir mal an, indem wir nochmal auf diese Unterscheidung eingehen, die wir ja auch in der ersten Folge im richtigen Sinne hatten. Transformationale versus transaktionale Führung, die Zungenbrecher-Geschichte. Kannst du nochmal sagen, was es sich damit jeweils verbindet?
Stefan Lammers: Ja, transaktionale Führung ist also eine eher, man würde sagen, so auf dem Management-Level oder auf der Leiterebene angesiedelt, also eine sehr autoritär-hierarchische Vorgehensweise mit Vorgabe und Kontrolle. Und das transformationale Führung ist eben Eher das Inspirierende, eine Vision zu geben. Die Menschen sind sehr stark in ihrer eigenen Selbstverantwortung und aus dieser Selbstverantwortung heraus wissen die, was sie zu tun haben. Es gibt eine hohe Klarheit im Team, eine hohe Motivation, wo die Mitarbeiter für sich selbst sorgen und auch für das Team sorgen und für Spaß daran haben, auch Ziele überzuerreichen.
Joel Kaczmarek: Also wir hören so ein bisschen raus, transaktional ist eigentlich eher alte Schule, eher so ein bisschen mittlerweile als, würde ich sagen, veraltet und wie nicht so effizient abgetan.
Stefan Lammers: Wird da jetzt gleich nochmal eben kurz reingehen. Es gibt natürlich auch Unternehmen, wo das hochgradig Sinn macht. Also wenn ich jetzt mal in so ein Produktionsunternehmen gehe, in dem es sehr stark um Sicherheit geht oder ein Logistiker in der Lagerhaltung, da ist natürlich nicht unbedingt mit transformational viel zu holen. Da will ich nicht, dass die Mitarbeiter auf einmal eine tolle Idee haben, dass sie die Waren woanders hinstellen, als sie sie normalerweise gebraucht werden. Da brauche ich auch schon mal transaktionale Führung. Also es ist auch immer so eine Frage des Kontextes, was richtig ist.
Joel Kaczmarek: Okay, ja guter Hinweis. Also man sollte es jetzt nicht völlig verteufeln, aber das Modernere oder das, was wir jetzt im Sinne von High Performance eher betrachten, ist eher das Transformationale, also das Führen durch Eigenverantwortlichkeit mit einer gemeinsamen Vision. Wir hatten das ja auch so ein bisschen festgemacht an Startup versus Corporate manchmal. Also viele Corporates sind ja noch in diesem transaktionalen Modell und viele Startups, weil die halt gerade mit dieser Vision kommen, mit diesem Disrupten, wie das dann neudeutsch heißt, in diesem Transformationalen. Da können wir ja eigentlich auch ganz passend nochmal so ein bisschen auf das Thema Jim Collins eingehen, das hatten wir ja auch schon mal grob angerissen.
Die Punchline, die ich da so ein bisschen rausgenommen habe, ist, also der ist ja hingegangen, hat sich über 30 Jahre, glaube ich, waren es, Börsenunternehmen angeguckt, die im gleichen Segment sind, hat geschaut, wer hebt wirklich ab und was verbindet die alle im Vergleich zu welchen, die das Gleiche machen, aber nicht abheben. Ja, ganz genau. Dieser Personalfaktor war nach meiner Wahrnehmung ja irgendwie so ein bisschen relevant. Mir ist so dieser Satz im Kopf geblieben, den ich auch öfters in Vorträgen schon gebracht habe. Erst das Wer, dann das Was. Kannst du vielleicht mal so ein bisschen mit eigenen Worten aus deiner Praxiserfahrung wiedergeben, warum das relevant ist?
Stefan Lammers: Ich glaube, es ist einfach erstmal für Führungskräfte extrem wichtig. Und ich sage jetzt mal, der Erfolg eines Unternehmens hängt immer auch von den Führungskräften ab, gerade von den Führungskräften. Es gibt ja immer diesen bekannten Spruch, der Fisch stinkt vom Kopf, den ich da ganz gerne mal gebrauche. Insofern unsere Beobachtung ist und unser fester Glaubenssatz ist, dass wir sagen, nur eine Führungskraft, die sich selbst führen kann, ist auch in der Lage, andere zu führen. Das heißt, ich brauche also ein Bewusstsein über meine Stärken, über meine Schwächen, über die Dinge, die mir einfach fallen oder auch, die ich eben entsprechend ergänzen muss. Und das ist, glaube ich, auch das, was so Jim Collins rausgearbeitet hat.
Dass er gesagt hat, es kommt so auf diese innere Haltung an und nicht auf die fachliche Qualität. Die fachliche Qualität ist das Zweitrangige. Und auch da muss man jetzt wieder ein bisschen einschränken. Es gibt natürlich bestimmte Berufe, wo man aus Sicherheitsgründen bestimmte Qualifikationen braucht oder ähnliches. Das gehört natürlich dazu, die auch zu haben. Aber wenn ich jetzt zwei Kandidaten habe, beispielsweise, die die gleichen fachlichen Qualitäten haben oder der eine vielleicht sogar eine etwas bessere. Und ich habe jetzt die Wahl zwischen einem, der dann die gute Einstellung hat, der eine gute Haltung hat, eine motivierte Haltung, kann ich nur auffordern, entscheidet euch immer für den, der die bessere Einstellung hat, die Haltung hat.
Weil Haltungen zu ändern, eine innere Einstellung zu ändern, ist extrem schwierig, dauert extrem lange, wenn es überhaupt funktioniert. Das kennt jeder, glaube ich, von sich selbst, wie schwer das ist, mal sein eigenes Verhalten zu ändern, mit dem Rauchen aufzuhören oder wie auch immer. Aber fachlich was dazuzulernen, das geht immer. Und insofern hat der herausgefunden, dass er gesagt hat, okay, wir nehmen wir zuerst mit in den Bus. Das ist so sein Ausspruch und das ist eben derjenige, der von der Einstellung und von der Haltung mit uns übereinstimmt und in unsere Richtung geht und sich auch unserer Vision verpflichtet fühlt.
Joel Kaczmarek: Ich meine, das hat ja bestimmt auch jeder schon mal irgendwie erfahren, der führt über längere Zeit, dass es ja durchaus passieren kann, dass Leute wirklich, wie du sagst, fachlich gut sind, dass die aber auch so eine Teamstimmung zum Beispiel total verseuchen.
Stefan Lammers: Emotionale Zecken, sage ich immer dazu.
Joel Kaczmarek: Weil die sich aufsaugen mit irgendwas.
Stefan Lammers: Ja, die saugen einfach das Blut und die Energie aus der ganzen Truppe raus. Also ein einziger kann so eine Organisation kaputt machen. Und ich meine, da können wir auch nochmal einen eigenen Leadership-Podcast über dieses Thema machen, weil das ist übrigens einer der größten Kardinalfehler von Führungskräften, Der ist ganz logisch, weil wir hatten auch schon mal über Harmonietrieb gesprochen. Wir möchten immer gerne Harmonie herstellen und dann gehen Führungskräfte ganz schnell hin und nehmen ihre ganze Aufmerksamkeit auf diese Zecken. Und die guten Leute bekommen keine Aufmerksamkeit, aber derjenige, der eben nicht gut funktioniert, kriegt ganz, ganz viel Aufmerksamkeit. Und das führt zu Unruhe und zu Leistungsverlust in der Gruppe.
Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, das ist ganz lustig, das passiert ja auch wirklich in den unterschiedlichsten Kontexten. Ich habe gerade mit jemandem geredet, dessen Eltern haben irgendwie ein Schuhgeschäft und die hat gesagt, sie hatten eine Verkäuferin, die hatte die besten Verkaufszahlen ever, aber das gesamte Team ist in seiner Kommunikation total abgestürzt, man war irgendwie intrigant, wusste nicht mehr, was Phase ist. Dann hat man die rausgenommen, vor die Tür gesetzt, das hat am Anfang ein bisschen gedauert, bis das abhob, hat man einen Ersatz gefunden und hinterher war das gesamte Team, also der Gesamtumsatz war besser als vorher mit ihr. Obwohl du sozusagen diesen Outperformer rausgenommen hast, war das Gesamtergebnis und auch die Stimmung hinterher viel, viel besser.
Stefan Lammers: Erlebe ich immer wieder. Also da könnte ich dir jetzt zig Beispiele nennen in Bereichen der Teamentwicklung, wo das tatsächlich so eine Rolle spielt. Und das macht es auch schwer. Und da sind wir wieder mitten in unserem Thema richtige Personalauswahl. Da wirklich harte Entscheidungen zu treffen. Und das ist dann oftmals auch für eine Führungskraft schwierig, gegenüber seiner Führungskraft wieder zu argumentieren, warum nehme ich jetzt gerade den Besten raus. Und ich kann ja vorher nicht eine Gewissheit dafür geben, dass es hinterher besser wird. Also es ist schon echt ein Spannungsfeld und nicht leicht, so eine Entscheidung zu treffen für eine Führungskraft.
Joel Kaczmarek: Da ist man natürlich schnell auch bei so einem Thema Diagnostik. Also Teamdiagnostik ist ja, glaube ich, so ein bisschen so ein Stichwort da. Woran erkenne ich denn, da gibt es ja unterschiedliche Phasen, muss man sagen, woran erkenne ich denn, wie mein Team aufgestellt ist und wen ich brauche? Und woran erkenne ich zum Beispiel, dass man so einen Fall hat, dass man so eine Zecke in seinem Team hat, die zwar auf dem Papier gut funktioniert, aber nach hinten rum alles kaputt macht? Vielleicht fangen wir mal vorne an. Was sind denn so Tools im Sinne von Teamdiagnostik, um festzustellen, wo ich stehe und was ich brauche?
Stefan Lammers: Es gibt verschiedene Anbieter von Tools. Wir arbeiten beispielsweise mit Hogan, mit TalentQ, zusammen mit TMS, McGarrison, McCann. Das sind jetzt so die drei Mitführenden, sage ich jetzt mal, in diesem Bereich. Es gibt wahnsinnig viele Teamentwicklungstools. Immer darauf achten, dass die valide sind. Das heißt also, dass es zum einen eine groß genügend Menge gibt, wo dieses System schon eingesetzt worden ist, dass es immer weiterentwickelt wird. Da gibt es auch viele Derivate, wo ich nicht mit gerne arbeite und wo ich auch nicht so das Vertrauen habe. drauf habe. Die drei jetzt beispielsweise funktionieren sehr, sehr gut, sind aber auch in ihrer Form wieder unterschiedlich. Also nehmen wir jetzt mal beispielsweise das TMS-System. Das heißt, es gibt eine Befragung von jedem einzelnen Teilnehmer, der da ist, und dann wird das hinterher übereinandergelegt. Das unterscheidet jetzt beispielsweise erstmal in vier Kategorien. Da gibt es einmal den Beratertypen, den Entdeckertypen, den Controllertypen und den Organisatortypen. Und darunter gibt es wieder Einzelfelder. Und das ist dann eben wieder ganz spannend, sich anzuschauen und zu gucken, was fehlt uns denn möglicherweise in unserer Rolle.
Joel Kaczmarek: Also man braucht immer alle vier?
Stefan Lammers: Man müsste alle vier gut abgedeckt haben in der Regel, um gut zu performen und um sich auch gegenseitig auszugleichen. Also Talent-Queue hat da wieder eine andere Form. Das merken wir bei uns in unserem Team beispielsweise. Da haben wir letztens den Talent-Queue gemacht. fehlt so ein bisschen der Executor, der zum Schluss die Sachen auch wirklich zu Ende bringt und umsetzt. Das ist für uns natürlich jetzt wieder ein Augenmerk darauf, wenn wir jetzt unser Team ergänzen, wer kann das dann sein? Oder wenn wir eben Teams zusammenstellen für den Kunden, wer übernimmt da diese Rolle? Also das ist das eine, dass man möglicherweise einen reinholt oder auch mit Bewusstseit eben als Team immer wieder guckt, wo habe ich auch meine Defizite und wie kann ich die ausgleichen?
Ein Beispiel jetzt, ich habe mit einem Logistiker Supply Chain gearbeitet und die sind natürlich sehr stark für Prozesse unterwegs und da haben wir den Hogan eingesetzt und da ist eine Frage eben, da sind die Team Scores in anderen Bereichen, also wer ist resultatsorientiert, wer ist pragmatisch, innovativ, prozessorientiert und beziehungsorientiert und in der Gruppe war keiner, der prozessorientiert war. Also es waren alles hochgradig innovative und kreative Leute, aber es fehlte ganz klar in dieser Truppe, um perfekt zu performen, eben der Prozessorientierte. Und das sind eben wichtige Erkenntnisse dann für so ein Team, die man dann entweder anreichern kann durch Teammitglieder, die man dazu holt, die hier eben auch ihre Stärken haben oder aber auch, indem man mit dem Team arbeitet und schaut, wie man diese Schwäche ins Bewusstsein reinkriegt und ausgleicht.
Joel Kaczmarek: Man verschluckt das ja immer, wenn man so schnell redet, so im Redefluss. Lass uns mal nochmal einmal ganz sauber für Leute, die jetzt zuhören, dass die nochmal alle drei Namen nennen und wir werden da sicherlich mal was Überrates zu machen.
Stefan Lammers: Also es gibt einmal das Hogan Assessment. Da gibt es ganz viele Ausprägungen. Da gibt es Persönlichkeitsdiagnostik für die Einzelperson. Wir nutzen das sehr stark, wenn es um Executives geht, Top-Führungskräfte geht oder eben um Teams. Den Talent Queue, ein Tool, was wir nutzen im Coaching, was wir nutzen im Bereich auch, wenn wir unser Leadership-Coaching-Programm als Führungskräfteentwicklung mit reinbringen. Und dann gibt es den TMS, Team-Management-System von McGillis & McCann. Sehr schönes System auch, was es heute in Verbindung gibt Mit einem Modell von Sibbet, was auch dazu führt, eben gerade auch in diese High-Performance-Richtung reinzugehen.
Joel Kaczmarek: Was ich in der Startup-Szene auch schon gesehen habe, was auch einige machen, sind diese RISE-Profile, also R-I-S-S. Ja. Fußt das darauf? Ist das artverwandt oder ist es da was ganz anderes?
Stefan Lammers: Nein. fußt nicht da drauf, es ist was Eigenes. Es gibt unglaublich viele, also vom Enneagram über Reisprofile, über Insights, DISC, HDI, also es gibt unfassbar viele Programme in dem Bereich. Reisprofil ist ein Motivationsprofil, da geht es darum, was sind eigentlich meine inneren Motivatoren. Aber das ist dann eben ein Ausschnitt nur. Und die hier aufgeführten Produkte, die ich eben genannt habe, Hogan, TalentQ und TMS, sind also sehr umfangreich und sind auch, sie. Wir beleuchten die unterschiedlichen Aspekte einer Person. Wenn wir jetzt mal beispielsweise den Hogan nehmen, da kriegt man eine Auswertung hinterher von ungefähr 70, 80 Seiten für eine Person. Und das ist in drei verschiedene Bereiche gegliedert. Das geht einmal um den Bereich, was sind meine persönlichen Werte, was sind da auch meine Treiber, was sind das Zweite, dann meine Leadership-Programme. Es ist nur für Führungskräfte, dieses Programm.
Und als drittes dann eben auch, was sind meine Derailer? Und Derailer ist eben sowohl für die Einzelpersonen als auch für das Team ein total wichtiges Instrument. Das habe ich in meiner Arbeit wirklich als eines der wichtigsten Instrumente auch kennengelernt. Derailer bedeutet Entgleisungstendenzen, die jeder Mensch hat. Das heißt, wir sind alle ja sozialisiert, dass wir uns irgendwo in Beziehungen gut verhalten können. Aber wenn wir so richtig unter Druck geraten und die Kontrolle verlieren, dann kommen wir so auf unser Urverhalten zurück. Und dann gibt es eben auf einmal Reaktionen von uns, die nicht mehr konform sind. Vielleicht kennt einer von euch das Thema Josef Ackermann damals bei dem Mann-ist-Mann-Prozess, wo er da das Victory-Zeichen gemacht hat. Das war so dieses Thema aus meiner Sicht derailer von ihm.
Er kommt unter Druck und könnte mir jetzt vorstellen, dass das so in bunt schillernd draufgängerisch geht, dass er dann versucht, noch einen oben draufzusetzen. Und meine Bestätigung war jetzt im Prinzip nochmal dafür, für diese Einschätzung bei einem Gerichtsverfahren, was er jetzt mit der Deutschen Bank nochmal hatte und dann gesagt hat, das deutsche Rechtssystem wäre eben nicht gut. Wo er sich nochmal über das deutsche Rechtssystem drüber stellt und sagt, hier, ich weiß ja, wie es richtig ist. Und das sind so Entgleisungstendenzen, die da sind und das ist immer super. Wenn sowohl eine Führungskraft das von sich selbst weiß, wie die sind, dann kann ich da auch rechtzeitig vorher im Coaching oder wie auch immer mich darauf vorbereiten. Und für ein Team ist das auch extrem wichtig, weil es gibt auch echt Entgleisungstendenzen in Teams.
Joel Kaczmarek: Ist das noch effizient, wenn man 83 Seiten zu einer Person hat? Also ist das noch eine effiziente Art des Messens von Qualitäten oder von Präferenzen?
Stefan Lammers: Das wird ja ausgearbeitet. Also es ist jetzt nicht so, dass man das einfach dem Coachee so in die Hand drückt und sagt, jetzt mach mal damit, obwohl man das auch machen könnte, weil es gibt ein Coaching-Programm, ein Selbstlern-Coaching-Programm da drin, wo dann auch die Extrakte nochmal rausgefiltert werden. Und dann arbeitet man an den validen Punkten, die jetzt eben im Moment eine Rolle spielen.
Joel Kaczmarek: Aber macht man wirklich eher bei höher besetzten Positionen, hast du ja selber schon gesagt, das heißt, du willst jetzt nicht vielen Mitarbeitern sowas reingehen. Also das ist ja Team-Diagnostik so auf der Selektionsebene. Man kann das ja sicherlich auch machen, wenn man irgendwie schon am Laufen ist gemeinsam. Und jetzt, wenn wir nochmal auf dieses Thema Zecke ganz kurz zurückkommen, helfen diese Tools auch, um zu identifizieren, ob da jemand dabei ist, der Qualitäten hat, aber mich insgesamt trotzdem runterzieht?
Stefan Lammers: Eher nicht. Ich glaube, das ist eher eine Gefühlssache und das ist eine Aufgabe von der Führungskraft, so im Kontakt zu stehen mit dem Team, dass es dann Gefühle kriegt. Also es gibt nie eine Wahrheit, wenn Menschen miteinander sprechen, aber dass es daraus arbeiten kann, ist das etwas, was eher leistungsfördernd ist oder ist es leistungshemmend. Und wenn es stark leistungshemmend ist, muss die Führungskraft eingreifen, in welcher Form auch immer. Also entweder erstmal intervenieren und später, wenn es nicht anders geht, möglicherweise auch einen Schlussstrich ziehen.
Joel Kaczmarek: Jetzt hieß ja das Jim Collins Buch vom Titel her Der Weg zu den Besten. Dann lass uns doch mal sagen, was ist denn wirklich eine professionelle Einstellung, ein akkurater Weg, um wirklich zu den Besten zu gelangen als Mitarbeiter?
Stefan Lammers: Das erste ist selber eine hohe Klarheit darüber zu haben, wo muss ich mich denn ergänzen? Welche Art von Typen brauche ich denn? Je nach Situation, in der ich gerade bin mit meinem Team, brauche ich andere Leute. Ich brauche vielleicht Leute, die gerade in einer Aufbausituation sind, Start-up, die also hurra schreien und auch ein Stück weit mit nach vorne gehen. Wie manche Leute dann immer so sagen, kein Essen mehr brauchen und kein Schlaf mehr brauchen und nur noch der Idee verschrieben sind. Wenn ich in einer späteren Situation bin, brauche ich vielleicht eher Leute, die in einer anderen Phase sind, in der Unternehmensentwicklung.
Dann brauche ich vielleicht auch jemanden, der etwas verwalten kann und der etwas in einer guten, sicheren Professionalität abwickeln kann. Das ist immer so eine Frage, dass ich erstmal für mich selbst ein sehr klares Bild darüber habe, welchen Typus von Mitarbeiter brauche ich denn da überhaupt. Dann, welche Werte sind uns im Team wichtig? Also welche Kultur möchte ich hier haben und welche Werte sind von uns von Bedeutung? Das sollte man auch wirklich alles schriftlich fixieren und dann letztendlich einen Prozess aufbauen. Wo wir gerne mitarbeiten, sind halbstrukturierte Interviews. Das heißt, derjenige, der sich bewirbt, der Bewerber, erzählt nochmal seinen Lebenslauf mit seinen eigenen Worten und geht im Anschluss dann, geht es in eine Fragerunde rein und dann gibt es situative Beispiele. Also diese Werte, die ich für mich als wichtig erachte und diese Fähigkeiten, die ich von diesem Bewerber als wichtig erachte, die habe ich vorher mit Beispielen hinterlegt. Und ich erläutere Beispielsituationen und der Bewerber erzählt seine Position.
Und da ist es eben wichtig, im Vorfeld für sich selbst auch festzuhalten, was ist eine positive Reaktion des Bewerbers Und was ist eine negative Reaktion des Bewerbers? Das ist wichtig, dass man es sich im Vorfeld selber festlegt. Weil eines der größten Schwierigkeiten bei Recruiting-Gesprächen ist, dass man sich selbst betrügt. Da komme ich gleich nochmal drauf. Es gibt einen speziellen Effekt, auf den ich eingehen will, den sogenannten Halo-Effekt, der da eine große Rolle spielt. Aber ich erlebe es auch eben, man geht in das Bewerbungsgespräch rein, der hat nochmal seinen Lebenslauf gesagt, wunderbar. Dann hat man ein nettes Gespräch miteinander und dann hat sich die Führungskraft auch wahnsinnig Gedanken darüber gemacht, was denn jetzt gebraucht wird. Und das sind dann klassischerweise Sachen, Mensch muss teamfähig sein, leistungsbereit, nehmen wir mal nur die zwei jetzt einfach. Und dann kommt jetzt so ein bisschen Druck, weil da kommt ja auch gleich noch das nächste Gespräch und ich habe auch noch einen anderen Termin.
Und dann wird gefragt, sagen Sie, sind Sie eigentlich teamfähig? Und dann sagt der Bewerber, ja, klar, bin ich. Und dann wird ein Haken gemacht. Wunderbar, ich habe jetzt auch meine Bestätigung gekriegt, die ist teamfähig. Und das hat natürlich gar keinen Wert, diese Aussage. Das ist also schon der Anfang vom Selbstbetrug, um dann hinterher festzustellen, der ist ja gar nicht teamfähig. Der hat mir das doch gesagt. Und insofern sind eben diese situativen Beispiele total klasse, dass ich mir vorher Gedanken gemacht habe, was bedeutet denn für mich eigentlich Teamfähigkeit? Wie sieht denn das aus? Und jetzt schildere ich so eine Situation. Stellen Sie sich mal vor, Sie kommen jetzt in diese und diese Situation rein. Wie würden Sie sich denn da jetzt verhalten? Und das ist eine ganz andere Qualität, die jetzt zurückkommt, wenn der mir jetzt schildert, na, ich würde das und das und das und das machen und ich habe mir vorher festgelegt, was ich denn gut finde und was ich nicht gut finde.
Joel Kaczmarek: Es ist ja auch eine offene Frage und nicht eine geschlossene, ne? Absolut. So sind Sie, ja oder nein.
Stefan Lammers: Ja, also viel, viel zielführender. Ich gehe jetzt mal einfach in dieses Thema mit dem Halo-Effekt rein, um ihn mal kurz zu beschreiben. Also es geht bei dem Halo-Effekt darum, dass es so eine Wahrnehmungsverschiebung gibt. Halo-Effekt, vom englischen Halo, Heiligenschein, man nennt es eine kognitive Verzerrung. Das bedeutet Ich habe da eine Person vor mir sitzen, die mag ich oder der beschreibe ich eine gute Eigenschaft, die ich an dieser Person sehe. Und jetzt glaube ich, weil ich diese eine gute Eigenschaft daran sehe, dass alle anderen Eigenschaften auch gut sind. Weil ich kenne jemanden, der hat diese gute Eigenschaft und deswegen sind alle anderen Eigenschaften auch gut. Genauso geht das auch mit, alles ist schlecht. Also der hat eine schlechte Eigenschaft gerade gehabt, dann ist alles andere schlecht. Und damit betrüge ich mich unheimlich selber.
Wie kann man da jetzt mit umgehen? Also ich kann mal aus meiner eigenen Erfahrung, als ich Geschäftsführer war, erzählen, da war ich mit unserem Vertriebsleiter zusammen, hatten wir eine neue Vertriebsmitarbeiterin gesucht und wir hatten ein Bewerbungsgespräch und die Dame, die sich beworben hat, war a, hochgradig attraktiv, b, hochgradig intelligent und c, sie lieferte auch noch alle Antworten, die wir uns bestenfalls vorstellen konnten. So, dann sind wir da raus und waren beide total glücklich, diese Frau kennengelernt zu haben. Und dann haben wir uns angeguckt und haben gesagt, sag mal, das war jetzt so gut, ist das jetzt eigentlich noch real? Oder hat die uns jetzt irgendwie so auf der männlichen Seite gekriegt? Oder was ist da eigentlich abgelaufen? Und dann sind wir hingegangen und haben bei uns eine Dame hinzugezogen. Wir haben ein zweites Gespräch vereinbart, haben eine Dame hinzugezogen, die wirklich nur auf der rationalen Ebene tickt, die bei uns so der harte Besen in der Firma gewesen ist und haben gesagt, bitte komm da mit dazu. Wir möchten mit dir ein zweites Gespräch und wir möchten von dir nochmal deinen Eindruck geschildert haben, damit wir uns hier nicht selber auf den Leim gehen.
Ja, und dann haben wir dieses Gespräch geführt und die hat uns nach einer halben Stunde ein Zeichen, was vereinbart war, gegeben und gesagt, die Wahrnehmung stimmt. Und sie stimmte auch, die hat viele Jahre sehr erfolgreich in dem Unternehmen gearbeitet. Aber bevor wir jetzt einfach draufgesprungen sind, haben wir einfach nochmal diesen Sicherungsschirm eingebaut und haben uns nochmal überlegt, ob das jetzt genau das Richtige ist. Und das ist auch immer wieder wichtig, da will ich vielleicht nochmal ganz kurz auf ein zweites Beispiel eingehen, auch in einem Rekrutierungsprozess, der vermeintlich schlecht gelaufen ist. In diesem Rekrutierungsprozess ist es so gewesen, dass wir zwei Vertriebsmitarbeiter gesucht hatten und Key Account Manager und dass diese in Tageszeitungen sehr weit beworben worden sind und im Vorfeld wurden Gespräche geführt mit Psychologen am Telefon. Und die, die da durchgekommen sind durch diesen ersten Filter, die wurden dann zu persönlichen Gesprächen eingeladen. Jetzt kamen die Kandidaten, wir haben mit denen dann eben nach diesem halbstrukturierenden Vorgehen die Gespräche geführt und haben festgestellt am Ende, keiner ist es.
Joel Kaczmarek: Keiner?
Stefan Lammers: Keiner ist es. Von wirklich Massen, die wir da gehabt haben. Dann bin ich zum Geschäftsführer und habe gesagt, pass auf, wir haben hier diesen Prozess gemacht und ich habe gesagt, das ist der beste Prozess, den wir je gemacht haben. Und der Geschäftsführer hat gesagt, das ist ja der schlechteste Prozess, den ich je erlebt habe. Dann habe ich gesagt, nee, du hast dir hier nicht den falschen geholt. Naja, Ende vom Lied war, Geschäftsführer Obersticht unter, er ist der Auftraggeber, hat seinen Vertriebsleiter angewiesen und hat gesagt, Nimm bitte die zwei besten aus deiner Sicht und stell die hier ein. Und das Ende vom Lied, das war aus meiner Sicht absehbar.
Die erste Person ist dann überhaupt nicht angetreten zum Job. Die hat nicht abgesagt, gar nicht. Sie ist gar nicht gekommen. Und die zweite Person ist nach zwei Monaten wieder freigesetzt worden. So, was hat das für das Unternehmen bedeutet? Weil sie sich selbst da nicht getraut haben, ehrlich miteinander zu sein und zu sagen, wir haben gerade nicht die passende Person. Die haben jetzt Monate verloren, haben monatelang zwei Key Account Manager nicht mehr gesucht, weil sie gedacht haben, sie hätten jetzt die Second Choice und die ist ja ganz toll. Und es hat sich herausgestellt, so wie wir es vorher auch gesagt haben, nee, es war keiner dabei, der gut war. Und da muss man eben Mut haben und auch ehrlich sein und danach gucken, wer ist denn eigentlich der wirklich Beste? Wer passt da zu uns?
Joel Kaczmarek: Was man ja so ein bisschen mitnimmt. aus diesem sehr, sehr spannenden, praxisnahen Ausführungen, die du gerade gesagt hast, ist, man muss sich am Ende des Tages sehr viel Zeit nehmen für diese Dinge. Und es ist halt wirklich auch auf eine Art sequenziell. Also du musst bestimmte Grundlagen gelegt haben. Wenn wir uns mal in den Golden Circle zurückerinnern, wo wir gesagt haben, erst das Why und dann gucken wir eigentlich nach den Leuten. Danach gucken wir nach den Rollen. Da kriegt man so ein bisschen ein Gefühl dafür, warum das irgendwie wirklich so eine Ablauf-Hierarchie ist auf eine Art, ne?
Stefan Lammers: Absolut, da hast du vollkommen recht, Joel. Und ich habe es ja mal schon in einem der Podcasts gesagt, uns fällt es wahnsinnig schwer, in die Zukunft zu denken. Und wir haben jetzt eben diese Not, dass wir unbedingt jemanden brauchen und machen uns gar keine Gedanken darüber, was das für Prozesskosten sind, wenn diese Einstellung nicht richtig besetzt ist. Ja, was sind das für Kosten für Geld, was wir rausschmeißen, wenn wir jemandem nach einem halben Jahr, der braucht erst mal drei Monate, bis er kommen kann, dann brauchen wir drei Monate, um festzustellen, dass er nicht taucht, dann brauchen wir vielleicht auch noch mal drei Monate, um den wieder freizusetzen, haben wir neun Monate verloren und sechs Monate davon gezahlt. Ja, was sind das für Kosten, die für Unternehmen da sind? Und wir nehmen uns oftmals nicht die Zeit und da geht es jetzt hier um, wenn man das öfter macht, vielleicht um zwei oder drei Stunden der Vorbereitung auf so einen wichtigen Bewerbungsprozess.
Joel Kaczmarek: Wie sieht denn dann aber ein passender Weg aus, wenn man merkt, also vielleicht ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, wir haben eine Person, die passt aus irgendeinem Grunde nicht. Sei es, sie bringt die Arbeitsqualität nicht, sei es, es ist irgendwie eine Zecke, sei es, die gemeinsame Vision passt nicht oder man hat sich in einen anderen Bereich entwickelt als die Person. Da gibt es ja irgendwie vielfältige Gründe. Was würdest du sagen, ist ein guter Weg, da zu einer Entscheidung zu kommen? Wie sollte das aussehen?
Stefan Lammers: Mein bester Weg ist, dass man eben eine hohe Klarheit darüber hat, wie so ein Team funktioniert, was der Weg ist, wo man hin will und dann die Verantwortung auch bei dem Mitarbeiter zu belassen. Das heißt, mit dem Mitarbeiter zu sprechen und zu sagen, pass auf, das ist unser Weg, das ist das, wo wir hinwollen und es ist deine Entscheidung, da mitzugehen oder nicht mitzugehen und du hast auch die Verantwortung dafür. Und du musst es entscheiden, ob du dabei bist oder ob du nicht dabei bist. Und du musst auch für dich erkennen, ob du in der Lage bist, das mitzugehen. Da bin ich wirklich deswegen auch bei der Entscheidung des Einzelnen. Ich erlebe das gerade auch in der Old Economy sehr, sehr oft, dass dort Menschen sind, die einfach so ihren Sinn verloren haben und dann auch ihre Motivation verloren haben.
Und da gibt es heute auch von Gallup Studien, wie gering der Anteil ist von Leuten, die also wirklich noch angezündet sind. Und das muss man auch mal thematisieren und muss man auch mal jemandem wieder sagen, dass jeder Einzelne jederzeit eine Wahl hat. Eine Wahl hat auch, sich einen anderen Job zu suchen, der ihn eben viel, viel mehr ausfüllt und viel, viel mehr motiviert. Und ich glaube, da braucht es mehr Durchlässigkeit und auch mehr Mut bei den Mitarbeitern, dass sie sich wieder dafür entscheiden, wo sie richtig Bock drauf haben. Von der Führungskraft braucht es eben auch Mut, das anzusprechen, auch Defizite anzusprechen und auch klarzumachen, was es denn für Konsequenzen auf sich hat, wenn du dich jetzt nicht veränderst, dass das eben auch dazu führen kann, dass wir uns irgendwann von dir trennen müssen.
Also ich bin dafür, erstmal die Chance zu geben, auch zu gucken, wenn das Potenzial da ist, jemanden zu entwickeln. Aber wenn das beides nicht dazu führt, dass jemand seinen Job voll und ganz ausfüllt, dann muss man auch konsequent sein. Und was ich auch immer wieder erlebe bei High-Performance-Leadern und High-Performance-Teams ist, dass dadurch, wenn so eine Kultur in einem Team drin ist, wenn die etabliert ist, dass so eine Organisation auf einmal auch ganz andere Typen anzieht, die das attraktiv finden, die auch Lust haben, sich immer weiterzuentwickeln und so eine Organisation nach vorne zu bringen. Also insofern zahlt sich das immer aus.
Joel Kaczmarek: Das ist aber auch wieder was, wofür man sich Zeit nimmt. Oder würdest du sagen, man sollte da immer schnell reagieren? Weil ich hatte auch schon Situationen, wo ich sagen würde, ich weiß nicht, ob es eine Zecke war, die wir da hatten, aber man kann es ja manchmal ganz klassisch sagen, jemand ist vielleicht fachlich geeignet, zieht aber das Team runter, der ist irgendwie ein Arschloch oder der ist irgendwie aus irgendeinem Grund inkompatibel. Da hast du ja eigentlich keine Lust, dass man da irgendwie in lange Schleifen geht und sagt, jetzt überleg dir mal, ob das für dich noch passt, ob das für dich das Richtige ist, ob du wirklich das bringst, was wir brauchen. Und übrigens, wenn wir irgendwie nicht auf den grünen Zweig kommen, dann sehen so oder so irgendwann die Konsequenzen aus. Also wahrscheinlich kannst du die Generalantwort nicht geben, aber was würdest du denn sagen, welche Geschwindigkeit und welche Dauer nimmt sowas ein, so eine Entscheidung?
Stefan Lammers: Das ist vollkommen unterschiedlich. Also es ist ja immer so eine Frage, was da für so eine Dynamik und für einen Druck daraus entsteht. Es gibt dann irgendwo diesen Zeitpunkt, wo dieser Punkt einfach reif ist. Und auch da ist es manchmal hilfreich, einfach sich da jemanden extern zu holen, entweder in der Organisation, oder auch außerhalb der Organisation mit einem Coach beispielsweise oder einem Berater, um das mal gegenzuchecken, weil man selber einfach sehr, sehr verhaftet ist mit der Situation. Aber es ist auch manchmal gut, mit einem Kollegen da ehrlich drüber zu sprechen und dann manchmal so Lerngemeinschaften oder gegenseitige kollegiale Beratungsgemeinschaften einzugehen und zu sagen, hey, ich bin da gerade an dem und dem Punkt. Ist das jetzt schon der richtige Zeitpunkt, eine Entscheidung zu treffen oder vielleicht später, um da einfach nochmal ein anderes Gefühl für zu entwickeln? Das kann manchmal ganz schnell sein. Also wenn ich wirklich merke, dass da echt faul gespielt wird und zwar vermutlich sogar mit einem hohen Bewusstsein, da würde ich nicht zögern. Da muss schnell reagiert werden und da wird oft zu langsam reagiert. Und ich erlebe das immer wieder, dass viele Führungskräfte eigentlich zu gutmütig sind und zu lange aushalten und zu lange hoffen. Also ich glaube schon, dass jeder für sich sagen kann, in der Regel ruhig eher etwas schneller aktiv werden.
Joel Kaczmarek: habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass man dann auch mal so den Menschen sieht und dann irgendwie Mitgefühl hat und dass man irgendwie denkt, ach und will noch mal versuchen. Ich habe mit Katja Nettesheim und der Juliane Leopold ja auch schon mal darüber geredet, so wie rekrutiert man für digital orientierte Unternehmen und hatte ihnen dann erzählt, dass ich teilweise in meiner beruflichen Vergangenheit einen Prozess hatte, dass ich gesagt habe, ich gucke, ob eine Person ihre Leistung bringt, wenn es nicht passt, rede ich mit der, also Feedback und irgendwie in diesen Dialog gehen. Tut sich nichts, geht man hin und versucht demjenigen die Mittel an die Hand zu geben, Also zum Beispiel ihn weiterzubilden, aufzuschlauen, ihm irgendwie Unterstützung oder Tools zukommen zu lassen, weil er vielleicht sagt, mir fehlt da irgendwie ein Baustein. Klappt das nicht, setzt man ihn irgendwie auf eine andere Position. Also da kommen wir beim nächsten Mal, in der nächsten Ausgabe zu, die richtige Rolle. Vielleicht ist die richtige Rolle nicht gefunden. Und wenn das alles nicht passt, dann ist halt so dieser Schritt für mich irgendwie gekommen, dass man sagen muss, Cut, funktioniert nicht, dann müssen wir für dich irgendwie eine Trennung machen. Ich helfe dir vielleicht gerne, einen neuen Job zu finden oder unterstütze dich dabei in der Zukunft, aber zusammen machen wir inhaltlich nichts. In dem Gespräch habe ich einen auf den Deckel gekriegt. Da haben sie mir gesagt, das ist ja total kacke, du kannst doch nicht hingehen und dir noch mit einer Schulung belohnen. Der arbeitet schlecht und du schenkst ihm noch eine Schulung, war so einer der Aspekte. Was denkst du?
Stefan Lammers: Ich sehe das sehr differenziert. Es gibt da sehr unterschiedliche Beispiele. Was ich erlebe oft ist, es gibt tatsächlich manche Führungskräfte, die in Anführungsstrichen haben eigentlich schon mit der Person abgeschlossen und geben der jetzt nochmal eine Schulung, um nochmal sozusagen das gute Gewissen zu haben, Alles versucht zu haben, bevor sie dann tatsächlich aktiv werden. Und ganz ehrlich, da bin ich dabei, kann man dann auch abkürzen, wenn man für sich selbst schon eigentlich die Gewissheit hat und es geht jetzt hier nur noch für sich selbst ein gutes Gewissen zu schaffen, dann als Führungskraft würde ich sagen, bitte Führungskraft schmeißt da nicht noch das Geld hinterher. Aber ich erlebe auch tatsächlich ja, dass das wirksam ist, dass es eben im Sinne von jeder Mensch hat Potenziale, die er noch weiter nutzen kann, die er noch nicht ausreizt, dass es da durchaus Sinn macht, auch Schulungen zu machen. Welche Bereitschaft habe ich bei dem Mitarbeiter selber? Will der sich auch überhaupt weiterentwickeln? Oder ist es nur mein Wunsch als Führungskraft? Aber wenn ich diesen Ansatz bei dem Mitarbeiter sehe, dass er sagt, ich will, ich kann aber nicht, weil mir fehlt das, dann halte ich auch Schulungen für einen total richtigen Weg. Wenn ich da aber auch als Führungskraft noch offen bin, dass sich da jemand in einem Bereich entwickelt. Und ich habe da gerade wirklich ganz aktuell jemanden vor Augen, wo ich das in einer Situation vor gar nicht langer Zeit erlebt habe. Der hat da sogar eine echte Fehlleistung gemacht. Da war lange die Diskussion, ob der entlassen werden soll oder nicht. Und dann ist mit dem ehrlich gesprochen worden, sind ihm die Konsequenzen deutlich gemacht worden und der ist jetzt ein Top-Leister. Der hat sich total gedreht. Das war so ein Kick in the ass, den er einfach gebraucht hat, um wach zu werden und nochmal zu überlegen, okay, ich habe jetzt die Verantwortung und ich habe es jetzt in der Hand, wie meine Geschichte weitergeschrieben wird.
Joel Kaczmarek: Was würdest du denn sagen, bei diesem ganzen Thema, man geht in Dialog mit den Leuten, ob es noch das Richtige für sie ist oder dass irgendwas nicht stimmt. Ich habe beobachtet, dass viele, viele gerade in Deutschland einfach die Angst vor Arbeitslosigkeit haben, vor Entlassenwerden. Das ist für die so ein Schockmoment. Ja, klar. Ist das ein Indiz, dass man vielleicht falsche Leute hat, weil wenn sie irgendwie die Richtigen werden, werden sie selbstbewusster und sind sich bewusst, dass sie jederzeit woanders auch einen tollen Job kriegen können? Oder ist das allgemein so und wie kann man damit umgehen?
Stefan Lammers: Das sind ja existenzielle Bedürfnisse jedes Einzelnen. Und klar ist das ein Riesenthema für den Einzelnen auch. Angst vor Jobverlust ist so eines der größten Ängste, die man überhaupt haben kann. Und insofern ist das etwas Berechtigtes. Die Frage ist eben, arbeite ich als Führungskraft mit Angst? Verstärke ich diese Angst noch? Was passiert bei Angst? Bei Angst gibt es zwei Tendenzen. Nämlich die eine Tendenz ist eigentlich still zu stehen und gar nichts mehr zu tun. Unter dem Aspekt, ja, ich verhalte mich ruhig, dann greift mich keiner an. Das führt weiter zu Leistungsverlust. Also wenn ich Angst verbreite, kann das sehr stark zu Leistungsverlust führen. Und auf der anderen Seite führt es zu Flucht, dass dann Leute gehen. Das passiert aber ehrlich gesagt gerade bei Jobs viel, viel seltener, als man das denkt. Dass die Leute freiwillig ihre Positionen aus Überzeugung räumen. Ich glaube, das ist eine Aufgabe von Führung. halt, da auch Entscheidungen zu treffen und zu gucken, wie ist mein Team richtig zusammengestellt. Aber ich würde hier auch gerade nochmal eben eine Buchempfehlung loswerden wollen. Geht mir gerade so durch den Kopf. Es gibt für alle Führungskräfte ein tolles Buch, eine Leadership-Fabel von Patrick Lencioni. Die fünf Versuchungen eines CEOs. Und das ist eine ganz tolle Fabel. Und da geht es auch darum, diese Klarheit zu haben als Führungskraft und jemandem etwas genau zu sagen. Kann ich nur empfehlen. Ist an einem Abend eigentlich durchgelesen und ist, glaube ich, da nochmal sehr hilfreich und bringt das auf den Punkt.
Joel Kaczmarek: Abschließend, vielleicht dieses Thema Hire and Fire, ist ja manchmal auch so ein Aspekt. Ich würde gerne zum Abschluss nochmal einmal unterstrichen haben, so ein bisschen herauskitzeln, warum es ist irgendwie viel, viel teurer, wenn du in so einem Zyklus drin bist, als wenn du dir die Zeit nimmst, nachhaltig zu gucken. Weil das war ja so ein bisschen unser Learning, was wir schon aufgearbeitet haben. Weil so manch einer sagt ja, ich kriege ja genug Vertriebler, warum soll ich jetzt irgendwie mit denen gut umgehen? Ich finde dann auch die nächsten drei. Vielleicht kannst du da nochmal zu den Auswirkungen von solcher Denke kommen.
Stefan Lammers: Als erstes würde ich dir jetzt mal sagen, wenn du genug Vertriebler kriegst und zwar gute Vertriebler, dann sag mir bitte, bitte Bescheid, wo du die kriegst, weil das ist eins der Kernprobleme, die ich überall höre. Wo kriege ich gute Vertriebler?
Joel Kaczmarek: Ich habe so an Groupon gedacht früher. Das wäre so ein Paradebeispiel. Groupon irgendwie zu seiner Hochphase in Deutschland haben die irgendwie in einem Jahr tausend Leute durchgeschliffen oder so. Das ist für ein Startup, für ein Junges massiv viel. Und da gibt es, glaube ich, auch noch andere Beispiele.
Stefan Lammers: Ja, aber die Frage ist für mich, sind es gute Vertriebler oder wird da die Verwandtschaft abgegrast oder ähnliches. Und dann ist das eben effizient, viele Leute durchzuschleusen. Der Punkt ist ganz einfach der, wenn ich tatsächlich etwas habe, wo ich auch einen Zeitraum brauche, um das aufzubauen, dann brauche ich auch eine stabile Mannschaft, die das Ganze fährt und da brauche ich auch eine Unterstützung. Wir haben ja schon mal darüber gesprochen, was macht High Performance Leadership aus, ist eben auch ein High Performance Team aufzubauen. Das heißt, man hat viele Routinen, man hat Rituale, man hat Automatismen, man kennt die Laufwege. Und das heißt, man hat eben auch eine relativ geringe Fluktuation, wo die Leute sich immer mehr aufeinander eingerufen und dadurch eben viel, viel weniger Leistungsverluste haben. Und jedes Mal, wenn jemand neu reinkommt in so ein Team, ist das natürlich erstmal eine Zeit, bis der sich wieder an diese Rituale gewöhnt hat. Und es ist auch teilweise nochmal ein neuer Prozess, der jedes Mal startet.
Da gibt es die Teamuhr von Tuckman. Norming, Forming, Performing, Storming. Ich kriege sie gerade nicht auf die Reihe. Guckt nach unter Tagmann Team Uhr, findet ihr sofort. Das heißt also, im Prinzip fängt jedes Mal wieder ein Zyklus an zu laufen, wo sich die Gruppe erst mal aufeinander einlassen muss, wo es eine Storming-Phase gibt, also eine Hierarchie gerangelt, wer ist für was zuständig, wo es anschließend darum geht, eine Normierung auf eine neue Art und Weise zu finden. Und das heißt, je mehr ich Hire und Fire mache, umso unsicherer habe ich die ganze Zeit die Organisation und ich habe sie eigentlich nie in einem Hochleistungsmodus. Ich kann sie eigentlich nicht im Hochleistungsmodus haben. Deswegen ist eben auch tatsächlich diese richtige Personalauswahl ein Schlüssel, um eine Hochleistungsorganisation aufzubauen, um eine Stabilität zu bieten. Das Schöne ist auch, Hochleistungsorganisationen stützen sich gegenseitig und die Leute, die in einer Hochleistungsorganisation drin sind und Spaß haben, die wollen da auch nicht mehr weg in der Regel. Man schützt sich auch davor, dass gute Leute von anderen abgeworben werden.
Joel Kaczmarek: Also für mich ist das so ein bisschen wie so ein Rennwagen, habe ich gerade überlegt. Da baut man ja auch keine Holzteile ein, sondern man guckt irgendwie nach den richtigen, wertigen Materialien. Denn so eine Maschine soll ja ineinander greifen. Wenn du immer nur am Reparieren bist, ist, glaube ich, wirklich ganz, ganz nachvollziehbar eigentlich, dass das nicht so funktioniert. Ich danke dir ganz herzlich. Beim nächsten Mal werden wir, wie gesagt, darüber reden, was hat es eigentlich mit dem Thema Rollen auf sich. Das ist vielleicht für den einen überraschend, dass wir irgendwie erst reden, wen nehme ich und dann, was macht der eigentlich?
Stefan Lammers: Genau.
Joel Kaczmarek: Aber das ist ja auch ein bisschen Teil der Spannung. Ich danke dir ganz herzlich.
Stefan Lammers: Danke dir auch. Ciao.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Leadership: Dazu spricht Joel regelmäßig mit Stefan Lammers von SLBB, der auf die Entwicklung von High Performance Teams spezialisiert ist. Du bist hier genau richtig, wenn du auch zur High Performance Führungskraft werden und erfahren willst, welche Potenziale in deiner Führung stecken. Ob für dein gesamtes Unternehmen oder für dein Team – mit diesem Podcast katapultierst du deinen Führungsstil auf ein neues Level.