Fehler in der Spätphase
15. August 2019, mit Joel Kaczmarek, Florian Heinemann
Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.
Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Business-Building-Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute geht es um Fehler von Startup-Unternehmern in späten Phasen. Das heißt, als Hörer nimmst du heute mit, was kannst du tun, wenn du eine Firma führst, dass die möglichst lange erfolgreich bleibt, dass du nicht in die gleichen Fallen trittst wie andere. Und wer könnte das besser wissen als unser guter Florian Heinemann, der ganz, ganz viele Unternehmen eng begleitet. Guten Morgen, lieber Florian.
Florian Heinemann: Moin, moin.
Joel Kaczmarek: Wie ist das so? Fehlerkultur, wie erlebst du das in deinem Portfolio? Du hast ja schon viel, viel gesehen. Gibt es da so wiederkehrende Pattern?
Florian Heinemann: Es teilt sich so ein bisschen. Also ich glaube, es gibt die Selbstreflektierten, die Selbstreflektion offen nach außen tragen. Also nach außen jetzt nicht unbedingt in die Öffentlichkeit, aber zumindest eher im Investorenkreis oder zumindest ein Teil des Investorenkreises. Und das ist auch mit dem Teilen, das ist so das Lager, was mir so am liebsten ist. Also wir versuchen ja immer eine Zusammenarbeit zu etablieren, wo es darum geht, okay, du musst mir jetzt hier nichts vorlesen. nicht vorspielen, wie irgendwelche Situationen sind, sondern wir sitzen gemeinsam in einem Boot und jetzt lasst uns irgendwie die Probleme offen diskutieren und eben auch solche Themen.
Das ist so das eine Lager, aber es gibt auch das andere Lager, was aus verschiedenen Motiven, die glaube ich berechtigter und unberechtigter sind, die Dinge mit sich selbst austrägt. Oder nur mit anderen Gründern, die sie vermeintlich in der gleichen Situation vermuten und eben jetzt nicht mit ihren Investoren. Und ich glaube, das ist eher eine emotionale Thematik als jetzt eine rationale. Ich glaube, das sind so die beiden Lager. Und ich arbeite lieber mit dem Ersteren zusammen. Aber wenn die Firma erfolgreich ist, dann in Gottes Namen, dann kann es auch das zweite Lager sein. Viele Wege führen zum unternehmerischen Erfolg, wie auch viele Persönlichkeitseigenschaften. Deswegen bin ich auch kein großer Freund von diesen Studien. Das sind die drei Eigenschaften des erfolgreichen Unternehmers. Ich glaube, das ist ziemlicher Quatsch. Das ist eine Persönlichkeitseinstellungsfrage, ob man für solche Themen in eine offene Diskussion eintritt oder eben nicht.
Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich bei unserem, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, letzten Podcast zum Thema Beiräte, da haben wir ja genau über sowas geredet, asymmetrische Informationsverteilung und ob das sinnvoll ist oder nicht, man kann sich nach deinem Statement gerade die Antwort denken. und wie ich auf das heutige Thema gekommen bin, war auch, dass ich mich mit Gero aus unserem Sales-Podcast darüber unterhalten habe.
Florian Heinemann: Von Signavio, sehr, sehr erfolgreich. Ja, stimmt.
Joel Kaczmarek: Und ich glaube, der wäre der erste Bucket, war so mein Gefühl. Mit dem habe ich mich darüber unterhalten, wie viele vor ein paar Jahren noch hochgradig erfolgreiche Unternehmen teilweise in ihrer Bewertung oder teilweise auch im ganzen Unternehmen komplett implodiert sind. Also Beispiel irgendwie Soundcloud.
Florian Heinemann: Wobei die sich wohl wieder erholen.
Joel Kaczmarek: Die haben sich erholen.
Florian Heinemann: Also ich weiß jetzt nicht auf welchem Niveau, aber sie scheinen sich ja wieder zu fangen.
Joel Kaczmarek: Aber war ja trotzdem so Phoenix aus der Asche, hochgefeiert, runtergegangen, wieder hoch. Oder ein Auktionata. Da gibt es ja durchaus Beispiele. Lesara. Es mögen immer unterschiedliche Beispiele sein. Also ich glaube, bei Lesara war es so ein Giftcocktail. Bei Auktionata war es anscheinend auch ein bisschen merkwürdige Sachen, die da waren. Im Soundcloud hatten wir so ein Geschäftsmodell. Aber das fand ich als Aufhänger mal spannend, sich zu überlegen, wenn ich schon zwei, drei Schritte genommen habe, die schwere Frühphase, was kommen dann eigentlich für Fehlerwelten auf mich zu, vor denen mich jetzt an der Uni logischerweise niemand warnen kann. Lass uns doch da mal reintauchen. Was wären so typische Fehler, die du siehst, wenn man jetzt schon, sagen wir mal, die A- und B-Runde vielleicht genommen hat, das Geschäftsmodell ist gefunden, man ist eigentlich gesettelt. Was kommt dann auf einmal auf einen zu?
Florian Heinemann: Also ich glaube, ein sehr übliches Muster, was wir auch insbesondere bei deutschen Gründern beobachten, also nicht wissenschaftlich fundiert jetzt großzahlig mit ein paar hundert, aber zumindest mal so mal die Sachen im Portfolio, die bei uns in der gewisse Traktion haben, wo man sagt, genau, die haben ein Business-Modell gefunden. Da ist eigentlich klar, dass die groß werden könnten, wenn man das jetzt gut exekutiert. Womit sich insbesondere deutsche Gründer schwer tun, ist, sehr gute, Klammer auf, dann in der Regel auch sehr teure Leute wirklich auf die Payroll zu nehmen. Also da haben wir sehr häufig die Diskussion über jede einzelne Position. Klassiker ist der Head of Sales.
Macht es Sinn, sich jetzt so einen Head of Sales für 300.000 Euro dahin zu stellen, der jetzt, was weiß ich, dreimal so viel verdient wie der Gründer. Also natürlich jetzt nur fix, wenn das Unternehmen wirklich wertvoll ist, dann verdient der Gründer. natürlich deutlich mehr. Aber ich glaube, da trifft man schon immer auf Widerstände. In den USA hast du das Gegenteil. Da werden dann häufig für sehr kleine Startups irgendwelche Top-Leute geholt für ein paar hunderttausend Dollar, die vielleicht für diese Größenordnung von Unternehmen nicht mehr die mentale und handwerkliche Ausstattung haben. Das ist, glaube ich, auch nicht das Richtige. Aber Ich glaube, zu erkennen, die Mannschaft, die ich jetzt hier habe, skaliert die wirklich jetzt mit.
Also so ein Beispiel ist jetzt irgendwie Jim Clark von Zalando, der da als CTO geholt wurde vor ein paar Jahren von Amazon für ein Wahnsinnsgeld. Und wir hatten noch so jemanden von, ich glaube, Box oder Dropbox geholt, wo dann wirklich eben aus den USA jemand von einem Top-Unternehmen für sehr viel Geld eben reingehired wurde. Und ich glaube, man muss eben erkennen, bin ich wirklich in jedem Bereich top aufgestellt, insbesondere Sales, Technologie, Produkt, Marketing. Und es gibt ja durchaus Leute, die wachsen mit. Also wenn du jetzt anguckst, so ein Google, die ja sehr erfolgreich waren, so wie ich das zumindest beobachtet habe, sehr stark mit Leuten, die sie irgendwie selbst entwickelt haben oder auch ein About You. Ich meine, das ist ja auch eine Jugendforschungsveranstaltung letztendlich und die auch sehr gut skaliert ist und auch letztendlich die Gründer von Zalando selbst. Das war ja auch so mit ungefähr deren erster Job.
Und ich glaube, was halt wichtig ist, dass Gründer für sich erkennen, sind wir und ist die Mannschaft um uns herum skalierungsfähig oder nicht. Und da stellen wir zumindest in der Tendenz fest, da ist eine zu große Zurückhaltung da, dann wirklich in sehr, sehr gute Leute zu investieren. Und ich glaube, gerade wenn man merkt, man hat dieses Potenzial vor sich liegen, es ist total rational, dann insbesondere Leute zu investieren, die eigentlich für diese Phase noch eine Spur zu groß sind oder zwei Spuren zu groß sind. die dann natürlich dazu beitragen, dass sich Unternehmen dann wirklich in diese Richtung entwickeln. Also ich glaube ja sehr stark an die Pfadabhängigkeit von Unternehmen auf Basis der Konfiguration, die diese Unternehmen haben.
Und wenn halt die Konfiguration mittelmäßig ist oder gut ist, aber eben nicht Spitzenklasse ist, dann wird wahrscheinlich auch der Entwicklungsfall gut oder eben nur mittelmäßig sein und eben nicht Spitzenklasse. Und ich glaube, die Personalausstattung, erste, zweite Ebene, ist ein ganz wesentlicher Treiber dafür. Und ich glaube, da mehr Aggressivität und mehr Bereitschaft zu investieren, Und das gilt natürlich auch für so Themen wie jetzt USA, Markteintritt oder so. Bin ich jetzt bereit, wirklich in den USA zu gehen? Gerade im B2B-Bereich ist das häufig ja unerlässlich. Ist halt mit Abstand der größte Markt. Und dann da eben auch massiv zu investieren. Und einen Markteintritt in den USA. Ich meine, ein guter Sales-Mitarbeiter in den USA ist man ruckzuck bei der halben Million Dollar Büro in New York oder Silicon Valley und so weiter. Und ich glaube, da zu sagen, so, jetzt bin ich so weit gekommen. Und das tun ja nur die Allerwenigsten. Das muss man ja sagen. Jetzt besitze ich auf einem Unternehmen durch Können, durch Glück, durch Timing eine gute Anfangskonfiguration, die wirklich das Potenzial hat und jetzt den letzten Schritt zu gehen und dann eben auch nochmal gegebenenfalls ein paar Millionen Euro in die Hand zu nehmen. Diese Bereitschaft fehlt deutschen Gründern, auch teilweise Zweitgründern, muss man sagen. Also das ist nicht nur ein Erstgründerphänomen.
Joel Kaczmarek: Aber woran liegt das? Also ich bin auch in so einer Situation, dass ich für mich merke, okay, mein Sales muss professionalisiert werden, mein Marketing. Wir haben auch gerade so eine Phase hinter uns, dass wir das Team geupgradet haben, würde ich sagen. Also wir reden ja eigentlich hier von zu späten Management-Upgrades, so kann man es jetzt mal fassen.
Florian Heinemann: Weil die natürlich auch immer lange dauern. Also bis du dann so einen Prozess mal hast, das dauert ja auch mal ein Jahr.
Joel Kaczmarek: Also wenn man so ein Mokel ist wie ich, verstehe ich das ja noch, weil dann fehlt der Thaler vielleicht, dann rechnet man noch härter gegen. Aber wenn ich irgendwie schon 20, 30, 40 Millionen Umsatz mache teilweise pro Jahr, dann habe ich ja Cash eigentlich da liegen. Was ist die Motivation, so etwas dann trotzdem nicht zu tun? oder woran liegt das, dass man das nicht macht?
Florian Heinemann: Ich unterscheide immer sozusagen in die Perspektive, ist es gut genug oder ist es möglichst gut, so gut wie es geht. Und viele Menschen agieren halt intuitiv nach dem Prinzip, das geht schon so irgendwie. Aber nicht, ist das jetzt die optimalste, beste Lösung und haben auch für sich noch nicht so. dieses Prinzip des Venture Capital, sage ich jetzt mal. Das ist ja immer, ich muss eigentlich die Chance auf den Outlier maximieren. Das ist eigentlich sozusagen meine Aufgabe als Venture Capital finanzierter Unternehmer. Da kann man natürlich auch anders argumentieren. Also aus meiner Sicht ist das die Aufgabe, also aus Sicht des Investors.
Ich habe aber natürlich auch ein Portfolio. Für mich ist es okay. Mein Risk-Taking auf die Einzelopportunität ist natürlich eine andere als die des Unternehmers. Das heißt, man kann sich sogar darüber streiten, ob jetzt diese Vorgehensweise, etwas vorsichtiger zu sein, aus Sicht des Individuums jetzt immer die schlechtere ist. So wie wir jetzt gerade argumentieren, ist natürlich eher so, wie kann ich die Chance erhöhen, dass da ein Mega-Hit bei rauskommt. Aber damit erhöhe ich natürlich gleichzeitig auch das Risikoprofil der individuellen Opportunität. Was für mich jetzt als Investor, der ja hoffentlich mehrere solche Sachen im Portfolio hat, wenn nicht, hätte ich ja ein Problem. Ist das okay, aus Sicht des Individuums? Und was du schon noch tendenziell hast, ist, dass einige dann eben sehen, jetzt habe ich hier schon so viel und mein Anteil ist ja jetzt schon 20 Millionen wert oder was auch immer, natürlich nur ein paar. Papier, aber dass dann schon so gewisse Ängste eintreten.
Joel Kaczmarek: Verlust und Sättigung.
Florian Heinemann: Genau. Deswegen ist das zum Teil natürlich auch eine Investoren-Thematik. und da merkst du ja auch, wie viele der schlauen, auch angloamerikanischen, aber auch so ein HPE oder sowas agieren, also hier aus Holland die Growth-Investoren, dass sozusagen die Bereitschaft, Secondaries für die Gründer zu machen, deutlich zugenommen hat, in meiner Wahrnehmung. Also in den USA war das wahrscheinlich immer schon so, aber das, was jetzt hier so in der europäischen Sphäre passiert, ist ja genau das. Wieso mache ich das? Ich gebe dem schon mal 5 Millionen Euro, den im Gründer, damit er entspannt ist und im Prinzip bereit ist, die Risikokurve nochmal ein bisschen steiler zu stellen und dann eben auch wieder mehr in solche Leute zu investieren.
Also insofern ist das auch nicht nur ein Gründerproblem, muss man eben sagen, sondern es ist zum Teil auch, das beobachte ich schon auch, ein Investorenproblem, die eben ein Problem damit haben, wenn dann mein Gründer 2, 3, 4 Millionen Euro oder 5 Millionen Euro bei einer sehr guten Firma rausnimmt, wo ich halt immer sagen würde, Jeder, der Familie hat, weiß, dass man sich mit 2 Millionen Euro nicht zur Ruhe setzen kann, zumindest nicht in Deutschland. Und das trägt zu einem gewissen Spannungsgrad bei, weil man dann irgendwie sowas hat wie ein Polster oder einen sehr wesentlichen Beitrag zu einer Altersvorsorge. Aber ich glaube, da könnten auch Investoren anders agieren zum Teil, indem sie einfach sagen würden, es ist völlig okay, wenn jemand dort 2, 3 Millionen Euro vom Tisch nimmt. Von mir ist es auf 5. Und dann gibt man nochmal richtig Gas und investiert nochmal richtig in Leute.
Joel Kaczmarek: Ich habe mich mal mit einem der Investoren von Alando damals unterhalten, den du garantiert auch kennst. Und der hat mir auch erzählt, meine erste Samtvergründung, also er Wer kann das heutzutage, wenn nicht die? Und er hat auch gesagt, der größte Fehler von ihnen damals war, denen keine Beruhigung zu geben. Man hätte denen 10 Millionen Euro rüberschieben müssen und sie animieren, es weiterzumachen. Dann hätte man es nicht für 50 Millionen D-Mark damals irgendwie verkauft.
Florian Heinemann: Es war 80, aber egal. Es war auf jeden Fall Unterpotenzial.
Joel Kaczmarek: Sagt ja Kollege Samwo heutzutage auch der größte Fehler seiner Unternehmerkarriere, das zu früh verkauft zu haben.
Florian Heinemann: Also Ebay war schon mit das beste Geschäftsmodell, wie wir es bisher gemacht haben. Ist ja auch bis heute, trotz vieler wahrscheinlich relativ klar erkennbarer Menschen mit Fehler, verdienen die ja echt richtig viel Geld immer noch.
Joel Kaczmarek: In der Tat. Gut, letzte Frage zu dem Fehler. Gibt es irgendwie Indikatoren, an denen du sozusagen erkennst, oh, da ist ein Team unterqualitativ auf Mitarbeiter-Ebene unterwegs?
Florian Heinemann: Ja, sagen wir so, man sieht es im Ambitionsniveau, finde ich, des Hirings. Also du hast so häufig auch bei uns so die anglo-amerikanischeren Sachen oder wo du dann auch, weiß ich, Creandum im Cap-Table hast oder Excel oder so. Für solche Positionen wird dann Diversa an den Start gebracht. Also Diversa ist so eine Egon Zehnder aus New York, Silicon Valley, wo dann halt so ein Headhunting-Prozess 100.000 Dollar kostet. Das ist da völlig akzeptiert, um dann irgendwie einen Head of Sales oder irgendwas zu holen. Und hier hast du dann eben häufig so die Leute, die sagen, ja, wir suchen dann lieber erstmal so ein bisschen selbst.
Das wird einfach so diese ganze Ambitionsklasse in der Ausschreibung. Welcher Erfahrungshintergrund wird gesucht? Welche Gehaltsklasse suchen wir? Da merkst du einfach, ist eher die Denke, was ist gut genug? und nicht die denke, was ist jetzt möglichst gut, um quasi das Potenzial zu heben. Also das ist für einen schon so ein Indikator. Und wenn einer sagt, lass uns erstmal eine Position, dann gucken wir mal so die nächste. Das sind so Indikatoren. Eigentlich muss man ja sagen, die Gründer, die merken, oh shit, ich sitze jetzt hier auf was Gutem. Maximierung des Potenzials. Die müssen ja eigentlich sagen, okay, wir haben jetzt hier echt eine Opportunität. Wir müssen jetzt eigentlich einen geilen Head of Product, geilen Head of BI, geilen Head of Sales und dann eigentlich schon mal gucken, USA, wie kriegen wir da irgendwie einen Ansatz hin? Und dann, wo kriege ich jetzt die Kohle dafür her? Und da teilen sich die Lager schon in zwei Gruppen, muss man sagen.
Joel Kaczmarek: Wie ist es mit dem Thema Kultur insgesamt? Das wäre ja, glaube ich, ein guter Punkt, mal rüber zu robben. Ich sehe ja gerne auch mal Firmen, wenn die ein bisschen gewachsen sind, die dann anfangen, so ihre Werte irgendwie an die Wände zu schreiben oder ihren Key-Purpose oder als Claim vielleicht sogar unter ihrem Logo sowas setzen. Ist so Kultur-Leadership, also auf der Mitarbeiter-Ebene eine Vision vorzuleben, auch so ein Faktor, der in der späteren Phase zunimmt?
Florian Heinemann: Ja, also ich glaube, am Anfang, wenn man so loslegt im Start-up, dann ist ja Hiring die Haupt-HR-Aufgabe. Und da reden wir jetzt nicht nur so von so den frühen Rocket Groupon oder Vimbu oder so, wo da ganz schnell ganz viele Leute irgendwie rangeholt werden müssen, sondern das ist ja auch in einem normalen Startup jetzt unter die heutigen Bedingungen immer noch so, dass dann eher auf solche Themen geachtet wird. Und ich glaube, irgendwann sollte halt der Fokus shiften im HR-Bereich auf eine Systematisierung, Professionalisierung in verschiedenen Dimensionen. Sicherlich ein Bereich ist ja der ganze Bereich. Kultur, wo es darum geht, was ist unsere Vision, was ist unsere Mission? Gibt es irgendeine Art von Purpose, den wir uns sinnvoll geben können, ohne dass es irgendwie Quatsch ist? Was sind unsere Values?
Und ich glaube, das kann man auch zu Beginn gar nicht so richtig, weil ich glaube, das muss sich ja auch authentisch, organisch so ein Stück weit entwickeln. Und dazu ist natürlich auch wichtig, dass eine Organisation nicht zu große Fluktuation hat, um überhaupt so diese Themen zu entwickeln. Aber ich glaube, da eine Explizierung von solchen Themen zu fördern und herbeizuführen, das ist eine absolute Kernmanagement- und Gründeraufgabe. Weil ich glaube, nur wenn man diesen philosophischen Überbau hat einerseits, ich glaube, das zeichnet eigentlich alle tollen Firmen aus, dass sie das irgendwann anfangen zu entwickeln. Und ich glaube, man kann es nicht zwingen, man kann nicht von Tag 1 sowas haben, das ist, glaube ich, sehr schwer. Oder wäre nicht authentisch, aber ich glaube, das zu fördern, das zu entwickeln, wenn man merkt, okay, wir haben jetzt hier was gefunden, wir haben ein Kernteam, wir haben Kernkulturträger oder die das Potenzial dazu haben und dann anzufangen, das zu entwickeln, das ist, glaube ich, total wichtig. Neben diesem Thema Kulturwerte und so weiter ist sicherlich auch das Thema Professionalisierung, Personalentwicklung.
Also gibt es Karrierepfade? Gibt es nachvollziehbare Gehaltsberechnungen? Gibt es Karrierestufen? Gibt es irgendeine Form von institutionalisierter Weiterbildung für Mitarbeiter? Ich glaube, so dieses ganze Thema, das ist nicht nur ein Millennial-Thema, sondern das ist auch einfach ein Professionalitäts- und Respekt- und natürlich auch Investment in IP. Also das Wissen der Mitarbeiter, das ist auch etwas, wo man häufig bei Startups zu geringes Investment sieht. Auch in so Themen wie Leadership-Trainings, Feedback-Prozesse beispielsweise. mit Coaches zu arbeiten. Also wir empfehlen auch wirklich jedem ab einem gewissen Grad, nicht nur dann mit Coaches zu arbeiten, wenn es Probleme gibt, sondern eigentlich im Top-Management, idealerweise auch zweite Ebene, proaktiv und präventiv.
Und ich glaube, das ist auch Investment, was einige deutsche Firmen sich schwer tun, das zu gehen. Und ich will jetzt da keine Prozentsätze in den Raum stellen, aber ich glaube, wenn man ein gutes, skalierbares, digitales Geschäftsmodell gefunden hat, ist es eigentlich schwer. schwer, in solche Themen über zu investieren. Und ich glaube, da tun sich viele noch schwer mit, das zu tun. Vernünftiges Büro. Also muss man jetzt vielleicht direkt wie Soundcloud da ohne existentes Geschäftsmodell direkt in das geilste Büro investieren? I don't know. Ich meine, das ist immer so eine Chicken-and-Egg-Frage im Sinne von, bringt dann so ein Investment, führt das dazu, dass quasi die Chance auf eine exponentielle Entwicklung steigt?
Das kann man ja durchaus argumentieren. Also insofern würde ich gar nicht drüber lustig machen. Aber ich glaube, das Investment in sowas, in dem Moment, wenn man merkt, man sitzt auf einem guten Thema, man hat ein Business-Modell gefunden, man kann skalieren, dann in solche Themen zu investieren. Wenn man das nicht täte, dann ist das, glaube ich, fahrlässig. Da bräuchte ich nicht zu sagen, Retention ist das Hauptthema, Mitarbeiter-Retention, weil ich glaube, du kannst nur dann überlegenes operatives Wissen aufbauen. Und ehrlicherweise, ich meine, die allerwenigsten Firmen verfügen über so brillante Geschäftsmodelle, die so für sich selbst stehen. das auch mittelmäßiges Know-how, hervorragende Resultate produziert. Und wenn man das für sich verinnerlicht hat, weiß man, Mitarbeiter-Retention ist eigentlich das Thema. Und deswegen muss man da eigentlich alles für tun.
Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, es ist in der Tat so, wenn man so auf Events irgendwie Leute sieht, wie sich Gründer austauschen und dann eigentlich so das Cocktail-Bingo haben, dann ist ja eigentlich immer, wie viele Mitarbeiter hast du, wie viel Umsatz, welche Investoren, wie viel Cash. Eigentlich hast du recht, muss man sich mal unterhalten, wie viele Fluktuationen hast du auf der Mitarbeiterseite als Qualitätsindex für so eine Firma. Aber ich glaube, es ist ja auch bei Paartherapie, so habe ich mal gelernt, deutsche Paare machen Paartherapie im Schnitt sieben Jahre zu spät, im Vergleich zu Amerikanern zum Beispiel, die das mehr als Beziehungshygiene sehen. Das kann man auf die Führung übertragen, dass man eigentlich manchmal gucken sollte, sich zu trainieren, wenn es vermeintlich gut läuft und man aber eigentlich langsam in die Probleme reinschifftet, ehe die dann merkbar werden.
Florian Heinemann: Ich muss halt sagen, wenn du einmal so ein bisschen so ein Stimmungsthema hast in so einem Unternehmen, ist es schwer, das quasi dann wieder rauszubekommen. Das merkst du ja häufig in jeder Organisation, das merkst du in Sportvereinen, das merkst du in Schulklassen, gerade wieder ein aktuelles Beispiel, Willi. vier Kinder hast, eigentlich in jedem sozialen System entstehen ja Stimmungen. Und da hast du auch eine Fahrtabhängigkeit. Und wenn die sich einmal sozusagen in einem gewissen Emotionalitätspfad bewegen, dann kommst du da relativ schwer von runter. Der Coaching-Aufwand oder der Therapie-Aufwand ist viel größer. Deswegen da, glaube ich, proaktiv und präventiv zu arbeiten, ist sehr relevant. Also das wäre für mich ein ganz, ganz wesentliches Thema. Fällt jetzt im weitesten Sinne unter HR, Organization Building.
Das ist zum Teil Gründeraufgabe, aber man braucht natürlich auch Leute, die einfach das alles mit Leben füllen. Das heißt, HR muss sich dann weiterentwickeln. und dann ist auch immer die Frage, sind die Leute, die am Anfang HR gemacht haben, mit einem starken Recruiting-Fokus, sind das dann eigentlich noch? die richtigen? oder muss man dann nicht noch Leute daneben stellen oder drüber stellen, die sozusagen so dieses Gesamtkulturthema einfordern und managen. Und ich glaube, da kann man kaum zu viel machen. Also man denkt ja dann teilweise auch, ich bin ja auch eher so ein Typ, der dann immer so denkt, ist das jetzt nicht so ein bisschen too much? Die Leute werden das, was wir machen und die Substanz dessen schon erkennen und das wertschätzen. Aber ich glaube, das muss ich auch rational anerkennen. Da kann man, glaube ich, nicht genug tun.
Joel Kaczmarek: Aber ich glaube, das, was du sagst, wenn da einmal der Herr der Fliegen eingesetzt hat, hast du da deinen Schmerz. Ich wurde auch im Gespräch noch darauf hingewiesen, ich weiß nicht, ob die Zahlen stimmen, ich habe es nicht verifiziert, aber er sagte mir, er hat sich mal so Mitarbeiterbewertungen angeguckt in Berlin, was sind die beliebtesten Arbeitsplätze? und die Sub-3, also die untersten drei, waren dann so Geschichten wie Auto 1 and 26, get your guide. Und das sind so die Buden, die abgefeiert werden und so deutschen Unicorns und was weiß ich nicht was, wo du denkst, das kann ja eigentlich nicht sein. Das müsste ja eigentlich genau umgekehrt sein.
Florian Heinemann: Man müsste sicherlich auch mal die Mitarbeiterzufriedenheitsumfragen von den Internen sehen, weil ich glaube sozusagen jetzt die Kununus, Glassdoors und so weiter.
Joel Kaczmarek: Geben Filter für Luft ablassen, hast du recht.
Florian Heinemann: Genau, das ist natürlich, wenn du jetzt viele, wenn du groß bist und emotionalisierst, dann kriegst du da natürlich wahrscheinlich überproportional Shit ab. Aber klar, es ist zumindest mal ein erster Indikator.
Joel Kaczmarek: Man kann zu dem Punkt haben, dass Size sozusagen, Scale dann dich da hinten rausfasst.
Florian Heinemann: Also auch Zalando schneidet da nicht so super ab. Insofern muss man zumindest mal, wenn ich mir angucke, wie viel Effort die da reinstecken.
Joel Kaczmarek: Gut. Wie ist denn so auf
Florian Heinemann: Ja, also ich glaube, ein weiteres ganz wesentliches Thema, was wir sehr häufig sehen, das ist jetzt ein großes Beispiel, gerade auch ASOS, der gefeierte Stern des Modehimmels.
Joel Kaczmarek: Wenn die nicht gerade die Warenhäuser abbrennen, ne?
Florian Heinemann: Genau. Was du halt bei denen siehst, und ich glaube, das ist ein typischer Fehler bei stark wachsenden Unternehmen, der zwar in der frühen Phase gemacht wurde, der da noch verzeihlich ist, den man aber dann eigentlich spätestens in dem Moment, wenn man merkt, ich sitze jetzt hier wirklich auf einer großen Chance zumindest, dann muss man eigentlich sämtliche Infrastrukturthemen auf der Kern-IT-Seite, Supportprozesse, also ASOS ist ja gerade das Logistiksoftware-Thema, Und sicherlich auch auf der Datenseite, das muss man bereinigen. Also vielleicht da nochmal drauf einzugehen. Es ist, glaube ich, das Natürlichste der Welt, dass man jetzt nicht das Ursprungssystem, mit dem man den Product Market Fit findet, dass das so skaliert hingestellt wird, dass es für Millionen von Kunden oder Riesendatenmengen oder sowas funktioniert. Ich glaube, das ist vernünftig und normal.
Aber ich glaube, in dem Moment, wenn man merkt, boah, ich sitze jetzt hier auf etwas, dann muss man eigentlich in dem Moment anfangen, alles nochmal zu überdenken, was Basisinfrastruktur angeht und sicherlich auch nochmal über die Personen nachdenken. dann ist das mit diesem ersten Thema connected, weil häufig hast du ja so eine Jugendforscht-Veranstaltung, auch im IT-Bereich, das ist auch grundsätzlich in Ordnung. Bloß ich glaube dann, in dem Moment, wenn man merkt, ich könnte jetzt hier skalieren, dann nochmal drüber nachzudenken, okay, ist das eigentlich wirklich future-proof? Und das siehst du eben, wie gesagt, in Themen Kern-IT, ist das skalierbar, ist das modular? In dem Moment, wenn du da keine sehr modulare Struktur hast, du merkst eigentlich alle großen, erfolgreichen Softwareunternehmen, die haben eigentlich alle eine sehr modulare Struktur. Warum? Damit sie halt in der Lage sind, gekapselte Komponenten, Microservices und so weiter isoliert weiterzuentwickeln und kontinuierlich zu modernisieren.
Das ist letztendlich die Infrastruktur, die Software-Architektur, die du benötigst. Sehr, sehr modular, weil das natürlich die Renovierungsarbeiten, die kontinuierlich laufen sollten, sehr stark vereinfacht. Und das einmal zu überprüfen, bin ich da eigentlich wirklich so aufgestellt und gegebenenfalls dann auch nochmal zu investieren in eine Renovierung und grundsätzliche neue Architektur. Das ist etwas, was einige übersehen, gerade natürlich nicht so technische Gründer. Und das fliegt einem natürlich total um die Ohren und wird im Zweifelsfall, die Renovierungsarbeiten werden immer teurer. Deswegen glaube ich, macht es Sinn, das möglichst früh anzugehen.
Das Gleiche gilt auch für Infrastruktur. Ich meine, ASOS ist jetzt so ein prominentes Beispiel gerade, weil ich glaube, in dem Moment, da kannst du noch so einen tollen Job auf der Social Media, auf der Produkt-, auf der Einkaufsseite machen. In dem Moment, wenn da hinterliegende Prozesse Mist sind, kannst du unmöglich skalieren. Also gerade im B2C-Bereich, dir fehlt der NPS. Wenn dir der NPS fehlt, fehlt dir die Retention. Wenn dir die Retention fehlt, ist der Lifetime-Value nicht da. Wenn der Lifetime-Value nicht da ist, dann bist du eben nicht in der Lage, in der CAC versus CLV in diesem Spiel irgendwie halbwegs vernünftig mitzumachen.
Joel Kaczmarek: Ich muss jetzt viel übersetzen gleich im Nachgang.
Florian Heinemann: Das ist einfach das Problem. und deswegen Support-Infrastruktur ist nicht nur eine Nebenwertschöpfungskette, sondern ist in dem Moment absoluter Kern. Und dritter Bereich, wo du häufig siehst, dass Leute unterinvestieren oder unterinvestieren kann man nicht sagen, ist, dass die Dateninfrastruktur nicht gut ist. Was meine ich damit? Du hast ja so die Tendenz, wenn du schnell wächst, hier mal ein System mit Kundendaten, da mal ein System mit Transaktionsdaten, hier hast du nochmal ein Customer-Service-System, was wieder irgendwie separat funktioniert und nicht mit einem zentralen Data-Warehouse irgendwie connected ist.
Und ich glaube, das fliegt dir halt irgendwann nicht unbedingt direkt um die Ohren, aber es führt halt dazu, dass du das Potenzial einer in sich konsistenten, die wesentlichen Wertschöpfungsketten eines Unternehmens umfassenden Dateninfrastruktur, eines Datenpools, der sämtliche Datenpunkte zu einem Thema letztendlich zugreifbar hat, dass du das Potenzial dessen nicht nutzt. Also dieses ganze AI-Thema und so ist ja im Wesentlichen kein, nehmen wir es einfach mal, intelligenten Umgang mit Daten. Also ob das jetzt immer künstlich intelligent ist, ist ja zum Teil dann auch irgendwie eine Definitions- oder philosophische Frage. Aber sämtlicher intelligenter Umgang mit Daten basiert letztendlich zum einen natürlich auf einer Methodik, Aber im ganz Wesentlichen auf der Datenbasis, der Qualität der Datenbasis. Die Tools, das ist zumindest jetzt mein recht oberflächliches Verständnis von dem Thema, die Tools und Methodik, die werden eigentlich immer stärker commoditized und du hast immer leichter im Zugriff.
Das heißt, sich über die Methodik der AI stark dauerhaft zu differenzieren, ist eigentlich gar nicht so einfach. Aber was du sehr wohl kannst, ist, über die Qualität deines Datenbestandes das zu tun. Und dieses Potenzial nutzt du eben nicht, wenn du disjunkte Datentöpfe hast. Und das ist eigentlich nochmal das Thema Das ist auch wieder völlig okay, wenn man ein Product-Market-Fit findet, dann ist es vielleicht ein bisschen leichter, wenn nicht alle immer die Disziplin haben müssen, in eine zentrale Datenstruktur reinzuarbeiten, weil das natürlich auch nervt, das verstehe ich auch. Aber ich glaube, in dem Moment, wenn du merkst, jetzt geht dir die Post ab oder potenziell die Post ab, musst du eigentlich sagen, okay, das muss ich jetzt eigentlich alles bereinigen.
Ich weiß, es nervt, aber Aber damit wir wirklich dieses Potenzial heben können, Personalisierung ist zum Beispiel, das bedarf es halt, dass auf jeden Fall alle Interaktionen auch aus einem Customer Service beispielsweise, das ist so ein Klassiker, dass du ein separates Customer Service System hast, wo die Kundeninteraktionen daraus nicht im zentralen Data Warehouse sich wiederfinden, wo beispielsweise auch die ganzen Marketingkanäle drin sind oder CM-Kontakte. Das zum Beispiel zu kombinieren kann riesen Wert haben. Ist jetzt nicht sofort quantifizierbar ad hoc im abstrakten Fall. Das ist für mich auch so ein Klassiker. an der Stelle dann in diese drei Bereiche. Kerninfrastruktur, Supporting, Kern-IT-Infrastruktur. Support-Infrastruktur und Daten-Infrastruktur da nochmal eine Bereinigung herbeizuführen.
Joel Kaczmarek: Okay, also du hast jetzt extrem viel gesagt. Ich will auch mal die Leute abholen, die nicht so tief drin sind, wie vielleicht wir beide manchmal. Wir fassen also mal zusammen. Der Punkt, den ich jetzt verstanden habe, ist, der Fehler, den viele Gründer in dieser späten Phase machen, ist, dass sie auf IT-technischer Ebene, Prozessseite und bei den Daten nicht unbedingt Bulletproof sind, was die Systeme angeht. Das heißt, man muss irgendwann mal nachregulieren, ob die Technologie, die man dann eigentlich hinstellt und die Prozesse dazu noch den Ansprüchen entsprechen.
Florian Heinemann: Und vielleicht auch die Person, ne?
Joel Kaczmarek: Ja, so und jetzt hast du ja eben so eine lange Aneinanderreihung von Abkürzungen gesagt. NPS, Retention, CLV und CAC, da hören wir die Leute mal ganz kurz ab. Also was ich gelernt habe ist, wenn deine technische Basis und die Prozesse nicht stimmen, werden die Nutzer frustriert. NPS, Net Promoter Score, also wie viele meiner Kunden empfehlen mich weiter, geht in den Keller. Dann sinkt auch meine Retention, also wie viele Kunden ich halte und zufrieden halte, was dazu führt, dass mein CLV, mein Customer Lifetime Value, also der Wert, den ich mit den Kunden erzeuge, sinkt. Und der Abschluss war dann für dich, dass du gesagt hast, das knallt dir dann auch wieder ins Marketing rein, weil dann deine Kundenakquisitionskosten, die CAC, sozusagen zu hoch sind, wenn ich mit den Kunden nicht genug verdiene. Also man merkt den Rattenschwanz, Struktur nicht sauber, Kundenunzufriedenheit steigt, ganze gesamte Statistik kippt quasi nach rechts.
Florian Heinemann: Deswegen sagen wir im Prinzip auch, es gibt kein Consumer-Business, zumindest kein mir bekanntes, was ohne gute Retention wirklich massiv skaliert. Auto 1 muss man erstmal gucken. Vielleicht, wenn die Transaktionen groß genug sind, und das macht man ja schon ab und zu, verkauft man dann doch sein Auto alle paar Jahre. Aber wenn du dir die anderen Consumer-Businesses anguckst, die sehr erfolgreichen Consumer-Businesses leben eigentlich alle von einer hohen Frequenz.
Joel Kaczmarek: Okay, und abschließender Punkt dazu, was du eben meintest, finde ich auch ganz interessant, dass man sich eigentlich gar nicht mehr so sehr über die Methodik in der KI, also der im Prinzip Datenbearbeitung oder Verarbeitung diversifizieren kann oder abheben kann von seinem Wettbewerb, wohl aber in der Qualität, in die man seine Daten
Florian Heinemann: aufbereitet.
Joel Kaczmarek: Da merkt man aber ganz schön das Brett. Vor allem, was ich ja glaube, ist, den Scale kann man sich manchmal gar nicht vorstellen. Also ich merke das ja bei uns im Kleinen, hier wieder die Mogelfirma. Wenn wir 200 Podcasts jetzt zum Beispiel irgendwie umziehen müssen, weil wir unser System ändern, da hast du einen unfassbaren Aufwand. Wie muss das erst sein, wenn du 200 Millionen Datenpunkte hingebogen kriegen musst?
Florian Heinemann: Ja, und wie wäre es, wenn du es zwei Jahre später machst? Ist auch bei deiner Muckelfirma, nehme nur deinen Begriff, wird es auch schwerer und teurer. Das ist eben so ein bisschen so diese Bereitschaft. Wenn man auf einem coolen Modell sitzt und das auch klar zeigen kann in Zahlen, dann ist Venture Capital ja kein Engpass mehr. Man sagt ja immer, das Geld liegt auf der Straße. Stimmt ja nicht. Weder für Venture Capital Fonds liegt das Geld auf der Straße, noch für Gründer. Das Geld liegt nur dann auf der Straße, wenn du halt erwiesenermaßen auf einem tollen Modell sitzt. Dann schmeißen dir die Leute das Geld hinterher. Wenn du noch dein Product-Market-Fit suchst und Series A, relativ frühe Phase, erste Traction, aber man muss noch an sehr viele Dinge glauben, dann liegt das Geld ja nicht auf der Straße. Und ich glaube, so diesen Switch zu erkennen, okay, jetzt habe ich ein geiles Modell, jetzt liegt das Geld auf der Straße.
Dann kann ich auch in solche Themen investieren, dann muss ich diese Zurückhaltung, die gesund ist in der frühen Phase, da fand ich auch einen sehr interessanten Podcast hier vom Johannes Reck bei, weiß gar nicht mehr, wo es war, OMR, wo er auch gesagt hat, wenn wir am Anfang 20 Millionen Euro gehabt hätten, wäre vielleicht gar nicht so gut gewesen, korrigiere mich jetzt auf die Zahlstelle, aber er meinte auf jeden Fall, wenn ich am Anfang zu viel Geld gehabt hätte, wäre es vielleicht gar nicht so gut gewesen, weil dann hätten wir auf viele Dinge nicht so in dem Detail geachtet. So waren wir sehr sparsam und haben Lösungen gebaut, die effizient waren und so. Aber dann haben die halt den Switch hingekriegt und gesagt, so, jetzt sitzen wir auf einem guten Modell, ohne dass ich das jetzt im Detail beurteilen könnte, aber jetzt sitzen wir auf einem Modell, jetzt liegt das Geld auf der Straße, KKA und das ist natürlich das Nächste. Wenn du natürlich einmal KKA und noch ein paar andere General Catalyst und wen die alles haben, dann liegt das Geld wirklich auf der Straße. In dem Moment, wenn du natürlich solche Leute überzeugst, hast du halt eine Menge Leute, die denken, oh, wenn KKA da investiert oder Sequoia oder Benchmark, dann muss das ja eine super Firma sein und dann liegt das Geld für dich wirklich auf der Straße und dann kannst du eben auch den Hebel umlegen.
Joel Kaczmarek: Ja, also ich habe ja auch mal gelernt, Geld, Investorengeld erlaubt einem Fehler zu machen. Das ist ein bisschen wie so eine Epilierschere beim Friseur, da kannst du die Übergänge quasi glattschnell, man sieht es ja nicht mehr so.
Florian Heinemann: Und das ist auch völlig okay, diese Fehler zu machen, wenn du sozusagen weiter die Capital-Raising-Fähigkeit hast. Und das haben ja viele Firmen. Also wenn jetzt Airbnb Geld aufnehmen wollte, dann müssten die aber sagen, wir würden gerne Geld aufnehmen.
Joel Kaczmarek: Stellen einmal vor die Tür.
Florian Heinemann: Und wenn die Bewertungen oder die Koalitionen jetzt nicht komplett das Schwachsinn sind, dann kommt das ja da rein.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage zu dem Fehler, bevor wir uns zum nächsten rüberhangeln. Würdest du in dem Bereich eher empfehlen, eigene Lösungen zu entwickeln oder mit Fremdsystemen arbeiten? Weil ganz viele gucken ja immer so ein bisschen skeptisch, wenn man Sachen selber baut. Während ich auf der anderen Seite so ein Lidl in Erinnerung habe, wie viel, ich glaube 500 Millionen, wie die, die in so ein SAP, ERP-System gesteckt haben. Da gibt es ja Dutzende und Aberdutzende Beispiele. Was ist da schlauer, Eigenbau oder Fremd?
Florian Heinemann: Na gut, ich meine, man sieht ja schon die Tendenz von Zalando, Amazon und so weiter, die bauen ja schon sehr, sehr viel selbst. Und ich glaube, ab einer gewissen Skalierung, je größer man wird, desto mehr kann man sinnvoll selbst bauen. weil es irgendwie für einen potenziell zu einem Differenzierungsfaktor wird. Für mich ist immer so eine Regel, die Kern-IT-Systeme, also sprich das, was der Nutzer sieht, die Experience, die dahinter liegt, im Sinne von jetzt zumindest mal die digitale, die muss man aus meiner Sicht eigentlich immer selbst bauen. Muss man jetzt als E-Commercler ein Lagerverwaltungssystem unbedingt selbst bauen?
Wenn ich Zalando bin, ja, wahrscheinlich schon, weil ich irgendwann die Vision habe diesen Service auch Dritten anzubieten. Also ich glaube, in dem Moment, wenn da eine Vision ist, das soll mal Teil meiner Wertschöpfung werden, die ich auch gegebenenfalls Dritten anbiete. Und das ist natürlich bei Amazon, gilt das ja eigentlich für alles. Da hat Jeff Bezos ja, keine Ahnung, war irgendwann mal ausgegeben, alles, was hier irgendwie entwickelt wird, muss so entwickelt werden, dass im Prinzip wir das mal irgendwann als Service an Dritte verkaufen können. Wenn das deine Philosophie ist, dann musst du alles selbst machen. Das musst du dir aber natürlich auch leisten können. Die Eier muss man eben auch erstmal haben zu sagen, hey, weil das natürlich im Zweifelsfall alles massiv Geld kostet.
Also die Frage ist ja zum Beispiel immer, bei so Tracking-Systemen, sollte man jetzt sowas wie ein Tracking-System selbst entwickeln? Google Analytics hat wahrscheinlich ein paar hundert Entwickler. Sprich, wenn du da mithalten willst, müsstest du eigentlich mit ähnlichen Waffen agieren, weil die Chance, dass jetzt deine Entwickler im Schnitt relevant schlauer sind als die Kollegen, die Google da draufsetzt, kann man sich jetzt sowas streiten, wie hoch die ist. Gut, die müssen mehr Fälle abdecken, also insofern kommt es wahrscheinlich ein bisschen weniger Leuten hin. Aber eigentlich muss man ja sagen, was sind die Themen, mit denen ich mal quasi aufgrund einer überlegenen Qualität von Dritten dafür Geld haben möchte? Oder was sind die Themen, die sozusagen meine Differenzierungsfaktoren gegenüber dem Kunden sein werden?
Das sind ja eigentlich die Dinge, wo man als Digital-First-Unternehmen eigentlich sagen muss, dafür muss ich eigentlich ausreichende und ausreichend kompetente Entwicklerressourcen aufbauen. Und das muss man dir auch sagen, das merken wir auch immer wieder. Damit schaffst du natürlich auch nochmal eine zweite Wertbasis deines Unternehmens. Natürlich nicht, wenn du Schrott entwickelst. Aber in dem Moment, du hast natürlich immer zwei Sachen. Du hast einmal so die Cashflows als Werttreiber, die dein Kernbusiness generiert. Und dann hast du aber natürlich auch nochmal sozusagen die IP, die du baust. Und IP in IT-Systemen ist halt eine relativ explizite Form des IPs. Das heißt, das kann nochmal ein zweiter Wertfaktor sein, der dein Unternehmen mit zwei, zwei nochmal ein Stück wertvoller macht.
Joel Kaczmarek: Ich überlege mich die ganze Zeit, ob Alice und Bob die Entwicklung von Zalando oder von Rocket war. Von Rocket. Rocket, Shopping-System. Aber ist ja vielleicht ein guter vierter Fehler sozusagen. Gucken viele ältere Firmen zu spät darauf, was neue Standbeine sein könnten für sie oder sollte man eher fokussieren? Was ist da eher dann?
Florian Heinemann: Das ist eine interessante Frage, weil ich glaube, was ja Fakt ist, dass die meisten sehr großen digitalen Unternehmen sind Multiproduktunternehmen. Netflix vielleicht nicht unbedingt, verkaufen glaube ich eigentlich nur Abos. Aber ich glaube, wenn du dir die meisten 10 Milliarden plus Unternehmen anguckst, haben die alle mehrere Revenue-Streams. Amazon sowieso, Zalando auch. Delivery Hero nicht unbedingt, die machen eigentlich nur Essensvermittlung. Aber ich sage mal, die meisten streben irgendwann zu Multiproduktunternehmen. So und ich glaube, es hängt so ein bisschen davon ab, wenn du jetzt sowas machst wie Delivery Hero und du hast ein Marktplatzmodell und Marktplatzmodelle sind an sich natürlich extrem resilient, also die sind schon sehr sicher gegen Disruption, also dass jetzt sozusagen jemand die Takeaway Group in Deutschland von der Food Delivery, vielleicht Uber, vielleicht Amazon. Insofern selbst die.
Aber ich glaube, dass du, wenn du einmal Marktführer bist oder sehr groß bist und dominierend bist, hast du eigentlich eine relativ gute Resilienz in deinem Geschäftsmodell. Und ich glaube, davon hängt es im Wesentlichen ab. Man muss, glaube ich, sehr ehrlich sein, was die Resilienz des eigenen Geschäftsmodells angeht. Und ich Ich glaube, die überschätzt man tendenziell. Wenn man guckt, so ein About You, sehr beeindruckend, wie schnell die angefangen haben, die Plattformstrategie zu leben. Amazon ist natürlich sozusagen die ultimative Verfechter der Plattformstrategie. Und weil die ja zumindest mal arrondierend in ähnlichen Segmenten im Webwerb stehen, wird wahrscheinlich ein About You auch schneller dahin gepusht, zu sagen, okay, wir müssen Retail-Media aufbauen, wir machen ein Software-Business. Es gibt Marketplace, wir bieten für Marken Services an, die bei uns verkaufen, aber wir machen eben für die auch andere Themen wie Logistik usw., Die werden natürlich auch von einem Zalando dahin getrieben, von einem Amazon dahin getrieben, da schnell zu agieren.
Aber ich glaube, wenn man das intern sich zutraut und wenn man es schafft, die internen Strukturen zu bauen und auch zu finanzieren, ohne jetzt den Fokus vom Kerngeschäft zu stark wegzunehmen, also man muss dann de facto eine zweite Struktur schaffen, wie wie das ja in den großen Konzernen de facto ja dann auch ist. Ich glaube, dann spricht nichts dagegen, gerade wenn man die Resilienz des eigenen Kerngeschäftsmodells als mittelmäßig einschätzt, dann schon mal schneller in weitere Themen zu investieren. Also das ist schon nicht doof, weil das Charmante ist natürlich, was ist das Brillante an diesem Amazon-Modell? Der hat quasi unlimited Fähigkeit, Cash zu raisen aufgrund des Track Records und kann das dann eben wieder zu viel günstigeren Konditionen, als das viele andere können, das Raisen, und kann das dann eben wieder in neue Modelle stecken. Und wenn du einmal natürlich durch dein bestehendes Geschäftsmodell in die Lage versetzt wurdest, Geld zu günstigeren Konditionen zu raisen als deine Konkurrenten, also mehr Geld zu besserer Bewertung, das wäre das ja im Startup-Kontext, Teile dieses Geldes zu nehmen und in neue Opportunitäten zu stecken, auf Basis dieser überlegenen Fundraising-Fähigkeit, ist nicht doof.
Aber man muss, wie gesagt, daneben ausreichende Strukturen schaffen dafür. Insofern, die Frage ist, was ist der richtige Zeitpunkt? Ich bin da tendenziell wahrscheinlich eher vorsichtiger. Also ich war auch bei About You, da bin ich ja im Beirat. Ich fand das ein Ticken zu früh, weil ich so dachte, boah, da ist noch so viel liegen noch vor einem. Aber jetzt laufen die Sachen alle gut. Also ich glaube, das hängt im Wesentlichen von der Exekutions- und Managementfähigkeit des Gründerteams ab, weil ich glaube, irgendwann muss man in der Regel diversifizieren. Weil die allerwenigsten Modelle sind so resilient, dass sie dessen nicht bedürfen und jede Opportunität braucht ja Jahre, bis sie entwickelt werden kann. Ich meine, du siehst es bei den ganz Großen, alle von denen. Also stell dir vor, Facebook hätte jetzt nicht in Instagram und WhatsApp und Oculus und was auch immer noch investiert.
Also Facebook alleine, klar, die haben immer noch wahnsinns Reach und so weiter, aber ich glaube sozusagen der Kapitalmarkt. würde sicherlich Facebook ganz anders bewerten, wenn jetzt die Akquisitionen, die die getätigt haben, wenn die die nicht getätigt hätten. Wie gesagt, sich mit Facebook zu vergleichen. Aber ich glaube trotzdem, so das Learning daraus ist ja schon, irgendwann werde ich wahrscheinlich ein Multiproduktunternehmen sein müssen, um groß und relevant zu sein und eine gute Fortführungsprognose zu haben. Das ist, glaube ich, Fakt. Und dann ist eben die Frage, wenn das der Zielzustand ist, wann ist der richtige Zeitpunkt, den Pfad dahin zu beschreiten? Und das kannst du, glaube ich, nur im Einzelfall sagen. Aber tendenziell denken da Leute wahrscheinlich zu spät dran.
Joel Kaczmarek: Ja, aber ich meine, das ist ja ein gutes Beispiel, Facebook. In der Tat ist es ja so, das Erste, was in Wirtschaftskrisen gehattet wird, sind ja Werbeausgaben. Und wenn ich jetzt Facebook-Kernbusiness nehme, ist es werbebasiert. Fairerweise aber auch die anderen. Also Instagram und WhatsApp sind eigentlich alle werbeorientiert. Hast du so ein Beispiel?
Florian Heinemann: Da muss man natürlich fairerweise sagen, Werbeausgaben, die performancebasiert sind, und das ist ein relevanter Teil davon, sind sicherlich krisenfester als Branding-Ausgaben. Aber Bei denen ist sozusagen die Diversifikation nicht zwangsläufig über die verschiedenen Business-Modelle, wie das jetzt bei einem Amazon ja ganz klar der Fall ist. Also Amazons Modelle korrelieren wahrscheinlich deutlich weniger miteinander, als jetzt das bei einem Facebook der Fall ist. Da ist es eben eher sozusagen der Reichweiten-Hedge oder Traction-Hedge zwischen den verschiedenen Produkten, Messenger, Instagram, gegebenenfalls dann irgendwann noch deutlich stärker Oculus. Da kommen sie dann so in dieses Hardware-Sales-Thema dann irgendwann, wobei ich gar nicht weiß, wie relevant dann Hardware-Sales da sein wird bei Amazon.
Joel Kaczmarek: Ich meine, du schaffst ja eher neue Marktplätze. Hardware-Sales ist ja dann eher der Hebel zum Marktplatz für virtuelle Inhalte, also VR-Sachen. Aber in der Tat merkt man ja trotzdem auch, dass du es schon mit Sinn und Verstand machen musst. Wenn ich mir jetzt so ein Yahoo angucke, hier, was haben wir alles gekauft? Tumblr und Co.
Florian Heinemann: Ja gut, aber wenn Yahoo nicht sich an Alibaba beteiligt hätte, hätten sie auch ein Problem.
Joel Kaczmarek: Ja eben, also war der Punkt. Also gut in beide Richtungen hast du recht. Gut, haben wir glaube ich in unserer ersten Podcast-Folge mal gesagt. Geschäftsmodelle haben eine gewisse Halbwertszeit. Also vor dem Hintergrund. Ich glaube, da hast du in der Tat recht. Dreh- und Angelpunkt ist Timing.
Florian Heinemann: Ja, Resilienz des eigenen Geschäftsmodells, was dann wiederum treibt, wie schnell muss ich das angehen?
Joel Kaczmarek: Und wie kannst du steuerungstechnisch, und da sind wir vielleicht beim nächsten, vielleicht in Richtung Governance mal zu überlegen, aber bei Fehlern, wie schnell kannst du das abbilden, dass du das gemanagt kriegst, drei, vier, fünf Modelle parallel zu fahren? Wie ist das bei Governance? Ist das auch so ein Faktor? Was meinen wir damit? Können wir vielleicht mal ein bisschen spezifizieren?
Florian Heinemann: Ja, also ich glaube, ein wesentlicher Faktor ist ja, was sehen wir bei Startups. Du hast in der Regel ein paar Gründer, kommen da irgendwelche Business Angels, dann kommen irgendwelche Frühphasen-VCs, dann kommen so die nächsten, dann scheidet vielleicht ein Gründer aus, der hängt dann aber noch irgendwie mit im Cap-Table. Was man eben schon sagen muss, und das ist auch für mich so ein wesentliches Learning, wir machen ja auch einige PE-Investments. Und wenn man sich mal anschaut, wie professionell die so eine Governance aufstellen, das hat verschiedene Komponenten, dann ist das ein Riesenunterschied zum normalen VC. Und leichte Tendenzen siehst du auch bei den Wachstumsinvestoren, wenn so ein KKA Growth oder ein TCV oder so bei irgendwelchen Modellen einsteigt oder ein Vitruvian. dann hat das auch gewisse Komponenten davon. Was meine ich damit?
Du musst eigentlich immer klare Mehrheitsverhältnisse schaffen oder zumindest an die Mehrheitsverhältnisse, die herrschen, angepasste Entscheidungsguidelines. Und das muss man sagen, ist im PE-Bereich schon echt gut. Da hast du in der Regel einen Investor, der entscheidet und dann hast du im Management, das entscheidet, aber letztendlich in Abstimmung mit dem einen Investor. Und ich glaube, wo man auch darauf achten sollte, wenn man dann wirklich sagt, okay, jetzt wachsen wir, wie kann man nochmal wirklich zu überprüfen, Ist das, was ich da angesammelt habe, mein ehemaliger Mitgründer, der vielleicht nur so semi-wohlgesonnen ist, weil er rausgedrängt wurde, paar Business Angels, Leute vielleicht mit einer relativ hohen Cash-Präferenz aus dem Early-Investing-Bereich, dass man sagt, okay, wie kann ich das alles einmal bereinigen, das wirklich einmal konsequent zu tun, weil ich glaube, das erhöht die Handlungsfähigkeit nach hinten raus enorm.
Das ist für mich so ein Aspekt dessen. Ein weiterer Aspekt dessen ist sicherlich auch nochmal, da hatten wir eine ganze Folge zu, das ganze Thema Beirat. Da nochmal wirklich zu schauen, gibt es eine professionelle Beirats-, Aufsichtsrats-, was auch immer, je nachdem, welche rechtliche Form man hat. Struktur, das diszipliniert enorm, das nervt natürlich auch, Themen immer wieder aufbereiten zu müssen. Also wenn ich diese Private Equity Beiratssitzung sehe, da werden da 100 Seiten Präsentationen präsentiert und so weiter. Das ist natürlich auch für Management anstrengend, aber ich glaube, es führt zu einer deutlichen Professionalisierung von vielen Dingen und dazu, dass man immer wieder gezwungen wird, Gedanken zu explizieren, auch als Management, und zu diskutieren.
Und das ist vielleicht dann nicht immer in der Situation so mehrwertig in der Diskussion, die man in so einem Beirat hat. Das hängt natürlich sehr stark von der Zusammensetzung des Beirats ab. Aber ich glaube, alleine als Management gezwungen zu werden und zu sagen, was ist eigentlich jetzt mein Plan in den nächsten drei Jahren? auf der Produktseite, auf der Businessmodellseite, auf der Cashseite. Das einmal explizieren zu müssen und durchdenken zu müssen und auf Papier bringen zu müssen. Da ist auch wieder Jeff Bezos, der hat da eingeführt bei Amazon angeblich, also ich habe ja nie bei Amazon gearbeitet, aber das hört man ja immer so.
Joel Kaczmarek: Hast du mal verkauft an die?
Florian Heinemann: Ja, das stimmt, aber da war ich auch ehrlicherweise gar nicht mehr aktiv. Also da habe ich zwar davon profitiert, Das ist auch was mir mein ehemaliger Mitgründer sozusagen, der dann auch länger für Amazon gearbeitet hat, auch gesagt hat. Vor Meetings wirst du ja da quasi gezwungen, Dinge in Word-Dokumente zu packen. Und er sagt auch bewusst nicht in PowerPoint, weil er sagt, der Explizierungsgrad eines Word-Dokuments ist halt nochmal deutlich höher. Du musst Dinge nochmal viel mehr durchdenken, wenn du Sätze schreibst. Und da steckt schon was dran.
Aber ich finde, selbst wenn du Dinge in eine Präsentation packst was du als normaler Gründer ja selten tust. Du triffst dich vielleicht mit deinen Mitgründern und diskutierst Themen, aber mal einem Beirat quasi Rechenschaft ablegen zu müssen, hat schon einen Wert an sich, selbst wenn der Beirat dann vielleicht gar nicht so tolle Dinge dazu sagen kann. Das sind so Themen, wo man aber sagt, okay, es gibt zwei, drei Beiratssitzungen im Jahr, man hat den ganzen Cap-Term bereinigt und eine weitere Komponente ist sicherlich das ganze Thema, was damit einhergeht, nochmal einen vernünftigen CFO. Da tendieren auch einige Gründer zu, die Relevanz des CFOs eher zu unterschätzen, Da würde ich sogar in der frühen Phase sagen, kann ich nachvollziehen, weil ob du da jetzt deinen Cash richtig forecastest und so, jetzt vielleicht relevant, ob jetzt nächsten Monat Cash aus ist oder erst drei, da ist da noch kein so ein großer Werthebel.
Da ist eher das Risiko zu verhindern, dass du scheiterst, aber der CFO hat in der frühen Phase für das Finden des Product Market Fits häufig keinen wahnsinnig hohen Wertbeitrag. Aber der Wertbeitrag steigt natürlich massiv, wenn Dinge größer werden, du mehr Geld bewegst. Das ist auch wieder PE, was ich da gelernt habe, wie groß der Werthebel einer richtigen Finanzierungsstruktur ist. Der dann sozusagen mit dem Business an sich nur am Rande was zu tun hat, weil er sozusagen da reinfeedet in das Business oder Resultat auch ein Stück weit ist des Businesses, aber alleine was eine richtige Finanzierungsstruktur an Werthebel haben kann. Und das sind natürlich alles so Themen, die kann nur ein vernünftiger CFO erkennen. Fremdkapitalkosten zu minimieren oder generell Kapitalkosten zu minimieren, vernünftiges Cash-Forecasting zu machen, alleine Rechnungsprozesse zu optimieren, mit Suppliern vernünftige Terms zu verhandeln. Also das sind so Themen, wo jetzt so ein Zalando oder sowas einen riesen Werthebel für sich rausholt, an den Themen zu arbeiten.
Joel Kaczmarek: Einkaufskondition.
Florian Heinemann: Einkaufskondition. Das sind alles keine schönen Themen und hat auch nichts mit Produkt und Eleganz und Technologie per se jetzt mal im Kern zu tun. Aber ich glaube, das sind auch so Themen, wo man einfach merkt, okay, da ist sicherlich nochmal eine weitere Komponente von Dingen, wo Gründer zumindest zum Teil zu spät darauf achten.
Joel Kaczmarek: Also eher Technokratie als Technologie. Absolut.
Florian Heinemann: Aber ein strukturell gutes Fundament in diesen Themen gibt einem halt die Freiheit, dann auch kreativere Themen zu machen. Und ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt.
Joel Kaczmarek: Gut, wir fassen mal zusammen. Also wir hatten als fünf wesentliche Fehler, einen zu späten Management-Upgrade vorzunehmen. Auf der HR-Seite die Kultur, die Mitarbeiterentwicklung und das Leadership nicht sauber zu haben. Dann haben wir ein bisschen ausführlicher darüber geredet, dass die technischen, prozessualen und datenbasierten Systeme irgendwann mal überholt werden müssen, dass man die sozusagen kugelsicher hält. Dann eben das Thema Governance, also wie steuere ich eine Firma und wie kann ich in die Details reingehen. Und wir haben darüber geredet, wann sollte man produktseitig eigentlich erwägen, sich auszubauen.
Florian Heinemann: Oder Business Modus Art, ja. Genau.
Joel Kaczmarek: Was wir jetzt gar nicht durch hatten, war sowas wie Cash. Also werden Cash-Themen nach hinten raus irgendwie gar nicht mehr so problematisch, fehleranfällig, dass man sagt, unterfinanziert sein oder irgendwie zu spät an Finanzierung denken und solche Geschichten.
Florian Heinemann: Wenn du einmal in diesem Stadium bist, was wir gerade beschrieben haben, liegt das Geld ja wirklich auf der Straße. Es sei denn, du stellst es jetzt wirklich relativ beschissen nach. Insofern kann man natürlich höchstens sagen, man nutzt diese überlegene Fundraising-Fähigkeit nicht aus, um an den anderen Themen zu arbeiten. Weil ich glaube, das ist so für mich dann eigentlich der einzige Fehler, den man da machen kann. Also man racet zu wenig Geld und ist zu konservativ, weil man eben wirklich auf so einer Opportunität jetzt sitzt, die man sehr stark skalieren könnte, wenn man eben an den anderen Themen arbeitet. Ich glaube, das wäre für mich so der Kernfehler, den man da eigentlich machen könnte.
Joel Kaczmarek: Dann hoffe ich, dass jetzt uns der eine oder andere
Florian Heinemann: Es gibt aber sicherlich noch viele andere Fehler. Das ist aber ganz wichtig. Wir hatten, glaube ich, auch vor kurzem, müssen wir auch noch darauf eingehen, kriegen ja ab und zu dann irgendwelche Kommentare, wir hätten auch das vergessen, das vergessen. Ja, klar. Ich glaube, das ist nur ganz wichtig. Keiner von uns erhebt hier den Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit. Und doch, Miesiness schon so ein bisschen. Also wie sagen die McKinsey, die sagen immer Miesy. Aber jetzt, wir erheben, glaube ich, keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Trotzdem hoffen wir, dass die Inhalte relevant sind.
Joel Kaczmarek: Genau, ich wollte Leute einladen, was heißt denn Meecy?
Florian Heinemann: Meecy, das ist so McKinsey-Speak für in sich konsistent und logisch. Also wenn du zum Beispiel eine Bullet-Point-Auflistung hättest, dann müssten eigentlich die Bullet-Points alle auf der gleichen logischen Ebene sich befinden. Also alle entlang der gleichen Dimension. Du hast vier Farben und dann hast du eine Zahl, dann ist das nicht Meecy. Wenn da viermal eine Farbe ist und einmal eine Zahl, dann ist das inkonsistent. Und das würde bei einem lang getrainierten Beratungspartner große Schmerzen auslösen.
Joel Kaczmarek: Ja, aber nachvollziehbar, dass man in der Beratung Miesi sagt und nicht konsistent. Also hey.
Florian Heinemann: Also ich glaube, vielleicht ist Miesi auch noch ein bisschen mehr. Ich habe ja nur ein Praktikum gemacht mal in so einer Beratung.
Joel Kaczmarek: Reicht auch.
Florian Heinemann: Es war 96. Insofern ist da vielleicht auch ein bisschen was verloren gegangen.
Joel Kaczmarek: Ja, deswegen machst du auch Business Building und nicht Business Beratung sozusagen. Finde ich besser. In diesem Sinne danke ich dir ganz herzlich wie immer. Ich freue mich, wenn Leute uns noch Feedback geben, was für Fehler wir noch vergessen haben, mit uns in Diskussionen gehen und freue mich aufs nächste Mal mit dir.
Florian Heinemann: Einen kleinen Veranstaltungshinweis würde ich gerne noch absetzen, wenn ich darf.
Joel Kaczmarek: Dass ich das noch erlebe, ja? Ja, ja, ja. Stimmt, ein Excellence Day kommt jetzt, oder?
Florian Heinemann: Ein Excellence Day. Ja, es ist wichtig, dass ich jetzt diesen Veranstaltungshinweis richtig abgebe. Nicht miesig, aber richtig. Am 27.09. machen wir nämlich die Project A Knowledge Conference, die wir auch nach außen öffnen. Das war früher mal unser interner Portfolio Wissensaustausch und den machen wir jetzt. Seit letztes Jahr haben wir das erstmal geöffnet mit 450 Leuten. Dieses Jahr 900 Leuten werden wir das öffnen für die Außenwelt. Es gibt 30 Vorträge. Also zu sehr operativen Themen. Hälfte technisch, Hälfte nicht technisch. Ungefähr Hälfte Speaker von uns und Hälfte von außen. Also kommen auch Mirko Kasper von Mr. Specs. Ein Kollege von CMO kommt von HelloFresh. Julia Bösch wird dabei sein. Also wir haben tolle Speaker, auch aus dem technischen Bereich. Kein Eintritt. Man muss sich also nur bewerben und quasi für würdig befunden werden. Wir haben ein bisschen begrenzte Kapazität. Wir werden unterstützt dankenswerterweise von Microsoft, von Henkel, von SMP. Hier den Anwälten unseres Vertrauens, die du auch kennst.
Joel Kaczmarek: Ja, S&P macht auch gute Events.
Florian Heinemann: Ja, S&P macht auch gute Events. Deswegen haben sie sich wahrscheinlich auch uns dann angeschlossen. Also insofern würde ich mich freuen, wenn ihr euch da bewerbt. Infos findet ihr bei uns auf der Website.
Joel Kaczmarek: Das kann ich unterstützen, in diesem Sinne. Joel kommt vielleicht auch. Du bist auf jeden Fall eingeladen. Ja, ich wollte schon mit dir meckern, dass du mich nicht magst.
Florian Heinemann: Du wirst für würdig befunden.
Joel Kaczmarek: Sehr gut.
Florian Heinemann: Vielen Dank.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.