Wie Startups ihren Product-Market Fit finden

7. April 2021, mit Joel KaczmarekFlorian Heinemann

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Business-Building-Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und wie immer an meiner Seite der liebe und gleichermaßen kompetente Florian Heinemann. Hallo Florian.

**Florian Heinemann: **Moin Moin.

**Joel Kaczmarek: **Heute sprechen wir über das Thema Product-Market-Fit. Ein super essentielles und wichtiges Thema für jedes Unternehmen, gerade auch Startups natürlich, weil die den noch suchen. Das heißt, wir werden besprechen, was ist das eigentlich ein Product Market Fit, warum brauche ich ihn? und dann gehen wir natürlich in medias res und sagen, was für Arten von Product Market Fits gibt es eigentlich, beispielsweise Usage-basiert versus monetär, wie kann ich das messen? und wenn ich ihn habe, wie kann ich ihn ausdehnen und targetieren oder umgekehrt, wenn ich ihn partout nicht kriege, wann ist eigentlich der Zeitpunkt gekommen, dort zu stoppen. So, that being said. Florian, wie erklärst du jemandem, der diesen Begriff, der sich so vage was darunter vorstellen kann, aber vielleicht noch nicht gehört hat? Was ist für dich die Definition von einem Product-Market-Fit?

Florian Heinemann: Also ich glaube, Product-Market-Fit im unternehmerischen Sinne ist ja sozusagen, ich biete als Unternehmer. Unternehmen oder Start-up, wir kümmern uns hier hauptsächlich um Start-up, kümmern einen Service oder ein Produkt an, was im Prinzip es schafft, bei einem Nutzer oder User insoweit ein Problem zu lösen oder sozusagen ein Bedürfnis zu adressieren, dass der Nutzer da ein gewisses Engagement entwickelt auf diesem Produkt und das eben mit einer gewissen Intensität nutzt. Und idealerweise natürlich auch quasi nicht nur einmal, sondern dauerhaft. Also initiales Engagement sollte gut sein auf dem Produkt.

Und wenn man es dann schafft, dass es noch zu einer Wiederholungsnutzung kommt, also zu einer Retention-Situation, dann hast du sozusagen die zweite Komponente von Product Market Fit. Nicht nur die Nutzung da ist, sondern auch noch eine gewisse Zahlungsbereitschaft erzeugt wird. Entweder direkt oder indirekt, indem man sich halt, Entweder direkt dafür bezahlt oder sozusagen damit bezahlt, dass sozusagen Werbung da drumherum ausgestrahlt wird in irgendeiner Form und darüber dann eben die Monetarisierung erfolgt. Aber ich glaube, das ist nochmal wichtig, dass der Product-Market-Fit dazu führt, dass in irgendeiner Form eine Monetarisierung erfolgen kann.

Dann würde ich sagen, kann man von einem Product-Market-Fit jetzt erstmal sprechen. Es kommen natürlich viele Spielarten drumherum. Ab wann ist natürlich auch ein Product-Market-Fit wertvoll? Welcher sozusagen, ist das jetzt sehr nischig? Wo das erzeugt wird für ein ganz enges Nutzersegment? Oder ist dieses Nutzersegment sehr breit und oder sehr wertvoll? Das sind dann sicherlich nochmal Aspekte, die da reingehen. Aber ich glaube, initial ist das eigentlich so ein ganz guter Blick.

Und die Frage ist eben auch immer quasi, inwieweit, wenn man jetzt Produkte entwickelt als Startup, und das ist ja so eine auch sicherlich der großen Frage, also ich würde schon sagen, Errungenschaften, wie eben Startups oder digitale Firmen ja generell arbeiten, dass eben Product Market Fit nicht sozusagen festgestellt wird nach Jahren der Entwicklung, ob es dann diesen Product Market Fit eben gibt oder nicht, sondern das ist auch einer der Kennzeichen von agiler Produktentwicklung, dass du sozusagen versuchst, möglichst Und kleinteilig auch im Rahmen der Entwicklung selbst dann eben schon zu gucken, bin ich hier eigentlich auf dem richtigen Weg, was Product Market Fit angeht oder nicht. Und das ist, glaube ich, auch nochmal sozusagen ein ganz relevanter Aspekt dabei, dass im Product Market Fit versucht wird, die Wahrscheinlichkeit, dass du diesen Product Market Fit schnell findest, eben über die Art der Entwicklung, der Produktentwicklung eben auch versucht wird zu erhöhen.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich so dunkel, ich glaube es war Markus Diekmann, mit dem ich das Gespräch geführt habe von Rosebikes, der mal zu mir meinte, er hat relativ oft die Situation, dass zu ihm in dem Fall Händler kommen, Unternehmer und sagen, ja ich mache jetzt irgendwie einen Standort in Brasilien auf oder hole mir so einen Countrymanager Brasilien und dann sagt er immer, warum, ja ich hatte jetzt zwei oder drei Bestellungen. Also die Frage, die ich einleiten will, ist, wenn wir jetzt lernen, okay, Product Market Fit heißt, es gibt eine Zahlungsbereitschaft bei einer klaren und gerissen Zielgruppe für mein Produkt und eine gewisse Replizierbarkeit oder eine gewisse Wiederkehr. Ab wann ist denn so eine Schwelle erreicht, wo du sagen würdest, okay, Startup X kommt zu mir, sagt, es hat sein Market Fit gefunden, weil es X Bestellung hat, Y Nachfrage oder Z Aufrufe. Hast du für dich so eine

Florian Heinemann: Nee, also ich glaube, das ist auch schwer per Daumenregel sozusagen festzulegen, sondern ich glaube, was man ja herausfinden muss, ist das, was man da sieht an initialer Traction, wir sprechen aber von Traction, ist diese Traction, hat die einen repräsentativen Charakter oder eben nicht. Und ich glaube, das muss man ja für sich herausfinden. Ist das, was man da jetzt gerade beobachtet an Traction, ist das ein Outlier, also ist das eher eine Ausnahme oder ist das Zufall oder ist das etwas, was sich eben systematisch replizieren lässt? Also replizieren im Sinne von nicht jetzt auf den Einzelnutzer betrachtet die Nutzung, was du gerade sagtest, was jetzt in Richtung Retention geht. sondern ist das, was du jetzt beobachtest, ist das etwas, wo du davon ausgehen kannst, dass das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eben auch bei anderen Nutzern sich so darstellen wird. Und ich glaube, das ist nochmal ein relevanter Aspekt.

Ich glaube, da kannst du jetzt aber keine Daumenregel für festlegen, sondern da musst du, also man muss so und so viel Bestellung haben oder so und so viel Umsatz, nur dann zählt das so. Ich glaube, das kann man so nicht machen, sondern ich glaube, man muss einfach ein Gefühl dafür entwickeln, die Nutzungssituation oder die Traction, die du jetzt beobachtest, welche Anzeichen gibt es dafür, dass das eine repräsentative Traction ist, die du wahrscheinlich auch in anderen Nutzergruppen sehen kannst. Und was aber ein ganz relevanter Aspekt ist bei dem Ganzen, ist natürlich auch, wie nachhaltig wird diese Traction sein? Und das ist auch nochmal ein relevanter Aspekt bei diesem Product-Market-Fit. Das hört sich ja so nach so einer absoluten Größe an oder nach einem absoluten Zustand. Ich erreiche den Product-Market-Fit. Und ich glaube, was dabei nochmal wichtig ist, dass das ja doch eine sehr starke relative Komponente hat. Und das muss man, glaube ich, berücksichtigen.

Was meine ich damit? Ein gewisses Engagement-Level von Nutzern oder Retention-Level oder insbesondere natürlich auch eine Zahlungsbereitschaft hängt natürlich auch davon ab, ob der Nutzer das angebotene Produkt, das angebotene Service oder eine Kombination dessen als sozusagen preis-leistungsmäßig gute oder beste Alternative im Markt ansieht. Das heißt, wenn jetzt Konkurrenzaktivität oder Firmen, die eine ähnliche Lösung haben, anbieten oder eine andere Lösung mit ähnlichen Problemen angehen, dann kann es natürlich auch sein, dass sich der Product-Market-Fit verschiebt, ohne dass man selbst jetzt Dinge falsch gemacht hat, sondern einfach nur, weil die relative Attraktivität der angebotenen Lösung abnimmt.

Und das ist, glaube ich, auch nochmal wichtig. Ein Product-Market-Fit ist eigentlich immer eine Momentaufnahme von der gegebenen Konkurrenzaktivität und von einem gegebenen Nutzer-Education-Level. Und was, glaube ich, auch nochmal ein ganz relevanter Punkt ist dabei, und das ist, glaube ich, immer sozusagen, das ist dann auch die Schwierigkeit. Und das lässt sich auch deswegen auch zum Teil nicht immer so mit Marktforschung oder sowas valide abdecken. Man könnte ja auch sagen, wenn ich jetzt richtig gute Marktforschung gemacht habe und so weiter, dann werde ich schon in der Lage sein, Nutzerverhalten sehr akkurat vorherzusagen, ob der Product Market Fit sehr gut sein wird. Und das muss natürlich insbesondere bei innovativen Produkten passieren. die jetzt, oder innovativ muss jetzt gar nicht unbedingt sein, jetzt positiv neuartig, sondern einfach nur neuartig oder andersartig als das, was ich bisher so kenne.

Da ist natürlich sozusagen teilweise gar nicht so im Vorfeld klar, wie wird dann eigentlich das Nutzerverhalten aussehen. und Leute können, man kann das eigentlich erst dann, den Product-Market-Fit von sowas valide beurteilen, wenn man sieht, wie Nutzer dann mit sowas interagieren. Und das geht dann eigentlich nur im Konkreten. Das geht eigentlich schlecht in der Marktforschung. Also typisches Beispiel dafür ist ja, Ich glaube, wenn du jetzt Leuten ein iPhone vor 15 Jahren gezeigt hättest und sozusagen abstrakt beschrieben hättest, was tut das so? und dann gesagt hättest, wo würdest du das denn nutzen? Das sieht man dann eben erst im Konkreten und hängt natürlich auch sehr stark davon ab, wie wie gut ist etwas handwerklich umgesetzt und wie gut passen auch die ganzen Rahmenbedingungen drumherum, beispielsweise Mobile-Daten-Übertragungsgeschwindigkeit und sowas, was dann eben dazu führt, dass gewisse Produkte sich dann eben durchsetzen oder eben nicht durchsetzen.

Also das zeigt auch nochmal sozusagen, dass Product-Market-Fit nicht nur etwas ist, was relativ ist zur Konkurrenz, sondern auch eine hochgradig kontextsensitive Angelegenheit sein kann. Wie sind sozusagen die Rahmenbedingungen, in denen sich sowas abspielt? Und wie sind vielleicht auch begleitende Faktoren, wie Basistechnologien, die benötigt werden, aber vielleicht auch sozusagen das Education Level der Nutzer, was eben einen erheblichen Beitrag dazu haben kann, ob etwas per se sozusagen jetzt ein Product Market Fit hat oder nicht. Aber deswegen ist sozusagen die Frage der Vorhersagbarkeit nicht ganz so einfach, wie man das vielleicht initial vermuten würde.

Joel Kaczmarek: Wir sprechen ja gleich über KPIs, also wie ich sowas auch messen kann. Trotzdem überlege ich gerade noch, Ist für dich Product-Market-Fit eher etwas Quantitatives oder an ganz vielen Stellen auch etwas Qualitatives, wo ich vielleicht erstmal ein Nutzerbild, ein Kundenbild mir einholen muss?

Florian Heinemann: Ich glaube, das ist wie eigentlich immer im Leben. Ich glaube, das drückt sich quantitativ aus. Aber es ist natürlich, also kann man erfassen, kommen wir ja gleich nochmal zu, über so Sachen wie Net Promoter Score, die gewisse Engagementraten und so weiter. Das können alles Indikatoren für Product Market Fit sein. Aber das zugrunde liegende Phänomen ist natürlich nicht unbedingt was Quantitatives, sondern es kann auch natürlich, Engagement folgt ja auch häufig der Emotionalisierung des Nutzers. Das heißt, das iPhone zeigt halt sehr, oder generell Mobile Phones zeigen halt ein wahnsinnig hohes Engagement, wenn man guckt, wie viel Zeit damit Nutzer verbringen können. Das lässt sich auch irgendwie quantifizieren, aber das zugrunde liegende Phänomen dahinter ist natürlich etwas sehr Emotionales und auch Qualitatives. Insofern glaube ich, wie fast bei allen menschlichen Verhaltensphänomenen, brauchst du eigentlich immer aus meiner Sicht beides.

Du brauchst zum einen KPIs, die insbesondere aussagekräftig werden durch die Veränderung. Ich glaube, viele KPIs, ob jetzt ein NPS von so und so, ob das jetzt gut oder schlecht ist, lässt sich so pauschal gar nicht immer beantworten. was häufig deutlich aussagekräftiger ist oder dass sozusagen ein Engagement, ein tägliches Engagement mit einem bestimmten Produkt von 50 Prozent, ist das jetzt gut oder schlecht? Das ist gar nicht unbedingt so einfach beantwortbar, sondern häufig ist es die Veränderung über die Zeit einer gewissen Kenngröße, die Veränderung, viel aussagekräftiger ist. Also werde ich besser in Bezug auf eine bestimmte KPI oder schlechter oder verändere ich mich nicht.

Aber es ist durchaus total wichtig und das ist ja auch immer sozusagen, wenn du jetzt ein guter Web-Analyst bist oder ein guter BIler in einem Unternehmen, dann ist auch deine Kernfähigkeit ja nicht nur sozusagen technisch irgendwelche Größen zu erfassen, sondern auch dem Management oder wer auch immer dafür zuständig ist, dann Entscheidungen auf Basis dessen zu treffen, den Insight zu liefern, warum irgendwelche Dinge, warum Menschen sich so verhalten oder Nutzer sich so verhalten. Und ich glaube, da ist es immer total wichtig, quasi einen qualitativen Kontext geben zu können und gegebenenfalls eben dann auch über eine Befragung, die über das Erfassen von KPIs ja dann deutlich hinausgeht, zu erfassen, warum tun User irgendetwas.

Joel Kaczmarek: Hast du so Achsen beim Product-Market-Fit, die du als Investor favorisierst? Weil in unserem Vorgespräch und ich habe es ja auch gerade in der Anmoderation ein Stück weit angedeutet, haben wir darüber gesprochen, dass es ja unterschiedliche Faktoren dabei geben kann. Also ein Beispiel von dir war, man kann Usage-basiert rangehen, also was du auch gerade skizziert hast mit Retention oder wie intensiv wird das genutzt. Versus, kann ich damit generell Geld verdienen, beziehungsweise wie viel? Und ich überlege so, ob es vielleicht auch manchmal eine Phasensache ist, also dass vielleicht in einer Phase Usage interessanter ist als Monetarisierung, während es bei anderen Modellen vielleicht nicht so ist. Ob du da eine Präferenzordnung hast, wo du sagst, hier das wertvollste Product-Market-Element ist dies für mich und dann das und dann jenes.

Florian Heinemann: Ja, ich glaube, kann man glaube ich auch pauschal so nicht sagen, aber von der Tendenz würde ich natürlich schon sagen, in der frühen Phase ist Engagement wichtiger als jetzt eine Monetarisierung. Das kann man glaube ich schon so festhalten. Irgendwann muss es ja mal zu einer Monetarisierung führen. Die Frage ist natürlich nur immer, Was ist auch das richtige Monetarisierungsmodell? Und es gibt ganz interessante Diskussionen oder auch so Kommunikationsverläufe, wo man zum Beispiel nachvollziehen kann, dass sich die Frühphasen-Investoren von Google damals große Sorgen gemacht haben, ob dieses Modell denn jemals zu irgendeiner Art von Monetarisierung führen würde. Die Leute nutzen das zwar so, aber wie zum Teufel kann man damit dann eigentlich Geld verdienen?

Und insofern ist es, glaube ich, schon Und das ist ja auch ein Vorwurf, der häufig auch gerade deutschen Venture Capitalisten gemacht wird, zu schnell sozusagen auf monetäre KPIs zu achten. Und da ist vermutlich weniger dran als vor fünf Jahren, aber da ist natürlich immer noch irgendwie was dran. Das heißt, ich glaube schon, dass es zulässig ist zu sagen, es macht schon Sinn, erstmal Usage-Engagement-basierte Metriken oder auch sozusagen Nutzerverhaltensaspekte sich anzuschauen. Weil wenn die gut sind, dann lässt sich, und das ist glaube ich schon die Erfahrung, in der Regel dann da auch irgendeine Art von Monetarisierungsmodell drauflegen. Und da gibt es jetzt ja mittlerweile auch schon diverse Erfahrungen, was das für Modelle sein können. Und ohne Engagement geht eigentlich nichts. Das heißt, das kann man schon mal relativ klar beantworten. Also wenn ein Nutzer keinen Bock auf dein Produkt hat, dann ist auch eine theoretische Monetarisierung hinfällig.

Also insofern, glaube ich, macht es schon Sinn, wenn man in Sequenzen denkt, erst in Engagement zu denken, initialer Nutzung, dann vielleicht auch in Retention. Also schaffe ich es quasi, das nicht nur einmalig zu erzeugen, sondern auch über einen gewissen Zeitraum systematisch mehrfach. Und was sind die Faktoren, die das eigentlich beeinflussen? Was sind die Treiber in deinem Produkt oder Service, die dazu führen, dass sozusagen das initiale Engagement und idealerweise sozusagen die mittelfristige Nutzung hochgeht? Und da hast du auch einen gewissen Trade-off häufig. Also du kannst teilweise natürlich sehr kurzfristiges Engagement triggern mit gewissen Elementen in deinem Produkt, die dann aber auf Kosten gehen des mittelfristigen Engagements. Und ich glaube, dafür ein Gefühl zu haben, Das ist, glaube ich, die erste, sollte eigentlich die erste Priorität sein.

Und wenn man darauf eine Antwort hat und einen systematischen Ansatz hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit, daraus dann auch ein monetär attraktives Modell zu machen in der zweiten oder dritten Phase, ist dann sicherlich leichter. Zumal man eben auch sagen muss, dass wir mittlerweile relativ viel Erfahrung darüber haben, wie sich Engagement oder Retention, wie sich das in Monetarisierung überführen lässt. Da ist man ja mittlerweile nicht mehr der Erste, der das tut und wieder auch sozusagen verschiedene Rade des Invasiven sozusagen wählen lassen, um dann sozusagen auch das Engagement nicht kaputt zu machen. Das ist ja sozusagen jetzt auch, wenn du schaust, was ist so ein Facebook oder Instagram, ist das ja sozusagen eine der täglichen Entscheidungen, die wir treffen müssen. oder TikTok. Wie viel Monetarisierung, sprich Werbeplätze kann ich quasi in das Produkt einflechten, ohne dass das Engagement runtergeht.

Das ist ja so der tägliche Trade-off, den die letztendlich gehen müssen. Dieses Abwägen zwischen oder vielleicht sogar auch eine Monetarisierungsform zu finden im Sinne von tolle Werbemittel, die gar nicht als Werbung wahrgenommen werden, sondern als Content. Dann hast du natürlich wieder gewisse rechtliche Grenzen, inwieweit überschreite ich jetzt sozusagen das Gebot, Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung. Wo ja auch bei Google, wenn man sich da die Suchergebnisse anguckt, man sich auch drüber streiten kann, ob das eigentlich für den Nutzer immer, für den gemeinen Nutzer immer so gegeben ist. Naja, aber da schließen sich Trade-offs an, die man letztendlich dann für sich beantworten muss. Aber ich glaube, um es nochmal kurz zusammenzufassen, ich glaube, es macht immer Sinn, erst auf Engagement und Retention zu fokussieren und dann im zweiten Schritt eine Monetarisierungsstrategie dahinter zu legen.

Ja, und wenn man beides gleichzeitig machen kann, weil das einfach bei E-Commerce ist das ja häufig sehr stark miteinander verwoben oder bei auch anderen Modellen, wo jetzt direkt eine Monetarisierung, was weiß ich, ein Trade Republic, wenn du Aktien handelst, dann ist damit auch zwangsläufig irgendeine Art von Einnahmenmodell verbunden. Da hast du relativ schnell dann monetäre Signale. Wo du siehst, ist dann Product-Market-Fit gegeben, die dann quasi Teil der normalen Usage sind. Aber das ist natürlich bei vielen Modellen nicht so. Da hast du wirklich eine relativ klare Trennung von Kern-Use-Case oder Usage und der dann sich darauf aufbauende Monetarisierung.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine Wish wäre so ein Beispiel, was mir eingefallen ist. Hohes Engagement, sehr schnelle virale Verbreitung und gleich direkten Umsatz, weil halt kaufbasiert. Verstanden. Lass uns vertiefen, wie man das Ganze misst und welche KPIs da relevant sein können. Also eigentlich haben wir gefühlt, glaube ich, alles schon mal aufgegriffen. Engagement ist natürlich ein Faktor, den ich messen kann. Dann hast du Net Promoter Score gesagt, NPS, also für alle Laien da draußen, eine Umfragemethode, wo man im Prinzip hingeht und seine Kundinnen fragt, Wie wahrscheinlich ist es, dass du mein Produkt weiterempfehlen würdest auf einer Skala von 1 bis 10 und je höher, desto besser. Retention und vielleicht noch Bezahlquote, was wir, glaube ich, mal angerissen hatten. Also es kann ja sein, dass man sagt, okay, ich habe jetzt eine App, die hat irgendwie so und so viele Installs, Daily Active, Weekly Active, Monthly Active und wie viele davon sind eigentlich in einem Bezahlstream schon drin und wie viele sind irgendwie Free User. Das wären so vier KPIs, die mir einfallen würden. Deckt es sich das mit deinem? Hast du noch weitere und wie gewichtest du die?

Florian Heinemann: Ja, also ich glaube, würde ich auch so sehen. Du hast jetzt natürlich noch verschiedene Spielarten innerhalb dessen, aber ich glaube, so ganz grob muss man sagen, initiales Engagement zu messen. Wie viele Leute kriegt man quasi von Kandidaten, die sich sozusagen potenziell dafür interessieren, was ich da mache? Wie viel kriege ich wirklich in meinen Service reingezogen? Wie nutzen die das dann? Dann Engagement, also wie viele kommen davon wieder, in welchen Abständen, um dann eine Wiederholungsnutzung zu erzeugen. Und genau, wie viele bin ich dann davon auch in der Lage, in eine Monetarisierung reinzuführen.

Und da, das heißt, es sind ja letztendlich verschiedene Funnelstufen, die ich habe und mir dazu, das irgendwie so dieses Gesamt-Korsett irgendwie zu optimieren. Wie gesagt, da gibt es für jede dieser Funnels, letztendlich Phänomene oder gibt es unterschiedliche KPIs, um das zu messen, aber letztendlich geht es immer um Engagement, Retention, Monetarisierung. So eine Monetarisierung, klar, das kannst du über einen CLV messen, das kannst du über einen initialen Umsatz messen und dann letztendlich natürlich auch die Kosten, die damit verbunden sind. Und da spielen dann ja so Sachen auch rein, wie du es häufig siehst, wie werde ich einen Premium-Ansatz, um den Funnel vorne sehr groß zu machen und dann gibt es irgendwo eine Bezahlschranke und da habe ich einen gewissen Trade-Off wie attraktiv ich sozusagen das Free-Produkt mache zugunsten meines Pay-Produkts und umgekehrt. Und da muss ich dann im Prinzip die Optimierung wählen.

Und ich glaube, da gibt es jetzt kein richtig oder falsch. Das kann man, glaube ich, so nicht sagen, sondern ich glaube, man muss einfach Instrumentarium für sich aufbauen, wo man in der Lage ist, den Nettoeffekt zu berechnen und dann auch sich zu entscheiden, welchen Weg ich da gehen möchte. Also will ich ein eher breiten, will ich eher ein großes Free-Produkt haben, was sich dann hoffentlich auch viral verbreitet oder ein sehr attraktives Free-Produkt und dann nur in einer ganz späten Phase, in einer ganz intensiven Produktnutzung irgendeine Art von Upsell-Hook erzeugen. Das kann sein, dass das letztendlich zu mehr Netto, zu mehr Nutzern oder zu einer stärkeren Monetarisierung führt, als wenn ich jetzt sozusagen den Funnel sozusagen oder die Schwelle fürs Bezahlprodukt sehr früh bereits setze und sehr niedrigschwellig bereits mache.

Und ich glaube, wichtig ist und die Schwierigkeit dabei ist natürlich sozusagen, dass ich immer, alles hat Impact auf die Wiederholungsfasche, also wie oft kommen dann Leute wieder, alles hat Impact auf den NPS, wie zufrieden Leute damit sind und natürlich auch, sind sie bereit, mich weiter zu empfehlen. Und hat dann natürlich auch Effekt darauf, ob Leute dann wiederholt bezahlen werden. Also auch letztendlich den Lifetime Value. Und das macht es so schwierig, dass ich immer quasi eine Reihe von indirekten Effekten habe und auch eine Reihe von zeitverzögerten Effekten. Das heißt, da für sich ein Instrumentarium aufzubauen, was einem ein ganz gutes Gefühl dafür gibt, wie sind eigentlich mittel- bis langfristig die Nettoeffekte von gewissen Einstellungen. Das ist eigentlich sozusagen die Schwierigkeit. Und da habe ich eine Reihe von Entscheidungen, die ich treffen muss, Auch ein Klassiker zum Beispiel, man könnte ja auch argumentieren, Spotify zum Beispiel hat eigentlich einen Preis fürs Abo. Gut, du hast jetzt so eine gewisse Preisdiskriminierung über das Familienabo, aber man könnte ja durchaus, wenn du jetzt mal so draufguckst, würde man ja eigentlich sagen, eigentlich komisch.

Die haben eigentlich nur ein Abo-Modell und der Rest muss Werbung akzeptieren und kann das Produkt dann aber nutzen. Eigentlich könnte man ja auch sagen, es müsste ja eine gewisse Art von Preisdiskriminierung geben, um Zahlungsbereitschaften kleinschwelliger abzugreifen. Die einzige Form der Preisdiskriminierung ist eigentlich das Familienabo, das gleiche bei Netflix. Da musst du ja die Entscheidung treffen, okay, ich habe ein relativ einfaches Preismodell und hoffe, dass das leichter zu kommunizieren ist, dass der nette Effekt dessen größer ist als, ich habe sieben verschiedene Abotiers als Spotify, wo jetzt verschiedene Leistungsversprechen verbunden sind. Und die haben sich ja entschieden für ein einheitliches Modell oder für ein zweigeteiltes Familien-Nichtfamilien- und dann eben ein Free-Modell. dann jetzt eine bewusste Entscheidung zu treffen, warum man glaubt, dass das richtig ist. Und das ist häufig auch mit Experimenten verbunden, wo man dann wieder gewisse Effekte sehen kann oder Verhaltensänderungen im Nutzerverhalten und dann sich überlegen muss, okay, diese initialen Nutzerverhaltenssignale, wenn ich den Weg gehe, was sehe ich da, was messe ich da und was glaube ich, was das für mittelfristige Auswirkungen haben wird.

Also ich glaube, da Das Instrumentarium für sich zu bauen aus, ich messe Nutzerverhalten, ich beobachte gewisse Veränderungen durch Nutzerverhalten, durch gewisse Entscheidungen, die ich treffe, und dann zu prognostizieren, was das mittelfristig denn bedeuten wird, das ist eigentlich sozusagen die Schwierigkeit bei dem Ganzen. Und das ist alles andere als trivial aus meiner Sicht, weil eben auch viele Dinge sich nicht so einfach messen lassen, wie zum Beispiel eine Weiterempfehlungsquote. Da kannst du zum Teil messen, weil du natürlich siehst, wenn du irgendwelche Weiterempfehlungsprogramme hast, dann siehst du, Teil dieser Weiterempfehlungsaktivität siehst du natürlich, aber das wissen wir jetzt aus einer Reihe von Projekten, wo wir sozusagen mit involviert sind, also Ventures, dass nur ein Teil der Weiterempfehlungsaktivität sich in solchen Tools dann abspielt.

Viel spielt sich auch einfach auf der verbalen Ebene ab, wo du es dann nicht tracken kannst und so weiter. Naja, also was will ich damit sagen? Ich glaube, die guten Organisationen in so einem Bereich, die so ein Product-Market-Fit sehr bewusst managen und dann auch sozusagen diese Trade-Off-Entscheidung sehr bewusst managen, haben ein relativ gutes, klares Instrumentarium, wie sie eben prognostizieren, was das für Auswirkungen haben wird und arbeiten da mit einer Mischung aus Marktforschung und Experimenten, um da letztendlich das rauszufinden. Und ich glaube, was das Ganze nochmal zusätzlich kompliziert macht, ist, dass wir uns ja nicht im luftleeren Raum bewegen, sondern zum einen verändert sich Nutzerverhalten. über die Zeit.

Und zum anderen hast du natürlich auch Konkurrenzaktivität, die da mit reinspielt. Sprich jetzt für Netflix ist natürlich total relevant, wie stellt sich jetzt ein Amazon Prime Video auf? Und für Spotify ist es natürlich total relevant, was macht ein Apple Music oder was macht ein Amazon Music? Das heißt, auch die agieren nicht im luftleeren Raum. Und ich glaube, das macht es dann nochmal zusätzlich schwierig, dass natürlich viele der Beobachtungen, die man trifft und die man tätigt, Und auch die Reaktion, die man auf gewisse Entscheidungen, die man trifft, die man beobachtet, dass das natürlich immer nur Ceteris Paribus gilt, also in einem gegebenen Setting von Konkurrenzaktivität.

Joel Kaczmarek: Gut, wir können ja auch mal ein Stück weit übersetzen, weil wir ja mit Buzzwords gerne um uns schmeißen. Also wir haben jetzt viel geredet von Engagement, von Retention und von Net Promoter Score. Also Engagement meint ja im Prinzip, wie intensiv wird etwas benutzt, wie engagiert sind die Kundinnen und Kunden. Retention ist immer gern so. die Verkürzung auf Retention Rate, also die Kundenbindungsrate. Das heißt, in einem bestimmten Zeitraum, wie viele Kunden konnte man in seinem Kundenstamm halten.

Und Net Promoter Score, wie gesagt, die Weiterempfehlung. Also man merkt eigentlich alles, was Zufriedenheit und Benutzung meines Produktes ausdrückt. Jetzt können wir mal über ein Thema reden, was sich an das Thema KPIs und Messen, glaube ich, ganz gut anschließt. Und das ist die Targetierfähigkeit. Das heißt, wenn ich für mich jetzt ein Product Market Fit meine gefunden zu haben und zu messen, Muss ich mich ja trotzdem auch fragen, alles klar, ich habe Kaufbereitschaft gefunden und irgendwie die Nutzer, die ich gewinne, stehen auf das, was ich mache. Also in den drei Ebenen, die wir gerade beschrieben haben. Aber kriege ich sie eigentlich auch erreicht und targetiert? Das ist ja so ein Faktor, den man eigentlich auch berücksichtigen sollte, richtig? Ja.

Florian Heinemann: Aus meiner Sicht schon. Ist jetzt natürlich streng genommen nicht Teil des Product-Market-Fits per se, weil es interessiert den Product-Owner, wenn er den Product-Market-Fit gefunden hat, ob der Marketing-Heini oder die Marketing-Heinierin, die das dann hinkriegt, da Nutzer hat. Aber das ist aus meiner Sicht, ich komme ja immer so ein bisschen auch mit aus dieser Marketingbrille, schon nicht irrelevant, dass wenn man jetzt sagt, das ist eigentlich das Nutzersegment, für das ich gerne ein Product Market Fit herstellen würde, ist das eigentlich eines sozusagen, wo eine gewisse Erreichbarkeit gegeben ist. Jetzt ist natürlich fairerweise mittlerweile sehr, sehr viel erreichbar über die Facebook, Google, sozusagen Amazon-Marketing-Wunderwelt.

Da ist der Nutzer natürlich schon in sehr vielen Dimensionen quasi schneid- und deistbar, dass man da in der Lage ist, relativ viel zu erreichen. Oder man sagt natürlich, mein Produkt ist so viral, das spricht sich dann eben schon rum innerhalb der Zielgruppe. Aber das wäre für mich auf jeden Fall auch ein Aspekt, wenn ich jetzt auch mir überlege, Klassiker ist ja zum Beispiel, also was ist ein Klassiker? Wir sind jetzt auch beteiligt an einem Produkt, das targetet eigentlich Nutzer, die in der Lage sind, mehr als 100.000, 200.000 Euro anzulegen. Wie viele Nutzer bin ich dann in der Lage, sozusagen in dem Segment zu targeten?

Und keiner gibt natürlich auf Facebook an, ich habe hier übrigens 200.000 Euro zum Anlegen. Also es gibt sicherlich auch Menschen, die das tun, aber das ist jetzt eher die Minderheit. Und dann ist natürlich die Frage, selbst wenn ich jetzt für diese Zielgruppe einen Product Market Fit habe, Sind die Leute eben targetbar in dem Sinne? Oder wenn ich auch für irgendwelche Menschen mit irgendwelchen Krankheiten irgendwas habe oder so, was du nicht öffentlich angeben würdest? Und das ist natürlich schon die Frage. Und das ist für mich ein ganz relevanter Aspekt, auch wenn es streng genommen nicht dazugehört, ist die Zielgruppe, die ich mir vorgenommen habe und wo ich glaube, dass ein Product Market Fit besteht, ist diese Zielgruppe eben auch für mich systematisch erreichbar zu akzeptablen Kosten.

Joel Kaczmarek: Anderer Faktor neben der Targetierbarkeit, es gibt ja diesen schönen Spruch, get big, get specialized or get out. Und wir reden jetzt natürlich viel über Product-Market-Fit und dann wird jetzt vielleicht der ein oder andere sagen, ist es eigentlich attraktiver im Sinne des zweiten Bausteins, get specialized, mir eher eine Nische zu suchen, die ich sehr gut bedienen kann und wo ich sehr stark bin

Florian Heinemann: oder

Joel Kaczmarek: get big, ein breites Nutzersegment anzustreben. Ich meine, vielleicht ist es gar nicht besser oder schlechter, aber man sollte, glaube ich, mal über diese Implikationen sprechen.

Florian Heinemann: Ja, ich glaube auch. Also besser oder schlechter ist, glaube ich, in dem Fall nicht der richtige Angang. Ich glaube, man sollte einfach nur eine bewusste Entscheidung treffen. Also konzentriere ich mich eher auf eine Nische und versuche da eben einen sehr, sehr guten Product Market Fit zu erzeugen, weil ich im Prinzip auch eine in sich homogene Nutzernische sehr, sehr gut abdecken kann. Hat natürlich auch den Vorteil, dass Nischen tendenziell leichter zu verteidigen sind oder auch vielleicht nicht ganz so obvious sind, Ich meine, man spricht ja auch bewusst von der deutschen Wirtschaft als sozusagen eine mittelständisch geprägte Wirtschaft mit lauter Weltmarktführern in der Nische, von denen eigentlich keine Sau weiß.

Man muss natürlich fairerweise sagen, dass die Attraktivität von Nischen tendenziell im digitalen Bereich leichter detektierbar ist, als das sicherlich im Offline-Bereich der Fall ist, weil einfach Nutzerströme leichter oder schneller offensichtlich werden und natürlich auch Google, Facebook und Amazon sehr, sehr viel dafür tun, dass wenn Menschen in einer Nische ein für sich auskömmliches Geschäft finden, dass da auch mit verschiedensten Tools sehr stark auch andere auf diese Nischen gestoßen werden. Das ist natürlich sozusagen, das darf man immer nicht vergessen, das ist ja einer der Kernaspekte, warum Google und Facebook so erfolgreich sind, weil sie natürlich schaffen, jede Art von Nutzerinteresse oder gewisse Gruppen, die jetzt ihre Netzwerke nutzen, die da irgendwas tun oder die da irgendein Interesse offenbaren, dass dieses Interesse eben auch für Dritte dann transparent gemacht wird, um quasi den Versteigerungsmechanismus irgendwie in Gang zu setzen.

Deswegen ist das sicherlich in der digitalen Welt nicht mehr ganz so einfach. Aber grundsätzlich ist es natürlich so, dass Nischen einfacher verteidigbar sind und auch in sich besser bedienbar sind. Und natürlich auch viele Nischen sehr, sehr attraktiv sind, ohne dass ich jetzt da in die Breite gehen muss. Aber wie du schon sagst, es gibt da, glaube ich, kein Richter falsch. sondern man muss einfach gucken, wie groß ist denn der Total Addressable Market, das ist der TAM, das ist sozusagen das, was der allgemeine Investor sich dann anguckt. und solange der TAM eine ausreichende Unternehmensgröße hergibt, die dann daraus resultiert, ist das auch völlig in Ordnung, da eine gewisse Nische anzugehen. Aber das muss man, glaube ich, sehr rational für sich oder sehr bewusst für sich entscheiden. Welche Größenordnung von TAM meine ich denn adressieren zu müssen, um die von mir angestrebte Unternehmensgröße realistisch erzielen zu können. Und klar ist auch, wenn ich in einem gewissen Markt eine sehr, sehr starke Durchdringung habe, also relativ viel von meinem TAM dann bediene, dann ist natürlich in unserer digitalen Welt, wird Wachstum halt sehr hochgewichtet, also was den Unternehmenswert angeht.

Das heißt, dann liegt es natürlich nahe, entweder den Market für das TAM zu erweitern oder eben andere Markets anzugehen mit einem zusätzlichen TAM. haben. Also letztendlich, und das ist natürlich das, was auch Investoren immer hören wollen, also so gierige Investoren wie wir, wenn du dann einmal eine gute Marktpenetration hast, wie nutze ich jetzt sozusagen diese Position oder diese Marktpenetration, um quasi den nächsten Markt zu adressieren. Und das ist natürlich ein Spiel, was sich letztendlich immer wieder von Neuem vollzieht. Und womit ich natürlich auch Wachstumsfantasien wecke.

Und das zeigt ja auch nochmal eben so dieses Phänomen, was wir von Anfang hatten oder sozusagen das Thema, dass eben Product-Market-Fit kein statisches Phänomen ist, sondern eine Momentaufnahme. Und in dem Moment, wenn ich jetzt natürlich meinen Addressable-Market verändere, erweitere, stellt sich natürlich auch die Frage des Product-Market-Fits wieder ein Stück weit neu. Genauso wie sie sich eben neu stellt, wenn ich relevante Veränderungen im Nutzerverhalten sehe oder relevante Veränderungen im Konkurrenzverhalten. Ja,

Joel Kaczmarek: ich würde gerade sagen, das wäre noch genau so eine Schiene, auf die ich mit dir gerne gegangen wäre, dass man halt sagt, also get big or get specialized als eine Achse, aber halt auch die Frage, weil wir hatten ja eigentlich schon festgestellt, ein Product-Market-Fit ist non-statisch, also es ist etwas, was sich verändert. Einerseits, was du gerade zuletzt meintest, auch mit dem Faktor Konkurrenzverhalten, aber vielleicht auch insgesamt, dass man ja das Ganze immer wieder um so einer kontinuierlichen Überprüfung unterlegen muss und sich eigentlich jedes Mal wieder fragen, wenn ich das jetzt für Nische A gefunden habe, möchte ich vielleicht Nische B, C, D, E mir sukzessive auch erschließen. Hast du für dich so, wie soll ich sagen, da gibt es jetzt wieder keine absoluten Antworten, aber man kann ja schon sagen, wann macht es Sinn, dass ich über Ausdehnung nachdenke und wann sollte ich vielleicht eher fokussieren?

Florian Heinemann: Also meine These ist eigentlich immer, man hat ja zwei Möglichkeiten, also es gibt eigentlich zwei grundsätzliche Anhaltspunkte dafür. Entweder es läuft total scheiße in der bestehenden Nische oder es läuft total super. Und deswegen meine ich im Prinzip, mich ausdehnen zu können. Beides ist, glaube ich, legitim. Also wenn es total scheiße läuft, über einen relativ langen Zeitraum sich dann was Neues zu suchen, ist, glaube ich, fein.

Joel Kaczmarek: Medioker gäbe es auch noch, so okayisch.

Florian Heinemann: Ja, genau. Mein Gefühl ist, ohne dass ich das jetzt quantitativ wissenschaftlich untersucht hätte, dass sozusagen die Wahrscheinlichkeit der Erweiterung, also sozusagen gerade was wir gerade genannt haben, ist ja letztendlich nichts anderes als ein Pivot. So sage ich, ich adressiere etwas mit einem gewissen Produkt und dann mache ich das nicht und dann pivote ich eben woanders hin. Das ist natürlich eher ein Zeichen der Schwäche als ein Zeichen der Stärke. Das muss jetzt nicht unbedingt schlecht sein und ist ja auch dann ohne Alternative oder ich bestelle eben das Unternehmen irgendwann ein. Wir als Investoren mögen natürlich eher die Diskussion und das gilt, glaube ich, auch für Unternehmensgründer, wo du sagst, so, jetzt adressiere ich dieses Segment total gut, ich habe da eine super Marktposition und so.

Und jetzt versuche ich im Prinzip, diesen Markt zu erweitern oder den adressierbaren Markt zu erweitern. Das heißt, das ist dann ein Zeichen der Stärke. Das ist natürlich sozusagen eher das, die Art und Weise, wo ich jetzt mal sagen würde, jetzt, und ich bin im Prinzip in der Lage, das systematisch zu tun. Das heißt, ich habe wirklich verstanden, warum bin ich eigentlich erfolgreich? Also, was ist der Best Case für mich jetzt als Investor? Ich erweitere aufgrund von Stärke in meinem Kernsegment, an eins. Und ich habe auch sozusagen die Gründe dieser Stärke, habe ich für mich verstanden, verinhaltlich und habe da die richtigen Schlüsse rausgezogen. Und deswegen nutze ich im Prinzip dieses Verständnis, um dann was Neues zu machen. Das ist ja eigentlich so der Best Case. Und dem steht ja entgegen, es läuft scheiße, deswegen gehe ich irgendwo anders hin. Oder es läuft zwar super, aber ich habe es ehrlicherweise nicht so richtig verstanden, warum eigentlich.

Und dann mache ich irgendwie was Neues, wo dann sozusagen man sich schon fragen kann, wie schlau das jetzt ist. Deswegen, weil es ja mehr oder weniger Zufall war, weil nichts anderes heißt das ja, es war kann dir eigentlich gar nicht genau sagen, warum wir jetzt eigentlich so erfolgreich sind in dem gewissen Segment. Das wären für mich immer Warnsignale. Das heißt also für mich ist wirklich, als Gründer sollte man, glaube ich, ehrlich sein oder die treibenden Personen in dem Unternehmen sollten ehrlich sein. Das steht eigentlich nur dann an, wenn ich verstanden habe, warum es gut läuft und sicherlich auch eben die ausreichenden Ressourcen habe, um diese Markterweiterung quasi betreiben zu können, ohne jetzt meinen Erfolg im Stammmarkt zu stark zu gefährden. Aber ich glaube, dadurch, dass in unserer Zeit Wachstum so stark gewichtet wird als Treiber von Unternehmenserfolg oder Unternehmenswert, so muss man es eigentlich sagen, spricht natürlich schon gerade eine Menge dafür, wenn diese Voraussetzungen, die wir gerade besprochen haben, gegeben sind. zu versuchen, eine kontinuierliche Markterweiterung anzugehen. Geografisch, andere Marktsegmente, arrondierende Segmente oder andere Lösungen, die ich vielleicht mit den gleichen Capabilities lösen kann, wie ich.

Joel Kaczmarek: Letzter Themenkomplex. Wann ist denn der Zeitpunkt für dich gekommen, dass man für sich erkennen sollte, dass man die Suche nach einem Product-Market-Fit stoppen sollte? Also was sind so typische Signale dafür, Jetzt können wir natürlich sagen, hey, eigentlich das, was wir bei KPIs gesagt haben, mal minus eins, also beschissene Net Promoter Score, Engagement niedrig, Retention Rate nicht da und so weiter und so fort. Aber vielleicht gibt es ja darüber hinaus noch so ein Momentum, wo du sagst, oh, wenn ich das irgendwie in einem Gründergespräch bei uns im Portfolio höre, dann weiß ich, dass man vielleicht über den Product Market nochmal neu nachdenken sollte oder dass das an der Front gescheitert ist.

Florian Heinemann: Ja, also ich glaube, man sollte, es hilft immer sehr, das machen wir zum Beispiel auch für Investmententscheidungen, das ist nicht immer so einfach, sich da zu disziplinieren, aber wir versuchen das. Immer gewisse Hypothesen vorher zu entwickeln zu Nutzerverhalten, zu gewissen Entwicklungen, die sich in einem Markt abspielen müssen, damit sowas erfolgreich wird. Das ist immer irgendwas zwischen drei und, sag ich mal, acht Hypothesen, von denen wir glauben, dass sie gegeben sein müssen, um daraus eine wirklich erfolgreiche Firma zu machen. Das ist jetzt unser Ansatz, um so ein bisschen auch zu verifizieren, Wenn wir dann über so Themen sprechen wie Folgeinvestmententscheidung oder machen wir weiter, machen wir nicht weiter, obwohl es jetzt gerade nicht so läuft, diese Entscheidung ein Stück weit weniger anfällig für biases und sozusagen arbiträres Entscheidungsverhalten zu machen.

Weil du sagst so, wir haben die Investmententscheidung damals getroffen, weil wir an diese Dinge geglaubt haben und dann geht man das eben nochmal durch und sagt, okay, also jetzt haben hier ein paar Sachen offenbar nicht funktioniert. Was hat denn hier jetzt genau nicht funktioniert? und warum hat das nicht funktioniert? Und Wir versuchen eigentlich immer, wenn wir glauben, dass sozusagen fundamentale Dinge so einfach nicht eingetreten sind, von denen wir gedacht haben, dass sie eintreten werden. dann ist das auf jeden Fall immer ein klarer Indikator dafür, dann eventuell Dinge dann doch eben zu lassen. Wenn aber Dinge sozusagen fundamental eigentlich schon funktionieren könnten, man das jetzt nur einfach handwerklich falsch gemacht hat, dann kann das zumindest ein Indikator dafür sein, dass man eben doch weitermachen und nochmal mehr probieren sollte. Man muss das natürlich immer irgendwie finanzieren können.

Aber ich glaube, es hilft einem enorm, wenn man sozusagen diese Hypothesen aufgebaut hat. und wenn dann einfach Und gewisse Hypothesen zum Beispiel zu einer Marktentwicklung, von der man ausgegangen ist, wenn das dann eben nicht kommt oder eine regulatorische Veränderung und dann kommt die nicht, dann sind sowas natürlich, und die ist auch nicht absehbar, dann sind das natürlich sehr harte Indikatoren dafür, dass man es etwas lieber lässt. Oder der Markt ist doch deutlich kleiner, als man das ursprünglich gedacht hat aufgrund von gewissen Dingen. Oder es kommt sozusagen der übermächtige Konkurrent kommt wirklich jetzt da rein und Und hat auch ein Produkt entwickelt, was man auf absehbare Zeit, wo man sozusagen keinen relativen Product-Market-Fit herstellen kann. Das sind alles so Indikatoren, wo man dann sieht, okay, das ist jetzt ein Indikator dafür, was wahrscheinlich zu lassen. Und gegen Dinge, wo man sagt, eigentlich können diese Dinge noch alle so eintreffen, aber man hat eben gewisse Dinge einfach falsch eingeschätzt oder falsch gemacht. aber fundamental ist das weiterhin möglich, dann spricht das eher dafür, weiterzumachen. Wenn man natürlich merkt, dass die handelnden Personen strukturell vielleicht doch nicht die richtigen Capabilities haben oder dass sie als Team so nicht funktionieren und dysfunktional sind, dann sind das natürlich auch alles Indikatoren dafür, dann eher nicht weiterzumachen. Aber ich glaube, es ist einfach wichtig Dass man sich da sozusagen Hypothesen getrieben so einer Entscheidung nähert und nicht zu stark emotional.

Joel Kaczmarek: Gut. Zum Abschluss vielleicht noch ein bisschen Leseempfehlung. Also was ich mir anschauen würde als Gründer, als Unternehmer, der sich mit dem Thema beschäftigt. Es gibt einmal von dem Alexander Osterwalder, das ist der Erfinder von dem Business Model Canvas. Sehr schöne Übungsbücher, die sehr stark in diese Richtung gehen, wie man auch über Prototyping, MVPs und solche Geschichten schnell an Product Market Fit kommen kann und mit seiner Zielgruppe interagieren. Und von der Uni St. Gallen. Ich glaube, die Macher dort sind ja auch gemeinsame Freunde von dir und mir. Der Kollege Griechnik und Co. seien herzlich gegrüßt. Die haben auch ein sehr schönes Buch geschrieben, auch auf Basis vieler Case Studies, was sich Startup Navigator nennt und auch sozusagen den Prozess aufmacht, wie genau das vonstatten gehen kann. Hast du noch Tipps oder hast du noch so Standardwerke, die du empfiehlst für dieses Thema?

Florian Heinemann: Also ehrlicherweise, du weißt ja, ich bin ja nicht so der Lesefreund.

Joel Kaczmarek: Du liest nur Daten, du liest keine Bücher.

Florian Heinemann: Ich höre eher so Podcasts und sowas. Also ich finde, du hast schon häufiger mal was, wenn du jetzt irgendwie den YC-Podcast hörst, da sind immer mal wieder interessante Produktthemen dabei. Du hast bei Andreessen Horowitz immer mal wieder interessante Produktthemen. Bei Project A im Podcast hast du immer mal wieder ganz interessante Produktthemen. Das, finde ich, kann man sich ziemlich gut anhören.

Joel Kaczmarek: Und auch sehr gut Masters of Scale von Reid Hoffman aus den USA.

Florian Heinemann: Auch sehr gut. Masters of Scale, finde ich, die haben auch häufig so produktlastigere Themen. Und ansonsten kann ich jedem nur empfehlen, in Driesen Horowitz auch sehr gute Videos zu solchen Themen. Y Combinator hat auch häufig ziemlich gute Videos zu solchen Themen. Oder auch die Sastre, die Konferenz, da hast du auch Videos, die häufig online sind. Ich würde mir eher sowas angucken von wirklich guten Produktverantwortlichen. Wie entwickeln die ihr Produkt weiter und so weiter? Wie setzen die da auch die Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Produkt ein? Das sind ja auch relevante Themen in dem Zusammenhang. Also da gibt es sehr, sehr guten Content auch als Video von den verschiedenen einschlägigen Konferenzen.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. So viel also zu Theorie und Praxis. Mein lieber Florian, vielen, vielen Dank. Hat Spaß gemacht und ich freue mich aufs nächste Mal.

Florian Heinemann: So machen wir das. In diesem Sinne, ciao, ciao.

Mehr zum Thema

Gründen

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.