Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.
Marina Löwe: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Make it Mindful, dem Podcast für mehr Achtsamkeit im Arbeitsleben bei digital kompakt.
Krank seit dem vierten Lebensjahr, mit 14 Jahren Chemo und mit 16 beschlossen, dass er mit 40 sterben wird. Unter anderem, weil er niemals Kinder bekommen kann. Stefan Lammers ist heute mein Gesprächspartner und nicht nur mein Interviewpartner, sondern seit 2006 auch mein sehr, sehr geschätzter Beraterkollege, mit dem wir viele Projekte gemeinsam gemacht haben.
Stefan, du bist Executive Coach UC Berkeley, du bist chinesischer Renncoach, du hast SLBB gegründet. in dem wir seit 2006 auch als Team zusammen unterwegs sind. Und über deine langjährige Führungserfahrung im C-Level und Aufsichtsrat habe ich dich ja gebeten, ob wir über das Thema Gefühle heute sprechen können, mit dem Schwerpunkt Angst.
Unter anderem, weil du für Kunden auch große Live-Sessions jetzt in der Corona-Zeit dazu gemacht hast. Und deine persönliche Geschichte habe ich ja ein ganzes Stück begleitet und die hat mich auch sehr berührt. Deshalb habe ich dich gefragt, ob ich es als Einstieg nennen kann. Du hast gesagt, ja. Und das Thema Angst begegnet dir auch sehr viel im Bereich C-Level mit der Arbeit mit Vorständen, die du da hast. Wie bist du auf das Thema Angst in der jetzigen Situation gerade im Coaching gekommen?
Stefan Lammers: Ja, vielen Dank für die Einleitung, Marina. Angst hat eine ganz, ganz große Bedeutung, allerdings meistens nicht offensichtlich. Weil im C-Level oder im Jobmanagement spricht man nicht gerne über Ängste, die man hat. Macht man irgendwo mit sich hauptsächlich alleine aus. Und für mich ist das kein Thema, weil ich seit meinem vierten Lebensjahr, wie du schon gesagt hast, immer wieder mit brutalen Existenzängsten konfrontiert worden bin. Und insofern ich auch gemerkt habe, dass diese Ängste auch durchaus positive Effekte haben, nämlich dass man dadurch Neues lernen kann, dass man sich mit sich selbst auseinandersetzen kann und ähnliches und Insofern hat das eine große Bedeutung für mich in meinem Leben. Und da kommen wir jetzt auch schon, sage ich jetzt mal, zu einem der großen Punkte. Nämlich dadurch, dass ich diese Offenheit habe, über meine eigenen Ängste oder über die Dinge, die mir nicht gelingen oder Ähnliches zu sprechen, ist es natürlich für mich auch so ein Dosenöffner, sage ich manchmal, in dem Coaching oder in der Teamentwicklung, dass ich Dinge enttabuisiere, Dinge, die eigentlich nicht besprechbar sind, die dadurch besprechbar machen, indem ich einfach auch mich selbst öffne und auch eben als Role Model das auf eine andere Ebene bringe. Da fällt mir auch gerade was ein, ein Team-Meeting. Ich mache ja gerne mal so ein IMO-Check-In und wir hatten ein schönes Team-Meeting mit insgesamt zwölf Leuten, die eigentlich relativ distanziert waren aus der Produktion, also noch kein richtig gutes Team. Der Geschäftsführer war dabei und ich habe morgens das Emo-Check-In gemacht. Bei diesem Emo-Check-In habe ich über mich und meine Geschichte, meine Ängste, meine Sorgen gesprochen. Für dieses Emo-Check-In war eigentlich eine Stunde eingeplant gewesen. Wir haben am Ende eigentlich den ersten Tag sieben Stunden mit diesem Emo-Check-In gearbeitet, weil ich auf einmal durch diesen Rahmen und diese Offenheit, die ich gegeben habe, etwas im Raum war, was den anderen entstand. auch erlaubt hat, so offen mit ihren eigenen Dingen umzugehen, die besprechbar zu machen. Und das war für das Team letztendlich eine Offenbarung, weil sie auf einmal sich ganz anders begegnet sind und durch diese Offenheit, durch diese Beispiele, die sie dann auch selber gebracht haben, wo Dinge nicht funktioniert haben, wo sie selber Angst vorgehabt haben, einfach zu einem ganz anderen Kontakt geführt haben und zu einer ganz anderen Tiefe in der Zusammenarbeit.
Marina Löwe: Jetzt sagst du gerade Emo-Check. Das ist ja vielleicht gar nicht für jeden selbsterklärend, was mit Emo-Check gemeint ist. Vielleicht kannst du es nochmal kurz erläutern. Was ist das für dich für eine Methode? Und Emo steht ja erstmal für Emotionen. Aber warum sollte man sich treffen, um sich über seine Emotionen zu unterhalten im Team?
Stefan Lammers: Naja, das Erste ist, sag ich jetzt mal so ritualisiert bei mir. Also das Team trifft sich nicht vorrangig in der Regel, um sich über Emotionen zu unterhalten. Das ist jetzt erstmal nicht der Anlass. Das ist meistens irgendein Teammeeting, eine Weiterentwicklung, ein Offsite, was praktisch online stattfindet oder aber auch in Präsenz. Aber die Frage ist, womit bin ich heute in diesem Moment hier? Und für mich ist ein schönes Beispiel ein Vorstandsteam, mit dem wir in den letzten Jahren sehr viel zusammengearbeitet haben. Da ist auch in der Zeit, wo wir nicht an den Vorstandssitzungen teilnehmen, immer der Emo-Check-In das Erste, womit begonnen wird. Also dieses Thema, womit bin ich heute hier? Was sind meine Gefühle? Was belastet mich möglicherweise? Was hält mich zurück? Wo bin ich mit meiner Aufmerksamkeit? Und diese Fragen danach und auch offen sein zu dürfen, also diese Erlaubnis zu haben, Das offen jetzt gerade rauszubringen, schafft einfach eine ganz andere Qualität in der Begegnung und in den nachfolgenden Diskussionen, die da sind. Weil ich weiß möglicherweise oder kann besser einschätzen, warum jemand gerade so reagiert, wie er reagiert. Als Beispiel, ich habe zu Hause gerade ein Problem. Was passiert normalerweise in irgendwelchen wichtigen Sitzungen? Da sitzt also einer, der guckt immer mit einem Auge zum Handy hin. Kriege ich da jetzt eine SMS? Kriege ich einen Anruf? Muss ich da drauf reagieren? Diese Person kann gar nicht mit seiner Aufmerksamkeit hundertprozentig in dem Meeting sein. Die anderen, die davon aber nicht wissen, was da los ist, die gucken die ganze Zeit auf die Person und sagen, schlimmstenfalls ist die Person gerade blöd oder was auch immer. Die interessiert sich nicht für uns. Die guckt immer nur auf das Handy, wie ätzend.
Marina Löwe: Wenn er nicht guckt, warum soll ich präsent sein?
Stefan Lammers: Ja, genau. Und ich fange dann überhaupt nicht an, hundertprozentig da zu sein. Und dann ist schon die Frage, was ist am Ende die Qualität? Was ist am Ende das Ergebnis, was dabei rauskommt? Und wenn ich das zu Anfang rausgebracht habe, dann gibt es bestenfalls die Lösung, so mache ich das üblicherweise, wenn ich dann Meetings habe mit mehreren Personen, dass ich sage, tu mir bitte den Gefallen, lass dein Handy heute an. Das ist auch in einem lauten Modus. Du brauchst nicht immer hinschielen, sondern du weißt, du wirst gewahr, wenn irgendjemand etwas von dir will und alle anderen wissen, worum es geht. Und das schafft eine totale Entlastung für die Person in diesem Moment, weil sie einfach dieses Thema rausgebracht hat. Auf einmal kann man dafür eine Lösung finden und kann damit umgehen. Und jetzt kann diese Person auch zu 100 Prozent beim Meeting dabei sein. Und die anderen haben bestenfalls auch noch was Unterstützendes beizutragen und können der anderen Person Halt geben. Und wunderbarerweise entsteht auf einmal Energie und daraus entstehen dann auch wieder gute Lösungen.
Marina Löwe: Und darüber haben wir uns ja viel unterhalten, auch immer wieder in den letzten Jahren. Was ist die Transparenz, die es braucht in Teams, damit sie auf Hochleistung kommen? Also unser Credo ist ja rund um Hochleistungsteam, Hochleistungsführung. Und dass es eben genau nicht bedeutet, über seine Grenzen hinweg zu arbeiten und einfach nur mehr zu machen, sondern das Richtige zu tun. Sich den Dingen, die einem im Weg stehen oder den Unklarheiten zu stellen und Und damit die Laufwege klar zu haben und sie auch zu vereinfachen. Und diese Transparenz, die du gerade beschreibst, sorgt ja dafür, dass ich diese Energie zum Beispiel, die ich brauche, um etwas unterm Tisch zu halten oder unauffällig zu managen, dass ich die mir jetzt aufsparen kann für das, was wirklich wichtig ist. Weil ich weiß, ich muss das nicht managen, sondern es wird in dem Fall gescheitert. keinen stören, weil jeder weiß, was das Thema ist. Und ich muss mir gerade keine Sorgen machen oder keine Angst haben, dass ich da was offenlege, was im Team vielleicht dafür sorgt, dass ich abgelehnt werde. Und wir haben uns ja sehr viel über das Thema Angst unterhalten und was auch dein persönlicher Zugang dazu war. Und wenn du jetzt mal bei dir selber guckst, dieses Offenlegen und diese Transparenz, was waren Dinge in deinem Leben, wo du merkst, dass diese Transparenz für dich persönlich auch dir immer wieder gezeigt hat, das ist was, was mich nach vorne bringt. Das ist was, was nicht was von meiner Leistung wegnimmt, sondern im Gegenteil. Diese Transparenz und Offenheit über Dinge, vor denen ich Angst hatte, vielleicht vorher sie zu teilen, ist genau das, was mich stark macht und was meine Leistung fördert.
Stefan Lammers: Also ich glaube, das, was es so schwer macht in Top-Management-Teams, ist ja, dass die eigentlich gewohnt sind, immer in einer aus ihrer Sicht Top-Performance zu sein. Und dass es so ein ungeschriebenes Gesetz ist, überhaupt darüber zu sprechen. Für mich ist es einfach wichtig, dass ich mit mir selber klar bin, was ich benötige, um in meine eigene Performance zu kommen. Ich persönlich kann nur immer wieder sagen, wenn ich Ängste mit mir rumschleppe oder unangenehme Dinge passieren und ich die mit mir rumschleppe, dann schaffen die. einfach keine Kraft und keine Energie, sondern sie ziehen mich weg von meinem Leistungsvermögen. Und insofern habe ich dann irgendwann einfach in den Situationen gelernt, diese Dinge anzusprechen, mutig zu sein, bin dann über meinen eigenen Schatten gesprungen. Und oh Wunder, was ich dann eben wirklich registriert habe in dem Moment, sind zwei Dinge. Also es kommt auf die unterschiedliche Situation an. Das eine ist, dass ich Support kriege, dass ich also von anderer Seite nicht abgewertet werde, wie es vielleicht meine Befürchtung die ganze Zeit gewesen ist, sondern dass Menschen auf mich zukommen und sagen, mir ging das auch so. Ich habe Ähnliches erlebt. Ich bin da mit so und so umgegangen. Oder es kommen dann Leute, hey, ich hätte jetzt möglicherweise die Kapazität, gerade die und die Sachen für dich zu übernehmen, damit du dich auf das und das konzentrieren kannst. Also es kann ein ganz produktiver Faktor sein in dem Moment. Die andere Geschichte da drin ist die, dass ich festgestellt habe, in meinem Job kann ich das eben auch super gut ansetzen, weil wenn ich damit reingehe im Coaching, in der Beratung eben mit meinen eigenen Ängsten, wenn ich die offenbare, Wenn ich Themen, die mir vielleicht unangenehm sind, zum Thema mache, dann gibt es auf einmal auch für die anderen diese Bereitschaft, darüber nachzudenken. Und sie gehen dann vielleicht auch in diese Offenheit rein. Und das bildet dann sofort wieder Energie und bildet auch wieder sofort eine ganz andere Verbindung. Und da muss ich jetzt gerade tatsächlich an eine Erlebnis denken von uns beiden. Ich weiß nicht, ob du dich noch daran erinnerst. Bei einer Bank vor vielen, vielen Jahren, wo wir die Situation hatten, dass wir einen Workshop in einer größeren Gruppe hatten und das Gefühl hatten, die Gruppe ist nicht hundertprozentig dabei. Und sie hat jetzt nicht die Aufmerksamkeit. Sie will eigentlich lieber ein anderes Thema. Und das ist ja für einen Moderator, damals waren wir beide noch nicht so super erfahren, auch eine unangenehme Situation. Und dann haben wir überlegt, wie gehen wir damit um? Wir haben es dann zum Thema gemacht für die Gruppe und haben gesagt, pass auf, wir sind gerade unsicher. Wo seid ihr gerade? Was erwartet ihr von uns? Ist das relevant für euch? Und alleine, dass wir dieses Thema reingebracht haben und die Rückmeldung dann bekommen haben, dass es für sie total relevant ist, hat es was anderes auf der anderen Seite, dass sie gefragt wurden und dass wir das zurückgespielt haben, ausgelöst und dass wir dann auf einmal eine unheimlich gute Reaktion gekriegt haben, die Leute noch viel mehr dabei gewesen sind und wieder enger mit uns verbunden waren. Und das sind so Beispiele, die einfach zeigen, wie produktiv das sein kann, Angst auch zu offenbaren.
Marina Löwe: Ja, und da gibt es einige Situationen, an die ich mich erinnere, wo du auch genau diesen Effekt erzeugt hast. Das ist ja was, wo wir beide uns auch immer viel darüber ausgetauscht haben, was macht das mit einer Gruppe oder mit dem Gegenüber in dem Moment, wo wir von uns Dinge preisgeben. Und das kann natürlich Leute auch auf unangenehme Art und Weise berühren. Und es kann auch Dinge antatschen, sag ich mal, wo sie sich sehr unwohl mitfühlen. Ich gebe dir ein Beispiel. Ich habe in einem Führungskräfte-Workshop einmal sehr offen gesagt, dass ich an dieser Stelle einmal gerne offenlege, dass ich eventuell heute hier und da mal Momente haben kann, wo ich mit den Gedanken kurz abkürze. abdrifte und dass man mich gerne darauf ansprechen kann, weil es so ist, dass wir gerade erfahren haben, dass mein Mann Krebs hat und dass das was ist, was mich gerade sehr beschäftigt, sehr umtreibt, dass ich aber das Thema, es ging auch unter anderem um den Umgang mit Druck, für so relevant halte und dass auch für mich gerade ebenfalls ein Lernprozess ist, genau wie für alle anderen, dass wir da in einem Boot sitzen und dass es gerade unter diesen Drucksituationen total Sinn macht, sich damit zu beschäftigen und nicht zu sagen, da habe ich jetzt keine Zeit für, sondern das war das Vorleben von gerade dann, wenn du denkst, es ist eigentlich nicht der richtige Zeitpunkt und du willst es am liebsten wegdrücken, dass es dann Sinn macht, sich den Themen zu stellen. Und ich habe so viel Resonanz im Anschluss bekommen von Menschen, die natürlich zum einen sich damit irgendwie in Beziehung setzen konnten, weil sie was Ähnliches erlebt haben bei Eltern oder bei Partnern und zum anderen gesagt haben, wow, das hat so eine Offenheit erzeugt von Anfang an, dass diese Dinge, über die wir nachher gesprochen haben in der Gruppe, das hätte ich nie gedacht, dass wir so offen und ehrlich über diese Punkte sprechen, die uns gerade auch einfach bei der Arbeit belasten, auch deshalb, weil wir sie nicht teilen können. Sie machen uns Angst und dadurch, dass wir damit alleine sind, werden sie total schwer zu tragen. Und da hast du ja viele Dinge auch, wo du von dir persönlich geteilt hast und deshalb habe ich es als Öffnung genommen. Und ich möchte gerne nochmal einmal mit dir dahin gehen, weil ich mich immer wieder gefragt habe, jetzt wo ich dich schon so lange kenne, aber auch in der Corona-Zeit verstehe, dass es für dich natürlich nochmal ein ganz anderes Gewicht hat. Dieser Kampf ums Leben und diese Angst um die Endlichkeit, das ist ja was, was dich wirklich von klein auf begleitet hat. Also einige Punkte habe ich genannt, aber auch, dass du mit 20 von Ärzten gesagt bekommen hast, in zehn Jahren sitzen sie im Rollstuhl, Herr Lammers, oder Ich weiß, wir haben uns um die Zeit kennengelernt, wo du so noch an dem Punkt warst von älter werde ich eigentlich nicht. Und heute bist du älter und du hast einen Sohn. Und es geht dir gut. Wie hat dich das geprägt? Also diese konstante Auseinandersetzung damit. Was hat das als Person bei dir bewirkt?
Stefan Lammers: Ja, das hat als Person vor allen Dingen bewirkt, dass ich heute das mache, was ich mache. Und ich glaube, da sind vor allen Dingen zwei Dinge ganz besonders wichtig. Das eine ist das Thema Wachstum. Es gibt letztendlich keine Grenzen, also wie du es beschrieben hast. Die Ärzte haben gesagt, keine Kinder sind möglich. Die Ärzte haben gesagt, ich würde im Rollstuhl sitzen und das alles habe ich überkommen. Und das ist einfach total klasse, das für sich selbst wahrzunehmen, über diese Grenzen immer wieder hinauszugehen, die einem vermeintlich andere so setzen wollen. Und da merke ich auch, wie wichtig das ist, dass ich mich da immer wieder mit mir selbst auseinandergesetzt habe, dass ich dazu gezwungen war. Und deswegen ist es mir heute auch ein großes Anliegen in der Arbeit, nicht sozusagen über die Verführer zu reden, die heute da sind überall, also Karriere, Geld verdienen und was auch immer, sondern was macht mich wirklich als Person aus, wer bin ich und was habe ich dadurch auch für Möglichkeiten, mich auch selbst zu verwirklichen. Und ich finde das gerade sehr schön, auch in dieser Zeit, dass ich merke, dass sich immer mehr Führungskräfte damit auseinandersetzen und dadurch einfach auch nochmal eine ganz neue Kraft und eine neue Energie im Job entwickeln. Das Zweite ist für mich sicherlich ist diese systemische Perspektive. Ich habe ja einfach durch meine Krankenhausaufenthalte in der Kindheit, durch immer wieder neue Klassen, in denen ich da rein musste, Freundschaften, die sich schnell überlebt haben und dann kamen wieder neue, habe ich halt eine andere Sichtweise gelernt. Das heißt also, ich habe gelernt, weil es für mich überlebenswichtig war, Systeme innerhalb kürzester Zeit zu identifizieren. Also wer hatte was zu sagen? Wer war von Bedeutung? Wer konnte mir möglicherweise auch Dinge geben, die ich einfach in der Situation gebraucht habe? Und das ist, glaube ich, natürlich schon ein großer Vorteil in der Situation heute. Ich sage das manchmal so, wenn ich in ein Unternehmen reinkomme, ich sitze eine halbe Stunde vorne am Empfang und gucke mir das Treiben an und dann kann ich schon mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit sagen, was es da gerade so für Themen in dem Unternehmen gibt. Und das ist ganz wichtig für einen Beratungsprozess. Ich nehme sie aber nie als Wahrheit für mich an, sondern ich gucke dann immer noch mal rein und vergewissere mich über Befragungen, was wir immer wieder alles machen, dass das am Ende auch ist. Aber spannenderweise, auch wenn die andere aus unserem Team durchführen, kommen die meistens hinterher darauf zurück, was ich in den ersten 30 Minuten in so einem System schon erkannt habe. Und das ist schon so eine Fähigkeit, die ich mir, glaube ich, durch diese ganzen unterschiedlichsten Ärzte, Krankenhäuser und so weiter erworben habe. Und das ist doch klasse. Das ist doch total toll, dass ich diese Möglichkeit habe, sowas zu erleben und das heute einsetzen zu können.
Marina Löwe: Ja, da bist du ja schon genau bei dieser Analyse, wofür ist Angst gut? Also du hast ja jetzt wirklich eine Menge aufgezählt. Das eine ist, Der Vorteil an der Angst war, dass sie dich quasi gezwungen hat, sich mit dir selber auseinanderzusetzen. Und dadurch bist du auch für mich einer der sehr wenigen Menschen, die ich so gut kennenlernen konnte, die sowohl eine unheimliche Stabilität haben in sich selber und sehr klar sind über, das ist mein Kern und das ist das, was mir wichtig ist. Und gleichzeitig dieses fluide Beibehalten hat von Für mich ist nichts in Stein gemeißelt, sondern wenn ich merke, da gibt es neue Erkenntnisse, dann bin ich bereit, mich selber auch in Frage zu stellen und auch zu sagen, gut, vielleicht bin ich da auf dem falschen Trip. Und das ist ja was, wo Angst auf der einen Seite ein Warnsignal ist, da kommt was auf mich zu, was nicht meiner Komfortsituation entspricht oder ein Alarm geht an und auf der anderen Seite aber auch ein Trigger dafür zu sagen, wo dockt das an, woher kommt das, wie kann ich damit umgehen.
Stefan Lammers: Und das ist natürlich etwas, was ich für mich wirklich verinnerlicht habe. Für mich ist Angst sehr stark mit Neugierde verbunden. Und es gibt ja unterschiedliche Mechanismen, damit auch umzugehen. Und für mich ist das, also ich persönlich stehe total auf die Konfrontationstherapie oder wie auch immer man das nennen will. Also als Beispiel, ich habe Höhenangst. Und als ich das so richtig für mich realisiert habe, habe ich angefangen, eine Hochseilgartentrainer-Ausbildung zu machen. Ich habe mal bei einem Sportverein in der ersten Bundesliga, da ging es um Abstieg und das habe ich nicht richtig hingekriegt mit den Jungs. Da war ich sauer auf mich selbst, dass ich das nicht drauf hatte. Was habe ich gemacht? Ich habe eine Sportmentaltrainer- und Coachausbildung gemacht. Also ich bin immer derjenige, wenn irgendwas nicht klappt, dann werde ich neugierig und überlege mir, was kannst du denn jetzt eigentlich tun, um damit umzugehen? Und das rundet mich einfach total ab. Und es heißt nicht, dass ich fertig bin, da werde ich nie sein. Aber es ist total spannend, wo mich das auch hinführt und wie ich dadurch für mich neue Länder, neue Kontinente des Bewusstseins erreiche, die ich einfach vorher nicht auf dem Schirm hatte. Und ich selber bezeichne mich so ein Stück weit eh als Learning Junkie. Und wenn man so in diese Learner-Rolle reingeht, also diese Bereitschaft zu haben, neugierig zu sein, etwas Neues immer wieder zu entdecken und daraus was zu machen, dann reichert das das Leben so unheimlich an. Und mich erwarten oft Menschen im ersten Moment als den Nauer, wenn ich in der Beratung bin oder wie auch immer. Und dann stellen die irgendwann aber im Prozess fest. dass ich eben da auch eher in einer Lernerhaltung unterwegs bin und die eben gemeinschaftlich teile und damit was ganz Neues passieren kann. Und das ist dann eben unheimlich kraftvoll, weil das dann in der Regel auch Bestand hat. Und wenn ich als Knower reinkomme, ich schreibe euch jetzt das Konzept und das müsst ihr umsetzen, da passiert in der Organisation meistens nichts. Also es geht immer um das in den Kontakt kommen und in das Beteiligen. Und dadurch kann man eben auch wieder ganz neue Dinge entdecken und ganz neue Dinge umsetzen. Und das macht einfach irre Spaß, sowohl mir als auch dann den Kunden am Ende.
Marina Löwe: Ja, das erleben wir auch immer wieder, dass gerade die Dinge, die am Anfang nicht auf Begeisterung gestoßen sind oder sogar erschrockene Gesichter erzeugt haben, dass wir da am Ende die Resonanz bekommen, wie unheimlich wirksam das war. Und das ist ja gerade auch, du hast ja auch viel Imposationstheater gemacht. Das sind für mich so die kleinen Erfahrungen, wo ich gelernt habe, es gibt Menschen, die können zum Beispiel kaum aushalten, dass sie Applaus bekommen. Ja, Komplimente bekommen oder Wertschätzung. und eine Übung war, dass man sich vorne hinstellt und die Gruppe bejubelt dich wie verrückt. Und das nochmal zu sehen und zu erleben, das war ja auch in den Coach-Ausbildungen immer mal wieder Thema. Es gibt Menschen, die können das kaum ertragen. Komplimente und Wertschätzung zu bekommen und inwiefern kann man das trainieren. Das eine ist vor der Gruppe stehen und schauspielern, das andere ist dann auch mit der Reaktion umzugehen. Ich kann Angst haben, dass ich ausgebucht werde, aber es gibt anscheinend auch eine Angst, dass man hinterher mir Komplimente gibt und sich dann bei mir das Gefühl regt, das steht mir aber überhaupt nicht zu und es fühlt sich ganz unangenehm an. Und das hattest du vorhin ja auch reingeschmissen, dass das durchaus was für dich ist, was auf dem C-Level-Bereich dir durchaus häufig begegnet, nämlich das Imposter-Syndrom. Kannst du da nochmal ganz kurz sagen, was dir da begegnet?
Stefan Lammers: Es gibt ja eine ganze Menge Leute, die eben tatsächlich mit dem Lob und der Anerkennung nicht umgehen können. Dafür gibt es Namen, also Hochstapler- oder Imposter-Syndrom. Spannenderweise bis heute nicht irgendwo als Krankheit anerkannt, also kein Therapiethema, aber ein Coaching-Thema durchaus. In diesen Symptomen geht es darum, dass man denkt, jemand ist ein Blender beispielsweise. und hat nicht viel drauf, tut mehr, als man denkt, wenn man ihm zutraut. Und meistens ist das Gegenteil dahinter, dass da jemand ist, der eigentlich unheimlich viel weiß, aber sich dann zurückhält. Und die spannende Frage ist jetzt, wenn er jetzt Anerkennung kriegt für das, was er macht, was macht er damit? Er schiebt es weg und sagt, das steht mir doch gar nicht zu. Und es kann auch vielleicht sein, und das kenne ich von mir aus in der Vergangenheit auch, an manchen Stellen so dieses Thema, oh, ich habe Angst, dass ich irgendwann entdeckt werde, dass ich gar nichts drauf habe. Ja, und dieses Anerkennen, Angst davor zu versagen, Angst davor nicht zu reichen oder ähnliches. Und das zeichnet ein Imposter-Syndrom aus. Ich bin nicht gut genug, ich freue mich nur kurz über den Erfolg, bitte selten oder nie um Hilfe. Und das sind eben Dinge, die relativ häufig auch in höheren Führungsebenen vorkommen. Das sind Sachen, die einen behindern, die einem da auch das Leben schwer machen und die einem nicht zur vollen Entfaltung kommen lassen. Und ich glaube, an solchen Punkten ist es einfach auch gut, sich jemandem Neutralen an die Seite zu nehmen. Auch da jetzt einfach nochmal so eine Erfahrung aus der eigenen Welt. Ich bin mal 2006, das war das auch, glaube ich, als ich mal mit einem Workshop, da wollte man mich scheitern lassen und ich bin auch am Ende gescheitert mit diesem Workshop. Lange Geschichte, kurz. Aber am Abend des ersten Workshop-Tages Da habe ich damals meine damalige Frau angerufen. Und die damalige Frau wollte nichts anderes, dass es mir gut geht und dass sie mich rettet und so weiter und so fort. Und ich habe sozusagen kein neutrales Feedback von ihr erhalten in diesem Moment. Und wenn ich so weit gewesen wäre wie heute, dann hätte ich in dem Moment meinen Supervisor gehabt, meinen Coach gehabt oder wen auch immer, der eben eine neutrale Position mir gegenüber einnehmen konnte. Und den hätte ich angerufen, um einfach auch nochmal über diese Situation anders reflektieren zu können. Gerade in der heutigen Zeit, wo es darum geht, Menschen zu begeistern, Menschen zu führen, wo es noch viel stärker um diese soziale Interaktion auch geht, ist es wichtig, einmal, dass wir über uns selbst Bescheid wissen, sowohl über die Dinge, die funktionieren, wo wir exzellent drin sind, aber auch genauso, wo sind unsere Derailer, also wo sind die Dinge, wo wir unter Druck beispielsweise nicht gut mit umgehen können. Und das ist wichtig, darüber Bescheid zu wissen, um dem begegnen zu können. In der guten Zeit sozusagen ein Rezeptbuch zu schreiben. Wie gehe ich denn damit um, wenn ich in so eine Situation reinkomme, um dann ausgewogen reagieren zu können? Wenn ich das nicht mache Da komme ich jetzt mit Viktor Frankel, Wiener Psychologe, der gesagt hat, zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. Und dieser Raum gibt uns die Freiheit, eine Wahl zu treffen, eine Wahlfreiheit. Und wenn ich das eben nicht für mich klar habe in dem Moment, dass ich diesen Raum und diese Wahlfreiheit habe, dann bin ich halt von der Impulsivität her gesteuert. Ich nehme also eine Situation als bedrohlich, als ängstlich, als nicht wertschätzend, was auch immer war, und reagiere sofort darauf, um wieder mit mir okay zu werden. Und das ist nicht immer die beste Wahl in diesem Moment. Und insofern ist das einfach wichtig, auch Techniken zu lernen, damit anders umzugehen und darauf vorbereitet zu sein. Und dann kriege ich eine ganz andere Qualität.
Marina Löwe: Ja, ich fand so ein schönes Bild, dass diese Emotionen teilweise wie vierjährige Kinder sind. Also du würdest sie nicht ans Steuer deines Autos setzen wollen. Du würdest sie aber auch nicht in den Kofferraum stopfen wollen. Es wäre beides keine sinnvolle Strategie. Also das eine ist, nicht die Emotionen blind durchzusetzen. in Führung gehen zu lassen, aber das andere ist, sie auch nicht wegzudrücken und zu unterdrücken. Wir reden ja auch viel über Neurowissenschaften, weil das einfach hilft, die Dinge zu erklären, die früher sehr abstrakt oder theoretisch klangen und die man jetzt gut belegen kann. über die Brainscans. Und das Handmodell, das gefällt mir ganz gut, das hat den Siegel mal entwickelt. Und zwar, wenn du dir deinen Unterarm quasi vorstellst, die Hand hoch, dann ist der Unterarm zu vergleichen mit deinem Hirnstamm. Ja, und der Daumen, den kannst du einklappen, der entspricht quasi dem limbischen System, deiner Amygdala. Das ist das Alarmzentrum. Das heißt, immer wenn Angst oder so ein Wutanfall kommt bei den Emotionen, dann klingelt hier quasi einmal der Alarmknopf und es ist Kirmes im Kopf. Und dann geht das ganze Hormonsystem intern los. Und diese Finger, wenn du die dann um den Daumen legst, die repräsentieren quasi den Rest, auch den gerade präfrontalen Kortex hier vorne. Das ist ja die Exekutive hinter der Stirn, wo unser Kontrollzentrum sitzt. Und in dem Moment, wo ich dem einfach nur folge und das nicht annehme, sondern ich versuche es zu unterdrücken oder wie auch immer, habe ich quasi die Kontrolle losgelassen über das Gefühl und es rennt einfach nur los. Und in dem Moment, wo ich gar nicht damit arbeite, arbeitet es weiter mit uns in uns. Das heißt, die Hormone gehen ja nicht einfach weg. Die körperliche Reaktion verschwindet nicht. Also was ist für dich, wenn jemand sagt, wie gehe ich jetzt damit um? Also ich verstehe jetzt, was da passiert, aber was mache ich jetzt damit? Was funktioniert für dich besonders gut, gerade wenn du es aus dem Coaching anguckst?
Stefan Lammers: Also gibt es zwei Dinge. Das eine ist, wie kann ich Unterbrecher reinsetzen? Also in dem Moment nicht sofort zu reagieren, sondern beispielsweise das Ganze für eine Pause zu nutzen, mal austreten zu gehen oder Ähnliches. Kann ich mir etwas aufschreiben in dem Moment erstmal? Ich mache mir eine wertvolle Notiz. Die meisten Menschen akzeptieren das auch in Business-Meetings, wenn plötzlich einer anfängt, etwas aufzuschreiben. Und wenn ich das mit einer hohen Ernsthaftigkeit mache, ich gewinne einfach Zeit, um in diesem Moment wieder darüber nachzudenken. Aber es gibt noch ein viel interessanteres Frühwarnsystem aus meiner Sicht und das ist unser Bauch. Weil gerade auf den Top-Management-Ebenen wird ja versucht, viel zu rationalisieren. Und wenn du über Neurowissenschaften sprichst, dann wissen wir ja heute auch immer mehr, dass wir eigentlich gar nicht entscheiden können. Also das, was ich jetzt gerade sage, was ich spreche. Das hat ja mein Gehirn vorher schon entschieden, dass ich das rausbringen werde. Also inwieweit gibt es tatsächlich Rationalität? Und das ist etwas, was in der Forschung, je mehr man sich damit beschäftigt, eigentlich immer mehr klar wird, dass wir also viel weniger rational sind, als wir denken. So, jetzt gibt es aber ein Zentrum in uns, das uns wertvolle Hinweise liefert und das ist der Bauch. Also wir haben meistens schon, bevor wir die Antwort geben, ein ungutes Gefühl. Aber dieses Gefühl haben wir gelernt, im Laufe der Zeit wegzudrücken. Und wenn ich da wieder mehr Achtsamkeit drauf habe, auf dieses Bauchgefühl, was ich in diesem Moment habe, dann ist das vielleicht ein Hinweis darauf, nicht wie ich reagieren muss sofort in dem Moment, aber dass ich mir vielleicht erstmal Zeit kaufe, durch das Austreten, durch das Aufschreiben oder was auch immer, Fenster öffnen, aufzustehen, durch den Raum zu gehen oder sonst irgendetwas. Wie kann ich sozusagen mir Zeit gewinnen, um dann nochmal in mich reinzuhorchen? Auf was muss ich denn jetzt eigentlich gerade reagieren? Auf das, was ich gefragt worden bin? Oder das beste Frühwarnsystem der Welt zu reagieren, was ich habe, meinen Bauch, der mir vielleicht schon ein komisches Gefühl gerade signalisiert. Und vielleicht gehe ich dann hin und sage, das finde ich einen ganz wichtigen Aspekt und der ist mir so wichtig, dass ich ihn nicht direkt beantworten möchte. Ich möchte nochmal drüber nachdenken und da etwas zu sagen. Also vielleicht auch da mit dieser Offenheit reinzugehen.
Marina Löwe: Also diese zwei Dinge sind ja schon mal
Stefan Lammers: Ein unglaublicher Schatz, der einfach in uns steckt, den wir aber gar nicht mehr so gewohnt sind, so wahrzunehmen.
Marina Löwe: Genau, und das wäre der Punkt, wo ich ganz neugierig bin. Wie gehe ich damit um, wenn ich gelernt habe, dieses Bauchgefühl, weil es ja auch unangenehm ist. Also wenn ich Angst habe, dann ist das gerade, wenn ich in der Führung bin, ein Gefühl, mit dem ich vielleicht gar nicht gerne umgehen mag. Oder ich habe gelernt, reiß dich zusammen, sei kein Schisser oder was auch immer man da vielleicht auch mit sich selber im Dialog bespricht. Und wenn ich einmal gelernt habe, diese Gefühle abzukoppeln und da gar nicht mehr so hinzuspüren, wie komme ich da überhaupt wieder in Kontakt mit mir selber? Denn es gibt ja durchaus viele, die die Strategie entwickeln, fühl nicht, dann kannst du leisten.
Stefan Lammers: Also in der Tat ist das ja auch eine Überlebensstrategie. Das muss man ja auch ganz klar sagen. Auch wenn wir uns angucken, selbst in der heutigen Zeit, wenn wir jetzt mal auf die Konzernwelt blicken, aber spannenderweise auch in den Startups, wo ja immer was anderes gebildet wird. Oftmals sind es die rationalen Menschen, die nach oben kommen und dort die Entscheidungsgewalt haben, die vielleicht durch diese Fokussierung, die sie haben und durch diese Fokussierung, Die Kreativität, die sie haben und auch durch das Selbstbewusstsein, was sich entwickelt hat, auch eine gewisse Abkopplung von der Empathie zu den anderen. Vielleicht auch im Laufe der Zeit gemerkt haben, dass andere ihnen in Anführungsstrichen nicht das Wasser reichen können. Und insofern verlasse ich mich lieber auf mich selber. und da entkoppelt man sich immer mehr. Und das ist meistens nicht durch eine Einzelentscheidung. auf den Top-Ebenen, also wenn ich jetzt mal gerade nochmal auf Konzernebene gehe, in Top-Management-Teams, in Executive-Teams, Vorstandsteams, haben wir ja oftmals eine Ansammlung von Einzelkämpfern. Wir haben eine hohe Fokussierung auf ihre Aufgabe, dass die hundertprozentig läuft und dass ihnen keiner vors Bein treten kann dafür. Und das kommt oft dadurch, weil es ein gemeinsames Bild nicht gibt, weil da nicht rein investiert wird, weil das als sinnbefreit gesehen wird, weil man ja sagt, also Einer der Glaubenssätze, der mir da begegnet ist, ihr seid die Top-Manager dieses Landes oder ihr seid die Top-Manager dieser Branche, ihr werdet super gut bezahlt und jetzt muss das laufen. Das ist natürlich ein Irrglaube. Also warum sollten die nicht zusammen harmonieren können und noch besser werden? Also die Top-Fußballspieler eines Landes, die können auch nicht funktionieren. Und wenn sie aber einen guten Trainer haben, einen guten Coach haben, mit dem zusammenarbeiten und der schafft das dann, diese ergänzende Unterschiedlichkeit zu bringen, dann haben sie trotzdem am Ende wieder ein gemeinsames Ziel und sind auf einmal wieder total erfolgreich. Und das ist etwas, was leider Gottes in der Top-Management-Ebene oftmals ein Stück weit abgeht. Das heißt also, wir haben sozusagen einen Code, ein Ritual in unserem Top-Management. Wir sind alles die Harten und wir sind alles diejenigen, die nur nach vorne gucken und nur entscheiden. Und es gibt hier keine emotionale Anbindung untereinander. Das ist alles wertlos und so weiter. Wenn ich dieses System habe und ich gehe als Einzelner auf einmal diesen Weg in der Öffentlichkeit, dass ich mich offenbare und ähnlichem, dann kann ich möglicherweise auch negative Konsequenzen haben. Deswegen geht der Weg schon in solchen exklusiven Zirkeln oft darüber, dass sie eben zusammenfinden müssen und einen gemeinschaftlichen Beschluss finden wollen und müssen, sich dort anders zu verhalten. Und dann ist auch plötzlich das Potenzial zu spüren und dann entsteht dadurch einfach auf einmal nochmal eine ganz neue Qualität. So wie ich das eben auch in begleiteten Teams erlebe, wo dann auf einmal Leute aus der Silo-Denke rausgestiegen sind und auf einmal ganz neue kreative Ansätze entwickelt haben. und wo dann wir in der Arbeit auch mit den Ebenen drunter, Bereichsleiterebene und Abteilungsleiterebene, plötzlich die Rückmeldung gekriegt haben, naja, die meinen das sehr ernst. Die arbeiten ja auch oben auf dem Vorstand auf einmal zusammen. Also vorher haben die das immer nur gesagt, wir sollen das auch mal tun. Und das hat dann keiner gemacht, weil der Vorstand hat es auch nicht gemacht. Und jetzt auf einmal entstand eine Bewegung, weil die Leute nach außen auch gesehen haben, beiden Vorständen arbeiten zusammen. Also das haben die ja nie gemacht. Und das ist einfach ein Potenzial in Organisationen, was zur Verfügung steht, was überhaupt nicht genutzt wird.
Marina Löwe: Und es ist ein schmaler Grat. Also wenn ich überlege, dass du auf der einen Seite ja diese Rationalität auch brauchst. Wie kann ich den kühlen Kopf behalten? Wie kann ich funktionieren in den Situationen, wo mir eigentlich nach weinen oder nach schreien wäre? Und ich muss aber eine ganz klare Ruhe und Entscheidung gerade managen.
Stefan Lammers: Schweinen geht ja oft im Top-Management.
Marina Löwe: Ja, aber nicht aus, ich habe Angst. Das Schreien aus Wut vielleicht, aber
Stefan Lammers: Aber das ist die Frage. Also ist dieses Schreien aus Wut oder was auch immer nicht auch eine Angst, die da artikuliert wird? Eine Befürchtung, irgendetwas läuft nicht in meinem Sinne oder was auch immer, ist ja auch eine Angst, es möglicherweise nicht im Griff zu haben, Angst vor Kontrollverlust oder was auch immer. Also insofern, das Schreien ist ja möglich. Warum dann nicht auch anders schreien und sich anders begegnen oder miteinander wertschätzend umzugehen oder so?
Marina Löwe: Genau, das ist der zweite Punkt, wo ich den Faden verloren habe gerade. Auf der einen Seite das Rationale und das Funktionieren und auf der anderen Seite der Zugang zu den Emotionen und zum Bauchgefühl und auch in der Lage sein zu können, das auch benennen zu können. Also alleine, dass ich sagen kann Ich motze dich gerade an über deine Leistung, was du gerade nicht richtig kannst. Was ich aber eigentlich sagen will, ist, ich habe eine verdammte Heidenangst, dass wir den Laden gerade vor die Wand fahren und keiner von uns Ahnung hat, ob wir gerade die richtige Entscheidung treffen. Aber damit ich das sagen kann, muss ich ja Zugang zu der Angst haben. Und um zu fühlen, muss ich ein Stück weit dieses Funktionieren, von dem ich glaube, dass es nur geht, indem ich nicht fühle, verlassen. Und das, merke ich, ist so der große Übersprung, der schwierig ist am Anfang.
Stefan Lammers: Weil die Leute wissen auf einmal, worum es geht. Das ist also praktisch nicht mehr das HB-Männchen, was immer explodiert, sondern ich erkenne auf einmal den Sinn, warum der explodiert. Und dann habe ich möglicherweise auch eine ganz andere Antwort darauf. Weil es geht nicht mehr um den Typen, der mich gerade anmacht. Es geht nicht um die Beziehungsebene, sondern ich erkenne auf einmal, scheiße, ich habe vielleicht Mist gebaut. Ich habe da ja gar nicht drauf eingezahlt. Aber da degradieren sich die Schreihälse manchmal zur Wirkungslosigkeit, weil sie den Fokus eben selber in dem Moment, wo sie schreien oder so, wegnehmen von dem, worum es eigentlich in diesem Moment geht. Weil für die anderen, die die da sehen, geht es eigentlich nur noch darum, hoffentlich kriegen das nicht alle mit, dass er so laut ist oder was auch immer. Und in Wirklichkeit geht es dem ja um echtes Anliegen. Der hat eine Sorge. Der hat eine Sorge, dass die Zahlen nicht stimmen. Der hat eine Sorge, seinen Job zu verlieren. Er hat die Sorge, seinen Status zu verlieren. Er hat eine Sorge, die Anbindung an die Leute zu verlieren und so weiter und so fort. Und das sind doch total relevante Dinge für die Leute zu hören. Und wenn der das artikuliert, dann haben die anderen auch die Möglichkeit, darauf zu reagieren und mitzuarbeiten und zu unterstützen. Geil ist das.
Marina Löwe: Absolut und es ist ja unfassbar nachvollziehbar. Also je mehr ich habe, desto mehr kann ich verlieren. Je mehr Verantwortung ich habe und trage, desto mehr Angst kann ich auch berechtigterweise haben, dass mein Handeln ja eine viel größere Auswirkung hat, gerade im Konzern, weil es viel mehr Menschen betrifft, als wenn ich irgendwo weiß, okay, meine Verantwortung ist, dass dieser Raum funktioniert oder dass nur dieser Bereich funktioniert. Dann ist es immer auch die Frage, wenn ich jetzt bei dir sitze und ich bin im C-Level unterwegs, Und mir ist irgendwo klar, dass ich an manchen Stellen nicht so effektiv handeln kann, weil ich mit diesen Ängsten für mich noch nicht den besten Umgang gefunden habe. Was rätst du mir in dem Fall? Also was sind drei konkrete Dinge? Du bist ja da sehr erfahren im effektiven Umgang mit Ängsten. Was sind drei Dinge, wo du sagst, die kann man auch für sich schon mal anfangen oder im Alltag einbauen? Du hast ein, zwei schon genannt in Richtung Unterbrecher machen. oder wie stelle ich mich meiner Angst ein?
Stefan Lammers: Meiner Angst stelle ich mich am besten wirklich durch Offenheit und Support. Also ich suche mir das Klientel aus, wo ich in der Lage bin, offen sein zu können und darüber zu sprechen. Und ganz ehrlich, im Top-Management würde ich da tatsächlich jemanden nehmen, der wirklich neutral ist. Der Freund ist nicht neutral, der Geschäftsfreund ist schon gar nicht neutral, die Familie ist erst mal recht nicht neutral und die Kollegen, da kann ich es mir möglicherweise nicht leisten. Da muss ich immer im Hinterkopf haben, steht er auf meinen Job oder was auch immer, ist auch nicht unbedingt neutral. Also insofern ist tatsächlich dieses Thema einfach echt irre, einen Coach zu nehmen und da einen neutralen Ansprechpartner zu haben. Da kann man das üben, Dinge auszusprechen und dann kann man sich gemeinsam überlegen, was ist jetzt der nächste Weg, um da weiterzugehen, wenn das jemand will. Also es geht nie darum, irgendwo hier zu sagen, das sind die Allheilmittel, sondern man muss sich gucken, wie man das mit sich selbst ausmachen kann und was für die einzelne Person das richtig ist. Das nächste ist die Konfrontation, haben wir schon drüber gesprochen. Und dann ist es natürlich die Erfahrung und dieses Thema auch, achtsam zu sein mit sich selbst. Also wo merke ich, dass ich Störungen wahrnehme? Wo merke ich eben, wie ich vorhin gesagt habe, dass mein Bauch mir sagt, irgendetwas stimmt nicht. Und da sind wir einfach nicht mehr achtsam genug. Wir drücken das zu schnell weg. Und da wieder hinzugucken und Achtsamkeit ist aus meiner Sicht etwas, was permanent stattfindet. Und ich nenne das halt in diesem Zusammenhang immer vielleicht mit dem professionelleren Wort oder wie auch immer man das sagen kann, zu dieser Situation zu 100 Prozent im Spiel zu sein. Also wenn ich hier jetzt mit dir sitze, dann bin ich zu 100 Prozent bei diesem Gespräch. Ich habe nicht irgendeine Ablenkung, alles andere ist ausgemacht, die Türen sind zu. Es gibt keine Ablenkung für mich. Ich kann mich hundertprozentig darauf konzentrieren. Und dieses zu üben immer wieder, mit dem, was ich gerade tue, da hundertprozentig zu sein, zu sorgen dafür, dass Dinge zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden und nicht gleichzeitig. Ich lerne das auch immer wieder bei meinem Sohn. Der hat mir das gerade gestern wieder gesagt. Er hat zu mir gesagt, ihm ginge das auf den Geist, wenn er mir irgendetwas vorlesen würde oder so, dass ich zwischendurch auf mein Handy schiele.
Marina Löwe: Das machst du nicht. Das habe ich echt ein paar Mal gemacht.
Stefan Lammers: Tolle Rückkopplung von meinem Sohn, der mich einfach wieder darauf bringt, Stefan, du bist gerade nicht zu 100 Prozent im Spiel bei mir. Und das passiert und dann gibt es ein Feedback und dann kann man wieder entsprechend dann in diesem Moment zurückkommen. Das andere, was mir total wichtig ist, einfach für sich selbst zu sorgen. Und da spielen für mich immer die fünf Säulen der Identität eine große Rolle. Also die fünf Säulen der Identität ist zum einen der Leib. Also bin ich gesund? Sorge ich regelmäßig dafür, dass ich abgecheckt bin, dass ich in Ordnung bin? Kümmer ich mich um gute Ernährung? Kümmer ich mich um Sport und ähnliche Themen? Kümmer ich mich darum, dass mein Ich überhaupt noch stattfindet? Das merke ich oft in Gesprächen mit Jobführungskräften. Heute sind sie gefordert, im Beruf der Profi zu sein. Sie sind aber auch genauso gefordert, zu Hause der Profi zu sein. Und das, was auf der Strecke bleibt, ist die eigene Persönlichkeit. Keine Zeit mehr für sich selbst irgendetwas zu unternehmen. Ist auf Dauer etwas, was krank macht.
Marina Löwe: Und nehme ich das ernst, nur ganz kurz um einzuhaken, dass ich schon den zweiten Hörsturz hatte? Nehme ich ernst, was mir der Kardiologe sagt? Es gibt ja so bestimmte Warnsignale vom Körper und das ist immer wieder erstaunlich, dass ich erlebe, wenn Führungskräfte gelernt haben zu funktionieren, wie lange sie in der Lage sind, das auszublenden und wie laut der Knall sein muss. vom Körper, um wirklich zu sagen, hier ist die Grenze. Also der Leib, je früher ich da spüre, hier ist was nicht ganz sauber oder im Argen, desto eher bin ich natürlich in der Lage, den Totalunfall zu verhindern.
Stefan Lammers: Aber buddhistisch würde ich jetzt sagen, die Krankheit auch annehmen und sich anzuschauen und aus der heraus wieder zu überlegen, was ist meine Schlussfolgerung daraus. Die zweite Ebene ist das soziale Abturm. Also wie stehe ich wirklich im Verhältnis mit der engsten Familie, mit den Menschen, die mir ganz nahe sind? Funktioniert da alles? Im Übrigen, das ist oftmals auch im Top-Management ein Thema, wenn ich also sehr stark unter Druck bin. Ein Klassiker jetzt in dem Bereich, was mal passiert, ist halt, ich bin überall unter Druck. Ich muss zu Hause Profi sein, ich muss im Beruf Profi sein. Tolle Gelegenheit, wo spüre ich mich selber besser. beim Liebhaber oder bei der Liebhaberin. Da gibt es dann auf einmal jemanden von außen, der mich auf einmal wieder spüren lässt. Oder im Extremsport. Oder Extremsport oder was auch immer. Wie schaffe ich das so da zu sein, dass ich da in einem guten Verhältnis bin? Dritter Punkt, das ganze Umfeld, Freunde, Kontakte, soziale Kontakte, die ich drumherum habe. Da erlebe ich oft, dass die einschlafen mit der Zeit, dass man da keine Zeit mehr für hat. Welche Menschen geben mir was, sind mir wirklich wichtig, geben mir Energie? Welche Menschen sind Energiefresser, von denen ich mich möglicherweise trenne und mich lieber mit denen treffe und auseinandersetze, die energiespendend sind, anregend sind? Viertens ist so der Berufsaustausch. Beruflicher Aspekt, also wie zufrieden bin ich wirklich in dieser Position? Wie oft erlebe ich es, dass Menschen zu mir kommen, die eben verführt worden sind über Status, über Geld, über Anerkennung und Macht, in eine Rolle reingerutscht sind, wo sie gar nicht mehr sich zu Hause fühlen? Ist es mein Job, den ich gerade wirklich machen möchte? Oder gibt es da andere Optionen für mich? Oder wie muss ich diesen Job anders gestalten, damit er für mich wirklich erfüllend ist? Und fünftens ist dann das Thema einfach der Zukunft. Also was ist mein Bild von meiner Zukunft? Was ist das, wo ich hinstrebe, wo ich in fünf Jahren, in zehn Jahren, in 20 Jahren sein möchte? Und dieser Weg da zu sein, wenn ich dieses Bild habe, der beginnt jetzt, jetzt gerade in diesem Moment und nicht erst in einem Jahr. Es wird so viel aufgeschoben immer und das mache ich in zwei Jahren oder ähnlichem. Also ich finde da ein schönes Beispiel, Stefan Sargmeister beispielsweise, Designer und Künstler aus New York, gibt es auch schöne YouTube-Videos, TED-Talks darüber, der eben sich irgendwann mal eine Timeline aufgemalt hat und gesagt hat, okay, das ist so meine Vorbereitung, das ist so mein Arbeitsleben und dann irgendwann habe ich das Retirement. Und dann hat er sich diese Liste angeguckt und hat sich überlegt, Was ist denn, wenn ich fünf Jahre aus dem Retirement von 65 bis 70 jetzt schon vorher alle fünf Jahre mache und immer ein Jahr Auszeit alle fünf oder sieben Jahre, macht er das glaube ich, nehme, um wieder in die Kreativität reinzukommen, mich zu entspannen und ähnliches. Und dafür gehe ich eben dann mit 70 erst in die Rente. Also was für eine geniale Idee. Was kann man denn für sich selbst kreieren an Zukunft, wenn man sich rechtzeitig damit auseinandersetzt und nicht erst auf dem Sterbebett sich fragt, na, hätte ich mal das und das noch gemacht? Oder viele fangen ja glücklicherweise heute schon an, relativ früh so Bucketlists zu machen. Was will ich alles noch erlebt haben? Großartig. Ja, da fange ich an, die Zukunft jetzt zu gestalten und mich gestalten zu lassen. Und wieder, wie komme ich dahin? Regelmäßig. Ich mache das mit meinem besten Freund. Wir haben das 1997 angefangen, als wir uns in der Selbsterfahrung kennengelernt haben. Wir haben das früher jährlich gemacht. Im Moment schaffen wir es nicht. Aber wir haben das früher jährlich gemacht, dass wir uns ein paar Tage zurückgezogen haben und über unser Leben philosophiert haben. Also was sind die Personen, mit denen man darüber nachdenkt? Wie sieht die Zukunft aus? Wie ist sie erschrebenswert? Was kann ich bei mir verändern? Und diese fünf Säulen der Identität ist für uns da immer wieder auch so eine Grundlage. Und wie fantastisch ist es, sich diese Zeit zu nehmen, darüber nachzudenken, was für eine wertvoll investierte Zeit. Großartig.
Marina Löwe: Und dann erinnere ich mich immer an die Sätze, die ich von dir mal gehört habe. Marina, du bestellst dir immer rosa Luftballons. Das, was du da haben willst, das gibt es eigentlich gar nicht. Ja.
Stefan Lammers: Ich weiß nicht, wie oft ich das schon erwähnt habe. Also um das für die anderen nochmal ein bisschen transparenter zu machen. Marina kommt immer mit fantastischen Ideen ihrer Lebensgestaltung und so weiter, was alles gelingen muss. Und ich schüttel da immer den Kopf und denke immer so innerlich und manchmal sage ich es auch Marina, boah, was für Träume und sonst irgendetwas, das gibt es nicht. Und dann dauert das meistens nur zwei oder drei Monate. und dann kommt Marina, ach Stefan, übrigens, das und das jetzt. In der Zwischenzeit habe ich es kapiert, dass ich das nicht mehr sagen muss, weil es einfach diese Wünsche ans Universum oder ähnliche Bezeichnungen, die es dafür gibt. Also dieses Selbstkreieren der eigenen Welt. Zum einen erfüllt es einen und zum anderen kriegt man eben dann auch automatisch Türen geöffnet, die einem weiterhelfen. Und das ist einfach toll, aber das funktioniert immer durch die Klarheit.
Marina Löwe: Ja, und das klingt immer so abgehoben, diese Bestellung beim Universum. Für mich ist das sehr gut greifbar, indem man sich einfach fragt, worauf fokussiere ich mich in meinem Leben? Also die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Das ist ja einer der Grundgedanken auch Beachtsamkeit. Und wenn ich meine Energie da reinstecke, immer nur zu funktionieren und zu reagieren, Dann muss ich mich nicht wundern, dass ich selber nicht im Gestalter-Modus bin. Und ich merke das immer dann, wenn bei mir so ein Prozess losgeht, mir bewusst die Auszeiten zu nehmen. Und das ist ja auch das, was du beschreibst, zu sagen, okay, wer möchte ich denn nächstes Jahr sein oder in zwei Jahren? Wenn die Marina von in fünf Jahren einen Brief schreibt an mich heute, was würde die mir schreiben, was sie in den letzten fünf Jahren besonders bewegt hat, was sie umgesetzt hat. Und das hat eine unheimliche Kraft für mich immer, weil ich wirklich so viele Beispiele nennen kann, wo exakt das gekommen ist. Als nächstes werde ich in einem Konzern globale Führungskräfteentwicklungsprogramme machen und ich möchte das Teilzeit machen, weil ich mit dir weiterhin in der Beratung arbeiten will. Als nächster Schritt ist es der Startup und dann ist es über wirklich so wenig Widerstand. dann noch, dass es ein Klick in einem Online-Portal war und es ist genau das, was jetzt richtig ist. Und das ist sehr banal runtergebrochen, einfach schlichtweg eine Frage der Absicht. Hast du deine Absicht klar, wo du hin willst? Weil wenn du das nicht klar hast, dann kannst du dich auch nicht auf den Weg machen. Wenn das Ziel nicht beschärft ist, dann gibt es keine Möglichkeit zu erkennen, ob man da einfach nur rumtrudelt oder straight drauf zuläuft. Und dann nimmt man auch bestimmte Signale einfach nicht wahr. Angebote, Stellenanzeigen, Kontaktangebote, Netzwerkstrukturen. Das heißt, wahrscheinlich ist es relativ banal, dass ich dann die Augen mehr auf habe, für das, was mir begegnet. Und es ist eine Methode auch zu den vielen, die du genannt hast, Dieses Achtsamkeit nutzen für sich, um sich dem auch zu stellen. Denn meistens passiert das bei mir auch aus einer Angst heraus. Die Angst, von hier aus nicht weiterzukommen. Die Angst, dass das eigentlich das gar nicht ist, wo ich vielleicht sein will nächstes Jahr noch. Und diese Angst zu nutzen konstruktiv. Dann überleg dir doch, wie du sein willst stattdessen.
Stefan Lammers: Das ist halt einfach ein Musterwechsel, den man selber mit sich vollziehen muss in diesem Moment. Ich muss da gerade, wo du das so erzählt hast, nochmal an einen ehemaligen Coachee von mir, mit dem ich heute auch noch gut im Kontakt bin, denken. Vor vielen Jahren im süddeutschen Raum als Geschäftsführer eines Unternehmens gecoacht. Und sein Thema war, dass er aus der Region weg wollte, dass er einen anderen Job haben wollte und eine ganz andere Branche am liebsten. Und dann habe ich gefragt, was denn so sein Zeitraum ist, in dem er denkt dabei. Dann hat er gesagt, naja, bei dem, was ich für eine Position habe und wie das Umfeld ist und so, da müsste man mindestens ein Jahr rechnen. Dann habe ich zu ihm gesagt, was wäre denn, wenn das, ich glaube, der Zeitraum war, wenn das in den nächsten zwei Monaten passieren würde. Da hat er mich angeguckt wie ein Auto und hat gesagt, das kann nicht passieren, Alamos, das ist nicht möglich in der Branche. Und da habe ich gesagt, ja, ist okay, habe ich verstanden, aber was wäre denn jetzt, wenn das passieren würde? Wäre das denn für Sie okay überhaupt? Dann sagt er, ja, wäre für mich total okay. Ich sage, und mit Ihrer Familie und so weiter, kriegen Sie das alles hin? Ja, das würden wir hinkriegen. Ich sage, können wir uns denn darauf einigen, dass Sie das zulassen würden, wenn es kommt? Dann sagt er, ja, sechs Wochen. Dann hatte der einen neuen Job und sagte hinterher, okay, ich sehe das Thema jetzt nochmal anders. Und das ist genau das, was du gerade beschrieben hast, dieses Fokussieren. Wenn ich die innere Klarheit habe, sende ich auch etwas nach außen und da können andere in dem Moment wieder andocken und dann passiert auf einmal was.
Marina Löwe: Und das ist ein wundervolles Schlusswort, nämlich für alle, die gerade dabei sind und zuhören, fühl mal rein und nimm mal achtsam wahr, was du so aussendest und was dann auch möglicherweise bei dir andockt. Schöner Schlusspunkt, das nehme ich jetzt direkt wieder als Bild mit, das Andocken. Ich danke dir ganz herzlich. Ich freue mich sehr, dass wir so lange schon in sehr guter Zusammenarbeit sind, ich immer wieder von dir lernen darf, auch über dieses Thema. Und das Thema Angst haben wir unter anderem aufgegriffen, weil du gerade deine Biografie für deinen Sohn eingesprochen hast in ein Hörbuch. Ich freue mich sehr, wenn ich eines Tages vielleicht auch von Laurens mal erfahren kann, was er so aus diesem Hörbuch von dir mitgenommen hat. Und aus dieser Phase der Angst heraus, wo es ja entstanden ist, auch so ein Stück weit Nachlass zu haben für deinen Sohn, für den Fall, dass dir was passiert, was das eigentlich für ein Geschenk gerade ist, was da entstanden ist aus der Angst. Absolut.
Stefan Lammers: Danke dir für den Raum hier und für die tolle Zusammenarbeit und dass du so bist, wie du bist. Ja.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Achtsamkeit: Tief durchatmen und in den Bauch horchen! Auf deinem Weg in ein achtsameres Arbeitsleben begleitete dich bei uns regelmäßig Marina Löwe. Von ihr erfährst du in verschiedenen Folgen, welche Potenziale in dir stecken, wenn du Achtsamkeit als Haltung in deinen Berufsalltag integrierst.