Wie Personalisierung unser Leben verändert

16. Mai 2019, mit Erik Pfannmöller

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Erik Pfannmöller: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen AI-Unplugged-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Erik Pfannmöller, Gründer und CEO von SolveMate. SolveMate automatisiert Kundensupport. Unsere KI-basierte Plattform bietet Virtual Assistenten mit den Endkonsumenten ihre Kundenanfragen in Sekundenschnelle rund um die Uhr selbst lösen können. Wie immer bei AI Unplugged erklären wir Alltagsthemen rund um das Thema KI einfach und für jedermann verständlich. Heute geht es um das Thema KI und Personalisierung im Internet. Dazu habe ich zwei tolle Gäste bei mir. Einerseits Florian Semmle und andererseits Julian Kramer von Adobe. Aber bevor ich was zu euch sage, vielleicht stelle ich auch einfach mal selbst vor. Florian, bitte.

Florian Semmle: Mein Name ist Florian Semmle. Ich begleite und coache Unternehmen in der digitalen Transformation. Und ich tue das, indem ich sie zwinge, immer zuerst mit den Menschen anzufangen, bevor sie irgendwie mit Technik, Daten und so weiter hantieren. Also immer erst schauen, wen will man wie erreichen, dann Maschinen und dann klappt es auch mit der Digitalisierung.

Julian Kramer: Ja, ich bin der Julian. Ich habe bei Adobe den glorreichen Titel Chief Experience Ambassador. Was ist das? Das ist ein Executive Tech Evangelist. Das heißt, ich kümmere mich um die großen Bühnen.

Erik Pfannmöller: Oh, das waren jetzt schon viele, viele Funke. Chief Executive Ambassador, Tech Evangelist.

Julian Kramer: Experience Ambassador. Okay, super. So wie gleich, ja. Ich kümmere mich um die großen Bühnen, die bunten, interessanten Fragen, die zum Beispiel Medienvertreter haben, unsere Executive Kunden und versuche recht komplexe technische Dinge, sagen wir mal, menschennah abzupacken, sodass man am Schluss Sinn aus diesem ganzen Wahnsinn machen kann.

Erik Pfannmöller: Das klingt gut und dann wollen wir direkt durchstarten. Heute sind das Thema Personalisierung im Internet. Personalisierung, vielleicht fangen wir doch mal an. Was versteht ihr denn eigentlich unter Personalisierung und wie hängt das eigentlich mit KI zusammen?

Florian Semmle: Okay, also Personalisierung ist im Grunde was ganz Einfaches, nämlich die Konfiguration der digitalen Welt entsprechend von Nutzerbedürfnissen. Ja, eigentlich ist es ein sehr menschliches Bedürfnis, dass man anfängt, sich die Welt so zu gestalten, wie man sie gerne hat. Und digital hat man natürlich noch mehr Möglichkeiten und viele Firmen haben eben auch Möglichkeiten, mit Daten Kundenerlebnisse so zu personalisieren, dass es zu einem entsprechenden Mindset von einem Kunden eben passt.

Erik Pfannmöller: Du hast gesagt Konfiguration von Interneterlebnissen. Was meinst du damit?

Florian Semmle: Dass man alles, was ein Kunde so erlebt, von der ersten Wahrnehmung, also wie sieht die Seite aus, bis hin zu Klickpfaden und so weiter, so konfigurieren kann, dass es eben zu Kunden genau passt. Und ein Kunde hat natürlich die Möglichkeit, wenn ich eine Liste anlege in einem Shop, dann fange ich an, Systeme zu konfigurieren. Wenn ich mein Handy ausstatte, Apps runterlade und so weiter, dann konfiguriere ich meine digitale Welt.

Erik Pfannmöller: Julian, wie siehst du Personalisierung?

Julian Kramer: Also da gebe ich Florian ganz recht. Personalisierung ist eigentlich was Grundmenschliches. So wie wir miteinander auch irgendwie eine Beziehungsebene aufbauen, so können das natürlich unter anderem auch Marken und Dienstleistungen machen. Da kommen wir dann quasi zur digitalen Komponente. Personalisierung ist einerseits ein Verständnis der Person, nicht zwingend ein Datensammeln, sondern ein Verständnis, wer mein Gegenüber ist und was er vielleicht für Bedürfnisse hat. Und wenn wir gerade im digitalen Bereich dann auch sind, dann würde ich sagen, spielt da auch ganz schnell eine Automatisierung mit rein. Also nicht nur, ich verstehe, wer du bist und welche Bedürfnisse du hast und was du vielleicht erreichen möchtest, sondern ich könnte die Arbeiten auch abnehmen, kontextbasierend, weil ich sehr genau weiß, was du von mir erwartest. Oder wie Florian das vorher im Off mal angesprochen hat, auch predictive. Das ist eigentlich so im Marketing- und Markenkontext in der Digitalwelt. so das, was ich unter Personalisierung verstehe.

Erik Pfannmöller: Machen wir es mal plastisch. Was fahren euch für Alltagsbeispiele zur Personalisierung ein?

Julian Kramer: Naja, du kennst so das Schöne, du kriegst irgendwie eine E-Mail oder du bist irgendwo Kunde und dann steht da schon mal Herr oder Frau irgendwas da drin. Idealerweise das korrekte Geschlecht, die korrekte Anrede und der richtige Name. Das ist aber ja fast so ein Hygienefaktor, das ist ja ein bisschen oldschool.

Erik Pfannmöller: Ist aber auch Personalisierung, oder? Also ein auf dich als Mensch zugeschnittenes Angebot ist Personalisierung. Per Definition.

Julian Kramer: Das ist Personalisierung, genau. Das ist auf mich zugeschnitten. Für mich wird es dann eigentlich relativ spannend, wenn wir davon ausgehen, dass zum Beispiel sich ein ganzer Website-Content anpassen kann. Ich habe mal an einem ganz spannenden Beispiel gearbeitet mit Kollegen. Da hat eine Website basierend auf deinen ersten paar Klicks angepasst, wie viel Information du vielleicht sehen möchtest. Weil die wussten, es gibt so zwei Kundentypen, Fast- und Slow-Converter. Und die einen wollen keine Texttapeten sehen, die wollen relativ schnell zum Ziel kommen und irgendwie was abschließen. Und es gibt Leute, die brauchen mehr Sicherheit, mehr Information. Und die Website hat basierend auf ein paar Klicks versucht zu verstehen, was du brauchst und hat dir sogar ein anderes Callcenter gegeben. Das heißt, Leute, die dich nicht lange zuquatschen mit irgendwelchen Kundenvideos, Gesprächsleitfäden, sondern einfach nur sagen, sag mal, was brauchst du und wie schnell willst du es haben? Und haben dann tatsächlich getrackt, welcher Kundenberater deine Bedürfnisse besser abdeckt.

Erik Pfannmöller: Website-Personalisierung ist ein interessantes Thema. Ich denke dabei immer an Amazon, die ja auch Personalisierung machen anhand meiner Kaufhistorie und eigentlich der gesamte Webshop gefühlt auf mich zugeschnitten ist, weil es ja so viele Produkte gibt und sie mir nur eine Auswahl zeigen wollen. Würdet ihr sagen, es gibt noch mehr Personalisierung oder gibt es eigentlich Personalisierung nach anderen Stellen, die jeder von uns tagtäglich benutzt?

Florian Semmle: Für mich ist die tägliche Intro in die Personalisierung eigentlich das Handy. Und das Handy ist ja auch was, wenn man seine Daten nicht absolut geschützt hat, dann sind die eben auch trackbar. Und so ist man zum Beispiel mit dem Handy auch erfahrbar und kann auch von Anbietern irgendwie entsprechend optimiert werden. Also ein Beispiel, wenn ich lange vor einem Plakat stehe mit einem blauen Auto und ich habe vorher mit einem Hersteller Kontakt gehabt, der meine Daten hat und da freien Zugriff drauf hat, dann könnte der, wenn er schon soweit ist, eine Webseite anbieten, die mir das blaue Auto zeigt. Also so weit kann das gehen. Ich sehe allerdings nicht, dass wir schon so weit sind.

Erik Pfannmöller: Wir haben gerade über das Thema Personalisierung gesprochen und das ist eigentlich eine Art Segmentierung bzw. individuelle Zuschneidung eines Produktes ist. Ob das jetzt bei Amazon die Produkte sind oder bei Netflix die Filme, die ich schaue oder so bei Google die Suchergebnisse oder Facebook mein Nachrichtenfeed. Es ist eine Art Personalisierung. Wie spielt künstliche Intelligenz eurer Meinung nach damit rein?

Julian Kramer: Ich denke, das Gebiet könnte man fast noch ein bisschen größer machen, denn Personalisierung ist ja jetzt nicht nur so diese klassische Marketingtechnik, Tracking und Anzeigenausspielung und genau wissen, was du vielleicht kaufen willst, sondern Personalisierung ist ja am Ende des Tages wesentlich breiter. Also klar, die klassischen Zielgruppensegmentierung etc. Ich sage immer, die Welt kann heute mit deiner Marke interagieren. Das war früher nicht so. Du hattest relativ klare Kontrollmöglichkeiten. Also wann können Leute in den Laden kommen? Wen trifft man da? Welche Serviceangebote gibt es? Und heute steht deine Tür quasi immer offen über deine Website, über deine Apps, über deine Social-Media-Kanäle. Und da erwarten die Leute natürlich eine gewisse Interaktion. Und wenn du jetzt fragst, wo kann das denn noch hingehen? Dann würde ich sagen, es gibt zum Beispiel Möglichkeiten mittlerweile. Wir haben Prototypen mal gebaut, da können wir aus einer Kamera in einem Bankautomaten Erkennen, welche emotionale Grundstimmung du hast und auch grob Alter abschätzen. Und da kann man zum Beispiel erkennen, ob jetzt eine ältere Dame irgendwie an dem Bankautomaten steht und verwirrt ist und nicht weiß, was sie drücken muss bei ihrer Überweisung. Da ist das natürlich total sinnvoll, dass man dann sagt, man macht die Buttons größer, man schaltet den Kundenbetreuer zu. Oder man kann zum Beispiel verhindern, dass ein zweites Paar Augen auf deine PIN guckt. Das ist für mich am Ende des Tages auch Personalisierung, die geht aber in den Servicebereich rein. Also nicht nur, hallo Herr Kramer, schön, dass Sie wieder mit der Lufthansa fliegen, Sie sitzen ja gerne am Gang und wollen immer einen Kaffee, sondern auch, wie kann ich den Leuten das Leben leichter und reibungsloser machen? Und da finde ich, ist Personalisierung noch völlig unterschiedlich. genutzt. Und um auf deine Ursprungsfrage zurückzukommen, wie hilft da KI? Einerseits kann KI uns helfen, sozusagen diese ganzen Datensegmente zu segmentieren und besser zu verstehen, wo sind Anomalien? Ja, wo verhält sich jemand anders als der Durchschnitt vielleicht? Wie kann ich den da nicht überraschen? Was kann ich dem Gutes tun? Was steht heraus? Und ich kann natürlich dann zielgerichtet Inhalte ausspielen, sei das jetzt klassisch Content-Builder-Videos, Erlebniswelten, Interfaces verändern und auch Werbemittel gezielt aussteuern. Also es ist ja schön, wenn man viel Werbung sieht, aber ich würde lieber Werbung sehen, die mich interessiert.

Erik Pfannmöller: Lass uns noch mal kurz auf das Beispiel mit dem, du hast gesagt Lufthansa und du sitzt gern am Gang. Einerseits ist ja Personalisierung, dass du der Lufthansa sagst, ich sitze gern am Gang und die Lufthansa personalisiert dir schon den Gangplatz anbietet. Es ist einfach eine einfache Segmentierung, weil sie deine Präferenzen kennen. Künstliche Intelligenz auf der anderen Seite ist, dass sie rausfinden, dass du fünfmal bei der Lufthansa gebucht hast und typischerweise immer am Gang buchst und dir direkt den Sitz 27C, der am Gang ist, hinten vorschlagen. Ist also per Definition, wenn ich die richtig verstehe, nicht jede Personalisierung gleich KI oder gleich künstliche Intelligenz? Oder wie würdest du die Schnittmengen oder wie würdet ihr die Schnittmengen dazu bilden?

Julian Kramer: KI hilft gerade da, wo es komplexer wird, also wo wir mehrere multidimensionale Datenpunkte haben. Das heißt, sitzt gerne am Gang auf Langstreckenflügen, aber gerne auf der Innenseite auf Interkontinentalflügen, möchte kein zusätzliches Essen haben und bucht immer Last Minute. So, natürlich. Da wird es dann auf einmal schon schwieriger für jemanden, so ganz händisch, das könnte man immer noch machen, aber es wird sehr schwer auf den einzelnen Nutzer runtergebrochen, da was anzubieten. Da würde ich sagen, darum geht es am Ende des Tages. Also diese banalen Dinge, da hätten wir jetzt auch gerade selber noch drauf kommen können, dafür braucht man jetzt keine KI. Interessanter wird es bei den komplexeren Verhältnissen.

Florian Semmle: Was ich daran interessant finde, also KI ist dann letzten Endes das Qualitätsmomentum von Personalisierung und Kundenerlebnissen. Also ich kann die Qualität von Kundenerlebnissen immer weiter verbessern, wenn ich eine immer bessere KI habe, weil die immer mehr voraussieht, immer mehr Zusammenhänge sieht und auch zum Teil Schlussfolgerungen treffen kann, die wir vielleicht manchmal selber noch gar nicht verstehen.

Julian Kramer: Das ist richtig, aber wir kommen natürlich mit jeder zunehmenden Komponente an Komplexität auch an Kostenfaktoren. Also was Rechenpower, Rechenzeiten angeht, die Kosten dafür. Und je nachdem, wie gut ein Algorithmus trainiert ist, das ist ja so ein bisschen so das Ammenmärchen, dass irgendwie alles in so einen großen Computer fließt und der versteht dann am Schluss die Welt besser und weiß alles. Sondern du baust einen Algorithmus, der frühstückt deine Daten ab, die du da reinschmeißt und dann entwickelst du den Algorithmus weiter. Aber der trainiert sich ja nicht so im laufenden Betrieb weiter. Genau. Ja, im seltensten Fall. Also es gibt Modelle, die, ohne jetzt technisch werden zu wollen, die sagen, okay, ich löse hier ein Optimierungsproblem basierend auf Datenpunkten.

Erik Pfannmöller: Lass uns mal ein Beispiel machen. Irgendwie so ein plastisches Beispiel, das jeder von uns benutzt. Und dann erklären wir mal, wie das eigentlich funktioniert. So ein Beispiel, was wirklich gut ist im Bereich Personalisierung. Was würde euch einfallen?

Florian Semmle: Also ich habe gerade zu Julian vorher gesagt, ein Beispiel, was ich vor kurzem erfahren habe. Da war ich in Stuttgart bei einem Forschungsinstitut, die sich mit der Zukunft der Mobilität beschäftigen. Und da ist es so, dass der Superkontaktpunkt Smartphone auch für die Konfiguration von Mobilität genutzt wird. Das heißt, ich kann das in eine Buchse ins Auto stecken und wenn ich da entsprechend konfiguriert bin auf dem Smartphone, dann passt sich das Auto komplett so an, wie ich es fahren möchte. Dann stellt sich der Navigator entsprechend ein, der Sitz stellt sich entsprechend ein und so weiter. Das ist futuristisch, aber ich glaube, dass diese Zukunft relativ bald sich auch einstellen wird. Das fand ich sehr prägnant. Und was ich auch sehr interessant finde, sind zum Beispiel so Predictive-Anwendungen, also wo zum Beispiel ein Auto feststellt bei der Fahrweise und dann und dann wird ein Teil verschleißen und sagt mir dann, wenn du so weiterfährst, solltest du dann und dann deine Werkstatt buchen. Das fand ich sehr faszinierend.

Erik Pfannmöller: Julian, was hast du für ein Beispiel, das dir gut gefällt heutzutage, was wir jeden Tag nutzen?

Julian Kramer: Ich würde behaupten, bei den wenigsten Dingen, die ich im Alltag tatsächlich heute schon oft nutze, steckt eine wirklich gute Personalisierung drin. Du hattest vorhin Netflix erwähnt, da ist zum Beispiel die Auswahl, also das Muster erkennen hinter meinen Sehgewohnheiten. Ich bin so ein klassischer Binge-Watcher, auch keine Überraschung, wer ist das? Nicht der Netflixer.

Erik Pfannmöller: Wer schaut nicht House of Cards fünf Stoffeln am Stück bis nachts um zwei und wundert sich, warum am nächsten Morgen nicht aus dem Bett kommt?

Julian Kramer: Ja, genau. Auch da muss ich aber sagen, man weiß ja, dass Netflix mittlerweile so weit geht, unterschiedlichen Nutzern verschiedene Cover-Art anzuzeigen mit unterschiedlichen Hauptdarstellern etc.

Erik Pfannmöller: Entschuldigung, das muss ich nochmal wiederholen. Netflix zeigt verschiedenen Nutzern verschiedene Covers für die gleichen Filme an? Ja. Warum machen die das?

Julian Kramer: Das Beispiel ist tatsächlich ein bisschen umstritten, weil man an vielen Stellen gemerkt hat, dass ja auf einmal so die zweite Nebenrolle irgendwie auf einmal ganz groß auf dem Cover erschienen ist, nur weil man gemerkt hat, dass der Nutzer wohl in einer bestimmten, ich nenne es jetzt mal X-Rolle, Und da war natürlich so ein bisschen so dieses, was wollt ihr denn damit jetzt machen? Also macht ihr jetzt ein Profiling, was jetzt auf meiner Herkunft, das ist irgendwie nicht so cool. Da gab es ein bisschen Kontroverse.

Erik Pfannmöller: Das ist aber eine sehr interessante Art von Personalisierung, nämlich dass der Cover eines Filmes ein anderer Schauspieler größer dargestellt wird, weil Netflix davon ausgeht, dass der Zuschauer sich mit der Person näher identifizieren kann und deswegen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass sich das anschaut.

Julian Kramer: Ich denke, dass wir nicht sehr genau wissen, dass diese höhere Wahrscheinlichkeit eintritt. Das kann man ja relativ schnell A-B testen. Halte ich das jetzt für sinnvoll? Aus einem ökonomischen Sinne macht es wohl für Netflix Sinn. Würde ich das jetzt so machen und würde ich überhaupt auf sowas achten? Weiß ich nicht. Andererseits weiß man, dass viele, also sei das in der Schulbildung, wenn es um Rollenmodelle geht, um Jobprofile für junge Mädchen zum Beispiel. Wenn du die nicht bis zum zwölften Lebensjahr in Computerwissenschaften herangeführt hast, können die sich das nicht vorstellen. Das hat dann automatisch so diesen, ich nenne es mal Autoschlosserei Charakter und das fassen die dann nicht an. Das heißt, ich kann mir durchaus vorstellen, dass da auch was Positives drin steckt. Denn eine Repräsentation ist an vielen Stellen in der Mediengesellschaft von verschiedensten Gruppen gar nicht so fortgeschritten, wie wir uns das immer gerne schönreden. Und ich denke, das kann an manchen Stellen auch tatsächlich einen sehr positiven Beitrag leisten. Ist das jetzt von Netflix aus Gründen des positiven Beitrags zur gesellschaftlichen Diversifizität getan oder weil die Leute mehr gucken? Das könnte man jetzt diskutieren. Was ist die eigentliche Motivation dahinter?

Erik Pfannmöller: Was ist denn die Motivation von Firmen hinter Personalisierung? Das ist eine gute Frage, darauf sollten wir eingehen. Warum machen das Firmen?

Julian Kramer: Naja, ich sage immer, ein gutes Customer Experience hat drei Komponenten. Das eine ist kontextual empathisch. Das würde man klassisch personalisiert nennen. Also ich verstehe, in welchem Kontext du dich befindest. Ich will nicht stundenlang irgendwie, wenn ich nachts um 23 Uhr in ein Hotel einchecke, wissen, wann am Wochenende das Frühstück ist. Wenn ich nur eine Nacht bleibe, das bringt mir nichts. Ein bisschen empathisch. Und zu verstehen, in welcher Lebenssituation oder in welchem Moment sich der Nutzer befindet und welches Mindset er hat. Das heißt, das ist einfach nett, so ähnlich wie wir uns auch aufeinander einstellen.

Erik Pfannmöller: Zum Beispiel wie Spotify, die mir Freitagabend die Weekendbeats vorschlagen, dass ich Freitagabend in die Wochenendstimmung komme und die Playlist mir anhöre. Das wäre kontextual empathisch, oder?

Julian Kramer: Ja, also das wäre sinnvoll. Ob das jetzt schon empathisch ist, weiß ich nicht.

Erik Pfannmöller: Okay, zumindest kontextuell, das ist richtig.

Julian Kramer: Genau, kontextuell. Oder so im Fitnessstudio die Pumperbeats.

Erik Pfannmöller: Aber das ist ja praktisch schon Personalisierung, die um uns herum ist.

Julian Kramer: Genau, und die basiert aber auch darauf, dass ich dem Unternehmen so weit vertraue, dass es das überhaupt über mich wissen darf. Das muss man ja auch immer noch dazu sagen. Also ich sehe einen gewissen Mehrwert, deswegen gebe ich sozusagen diesen Teil meines Lebens Preis und das Unternehmen kann mir dadurch einen besseren Service bieten. Dann sind gute Kundenerlebnisse reibungslos und relevant. Das kommt auch noch dazu. Also ich muss nicht alles bis aufs letzte Glied irgendwie optimiert haben auf mich. Und möglichst personalisiert und vielleicht auch gläsern gemacht haben. Also wenn wir über den Medizinsektor sprechen, da fände ich vielleicht bestimmte Angebote höchst personalisiert extrem relevant, weil sie für mich wichtig sind. Und andere Daten, da würde ich jetzt nicht wollen, dass jemand da ein großes Verständnis dafür hat. Also wenn sich meine Krankenversicherung irgendwie in der E-Mail darüber informiert, wie es meinem Bronchialhusten geht, fände ich das komisch. Das wäre zu viel. Mein Doktor sollte das wissen. Ja, also da sind ja auch die Linien sehr präzise. Also das kann man oft mit Common Sense beantworten.

Florian Semmle: Also ich glaube, ein weiterer Faktor ist ganz einfach die Unterscheidung vom Wettbewerb. Also im Moment habe ich das Gefühl, dass viele Firmen da mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten zusammen unterwegs sind. Manche sind noch mit der großen Keule unterwegs und bombardieren alle. Einen mit irgendwelchen Werbe-E-Mails, was irgendwann dann sogar abschrecken wird. Und andere sind da schon sehr viel smarter und wissen relativ viel. Und die erarbeiten sich natürlich eine ganz andere Position gegenüber dem Kunden. Und ich habe den Eindruck, dass jetzt gerade so die große AI-Welle losgeht und Personalisierungswelle und dass dann natürlich auch ein Druck entsteht. Weil wenn du da weiter am Markt bestehen willst, dann kannst du dich halt da nicht ewig abschotten und musst dem Kunden einen gewissen Standard bieten.

Julian Kramer: Da sind zwei total spannende Sachen drin, die Florian gerade erwähnt hat. Das eine ist die große klassische Keule. Wir haben bei uns in unserem Adobe Sensei, das ist unsere KI, die quer über unsere Plattform Enterprise Tools und auch im Kreativbereich arbeitet, haben wir ein ganz witziges Tool, das schaut auf E-Mail-Fatig. Also, dass wenn ein Enterprise-Kunde über uns unsere Systeme E-Mails verschickt, dann kann die KI sehen, hast du noch Interesse an diesen E-Mails? Also, werden die noch geöffnet? Kommst du noch zurück oder geht es dir auch einfach auf den Zeiger? Und dann nimmt dich die KI aus dem E-Mail-Versandpool, weil es gab ja mal einen Grund, warum du den Newsletter abonniert hast, aber vielleicht ist es auch einfach zu viel des Guten. Und das ist ja sehr individuell, wenn wir mal einen Superbowl anschauen. Also meine Toleranzschwelle für Werbespots ist relativ schnell erreicht. Den klassischen Amerikaner stört das nicht, der geht dann nochmal ein Bier holen und feiert so das soziale Happening. Aber das ist so ein Tool, wo KI tatsächlich schon helfen kann, auch so dieses stumpfe Marketing, dieser Turnschuh, der einen die nächsten 30 Tage durchs Internet verfolgt, obwohl man ihn schon gekauft hat, das so ein bisschen aushebelt.

Erik Pfannmöller: Also eigentlich geht es bei dem Tool von Adobe Sensei, das du gerade gesagt hast, geht es darum, Muster zu erkennen in den Nutzungsverhalten und wenn du immer die E-Mail öffnest und auch klickst, kriegst du mehr geschickt und ansonsten weniger. Das heißt, eigentlich macht es das Leben leichter.

Julian Kramer: Vielleicht nicht zwingend mehr, sondern nur so viel, wie der Marketeer tatsächlich verschicken will. Aber ja, es macht es dir leichter. Also ich habe diverse Newsletter abonniert, die hervorragendes Content-Marketing haben um ihren Service herum. Ich interessiere mich für Fotografie und es gibt einen hervorragenden Druckshop in England, der eigene Self-Service-Galerie signierte Printwerke anbietet etc. Und was die produzieren in dem Newsletter ist hoch relevant für das, was ich in meiner Freizeit gerne mache. Die dürfen mir gerne mehr schicken. Nur weil ich irgendwann mal was gekauft habe und im Loop bleiben möchte, heißt das jetzt nicht, dass ich dreimal die Woche eine E-Mail brauche. Und da kann eins dieser Untertools von Sensei, Sensei kann ein bisschen mehr als nur E-Mails, nicht verschicken. Kann da tatsächlich helfen.

Florian Semmle: Also das finde ich einen interessanten Punkt, weil das heißt ja, dass KI unter Umständen empfiehlt, aus Marketing-Gesichtspunkten zu schweigen. Warum? Weil man da dem Kunden mehr entspricht und ein besseres Kundenergebnis erzeugt. Trotzdem natürlich irgendwie eine interessante Empfehlung für Marketeers.

Julian Kramer: Auch da stecken wieder zwei Komponenten drin. Es geht ja nicht um mehr ist ja nicht besser, sondern besser ist besser. Ja, das ist eine relativ simple Regel. Da sind leider viele noch so in dieser Oldschool-Marketing-Denke verhaftet, dass wenn die Leute es nur oft genug sehen, wenn man ein Produkt irgendwie 13 bis 18 Mal irgendwie auf den Kopf haut mit dem Waschmittel, dann greifen sie 4% wahrscheinlicher im Supermarktregal dann irgendwie da drauf. Das mag ja alles sein, aber das ist ja völlig am Menschen vorbei. Das ist das eine. Das zweite ist natürlich auch da, da ist ein ganz wichtiger Punkt drin, den gerne viele auch außer Acht lassen. KI sollte Empfehlungen aussprechen und sich nicht so verselbstständigen. Das wird ja oft bei KI immer angeführt, dass KI so eine Blackbox ist. Wir haben da bei uns intern, wo möglich, manche Algorithmen ermöglichen das nur schwer, haben wir immer die Philosophie, dass wir den Leuten zeigen, wie die KI auf die Empfehlung gekommen ist. Das kann durch einen Decision Treat sein, das kann durch eine Prognose. prozentuale Wahrscheinlichkeit sein, etc., sodass der Marketeer am Ende des Tages immer noch im Driver-Seat bleibt und wirklich selber entscheiden oder auch sagen kann, nee, das möchte ich anders machen. Nur wir entdecken durch KI halt ganz oft neue Muster in der Welt, die sich mit unserer klassischen, einfachen, aber 100 Jahre gelernten Denke nicht so ganz vereinbaren lassen.

Erik Pfannmöller: Ich habe verstanden, Personalisierung funktioniert grundsätzlich auch ohne große Algorithmen. Es geht einfach über Segmentierung. Personalisierung heutzutage mit großen Datenmengen funktioniert über Algorithmen, über Clusterbilden, über statistische Zwillinge, sozusagen aus Daten zu errechnen, was eigentlich relevant für mich sein könnte. Florian, du hast gerade gesagt, Firmen müssen wettbewerbsfähig sein und personalisieren, weil es heutzutage erwartet wird. Und die typische Frage, die sich unsere Hörer wahrscheinlich stellen, ist, ist das jetzt gut oder böse? Ich stelle das mal so ganz provokativ. Wie würdet ihr darauf antworten?

Florian Semmle: Also ich finde auch da, dass es keine Diskussion zwischen Schwarz und Weiß sein sollte. Also KI ist nicht gut oder böse, sondern es kommt sehr darauf an, für was man sie nutzt und wie man sie einstellt. Und dann finde ich auch, dass da ein ganz wesentliches Element zum Tragen kommt bei all diesen neuen Technologien. Wir müssen lernen, digital souverän zu werden. Es hat keinen Sinn, Dinge einfach nicht zu machen, weil irgendein Risiko bestehen könnte. Und gerade wir in Deutschland denken ja immer gerne von Prozessen. von den Sorgen her, sondern es macht Sinn, sich wirklich Probleme vor Augen zu führen und dann sich zu überlegen, was kann ich machen, was will ich machen, wie sind meine Privacy-Einstellungen. Ich finde sogar, dass Kinder so etwas in der Schule lernen sollten und man sich nicht Gedanken darüber machen sollte, ob man Handys zulässt oder nicht.

Erik Pfannmöller: Julian, gut oder böse?

Julian Kramer: Am Ende des Tages ist KI nicht gut oder böse, sondern am Ende des Tages, weil wir eben bei Personalisierung auch über persönliche Daten sprechen, über persönliche Informationen und Privatsphäre und Datenschutz aus gutem Grund so ein hohes Gut bei uns in der Gesellschaft einnimmt, das ist ja nicht ohne Grund, spreche ich mich immer für eine Datensparsamkeit aus. Also das heißt, ich kann viele Dinge personalisieren, ohne dass ich besonders viel über den Nutzer wissen muss. Dieses wüste Datensammeln, was manche Anbieter tun müssen, halte ich für sehr schwierig und auch nicht dauerhaft tragfähig.

Erik Pfannmöller: Personalisierung heißt also nicht, persönliche Daten zu sammeln, wie dass du Julian bist und dass Florian links neben dir sitzt, sondern was heißt das? Welche Daten sammelt man dann, wenn man nicht persönliche Daten sammelt?

Julian Kramer: Naja, das einfachste Beispiel, das jeder aus dem Alltag kennt, ist, wenn ich bei Google was eingebe, dann muss Google nicht wissen, wie groß, wie alt, wie schwer ich bin, meine sexuelle Orientierung, meine Religionszugehörigkeit oder dergleichen. Wenn ich da, sorry für das etwas plakative Beispiel, wenn ich da Katzenkotze eingebe, dann weiß Google automatisch, dadurch, dass ich denen das sage Diese Stichwortgebe, das sind die drei Dinge. Ich bin in der Nähe von einer Katze, die mich irgendwie interessiert. Muss nicht meine sein, ist auch irrelevant. Der Katze geht es nicht gut, die braucht vielleicht ein anderes Trockenfutter. Ich brauche einen Teppichreiniger und die braucht vielleicht einen Tierarzt. Und einer in der Nähe, wenn sie noch mein Geosignal haben. Die müssen nichts über mich wissen an der Stelle. Es gibt aber andere Plattformen, die natürlich diese Art von Inbound-Signalen, Audience-Signals nicht haben. Dazu gehören viele Social Networks. Die müssen natürlich Profile anlegen. Und das ist ja dann oft das, was dann auch in die Kontroverse kommt. Deswegen spreche ich mich immer dafür aus, dass man wirklich sich sehr genau bewusst macht als Unternehmen, welche Daten man wirklich sammeln will und wie man die einsetzt, damit es einem nicht um die Ohren fliegt. Denn Daten sind natürlich auch so ein Liability-Faktor. Das sieht man an der endlosen Kontroverse von diversen Social Networks. Das sieht man an diesem Strava-Leak. Ich weiß nicht, ob der euch bekannt ist. Der hat noch nicht mal was mit KI zu tun.

Erik Pfannmöller: Der ist mir nicht bekannt, aber ich bin Strava-Nutzer. Strava, für unsere Hörer, die es nicht wissen, ist so eine Art soziales Netzwerk für Sportler, wo man seine sportlichen Aktivitäten hochladen kann. Was war da für ein Datenleak? Was ist da passiert?

Julian Kramer: Genau, es war noch nicht mal so ein wirklich absichtlicher Leak, dass irgendjemand nicht aufgepasst hat, sondern Strava hat so eine weltweite Heatmap der beliebtesten Joggingpfade gemacht. Das Problem war, dass die US-Army Strava auch ihren Soldaten empfohlen hat. Und auf einmal gab es irgendwo im, ich weiß es nicht, philippinischen Dschungel auf einmal neue Joggingpfade, wo sich jeder gefragt hat, okay, wenn Leute aus Washington oder irgendwo aus Ohio permanent im philippinischen Dschungel, was ist da eigentlich? Also das war natürlich dann ein kleines Desaster. Was da ganz interessant dran ist, viele Leute haben mich gerade im Kontext von GDPR gefragt, kann man jetzt weniger tracken, weniger personalisieren, ist das nicht ein Problem? Und wir haben in der Studie gesehen, dass tatsächlich 50 Prozent der Unternehmen ihre KI- und Personalisierungsambitionen also nicht heruntergefahren haben, sondern verlangsamt haben, um eben GDPR-compliant zu sein. Und da sage ich immer, pass auf, das Problem ist nicht ein kurzfristiger Tracking-Verlust, sondern die wichtigere Frage, der viel wichtigere Datenpunkt ist doch, trauen mir meine eigenen Kunden mit meinen Daten? Also wenn ich meinem Autohersteller nicht traue, zu wissen, wann die Service-Historie in meinem Auto fällig ist und welche Modelle ich gerne mag und vielleicht wie ich heiße, dann sollten die mir nichts verkaufen, was da in der KMH fahren kann. Das ist fatal. Und das ist für viele Unternehmen, glaube ich, ein sehr wichtiger Datenpunkt und Dinge können einem auch sehr schnell um die Ohren fliegen, wenn man es eben nicht gut und mit Kommenzenz und nach ethisch und moralischen Aspekten macht.

Erik Pfannmöller: Das heißt, wenn ich sozusagen von dem Endkonsumenten her sehe, das heißt vom Nutzer der Services, ist Personalisierung für mich einfacher, weil es die Komplexität reduziert, weil es Dinge, mir Entscheidungen abschließt. abnimmt, meine Experience verbessert. Wir haben über Customer Experience gesprochen. Wenn ich zum Beispiel auf meinem Smartphone WhatsApp-Nachrichten tippe, dann hat mein Smartphone gelernt, welche Nachrichten ich tippe. Und wenn ich besondere Worte oft schreibe, wie zum Beispiel meinen Namen, dann wird der mir vorgeschlagen als Auto-Suggest und korrigiert auch automatisch. Das ist für mich Personalisierung par excellence. Aber natürlich gibt es auf der anderen Seite auch, ich will nicht sagen das Risiko oder die Chance, dass, falls Apple übertragen bekommt, welche Wörter ich benutze, dass natürlich Daten über mich preisgibt. Du hast gerade gesagt, Ethik und Moral, die Linie zwischen Gut oder Böse gibt es nicht. Das ist eine moralische Frage. Wie viel kann man und wie viel Daten kann man speichern und was kann man für eine bessere Experience damit erwirtschaften? Ich würde gerne noch mal ein anderes Thema aufgreifen und zwar geht es um das Thema, warum ist Personalisierung heute wichtig? Wir haben gerade von Julian gehört, dass im Zuge von GDPR einige Firmen ihre Personalisierung runtergefahren haben. Würdet ihr sagen, warum ist das wichtig, dass man es nicht tut und warum sollten Firmen das trotzdem tun?

Julian Kramer: Sie haben sie nicht runtergefahren, sie haben sie verlangsamt. Also das sieht man. Es wird eine Studie durchgeführt mit Unternehmen über 5000 Mitarbeitern und das quer durch Europa. Und da stellt sich heraus, dass die meisten Unternehmen eben Personalisierung und KI bis 2020, also in knapp anderthalb Jahren, wenn man es mal ganz realistisch betrachtet, im Einsatz haben wollen, weil sie sich zu 89 Prozent davon erhoffen, dass sie bessere Geschäftsergebnisse haben und die Nutzer das wünschen und am Ende des Tages netto positiv verlesen. GDPR hat das verlangsamt, weil man sich natürlich erst mal genau überlegen musste, wie sind denn unsere Daten aufgehoben? Sind die sicher? Ist das alles compliant? Und ich denke, das war ein günstiger Zeitpunkt, weil wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf das Internet of Things zusteuern mit 5G-Netzen. Und jetzt sozusagen die Datenstrukturen in place zu haben, das ist extrem wichtig. Gerade für die deutsche Industrie ist Personalisierung, sind KI-automatisierte Service-Modelle zu ihren Maschinen, zu den Dingen, die sie anbieten, ein absoluter Standortfaktor. Das heißt, wir müssen uns jetzt Gedanken darüber machen und am Ende des Tages wissen wir, dass ein gutes Customer Experience einerseits so ein bisschen wettbewerbsdiskriminierend funktioniert. Also wir kennen das. Niemand von uns findet das toll, in einem Onlineshop irgendwie für Porto und Verpackung nochmal zahlen zu müssen, weil wir von Amazon gewohnt sind, dass Free Shipping eigentlich mit drin ist. Das kann wettbewerbsdiskriminierend tatsächlich sein, im positivsten Sinne. Also der Kunde hat unterm Strich was davon, wenn das einfach mit eingepreist ist und auf die Bestellung umgelegt wird. Das ist die eine Sache. Unternehmen, die eine gute Customer Experience bieten und da gehört eben Personalisierung als wichtigster Differenziator mit dazu. Wir haben eine 39% höhere Umsatzwachstumsrate, eine 1,7-fach höhere Kundenloyalität.

Erik Pfannmöller: Das muss ich nochmal wiederholen. Also die Frage war, warum ist es wichtig, heutzutage zu personalisieren? Du hast gerade gesagt, Firmen, die personalisieren und das gut machen, haben eine 39% höhere Conversion Rate.

Julian Kramer: Ich korrigiere es. Firmen, die sich einer guten Customer Experience verschrieben haben und von den Machern der Studie, das ist eine Forrester-Studie, nicht nur als Customer Experience-Führer wahrgenommen worden sind, sondern sich auch laut eigener Aussage selber verschrieben haben. Da konnte man nachweisen, dass Unternehmen, die eine gute Customer Experience bieten und dazu gehört auch Personalisierung, haben tatsächlich eine 39% höhere Umsatzwachstumsrate.

Erik Pfannmöller: Okay, das ist ein großes Incentive. Was sagst du dazu, Florian?

Florian Semmle: Es gibt noch einen weiteren Aspekt. Also es ist nicht nur so, wenn man auf KI und Personalisierung verzichtet, dass man dann ein Stück weit von seinen Kunden abgeschnitten wird, sondern auch von zukünftigen Entwicklungen. Weil was wir jetzt gerade erleben mit KI und Personalisierung dem Endkunden gegenüber, das ist nur der Anfang von Services, die sich dann sehr weit hinein ins Unternehmen erstrecken. Also in Zukunft wird es auch so sein, dass ich mit den Daten, die ich da draußen über meine Kundensegmente habe, neue Produkte entwickeln kann. ich sehr schnell Prototypen entwickle oder Tests durchführe und all das. Und von diesen zukünftigen Entwicklungen ist ein Unternehmen, was heute seine Daten nicht in den Griff bekommt, eben auch abgeschnitten.

Erik Pfannmöller: Ich finde das gerade in dem Bereich von dem Mobiltrend, das heißt, alles geht aufs Smartphone, umso wichtiger. Das heißt, ich persönlich, für mich ist mittlerweile das Smartphone eigentlich fast das wichtigere Endgerät im Vergleich zum Computer. Und ich stelle mir immer vor, wenn die Screens kleiner werden, vom Desktop zum Smartphone, dann habe ich ja weniger Screenfläche, um noch relevantere. und bei Personalisierung geht es ja um Relevanz, relevantere Inhalte anzuzeigen. Wie seht ihr das Thema Personalisierung und mobile Endgeräte oder mobile first?

Florian Semmle: Also ich würde mal sagen, das mobile Endgerät ist eigentlich im Moment wahrscheinlich die wichtigste digitale Schnittstelle, die wir überhaupt haben und hat Personalisierung auf verschiedenen Ebenen. Zum einen personalisiere ich selber, indem ich mir meine liebsten Services und so weiter runterziehe. Zum anderen haben natürlich Unternehmen die Möglichkeit, mit diesen Daten auch zu personalisieren. und ja, Dadurch, dass es überall dabei ist, ist es wahrscheinlich auch die Eintrittskarte in die nächste Welt. Jan hatte das Internet der Dinge angesprochen. Ich glaube, wir werden auch so eine Art Personalisierung der Dinge erleben, wo das Smartphone eben quasi der Datenträger ist, der unsere physische Umwelt anpasst. Also ich hatte dieses Beispiel gebracht mit dem Auto, was sich eben darauf einstellt, auf meine körperlichen und sonstigen Bedürfnisse. Und da wird das Smartphone mit Sicherheit die Eintrittskarte sein.

Julian Kramer: Ja, wir sehen da, einerseits ist das Smartphone ja ein hochpersönlicher Gegenstand. Das ist das eine. Das zweite, was wir sehen, ist, dass mittlerweile viele dieser Informationen in so die Alexas, die Google Assistants, die Siris ausgelagert werden. Also da sind wir sogar fast unabhängig vom Display, das heißt Voice Interaction oder über eine Smartwatch oder ich meine vor einigen Jahren so im Prototypen-Stadium mal so ein Google Glass, da konntest du auch nicht groß mit interagieren. Das musste sehr predictive sein, das musste dich verstehen, das musste deine Stimme erkennen, das musste wissen, was du gerade willst. Was semi gut geklappt hat. Da ist ein riesen Spektrum. Das heißt, je weiter wir weggehen von einem Screen, mit dem ich interagieren kann, je weiter ich weggehe von klassischen Eingabemethoden, an denen ich sehr spezifische Befehle auslösen kann, also auf einer Website rumklicken oder so. desto größer ist der Bedarf a an Personalisierung und b an Automatisierung. Also der Sprachbefehl, buch mir bitte die Reise zu diesen zwei Meetings, die ich da in London habe. Da ist eine ganze Menge drin. Da ist nicht nur Sprachverständnis drin in der KI. Da ist nicht nur die Automatisierung, die günstigsten Flüge zu buchen, die vom Zeitrahmen her so passen, dass man auch noch vernünftig ankommen kann, sondern es ist auch noch das Thema drin, du musst kontextuell verstehen, wie lange ich von A nach B brauche, wie mein aktueller Kalender aussieht, also sehr persönliche Informationen.

Erik Pfannmöller: Das ist ja auch Personalisierung.

Julian Kramer: Das ist extreme Personalisierung. Also deswegen sage ich, je weniger Interaktionsmethoden du hast, desto höher ist der Drang nach Automatisierung, die wiederum dich sehr genau verstehen muss. Und da sind wir in Frühphasen. Und das ist ja auch so. das alte Thema, Personalisierung und Automatisierung, nimmt mir das jetzt irgendwie nicht meinen Job weg oder sonst was. Ich habe irgendwie wahrscheinlich tausendmal Tausendmal mehr Technologie in meinem Leben als mein Großvater und bin trotzdem ganz viel meiner Arbeitszeit nicht damit beschäftigt, wirklich wertschaffende Arbeit zu leisten, sondern nötige. Also von Reisekostenabrechnungen über Meetings ausmachen, Einwahldaten schicken und lauter so ein Schmarrn. Auch da kann Personalisierung wahnsinnig helfen, aber auch da brauche ich einen Dienstleister, dem ich absolut mit diesen Daten vertraue. Und deswegen sind viele von diesen Themen, dadurch, dass ich bei verschiedenen Tech-Firmen gearbeitet habe, dieses Thema Haare, jetzt habe ich da so eine Wanze, die mich da ausspioniert und dann kriege ich da auf einmal irgendwas angezeigt. Ich glaube, das können sich die wenigsten Unternehmen, die tatsächlich diese Smart Assistance bauen, erlauben, dass sowas nach hinten losgeht. Weil wenn du einmal das Vertrauen verlierst, kriegst du das nie wieder.

Erik Pfannmöller: Du würdest also sagen, dass Personalisierung integraler Bestandteil erstens von Voice-basierten Sprachassistenten ist, aber auch je geringer das Screen, also Mobile oder Voice, desto integraler der Bestandteil von Personalisierung.

Julian Kramer: Absolut. Und auch da, es gibt ein tolles KI-Startup aus dem Münchner Raum, die können basierend an deiner Stimme nicht nur deine Gemütslage schätzen, sondern die können natürlich auch hören, ob du eine Erkältung hast, ob es dir gerade nicht so gut geht, ob du sauer bist. Die können aber auch deine Alter

Erik Pfannmöller: Die können mir auch, wenn ich auf Arbeit gute Laune habe, könnten sie mir vorschlagen, dass ich heute noch Sport mache. oder wenn sie merken, dass ich schlechte Laune habe, könnten sie mir gute Musik spielen. der Personalisierung, wenn ich gestresst bin auf Arbeit.

Julian Kramer: Absolut. Und wenn wir eben von Voice Interfaces sprechen, es ist erstaunlich, was in unserer Sprache noch und in unserer Klangfarbe, in unserer Stimme noch viel mehr an Informationen drin steckt, die wir als Menschen ganz unterbewusst verstehen und deuten können und mit denen sich Computer bisher wahnsinnig schwer getan haben. Und da gibt es noch so viel, also da ist die Luft so weit nach oben noch, wenn wir über Voice Assistant sprechen. Und nicht jeder Befehl muss per Sprache eingegeben sein. Das hat auch einen Mehrwert, mal nichts zu sagen. Aber da steckt noch so viel mehr drin, da sind wir noch gar nicht am Ende dessen, was möglich ist.

Florian Semmle: Nochmal, um auf das Smartphone zurückzukommen. Im Moment ist es sicher das zentrale Datentool schlechthin. Aber in Zukunft wird es da sicher auch ganz andere Devices geben. Wir haben jetzt gerade über Sprache und so weiter gesprochen. Und je mehr unterschiedliche Devices man nutzen wird, desto wichtiger wird KI auch werden, weil man dann auch ein Vernetzungsproblem hat. Und dann ist das Gerät selber eigentlich immer unwichtiger. Es ist wichtig, wie mit den Daten umgegangen werden wird. Und das ist für mich jetzt ohne KI gar nicht mehr denkbar.

Julian Kramer: Ja, du musst dich ja auch mit dem Schmarrn im Moment noch beschäftigen. Also du musst noch Apps runterladen können und du musst noch deinen E-Mail-Account einrichten. Also wenn meine Smartwatch schon so weit wäre, dass ich einfach sage, pass auf, mach mal das und das, dann muss das automatisiert sein, weil du hast kein Interface mehr. Und das stellt Firmen vor total spannende Herausforderungen. Und dann kommen wir eben auch an den Punkt Prediction, also wo du sagst, du pass auf, also ähnlich wie ich so eine Gemüsekiste mir irgendwie bestellen kann, kommt nicht einfach irgendwie vielleicht auch irgendwas von meinem Lieblings-E-Commerce-Retailer, was mir garantiert passt und mir vielleicht sogar gefallen könnte und in meinem Budget liegt.

Erik Pfannmöller: Da ist mir letztens bei meinem Gmail was passiert. Ich habe eine Nachricht geschrieben zu meinem Prediction, eine E-Mail und da stand drin so was wie, wollen wir uns dann und dann treffen? Und Google hat mir automatisch die E-Mail zur Wiedervorlage gelegt. Sie haben eine Vorhersage gemacht, dass ich eine Antwort erwarten sollte auf diese E-Mail, die aber noch nicht kam. Das fand ich sehr interessant, der Prediction. Und ein zweites Feature, das ich beim Thema Prediction und Personalisierung spannend fand, war, dass Google mir jetzt vorschlägt, was ich gerade schreiben will in meiner E-Mail. Und wenn ich Tab drücke, dann mache ich sowas wie Auto-Auto-Fulfill. Das heißt, was man bei WhatsApp-Nachrichten mit Auto-Suggest macht, macht Google jetzt schon anfänglich mit E-Mails. Das ist gerade ein neues Feature, das rausgekommen ist. Also Predictive Personalisierung ist ja der nächste Schritt, oder?

Julian Kramer: Ja, also für diese Art von Services auf jeden Fall. Und man kann sich relativ schnell vorstellen, wie das natürlich auch Geschäftsmodelle verändert hat. Also wenn du dir überlegst, dass es jetzt nicht so ein Hexenwerk ist, deiner Waschmaschine irgendwie da einen Sensor einzubauen, der erkennt, ob das jetzt Baumwollklamotten oder, ich nenne es mal, stinkige Joggingtrikots sind, wo meine Waschmaschine mehr so ein Reinheitsabo wird, was mir dann auf einmal halt, ich sage jetzt mal, Waschmittel halt automatisiert liefert. Das ist ja auch Personalisierung, das ist auch Automatisierung, da ist auch ein bisschen KI und Object Recognition etc. dahinter. Da ist die Luft nach oben noch ganz spannend. Nur verändert das natürlich maßgeblich den Supermarkt. Ja, maßgeblich wie so ein klassischer Chemiehersteller irgendwie in Zukunft A, Werbung macht, B, seine Produkte verkauft. Wer ist denn eigentlich der Kunde dann am Ende des Tages noch? Ja, oder kann irgend so ein hippes Startup, das irgendwie so selbstfahrende Autos nimmt, schmeiß ich da einfach morgens meinen Wäschebeutel rein und abends, wenn ich vor der Haustür stehe, kommt der wieder vorbeigefahren. Ja, also Da verändern sich Industrien, das können wir uns im Moment noch gar nicht vorstellen. Und da ist so viel Luft nach oben drin, wo sich natürlich etablierte Unternehmen fragen müssen, wie halten wir da mit, damit wir nicht von, ich nenne es mal, unqualifizierten, hippen, schnellen, agileren Unternehmen auf dem Standstreifen rechts überholt werden, in einer Branche, in der die eigentlich überhaupt kein Land sehen dürften, wenn wir uns mal so unseren aktuellen, ich sage es jetzt mal, Marktmacht und Bestandsschutz anschauen. Ich meine, das ist sicher ein Thema von Florian.

Erik Pfannmöller: Marktmacht und Bestandsschutz finde ich spannend. In unserer digitalen Welt, wir haben ja gesagt, Personalisierung im Internet oder im digitalen Welt, hat man ja Zugriff auf alle Services gleichzeitig. Das heißt, auf alle Produkte im E-Commerce, auf alle Softwares. Und in gewisser Art und Weise hilft mir Personalisierung auch, das Auswahlparadox zu lösen. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt, Auswahlparadox. Du hast im Supermarkt so ein Probetresen und da stehen drei Marmeladensorten. Die Wahrscheinlichkeit, dass du kaufst bei drei Marmeladensorten, ist höher, als wenn 20 Marmeladensorten dort stehen. Und Personalisierung löst automatisiert dieses Auswahlparadox für die Kunden und macht es auch einfacher. Firmen, die das gut machen, machen es ja auch den Kunden einfacher, Produkte zu kaufen. Deswegen ist Personalisierung sowohl für den Endkunden wichtig, aber auch für die Firmen, weil sie natürlich Umsätze machen wollen. Wo wir zu dem Thema Firmen kommen, damit wir auch was Praktisches mitnehmen können heute aus dem Podcast. Wenn ihr darüber nachdenkt, wir haben Zuhörer, die haben eine Firma und sagen, ich habe Produkte und ich mache vielleicht Segmentierung, Personalisierung. Das ist schon toll, aber wie komme ich auf den nächsten Schritt der Personalisierung durch Machine Learning, durch Künstliche Intelligenz? Wenn ihr Tipps mitgeben könnt, was würdet ihr unseren Zuhörern mitgeben, wenn sie Personalisierung durch Künstliche Intelligenz angehen? Worauf sollten sie achten?

Florian Semmle: Also mein Tipp wäre jetzt vor allen Dingen, wenn es um Mitarbeiter geht und die Veränderung der Firmen selber, Mitarbeiter da abzuholen, wo sie jetzt stehen und nicht einfach irgendwelche Technologien zu implementieren. Im Grunde genommen müsste man sogar Mitarbeiter personalisiert adressieren und sagen, wo steht ihr, was kann ich euch zumuten und ihnen einen Weg aufzeigen, wie man da reinkommen kann. Da habe ich ein ganz gutes Beispiel jüngst erlebt. Und zwar hat ein Unternehmen auch künstliche Intelligenz auf mehreren Ebenen eingeführt. einen Chatbot aufgebaut haben, der alle technischen Fragen dazu gelöst hat und beantwortet hat. Das ist ein Prinzip, was wesentlich jetzt gelernt ist von den Leuten. Das heißt, da Dinge einzugeben, das ist kein Problem. Sie kriegen unmittelbaren Mehrwert für ihren Alltag. Und was viel wichtiger ist, sie lernen einfach mit diesem Ding umzugehen. Und wenn man Mitarbeiter so abholt, dann ist es auch leicht, technologische Dinge in Firmen zu implementieren und halt entsprechende Wandelungsprozesse in Gang zu setzen.

Erik Pfannmöller: Mitarbeiter abholen, habe ich verstanden. Julian, was sagst du?

Julian Kramer: Ich würde das mal so aus einer ganz pragmatischen Perspektive beantworten, aus einer sehr technologischen. Das eine ist, nicht jedes Unternehmen muss jetzt anfangen, eigene KIs aufzusetzen. Da sind wahnsinnig viele Risiken drin. Also das heißt, haben wir gute Datensätze, sind die vorurteilsfrei, sind die inklusiv? Das fliegt uns das ganz schnell um die Ohren. Und diese Experten sind sehr teuer. Nicht jedes Unternehmen muss jetzt zwingend eigene Experten, eigene Algorithmen trainieren. Es gibt da draußen, man soll es nicht für möglich halten, eine ganze Menge an großartigen Dienstleistern, die einem helfen, die eigenen Daten zu verarbeiten und den eigenen Datenschatz zu heben, wie ich das immer nenne. Und da würde ich auf zwei, drei Dinge achten. Das eine ist, es gibt sicher Einzelmeister und je nachdem, wie komplex und groß das Unternehmen aufgestellt ist, gibt es Technologiedienstleister, die auf einer Plattform-Ebene arbeiten. Das heißt, da hast du nicht nur ein Tool, was irgendwo dein CRM besonders gut managt, sondern da hast du halt die komplette Deklinationsstufe von CRM, Content Intelligence, Business Intelligence kombiniert mit einer Marketing Intelligence, wo du dann sagst, wie spielen wir Werbeformate zum Beispiel basierend auf Überbleibselinventar an die richtigen Leuten aus, statt irgendwie Rabatte geben zu müssen, wie verhalten sich die Leute auf unserer Website. Und ich denke, die meisten Unternehmen sind sich überhaupt nicht bewusst, wie einfach heutzutage, ich nenne es mal das Einkaufen von sehr gut und sehr professionell vortrainierten Algorithmen, wie einfach das heute ist. Und wie schnell man KI nutzen kann, ohne dass man das halbe Unternehmen umbauen muss, ohne dass alles automatisiert ist. Und das ist recht machbar. Und da gibt es ein paar Fragen. Einerseits, wie habt ihr eure Algorithmen trainiert? Gerade die Startups sollte man das sehr deutlich fragen. Was sind eure Ethical Guidelines? Jede große Firma, die sowas anbietet, professionell und seriös, kann dir die genau runterbeten und sagen, nach den Prinzipien trainieren wir unsere Machine Learning Systeme. Dann würde ich fragen, was ist die Explainability, wie dieses furchtbar verschränkte Wort heißt. Also kann ich sehen, wie die KI auf dieses Ergebnis gekommen ist und kann ich das Ergebnis oder die Entscheidung verändern? Das ist ein sehr wichtiger Komponente. Und am Schluss bildet das ganze Thema meine Realität und meine Komplexität ab. Es bringt nichts, an irgendeiner Ecke KI einzuführen und am Ende des Tages liegt der Rest des Unternehmens weiterhin in Trümmern. Das wären so meine ganz pragmatischen, sagen wir mal, Tipps, wenn ich das als Unternehmen machen wollen würde. Das wäre eigentlich das Pragmatischste. Und am Ende des Tages Common Sense und Datensparsamkeit. Und dann den eigenen Datenschatz heben, nicht versuchen, die Welt neu zu erfinden. In bestimmten Bereichen, im Marketingbereich, muss man das nicht tun. Wenn man eigene Service-Modelle aufsetzen soll, da sollte man sich dann mittelfristig tatsächlich Gedanken machen, wie man sich seine eigenen KIs trainiert. Und auch da sehen wir übrigens in Studien, wir haben auch da gefragt, in dieser Context-is-everything-Studie, wir sehen, dass KI im Moment 75 Prozent aller Unternehmen, die wir befragt haben, neue Leute einstellen wollen. Zu großen Teilen aber auch tatsächlich die bestehenden Leute, wie Florian das ja auch schon erwähnt hat, weiter trainieren wollen, also ausbilden wollen. Weil Data Scientists wachsen jetzt nicht auf dem Baum und die Machine Learning Spezialisten auch nicht. Das ist relativ kompliziert, die zu erwischen und zu finden. Interessanterweise sind aber auch 39 Prozent aller eingestellten oder geheierten Funktionen Soft Skills. Also sprich Change Management, Qualifikationen sind so ethisches und moralisches Handeln. Also da ist sozusagen der Kampf nicht verloren. Ich glaube, man braucht primär mal gute Leute und es gibt wahnsinnig viele Technologieanbieter, die einem heute schon absolut schlagkräftige, nutzbare KI bieten können, sodass man da langsam Kompetenzen aufbauen kann.

Erik Pfannmöller: Super. Ich fasse kurz die Tipps zusammen. Man muss, wenn man Personalisierung und KI einführt, die Mitarbeiter abholen und gerade auch die Mitarbeiter im Prozess erklären, was da eigentlich passiert. Julian, du hast gesagt, es gibt ganz gute KI-Dienstleister. Das heißt, es ist keine Kernkompetenz, Algorithmen selbst zu entwickeln. Man kann sich mit sehr wenig Aufwand gute Software einkaufen. Das finde ich gut. Wir sind ja selbst Softwareanbieter, deswegen, es gibt Profis, die das tun. Und dann ist aber dabei wichtig, darauf zu achten, grundsätzlich datensparsam zu sein und auch sein Geschäftsmodell nicht neu zu verändern oder nicht neu erfinden zu wollen.

Julian Kramer: Ja, wenn man den Rest automatisiert hat, kann man sich genau um diese wichtigen Fragen, wo geht es in den nächsten zehn Jahren hin, natürlich viel mehr Gedanken machen.

Erik Pfannmöller: Ich will ganz zum Schluss noch eine witzige Frage stellen, nämlich ihr habt eine Minute Zeit, um eurer Großmutter Personalisierung und Machine Learning zu erklären. Und ihr trinkt harten Kaffee, es ist Sonntagnachmittag um 15 Uhr, ihr esst einen Kuchen und ihr kriegt die Frage Personalisierung im Internet und KI. Wie hängt das eigentlich zusammen. und was muss ich darüber wissen? Was muss ich mir merken? Was muss meine Oma oder eure Großmutter sich merken zu dem Thema? Ich weiß, das ist eine schwierige Frage als grandiosen Abschluss, aber wie würdet ihr das erklären?

Florian Semmle: Ich würde meiner Großmutter das so erklären, Oma, du hast doch immer den Garten vom Nachbarn total gehasst. Stell dir vor, es ist dein Garten, was würdest du alles verändern? Und dann würde sie mir das sagen. und ich würde sagen, siehst du, du hast diesen Garten gerade personalisiert. Und ähnlich funktioniert es im Internet.

Julian Kramer: Sehr schön. Ich würde ganz pragmatisch sagen, auch mal Personalisierung und künstliche Intelligenz ist so ein bisschen wie beim Friseur. Je mehr du deiner Lieblings-Hairstylistin erzählst, desto mehr weiß die über dich, desto mehr kann die mit dir interagieren, desto netter ist das Erlebnis, aber du musst auch sehr genau überlegen, was du dir erzählst. Und das ist der Unterschied zwischen einer netten Stunde und viel Getrage.

Erik Pfannmöller: Damit sie dir beim nächsten Mal einen personalisierteren Friseur besuchen kann, weil sie sich mehr gemerkt hat über dich. Exakt. Das ist spannend. An dieser Stelle sind wir auch am Ende von unserem Podcast. Da kommt eine kleine Zusammenfassung von mir. Bevor ich das mache, danke ich schon mal meinen Gästen. Heute hier Florian Semmler von Digitaler Klarheit und Julian Kramer von Adobe heute, die uns bei AI Unplugged zum Thema Personalisierung im Internet und KI Rede und Antwort gestanden haben. Wir haben heute viel gelernt. Wir haben gesehen, dass Personalisierung per erstmal nichts mit KI und Machine Learning zu tun hat. Wir haben gesehen, dass Personalisierung mit einfachen Regeln funktioniert, aber auch mit vielen Daten und neuen Algorithmen mit Machine Learning heutzutage sehr individuelle personalisierte Kundenerlebnisse generieren kann. Wir haben außerdem gehört, dass man eigentlich als Firma nicht mehr um Personalisierung herumkommt, denn es gibt einen Wettbewerbsdruck und gerade mit der Verschlankung von unseren Displays und dem Trend zu Smartphones wird Personalisierung und die Lösung des Auswahlparadoxes immer wichtiger. Wir haben zum Schluss über praktische Tipps gesprochen, was Unternehmen beachten müssen. Und an dieser Stelle sage ich vielen Dank fürs Zuhören. Das war ein neuer Podcast AI Unplugged von Digital Kompakt. Vielen Dank fürs Zuhören.