Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, hier ist Joel und heute gebe ich euch quasi mit in die Zukunft, also in die Zukunftsthemen. Ich möchte nämlich mit euch über Deep Tech sprechen. Und vielleicht, wenn ihr gut aufgepasst habt, kennt ihr meinen heutigen Gast, den lieben Martin Schilling. Mit Martin sitze ich ja regelmäßig zusammen, gemeinsam mit Florian Heinemann und wir reden darüber, wie funktioniert denn eigentlich Unternehmertum? Was sind so die wichtigsten Dinge? Wie kann ich eigentlich Unicorns bauen? So und Martin wiederum, der hat einen ganz großen Drive, der denkt immer gerne ökosystemisch. Das heißt, der schaut sich immer an, wo stehen wir eigentlich in Europa, was sind so die großen Wetten und wie können wir uns hier als Standort richtig voranbringen. Und deswegen ist er der perfekte Gast, mit ihm mal über Deep Tech zu sprechen. Der hat nämlich gerade einen Deep Tech Marktplatz ins Leben gerufen, namens Deep Tech Momentum. Was das genau ist, besprechen wir gleich noch. Und vor allem hat er euch aber was mitgebracht im Gepäck. Wir haben nämlich acht Bereiche rausgesucht, in denen sich Deep Tech gerade so abspielt, könnte man fast sagen. Wir wollen schauen, was sind denn eigentlich so die Titanen und Titaninnen in Europa, wenn es um das Thema Deep Tech geht. Das heißt, als erstes gucken wir uns mal an, welche Bereiche gibt es da. Das sind acht, die wir identifiziert haben. Wenn ich sage wir, dann eigentlich Martin. Und dann gucken wir vier Dinge an. Erstens schauen wir, was für einen Impact haben diese Bereiche. Zweitens, wie stehen wir denn eigentlich da als Deutschen und als Europa? Weil wir haben ja ganz oft so das Gefühl, hey, hier tut sich gar nichts mehr und dem ist nicht so. Drittens, wie ist das Ökosystem gelagert? Also Finanzlage, Investoren, GründerInnen und so weiter und so fort. Und viertens stellen wir euch ein paar spannende Firmen aus dem Bereich vor. Also ihr nehmt hier extrem viel mit, lernt etwas und seid hinterher auch stammtischfähig. Von daher, lieber Martin, das wird glaube ich richtig cool. Schön, dass du da bist. Moin Moin.
Martin Schilling: Ebenso. Hi Jörg, schön, dass ich wieder hier sein darf.
Joel Kaczmarek: Komm, wir fangen erstmal ganz kurz nochmal an, dich noch ein bisschen besser zu verstehen mit deiner neuen Gründung. Also du hast ja schon ganz viel gemacht, irgendwie N26 als eine deiner Jobstationen, hast ein tolles Buch geschrieben und und und. So und jetzt Deep Tech Momentum. Ich hab das jetzt eben als so eine Art Deep Tech Marktplatz vorgestellt, aber gib doch nochmal mit eigenen Worten wieder, was ihr eigentlich genau macht.
Martin Schilling: Ja, gerne. Also Startpunkt für uns ist europäische Technologiesouveränität. Das ist mir sehr wichtig. Du hast zu Recht gesagt, wir denken, ich denke sehr gerne Ökosystemen. Wir leben aktuell in einer Welt, in der es offenbar möglich ist, über Nacht in einem Art Freedom Day mit Zöllen der deutschen und europäischen Volkswirtschaft massiv Schaden zuzufügen. Wir leben in einer Welt, wo wir massiv abhängig sind von chinesischer und asiatischer Chipproduktion. Man stelle sich jetzt mal vor, China nimmt Taiwan ein oder greift Taiwan ein. Was das bedeuten würde über Nacht für unsere Volkswirtschaft. Wir leben in einer Welt, wo wir einen US-Milliardär anrufen müssen, um Satellitenunterstützung zu bitten für einen Krieg im Osten. Also diese extreme technologische Abhängigkeit von anderen Mächten ist ein Thema. Und mit Deep Tech Momentum, das ist gerade angesprochen, das ist ein Marktplatz für Deep Tech Kapitalen, Und Partner und Kunden wollen wir das ändern.
Joel Kaczmarek: Okay, ihr seid also, sag ich mal, ein Brückenbauer zwischen denjenigen, die an Hochtechnologiethemen forschen, arbeiten und denjenigen, die das quasi in eine breite Anwendung bringen können.
Martin Schilling: Ja, genau. Also im Kern, weißt du, wir denken jetzt wieder Gründer- und Investoren nahe. Wenn du in Europa Deep-Tech-Firmen bauen willst, brauchst du zwei Sachen im Kern. Kapital und du brauchst Kunden. Und gerade im Deep-Tech-Bereich ist es nicht trivial. Da gibt es noch zu wenig Investoren, da gibt es noch zu wenig Geld, da gibt es noch zu wenig Kunden, aber riesige Potenziale. auch in unserer Volkswirtschaft ist zu tun. Und genau, deswegen da füllen wir eine Lücke und glauben aber auch, dass wir da als Ökosystem, als Deep-Tech-Ökosystem in Europa massiv vorankommen können.
Joel Kaczmarek: Ja, vor allem bei Deep Tech ist es ja nicht so wie beim E-Commerce oder so, dass man jetzt hier eine Million B2C-Kunden hat, sondern wenn ich irgendwie Quantencomputing betreibe, dann ist es vielleicht manchmal nur eine Handvoll. Also da kommen wir vielleicht auch gleich nochmal zu. Hilf mir nochmal besser zu verstehen, was heißt denn eigentlich Marktplatz? Also da denken jetzt die meisten vielleicht an Handel von Waren, aber was macht denn ihr eigentlich? Seid ihr eine Online-Plattform? Habt ihr Events? Was darf man sich da vorstellen?
Martin Schilling: Genau, also im Kern machen wir drei große Dinge. Erstens Europas führendes Deep Tech Bootcamp, jetzt auch im Mai, also in wenigen Wochen, wenn wir das jetzt hier aufnehmen. Wir bringen zusammen in einer zweieinhalb-tägigen Bootcamp Europas führende Deep-Tech-Investoren, Deep-Tech-Gründer und Deep-Tech-Kunden, weil wir einfach gesehen haben, gerade in Europa dieses vertrauensbildende Element. Also du triffst dich vor Ort in einer Masterclass, auf einer Bühne, aber natürlich dann auch beim Bier ist in Europa besonders wichtig, gerade im Deep-Tech-Bereich. Das ist eine Sache. Zweitens, wir basteln an einem Deep-Tech-Venture-Clienting-Marktplatz. Das heißt Du hast auf einer digitalen Plattform Suchfelder von Europas tausend führenden Enterprise-Kunden. Also jetzt BMW, Audi, Thales, Rheinmetall und Co. Und auf der anderen Seite zehntausende Deep-Tech-Startups. Und wir helfen im Kern, Kundenbeziehungen zu etablieren. Und das dritte ist ein Finanzamt, also ein Investmentamt, den wir bauen.
Joel Kaczmarek: Und was würdest du sagen, was sind so eure Design-Prinzipien? Also was macht ihr anders? Was sind so eure USPs?
Martin Schilling: Ja, also ein paar Dinge, die wir uns überlegt haben. Also vielleicht noch mal kurz die Genese. Wir haben im Rahmen von unserer Arbeit bei Techstars, und mein Team kommt quasi aus Techstars, wir haben sozusagen das da ausgegründet, in über 80 B2B-SaaS und vor allen Dingen Deep-Tech-Startups investiert. Und ein paar Dinge, die in so einem Rahmen probiert. Also Deep-Tech-Momente machen wir jetzt als Marktplatz zum vierten Mal. Das erste, Invite-Only. Ja, also es gibt sehr viele Events und sehr viele Konferenzen, wo man einfach mal so hingehen kann. Das geht nicht bei uns, das ist invite-only. Das heißt, wir haben uns jetzt 5.000 Startups angeguckt, Deep-Tech-Startups da, 300 eingeladen, also wir haben vor Ort so 200 bis 300 hochselektierte Deep-Tech-Startups haben. Dasselbe bei Investoren, dasselbe bei Corporate-Partnern. Also das ist so ein kleines Thema, invite-only. Zweitens, wir versuchen wirklich ein Design eines Marktplatzes. Das heißt, wir bringen die richtigen Leute vor Ort, aber stellen dann in Kern zwei Sachen sicher. Erstens, Möglichst viele Startups bekommen Investments, aber auch möglichst viele Startups bekommen Kundenbeziehungen, neue Enterprise-Kundenbeziehungen. Deswegen, wir machen einen größeren CXO-Summit. Wir haben da so einen DTM 100 Pitch Competition. Es gibt so einen Mentor-Marktplatz, wo du im Kern dich triffst zwischen 200 Mentoren und dann eben die 200 Startups, die sich da treffen. Also das sind so zwei Sachen. Und das Dritte, Content ist mir persönlich sehr wichtig. Da haben wir beide ja auch jetzt auch schon viel gemacht. In vielen Konferenzen und vielen Events ist teilweise Content so ein Nachgedanke. Das ist nicht der Fall bei uns. Also ich habe jetzt einen ziemlich mühsamen Prozess mit dem Team, jeden einzelnen der Speaker und unserer Masterclass-Hosts nachzudenken. unterstützt, den Content zu entwickeln, sodass du als Gründer reingehen kannst und dann am nächsten Montag substanziell was anders machst. Also zum Beispiel hier der Gero Decker, der ist ja bei dir auch hier im Podcast regelmäßig. Der wird zum Beispiel darüber sprechen, wie er Signavio groß gemacht hat, also von null bis einer Milliarde Umsatz. Fantastische Geschichte. Dann Science to Scale. Blue Yard wird da sein und darüber sprechen, wie du in die USA gehen kannst, die Brücke baust. Dann haben wir so einen GPLP-Marktplatz. Also wenn du gerade ein Fundraising, Deep Tech Fund, ist das relevant. Und so weiter und so fort. Also das wird Content-mäßig super spannend.
Joel Kaczmarek: Okay, gut. So, jetzt haben wir dich gut verstanden. Du hast also viel Ahnung, weil du dich da sehr tief eingegraben hast in den letzten Wochen und Monaten. Und jetzt starte ich mit dir mal wie angedroht da rein. Also wir wollen ja jetzt mal verstehen, was sind so die Titanen in Europa, wenn es um Deep Tech geht. Beziehungsweise, was ist denn eigentlich Deep Tech? Weil das ist ja manchmal auch ein bisschen inflationär benutzt. Also die meisten denken da wahrscheinlich schnell an so irgendwas krass Programmiertes, KI oder vielleicht irgendwie auch Hardware. Du hast uns jetzt acht Bereiche mitgebracht und wir klinieren die doch mal durch. Also der erste Bereich, den du angewendet hast, ist Bio-Builders. Also da sagst du, das sind Unternehmen, die das menschliche Leben verbessern und schützen. So würde ich es mal zusammenfassen.
Martin Schilling: Genau. Also lass mal kurz mal einen Schritt zurück machen, wie du richtig sagst. Was ist Deep Tech? Also das sind Firmen, die längere R&D, Forschungs- und Entwicklungszyklen brauchen, um ihr Produkt zum Markt zu bringen und in der Regel auch mehr Kapital. Das geht eben nicht so, jetzt wie im E-Commerce, dass du mal schnell einen MVP raushaust Und dann da einfach Feedback einholst. Das geht eben im Deep Web Bereich in der Form nicht. Und du hast in der Regel großes Technologierisiko und weniger Marktrisiko. Ja, man denke jetzt an Kernfusionen. Du baust einen Kernfusionsreaktor. Wenn du den hinbekommst, dann hast du das Marktrisiko gelöst, weil du dann einfach sehr günstig Energie produzieren kannst ohne Emissionen. Also da gibt es dann kein großes Marktrisiko mehr. Aber bis du dahin kommst, hast du großes Technologierisiko.
Joel Kaczmarek: Gut. Und jetzt deklinieren wir den ersten Bereich mal durch. Also Biobilders.
Martin Schilling: Sehr spannender Bereich. Also im Prinzip, was ich daran faszinierend finde, wir haben in Europa und in Deutschland unfassbar gute Forschung in dem Bereich. Also jetzt denke mal, wir sitzen hier beide in Berlin, wir haben ein Herzzentrum, wir haben die Charité, wir haben unfassbar viele tolle Mediziner und Forscher. Und daraus entstehen kommerzialisierbare Erfindungen. Im Kern in drei Bereichen. Das definieren wir als Biobilders. Erstens Biotech. Biotech sind Firmen, die produzieren ein Therapeutikum. Denke jetzt an Linderung-Heilung von Brustkrebs beispielsweise. Das wäre jetzt ein Biotech-Firma. Daraus entstehen Tech-Bio-Firmen. Das ist die Anwendung von KI überwiegend und weitergehend Technologie auf die Optimierung von Pharma-Portfolio-Prozessen. Also damit kannst du schneller, einfacher, billiger Medikamente erzeugen. Diese Firmen erzeugen aber selbst Medikamente, Eben keine Therapeutika. Das ist der Unterschied Biotech-Tech-Bio. Und dann gibt es den MedTech-Bereich. Der MedTech, also Medizintechnologie, der beschäftigt sich mit der ganzen Diagnostik. Also jetzt ein neues Bildgebungsverfahren zum Erkennen, Früherkennung von Krebs wäre so ein Beispiel. Das sind so die drei großen Bereiche Biotech-Tech-Bio und MedTech. So spannend hier, das haben wir in den letzten Jahren immer wieder gesehen, du hast tolle Teams, die rauskommen aus den Universitäten, die treffen dann auf eine eher unterentwickelte Investorenlandschaft und eine eher unterentwickelte Corporate-Kundenlandschaft. Und unterentwickelt meine ich jetzt, wir haben natürlich eine sehr starke Pharma-Branche in Deutschland, in Europa, die aber noch nicht in dem Maße in Startups investiert und diese kauft, wie das in den USA der Fall ist. Ja, also das ist ein Bereich, der oft gesehen total unterschätzt, auch in der öffentlichen Diskussion. Wir sprechen jetzt gleich auch nochmal über eine ESA Aerospace, wir launchen Raketen über Fusionskraftwerke, das ist alles sehr sexy. Aber so dieser Bio-Bilder-Bereich ist eines der größten Potenziale, die wir haben.
Joel Kaczmarek: In welchen Bereich würde sowas fallen? Ich hoffe ja immer, dass es irgendwann mal so Nanobots gibt, dass du dir so kleine Roboter in die Blutbahn indizieren kannst, die dir so Kalk aus den Adern entfernen und solche Sachen.
Martin Schilling: Also die besten Innovationen passieren an den Sektorschnittstellen. Was du jetzt gerade ansprichst, ist im Kern so eine Robotics-Kombination mit wahrscheinlich so einer Mischung aus Biotech und Medtech. Also du hast quasi eine Robotics-Logik, das ist eine Miniatur-Roboter und du hast eine Biotech-Logik, weil du den Roboter ja an eine Stelle bringen musst, wo du einen Schadstoff hast oder eine Reparatur machen kannst. Wir gehen ja jetzt auch acht Bereiche durch, aber die eigentliche Musik spielt oft an diesen Sektorschnittstellen. Super interessant.
Joel Kaczmarek: Und ich sage mal so rum, ich habe meinen Freund Lars Jankowski gerade so im Ohr, von dem habe ich neulich einen LinkedIn-Beitrag gelesen, dass er sagte, die Menschen unterschätzen völlig, was sich in diesem biologischen Bereich tun wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass seine Kinder, wenn er welche, ich glaube er hat keine, aber dass unsere Kindergeneration 500 Jahre alt wird, ist total hoch. Oder auch, dass er über die 100 geht, liegt bei über 50 Prozent. Das malt man sich mal gar nicht so aus. Das heißt, so seine Arbeitshypothese war, dass sich da extrem viel tun wird. Wie ordnest du denn so den Impact von dem Bereich ein?
Martin Schilling: Ja, würde ich teilen. Ich glaube, da muss man einschränkend sagen, wenn man es sich leisten kann. Also dass in unserer Generation, das ist jetzt die Frage, wie schnell das kommt, aber dass wir das alles schon zu öffentlichen Krankenkassentarifen zur Verfügung bekommen, das ist noch nicht klar. Aber du siehst ja auch, was mit individueller Therapie mittlerweile möglich ist. Du lässt dein Genom auslesen und kriegst dann individualisierte Therapie. Nochmal all das, aber nur, wenn du es dir leisten kannst. Das ist, glaube ich, einer der zentralen Punkte. Wie können wir schnell sicherstellen, dass diese neuen Therapeutika so günstig werden, dass wir uns alle die leisten können?
Joel Kaczmarek: Und jetzt hast du ja schon so angerissen, weil, also wir gehen jetzt mal so die Baustelle durch. Impact, grob verstanden. Wie gut sind wir denn in Deutschland und Europa aufgestellt? Weil das Erste, was ich sofort dachte an dem Bereich, war ja sowas wie Biontech, also zu Corona war das ja so das Paradebeispiel in diesem Bereich. Und ist das auch so ein bisschen stellvertretend für Gesamtdeutschland und Europa, dass wir da sehr stark sind?
Martin Schilling: Ja, würde ich, also genau, jetzt die Frage, stark wo? Also stark in den frühen Phasen, ja. Stark in der Forschung, ja. Stark in den späten Phasen noch nicht. Also gerade da haben wir eben noch nicht die Biontechs, die nächsten 20 Biontechs in Europa gebaut. Da gibt es eben noch wenig. Und nochmal Biontech, das war ein externer Schock Corona, der Biontech groß gemacht hat. Sondern deswegen, das große Thema, was wir haben, und da blutet mir das Herz, wir haben Top-Gründer, die rauskommen aus Universitäten, die sagen, ich möchte jetzt keinen Forschungspfad gehen, ich möchte was gründen, ich möchte Unternehmer werden, Unternehmerin. Und die treffen dann auf ein Ökosystem, wo sie dann alle schnell sagen, boah, ich muss sofort in die USA. Das ist wirklich ein Riesenthema. Also wir haben zu wenig Leute, die hier in Europa Funds gründen, um da Geld zur Verfügung zu stellen, weil auch die Ökosysteme noch nicht gut genug entwickelt sind. Und wenn wir das schaffen, gemeinsam gerade auf der großen Firmenseite, also Pharma, Wenn wir die noch mehr bewegen könnten, da noch mehr mitzumachen, wäre das ein Game Changer. Also jetzt nochmal, ich mache jetzt gerade Deep Tech Momente. Das ist insofern auch immer ein guter Datenpunkt, weil ich mit sehr vielen Leuten in Kontakt bin. Also wir sprechen jetzt diese acht Branchen auch an. Da gibt es immer auf der anderen Seite Branchen von Firmenkunden. Jetzt im Bio-Bild, das wäre eben der Pharma-Bereich oder Medizintechnologie. Das ist eins der Bereiche, wo es am schwersten ist, neben der Automobilindustrie Leute hinzubekommen. Weil, jetzt meine persönliche Meinung, das sind Firmen, denen ging es viele Jahre sehr gut. Und wenn es dir viele Jahre sehr gut geht, das ist ja auch nachvollziehbar, dann bist du nicht der, der immer die neuesten Ideen sucht, nicht sofort rausgeht, nicht sofort Gefirst machst. Hm, verstehe.
Joel Kaczmarek: Ja, ich finde manchmal auch schade, ich finde es gibt manchmal auch so niedrigschwellige Innovationen. Also zum Beispiel ist es ja so, dass man bei Medikamenten mittlerweile festgestellt hat, dass das Problem ist, dass die oft auf männliche Körper dosiert sind und für Frauen total überdosiert. Es gibt aber gefühlt kein Pharmaunternehmen, was mir bekannt wäre, was sagt, ich mache jetzt hier die Kopfschmerztablette oder irgendwie, keine Ahnung, das Nikotinpflaster mal für Frauen. Was ich ein riesiges Marktpotenzial finde, zu sagen, okay, wow, 50% aller KäuferInnen oder der Menschen, die kaufen, sind Frauen, weil es einfach so komplex ist. Also ich finde, das gehört ja wahrscheinlich, der Fan ist aber auch dazu gesagt, Da merkt man vielleicht auch, A ist eine Branche, der es gut geht, aber B ist es wahrscheinlich auch sehr teuer und sehr langwierig, da diese Forschung zu marktreffenden Ergebnissen zu führen, oder?
Martin Schilling: Ja genau, also das ist das Grundproblem, also dass du sehr viel investieren musst, also Milliarden, bis du eben ein Medikament bekommst, was du massiv skalieren kannst und gut verkaufen kannst. Deswegen ist die Zeit, die wir leben, so interessant, weil diese Tech-Bio-Firmen Gehen da genau rein. Also mit einer künstlichen Intelligenz angetriebenen Firma, können wir gleich über ein paar sprechen, Basecamp ist ja so ein Beispiel, ermöglichst du es Firmen, also Pharmafirmen, die Entwicklungszeit und Kosten von Medizin massiv zu senken. Also eine riesige Chance, da uns allen schneller und günstiger Medikamente zu holen.
Joel Kaczmarek: Ich habe da gerade von einem Beispiel gehört, dass eine Forschungsgruppe wohl ein Protein erforscht hat, mit dem man eine bestimmte Art von Krankheit heilen kann. Ein Jahr lang. Und ist dann auf Google zugegangen, hat gesagt, könnt ihr mal mit eurer KI verifizieren, das, was wir an Ergebnissen haben, ob ihr zu den gleichen Ergebnissen kommt. Wir geben euch nicht die Ergebnisse, schaut mal selbst auf der Datlage, die am Markt ist. Es hat drei Tage gedauert, dann sagte die KI, ja stimmt, das ist belegt. Und die waren völlig baff und haben gesagt, habt ihr von so Daten zugegriffen? Haben gesagt, nee, haben wir gar nicht, ging gar nicht, ist gar nicht indiziert gewesen. Und dann haben die also im Prinzip als Effekt gemerkt, das woran sie ein Jahr menschlich-händisch geforscht haben, hat die KI in drei Tagen gemacht.
Martin Schilling: Ja, total.
Joel Kaczmarek: Ich weiß nicht, ob es so ein Urban Legend ist, aber da scheint auf jeden Fall Potenzial drin zu schlummern, oder?
Martin Schilling: Also riesiges Potenzial. Und auch da nochmal, wenn wir jetzt es schaffen, mehr der Pharma-Kollegen, die ja daran forschen und das ist ja das tägliche Brot und Butter, das die haben. Wenn die noch mehr vernetzen können und die noch mehr mitarbeiten mit Tech-Bio-Firmen, kann man da riesige Potenziale erheben. Also ich habe den Eindruck, dieses Potenzial ist voll erkannt auf der Gründerseite, auf der Technologie-Seite, aber in den Firmen selbst Gerade mit externer Innovation diese Themen voranzubringen, ist das noch nicht ganz da, wo es sein könnte.
Joel Kaczmarek: Dann gib uns doch mal so ein, zwei Beispiele, was du gerade für Firmen spannend findest in dem Bereich.
Martin Schilling: Ja, wir können dir die auch nochmal in den Shownotes verlinken. Also Basecamp Research ist zum Beispiel so eine super spannende Firma. Die haben eine Proteindatenbank aufgebaut, also eine proprietäre Proteindatenbank. Das ist im Kern, gerade ähnlich wie du es gerade gesagt hast, eine Art Suchplattform für synthetische Biologie und Biotech. Und du kannst als F1E-Team eben auf die Plattform zugreifen, um neue Enzyme, funktionelle Proteine etc. dort schnell zu entdecken. Das ist ein Beispiel. Anderes, Agnostics, finde ich auch sehr spannend. Die haben so eine KI-gestützte Diagnosesoftware für Pathologen und Pharmaunternehmen gebaut und Fokus ist da in der Entdeckung von Biomarkern und Unterstützung von klinischen Studien. Zwei tolle Firmen, die man sich mal angucken kann.
Joel Kaczmarek: Ich weiß nicht, wie es dir so geht, aber wenn ich immer höre, dass Leute sowas machen, dann denke ich immer so, ich dachte, ich sei eigentlich ganz gut in der Schule, aber was man doch so für krasses Zeugs machen kann.
Martin Schilling: Also das ist übrigens auch das Spannende im Deep Tech-Bereich. Wir kommen jetzt da in eine Phase auf dem Ökosystem, wo es halt eben nicht mehr reicht. Ich habe einen Entwickler von der Code und ich habe einen Business-Kollegen von der WHU oder Kollegin und wir machen mal was. Deep Tech kannst du nur mit tiefer Domänen-Expertise voranbringen. Da brauchst du mindestens mal ein Master, da brauchst du ein paar Patente, da brauchst du ein PhD, da musst du dich einfach tief reingraben. Aber das Gute ist, da sind wir ja sowieso stark. Das können wir. Und das konnten wir auch schon Jahrhunderte. Deswegen, ja, spannendes Feld.
Joel Kaczmarek: Gut, unser zweiter Bereich. Du hast ihn liebevoll The Future of Computing genannt. Damit ist im Prinzip gemeint, Quantencomputing und auch bis hin zur Atomebene, sag ich mal, Technologie zu betreiben. Erzähl mal ein bisschen mehr.
Martin Schilling: Ja, genau. Also in dem Future of Computing Bereich gibt es mindestens drei große Bereiche. Erstens Also wie können wir schneller und effizienter Chips herstellen? Zweitens Quantum, wie du es gerade gesagt hast. Und drittens Photonics. Also wie können wir gerade mit so optischen Technologien schnellere Übertragungen in Netzen hinbekommen? Das sind so drei große Bereiche. Das ist an sich eher ein kleiner Bereich, jetzt gemessen an Investitionsvolumen und Anzahl der Startups. aber gerade für unsere Breiten hochrelevant und kann natürlich auch hochprofitabel werden. Auch da haben wir viel gute Forschung, gerade im Quantenbereich haben wir einige der führenden Quantenforschungsteams weltweit, die sich jetzt gerade auf die Reise machen, da entsprechende Firmen zu bauen.
Joel Kaczmarek: Kannst du das eigentlich mal so ein bisschen übersetzen? Ich habe auch noch nicht so richtig verstanden, was Quantencomputing eigentlich genau bedeutet.
Martin Schilling: Ja, also im Kern ist die Logik von einem Quantencomputer, wir denken jetzt nicht mehr in 1 und 0, das ist ja im klassischen Computing genauso der Fall, sondern du kannst mit einem Quantencomputer Zustände, also fast, also sehr, sehr viele zwischen 0 und 1 zusätzlich über die sogenannte Quantensuperposition hinbekommen. Das heißt, die Rechenkapazität, die potenzielle Rechenkapazität, wird sich nicht nur um 10x, sondern um 10.000 potenziell steigern lassen. Und das heißt jetzt auch gerade für so einen Kryptobereich und auch jetzt alles, was um Cybersecurity geht, wenn du das hinbekommst, also wenn du einen funktionierenden Quantencomputer hast, dann kannst du im Kern Passwörter sofort knacken. Und musst dann selber Quantencomputing einsetzen, um Passwörter zu generieren etc. Also das ist der nächste Sprung, also das nächste 10, 100, 1000x im Sinne des Computers.
Joel Kaczmarek: Und was würdest du sagen, wo siehst du so die Impacts davon? Also jetzt habe ich schon gelernt, ich kann Passwörter schnell knacken und Computer werden sozusagen gigantenhaft schneller. Also es ist ja fast ein bisschen verrückt. Es ist ja so, wie wenn du das Rad als große Erfindung des Menschen betrachtest und jetzt kann das Rad sozusagen aber noch 1000 mal schneller fahren und ist irgendwie flexibler. Also das Werkzeug wird sozusagen besser.
Martin Schilling: Und jetzt nochmal kombiniert mit der künstlichen Intelligenzrevolution und der Notwendigkeit, hier Rechenzentren und Rechenkapazitäten für unter anderem Inferenz noch viel mehr zur Verfügung zu stellen, könntest du mit Quantencomputing in einer energieeffizienten Art und Weise das liefern. Das ist immer so ein bisschen Versprechen, da muss man kritisch hingucken, aber Quantencomputer könnten auch substanziell Energie sparen.
Joel Kaczmarek: Und wo stehen wir so in Deutschland und Europa? Also haben wir da die Hosen an oder eher aus?
Martin Schilling: Ja, also ich würde sagen, wir haben da nochmal wie in der frühen Phase die Hosen an. Ja, also wir haben eine ganze Reihe von sehr, sehr starken Quantum-Teams. Da ist die Frage, wann wird es wirklich in die Anwendung kommen? Also es gibt noch keine voll funktionsfähigen Quantum-Computer. Es gibt eine ganze Reihe von ersten Anwendungen und Davon wird jetzt natürlich auch schon Jahre, Jahrzehnte gesprochen. Aber da gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von substanziellen Fortschritten, die es wahrscheinlich machen, dass in den nächsten Jahren, aber vielleicht auch in den nächsten zehn Jahren, da die ersten Anwendungen entstehen. Ja, aber nochmal, das ist jetzt das Spannende in den Bereichen, in denen wir unterwegs sind. Wir versuchen ja immer, Themen zu finden, die irgendwie fast schon auf einer Zivilisationsebene uns den nächsten Schritt bringen. Und das könnte so ein Thema sein.
Joel Kaczmarek: Und so vom Ökosystem her, also haben wir da das gleiche Problem wie bei den Bio-Builders eben auch, dass wir großes Know-how haben, aber sage ich mal Finanzierungslandschaft schwierig, weil wenn du sowas sagst, zehn Jahre lang und es ist noch völlig unklar, wann sowas eigentlich Marktreife hat, ist natürlich aus VC-Denke immer schwierig, ne?
Martin Schilling: Richtig, das stimmt. Also meine Wahrnehmung jetzt aus unserer Arbeit, dieses Thema Quantencomputing ist angekommen und zwar in verschiedenen Dimensionen. Da gibt es eine ganze Reihe von Investoren, es gibt viele Forscher- und Gründerteams, die sich da auf den Weg gemacht haben. und auch spannend in den großen Firmen ist das angekommen. Also wenn du jetzt mit Banken sprichst, also Deutsche Bank, Commerzbank und Co., die sind alle An dem Thema interessiert. Telekom. Das sind jetzt keine Anwendungen, die du sofort morgen einsetzen kannst und die jetzt auch deine Gewinn- und Verlustrechnung sofort beeinflussen werden. Aber das Thema Quantum ist angekommen und da liegt in Europa und auch in Deutschland viel Hoffnung drauf.
Joel Kaczmarek: Gut, dann lass uns doch auch da mal so ein paar Unternehmen betrachten. Wer ist dir da so Spannendes aufgefallen?
Martin Schilling: Also zwei, die man vielleicht im Quantenbereich mal angucken könnte, ist IQM Quantum. Die entwickeln einen supraleitenden Quantum-Computer. Also aktuell in Forschungseinrichtungen, aber eben auch für Industriekunden. Also das ist ein spannender, so eine Art Full-Stack-Ansatz. Und dann haben wir Profisi, auch spannend. Zweite Firma, die bieten neuromorphe Bildsensoren, indem sie im Kern Funktionsweise des menschlichen Auges nachahmen. Also wenn du siehst, dann sieht dein Auge ja nicht wie in einem Film immer wieder dieselbe Szenarie, sondern nur die Veränderungen des Bildes. Das ist das Prinzip, was Profisi verwendet. Und das kannst du dann anwenden in Verbesserung von Qualitätskontrollen, in vorausschauender Wartung, Fahrerüberwachung und Co. Also super spannender Ansatz, würde ich mir auf jeden Fall mal angucken.
Joel Kaczmarek: Ja, man stöhnt ja sowieso, wenn man mal Kameras und Augen miteinander vergleicht. Ich merke das immer beim Motorsport, wenn die in den Tunnel fahren und das menschliche Auge hat sich schon drei Millionen Mal daran gewöhnt und die Kamera braucht das.
Martin Schilling: Genau. Auch da übrigens wieder dieselbe Idee, das ist so eine Schnittstelleninnovation. Also du hast eine biologische Funktion, eine biologische Inspiration jetzt vom Auge und beträgst das jetzt in den Future of Compute Bereich. Superspannend.
Joel Kaczmarek: Gut, der dritte Bereich, das ist ja einer, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, ehrlich gesagt. Clean Energy und Kreislaufwirtschaft. Also im Prinzip, sage ich mal, das Thema klimapositive Zukunft.
Martin Schilling: Richtig, genau. Wichtig hier, wir sprechen jetzt nicht von dem nächsten ESG Reporting Tool. Also das ist wirklich klein mit Deep Tech. Also Da gibt es einen großen Bereich, der ist Kernfusion. Der ist jetzt natürlich auch ein bisschen gehypt in Deutschland und Europa, aber auch da haben wir sehr erfolgsversprechende Ansätze. Also Kernfusion, die Idee, du im Prinzip nützt die Funktionsweise der Sonne auf der Erde. Also die Fusion von Heliumatomen, die dadurch dann Energie erzeugen und zwar ohne den großen radioaktiven Abfall, den Atomkraftwerke und Kernkraftwerke machen. Das ist die Idee von der Kernfusion. Es gibt zwei große Firmen, die man da auf jeden Fall mal gehört haben sollte. Das eine ist Marvel Fusion und das andere ist Proxima Fusion. Die beide wollen ein Fusionskraftwerk entwickeln, jetzt auch in den 30er Jahren, also noch nicht zu weit weg. Die einen gehen so mit einer lasergetriebenen Trägheitsfusionstechnologie rein. Also im Kern läuft das mit Lasern. Auch interessant, weil sie diese Laser auch in anderen Bereichen einsetzen können. Auch in einem To-be-watched Marvel Fusion. Und Proxima, Ausgründung aus dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, die bauen sogenannte Stellaratoren. Stellaratoren sind im Prinzip eine magnetische Einschlussfusion. Da baust du Magneten und hältst das Plasma mit dem Magneten zusammen. Das sind zwei Typen von Fusionskraftwerken. Das ist auch umstritten, welches jetzt die bessere ist. Da gibt es viele Diskussionen. Da sind aber wir in Deutschland in beiden Bereichen stark. Und wenn wir das natürlich hinbekämen, wäre das der Gamechanger für den Klimawandel.
Joel Kaczmarek: Krass. Was sind denn sonst noch so die Segmente in diesem Bereich? Weil Kreislaufwirtschaft steckt ja auch drin. Also da höre ich eigentlich sowas raus wie Materialforschung, Recycling und Co.
Martin Schilling: Ganz genau. Weiteres, was man da machen kann, also was man da, wo wir relativ viele Firmen sehen, ein Beispiel für diesen Bereich ist Dunia, Dunia Innovation. Auch wiederum Schnittstelleninnovationen. Also im Kern, die haben ein automatisiertes Labor gebaut, wo sie chemische Katalysatoren erforschen. Das Spannende ist, das läuft vollautomatisiert. Chemische Katalysatoren sind Stoffe, die chemische Reaktionen vereinfachen. Du brauchst damit weniger Energie, eine Reaktion anzustoßen. Das ist zum Beispiel für Dünge und für Textilien hochrelevant. Und im Kern haben die jetzt verbunden KI, also die nützen eine KI, um Materialien zu identifizieren, also jetzt in dem Fall Katalysatoren. Dann gehen sie ins Labor, stellen die dort her, vollautomatisiert und testen die auch vollautomatisiert. Superspannende Idee, Dunja Innovations.
Joel Kaczmarek: Okay, also ich merke schon, wenn ich jetzt mit dir über den Impact reden will, da ist es relativ klar, worum es geht, unseren Planeten sauber und gesund zu halten und uns mit sauberer Energie zu versorgen. Und gleichzeitig ist das Segment ja unglaublich breit. Also da kannst du ja von Energieherstellung über Materialforschung, über Chemie, über und so weiter, kannst ja super breit denken.
Martin Schilling: Ja, das stimmt. Also Materialforschung, das nennen wir eigentlich Advanced Materials, das ist noch ein weiterer Bereich, das ist ein querlaufender Bereich. Clean Energy, klar, ist ja breit. Da, jetzt mal kurz auf Ökosystemebene drauf geguckt, da gab es vor fünf Jahren eine große Welle. Da gab es ja auch eine ganze Reihe Funds, die da gegründet wurden. Großes Thema, klar. Und jetzt durch die veränderte Sicherheitslage ist das Thema so ein bisschen in die zweite Reihe gerückt. Das ist schade und es wird auch wieder in die erste Reihe kommen, sobald wir die Auswirkungen des Klimawandels wieder mal sehr sichtbar sehen. Also denke ans Ahrtal und Co. Aber ja, du hast recht, es ist breit, da gibt es eine ganze Reihe von Firmen, die drin sind. Also da hast du Energieerzeugung, das ist ein großes Thema. Kreiswirtschaft, also mit künstlicher Intelligenz sicherstellen, dass du weniger Verschwendung im Lager hast und so.
Joel Kaczmarek: Und sag mal, wo stehen wir da in Deutschland und Europa? Weil wir haben ja durchaus uns mit solchen Themen auch schon mal verhoben. Wenn ich zum Beispiel an das Thema Solar denke, da hat Deutschland groß investiert. Wir hatten ganze Regionen, die sich da aufgebaut haben und dann kam so die Billigkonkurrenz aus China und hat uns total abgehangen. Wie stehen wir denn so Big Picture beim Thema Clean Energy und Kreislaufwirtschaft?
Martin Schilling: Ja, ich würde sagen, das Big Picture ist gerade gemischt. Also da gab es, wie du richtig sagst, es gab eine große Welle, die war ja schon vor circa 10 bis 15 Jahren, wo sehr viele sehr viel Geld verloren haben. Dann gab es eine zweite Welle, jetzt so 2018 bis 2020 war die besonders stark. Und jetzt ist es, wie gesagt, gerade so ein bisschen in den Hintergrund wieder getreten, dass da viel getan werden muss, dass es da auch natürlich massive Chancen gibt, Umsätze und Gewinne zu machen und gute Firmen zu bauen, ist, glaube ich, klar. Aber wir haben jetzt gerade deswegen ja auch bei Deep Tech Momentum so einen Track und werden da sicherstellen, dass dieses Thema Clean Energy und vor allen Dingen sprechen wir jetzt hier von Deep Tech, also Climate Deep Tech, nicht in Vergessenheit gerät.
Joel Kaczmarek: Ja, da hast du vollkommen recht. Also eine Solarzelle im Vergleich zum Kernfusionswerk ist jetzt glaube ich nicht so unbedingt Deep Tech, aber so von der Logik her. Okay, verstanden. Gut, Unternehmen haben wir auch schon kennengelernt in dem Bereich, dann können wir uns ja zu unserer vierten Sparte aufmachen. Die hast du liebevoll Smart Mobility und Electrification genannt. Also ist uns ja allen schon relativ bekannt, aber erzähl uns doch mal, wenn du über Deep Tech nachdenkst, was da dann so die Brille ist, mit der du da drauf schaust.
Martin Schilling: Genau. Also da gibt es jetzt diese beiden Bereiche, Smart Mobility Electrification und der ganze Bereich Clean Energy, die hängen zusammen, weil das kannst du im Prinzip unter Climate Deep Tech fassen. Da gibt es zum Beispiel Batterien, das ist jetzt so ein typischer Schnittpunktthema, das kannst du so oder so sehen. Das ganze Thema, wie kriegst du neueste Batterietechnologien entwickelt, dann aber auch Batterien, Recovery, Recycling ist ein Thema, Energieeffizienz in Stromnetzen und dann natürlich jetzt hier im Smart Mobility Recycling. Autonome und Connected Cars ist hier ein großes Thema. Logistik und Flottenmanagement. E-Fuels steht hier drin. Also ein Bereich, das jetzt für unsere Breiten mit unserer starken Automobilindustrie natürlich super relevant ist.
Joel Kaczmarek: Ich wollte gerade sagen, wenn wir jetzt darüber sprechen, wie gut steht Deutschland und Europa da, müsste doch die Antwort eigentlich lauten, sehr gut, oder?
Martin Schilling: Naja, das ist genau das Problem. In der Theorie. In der Theorie, genau. Die zwei größten Branchen in Deutschland, Automobil und Pharma, beide sind gerade stark unter Druck. Was du jetzt also merkst ist, das Rückgrat der deutschen und europäischen Industrie ist gerade durch Gerade Entwicklung in den USA, aber ja auch in China massiv unter Druck. Und wir sehen da aus meiner Sicht zu wenig frühphasige Innovation. Also es kommen zu wenige frühphasige Gründer aus Universitäten, aber auch aus den Corporates raus, um in dem Bereich Smart Mobile Interactification Produkte und Services zu entwickeln. Da gibt es natürlich viele, da gibt es auch gute, aber gegeben, dass das so ein großer Bereich ist in Deutschland, kommt dann aus unserer Sicht noch zu wenig. Und es gibt jetzt aber ein paar Themen, also Way wäre so ein Beispiel, die sind ja jetzt auch schon größer. Das ganze Thema Teledrive-Technologie ist ja da eins der Themen, also wie du aus der Ferne entsprechend Autos und LKWs steuerst. Adionics ist ein anderes, da geht es um Lithium-Ionen-Batterien und die verbesserten Leistungskennzahlen. Die Innovationen, die wir da sehen, sind im autonomen Fahren ist relativ viel da, aber natürlich im ganzen Batteriebereich am Schnittpunkt zum Advanced Materials.
Joel Kaczmarek: Ich meine, wenn du sagst, also eigentlich in der Theorie haben wir ganz viel Ansatz da, in der Praxis noch ein bisschen schwierig. Wie würdest du denn so Big-Fiction des Ökosystems betrachten? Also finanzierungsseitig müsste doch eigentlich alles da sein, know-how-seitig eigentlich auch, Infrastruktur auch. Worin krankt es denn?
Martin Schilling: Ja, ich würde sagen, an der Offenheit, gemeinsam in Open Innovation zu investieren. Also was wir jetzt gerade sehen ist, die großen Automobilkonzerne, Mit den Zulieferern sind alle massiv unter Druck. Die bauen tausende Arbeitsplätze ab gerade. Und in dieser Zeit sagen viele der Konzerne, hey, zurück zum Kerngeschäft. Wir gehen jetzt voll auf den Kern. Alles, was wir so am Rande machen mit offenen Ökosystemen, Open Innovation heißt es ja im Fachbegriff, also auch Kollaboration mit Startups, ist für uns gerade nicht im Fokus. Und das ist ein Riesenproblem. Das ist auch ein Fehler. Also gerade jetzt ist es die Zeit, in Innovationen zu investieren, damit du gerade der chinesischen Konkurrenz entsprechend das Wasser reichen kannst. wir haben da auch mit einer Reihe von Automobilkonzernen gearbeitet, da gibt es auch eine ganze Reihe von Personen, die wirklich Interesse daran haben. Es gibt auch mal richtige Ausnahmen, jetzt Continental ist zum Beispiel so eins, die sich ja selbst gerade nochmal neu aufstellen, die da sehr viel tun mit Copay ist, aber viele andere fahren ihre Aktivitäten da gerade zurück. Finde ich sehr schade. Ich hoffe stark auch mit einer neuen Generation von Managern, die jetzt auch teilweise in die Vorstände kommen, der Automobilkonzerne, ändert sich das wieder, weil das ist das Rückgrat der deutschen europäischen Industrie, Automobilindustrie und Da müssen wir in die nächste Welle der Innovation kommen.
Joel Kaczmarek: Gut, so vier haben wir schon mal durch, also Halbzeit. Und wir kommen jetzt zum fünften Bereich. Und das ist einer, wo ich in letzter Zeit öfters höre, dass man vermuten darf, dass da riesige Sprünge kommen, nämlich Robotics und Industrial Tech. Erzähl mal, was ist so dein Blick drauf?
Martin Schilling: Ja, genau. Also man sagt ja auch, dieses Jahr ist vielleicht das Jahr der Roboter. Also man muss dann mal unterscheiden, sprechen wir jetzt von humanoiden Robotern oder sprechen wir jetzt von Industrierobotern? Bei uns, in unserem Breiten, ist das Thema Industrieroboter sicherlich das große Thema. Also da sprichst du dann von sowas wie in der Logistik, Präzisionsmanufacturing, Robotics ist ein Thema. Dann die ganze IoT-Schnittstelle dahinter. Also wie kannst du Roboter in einer Automobilfabrik zum Beispiel oder in einer anderen Fertigungsfabrik entsprechend vernetzen? Dann das Thema Additive Manufacturing ist ja ein Thema, also wie kannst du 3D-Drucks machen, ist im weiteren Sinn hier drin. Also mal sehen, wie weit wir kommen mit den Humanity Robotics, also dass du im eigenen Haushalt dann dir einen Roboter kaufen kannst. Das wird in diesem Jahr bestimmt noch nicht zu der Form als Geld werden, aber du siehst auch in den Fabriken, dass das ein Thema sein kann.
Joel Kaczmarek: Ich würde ja fast sagen, das ist doch einer der Bereiche, der irgendwie im Leben auch schon so stark angekommen ist. Also ich sehe jetzt immer öfters mal, dass wenn man sich in irgendwelchen Shopping-Balls aufhält, dass du da auf einmal Roboter hast, wo du in Restaurants deine Tabletts draufstellen kannst und die abräumen. In der Pflege sind irgendwie Roboter ein großes Thema. Wenn du so nach Japan guckst, da tut sich ja einiges. Also gefühlt würde ich doch mal annehmen, ich lasse meine Wohnung auch von einem Roboter saugen, dass wir da schon relativ weit sind, oder? Wie ist das?
Martin Schilling: Also auch da wiederum jetzt mit Computer Vision ist hier ein großes Thema, KI ist ein großes Thema. Du hast eben diese ganzen befähiger Technologien, die jetzt gerade kommen, die damit die Roboter wieder massiv erleichtern, Roboter entsprechend einzusetzen. Wir werden auch da wahrscheinlich sehen, dass wieder in den USA, und du hast es gerade gesagt, Japan, dass da wahrscheinlich die ersten auch Haushaltsroboter zum Einsatz kommen und das wird dann zu uns kommen. Was ich an sich kein Problem finde. Das Thema ist, wir müssen in den Fabriken da besonders vorankommen.
Joel Kaczmarek: Was würdest du sagen, so vom Ökosystem her gedacht, wo stehen wir?
Martin Schilling: Ja, auch da gemischt. Interessanterweise. Also wir haben eine unfassbare Anzahl von starken produzierenden Gewerbe, der Mittelstand natürlich auch. Die Offenheit, dort mit Deep Tech Startups zu kollaborieren, ist zunehmend da, aber noch nicht da, wo sie sein könnte. Also auch da wieder zu sagen, lass uns jetzt mal, wir kommen aus einer Tradition, wo wir über Jahrzehnte, Jahrhunderte innerhalb der Firmen innoviert haben. Das ist ja der Punkt. Das waren ja sehr starke Firmeninnovationen. Und jetzt sind wir an einem Punkt, wo wir das mit externen mehr machen können und sollten. Also du hast dann ein starkes Ich kenne zum Beispiel ein Team aus Duisburg, Telekinesis heißen die, die machen so visuelle Programmierer von Robotern in der Fabrik. Also denen kannst du quasi eine Tätigkeit zeigen und dann macht der Roboter die nach. Der Roboter lernt wie ein Kind. Super interessante Idee. Und sowas at scale einzusetzen, das meint sich super zentral für uns.
Joel Kaczmarek: Was sind denn sonst so Unternehmen, die du spannend findest in dem Bereich?
Martin Schilling: Anderer ist Neura Robotics. Der David Reger und sein Team bauen da gerade dran. Die entwickeln, die nennen das kognitive Roboter mit integrierter KI. Die haben dann zum Beispiel so einen kognitiven Roboterarm mit 3D-Vision für die industrielle Automatisierung. Superspannend. Dann haben sie so einen Lara-Roboterassistent für flexible Fertigungsumgebungen. Also die haben eine ganze Reif, die haben so eine Produktlinie aufgebaut von verschiedenen Typen von Robotern für Industrie. Also wer sich da mal angucken will, Neura Robotics ist ein sehr starker Player.
Joel Kaczmarek: Gut, ich melde mich auch mal an, also ich habe bei uns immer den Wäscheservice, wenn es da irgendwie mal jemanden gibt, der Wäsche falten kann, Roboter, das fände ich gut.
Martin Schilling: Zum Beispiel, genau.
Joel Kaczmarek: Und bis es soweit ist, kommen wir mal zu unserem sechsten Bereich. Du hast ihn liebevoll Resilience und Cybersecurity genannt, also ist uns ja Leider allen gewahr, Kriegslage, da haben wir ja wirklich, sag ich mal, Security auf der, also Military Tech, würde man sagen, aber gerade auch im virtuellen Bereich, also da gilt es ja einiges zu tun, um Freiheit und Frieden zu schützen. Wie nimmst du das wahr?
Martin Schilling: Also, du, da gibt es ja das Thema dahinterliegend, wir waren viele Jahrzehnte, wir sind gut gefahren. in einer Friedens- und Pazifismuslogik, haben uns aber die Sicherheit von den Amerikanern im Kern bezahlen lassen. Und jetzt haben wir eine veränderte Lage in Europa, dass wir mit Putin und seinen Schergen jemanden an der Ostflanke der NATO haben, der nicht zögern wird, aus meiner Wahrnehmung zumindest, weiter uns anzugreifen, wenn wir nicht bereit sind. Das ist leider eine Logik, dass wir jetzt, viele sagen ja auch, warum denn jetzt in Verteidigung investieren, wir sollten doch in Klima investieren, Wenn wir uns nicht in eine Position bringen, wo wir als Europäer uns verteidigen können, dann müssen wir es vielleicht. Irgendwann. Und deswegen sind diese Startups sehr wichtig. Also da geht es vor allem natürlich um Drohnen und autonome Fluggeräte unter anderem, aber eben auch unter Wasser Drohnen und Co. Helsing ist da jetzt eines der größten in Deutschland. Das hat man vielleicht ja schon gehört. Die entwickeln so KI-gestützte Verteidigungssoftware. Die halten sich auch sehr bedeckt, was sie genau machen, auch bewusst. Unter anderem autonome Drohnen sind bei denen ja ein Thema und eben Lageerkennung und Entscheidungsfindung KI-basiert.
Joel Kaczmarek: Und wenn du jetzt mal auf uns blickst, als Land und auch aufs Ökosystem, vielleicht beides mal in Kombination. Wir erinnern uns ja noch zurück, Bundeswehr hat ja mit einem Schlag 100 Milliarden freigegeben für das Thema. Ich habe auch irgendwie mit dem Generalinspektor der Bundeswehr mal gesprochen. Also ich hatte den mal im Podcast und dann habe ich den mal gefragt, wie läuft denn das so, wenn ich 100 Milliarden investiere? Und dann sagt er, naja, du gibst das erstmal alles aus und dann wartest du fünf Jahre, bis das Zeugs bei dir angekommen ist, weil es ist ja nicht off the shelf. Und dann brauchst du eigentlich nochmal das gleiche Geld, um die Sachen in Betrieb zu halten. Also das fand ich echt ganz augenöffnend. Wie ist denn so dein Blick darauf, wie wir da stehen?
Martin Schilling: Ja, also das, was du gerade sagst, ist vielleicht auch bezeichnend dafür. Erstmal, wir haben jetzt die Grundlagen gelegt, was total gut ist. Also wir haben jetzt mehr Geld. Wir sind da auch, glaube ich, als Land offen, dort mehr zu investieren und uns mehr in Freiheit und Sicherheit zu investieren, was gut ist. Und in der Logik, dass eventuell schon in zwei, drei Jahren ein weiterer Angriff vorstehen könnte, sind wir noch nicht ganz angekommen. Wenn du jetzt sagst, man braucht fünf Jahre, bis es ankommt. Ja, klar, in den alten Logiken in den letzten Jahrzehnten hat es halt fünf Jahre gedauert. Da jetzt aber mal neu drüber nachzudenken und zu sagen Hey, wie können wir denn das vielleicht von fünf Jahren auf zwei verkürzen?
Joel Kaczmarek: Ich rede von Panzern, muss man fairerweise dazu sagen. Panzer und Flugzeuge. Also es sind jetzt nicht Drohnen hier so.
Martin Schilling: Ich habe das aber, was du sagst, ich habe das auch von vielen öffentlichen Stellen eben schon auch zu oft gehört, zu sagen, pass auf, wir sind jetzt in der Lage, innerhalb von einem Jahr einen Use Case zu testen. Und das reicht halt in der Geschwindigkeit nicht mehr. Da muss man zum Beispiel an der Ukraine nehmen. Die sind natürlich zu Recht schnell und stark unter Druck. Die testen halt Dinge innerhalb von Wochen. So, deswegen sind wir, also würde ich sagen, grundsätzlich, das ist ein Bereich Dual-Use, der sich massiv entwickeln wird. Da sind jetzt noch eine ganze Reihe von frühfristigen Teams unterwegs. Da fehlt uns Talent. Also es gibt noch zu wenige, die in diesem Bereich aktiv werden wollen. Das ist ein Thema. Und es fehlt uns noch an dem Mindset. Da kommen wir jetzt Gründer ins Spiel, auch von dem ganzen Digital-Bereich. schneller, in engeren Zyklen adaptiver Technologie zu entwickeln.
Joel Kaczmarek: Aber finanzierungsseitig habe ich den Eindruck, viele VCs springen da sehr aggressiv drauf, oder? Also ich habe den Eindruck, da tut sich eigentlich einiges.
Martin Schilling: Richtig, da gibt es, viele hatten ja auch in ihren Vereinbarungen mit den sogenannten Limited Partners drinstehen, dass sie nicht in Dual-Use investieren können. Die werden jetzt teilweise neu verhandelt. Das ist in der VC-Welt sicherlich angekommen, ja.
Joel Kaczmarek: Gibt es noch ein Unternehmen, was du spannend findest? Also wir hatten jetzt irgendwie Helsing schon genannt. Gibt es noch was anderes, wo du sagst, interessant?
Martin Schilling: Ja, Auterion könnte man vielleicht noch angucken. Auterion, Open-Source-Betriebssysteme für autonome Drohnen und Robotik ist bei denen das Thema. Natürlich ist auch da wieder Drohnen im Fokus. Es gibt eine ganze Reihe von Cyber-Security-Firmen, die können wir auch noch in die Show Notes bringen. Aber das sind mal so Auterion und Helsing, die könnte man sich da mal angucken.
Joel Kaczmarek: Gut, dann sind wir schon beim vorletzten Bereich. Ich habe erst gedacht, als du mir das geschickt hast, ach, da hat er einen Platzhalter dritten gehabt. Aber nein, als er geschrieben hat, New Space, damit meinst du im Prinzip, den Weltraum neu zu denken. Also, was steckt denn dahinter?
Martin Schilling: Also, New Space ist ein Begriff, kommt auch aus den USA. Der grenzt sich ab von quasi der alten, traditionellen Weltraumindustrie. SpaceX ist jetzt natürlich schon der Vorreiter. Also, wie kannst du auch mit, sagen wir mal, Startup-Prinzipien, Technologien im Weltraum schneller, effizienter entwickeln. Und auch da sind wir in Deutschland und in Europa mittlerweile immer stärker. Noch ein kleiner Bereich, der aber schnell wächst und auf den große Stücke gehalten werden. Ganz spannend, die meisten haben es ja vielleicht schon gesehen, wir hatten ja mit ESA Aerospace den Launch der Spektrum vor drei Wochen. Zweistufige Orbitalrakete und vor allen Dingen die erste Chance, von Europa aus Satelliten, eigene Satelliten ins Weltraum zu schießen. Also das ist so eins der Launcher, die wir haben. Und wir drücken mal dem ESA Aerospace Team die Daumen, dass das jetzt mit der zweiten dann die zweite Rakete noch höher fliegt.
Joel Kaczmarek: Ich habe da mal eine ganz blöde Frage dazu. Was ist eigentlich das wirtschaftliche Ziel dahinter? Also okay, ich kann Satelliten in die Erde ballern und kann damit irgendwie Datenverkehr herstellen. Alright. Aber was habe ich sonst davon, den Weltraum zu erforschen?
Martin Schilling: Ja, also erstmal, du hast ja relativ viele Nachfragesatelliten in die Umlaufbahn zu schießen. Also das ist jetzt das Geschäftsmodell von ESA Aerospace. Du zahlst denen, das sind ja kleine und mittelgroße Satelliten, so bis zu einer Tonne, die die hochschießen. Also nicht die ganz großen, aber so mittelgroße. Und denen bezahlst du dann entsprechend pro Launch etwas für den Satelliten, den du hochschießt. Und dann gibt es eine ganze Reihe von Geschäftsmodellen. Da gibt es Internet, die du aus dem Weltall beziehen kannst. Kommunikation. Da gibt es Erdbeobachtungen. Also wenn du jetzt zum Beispiel Klimaveränderungen hast, die du da sehr kleinteilig beobachten kannst. Auch natürlich jetzt wieder Defense-Bereich. Lagebeobachtung ist dann ein großes Thema. Viel Hoffnung wird gesetzt auf In-Space-Manufacturing, also dass du auch In-Space dann beginnst zu produzieren. Natürlich gibt es auch so eine Art Weltraumtourismus, der irgendwann noch stärker einsetzen wird, der nicht nur was für ganz Reiche ist, aber auch bis hin zu Asteroid-Mining. Das ist noch ein paar Jahre weg, aber seltene Metallen auf Asteroiden zu fördern, ist zum Beispiel ein Thema, was da in den nächsten Jahrzehnten ansteht.
Joel Kaczmarek: Okay, danach wollte ich dich gerade fragen und habe dann überlegt, ob das zu sehr Star Trek ist, wenn ich dich das frage. Aber so weit geht es sogar.
Martin Schilling: Bis hin zum Aufbau einer Mondökonomie. Also da sind ja Fantasie erstmal keine Grenzen gesetzt. Auch da kann man kritisch betrachten, dass du erstmal sagst, hey, wir müssen erstmal die Erde in Ordnung bringen, bevor wir uns auf zu neun Sternen machen. Und da würde ich halt immer argumentieren, Traditionell, wenn wir Technologiegrenzen verschieben, also siehe jetzt auch Mondlandung in den 60ern, entstehen da Technologien, die wir in der Breite einsetzen können. Teflon ist da ein bisschen das überbeanspruchte Beispiel, aber auch Breitband, Glasfaser und Co. wurde damals entwickelt für die Mondlandung in den 60ern, das wir dann nachher auf der Erde eingesetzt haben.
Joel Kaczmarek: Interessant. Und wenn wir jetzt mal Ökosystem anschauen und uns als Standort, ist es sowas, was man eher länderübergreifend betreibt? Weil ich habe immer so den Eindruck, da gibt es dann so internationale Standorte. Also China ein Schwerpunkt, Deutschland vielleicht mit Europa verbunden, USA.
Martin Schilling: Ja genau. Also jetzt Airbus ist ja ein typisches Beispiel. Deutsch, Französisch, Italienisch. Also du versuchst das europäisch zu denken. Das klappt auch weitgehend, würde ich sagen. Das ist auch einer der Bereiche, der noch relativ klein ist. Es gibt natürlich jetzt nur eine limitierte Anzahl von Space-Startups und Space-Investoren, die aber schnell wächst. Und spannend hier, sehr ermunternd, da hat sich bereits ein Ökosystem entwickelt, wo große Player, also wie jetzt Airbus oder OHB und Co., sehr wohl wahrnehmen, dass sie mit Gründern und Investoren da eng zusammenarbeiten müssen. Und du siehst da auch ein sehr hohes Excitement-Level bei den entsprechenden Playern, die da an allen Enden mitbauen.
Joel Kaczmarek: Vor allem der Scale von solchen Unternehmen, der ist ja unfassbar. Also ich habe mich mal mit einem der großen Unternehmen in dem Bereich unterhalten und dann haben wir so über Krieg und Military Tech geredet. Da meinte er, ja, da sind wir ja auch nicht gut. Da machen wir nur ein paar Milliarden Gewinn mit. Also ein paar Milliarden Gewinn, what the fuck? Da meinte er, ja, aber in unserer Rechnung ist das irgendwie, nee, ist nicht effizient und so weiter und so fort. Da können wir noch besser werden. Und also diese Skalierung, sich mal zu überlegen, da bist du ja wieder, was du auch gerade gesagt hast, mit den Schnittstellen ein bisschen dabei. Also Aerospace und zum Beispiel der Punkt, den wir davor hatten, Resilience, Cybersecurity, sind dann manchmal ganz schön nah beieinander. Jetzt bin ich ja mal neugierig, wenn es da noch nicht so viele Startups gibt. Welche findest du denn aber spannend? Also wir haben jetzt schon irgendwie über ESA Aerospace geredet. Was findest du noch interessant?
Martin Schilling: Also sicherlich zu erwähnen, die Exploration Company. Helen Huby baut das ja mit ihrem Team. Das ist kein Launcher. Die bauen eine wiederverwendbare Raumkapsel, die nix für den Frachttransport zwischen Raumstationen im Low-Earth-Orbit. Also eine Kapsel, die hat sie, soweit ich weiß, steht auf der Lounge in den nächsten Monaten bevor. Also spannende Firma, das ist so deutsch-französisch mit, glaube ich, sogar auch ein bisschen italienischem Einschlag. Also Helen Hubi, the team to watch, würde ich sagen. Dann Live.io, nochmal ganz anders gelagert, KI-gestützte Satellitenanalyseplattform. Die verarbeiten Rohdaten von der Erdbeobachtung. Also jetzt das, was wir vorhin besprochen haben, Vegetationsmanagement, Erkennung von Bodenbewegungen etc. Live-EO heißen die.
Joel Kaczmarek: Ja, also mit dich mal auf einer Cocktailparty treffen, ist glaube ich interessant, dass du so viel Zeugs kennst.
Martin Schilling: Ja, du und auch, weil du es nochmal Ökosystemebene angesprochen hast, der Staat als Kunde spielt ja eine große Rolle. Das ist sehr ermutigend, dass wir das jetzt die auch in der neuen Koalitionsvereinbarung stehen haben, also im Ministerium für Raumfahrt. Da werden die auch so ein bisschen die Nase gerümpft. Aber das ist wichtig, dieses Signal zu setzen, dass der Staat das wahrnimmt und hier auch Kunde werden kann. Das brauchen diese Firmen.
Joel Kaczmarek: So, der letzte und der achte Bereich, den hast du mit viel Liebe Novel AI genannt. Also KI ist ja allgegenwärtig. Du hast da sozusagen noch einen tieferen Blick drauf.
Martin Schilling: So jetzt genau. In unserer Logik ist ja jetzt in allen den Bereichen, die wir gerade diskutiert haben, ist ja oft auch KI dabei. Deswegen ist das jetzt hier so ein bisschen das, was wir jetzt noch nicht diskutiert haben. Also den KI-Stack, der hat ja so vier Komponenten. Das eine ist die Infrastrukturebene, die Chips, die hatten wir oben schon gerade diskutiert. Dann hast du die Foundational Models, die Mistrals der Welt, die Open AIs der Welt. Da ist der Zug, sagen viele, ein bisschen gerade abgefahren, also jetzt bei den Large-Language-Models. Da gehen gerade nicht mehr viele rein, weil einfach da vermutlich auch die Profit-Pools dann begrenzt sind. Es gibt aber zwei Bereiche, die da spannend sind. Die erste ist Infrastruktur, also alles Themen zum Im Bereich Tooling, also so MLOps-Plattformen, dann so Developer-First-AI-Software-Frameworks kann man da reinbauen. Das ganze Thema Privacy-Preserving-AI, also das ist so diese Infrastruktur- und Tooling-Layer. Und on top dann die ganzen Anwendungen. Also jetzt irgendwie Anwendungen für Banken, Anwendungen für den Automobilbereich, Anwendungen für die Versicherung. So kann man über diesen Bereich nachdenken. Da gibt es auch sehr, sehr viele, die aber wir teilweise jetzt schon Oberwelt haben.
Joel Kaczmarek: Und wenn wir jetzt über uns als Standort reden und über das Ökosystem, also ich hatte bei KI mal so den Eindruck, dass wir sehr vieles gebaut haben, sehr gut waren und es uns dann haben wegkaufen lassen.
Martin Schilling: Kann man so sagen, ja. Also das ist wieder das Thema, in den späten Phasen werden wir dann von nicht-europäischen Investoren aufgekauft. Das stimmt. Auf der anderen Seite hast du schon auch so ein paar Player, die ja so die Frühphase da mitgegangen sind. Also Signavio könnte man vielleicht erwähnen, die jetzt auch noch mehr mit AI machen. Dann hier Celones, UiPath, das sind ja schon auch ein paar Firmen, die da entstanden sind. Das ist jetzt nicht klassische AI, das ist ja eher so Process Mining. Aber auch die arbeiten natürlich mittlerweile mit sehr viel AI.
Joel Kaczmarek: Gut, aber dann bin ich ja mal neugierig, was sind denn so Player, die du spannend findest, wenn wir jetzt wirklich auf KI aus einer Deep Tech Brille gucken?
Martin Schilling: Ja, also KIP AI und TechTile, die können wir beide mal in den Shownotes verlinken. Die sind zwei spannende Player, die würde ich da mal beobachten und eben alles, was Das ganze Thema ist ja Use-Case-Entwicklung in den entsprechenden Industrien. Also wenn man jetzt Startups sieht, Muffin wäre so beispielsweise eins der Startups, die ich da kenne aus unserem Techstars-Umfeld. Das ist ein Team aus der Versicherungsbranche, die ganz dezidiert mit jahrelanger Erfahrung in den Versicherungswelten dort Algorithmen entwickeln und Modelle für die Versicherungsindustrie, damit die entsprechendes Versicherungsrisiko besser managen können. Also das ist ein typischer Anwendungsfall, dass ein gutes Team das AI kann und kombiniert das mit Versicherungsexpertise, um einen Use Case im Bereich Versicherung zu kreieren.
Joel Kaczmarek: Ja, spannend Martin. Also da haben wir ja einen coolen Ritt hinter uns. Vielen, vielen Dank. Ich bin gespannt auf dein Event und von Jahr zu Jahr werden diese Übersichten hier wahrscheinlich genauer und detaillierter und hoffentlich auch umfangreicher. Also mehr Bereiche, aber vor allem natürlich mehr Unternehmen hierzulande. Also ich bin gespannt, drück dir ganz, ganz fest die Daumen und freue mich, dass wir gar nicht so abgehängt sind in jeder Hinsicht, wie man es manchmal denkt. Also dass es doch noch so viel tolles Neues gibt.
Martin Schilling: Lass uns da nochmal den Bogen machen. zum Anfang, der mir sehr am Herzen liegt. Wir sind gestartet vom Thema europäische Technologie-Souveränität. Wir haben aber in Europa schon eine Zeit gehabt, in der wir in Europa mehr oder weniger die Zukunft erfunden haben. Also denke mal an Da Vinci's Flugmaschinen oder Kopernikus' heliozentrisches Weltbild. Dann James Watt's Dampfmaschine. Marie Curie könnte man wählen mit Strahlentherapien. Du kannst auch weiter zurückgehen. Archimedes hat ja in Europa in der Antike so einen Flaschenzug entwickelt. Und was mich Reiz und fasziniert in dem Bereich ist, dass wir im Kern eine 2000-jährige Deep-Tech-Innovationshistorie haben, die wir jetzt fortführen. Also das ist im Sinne eine neue Deep-Tech-Renaissance und ich wünsche mir sehr, dass da möglichst viele in diesem Bereich mitbauen. Und ich glaube, du, Joel, bist ja sogar auch vor Ort. Deswegen freue ich mich auch besonders auf dich.
Joel Kaczmarek: Ja, stimmt. Ich mache auch da was. Also, wenn ich nicht schon alleine Grund genug bin, da hinzukommen, haben wir heute noch acht weitere geliefert. Von daher, schönes Schlusswort von dir, lieber Martin und viel Erfolg damit und vielen Dank.
Martin Schilling: Danke sehr. Hat mich sehr gefreut.