HealthTech: Disruption der Medizinbranche

3. August 2020, mit Joel KaczmarekPatrick Pfeffer

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Health Tag von digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und an meiner Seite ist der gute Patrick Pfeffer. Mit Patrick wollen wir jetzt ein spannendes neues Format starten, das sich, der Name verrät es, um Health Tech dreht. Da tut sich nämlich ganz viel Spannendes in ganz unterschiedlichen Subdisziplinen und heute in unserer Kick-Off-Folge erzählen wir mal ein bisschen, was wir eigentlich vorhaben, was das eigentlich genau ist, also was ist eigentlich Health Tech, was gehört dazu, was vielleicht eher nicht, wo machen wir da die Grenze, was für Unterbereiche gibt es? und natürlich gehen wir auch mal so insgesamt auf die Großwetterlage ein, das heißt, wie ist der Digitalisierungsgrad, zum Beispiel im medizinischen Bereich, wie ist der reguliert etc. pp. So, das mal als kleiner Appetizer, was heute so passiert. Und Kollege Pfeffer, wollen wir uns das jetzt mal vorstellen. Hallo, herzlich willkommen. Schön, dass du da bist. Und du musst natürlich mal sagen, was du eigentlich genau machst.

Patrick Pfeffer: Ja, ja, vielen Dank. Also mein Name ist Patrick Pfeffer. Ich bin Gründer und Geschäftsführer der Investmentplattform SQ West. Es ist eine internetbasierte Plattform, die sich mit der Finanzierung von medizinischen Innovationen beschäftigt. Ich freue mich total heute auf das Gespräch, auf die erste Folge der Health Tech Serie. Wir werden uns sehr viel mit medizinischen Innovationen, wir werden uns mit Startups beschäftigen, wir werden uns mit Themen aus dem Bereich Biotechnologie, Medizintechnik und digitale Gesundheit beschäftigen. Wir werden darüber reden, wie all diese Bereiche aufgrund der Digitalisierung miteinander verschwimmen. Künstliche Intelligenz in der Medizin. Also ich mache hier jetzt schon einen riesen Topf auf. Ihr seht schon total viel Begeisterung für diese Themen da. Und ich glaube, wir wollen uns dem Ganzen sukzessive nähern und jetzt in der ersten Folge mal einen guten Überblick geben, was diese Serie alles so zu bieten hat.

Joel Kaczmarek: Ja, vielleicht muss ich mir so ein Phrasenschwein daneben stellen, wie oft ich Health-Tech falsch aussprechen werde. Das ist ja ein Zungenbrecher. Da werde ich mal so eine Best-of der Versprecher machen, glaube ich. Gut, lass uns noch ein paar Sätze sagen über deine Firma, damit die Leute dich besser kennenlernen. Also, SQ West ist erstmal so ein Zungenbrecher, wenn man es liest. Aber wenn man es einmal drin hat, lustigerweise, finde ich, das bleibt irgendwie im Kopf hängen. Sag doch mal vielleicht auch, wo der Name herkommt. Und dann geben wir mal ein bisschen zwei, drei Sätze auf dein Geschäftsmodell auch ein.

Patrick Pfeffer: Ja, gerne. Also der Name ist einfach eine Zusammensetzung aus Esculap, griechisch Gott der Heilkunde. Man kennt auch den Asklepios-Stab, sieht man in jedem A von der Apotheke drin. Und die letzte Silbe kommt von Investment. Und das Ganze zusammengesetzt gibt das zungenbrecherische Wort Escuvest. Kann man entweder plattdeutsch Escuvest aussprechen oder zu Neudeutsch Escuvest. Und natürlich streite ich mich mit meinen Kollegen im Team immer darüber, Ist das jetzt was Gutes, dass man es den Leuten zweimal erklären muss, zu unserer Zielgruppe passt das eigentlich ganz gut, weil unsere Zielgruppe sind so Kategorien Nachfrager und wollen es genauer wissen und dadurch ist da der Name eigentlich ganz passend in diesem Umfeld.

Joel Kaczmarek: So und dein Business besteht im Prinzip daraus, darf man das so ein bisschen, also despektierlich will ich ja gar nicht sagen, aber darf man das so ein bisschen flapsig sagen, dass ihr quasi Crowdfunding für Health-Tech-Themen macht?

Patrick Pfeffer: Ja, wenn wir bei Absichtkeit bleiben wollen, ist es ein Marktplatz. Wir sind ein Online-Broker und haben auf der einen Seite die Kundschaft Startups aus dem Bereich Medizin und Gesundheit und auf der anderen Seite die Kundschaft Investoren, sowohl institutionelle als auch private Investoren und Kleinanleger und wir sozusagen in der Mitte angesiedelt mit einer digitalen Plattform, mit digitalen Prozessen, um diese beiden Zielgruppen zusammenzubringen.

Joel Kaczmarek: Gut. Und was siehst du so? Also was ist, wenn wir uns mal jetzt der Großwetterlage des Health-Tech-Segments nähern? Was ist da so los? Wie viel Bewegung ist da? Ist das was, was im Kommen ist? Ist das schon irgendwie stark da? Kommt das erst noch? Vielleicht kann man so ein bisschen verorten, ob die große Welle schon quasi über uns rüberschwappt oder erst noch sich anbahnt.

Patrick Pfeffer: Tja, also wir sprechen jetzt erstmal nicht von einer möglichen nächsten Corona-Welle, sondern jetzt von allgemeinen Gesundheitsthemen. Es ist schon immer ein Wachstumsmarkt gewesen. Hängt jetzt auch mal losgelöst von Corona-Themen auch sehr stark mit unserer demografischen Zusammensetzung zusammen. Wir sind jetzt aus einer deutschen Perspektive wirklich ein alterndes Volk, ein sehr altes Volk. Und das spricht einfach dafür, dass man mehr medizinische Dienstleistungen im weitesten Sinne benötigt. Und jetzt, ich sage mal, kriegt das Ganze nochmal einen Extraschub aufgrund der Zeit, in der wir uns gerade befinden, nämlich nicht, ich spreche auch nicht von einer Welt nach Corona, sondern einer Welt mit Corona, ja. Und natürlich hat der Gesundheitsmarkt oder haben Gesundheitsthemen in so einer Zeit Hochkonjunktur in Anführungszeichen. Und du hast jetzt gerade das Wort Health Tech nochmal verwendet. Wir haben das ganz bewusst hier so ausgewählt, weil wir über unterschiedlichste Bereiche in der Medizin sprechen wollen. Dazu gehören Themen aus der Biotechnologie, dazu gehören Themen aus der Medizintechnik, aus der digitalen Gesundheit. Und wie ich es eingangs gesagt hatte, das sind Bereiche, die auch aufgrund der Digitalisierung immer mehr miteinander verschwimmen und vermischt werden. Und aus diesem Grund haben wir uns auch für den Begriff Health Tech entschieden jetzt für diese Podcast-Serie.

Joel Kaczmarek: Aber ist ja wirklich ein guter Hinweis, dass man vielleicht auch so ein Stück weit so denken sollte, Prä-Corona und Post-Corona, weil ich hatte den Eindruck, Prä-Corona ging irgendwie gefühlt immer gar nichts. Also wenn man sich so über Telemedizin zum Beispiel unterhalten hat, da war ja irgendwie Datenschutz war ein Thema. Dann irgendwie der Technologisierungsgrad von Medizinern war ein Problem. Problem, so eine gewisse Skepsis generell, so ein Unwille. Hat das jetzt, also merkst du, dass sich das durch Corona auch ein Stück weit aufgebrochen hat? Also ist der Digitalisierungsgrad jetzt quasi am steigen, wenn man merkt, okay, es geht und man will ja vielleicht auch manche Sachen gar nicht mehr vor Ort machen, die man jetzt technisch auch tun könnte. Also hat das geholfen, dann wenigstens dort, wenn schon nicht woanders?

Patrick Pfeffer: Corona ist ein unglaublicher Digitalisierungstreiber, auch im Umfeld Gesundheit. Also Ich weiß nicht, es gab ja in den letzten Wochen sehr viele Memes und sehr viele lustige Bildchen, vielleicht auch sehr viele schlechte Bildchen. Aber ich glaube, das Zutreffendste zumindest, wenn ich auf meine Branche schaue, war, dass eben nicht ein Chief Digital Officer für die digitale Transformation im Gesundheitsmarkt gesorgt hat, sondern Covid-19. Also das ist die treffendste Beschreibung. Und wenn wir uns jetzt rein über digitale Themen unterhalten, dann ist das aus der Perspektive des Gesundheitsmarktes relativ dröge dort. Also wenn ich jetzt, ich sag mal, jemanden aus einer Agentur hole, der oder die Cross-Industry beraten hat oder irgendwelche UX-Konzepte abgeliefert hat und dann auf einmal im Gesundheitsmarkt Konzepte erstellen muss, wird sich relativ schnell wahrscheinlich gelangweilt fühlen, weil auch aufgrund der Regulierung dort du nicht so viel machen darfst. Andersherum, und ich komme ja aus dem Gesundheitsmarkt, kenne sozusagen nur dieses in Anführungszeichen Dröge und gucke dann immer in andere Industrien und höre auch fleißig deinen Podcast und werde dann dadurch sozusagen inspiriert, was man theoretisch im Gesundheitsmarkt alles machen könnte, wenn man die Regulierung vielleicht über die Zeit hinweg weiter aufbrechen kann.

Joel Kaczmarek: Ja, aber es ist eine gute Brücke, weil bevor wir mal auf die drei Bereiche auch eingehen, die du gerade schon skizziert hast, wollte ich dich auch gefragt haben, wie Regulierung eine Rolle spielt. Also wie viel ist quasi durch den Gesetzgeber reglementiert, was ich vielleicht gar nicht tun kann, obwohl es attraktiv wäre. Es gab ja auch ganz viel zum Beispiel das Thema so digitale Patientenakte. Das ist ja zum Beispiel auch so ein ganz heißes Thema irgendwie immer gewesen. Also ist das wirklich so, dass wir in Deutschland und Europa da quasi eine Gesetzeslage haben, die uns vielleicht nicht gerade unbedingt in die Lage versetzt, im Vergleich zu anderen Standorten im Bereich Health Tech große Sprünge zu machen?

Patrick Pfeffer: Ja, wir haben ja auf dem Globus Riesenunterschiede. Einfach das plakativste Beispiel ist ein Vergleich zu ziehen zwischen Deutschland und den USA zum Beispiel. Themen aus dem Bereich digitale Gesundheit fliegen dort absolut. Du hast dort ein sehr B2C-fokussiertes Umfeld. Es können verschreibungswichtige Medikamente im Netz und auch im Fernsehen beworben werden. Und du hast eine Selbstzahler-Mentalität. Grund des Umfeldes mit Versicherung etc. pp. Das heißt, du hast eine hohe Bereitschaft in der Bevölkerung für Services aus dem Bereich digitale Gesundheit zu zahlen. Bei uns komplett anders. Da gibt es auch das schöne Heilmittelwerbegesetz. Gewisse Themen dürfen vor dem Endkonsumenten und oder Patienten gar nicht beworben werden. Da sind sozusagen dazwischen geschaltet die Ärzte oder andere Akteure aus dem Gesundheitsmarkt, vor denen das nur angezeigt werden darf. Das heißt, da hast du schon mal ein komplett anderes Setting. Und dann diese Selbstzahler-Mentalität, sowohl in Europa als auch in Deutschland, das entwickelt sich gerade erst, dieses Shopping for Healthcare. Und daher haben wir hier ganz andere Möglichkeiten, ganz andere Zeitläufe und ganz andere Geschwindigkeiten, wenn man von der Adoption von Digital Health spricht, in unterschiedlichen Regionen der Welt.

Joel Kaczmarek: Und wie nimmst du Mediziner wahr in dem Bereich? Weil was ich so beobachte ist, dass die so stark teilweise in ihren administrativen Aufgaben gebunden sind, plus sich noch informiert halten müssen in ihrem Feld und dann natürlich ihre ganz normale Behandlung machen. dass ich den Eindruck habe, die sind gar nicht in der Lage, sich mit digitalen Techniken auseinanderzusetzen. Weil es können ja auch ganz banale Sachen sein, so wie du ein Tischreservierungstool im Restaurant hast, könnte man ja auch irgendwie so eine Art Sprechstundenkalender haben als Arzt, dass man sagt, okay, ich melde mich digital an und kriege irgendwie einen Hinweis 15 Minuten, bevor ich dran bin, dass ich mal kommen soll, weil wer hat Bock, so ewig in so einem Ding zu sitzen, ja. Und mein Eindruck ist immer sehr, sehr stark unterdigitalisiert, auch sehr so unwillig, da was zu probieren. Wobei ich, wie gesagt, ja diese Berufssparte, die ja wirklich Überstunden schiebt, bis der Arzt kommt, Und vielleicht müssen wir in unserem Gespräch auch nochmal unterscheiden, ob man jetzt von Ärzten, Krankenhäusern oder ganz anderen Medizineinrichtungen spricht. Aber da habe ich so den Eindruck, dass man da eigentlich gar nicht so in der Lage ist, stark digital zu denken. Ist das so? Wie beobachtest du denn das?

Patrick Pfeffer: Größtenteils ja. Also ich habe mich in der Vergangenheit unglaublich viel mit digitalen Konzepten beschäftigt, die in eine Arztrichtung gehen. Und da ist das Thema Zeit unglaublich kritisch. Sowohl face-to-face als auch auf digitalem Wege kannst du einen Arzt wirklich nur sehr, sehr schwer erreichen. Wir sehen das auch relativ oft, wenn zu uns Startups kommen, die eine Finanzierung benötigen, was über einen Arzt laufen muss vom Vertriebsweg her, schauen wir uns das sehr, sehr genau an. Weil ein Arzt hat seine acht Minuten durchschnittlich Zeit für einen Patienten und da sind dann einfach über den Tag verteilt. keine 30 Sekunden Zeit, um sich mit irgendeinem digitalen Helferlein zu beschäftigen. Das möchte ich jetzt nicht pauschalisieren, aber nur ein bisschen überspitzt darstellen. Also das Thema Zeit ist hier absolut kritisch und was halt vor ein paar Jahren war, aber ich denke auch so ein bisschen Generationenthema ist, ist dieses Thema Angst, dass man den Job wegnimmt. Sag mal, wenn die AI in dem Bereich zu gut wird, braucht es dann noch einen Arzt oder nicht? Ja, time will tell. Aktuell ist es noch nicht der Fall. Es ist eine Entscheidungsunterstützung, auch aus einer rechtlichen Perspektive. Nichtsdestotrotz, die Tools werden besser und man muss sich dann auch mal mit der zukünftigen Rolle eines Arztes wirklich auseinandersetzen. Und wenn du jetzt, ich sag mal, unsere Ärzteschaft anschaust, aktuell sind die noch durchschnittlich recht alt, ja. Aber ich sage mal, die nächste Generation steht auch schon in den Startlöchern. Die sind wesentlich digitaler und auch mit einem anderen Verständnis für den Job. Also ich bin gespannt, wo da die Reise hingeht und wo auch letzten Endes die Arztrolle in Zukunft sein wird.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt hast du vorhin gesagt, also du hast ja schon mal drei Bereiche aufgezählt und die können wir mal alle durchdeklinieren. Also das werden so die Bereiche sein, in denen wir hier über Themen reden. Du hast gesagt Digital Health, MedTech und Biotech. So, fangen wir vielleicht mal mit Digital Health an. Was genau ist das? Was gehört dazu? Was muss ich mir darunter vorstellen?

Patrick Pfeffer: Ja, digitale Applikationen, webbasiert, oftmals mobile Applikationen, die in einem Krankheitsgebiet oder auch Indikationsgebiet genannt, irgendetwas Sinnvolles für einen Akteur des Gesundheitswesens tun. Das ist jetzt mal so ein bisschen Definitionsebene. Es kann eine App sein zum Beispiel, die in Richtung des Arztes gerichtet ist, als Entscheidungsunterstützung für eine Diagnose. Es kann in Richtung Patient gehen, eine Adherenz-App zum Beispiel, die einfach dabei hilft, bei der Medikation oder bei der Behandlung wirklich am Ball zu bleiben, um einfach der Behandlung ordentlich zu folgen, damit der Outcome entsprechend gut ist. Outcome will hier heißen, dass man gute Therapieerfolge erzielt.

Joel Kaczmarek: Gut, wir können mal ein paar Beispiele durch die Klinik, dass die Hörer mal ein Gefühl kriegen, was da so reingehört. Also wenn ich dir jetzt gerade zugehört habe, ich glaube Amazon hat ja auch mal eine Firma gekauft, die PillPack heißt, also die genau in diese Richtung geht, Nutzern dabei helfen, irgendwie die Einnahme von Tabletten zu optimieren. Also man merkt, das ist auch bei ganz Großen auf der Agenda, das wäre so ein Beispiel, was mir einfällt. Was würdest du denn sonst noch so unter Digital Health mitzählen?

Patrick Pfeffer: Zum Beispiel für Asthmatiker, da kommt es tatsächlich darauf an, wie man sein Inhalationsgerät richtig hält, um Die Auslaufmenge zu optimieren, das kann man in gewissen Winkeln halten und dann kommt mal mehr raus, mal weniger raus, ist aber dann tatsächlich wirklich entscheidend dafür, ob sich ein Patient nach der Applikation wohlfühlt oder nicht wohlfühlt. Da gibt es dann Augmented Reality Ansätze, dass man das eben sozusagen vor sich hält, das Smartphone und dann das in einem richtigen Winkel anwendet. Könnte eine Anwendung sein. Jetzt in Richtung Diagnose-Unterstützungstool. Da kennen wir doch das allseits bekannte Ada Health, wo man nicht unbedingt weiß, was man jetzt hat, wenn man so einen Schmerz im Arm hat und durch so einen Entscheidungsbaum, durch so einen Fragenkatalog geführt wird mit einer wirklich toll gemachten App und einer entsprechenden Intelligenz dahinter. Und das System spuckt dann nach diesem Entscheidungsbaum eben eine Diagnose aus. mit den entsprechenden rechtlichen Hinweisen, dass das jetzt keinen Arzt ersetzt und dass man einen Arzt aufsuchen sollte. Aber der Outcome ist doch ziemlich gut.

Joel Kaczmarek: Also ich meine, ich habe das auch noch so mitgekriegt dadurch, dass ich ein bisschen Bekannte auch habe, die bei diesem Heartbeat Labs zum Beispiel, oder das ist sozusagen aus meinem ehemaligen Umfeld von meinem Investor, wo ich früher war, dass ich so beobachte, okay, da tut sich auch was. Ich habe so den Eindruck, da passiert gerade relativ viel in dem Bereich. Wie ist denn da so die Großwetterlage? Also welche Standorte auf der Welt sind denn zum Beispiel in Digital Health sehr, sehr stark? Und wie ist so der Status Quo dieses ganzen Segments?

Patrick Pfeffer: Ja, also wie ich es vorhin schon gesagt habe, geht nicht nur im Bereich, ich sage mal, Commercial Model oder wie man diese Themen wirklich an den Mann oder an die Frau bringt, sondern auch in welchen Regionen der Welt wird mehr oder weniger in diese Themen investiert. Und da sind die USA noch weit vor dem, was hier tatsächlich in Europa passiert. ich spreche jetzt aus europäischer Perspektive, stattfindet. Wenngleich sich auch auf der gesetzlichen Seite bei uns einiges tut, gerade auch hierzulande. Man glaubt kaum, dass wirklich Deutschland mal in etwas erster ist und Vorreiter jetzt aus europäischer Perspektive mit dem Digital Care Act, dass wir eben solche Tools mehr und mehr in die Erstattung bekommen. was ein absoluter Beschleuniger für die Themen sein wird, weil ich hatte es vorhin gesagt, diese Selbstzahler-Mentalität hier noch nicht gegeben. Und wenn es einfach in die Erstattung kommt, dann ist das ein absoluter Beschleuniger für Digital Health Themen. Also ich sehe da gerade zum jetzigen Zeitpunkt ein gutes Momentum für Deutschland, möglicherweise auch mit positiven Spillover-Effekten nach Europa, aber aktuell USA noch way beyond.

Joel Kaczmarek: Okay, also man darf aber dazu sagen, also wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, wenn ich als Deutscher an Digital Health denke, dann ist das quasi ein Stück weit ein Kassenthema, also entweder muss ich einen Patienten dazu bringen, dass er selber zahlt oder in die Übernahme kommt, aber so habe ich dich verstanden, es gibt auch Applikationen, die sich an andere Gesundheitsakteure richten, also es kann auch sein, dass mein Kunde mal ein Arzt ist oder ein Physiotherapeut oder weiß ich nicht, jemand, der so im medizintechnischen Bereich zum Beispiel ist. Richtig?

Patrick Pfeffer: Korrekt. Wobei man es natürlich auch dort, je nach Anwendung, auch versucht, in die Regelerstattung zu bekommen. Ganz klar.

Joel Kaczmarek: Okay, gut. Verstehe. Das ist also so der heilige Gral dort. Nachvollziehbar. Dankbarer Finanzierungsweg. Ich meine, ich habe es mitgekriegt bei diesen ganzen Themen, sowas wie Hörgeräte oder Brillen. Da gibt es ja auch irgendwie Online-Dienste, die das verkaufen. Das sind ja reine Shops. Und da habe ich auch mal gesagt bekommen, dass das teilweise von europäischem Land zu europäischem Land geht. ganz verschieden ist, weil zum Beispiel in Frankreich Brillen irgendwie sehr stark noch übernommen werden, in Deutschland nicht. Also da kriegt man mal einen Eindruck, was da quasi eine Rolle spielen kann. Aber Brillen und Hörgeräte gehören ja vielleicht schon fast wieder in deinen zweiten Bereich, nämlich MedTech, was du gesagt hast. Was ist denn darunter zu verstehen?

Patrick Pfeffer: Ganz einfach gesprochen Dinge, die du in die Hand nehmen kannst und auch in eine Kamera zum Beispiel halten kannst und andere können sich sofort vorstellen, was du da in der Hand hältst. Das kann ein Hilfsmittel sein wie eine Gehhilfe für ältere Menschen, den sogenannten Rollator. Das kann ein Fixateur extern sein. Was ist das? Das ist eine externe Stütze, ein externes Skelett, was du bei komplizierten Knochenbrüchen Menschen anbringst, so eine Art Ikea-Gerüst, nur in etwas komplizierter und regulierter. Das kann ein chirurgisches Instrument sein, was für Knieoperationen zum Beispiel angewandt wird, also wirklich Devices, was Haptisches.

Joel Kaczmarek: Okay, also richtig harte Technologie. Und auch hier wieder, wie ist da so die Großwetterlage in diesem ganzen Segment? Welche Märkte sind da stark vertreten? Wo stehen wir da gerade? Wie ist diese Branche gerade aufgestellt?

Patrick Pfeffer: Ja, vereinfacht gesagt, USA ist hier ein sehr, sehr großer Markt, auch von der Entwicklerseite her. Aber auch Deutschland spielt hier eine sehr große Rolle. Also Ingenieurland Deutschland ist auch im Bereich Medizintechnik stark vertreten. Man sagt ja auch, die Stadt Tuttlingen oder die Region um Tuttlingen herum ist die Weltstadt für den Bereich Medizintechnik.

Joel Kaczmarek: Gut, und so vom Digitalisierungsgrad, Innovationsgrad, also da lerne ich, wir haben auch mal durchaus Weltmarktführer, die dem Otto-Normalverbraucher vielleicht nicht bekannt sind, weil sie gar nicht Zielgruppe sind oder weil die eher so im Hintergrund agieren, aber wie ist so insgesamt, sage ich mal, diese Marktlage dort? Geht es da innovativ zu? Ist das sozusagen wie bei dem Digital Health Thema eher noch so ein bisschen vergleichsweise angezogene Handbremse wegen irgendwie Regulierungsthemen? oder wie ist das da?

Patrick Pfeffer: Vielleicht nochmal ganz kurz zum Thema Digital Health. Angezogene Handbremse ist wirklich ein regionales Thema. Es ist ein Bereich, der absolut fliegt und Europa hinkt hier halt einfach hinterher. Also APEC und USA sind da wirklich mit Vollgas unterwegs und Europa versucht noch wirklich den europäischen Weg und da einfach, ja, seine Linie zu finden, was unglaublich viel Zeit kostet, was uns wohlmöglich irgendwann mal ziemlich schaden wird, diese fehlende Geschwindigkeit. Aber ansonsten ist das ein Thema, was weltweit schon entsprechend abgeht.

Joel Kaczmarek: Und wie ist es bei MedTech?

Patrick Pfeffer: Ebenso, vielleicht auch nochmal auf das Ursprungsthema zurückkommend, HealthTech, wir sprechen hier, im Grunde gehen all diese Bereiche ziemlich nach vorne, ja. Auch aufgrund einer Vermischung dieser Bereiche. Also sehr oft triffst du im Bereich Biotechnologie auf Konzepte, die im Labor stattfinden, sich aber irgendeiner digitalen Komponente bedienen. Und das Gleiche im Medizintechnikbereich auch. Wo du diverse Konzepte hast mit einer künstlichen Intelligenz dahinter, dann im Bereich Robotisierung Unterstützung im OP dem Arzt bietest. Also eben genau diese Vermischung der Bereiche Medizintechnik und Biotechnologie mit digitalen Komponenten und das sozusagen die Zukunft dieser Vermischung dieser Bereiche.

Joel Kaczmarek: Gut, also haben wir Digital Health, was sehr stark in Richtung digitale Anwendung geht, MedTech, was quasi wirklich Geräte sind und Biotech hatten wir noch als dritte Achse. Was muss man sich darunter vorstellen?

Patrick Pfeffer: Für mich ist das alles, was irgendeine Laborkomponente hat. Das kann im Bereich Wirkstoff gehen, das kann aber auch im diagnostischen Bereich gehen. Nehmen wir mal ein Beispiel aus dem Wirkstoffumfeld, mit zum Beispiel auch demnächst bei uns auf der Plattform ein Unternehmen, was einen HIV-Wirkstoff entwickelt hat und jetzt in Zeiten von Covid-19 eben herausgefunden hat im Labor, dass es da eine entsprechende Inhibierung, also eine entsprechende Hemmung des Virus gibt. Und um diese Themen voranzutreiben über die einzelnen klinischen Phasen hinweg bis in Verkehrbringung, ist für mich ein biotechnologisches Thema. Oder aber auch, dass du irgendwelche Gewebsproben entnimmst und dann mit Labortechniken auswertest. Möglicherweise hast du auch sehr viele Daten und musst dazu eine künstliche Intelligenz heranziehen, um zu sagen, du, ich entwickle mal möglicherweise in den nächsten fünf Jahren ein Diabetes. Hier gibt es ein paar Maßnahmen, um da ein bisschen gegenzusteuern. Aber es gibt diese Laborkomponente und das hat für mich sozusagen den Title oder den Tag Biotechnologie.

Joel Kaczmarek: Gut, also Laborkomponente, Diagnostics höchst raus, weil ich denke ansonsten sowas wie dieser große Fall, der ja auch mal hier die Runde gemacht hatte mit diesem Theranos, wo irgendwie die Gründerin dabei war, mal mit so Bluttests quasi Untersuchungen zu machen und hinterher stellte sich raus, das hatte alles irgendwie nicht so funktioniert. Also da vielleicht mal ein Beispiel als schwarzes Schaf, aber ich erinnere mich, es gab mal so eine Welle, wo auch in Deutschland hier irgendwie Startup-Ideen diskutiert wurden. Man piekt sich irgendwie einmal in der Woche einen Daumen und kriegt dann irgendwie regelmäßig so Blutauswertungen und kann sich so gesundheitstechnisch quasi selbst optimieren auf diesem Weg. Also sowas alles würde zu Biotechnologie, Biotech rein zählen.

Patrick Pfeffer: Genau, da bringst du ein Beispiel aus dem Biotech-Segment an. Jetzt wenn du das Thema schwarze Schafe irgendwie anspielst, dann finde ich gerade sozusagen ein positives Argument fürs europäische oder auch fürs deutsche Umfeld, nämlich auch aufgrund der Regulierung und sozusagen wie es letzten Endes beim Patienten landet, nämlich nur über Fachkreise und nicht direkt zum Patienten, dass man da relativ gut abgesichert ist und solche schwarzen Schafe erst gar nicht zu den Patienten vordringen. Größtenteils natürlich.

Joel Kaczmarek: Und wie sind wir da aufgestellt als Markt so? Also bei Digital Health habe ich gelernt, Europa eher hinten dran, bei MedTech zumindest Deutschland ziemlich weit vorne. Wie ist es bei Biotech?

Patrick Pfeffer: Ja, da gibt es auch regionale Cluster so um München herum, wo sich unglaublich viel im Bereich Biotechnologie tut. Also Deutschland ist dafür ein guter Standort. USA historisch gesehen auch sehr stark. Also gerade so die Silicon Valley-Ecke. Nicht nur wirklich für digitale Themen, sondern auch für Biotech-Themen. Was man jetzt aber auch in den letzten Jahren eben verstärkt sieht, ist unglaublich gute Teams, unglaublich gute Konzepte aus China. Also die haben da, ich sag mal, richtig aufs Gas gedrückt. Kann man so ein bisschen vergleichen mit der Geschwindigkeit, wie dort Hochhäuser entstehen. Und hier in Frankfurt haben wir seit den 60er Jahren auf knapp 58 Hochhäuser geschafft und Shanghai hat es dann doch irgendwie mal auf ein paar Tausend innerhalb der letzten 25 Jahre gebracht. Also das Thema Geschwindigkeit, auch für mich, ist ein wesentlicher Faktor für Innovation. Und das haben die Europäer noch nicht verstanden.

Joel Kaczmarek: Okay, spannend. So viel also mal zu unserem groben Überblick, worüber wir hier sprechen werden. Womit rechnest du so? Also wir haben gesagt, Digital Health, MedTech, Biotech als unsere drei Achsen. Was für Akzente willst du so setzen und warum machst du das eigentlich genau? Also so als ganzes Format, was findest du spannend, mal mit raus in die Welt zu senden?

Patrick Pfeffer: Also lass mich erst mal beginnen mit den Themen, die ich wirklich so in der nächsten Zeit für uns verstärkt sehe. Es ist natürlich das Thema künstliche Intelligenz in der Medizin. Also in allen genannten Bereichen, die wir hier angesprochen haben, wird es eine Rolle spielen. Ist natürlich ein sehr gehyptes Thema. Ich selber habe in dem Bereich promoviert und schaue natürlich da mit einer ganz anderen Brille drauf, nämlich nicht sozusagen von der Marketingseite oder von der Buzzword-Seite her, dass irgendwie AI drin sein muss, sondern da schauen wir doch ein bisschen under the hood. ob das Konzept entsprechend gut mit guten Daten trainiert ist. Du kannst nämlich total sinnlose Konzepte hinlegen. Wie hat mein Doktorvater immer so schön gesagt, Shit in, Shit out. Du kannst noch so ein gutes Modell haben, aber wenn die Datenlage scheiße ist, Entschuldigung, darf man das hier sagen, dann ist es so. Also dann kommt auch nur entsprechend raus. Also KI in der Medizin absolut gut, aber haben wir gute Daten dafür und da schauen wir ganz kritisch drauf und werden das sicherlich in der einen oder anderen Episode mal kritisch beleuchten. Dann das Überthema From Sick Care to Healthcare, so wie ich das immer für mich nenne. Nämlich das Healthcare, was wir heute kennen, ist eigentlich ein Sick Care, weil der ganze Markt ist darauf ausgelegt, dass Menschen erst dann irgendwas in Anspruch nehmen, wenn es zu spät ist, sei es eine Pille. Aufgrund diverser neuer Technologien und Bewegungen im diagnostischen Bereich bewegen wir uns jetzt eigentlich ins richtige Healthcare hinein, nämlich um etwas zu vermeiden. in dem Bereich Prävention. Dazu gehören dann vielleicht auch noch Randbereiche wie Wellness, Wellbeing und Co. Aber ganz klar ist das für mich das wahre Healthcare. Das, was heute Healthcare ist, ist eigentlich ein Sickcare. Du bist krank, du musst behandelt werden, du musst operiert werden, du musst eine Pille schlucken. Und dieses From Sickcare to Healthcare wird sicherlich uns auch in der einen oder anderen Episode beschäftigen. Noch ein spannendes Feld ist so im Bereich Commercial Models angesiedelt. ROI versus ROH, also Return on Invest versus Return on Health. finden ganz spannende Bewegungen statt in der Gesundheitsindustrie. Nämlich, dass du auch erst tatsächlich anfängst, richtig zu verdienen, wenn du bewiesen hast, dass es ein Outcome für den Patienten hat. Also erst, wenn es wirkt, kriegst du richtig Patte. Und es gibt jetzt schon die ersten Medikamente, die genau nach dieser Manier gedacht sind und auch entsprechend vergütet werden. Und ich sehe es ganz stark mit zunehmender Datenaufgabe, Qualität und mit entsprechend mehr Daten höherer Qualität wird es einfach sehr stark in diese Richtung gehen und mehr und mehr Player werden sich diesen Konzepten anschließen. Ja, und dann noch zu guter Letzt, ich sage mal nicht nach, sondern eben entsprechend mit Corona und potenziellen weiteren Epidemien oder Pandemien, die auf nächste Generation warten, das Thema Biosecurity. Für mich ein spannendes Feld, ist noch nicht so richtig definiert. Ich habe es für mich jetzt mal so als Hashtag hier jetzt in den virtuellen Raum geschmissen. Ja, wie vermeide ich nicht nur, dass ich krank werde, sondern wie vermeide ich solche globalen Szenarien, wie wir es gerade jetzt haben? Ja. Und das ist sozusagen unter dem Überbegriff Biosecurity angesiedelt. Und die Themen, die ich jetzt hier auch sehe, sind auch die, die mich persönlich stark beschäftigen. Also da gibt es jetzt kein großes Abweichen voneinander.

Joel Kaczmarek: Spannend, also man merkt, da warten wirklich interessante Themen auf uns. Ich finde das auch ganz wichtig, dem mal irgendwie Gehör zu schenken, weil ich kenne irgendwie wenig, was es dazu gibt und deswegen ist unser Ansinnen ja auch zu sagen, wir wollen da mal ein bisschen den Scheinwerfer quasi hinlenken, neue Sachen kennenlernen, vielleicht auch vernetzen und und und. Von daher, ich freue mich da sehr drauf. Danke dir ganz herzlich für den Moment und ja, freue mich schon mit den Füßen ein bisschen, wann es hier richtig losgeht. Vielen Dank, lieber Patrick.

Patrick Pfeffer: Danke, Joel. Hey! Hey!