Vom Hacker in die Konzernzentrale

27. Mai 2020, mit Joel KaczmarekSven Weizenegger

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Hackers-Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und mit mir dabei der liebe Sven Weizenegger. Hallo Sven.

Sven Weizenegger: Hallo Joel, guten Morgen.

Joel Kaczmarek: Wir fangen an als kleinen Kick-Off unseres neuen Formats Hackers, wo es offensichtlich um Cybersecurity und das Thema Hacken geht, mal mit Sven darüber zu reden, wie man eigentlich Hacker wird. Das heißt, aus der heutigen Folge nimmst du mit, was ist eigentlich ein Hacker, wie wird man dazu, was verbindet sich damit und was sind irgendwie lustige Ereignisse, die man da auch so mit begleitet und natürlich noch ganz, ganz vieles mehr. So, wir starten mal straight rein. Sven, wie war das bei dir? Wann hat das bei dir mit dem Hacken, sag mal nicht Hacken oder Hacken, Hacken sagt ihr eigentlich eher, ne?

Sven Weizenegger: Ich sage Hacken.

Joel Kaczmarek: Er sagt Hacken, okay. Wann hat das mit dem Hacken bei dir angefangen?

Sven Weizenegger: Das ist so wie mit elektronischer Tanzmusik oder Techno. Man rutscht so ein bisschen rein durch Zufall und kommt dann auch nicht mehr raus aus diesem Strudel an Ereignissen. Bei mir war das in der Schule. Ich hatte einen Mitschüler namens Jakob und der war sehr computerinteressiert und der hat mich in die Welt des Hackens letztendlich mitgenommen, indem er mich mal eingeladen hat zu sich nach Hause. Und der Jakob hatte noch zwei Brüder, deren Namen ich aber auch leider vergessen habe. Der eine war, hat sich herausgestellt, anscheinend der Gründer von mp3.de. Und damals hat man sehr viele mp3s runtergeladen. Da gab es noch kein Streaming, wie es das heute gibt. Und der andere war für mich der Bombenbauer. Der sah auch wirklich so aus. Der hat letztendlich jeden Tag an Hardware herumgebastelt. So kam ich in das Thema rein und habe dann den Sommer zu Hause verbracht. Oder die vielen Sommer, die es so gab. Und habe dann im Internetcafé auch abgehangen, weil ich nicht so eine schnelle Leitung habe. Da hatte ich auch so einen Mentor in diesem Internetcafé, der mir auch Hecken beigebracht hat.

Joel Kaczmarek: Und jetzt muss man den Leuten mal ein Gefühl geben, was Hacken eigentlich heißt. Also es gibt ja Black Hat und White Hat, wenn ich mich nicht täusche, wie beim SEO auch. Was meinst du, wenn du sagst, du bist irgendwie, in welchem Alter eigentlich? 14 glaube ich sogar schon, ne?

Sven Weizenegger: 13, 14 war ich damals, genau.

Joel Kaczmarek: Also was meinst du, wenn du sagst, mit 13, 14 habe ich das Hacken gelernt? Was verbannt sich damit? Bist du jetzt irgendwie, wie man sich das im Film vorstellt, irgendwie beim FBI eingebrochen? oder heißt das einfach nur, du konntest programmieren? Was war damit gemeint?

Sven Weizenegger: Also die Begriffsdefinition damals war eine andere als heute, würde ich behaupten. Damals war das wirklich so ähnlich, wie du gerade geschildert hast, natürlich nicht beim FBI und auch nicht bei Bundesbehörden. Man hat letztendlich einerseits natürlich programmiert und andererseits hat man natürlich versucht, sich zu messen, indem man versucht hat, neue Sicherheitslücken zu finden und diese auch ausfindig zu machen. Ich glaube, der große Unterschied zwischen heute und damals war, es war damals Spaß und heute ist es ein Profitgeschäft. Das ist der große Unterschied. Wenn wir den Begriff Hacker mal breiter fassen und es gibt ja ganz viele Podcasts, die sich auch Hacking nennen, da staune ich natürlich als wirklich ehemaliger Hacker, ist Hacking heute, glaube ich, ein sehr kreativer Prozess und Hacking an sich ist auch ein sehr kreativer Beruf.

Joel Kaczmarek: Gut, also warst du quasi wirklich als Teenager, wo andere hingegangen sind, haben irgendwie Fußball gespielt, ferngeguckt, Mädels getroffen, muss man sich nicht vorstellen, dass du dann am Monitor saßt und hast irgendwie, weiß ich nicht, Webseiten von anderen Leuten quasi versucht auseinanderzunehmen?

Sven Weizenegger: Jein, also ich bin in Neukölln groß geworden, muss man wissen, in Rixdorf und Rixdorf ist sehr grün, ja, das ist das Darlem von Neukölln. Und ich habe auch Fußball gespielt und habe auch Leute getroffen, vielleicht jetzt nicht unbedingt Mädchen damals, muss ich gestehen, aber ich habe schon sehr, sehr viel Zeit vorm Rechner verbracht. Damals gab es so Anbieter wie Otello, die auf Minutenbasis abgerechnet haben. Ja, die Telefonrechnung war entsprechend sehr hoch.

Joel Kaczmarek: Gut, also ich sage mal so, diese Klischees, wie man es immer in den Filmen dargestellt kriegt, dass Hacker irgendwie so weiße, fahle Haut umgeben von, wie du sagst, so Bombenbauer-Utensilien-mäßig irgendwelche Devices, Hardware nie rauskommen, das stimmt jetzt nicht. Das ist schon irgendwie ein bisschen gezeichnet, das heißt, das sind auch ganz normale, nicht so verkopfte Menschen.

Sven Weizenegger: Exakt, ich glaube, das ist ein sehr überzeichnetes Bild. Das verkauft sich natürlich in den Medien auch besser. Man sieht ja in den Medien auch Hacker mit so Kapuzenpullis und ich glaube, die Kapuzenpullis sind eigentlich dazu da, um sich besser zu fokussieren, damit man nicht nach links und rechts gucken kann. Das ist für mich eigentlich der Grund, glaube ich, wieso es Kapuzenpullis und Hackers in einem Bild gibt. Aber ansonsten sind das wirklich oftmals Klischees.

Joel Kaczmarek: Und wie habt ihr euch dann damals organisiert? Also war es wirklich so, dass du reale Menschen immer nur getroffen hast, die euch ausgetauscht habt oder hat das alles auch schon übers Netz stattgefunden, dass man Communities gebildet hat und so weiter und so fort?

Sven Weizenegger: Also wir haben uns eigentlich fast nur digital ausgetauscht und was du heute als Slack kennst, kenne ich als ERC, halt nicht so bunt und mit nicht so vielen Smileys.

Joel Kaczmarek: Internet Relay Chat damals?

Sven Weizenegger: Exakt. Das war so eigentlich die Urform der Kommunikation, die wir damals hatten. Und der große Vorteil, würde ich heute sagen, wenn ich so Vorträge mache, das erzähle ich auch ganz gerne, ist letztendlich, dass ich eigentlich nie wusste, wer hinter dem Rechner sitzt. Also ich hatte nicht den richtigen Namen, nicht das Geschlecht. Ich wusste nicht, wie die Person aussah. Es galt eigentlich nur das gesprochene Wort. Und was für die Meinungsbildung natürlich sehr interessant war. weil man überhaupt nicht biast war. Manchmal hat man sich dann natürlich auch getroffen, so einmal im Jahr zum Chaos Computer Kongress und hat festgestellt, ach, du bist das. Und dann haben sich teilweise auch Freundschaften herstellen lassen. Und ich kenne einen, den Marco zum Beispiel, das ist bei der Deutschen Bahn arbeitete, im Bereich Mobile Security. Den kenne ich seit ich 15, 16 glaube ich bin. Ja, und wir gucken uns an heute und sagen, wow, du bist aber alt geworden. Das gibt es auch vereinzelt. Aber mit den meisten habe ich letztendlich nichts mehr zu tun, ehrlich gesagt. Sind auch alle erwachsen geworden, sind Eltern geworden teilweise. Irgendwann streut sich das dann auch.

Joel Kaczmarek: Was war so dein Hacker-Alter-Ego? Wie hast du geheißen in diesen Kreisen? Ist doch irgendwie so, dass mal jeder so seinen eigenen Namen hat, oder?

Sven Weizenegger: Avatar. Genau, wir hatten alle unseren eigenen Namen. Das gibt es ja heute so nicht mehr in der Form, glaube ich. Ich nenne ihn mal lieber nicht, ehrlich gesagt. Das ist mir zu heikel.

Joel Kaczmarek: Okay, hast du denn auch richtig illegale Sachen gemacht? Also im Nachhinein, musstest du hinterher feststellen, dass du auch Gesetze gebrochen hast? Oder war das alles noch so harmlos?

Sven Weizenegger: Also ohne meinen Anwalt sage ich dazu nichts. Ich würde behaupten, es war relativ harmlos.

Joel Kaczmarek: Wie würdest du denn so einschätzen? Oder gab es da so eine Art Liga oder Klassen oder Level, an denen man abschätzen konnte, wer ein guter Hacker war und wer nicht?

Sven Weizenegger: Also es gab natürlich so Gruppierungen, die relativ bekannt waren. Und diese Gruppierungen hatten Mitglieder. Und da wurde auch nicht jeder aufgenommen. Die Gruppierungen haben sich letztendlich am Erfolg messen lassen, wer hat die neuesten Schwachstellen entdeckt und wer hat die neuesten Programme entwickelt, um die Schwachstellen auszunutzen. Da gab es einige, die wirklich, damit hätte man gesagt, fame waren, also berühmt waren, die teilweise sogar, ich glaube, eine der Hackergruppen ist sogar in dem Film Matrix aufgetaucht, nämlich wo er dann oder sie an dem Prompt was eintippt. und dann sieht man so SSH und da wird ein Programm ausgenutzt, um die Schwachstelle auszunutzen. Das hat eine der Gruppen programmiert, wo ich auch so ein bisschen mit abhing. Ich war nicht komplett drin in dieser Gruppe, aber wir kannten uns letztendlich irgendwie in Deutschland alle. Und viele sind davon inzwischen Berater geworden.

Joel Kaczmarek: Okay, ich habe mir ja sagen lassen, dass du auch im Dunstkreis der WhatsApp-Gründer irgendwie unterwegs warst. Stimmt das?

Sven Weizenegger: Peripher, sehr, sehr peripher, ehrlich gesagt. Also ich glaube nicht, dass wir wirklich einen Kontakt hatten, ehrlich gesagt.

Joel Kaczmarek: Aber die hatten auch damals eine eigene Hacker-Gruppe, also das ist sozusagen, das ist auch interessant, die Genese mal mitzunehmen, was wird aus so Hackern später, also du sagst, die einen wurden Berater und die anderen gehen hin und gründen irgendwie eines der erfolgreichsten Kommunikationsunternehmen der Welt, so muss ich mir das vorstellen.

Sven Weizenegger: Genau, die Gruppe hieß damals WuWu, also W und der 00W00 und es war eigentlich so eine der Top-3-Gruppen, glaube ich, in der Welt damals.

Joel Kaczmarek: Ich sage lieber nicht, was ich meinen Kindern beibringe, was eine WUWU ist. Aber gut, anyway, verstanden. Aber lustig, ich meine, wir lachen jetzt so ein bisschen, aber es ist ja eigentlich ganz interessant, was da so für Charaktere aufeinandertreffen und natürlich auch welches Potenzial da drin steckt. Also ich weiß, so viel kann man ja schon mal vorwegnehmen bei einem unserer späteren Hackers-Podcasts, wir haben ja schon fleißig aufgemacht. Und bevor wir diese Folge aufgezeichnet haben, hatten wir auch schon mal Gäste da. Weiß ich, dass dich einer deiner Gäste mal aufgezogen hat, so nach dem Motto, ja Sven, warum hast du es eigentlich nicht zu Wohlstand gebracht? Als Hacker hättest du ja alle Wege gehabt. Und hast du, glaube ich, sowas gesagt wie, ja, ich habe mich halt für die gute Seite der Macht entschieden. Also ist das ein bisschen so, dass man sich als Hacker irgendwann entscheiden muss, schrägstrich musste, ob man sozusagen sein Talent für gute Dinge einsetzt, wie zum Beispiel Beratung sicherer machen oder auch, gibt es auch viele, die in die illegale Schiene gewechselt sind?

Sven Weizenegger: Also ich glaube, es gibt drei Wege. Es gibt Wege, die in die Beratung gehen, so wie ich, oder Unternehmen aufbauen, wie ich das auch gemacht habe. Dann gibt es Leute, die gehen in die Beratung, beziehungsweise Leute, die sich fürs Böse entscheiden, wobei das eher selten ist und man das auch nicht mitbekommt, ehrlich gesagt, weil dann ist da irgendwie auch Kontaktabbruch. Und dann gibt es, glaube ich, den dritten Weg, die sich komplett aus der Szene verabschieden und was ganz anderes machen. Von denen hört man dann eigentlich auch nichts mehr.

Joel Kaczmarek: Okay, also Beratung, Unternehmertum, Black Hat oder kompletter Exit sozusagen, das sind so die drei Wege. Wie war das denn bei dir? Du bist ja dann irgendwann durchaus zu einem nicht ganz kleinen Konzern gekommen und hast da deine Technologie-Skills sozusagen eingebracht. Wie ist das passiert?

Sven Weizenegger: Ja, ich habe mich bei der Telekom beworben. Die haben damals einen sogenannten Penetration-Tester gesucht, um eine neue Dienstleistung aufzubauen. Und da ich sehr mutig war, habe ich mich einfach mal beworben und habe gesagt, ich bin es. Dann wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen und ich wurde es dann auch und habe letztendlich mit sehr jungen Jahren in einem Konzern angefangen zu arbeiten und habe da komplett von null eine Dienstleistung aufgebaut.

Joel Kaczmarek: Also was war eigentlich die Kernaufgabe, für die du angedacht warst?

Sven Weizenegger: Ich war angedacht, Kunden zu hacken, im Auftrag der Kunden der Deutschen Telekom letztendlich. Aus dem Mittelstand, aus dem Public-Sektor, aus dem Enterprise-Sektor. Habe aber auch sehr viel Telekom-eigene Systeme versucht zu hacken, um letztendlich auf die Sicherheitslücken hinzuweisen, damit die Kollegen Maßnahmen umsetzen konnten, damit wiederum andere Böse, die vielleicht dieselbe Idee haben wie ich, nicht in das System eindringen konnten.

Joel Kaczmarek: Okay, verrückt. Es ist ja lustig, dass man, also wann war das, in welchem Jahr?

Sven Weizenegger: 2002 war das, war mein erstes Jahr bei der Deutschen Telekom.

Joel Kaczmarek: Ja, aber unglaublich früh. Also es ist ja faszinierend, dass wirklich ein Konzern, ein Flaggschiff wie die Deutsche Telekom schon 2002 in den Dimensionen gedacht hat, dass die quasi so dieses Bounty-Hunting im Bereich Cybersecurity irgendwie bei sich sogar institutionalisiert haben. Also staune ich ja schon ein bisschen. Das ist doch sehr modern eigentlich, oder?

Sven Weizenegger: Ja, ist auf jeden Fall sehr modern. Und ich glaube, ich war auch der erste Hacker offiziell mit so einem richtigen Arbeitsvertrag. Das gab es damals nicht. Aber die Telekom war ja schon in den 90ern und 80ern schon in dem Thema sehr tief drin. Aufgrund des Chaos Computer Clubs zum Beispiel, historisch bedingt. Und die Telekom ist heute auch Security Champion, nicht umsonst, weil man da sehr viel investiert hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten.

Joel Kaczmarek: Crazy. Also bist du sozusagen einer der wenigen Hacker in Deutschland, der einen Arbeitsvertrag als Hacker hatte? Den hast du dir hoffentlich gerahmt. Und ich sag mal so, wie bist du denn dann weiter aufgestiegen? Also du bist ja wirklich bis in den Vorstand der C-Systems irgendwie vorgedrungen. Hast du da irgendwie so einen super Hack gehabt oder was hat dich dafür qualifiziert?

Sven Weizenegger: Ich glaube, mein Superhack war damals, dass ich mich abseits der technologischen Themen, mich auch für das Thema Unternehmertum, Marketing, Sales interessiert habe. Und ich habe damals gedacht, hier steckt so viel Potenzial dahinter und wir nutzen das nicht richtig im Konzern, weil es sehr verteilt war. Habe ich einen Dreipager geschrieben und habe das an den CEO der T-Systems damals einfach geschickt. Ohne Leute zu fragen, wie es damals so war, so ein bisschen rebellisch. Und es wurde mit Wohlwollen angenommen, wurde sich eingeladen und Kollegen im Vorstand parallel hatten auch ein ähnliches Thema auf dem Schirm, auf der Agenda, hatten aber keine Expertise im Bereich Produktentwicklung und Technologie. und dann wurde ich doch gebeten, einfach mitzumachen. und zeitgleich fand der Cyber Security Summit statt mit der Münchner Sicherheitskonferenz und da habe ich beim Projekt erstmal ausgeholfen. Und dann war irgendwann die Phase, wer ist nun der Keynote-Speaker? Weil man macht das Event zum ersten Mal, man legt die Top-CEOs Europas ein, wer kommt überhaupt, wer ist der Zugpferd? Und dann habe ich durch Kontakte den ehemaligen Sicherheitsberater von Barack Obama gewonnen als Keynote-Speaker. Und dann war ich auf einmal relativ bekannt im Konzern. Ich war das U-Boot sozusagen. Das hat Vorteile natürlich, hat aber auch sehr viele Nachteile mit sich gezogen.

Joel Kaczmarek: Wieso, was waren so die Nachteile?

Sven Weizenegger: Naja, dass man gesehen hat, da macht ein Angestellter etwas, was er will, selbst will, ohne jetzt sich an die Regeln zu halten. Dann ging es sogar so weit, dass gewisse Kollegen versucht haben, mich vom Thron zu stoßen sozusagen und gewisse Intrigen gespinnt haben, die ich aber alle ausgefochten und auch gewonnen habe. Die besagte Person ist dann auch gegangen worden und dann erlebt man wirklich, was im Konzern auch passieren kann. Aber ich muss auch sagen, ich hatte auch sehr, sehr viel Rückendeckung im Konzern. Ich glaube, sonst wäre es sehr schwierig geworden für mich. Ja,

Joel Kaczmarek: aber faszinierend, ich meine, was du dann für eine Entwicklung genommen hast, also ich meine, was ich ja den Leuten auch so ein bisschen mal mitgeben möchte auf dem Weg ist, dass nicht jeder, der ein Hacker ist oder der irgendwie Cyber beherrscht, unbedingt jetzt nur so ein Tech-Nerd ist, sondern dass da halt auch irgendwie was Wirtschaftliches oft hinter steckt, so wie bei dir, also du kannst Firmen aufbauen und dass das eben nicht nur, wie das in diesen ganzen Comics und Filmen immer porträtiert wird, Hoodie, Sonnenbrille, Kopfhörer, sitzt am Rechner und tackert irgendwie in die Tasten, sondern viel, viel mehr. und ich meine Was ja auch vielleicht eine lustige Anekdote bei dir ist. Ich habe gehört, dass du nebenbei irgendwie auch gemodelt hast und Techno-Partys veranstaltet. Stimmt das?

Sven Weizenegger: Oh ja, die Gerüchte stimmen. Also ich habe von 2002 bis 2006, glaube ich, Techno-Partys veranstaltet. Auch in der U-Bahn. Also wir waren die Ersten, die in der U-Bahn live eine Band hatten. Alle hatten natürlich Fahrkarten. Und ich habe auch wirklich eine Weile gemodelt, aber es war eher so Teilzeit. Ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich ein Supermodel war oder so. Da bin ich aber viel rumgekommen. London, Paris, Mailand, viel Berlin. Habe das so nebenbei immer gemacht und hatte aber auch die Freiheiten im Konzern. Also dafür bin ich auch sehr dankbar bis heute.

Joel Kaczmarek: Ach, während du bei der Telekom im Konzern gearbeitet hast, wo du quasi von Null zum Vorstand aufgestiegen bist, als 14-jähriger Hacker, der irgendwie Technopartys organisiert hat, hast du parallel noch gemodelt.

Sven Weizenegger: Genau, da war ich so 20. Da sah ich noch besser aus als heute, würde ich behaupten.

Joel Kaczmarek: Korrekt. Hast du, glaube ich, ja so den verrücktesten Lebenslauf Deutschlands, wenn das mal irgendwie als Preis ausgelobt wird. Also in der Tat eine echt interessante Entwicklung und Wendung, die du da genommen hast. Lass uns mal abschließend vielleicht noch ein, zwei Sätze sagen zu irgendwie Hackern heute. Also wenn wir über die Reihe hinweg immer über das Thema Cybersecurity sprechen, wie agieren denn Hacker heute? Also was man ja immer so liest, ist ja eher, dass sich teilweise auch in so richtigen Hackergruppen irgendwie zusammengeschlossen wird. Also in Russland gab es ja da durchaus Fälle, die dann irgendwie Banken ausgespäht haben, indem sie den Trojaner reingeschickt haben und dann haben sie quasi gelernt, wie sie deren Bankensoftware irgendwie hacken können und und und. Ist das so ein bisschen die neue Realität? Also wird sozusagen der Hacker so der Profiverbrecher von morgen oder ist das eigentlich nach wie vor viel zu negativ gezeichnet? Ist es nach wie vor so, dass man auch noch so eine gewisse Ethik hat? Also ich fand früher mit Hacken hat sich ja auch immer eine gewisse politische Haltung verbunden, hatte man den Eindruck, eine gewisse Moral. Wo stehen wir da heute?

Sven Weizenegger: Also ich glaube, diese Gruppierung gibt es immer noch, wie du schon angedeutet hast, zwischen White, Black und da gibt es immer noch was dazwischen, diese Greyheads sozusagen. Hacken ist heutzutage wesentlich professioneller geworden, weil sich dahinter auch ein Business Case befindet, der wirklich Milliarden von Euro umsetzt. Und dank oder trotz der Digitalisierung sind natürlich die Angriffsflächen wesentlich größer geworden, Das heißt, es ist wesentlich lukrativer geworden, als Hacker tätig zu sein. Nichtsdestotrotz ist das, glaube ich, ein Beruf, der auch mal so ein bisschen mit Angst zu tun hat, weil auf der anderen Seite sitzen auch die Gegner, die versuchen einerseits, Angriffe abzuwehren, allerdings auch Angriffe zu identifizieren und den Bösen ausfindig zu machen. Das ist nicht einfach, ist relativ schwer. Es geht. Man hat teilweise auch Erfolge. Und was heute, glaube ich, auch sehr unterschiedlich ist, ist, dass viele dieser Hacker-Gruppen auch vom Staat gesponsert werden letztendlich. Das sind straffe Organisationen, die auch Betriebseinheiten haben. Viele der Dinge, die man heute im Internet sieht, wie Customer-Support-Themen zum Beispiel, gibt es auch in Hacker-Foren. Also wenn du böse Software bestellst und sagst, ich möchte den Trojaner zugeschnitten auf Person X oder Firma X, dann kriegst du auch einen Chatraum und kannst da deine Wünsche äußern, kannst mobil bezahlen. Das gibt es da auch. Das ist ein sehr florideres Business.

Joel Kaczmarek: Also wenn du sagst, es ist ein Milliarden-Business, das Thema Hacken, dann meinst du damit eigentlich wirklich dieses Black-Hat-Eck, also dass man Leute quasi hackt und dann erpresst oder die Daten verkauft oder, oder?

Sven Weizenegger: Also einerseits das, allerdings ist Cybersecurity auch ein Milliarden-Business im Bereich Hightech. Der Markt ist halt riesengroß, der Markt wächst jedes Jahr gefühlt um 10%. Unternehmen müssen investieren. Und das Spannendste an Cybersecurity finde ich, wieso ich da auch da mit dabei bin, ist, es ist kein vertikales Thema, sondern ein sehr horizontales Thema und betrifft letztendlich alle Lebensbereiche. Wenn du morgens aufstehst, dein Handy anmachst, da ist Cyber drin. Wenn du das Licht anmachst, ist Cyber drin. Wenn du in dein Auto demnächst steigst und es autonom fährt, auch da ist Cybersecurity drin. Es lässt dich letztendlich nicht los. Und oftmals ist es transparent und idealerweise spürst du es halt nicht.

Joel Kaczmarek: Ja, ich muss ja fairerweise sagen, Digitalisierung hält ja überall Einzug und es ist quasi neuralgisch in jeder Hinsicht. Das heißt, dein Thema muss ja florieren, bis der Arzt kommt. Also du bist ja wie ein Mediziner im digitalen Bereich quasi. Also Leute sind immer krank, also brauchen sie mal einen Arzt und Software kann auch immer kranken oder sozusagen angegriffen werden. Dann braucht man sozusagen so jemanden wie dich. Von daher verstanden. Okay, gut. Also wir lernen mittlerweile deutlich professionalisierter, vom Staat teilweise gefördert. und was du eben gesagt hast mit diesen ganzen Dienstleistungen für Hacker, wo finde ich den ganzen Kram? Also wie muss ich mir das vorstellen? Wo zieht sich ein Hacker sozusagen seine Hacks her und kriegt er noch von anderen Hackern da irgendwie Kundensupport? Ist das dann irgendwie so alles so tief im Dark Web oder wie läuft das ab?

Sven Weizenegger: Ja, also ich finde es viel im Darknet, über den Tor-Browser letztendlich. Dazu haben wir auch eine Folge aufgenommen übrigens, die auch demnächst kommen wird. Da erfährt man ein bisschen mehr. Es gibt sogar Punktesysteme wie bei Ebay, dass du Käufer bewerten kannst. Das ist deswegen so interessant, weil bei Ebay normalerweise versuche ich eine Vertrauensbeziehung aufzubauen zum Händler, dessen Namen ich weiß. Und im Darknet habe ich das halt nicht. Ich muss aber trotzdem Trust aufweisen. Und da gibt es auch Punktesysteme. Also wenn du Dinge verkaufst, musst du auch beweisen, dass du sie lieferst und seriös genug bist, obwohl du anonym bist. Das ist das spannende Spannungsfeld. Aber da haben wir eine extra Folge für.

Joel Kaczmarek: Machst du auch dann ein bisschen was so zu dem ganzen Thema Verfolgung, also Strafverfolgung? Weil ich glaube, das Problem ist ja ganz oft, dass das so ein Cross-Border-Thema ist. Also ein Hacker sitzt ja jetzt irgendwie nicht in Bonn und greift irgendwie in Baden-Württemberg jemanden an, sondern es ist ja dann teilweise, weiß ich nicht, tiefstes Russland oder in Italien und der Attacke findet aber irgendwie in Südamerika statt und, und, und. Also das ist ja, glaube ich, so ein bisschen das Problem, dass die ganze Strafverfolgung da tricky ist, weil es halt nicht immer unter dem gleichen Rechterrahmen passiert. Hast du da auch ein bisschen was, was du dir anguckst oder schon mal so eine kleine Vorschau, was da so passiert?

Sven Weizenegger: Ja, also ich bin dann eher der Feuerwehrmann, der versucht zu identifizieren, was ist passiert und wie kann ich das Problem beheben. Ich selbst darf ja keine Strafverfolgung machen. Ich kann aber dem Kunden helfen und das mache ich auch oft. Und wir haben auch eine Folge mit Michael Bartsch, der sich damit wesentlich besser auskennt, der letztendlich das Thema auch versucht international zu koordinieren, weil wie du gerade richtig gesagt hast, das Internet kennt keine Grenzen und Angriffe passieren aus Russland, aus China, aus allen anderen Ländern auch. Und da ist natürlich internationale Zusammenarbeit sehr wichtig. Das war früher wesentlich schwieriger. Das haben wir früher auch ausgenutzt. Wir sind dann nach Südkorea, nach Japan gegangen. sondern versucht dann in Deutschland was zu infiltrieren, weil wir damals wussten, dass es Sprachbarrieren gab, dass die Gesetze nicht die waren, die man damals hätte gebraucht. Das ist heute natürlich besser geworden, wird aber immer noch ausgenutzt natürlich, weil es immer noch zu langsam ist.

Joel Kaczmarek: Spannend. Dann danke ich dir mal lieber, dass du mich mit auf diese Reise genommen hast. Vom Technoveranstalter übers Model zum Vorstand und einmal wieder zurück so ungefähr. Ganz viel Glück natürlich jetzt für deine Reihe. Freue ich mich schon sehr drauf, was wir da noch so weiteres aufnehmen. Vielen Dank dir.

Sven Weizenegger: Vielen Dank. Das war es schon wieder, aber morgen geht es weiter mit Hackers. Dazu abonnierst du am besten den Hackers-Podcast bei iTunes, Spotify oder wo du auch immer Podcasts hörst. Dazu habe ich Isabel Skirka eingeladen und spreche mit ihr über digitale Souveränität und was dies im digitalen Raum überhaupt bedeutet, welche Kompetenzen wir uns aneignen müssen und welche Rolle du als Bürger, der Staat, aber auch Unternehmen spielen.