Kreislaufwirtschaft: Das Geschäft mit dem Plastikmüll

16. Oktober 2018, mit Joël KaczmarekDavid Wortmann

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Cleantech Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich bin ja hier eigentlich gar nicht der Master of Celebrations, sondern es ist ja der liebe David. Grüß dich, David.

David Wortmann: Hi, grüß dich, Joel.

Joel Kaczmarek: Ich darf heute nur dabei sein, weil es ein Herzensthema von mir ist. Kreislaufwirtschaft, Müllvermeidung, Plastik, das ist ja, was mich immer beschäftigt, auch wenn es gefühlt, also in meinem Publikum ist das immer uncool. Ich weiß nicht, wie es bei dir so ist. Manchmal denke ich, ich bin der Einzige, der das macht, wenn ich so morgens zum Bäcker laufe und sehe da den ganzen Plastikmüll rumliegen und so.

David Wortmann: Ja, es hat immer noch so ein angestaubtes Image eigentlich. Aber ich glaube, das verbessert sich auch. Ich glaube, dass das Thema Kreislaufwirtschaft und gerade auch das Thema Mikroplastik und solche Themen eigentlich immer mehr in der Gesellschaft ankommen. Und ich meine, du hast ja auch schon in einem Podcast zum Thema Müllvermeidung und Verpackungsvermeidung gemacht. Und ich glaube, das rückt mehr und mehr in die Mitte der Gesellschaft auch das Thema. Ja.

Joel Kaczmarek: Das ist auch total witzig. Ich habe gesagt, vielleicht für alle Anwesenden, die wir gleich natürlich mal vorstellen auch. Ich hatte einen Podcast gemacht, wo ich gesagt habe, wie ich in meinem Haushalt Plastik vermeide. Ich habe gesagt, ich benutze Seife statt teurem Duschgel. Ich habe irgendwie eine Bambuszahn und so weiter. Ich glaube, in jedem Bereich, so Küche, Bad, alles immer durchdekliniert. Und dann kam im Nachhinein, hat mir erst jemand geschrieben, Nati, so ein Windel-Baby-Produkte-Hersteller, dass sie das total toll finden, ob ich nicht auch mal Windeln testen will. Also demnächst spreche ich über Windeln. Und dann hat mir eine Frau auch geschickt, sie meinte, ey, du hast ein Thema total vergessen, wo ich mir auch erklären konnte, warum, Darmhygiene. Da kam dann so Plastikvermeidung, wenn es irgendwie um die Menstruation geht. Also die macht so Slips, glaube ich.

Sebastian Müller: Es gibt so Cups, ne? Da gibt es so Cups, die du wiederverwenden kannst.

David Wortmann: Wir sind wahrscheinlich nicht die komplette Runde, um das Thema zu sprechen hier, aber genau.

Joel Kaczmarek: Aber man merkt, welche Vielfalt das annehmen kann. Und es ist bei mir auch in der Tat so, wenn ich meinen Facebook aufmache, ich werde immer nur zugeworfen mit diesen ganzen Riffen, wo irgendwie Plastik drin rumschwimmt und welche Ansätze es wieder gibt mit Eimern, die das aufsaugen und, und, und. Vielleicht tangieren wir das ja heute auch ein bisschen. Aber sag doch nochmal einen ganz kurzen Satz, lieber David, ganz kurz zu dir, was du machst. Wir haben ja einmal angefangen mit Solar, jetzt zu Plastik. Also wir merken Cleantech hier wirklich auf allen Ebenen.

David Wortmann: Genau, das ist ja die Idee unserer Serie hier, die Cleantech-Themen ein bisschen mehr zu beleuchten. Ich bin Geschäftsführer und Gründer von DWR-Eco. Wir sind eine auf Cleantech spezialisierte Beratungsagentur. Wir machen sehr viel im Bereich Kommunikation, aber auch insbesondere im Bereich Politik, weil dieser Cleantech-Bereich auch ein sehr regulierter Bereich ist. Wir sind auch immer wieder in strategischen Fragen auch mit eingebunden, wenn es darum geht, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, neue Produkte sozusagen in den Markt auch einzuführen. Da sind wir sehr, sehr gut aufgestellt, haben ein tolles Team. Und das Thema Kreislaufwirtschaft ist natürlich für uns auch in diesem Cleantech-Sektor ein sehr, sehr wichtiges Thema.

Joel Kaczmarek: Gut, du wirst gleich mal in das Thema Kreislaufwirtschaft eintauchen, dass du mal ein paar Zahlen gibst, bisschen Status Quo, was passiert eigentlich wo, aber bevor wir das tun, natürlich mal unsere spannenden Gesprächspartner hier. Ich habe vor mir auf dem Tisch liegen hier so ein Glasröhrchen, das sieht schon aus, wie ich früher aus dem Chemieunterricht eigentlich kannte. Es geht um das Thema Strohhalme. Stell dich doch mal ganz kurz vor und sag vielleicht einen kurzen Satz, was du machst, bevor wir tiefer in dein Geschäftsmodell tauchen.

Sebastian Müller: Ja, hi, ich bin Sebastian, einer der Gründer und der Geschäftsführer von der Firma Halm und wir machen Trinkhalme aus Glas, die nachhaltige, wiederverwendbare Lösung für den Plastiktrinkhalm.

Joel Kaczmarek: Und ich darf sagen, ich habe gerade so ein Ding schon genommen, einmal so ungefähr anderthalb Meter in die Luft geworfen und auf unseren, was ist das hier, so Linoleum-Boot fallen lassen.

Sebastian Müller: Das sind, glaube ich, Fliesen, ne?

Joel Kaczmarek: Ne, das ist Linoleum. Also zumindest irgendein Gummizeug. Vielleicht sind das auch mal früher Strohhalme gewesen. Die halten, ja. Also ich habe kurz Angst in deinen Augen gesehen, aber sie halten. Das gehen wir gleich im Detail mal an. Wir kompletieren die Runde sozusagen. Du wirst schon als Corporate vorgestellt. Das ist, glaube ich, ein bisschen despektierlich, darf man fast schon sagen. Ich finde, ihr seid auch noch frisch und jung. Erzähl doch mal ganz kurz, wer du bist und was du machst.

Jan-Patrick Schulz: Ja, ich bin Jan-Patrick Schulz, ich bin CEO der Landwell AG. Landwell AG beschäftigt sich mit verschiedenen Themen der Kreislaufwirtschaft, vor allem Rückholsysteme. Wir beschäftigen uns auch damit, wie man Verordnungen, Gesetze, Regularien in Lösungen für unsere Kunden umsetzen kann. Also immer wenn was Neues kommt, ob das jetzt drohendes Plastikverbot oder der Einsatz von Recyclingplastik, Kunststoff in den Kreislauf wieder ist, das sind die Themen, die unsere Kunden beschäftigen und wo wir die Expertise haben.

Joel Kaczmarek: Man darf ja dazu sagen, als ihr gestartet seid, habt ihr euch an einem Segment wiedergefunden, was relativ monopolistisch war, was ihr auch wirklich mitgeholfen habt, aufzubrechen. Das heißt, das sind ganz schön dicke Bretter, die man da bohrt. Ich glaube, das nimmt ja auch zu bei den Leuten. So im Bewusstsein, also Fun-Systeme ist irgendwie ein Thema, worüber die Leute nachdenken. Ich sehe bei mir auf Facebook auch mal irgendwelche Bilder mit Nigeria, wo dann unsere Kühlschränke landen und die dann irgendwie die Kabel verbrennen, um das Kupfer rauszukriegen und solche Sachen. Also da tauchen wir sicherlich mal ein. Aber lieber David, dann gib uns doch wirklich mal einen Heads-Up. Vielleicht, dass der geneigte Zuhörer, der sowas nicht wie du tagtäglich atmet, mal ein Gefühl für Kreislaufwirtschaft kennt. Das Wort ist ja schon sehr technisch.

David Wortmann: Ja, sehr technisch, aber sagt natürlich auch schon viel über das Thema aus. Es geht eigentlich darum, die Wirtschaft in Kreisläufen zu denken und im Prinzip den Wert von Produkten und Materialien so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Das ist sozusagen das erste Ziel. Und ein zweites Ziel der Kreislaufwirtschaft ist, der Abfall- und Ressourceneinsatz weitestgehend minimiert wird. Also auch Ressourceneinsatz ist ja das Thema von Hallen beispielsweise hier. Also dass quasi zu Beginn der Wertschöpfungskette oder eines Produktlebenszykluses so wenig wie möglich auch an Ressourcen eingesetzt wird. Und wenn es dann eingesetzt wird, ist dann das nächste Thema dann zum Ende der Lebensdauer dieses Material auch weitestgehend im Kreislauf gehalten wird, also recycelt wird. Hier tauchen natürlich immer wieder auch Stichworte auf wie Upcycling, also eine Verbesserung sozusagen oder Downcycling. Also im Papierbereich beispielsweise wissen wir, dass man, wenn man Altpapier sieht, bis zu sechs, sieben Mal kann man Papier recyceln, aber dann ist sozusagen die Wiederverwertbarkeit im Papierbereich dann relativ eingeschränkt. Es gibt auch Begriffe wie Closing the Loop oder Cradle to Cradle, wo man wirklich auch diesen Gedanken des Abfalls komplett aus der Gleichung nimmt und sagt, am Ende gibt es keinen Abfall. Es gibt im Prinzip nur Materialflüsse und die müssen wir versuchen in den jeweiligen Kreisläufen zu halten. Und wir haben jetzt hier, glaube ich, zwei wunderbare repräsentative Akteure. Aus dieser Wertschöpfungskette, Produktdesign, versucht Halm dort Innovationen einzubringen und Plastikstrohhelme sozusagen ersetzbar zu machen. Und am Ende der Wertschöpfungskette, wenn man so möchte, gibt es mit Landbail und der European Recycling Platform hier einen sehr namhaften Player, der sich letztendlich darum kümmert, Produkte und Verpackungen auch wieder zurückzunehmen, zu recyceln. Vielleicht noch zwei, drei Zahlen? Wir haben in dem Sektor, aber da lasse ich mich auch gerne nochmal korrigieren hier von den Praxisvertretern, rund 11.000 Unternehmen in Deutschland, die mit dem Thema beschäftigt sind. Wir haben insgesamt so einen Umsatz von rund 70 Milliarden Euro, also doch relativ signifikant mit rund 270.000 Beschäftigten, also eines der größeren Sektoren eigentlich, Industrie-Sektoren, die wir in Deutschland haben. Vielleicht ganz kurz heruntergebrochen noch, was das für uns jeden bedeutet. Also wir verbrauchen ungefähr im Jahr so 460 Kilogramm Abfall. Das ist ziemlich viel. Auf Deutschland gerechnet sind es so um die 400 Millionen Tonnen Abfall.

Joel Kaczmarek: Die sind sehr schmutzig, ne? Deutsche sind, glaube ich, ziemlich müllintensiv, ne?

David Wortmann: Auf der einen Seite verbrauchen wir möglicherweise sehr, sehr viel im Vergleich zu anderen, weil wir einfach auch ein Wohlstandsland sind. Auf der anderen Seite kann man sicherlich auch sagen, dass wir mit zu den Recycling-Weltmeistern auch gehören. Das stimmt. Wir sind schon diejenigen, die auch dank solcher Systeme, wie Sie Landwehr mit aufgebaut haben. Na, Sebastian guckt kritisch.

Sebastian Müller: Ich bin da ja eben anderer Meinung. Was ja eben auch unser Thema treibt, ist ja die Faktum, dass wir einfach nicht recycelt haben, sondern wir haben thermische Verwertung in China gemacht. Also das ist halt eben das Thema, was wir jahrelang Recycling genannt haben.

David Wortmann: Und Weltmeister ist ja immer relativ. Also im Vergleich zu anderen europäischen Mitgliedstaaten sozusagen, natürlich sind wir jetzt nicht in einer hundertprozentigen Recycling und Wiederverwertbarkeit sozusagen. Und insofern, das vielleicht noch als letzten Input, und das können wir gerne auch gleich nochmal vertiefen, gibt es ja auch politische Ziele. Von der Europäischen Union, aber auch in Deutschland gibt es Ziele. Und im Verpackungsbereich beispielsweise gibt es ja ein Ziel, dass Kunststoffverpackungen bis 2030 komplett wiederverwertbar gemacht werden sollen und dass wir auch bis zu 75 Prozent der Verpackungsabfälle auch wieder recycelt werden sollen.

Jan-Patrick Schulz: Und das ist ja auch tatsächlich so. Also es ist ja nicht so, natürlich gehen auch Kunststoffe vor allen Dingen mittlerweile natürlich sortenrein. Also ein Wegfand, wo man ein gutes sortenreines Material hat, das geht ja nicht dahin, weil es Müll ist, sondern das geht dahin, weil es einen Wert hat. Daraus werden ja neue Produkte gemacht. Aber Recycling-Technologien erfordern enorme Anstrengungen, enorme Investitionen. Und das mit dem Recycling-Weltmeister stimmt schon. Dass wir noch nicht da sind, wo wir hinwollen, das ist ja völlig klar. Und dass man irgendwann die Vision hat, zu Zero Waste zu kommen, das ist sicherlich gut. Und auf dem Weg dahin sind wir. Aber ob das jetzt 10, 20 oder 30 Jahre dauert, das ist eine andere Geschichte. Und dass noch viel zu tun ist, ist richtig. Aber deswegen, was du auch sagtest, David, dass wenn die Politik die Ziele anspruchsvoll genug setzt, wenn das im Wettbewerb irgendwo sich entwickeln kann, werden wir auch irgendwo dahin kommen.

Sebastian Müller: Ich bin halt immer so ein bisschen hinterhergerissen mit dieser Formulierung, weil einfach das in der Wahrnehmung dazu führt, dass die Menschen denken, ich muss nichts unternehmen. Wenn vom Vokabular was da verwendet wird, heißt es auf Deutsch, wir haben kein Problem. Wir reden über eine Klimakatastrophe, auf die wir zusteuern. und wenn wir weiterhin Wörter benutzen, die da heißen, wir sind Weltmeister im Müll wegmüllen oder recyceln, ja, in meiner Führungsstrich, dann ist es halt eben in der Wahrnehmung nicht so, dass die Leute merken, oh mein Gott, ich muss hier an mir auch was ändern. Und gerade eben in Deutschland. Ja, genau.

Jan-Patrick Schulz: Wobei die Ziele ja auch politisch klar sind. Es geht darum, im ersten Schritt überhaupt nicht nur zu vermeiden, das wirkliche Recycling, das Einsammeln und tatsächlich aufbereiten und wieder in den Kreislauf zurückführen. Das ist ja nur die letzte Möglichkeit. Und es setzt ja auch früher an, auch da, wenn man sieht, was im Augenblick zum Beispiel in Frankreich diskutiert wird oder auf der europäischen Ebene. wie man tatsächlich Unternehmen verpflichten kann, Kunststoff, der recycelt ist, auch wieder einzusetzen in andere Produkte. Aber da stehen natürlich sehr viele Hürden. Das ist da nicht lebensmitteltauglich, das kann man dann nur in bestimmten Bereichen einsetzen. Das sind die Themen, an die diskutiert werden. Und das kommt ja dadurch, dass wir auch soziale Bewegung haben, wo die Politik reagiert. Und daraus entstehen Ziele, dadurch entstehen Gesetze und Verordnungen. Das wird dann dementsprechend umgesetzt. Und das ist das Interessante. Und deswegen kann man ja nur begrüßen, wenn sich auch Start-ups damit auseinandersetzen, wie kann man es überhaupt vermeiden. Die entscheidende Frage ist immer, wie kann man das skalieren, wie kann man das größer machen und wie kann man mehr dafür gewinnen? Da gibt es viele First Adopter und dann hat man eine Gruppe, die das wirklich interessiert und dann wird es spannend. Wie kriegt man das in die große Fläche?

David Wortmann: Ich würde jetzt mal vorschlagen, bevor wir uns jetzt hier in einen Fachabtausch sozusagen jetzt hineinbewegen, dass wir erst einmal unseren Podcast-Hörern erklären, was ihr denn macht im Detail und wie seid ihr dazu gekommen, Sebastian? Halm zu gründen? Was waren die Motivationen? Vielleicht ein paar Key Faggots zum Markt?

Sebastian Müller: Ich nehme das einfach mal mit auf, weil das ist eben, was du gerade gesagt hast, ist genau auch das Thema, wie wir in den Markt reingegangen sind. Also vielleicht zum Hintergrund. Ich komme halt auch aus dem E-Commerce, habe mit der ganzen Thematik Trinkhalme, Plastik und auch in der Gastronomie nie wirklich vorher gearbeitet. Man hatte wirklich dieses Erlebnis, dass ich 2015 im Urlaub war, einen Strand sauber gemacht hatte und so viele Trinkhalme in der Hand hatte, dass ich mir danach die Zahlen mal angeschaut habe und dann aus allen Wolken gefallen bin. Und dann haben wir uns eben nach Alternativen umgeschaut.

David Wortmann: Wie sind denn die Zahlen?

Sebastian Müller: Die Zahlen, achso, das sind drei bis sechs Milliarden Stück pro Tag, die wir verwenden weltweit. Das heißt, in Deutschland schwanken die Zahlen, also ich habe gelesen, 100 Millionen Stück am Tag, das heißt 1,3 Trinkkeime pro Person pro Tag. Das geht relativ schnell. Geht man heute mal einen Gin Tonic trinken, kriegt man zwei Stück da rein. In einer guten Bar macht der Barkeeper, probiert er nochmal, ist der dritte weg. Das heißt, ich trinke zwei Gin Tonics, da habe ich meinen Wochenschnitt fast drin.

Joel Kaczmarek: Kannst du mal sagen, ich habe es jetzt teilweise schon gehabt, dass Leute so kommen und sagen, ja, alle reden über Strohhalme, das ist doch so ein Doesn't move the needle Thema, das ist doch gar nicht das Größte, sondern das Größte ist doch was ganz anderes, meinetwegen irgendwie Verpackungen von Waschmitteln oder Industrieplastik oder, oder, oder. Also kannst du den Leuten wirklich mal bebildern, wenn jetzt alle Leute aufhören würden, Plastikstrohhalme zu benutzen, was für ein Impact wäre das?

Sebastian Müller: Also das sind 500 Orca-Wale pro Tag vom Gewicht her, einfach mal. Also man muss überlegen, wenn ich alle Trinkhalme von einem Tag nur aneinanderreihe, muss ich einmal zum Mond fliegen, um einen Schluck zu trinken. Die Thematik ist beim Plastiktrinkhalm, dass er eben aus dem billigsten Plastik gemacht wird. Deswegen ist eben genau dieser Recyclingprozess auch ein bisschen kompliziert. Und er ist eben auch derzeit so ein bisschen die Speerspitze von, wir sind einfach Menschen, die sich nicht darum scheren. Das ist ja eine Trinkhilfe am Ende des Tages. Wenn wir es mal runterbrechen, geht es zum Gesundheitssektor, Menschen, die das wirklich benötigen, die einfach nicht ohne einen Trinkhalm trinken können. Aber ansonsten ist es ein Produkt, was de facto keiner braucht. Und dafür, dass wir es dann drei bis sechs Milliarden mal am Tag benutzen, das ist schon ziemlich krass.

Joel Kaczmarek: Warum wird das denn benutzt? Also ich weiß, bei meinen Kids ist das so, wenn ich mit denen ins Lokal gehe, kriegen die per se irgendwie in ihre Apfelschorle immer so ein Strohhalm reingesteckt. Und ich habe gelernt, ich war bei Vapiano mal und habe gefragt, warum die auf einmal da so Trinkhalme haben. Und dann kam für mich so raus, speziell amerikanische Touristen finden es eklig, in Restaurants ihren Mund an Glas zu führen, was ich ein bisschen pervertiert finde.

Sebastian Müller: Genau, also das Faktum ist, dass die Menschen wirklich denken, der Plastiktrinkhalm, der wäre hygienischer. Also das heißt, die stecken sich den BPA-versorgten Stück Erdöl in ihren Mund, kauen noch darauf rum, haben das vielleicht noch in einem Heißgetränk oder in Alkoholika, wo sich eben das BPA auch noch mit auflöst. Und Thema Kreidezähne zum Beispiel, habe ich letztens auch einen Artikel gelesen, dass die jetzt wohl sagen, also Kreidezähne sind wohl mittlerweile weiter verbreitet als Karies und löst halt die Zähne von den Kindern auf und ist eindeutig auf BPA zurückzuführen. Liegt auf der einen Seite der Hormonhaushalt der Mutter, aber natürlich, wenn ich mir die Dinger dann noch in den Mund schiebe, dann auch darauf stehen, den ganzen Tag rumkau, was eben Kinder auch machen, dann führt es eben dazu, dass wahrscheinlich dann dieser Stoff noch mehr in den Körper eingeht, ja.

Joel Kaczmarek: Warum gibt es da keine Regulierung, dass man sowas da nicht drin haben darf? In jedem Scheiß darf kein BPA drin sein oder schon?

Sebastian Müller: Das ist eine gute Frage. Das ist eine sehr gute Frage. Also ich glaube auch, das ist der Trinkhalm. Der Trinkhalm ist halt ein nicht wahrgenommenes Problem gewesen bis vor kurzem. Dass er eben so häufig da ist und so klein ist, nimmt man ihn nicht wahr. Wenn man heute zum gedeckten Tisch geht, ist das letzte Stück Einwegplastik, was ich auf einem gedeckten Tisch heute finde, ist ein Plastiktrinkhalm. Wenn ich irgendwie ins Lokal gehe und mir da ein Steak bestelle und es kommt auf einen Plastikteller mit einer Plastikgabel und mein Bier kommt in einen Plastikbecher, dann würden alle ausflippen. Aber den Plastikstrohhalm, den akzeptieren wir noch. Also das ist halt auch so ein Behavior Change. Und das ist halt eben auch, wie wir als Halm angetreten sind. Zu sagen, wir wollen nicht ein ökologisches Produkt bauen, was nur ökologisch ist, sondern eben auch einen Mehrwert bieten, der dazu führt, dass die Menschen das konsumieren. Nicht nur, weil sie diesen ökologischen Gedanken haben, sondern weil sie es einfach geil finden. Weil unsere Halme sehen einfach geiler aus, du hast einen besseren Geschmack. Es bleibt halt 100% geschmacksneutral. und deswegen auch dieser Kreis, was du gerade gesagt hast, dass wir eben versuchen, wirklich in diesen Markt zu drängen und nicht nur zu sagen, okay, kauft das, weil ihr rettet damit die Welt, sondern kauft es, weil ein Fischmesser hat auch jeder Zweite zu Hause und benutze ich, wenn ich es brauche. Und genau so ist es, da gehört einfach ein wiederverwendbarer, egal welcher Art, ein wiederverwendbarer Trinkhalm, wenn man den mal braucht.

Jan-Patrick Schulz: Das ist, finde ich, ein sehr interessanter Aspekt an dem Thema, auch wenn wir mit Startups sprechen. Viele kommen eben über dieses grüne Thema, über Kreislaufwirtschaft, die Welt wird besser dadurch, was auch völlig richtig ist, aber damit gewinnt man eine gewisse Zielgruppe. Wenn man aber tatsächlich dem Kunden oder dem Konsumenten einen einen anderen Mehrwert noch erklären kann, dann kann man es leichter skalieren, dann wird das auch erfolgreich. Und wenn es erfolgreich ist, dann ist es auch wieder gut für Müllvermeidung oder Recycling und andere Themen. Das ist so die Dynamik, die ideal wäre. Weil man bekommt eine gewisse Gruppe genau über das Thema. Über die Sicherheit ist natürlich schon eine ganz andere Dimension. Das war mir auch gar nicht so klar.

David Wortmann: Sebastian, lass uns doch gerne gleich nochmal das Geschäftsmodell von euch nochmal vertiefen, Vertriebswege und so weiter und so fort, aber vorher vielleicht, wie seid ihr denn in den Markt hineingekommen, klang ja gerade schon so ein bisschen an, ihr seid Monopolbrecher gewesen, könnte man euch auch als Startup bezeichnen, zumindest damals noch, dass ihr in einen etablierten Markt hineingekommen seid, wie war euer Werdegang und was macht ihr heute?

Jan-Patrick Schulz: Konnte man sicherlich vor einigen Jahren. Ich komme selber aus dem Handel. Ich habe lange für einen großen Handelskonzern, auch damals schon Versandhandel hatte, für einen Otto-Versand in Hamburg, dann in Hongkong, dann in der Schweiz gearbeitet und bin 2005 zu Landbill gekommen. Landbill war damals, man könnte fast sagen, Start-up, hatte ein Jahr vorher noch gut eine Million Umsatz, das ist schon ganz ordentlich. Aber in dem Markt, der damals zwei Milliarden Euro groß war und von dem grünen Punkt dominiert wurde als Monopol, war das relativ klein. Ich fand es sehr interessant, nicht nur ein Monopol zu brechen, sondern auch zu sehen, wie das Monopol eben in Deutschland mit bestimmten Themen umgeht und was man da erreichen kann, was nicht erreichen kann. Und die Vision von den ursprünglichen Gründern oder Eigentümern war tatsächlich, es macht hier wenig Sinn, ein Monopol zu haben aus verschiedensten Gründen. Das fängt an natürlich von Kosten. Das ist immer ein Thema beim Monopol. Das geht über die Servicequalität. Aber was wir wirklich gesehen haben und was wir auch weltweit überall sehen, wo Monopole existieren, dass die Innovation zu kurz kommt. Weil ein Monopol hat vor allen Dingen ein Interesse, dieses Monopol zu stärken, zu schützen. Und das kann effizient funktionieren. Oft ist es nicht so, manchmal geht es auch. Der Kernpunkt für uns ist wirklich, gerade in diesem Bereich, wo Innovation so wichtig ist, dass ein Monopol üblicherweise keine Innovationen hervorbringt. Und im Wettbewerb, gerade auch wenn kleine Firmen nachkommen, dann entsteht Innovation. Und das ist, was wir in diesem Bereich brauchen. Und Landwelt ist dann relativ schnell in diesem Bereich von 2005, gut eine Million Umsatz von größeren Unternehmen gewachsen, treiben eben nicht nur Verpackungsrecycling in Deutschland, sondern machen das auch für Batterien und Elektronik-Altgeräte in Deutschland und in 20 anderen Ländern.

David Wortmann: Aber ihr macht ja das Recycling ja nicht selber, sondern ihr

Jan-Patrick Schulz: Richtig, wir sind Mittler und wir organisieren die sogenannte Produktverantwortung für unsere Kunden. Produktverantwortung heißt, jeder, der ein Produkt in den Verkehr bringt, muss auch dafür Sorge tragen, dass am Ende des Lebenszyklus nicht nur zurückgeholt wird, sondern auch recycelt wird. Und das setzen wir für unsere Kunden um. Das können große Fast-Moving-Consumer-Goods sein, das können große Elektronikhersteller sein und das organisieren wir für diese Kunden weltweit. Wir haben selber keine eigenen Behälter, wir haben keine eigenen Fahrzeuge, sondern wir sind Mittler zwischen denen, die das machen müssen, also die die gesetzlichen Vorgaben für Recycling umsetzen müssen und denen, die es dann tatsächlich zurückholen und auch recyceln.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, so vom Ablauf macht es total Sinn, dass wir dann jetzt mal anfangen hier mit vermeiden Abfall, überhalmen und dann bei dir raus. Ich habe nur eine Frage, die brennt mir auf der Seele. Und sie mag total dumm sein. Aber das frage ich mich jedes Mal, wenn ich in irgendeine Drogerie laufe. Warum gibt es eigentlich keine Pfandsysteme für Waschmittel, für Duschgels, für irgendwie Haarspray? Und warum gibt es teilweise keine Nachfüllgeschichten? Also ich kaufe sowas immer nur in so großen Plastikbuchsen.

Jan-Patrick Schulz: Gibt es. Im Oktober wird der nächste Startup Award Green Alley stattfinden und das sind genau die Themen, mit denen die Startups, mit denen wir sprechen, sich auseinandersetzen, wo sie sagen, warum muss das eigentlich so sein? Warum kann man nicht Nachfüllbehälter machen? Das Interessante ist, dass unsere Kunden, also ob das jetzt die Hersteller von solchen Duschgills und anderen sind, mittlerweile sehr hohes Interesse an dem Thema haben, weil sie zum einen sehen, die Konsumenten interessiert das Thema, zum anderen sehen sie auch, dass möglicherweise Regulierung in diesem Bereich kommt. dass auch dort wieder die EU oder nationale Gesetzgebung sagt, muss das wirklich so sein oder können wir da anspruchsvolle Ziele setzen, die dann die Firmen erfüllen müssen. Deswegen wird es mehr und mehr in diesem Bereich geben und wir sehen immer mehr Startups im Green Alley Award, wo wir vielleicht später nochmal zukommen, eben die auch an solchen Lösungen arbeiten. Und da gibt es interessante Sachen, aber die gibt es eben noch nicht in den Drogerien oder in den Supermärkten.

Sebastian Müller: Aber ich glaube, das ist auch eher eine Gesetzgebungsproblematik, dass eben durch die Sicherheit, also du musst ja auf der Verpackung genau den Inhalt auch kennzeichnen können. Also wenn da das kleine Kind an der Verpackung rangeht, das trinkt, dann musst du wissen, okay, das war da drin. Und das heißt, also wenn ich mit Verpackung X da hinkomme in der Drogerie und das da nachfülle, das ist, glaube ich, ja das Grundproblem.

Jan-Patrick Schulz: Das kommt natürlich auch dazu. Also da gibt es viele Sachen, die gelöst werden müssen. Aber das ist nichts, was unmöglich ist. Das ist eine Vielzahl von Dingen, die noch

Sebastian Müller: Das ist, glaube ich, die größte Herausforderung dabei noch, ja.

Joel Kaczmarek: Gut, wollen wir mit Halm mal anfangen, weil ihr ja sozusagen auf dem Vermeidungs-Track seid und dann gehen wir irgendwie in den Entsorgungskanal rein. Was für ein Geschäftsmodell macht ihr? Beschreib doch mal deinen Strohhalm. Du hast gesagt, das sei, wie hast du das genannt, der Tesla unter den Strohhalmen?

Sebastian Müller: Das ist der Tesla unter den Trinkhalmen, genau, weil der sieht einfach richtig geil aus. Du trinkst einfach viel, viel schneller damit und er kostet auch ein bisschen mehr.

David Wortmann: Der Strohhalm als solcher, aber er wird ja wiederverwertet.

Sebastian Müller: Genau, das ist ja das Grundthema, dass er eben sehr, sehr ökologisch ist. Natürlich brauchen wir Energie, um Glas herzustellen, aber du kannst den halt an deine Enkel verarmen. Also vielleicht einfach nochmal, um den Kreis zu schließen, wir haben halt uns, als wir damals dann aus dem Urlaub zurückgekommen sind, eben wirklich Gedanken gemacht, was sind die Alternativen. Wir haben uns am Anfang sogar probiert, irgendwie den Restaurants zu sagen, wir hätten gern keinen Trinkhalm. Das hat aber in 95 Prozent der Fällen nicht geklappt, weil es einfach auch in diesem Verhaltensmuster drin ist. Und haben dann einfach alle möglichen Alternativen durchprobiert, sei es Bambus, sei es Metall, Papier. Alle haben ihre Nachteile. Papier war ich durch. Bambus ist nicht von der Hygiene, nicht wiederverwendbar in der Gastronomie. Und Metall hast du das Problem, dass du einfach nicht durchschauen kannst und deswegen der Gast es einfach nicht annimmt, weil da hat ja jemand schon mal vorher daraus getrunken. Und ich meine, woraus trinken wir seit hunderten von Jahren unsere Getränke? Aus Glas. Also deswegen haben wir uns dann einen großen deutschen Hersteller gesucht, die für uns eben diese Trinkhalme herstellen. Die sind extrem bruchfest, du hast es am Anfang schon gesagt, die kann man einfach in den Geschirrspüler stellen. Wir wollten also von Anfang an eine Lösung bauen, die in dem größten Verbrauchermarkt, nämlich in der Gastronomie, da wo der größte Impact auch ist, funktioniert, aber eben auch dafür sorgt, dass der Endkunde das Produkt geil findet. Ja, und sich zu Hause eben auch Glastrinkhalme besorgt.

Joel Kaczmarek: Jetzt hast du gesagt vorhin, dass der Durchschnittsnutzer ins Restaurant geht und nicht vertraut, dass ein Glas hygienisch sauber ist und im Strohhalm schon. Warum soll er das jetzt bei einem Glasstrohhalm tun? Das ist doch eigentlich nur die Verlängerung des Glases, könnte man sagen.

Sebastian Müller: Prinzipiell ist es, wenn diese Menschen diese Probleme haben, dann werden sie die mit unseren Trinkhalmen genauso haben.

Joel Kaczmarek: Oder gibt es noch weitere Gründe, warum Leute Trinkhalme benutzen?

Sebastian Müller: Also wie gesagt, im Gesundheitssektor ist es halt so, dass wir eben Menschen haben, die einfach wegen gewisser Krankheiten einfach nicht in der Lage sind, aus dem Glas zu trinken. Und ansonsten, das ist eigentlich ein Stilmomentum, ja. Wie wir hier alle sitzen, bis auf Digital haben wir alle ein Bärtchen. Wenn ich da jetzt irgendwie mein Smoothie draus trinke, das ist dann halt sehr, sehr häufig der Grund. Und das wird halt eben auch sehr, sehr krass vorgelebt. Also wenn man sich das in den Staaten anschaut, Jede von den Instagram-Damen rennt mit ihrem Latte Macchiato und einem Trinkhalm rum. Das ist einfach so. Weil wir alle so busy sind, dass wir nicht mal mehr die Zeit haben, uns hinzusetzen und einen Schluck zu trinken. Sondern wir müssen das im Gehen machen können. Und deswegen werden Trinkhalme auch so krass verwendet.

Joel Kaczmarek: Sag mal noch ganz kurz, du sagst, der Tesla lebt ja viel auch von Design. Beschreib die doch mal. Also für mich sind die so

Sebastian Müller: Also pass auf, die haben oben ein Loch, unten ein Loch. Der Rest ist drumherum Glas. Und wenn du dran ziehst, dann kommt was durch. Ja. Ja, okay, Point well made.

Joel Kaczmarek: Aber bedruckt ihr die zum Beispiel auch?

Sebastian Müller: Also, pass auf, wir haben fünf verschiedene Längen. Wir machen die in 15 cm, 20 und 23 cm. Dann gibt es noch eine gebogene Variante und dann gibt es eine 30 cm Variante für die Flaschen. Was wir für die Industrie machen, und das machen wir eben für die Getränkeindustrie, dass wir auch belasern. Wir benutzen keine Farben, weil Farben wieder Mineralöl enthalten. dementsprechend nicht unserem Qualitätsanspruch und auch dem ökologischen Anspruch nicht genügen. Deswegen lasern wir das nur da rein. Genau, also so kann man sich im Endeffekt im Großkundenbereich dann eben da seine eigenen Halme machen. Und das machen wir eben auch für Gastronomiekunden, zum Beispiel Amanobar in Berlin oder viele andere, die eben dann auch ihr eigenes Label auf dem Trinkheim haben.

Joel Kaczmarek: Okay, also ich melde schon mal an, ich möchte gerne einen digital kompakten Strom haben.

Sebastian Müller: Bekommst du. Ja, sorry auch, dass ich keinen mitgebracht habe.

Joel Kaczmarek: Nein, nein, nein. Und ich werde das forcieren, dass ich das auch unterstütze, dass das mal in die Breite geht.

David Wortmann: Aber ihr verkompliziert ja sicherlich auch ein Stück weit die Prozesse in der Gastronomie, weil die Strohhalme nicht einfach mal weggeschmissen werden können, sondern sie müssen gespült werden, sie müssen getrocknet werden.

Sebastian Müller: Also das ist am Ende so, dass die Menschen oder beziehungsweise die Gastronomen, jeder Gastronom hat in der Regel eine Geschirrspülmaschine oder einen Glasgeschirrspüler. Da gibt es Besteckkörbe. In den großen Besteckkorb kriegst du 350 Halme rein. Ein Gastro-Geschirrspüler hat einen Lauf von drei bis vier Minuten. Rein, raus, hingestellt, 15 Minuten später kannst du es wieder dem Gast geben. Von der Verkomplizierung her ist es am Anfang nur eine reine Kopfsache. Es ist wirklich genau dieses Thema, oh mein Gott, das habe ich ja noch nie gehabt. Oh mein Gott, die können ja gegebenenfalls kaputt gehen. Oh mein Gott, da kann jemand draufbeißen. Das sind alles Sachen, die wir auch aus dem Markt hören, die am Anfang immer die gleichen Fragen sind. Und wenn sie es einmal benutzen, dann kriegen sie es nicht mehr weg. Also das ist halt eben genau dieses Thema, dass du auch gerade in der Gastro die Thematik hast. Wenn wir mit Systemen reden, also mit großen Hotels, dann ist das, wenn wir einmal drin sind, dann funktioniert das, weil die einfach ihre Leute viel besser unter Kontrolle haben als das kleine Café um die Ecke. Und das ist eben auch eine Sache, die mir vorher nicht so klar war, dass der Gastrobereich schon ein extrem unprogressiver Markt ist, wo halt eben auch sehr, sehr viele Sonderlösungen funktionieren. Und deswegen mussten wir halt eben auch eine Geschirrspülmaschinen-taugliche Lösung bauen, weil sonst hätte das ganze Thema gar nicht funktioniert.

David Wortmann: Was ist denn für euch das Hauptargument, wenn ihr auf Kunden stößt? Also ist es wirklich jetzt, macht mal was Gutes für die Welt, vermeidet jetzt die Strinkhalme, wie das die Queen, glaube ich, gemacht hat. Sie hat ja, glaube ich, im Backroom und Palace alle Strohhalme verboten. Ich glaube, Adlon ist, glaube ich, auch diesen Weg gegangen, möglicherweise mit euch sogar.

Sebastian Müller: Also wir sind im India Club im Adlon drin, im Adlon direkt noch nicht, aber im India Club, die benutzen es auch schon seit fast einem Jahr.

David Wortmann: Genau, aber ist jetzt der Treiber sozusagen, wir wollen was Gutes für die Welt tun. oder habt ihr auch ein ökonomisches Argument, wo ihr sagt, das ist zwar teurer, aber ihr könnt den hundertmal waschen. und deswegen jetzt auf die Nutzungs-Lebensdauer. sozusagen ist es billiger, wenn ihr unseren Strohhalm benutzt?

Sebastian Müller: Genau, also unsere Standardrechnung ist, kleines Café mit 30 Sitzplätzen oder 40 Sitzplätzen gibt so 300 Getränke mit Trinkheim raus am Tag, spart sich mit unserer Lösung 500 Euro im Jahr. Und was wir eben auch machen, also das ist die eine Seite, die andere Seite ist, wenn dein Gast zu dir kommt und sich einen Gin Tonic bestellt für 10 bis 15 Euro. Und du ihm da ein Stück Erdöl reinmachst. Das ist halt auch das, was gerade passiert bei den vielen Gastronomen, dass da einfach eine Umdenkstatt findet. Also wir sehen einfach auch in einem Gastronomarkt, dass da die Michelin-Star-Köche eine ganz andere Motivation haben, unser Produkt zu benutzen, als das kleine Café um die Ecke, als eben ein Hotel. Also es gibt verschiedenste Punkte. Klar kommt da immer auch ein Thema Greenwashing mit dazu. Wenn wir jetzt über die vorauseilenden Gehorsamen von den vielen Hotelketten reden, die jetzt eben lospreschen und keine Trinkhalme mehr verwenden, obwohl eben die EU-Direktive noch nicht in den Landtagsparlamenten durch ist, geht es natürlich da auch um Marketing. Und da werden ja gerade viele Lösungen irgendwie benutzt, also da sei es mal Macaroni gibt es irgendwo, viele werden erstmal Papier nehmen, Papier wird aber langfristig nicht funktionieren, weil sie einfach preislich einfach mal das Vierfache ausgeben und am Ende die Dinger trotzdem wegschmeißen. Und deswegen ist unsere Lösung genau die, also wenn du hundertmal unseren Trinkkern benutzt hast, dann hat er sich wieder amortisiert. und was wir eben den Kunden oder unseren Gastro-Kunden auch anbieten ist, legt euch zwei, drei von unseren Endkundenpaketen unter den Ladentisch, stellt euch ein Display dahin. Am Ende machen wir nämlich so, weil der Gast kommt und fragt, wo gibt es denn die Dinger? Und dann verkaufst du ihm die auch noch. Das heißt, wir machen so aus dem Kosten- und Müllpunkt Plastiktrinkhalme einen Style- und einen Einnahmenpunkt Glastrinkhalme.

Joel Kaczmarek: Was kostet denn so ein Ding?

Sebastian Müller: Also für den Gastronomen liegen wir unter einem Euro, da haben wir Staffelpreise pro Halm, egal welche Größe. Für den Endkunden fangen wir bei vier Stück bei 17,90 Euro an. Also da sind wir schon recht preislich recht hoch unterwegs.

Joel Kaczmarek: Fünf Euro für einen Strohhalm? Ja.

Sebastian Müller: Genau.

Jan-Patrick Schulz: Und wie viele werden als Souvenir mitgenommen?

Sebastian Müller: Also wir haben derzeit, im Nagastro haben wir so im Schnitt, also muss man mal, so ein Hotel mit so um die 2000 Trinkheimen am Tag hat so eine Schwundquote im Monat von 5%. Das heißt aber auch, da ist Room-Service dabei, da sind Bars dabei, Restaurants, also die dann wirklich auch alles machen und die haben eine Schwundquote von 5%. Am Anfang ist es relativ hoch, weil die Mitarbeiter auch welche zu Hause brauchen. Und dann eben auch nochmal genau dieses Usage ist, ja, das ist wie gesagt ein sehr, sehr kleiner Artikel, wenn ich den mal irgendwo hinschmeiße oder so, oder dann schmeiße ich den doch mal mit weg, weil es eben noch so drin ist. Das haben wir auch gemerkt, dass man die ersten ein, zwei Monate, ist einfach noch ein bisschen höher, dann nivelliert sich das eigentlich so runter, ja.

Joel Kaczmarek: Was sagt deine Erfahrung, wann machen die Dinger die Gerätsche nach wie viel mal benutzen? Werden die trüb zum Beispiel auch, wie Gläser?

Sebastian Müller: Wir wissen, nein, das ist eben das Schöne an dem Glas. Ja, Glas wäscht immer was weg. Also auch die Fensterscheiben, wie sie hier sind, wird immer ein bisschen was abgetragen. Ob der chemischen Zusammensetzung ist es halt eben so, dass alles gleichmäßig abgetragen wird, was wir eben bei anderen Glasarten nicht haben. Deswegen werden die trüb und so werden eben nicht trüb. Das ist halt das Schöne. Ja, wir haben auch Halme gesehen, die wurden in der Gastro, also wirklich mit Hardcore-Gastro-Geschirrspüler über 4000 Mal verwendet, sehen fast aus wie neu.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, Glas ist eine Flüssigkeit eigentlich, ist gar kein Feststoff. Kann das sein? Glas ist Sand. Ich habe mir mal sagen lassen, früher war das so, Fenster wurden unten immer dicker, weil die noch fließen.

Sebastian Müller: Das ist kein Witz. Ich glaube, das war eher die schlechte Produktion.

David Wortmann: Aber das ist gut beim Strohhalm, man kann ihn immer wieder umdrehen auch. Also insofern ist das Problem wahrscheinlich nicht. Aber lass uns doch nochmal kurz in euer Vertriebsmodell hineingehen. Du hast anfangs gesagt, du kommst selber aus dem E-Commerce-Bereich. Hast du da jetzt auch vieles von deinen Erfahrungen hier schon mit einbringen können? Wie ist euer Vertrieb?

Sebastian Müller: Dass man die Standards spielt, also klar die Marktplätze, eigenen Webshop, dass wir über die sozialen Kanäle Performance-Marketing machen, das ist ganz klar. Unser Hauptaumenmerk liegt aber wirklich gerade darin, einfach auch an die Gastronomen ranzugehen. Das heißt, wir machen sehr, sehr viel PR. Wir gehen halt wirklich auch an die Medien, treten an die Medien heran, weil es eben auch ein Thema ist, was die Medien auch tragen können und wir nicht einfach nur ein Produkt haben. Und wir eben auch die Gastronomen direkt angehen. Das heißt, wir sind auf sehr, sehr vielen Veranstaltungen, auf Messen und sind jetzt eben auch dabei, die ersten großen Kooperationen zu schließen, dass wir eben sagen, okay, wir sind bei den großen Gastro-Zulieferern. Wir attackieren gerade in den LEH, haben da jetzt die erste Listung in Österreich durchgebracht und werden halt jetzt versuchen, wirklich in Deutschland so durchzustarten, dass wir da auch flächendeckend verfügbar sind. Das heißt also, am Ende haben wir aber drei bis vier Bereiche. Wir haben einmal den Direktvertrieb an den Endkunden, wir haben einmal die Gastronomie, dann haben wir die Industrie. Und mittelfristig wollen wir eben auch Zulieferer werden. Das heißt also, wir wollen eigentlich auch für größere Glasmarken dann im Endeffekt nochmal Anbieter werden.

Joel Kaczmarek: Hast du darüber nachgedacht, in die Höhle der Löwen zu rennen oder sowas? Dass du irgendwie so TV-Aufmerksamkeit kriegst?

Sebastian Müller: Du kannst die Idioten ja alle ablehnen. Wir haben gesagt, nein, machen wir nicht, hält uns nur auf. Lustigerweise, da wird, glaube ich, in einer der nächsten Ausgaben einer von unseren Mitstreitern, und das sage ich eben auch, das ist für uns keine Konkurrenz, weil die eben auch, also EatApple zum Beispiel ist in den Bereichen essbare Trinkhalme unterwegs und die sind zum Beispiel auch dort. Ich persönlich finde das Format nicht so wirklich professionell und deswegen haben wir gesagt, nein, wir wollen ganz woanders hin und deswegen

Joel Kaczmarek: Ja, kann ich verstehen, aber hilft ja manchmal für Aufmerksamkeit.

Sebastian Müller: Natürlich hilft die mediale Aufmerksamkeit immer.

David Wortmann: Aber die scheint ihr auch wirklich auch zu haben. Wir gehen nachher nochmal so ein bisschen in dieses ganze politische Umfeld nochmal rein. Aber vielleicht vorher die Frage auch Richtung Jan-Patrick. Wenn die jetzt erfolgreich sind mit Halmen, dann habt ihr ja weniger Geschäft, weil letztendlich weniger zurückgenommen werden muss. Verpackungsplastikbereich sowieso. Möglicherweise irgendwann mal gibt es auch eine Endlebensdauer sozusagen dieses Glashalms. Sind das jetzt Gefahren und Disruptionen, wenn das jetzt von einer Produktpalette zur nächsten sozusagen wiederholt wird für euer Geschäftsmodell? Oder wie geht ihr damit um? Beziehungsweise vielleicht da auch gerne nochmal ein bisschen ins Detail auch reingehen, was denn gerade so eure Herausforderungen sind, wo sind eure Geschäftsbereiche?

Jan-Patrick Schulz: Haben wir weniger Geschäft? Ja, mit Sicherheit. Ist das schlimm? Nein, finde ich überhaupt nicht schlimm. Weil letztendlich, wir haben drei Bereiche. Einmal ist das eben diese Rückholung von den weggeworfenen Materialien. Das zweite ist, dass wir unsere Kunden, und davon gibt es Millionen weltweit, die mit diesen Verordnungen klarkommen müssen, die beraten wir in diesem Bereich, wie sie das am besten umsetzen. Und dann haben wir auch noch einen Teilbereich, die Software herstellt, genau für Rückholsysteme, wie man Rückholsysteme betreibt. Also wir stellen auch die Werkzeuge her, wie man Rückholsysteme betreibt. Wir haben uns schon relativ früh mit dem Thema auseinandergesetzt, weil es völlig klar ist, dass immer wieder in bestimmten Bereichen es wird weniger Verpackung benutzt, die Elektronikgeräte werden immer kleiner, immer weniger Material. Das heißt ja, wir verlieren Geschäft. Und nochmal, das ist überhaupt nicht schlimm, weil wir uns als Einspieler auf diesem Weg zum Zero Waste sehen. Und das wird lange dauern. Und wir sind eben nicht nur in einem Markt, der interessant ist, wo sich viel bewegt, sondern der auch für das Gesamtsystem etwas Gutes tut. Und vor dem Hintergrund haben wir schon vor sechs, sieben Jahren angefangen, uns sehr viel mit Startups zu beschäftigen, weil diese Entwicklung, wie vermeidet man Verpackung, wie vermeidet man Müll, da sind wir natürlich nicht gut. Das machen andere. Da haben wir schon vor einiger Zeit und sehr intensiv mit Startups auseinandergesetzt. Wir haben ein interessanter Aspekt, weil wir haben mit TerraCycle gesprochen relativ früh. Die haben diese Idee, dass überhaupt nichts mehr verbrannt wird, alles stofflich recycelt wird. Was eine ziemliche Herausforderung ist, gerade in den USA, wo es noch sehr Landfill gibt, wo noch sehr viel weggeschmissen wird, wo auch noch extrem viel mehr Verpackung verbraucht wird und noch viel mehr und auch die Verpackungsdicke oft noch viel stärker ist, also viel, viel mehr Material noch verbraucht wird. Die sind mittlerweile weltweit tätig und das ist ein Startup, an dem wir uns beteiligt haben, wo wir gesagt haben, die werden, wie wir mit Müll umgehen, in Zukunft verändern. Vor dem Hintergrund haben wir gesagt, wir müssen systematisch eigentlich diese Firmen finden, weil das wird unser Geschäftsmodell nachhaltig beeinflussen. Das ist aber auch nichts Schlimmes, weil wir auf lange Sicht sowieso in anderen Bereichen tätig sein werden. Rückholsysteme wird es immer geben, weil am Ende immer irgendwas weggeschmissen wird, immer irgendwas keinen Wert hat. Und wir können einen Teil vermeiden, aber nicht alles.

Sebastian Müller: Und die Stoffe, die verwertet werden, müssen ja auch irgendwo abgeholt werden. Absolut.

Jan-Patrick Schulz: Und das ist aber interessant, dass an so vielen einzelnen Teilen, da wird was vermieden, da wird was ersetzt, da gibt es neue Recycling-Technologien, da gibt es neue Digital-Technologien. Und das ist interessant, dass so viele Dinge dort entstehen, aber es ist noch kein einheitliches Bild. Und wenn wir den Einfluss sehen auf den Verpackungsverbrauch, der steigt nach wie vor in Deutschland. Ich sage nicht, dass ich das gut finde, ganz im Gegenteil. Wie gesagt, wir kommen zwar aus diesem Geschäftsbereich, aber wenn man das langfristig sieht, muss da viel geändert werden.

Joel Kaczmarek: Was wir eigentlich noch gar nicht angesprochen haben, wenn ihr Trinkkeime aus Glas macht. Sagt man eigentlich Trinkkeime? Ist Strohhalm wieder so was geschütztes?

Sebastian Müller: Nein, weder das eine noch das andere. Aber wir sagen halt immer Trinkkeime, weil Stroh ist ja dann eben auch schon wieder ein Material. Gibt es ja auch. Wir persönlich nennen sie immer Trinkkeime.

Joel Kaczmarek: Gut, also wenn ihr Trinkkeime aus Glas macht, Glas wird ja gebrannt, wenn ich mich nicht täusche, dabei entstehen irgendwie Abgase. Habt ihr mal euch auch mit so Sachen wie CO2-Fußabdruck beschäftigt, wenn ihr sowas herstellt?

Sebastian Müller: Da sind wir dabei. Das ist halt auch ein Thema, dass du eben diese Information nicht aus der Industrie so extrem rausbekommst. Ja, es ist so, dass Glas eben gekocht werden muss. Das besteht in der Regel aus einem Gemisch aus drei bis vier verschiedenen Sand, Kalk, dann Silikate, je nachdem, was für ein Glas du möchtest. Das wird eben gemischt, muss dann extrem erhitzt werden, wird dann gezogen. Also wir können einen 100-Meter-Trinkheim machen, wenn ihr wollt. Also das ist ein Thema, was wir auf jeden Fall noch angehen. Was wir zum Beispiel machen, ist bei unserem Veredler, weil wir ja die Rohware bekommen, wir diese dann veredeln und dann muss das Glas nochmal getempert werden. Das heißt, es muss also entspannt werden, damit eben du das so durch die Luft schmeißen kannst. Und das machen wir zu 100% mit Sonnenenergie. Aber wir sind auch da noch so weit, also das heißt, unser Produzent hat die Solaranlage da drauf und unsere Halme gehen halt nur rein, wenn wir wissen, okay, der Ofen wird zu 100% mit Sonnenenergie geheizt.

Jan-Patrick Schulz: Und Glas ist ja ein Material, was man dann wirklich gut recyceln kann. Genau. Auch immer wieder. Das ist ja eines der Realbeispiele.

Sebastian Müller: Das ist eigentlich schon fast ein Circular-Material. Und wir haben eben auch darauf Wert gelegt, weil es gibt ja auch Spezialgläser, die du dann einfach nicht ins normale Glasrecycling packen kannst, weil die dann eine ganze Charge kaputt machen. Also wenn ich jetzt so eine Kaminscheibe, sag ich jetzt mal, in meinen Glaskontainer mache, dann versaue ich damit eine ganze Charge. Und das haben wir eben auch. Deswegen, unser Glas ist halt eben einfach ganz normal recycelbar.

Joel Kaczmarek: Ist denn das Geschäftsmodell eigentlich nur in Anführungsstrichen auf den Verkauf von Halmen angelegt? oder denkt ihr auch weiter, dass ihr zum Beispiel über Services nachdenkt, über Beratung, über weitere Produktpaletten?

Sebastian Müller: Also wir haben uns als Ziel gesetzt und das werden wir eben dieses Jahr auch schon wirklich durchführen, dass wir 50 Prozent unserer Profite in Organisationen und vor allen Dingen auch in neue Firmen investieren, die sich eben dem Kampf gegen Plastikmüll verschrieben haben. Und da gibt es drei Bereiche, die wir unterstützen wollen. Auf der einen Seite geht es darum, Education, also wir müssen dafür sorgen, dass die nächsten Generationen besser wissen, wie sie mit unserem Planeten umzugehen haben. Auf der anderen Seite müssen wir dafür sorgen, dass wir den Dreck, den wir jetzt die letzten 30, 40 Jahre oder seitdem wir im Plastikzeitalter Leben gemacht haben, müssen wir wieder entsorgen. Und wir müssen dafür sorgen, und da seid ihr ja auch schon gut dabei, dass man eben Ersatzstoffe findet, dass man viel mehr in den Bereich geht, okay, wie können wir Substitute finden, die am Ende dafür sorgen, dass wir kein Einwegplastik, muss man so wirklich ganz klar zu sagen, benötigen. Das ist eigentlich so ein bisschen das hehre Ziel der ganzen Geschichte. Wir haben noch viel vor im Glasbereich, um es mal so zu sagen. Weil Glas ist einfach ein richtig geiler Werkstoff, mit dem man gerade im Verpackungsbereich, also da gibt es so viele Ideen, die wir noch haben. Aber derzeit werden wir uns einfach die nächsten anderthalb bis zwei Jahre zu 100 Prozent auf dem Trinkhalm konzentrieren.

Joel Kaczmarek: Okay, spannend. Ich sage ja, wir werden viel miteinander machen. Ich werde das unterstützen. Kann ich mich bei dir beteiligen oder sowas?

Jan-Patrick Schulz: Ich finde, das ist ein sehr gutes Beispiel auch der Kunststoffvermeidung. Es gibt andere Bereiche, wo das nicht ganz so einfach ist. Wenn man Lebensmittel verpackt, dann haben wir enorm viel Lebensmittelverschwendung. Und das hängt auch mit dem, wie wir verpacken zusammen. Und da ist Kunststoff nach wie vor oder Plastik ein wichtiges Material, auch für den Gesamt-CO2-Fußabdruck, auch für die Transportkosten und so weiter. Trinkhalme, Strohhalme ist natürlich ein ideales Beispiel, wo man sagt, Muss das aufs Kunststoff ein. Ja.

David Wortmann: Aber ja, vielleicht auch noch mal ganz kurz. Politik klang ja immer so ein bisschen an. Und die Frage, die ich da immer an dieser Stelle habe, wie viel würden denn die Menschen, wir Konsumenten, freiwillig machen, weil wir einfach dieses Produkt so super finden, diesen Strohhalm? Oder wie viel Druck brauchen wir eigentlich von Seiten der Politik? Und ich meine, ihr seid ja schon ein bisschen länger unterwegs, Jan Patteke, in diesem Umfeld.

Jan-Patrick Schulz: Druck wäre für mich das falsche Wort, auch von der Politik. Man sieht, dass immer mehr darüber gesprochen wird. Das Thema ist in den Medien. Und das dauert einfach wesentlich länger, weil ich glaube Wahrscheinlich würden viel mehr sagen, ja, ich verzichte darauf, ich versuche Müll zu vermeiden und so weiter und so fort. Was die Menschen dann tatsächlich tun, ist noch eine andere Geschichte. Das ist ja nicht grundsätzlich was Schlimmes, das dauert einfach eine gewisse Zeit. Da kann Aufklärung helfen, da können auch neue Ideen helfen, dass solche Produkte gar nicht mehr auf dem Markt sind. Aber am Ende setzt das auch sehr stark natürlich bei den Firmen an. Und vorher, als die Verpackungsverordnung in Deutschland aufkam, Anfang der 90er Jahre, wusste keiner, wie man das Thema löst. Wie sollen wir denn als Firmen Verpackungen zurückholen? Und das Recyceln ist überhaupt unmöglich. Und deswegen hat man dann ein zweites, deswegen duales System aufgebaut, neben dem normalen Restmüllsystem. Und das wurde privat organisiert. Aber dann irgendwann auch sehr stark nur noch als Kostenfaktor gesehen. Wir müssen das machen von vielen Firmen und man kann sich auch dadurch nicht unterscheiden, weil jeder muss einzahlen in dieses System, jeder muss seine Verpackung recyceln. Firmen sind mittlerweile weiter, die sagen ja auch, was können wir noch extra machen, um einen Mehrwert aus diesem ganzen Thema zu bekommen. Und viele Firmen sagen heute auch nicht, was kommt an neuen Gesetzen, das ist nur Bürokratie, sondern sagen, es wird etwas kommen, was können wir heute schon machen, um verantwortungsvoller mit unseren Produkten und der Verpackung umzugehen. Das fängt bei Konsumenten immer an. Und reflektiert dann auf die Firmen und die Politik setzt dann irgendwann wahrscheinlich Ziele, die dann erreicht werden müssen.

David Wortmann: Aber dennoch standen die Ziele jetzt ja auch zu Anbeginn. Also wenn die Politik diesen Druck jetzt nicht gemacht hätte zu Beginn, dann hätten natürlich die Hersteller gesagt, das ist uns viel zu aufwendig, das verteuert die Produkte, das geht technisch jetzt gar nicht. Das heißt, man hat ja Ziele gesetzt. Es gibt ja auch die eingangs schon erwähnten Ziele der Europäischen Union, die ja auch umgesetzt werden müssen. Ansonsten gibt es dann natürlich auch entsprechende Verfahrenwürfel. Würde denn die Industrie, höre ich das jetzt richtig heraus, jetzt sozusagen über die Ziele auch hinausschießen?

Jan-Patrick Schulz: Nicht über die generellen Ziele, aber individuell als Firma mehr in diesem Bereich zu machen, um einen anderen Mehrwert daraus zu holen, ja, das sehen wir schon. Aber das ist nicht die große Mehrzahl der Firmen. Aber wenn man sieht, wie sich heute Waschmittelproduzenten oder auch große Einzelhändler damit beschäftigen, wie sie mehr recycelt Materialien einsetzen können, wie sie Verpackungsverbrauch reduzieren, Das sind Ansätze, die haben wir vor zehn Jahren noch nicht gesehen. Das kommt mehr. Aber wichtig ist immer, dass aus diesen sozialen Strömungen, die kleinen anfangen, irgendwann, dass das größer wird und dann die Politik das in konkrete Ziele umsetzt. Und die Ziele brauchen wir, weil am Ende ist es nach wie vor noch Abfall. Da ist Rohstoff drin, aber es kostet immer mehr, das zu sammeln und aufzubereiten, als man aus diesen Rohmaterialen rausholt. Und deswegen ist immer ein Zuschussgeschäft und es braucht immer Gesetze, Verordnungen, um gewisse Ziele zu erreichen.

David Wortmann: Oder auch sogar Verbote. Also wenn ich das richtig im Kopf habe, hat Irland ja auch bereits schon ein Verbot der Strohhalme ausgesprochen. Es gibt andere Länder, die auch nachgezogen sind.

Sebastian Müller: Schottland zum Beispiel, UK will auch nachziehen. In Seattle gibt es immer so Insellösungen. Aber so wirklich, dass jetzt ein Land mal wirklich gesagt hat, okay, that's it. ist uns ehrlich gesagt noch nicht untergekommen.

Jan-Patrick Schulz: Ja, aber so fängt es ja immer an. Es sind immer einzelne Inseln, die dann

Sebastian Müller: Ja, klar, am Ende ist es ja auch gut. Es wäre ja blöd, wenn ich mich jetzt darüber beschweren würde. Sondern es ist ja genau die Kerbe, in die wir auch schlagen. Und ich meine, wie gesagt, Ende Mai wurde eben auch dieser EU-Entwurf vorgestellt. Und natürlich beflügelt das unser Geschäft. Und wenn man eben, wie gesagt, sieht, vorauseilender Gehorsam, alle großen Hotelketten merken eben, und das ist, glaube ich, auch wieder das, was du gerade gesagt hast, Herr Patrick, dass einfach der Konsument auf der einen Seite Druck machen muss, Und es einfach Unternehmen auch geben muss, die aus der Privatwirtschaft kommen, die Alternativen bereitstellen. Das ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig. Weil wenn wir als Unternehmer in der Lage sind, den Konsumenten zu leiten, und das machen wir ja so oder so, in vielerlei Hinsicht, wenn wir dem sagen, das Waschmittel macht deine Wäsche am saubersten, dann ist das die eine Botschaft. Und heute müssen wir halt auch dafür sorgen, wie wir das ganz einheitlich sehen. Und ich glaube, das ist halt eben auch so ein bisschen das Thema, wo viele Firmen noch gerade am Umdenken sind und dann eben sagen, okay, pass auf, wir müssen halt auch diese Macht, die wir da haben, auch benutzen.

Jan-Patrick Schulz: Die Herausforderung für Firmen ist immer, viele Firmen würden gerne ihr nämliches Produkt zurückholen, also genau ihr Mobiltelefon oder genau ihr Notebook oder genau ihre Verpackung. Nur das landet ja erstmal in einem anonymen Gemisch und die können ja nie direkt auf ihr Produkt wieder zurückgreifen. Die kriegen also immer nur die Kosten anteilig belastet von dem, was das Ganze kostet. Und da gibt es natürlich viel Überlegung, wie bekommen wir unser konkretes Produkt zurück, damit wir, ob wir das refurbischen, ob wir da die Materialien wieder rausholen, ob wir das und so weiter, damit wir auch dieses Universum, was wir hier schaffen, komplett korrigieren. kontrollieren hört sich jetzt falsch an, aber besser im Griff haben von allen Aspekten, auch von den ökologischen Aspekten her.

Joel Kaczmarek: Aber dein Telefon musste eigentlich dauernd klingeln mit Journalisten und mit potenziellen Kunden dieser Tage, oder?

Sebastian Müller: Ja, wir hatten, glaube ich, im letzten Monat so 30, 40 Presse-Clippings alleine. Super. Wir haben gut zu tun, ja. Wenn ihr also noch Jobs braucht, wir schreiben jetzt den nächsten Tag in neun Stellen aus, also Feuer frei.

Joel Kaczmarek: Alle im PR-Bereich.

Sebastian Müller: Alle im PR-Bereich, genau. Das wäre geil.

David Wortmann: Wenn jetzt teilweise diese Geschäftsmodelle auf beiden Seiten jetzt sehr politisch auch getrieben sind, sehen wir natürlich auch, dass in unterschiedlichsten Ländern unterschiedliche Rahmenbedingungen auch da sind. Ist das für euch dann auch eine Barriere, ein Hindernis für die internationale Skalierung auch? Weil ich muss mir jeden Markt einzeln nochmal anschauen, jeden Markt möglicherweise auch anders behandeln. Das ist wahrscheinlich jetzt im Landwehrbereich noch komplexer, als es vielleicht im Trinkhalmbereich der Fall ist. Ja, aber ist das ein Hindernis?

Jan-Patrick Schulz: Für jemanden, der ein neues Produkt, wenn jetzt irgendjemand eine neue Kamera auf den Markt bringt in Europa, aus den USA, der hat 30 verschiedene Länder, der muss die Verpackung anmelden, der muss die Batterien, der muss die Elektronik anmelden, der hat auf einmal 90 mehr Lieferanten, der kennt die ganzen Regularien nicht. Das ist ein Riesenthema, mit dem er sich beschäftigen muss. Das können wir natürlich abnehmen. Was das Leben für uns schwerer macht, ist, dass das Grundsätzlicher für diese fantastische Idee, dass es eine Produktverantwortung gibt, man muss, kann das Produkt, ist nicht nur sicher, sondern man muss es auch irgendwann zurückholen. dass das so unterschiedlich umgesetzt wird. Es gibt dann eben in einigen Ländern Monopole. Das ist dann immer schwer, weil man dann nicht auf die Materialien wieder zugreifen kann. Und dann haben die eine gewisse Idee, wie es gemacht werden muss und sind dann relativ resistent gegenüber allen Veränderungen. Das ist auch oft sehr kompliziert. Dass es eben so unterschiedlich umgesetzt wird in der EU, das ist eine große Herausforderung. Und dass diese wirklich sehr gute Idee, Produktverantwortung, hohe Ziele, Recycling, Einsatz von recycelnden Materialien, dass das so unterschiedlich umgesetzt wird. Das macht es auch schwer verständlich für jemanden, der aus Asien oder Amerika hier rüberkommt und sagt, was ist das denn auf einmal?

Sebastian Müller: Im Gemeinschaftsgebiet, wo dann doch jeder sein eigenes Süppchen kocht.

Jan-Patrick Schulz: Ja, es gibt zwar einen Rahmen, aber der ist sehr unterschiedlich umgesetzt und man hat auf einmal eine Riesenanzahl an Regularien und Lieferanten. Und die größte Gefahr ist, dass sie dann sagen, dann machen wir erstmal gar nichts. Und gucken mal, ob das irgendwo auffällt. Und das ist dann natürlich kontraproduktiv.

Joel Kaczmarek: Das Komische ist ja auch, ich weiß, ich habe neulich ein Gespräch mit einem Unternehmer geführt und er meinte, er hat einen Artikel gelesen, dass Amazon teilweise Neuprodukte zerschreddert, zerstört, kaputt macht. Und die Begründung war, dass wenn sie sie spenden würden, sie die dafür irgendwie Steuern zahlen müssten. Die Ironie ist doch aber, dass sich dann der deutsche Journalist darüber aufregt, was Amazon für ein Arschloch ist, obwohl man eigentlich sagen müsste, was ist das denn bitte für eine dumme Gesetzgebung, wo ich Spenden quasi noch besteuere.

Jan-Patrick Schulz: Das sind viele Punkte. Wenn der Prozess, das wieder zu spenden oder zu refurbishen, zu teuer ist, sind die Firmen natürlich unter Druck. Und im Wettbewerb, das ist ein typischer Bereich, wo der Gesetzgeber korrigierend eingreifen kann oder eingreifen muss in diesem Bereich. Ich habe irgendwann mal vor langer Zeit für den Versandhandel gearbeitet und diese Retouren sind im Textilbereich eine der größten Herausforderungen. Wenn die Textilien hochwertig sind, dann kann man sie wunderbar aufarbeiten und in einen Zweitkanal oder Rittkanal geben. Aber mittlerweile sind Textilien oft so, dass man sie noch nicht mal mehr recyceln kann, weil das wirklich fast Einwegware ist. Das hängt mit vielen Sachen zusammen. Einmal, wie hochwertig sind die Produkte und die Materialien? Weil teilweise macht Recycling einfach keinen Sinn, wenn die Produkte schon von Anfang an übertrieben gesagt Müll sind. Mit der Gesetzgebung, was passiert im Steuerbereich, wenn man spendet? Und auch von den Logistikprozessen natürlich. Wie teuer ist das? Man muss ja auch prüfen, ist das Gerät noch funktionsfähig? Wie lange muss ich Garantie draufgeben? Und durch den Verbraucherschutz, gibt es Garantien, gibt es das und das und das? Und wenn man es wiederverkauft, hat man so hohe Hürden. Da muss man sich Gedanken machen, wie kann man diese ganze Wiederverwendung und Aufbereitung vereinfachen.

Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal für den geneigten Nutzer, der gar nicht so tief drinsteckt in Recycling, etwas aufarbeiten, was da eigentlich wie recycelt werden kann. Also du hast ja schon gesagt, Glas funktioniert sehr, sehr gut und auch mal repetitiv. Papier, habe ich von David gelernt, geht acht Mal, danach wird es verbrannt. oder was passiert dann?

David Wortmann: Ja, sechs, sieben Mal und danach wird es entweder verbrannt, was natürlich jetzt keine ideale Verwertung ist, eine thermische Verwertung von Abfällen oder die Fasern gehen natürlich dann in niedrige Produktgruppen ein.

Joel Kaczmarek: Oder wie ist es zum Beispiel mit Plastik? Also ich habe mir irgendwie mal sagen lassen, dass die Problematik oft ist, dass es sehr unterschiedliche Plastiktypen gibt. Es gibt ja, wenn man mal der geneigte Nutzer mal drauf schaut, unten auf so eine Waschmittelschuba, dann steht ja da mal so PE5, PE2, PE1 und irgendwelche so Nummern und so eine komische abgerundete Dreiecke. Ich hatte irgendwie mal gelernt, dass man teilweise Plastik schlecht recyceln kann, weil man nicht weiß, was drin ist. Dass es sozusagen keinen einheitlichen Standard dafür gibt.

Jan-Patrick Schulz: Ja, es ist immer leicht, wenn man ein einheitliches Material hat. Deswegen ist Glas gut. Das ist bei Papier auch, obwohl es dann eben Grenzen gibt. Das geht bei Weißblech, bei Aluminium geht das auch, wenn man es eben über die Sortieranlagen, und das kann man Probleme schaffen, eben aus diesem Abfallstrom rausbekommt. Bei Kunststoff ist die Herausforderung, dass es zum einen eben so viele verschiedene Sorten gibt und zum anderen es oft auch Verpackungen gibt, wo verschiedene Kunststoffarten verklebt werden, Verbunde, Lichtschutz, verschiedene Umlebensmittel-Taunlichkeiten. Da gibt es Gründe dafür. Das macht niemand, weil man was möglichst Kompliziertes konstruieren will. sondern dafür gibt es bestimmte Gründe aus der Vergangenheit und Verpackungen. Wenn einmal eine Verpackung weltweit im Einsatz ist bei großen Konsumgüterherstellern, die haben eine lange Entwicklungszeit und das wieder umzustellen, das dauert auch ein wenig. Deswegen sind diese Prozesse etwas träger als sonst. Die Schwierigkeit eben bei Kunststoff ist, sehr viele verschiedene Kunststoffarten in oft nicht großen Mengen. Wenn man die Sorten reinbekommt, zum Beispiel am Einwegpfand, das wird geschreddert und das ist Material, was unmittelbar einen Wert hat und unmittelbar verkauft werden kann. Das kann man auch hervorragend recyceln. Im anderen Fall ist, wenn man so viele verschiedene Kunststoffarten hat, in der Kunststoffartentrennung, bekommt man oft dann Ströme, die nicht mehr so groß sind, oft noch verunreinigt sind. und am schwierigsten wird es, wenn eben Dinge verklebt sind. Dann ist das Recycling extrem schwer und das kann dann oft nur noch zu Ersatzbrennstoff gemacht werden. Kann man auch sagen, Ersatzbrennstoff ersetzt natürlich Primärenergie, aber es ist sicherlich nicht das, wo wir hinwollen.

Joel Kaczmarek: Warum wird da nicht in irgendeiner Form mal eingegriffen? Also es ist ja eigentlich relativ simpel zu sagen, Duschgel muss irgendwie sich so eine Packung aus Plastik X oder Y zusammensetzen.

Jan-Patrick Schulz: Die Frage ist, wie stark ein Gesetzgeber eingreift. Ich neige dazu eher zu sagen, anspruchsvolle Ziele. Und auch Ziele, was den Einsatz von Rezyklaten angeht. Und dann wird das der Markt richten. Aber man muss eben diese Ziele setzen, sonst richtet der Markt nämlich dort gar nichts.

Joel Kaczmarek: Was sind Rezyklaten?

Jan-Patrick Schulz: Sekundärrohstoffe aus wiederaufbereitetem Material, aus dem Abfall. Das ist da die entscheidende Komponente. Weil was will man verbieten? Es sind ja auch, wenn Deutschland da vorgeht, mittlerweile ist eine Shampooflasche in Europa in drei Zylindern im Einsatz. Teilweise gibt es eine Lebensmittelverpackung von Schokobars, die ist fast weltweit gleich im Einsatz. Alleingänge sind da schwierig, da muss man dann wirklich irgendwo anders rankommen. Und was im Augenblick ja passiert, also zum einen werden die Verwertungsquoten deutlich erhöht, also man muss ab nächstem Jahr müssen wir deutlich mehr Kunststoff werkstofflich verwerten. Und das ist anspruchsvoll, also da ist schon viel passiert. Und zum anderen gibt es eben auch die Diskussion, wie man Rezyklate, eben Kunststoff, wieder einsetzen kann, wiederverwerten kann. Und das Dritte ist, wie man ökologisch vorteilhafte Verpackungen besser stellen kann. Also wenn etwas leichter zu recyceln ist. wie man das dann in irgendeiner Form besser stellen kann in den Kosten für den, der die Produktverantwortung hat.

Joel Kaczmarek: Was sagt deine Erfahrung? Ist es bei Plastikherstellern irgendwie so oder bei den Fast Moving Consumer Goods, dass die sogar auch einen Anreiz haben, dass man im Gegenteil die gar nicht so haltbar macht? Weil was ich zum Beispiel beobachte ist, ich kaufe mir immer diese Waschmittelflaschen, die ja so ein bisschen bauchiger sind. Ich glaube, da passen so zweieinhalb Liter rein. Die haben oben so einen Schraubdeckel. Dann habe ich gedacht, komm, gut, egal, nimmst du die nochmal und packst so einen Nachfüllbeutel da rein. Und dann habe ich bemerkt, irgendwann brechen diese Deckel durch. Und ich habe so ein bisschen den Eindruck, das ist Absicht, dass ich sozusagen die Flaschen immer wieder kaufen muss und nicht nur eine. Also haben Firmen eher den Trend, dass sie sagen, ich erkenne das, was du auch gesagt hast, dass das Branding-Effekt hat, wenn ich nachhaltig arbeite und beim Konsumenten gefragt wird? Oder ist man da eher noch in der klassischen Denke, möglichst viel abverkaufen und die Umwelt kommt an zweiter Stelle?

Jan-Patrick Schulz: Also diese Themen gibt es, wenn man jetzt, ich kann jetzt mehr nennen, Procter & Gamble hat eine Kooperation, um Beachplastik einzusammeln und da ein Head & Shoulders zum Beispiel draus zu produzieren. Also das wird eingesammelt an Stränden und dann wird das aufbereitet, damit machen die eine Shampooflasche. Das sind Aktionen, kann man sagen, ist das jetzt Gimmick oder ist das was, was man dann weiterdenken kann? Ist das mal ein erster Start? Henkel versucht das, Frosch diese

Sebastian Müller: Das ist aber alles Greenwashing, das ist

Jan-Patrick Schulz: Da muss ich widersprechen. Wir haben verschiedene Projekte gehabt, wo wir gesagt haben, wie kann man aus der gelben Tonne die Kunststoffe, was wir aufbereiten, gerade im Waschmittelbereich wieder einsetzen. Und das Interesse ist tatsächlich da bei vielen Firmen, weil sie sehen, auf der einen Seite wollen das die Konsumenten, auf der anderen Seite sind das auch teilweise Menschen, die wirklich davon getrieben sind, sagen, so können wir nicht weitermachen. Und dann sehen die natürlich auch, dass irgendwann diese Regulierung sowieso kommt. Und da denken Firmen mittlerweile schon weiter. Die sagen nicht, ich versuche Lobbyarbeit dagegen zu machen, sondern sagen eher, das kommt ohnehin. Wir sollten dann frühzeitig dabei sein. Aber es gibt es.

Sebastian Müller: Aber wie gesagt, so eine Beach-Clean-Up-Aktion finde ich halt eher, das kommt halt wirklich zu 100 Prozent aus der Marketingabteilung. Und dass man sagt, okay, wir versuchen, wie zum Beispiel an den Adidas, das auch sehr medienwirksam macht mit seinem Parley-Produktpalette, wo dann aber eben ich auch lernen musste, dass da nur 30 Prozent des recycelten Plastik wieder drin sind und ich das ja am Ende dann auch durch meine Waschmaschine wieder auswasche, also das ganze Thema an sich gar nichts bringt, sondern eher kontraproduktiv ist. Und da komme ich wieder genau auf diesen Punkt zurück. Wenn die Firmen uns Konsumenten versuchen zu erklären, es ist alles cool und wir machen mal einen Strand für euch sauber und dann kannst du dir das Shampoo wieder kaufen, dann haben wir ein Problem langfristig und dann haben wir ein größeres Problem. Das ist genau diese Wahrnehmungsthematik.

Jan-Patrick Schulz: Das kann man so sehen. Ich sehe das eher anders, dass die Firmen dieses Thema aufgenommen haben und versuchen, was zu machen. Dass das noch nicht perfekt ist, das mag durchaus sein, aber ich sehe das eher, dass dieses Thema diskutiert wird, dass die Konsumenten das einfordern und dass die Firmen anfangen, was zu machen. Und dann kommt möglicherweise eine Gegenrechtssituation, dann wird das diskutiert und dann muss man zur nächsten Stufe kommen. Ich finde es besser, als wenn gar nichts gemacht wird. Aber dieses Thema Greenwashing kann man sich lange darüber unterhalten. Im Zweifelsfall aus der Sicht würde man gar nichts machen und würde sich besser stellen. Das ist für mich dann auch keine Lösung. Also ich finde besser experimentieren, gucken, ob es geht und dann gehen wir zur nächsten Stufe. Ohne dem Konsumenten zu sagen, jetzt ist das fantastisch und damit ist die Umwelt gerettet. Das ist die falsche Botschaft. Die Botschaft sollte eher sein, wir testen hier und wir hoffen die Welt oder unsere Produkte etwas besser zu machen. Aber damit ist noch nichts gerettet. Erster Schritt.

Joel Kaczmarek: Ich hänge mit dem Kopf auch noch ein bisschen am Pfandsystem-Gedanken. Sag mal, wenn du sagst, diese PET-Flaschen, die ich in diesen Automaten reinschmeiße im Supermarkt und ich höre es kranschen, hast du gesagt, ein einheitlicher Plastikstoff, einfach verwertbar, super. Also ist ja wirklich dann in der Tat wohl diese Thematik nach wie vor, dass ich nicht weiß, was halte ich da eigentlich gerade in dieser Tonne genau in der Hand, dass ich diese Durchmischung habe. Was hält einen denn davon ab, zu sagen, DM, Rossmann und Co. stellen sich auch so Dinge auf und dann packe ich da irgendwie mein Shampoo rein? Oder diese schönen Aluminiumdosen mit Haarspray. Was wäre denn eigentlich der Blocker? Ist das zum Beispiel zu teuer? Ist das politischer Wille?

Sebastian Müller: Dass du da wahrscheinlich wieder keine gleichen Stoffe hast. Du hast ja eingangs gesagt, weltweit benutzte Verpackung.

Jan-Patrick Schulz: Ja, der Unterschied ist dieses Einwegpfand. Der Konsument bringt es aber zurück, weil er dafür Geld bekommt. Man kann dort keinen Müll reinstopfen. Die Schwierigkeit ist immer, wenn man Behälter aufstellt, kommt man sehr schnell zu einer Vermüllung. Gerade in diesen Geschäften. Da sieht man, man kann irgendwas reinschmeißen. Da gehört zwar nur die Shampooflasche rein, dann wird aber alles reingeschmissen, was man gerade hat. Dann hat man irgendwo noch was in der Tragetasche drin. Und das ist die Schwierigkeit. Und das kostet dann so viel.

Joel Kaczmarek: Einen Pfandautomat für Duschgelen zu kriegen, ist, glaube ich, schon machbar, oder?

Jan-Patrick Schulz: Nein, es ist alles machbar. Man muss nur, es hilft, wenn es rotierfähig ist, damit man das Einwegpfand auslesen kann. Das ist alles machbar. Die Maschinen gibt es natürlich. Und es gibt dort auch verschiedene, auch wieder Startups in dem Bereich, die sagen, wir wollen Elektrogeräte zurücknehmen. Das wird gewogen. Da gibt es eine Kamera, die erfasst das. Und dann gibt es sogar einen Preis, der ausgespuckt wird. Diese Ansätze gibt es. Aber es ist immer eine Frage der Vermüllung. Es ist eine Frage, hat man Platz dafür? Weil Einweggetränkeflaschen kommen häufig zurück. Da gibt es eine hohe Frequenz. Shampoo, wie lange hältst du eine Shampooflasche? Zwei, weiß ich nicht, einen Monat, teilweise noch länger. Eine Wasserflasche trinkt man aus und bringt sie zurück. Das ist immer eine Frage, wie viele verschiedene muss man dann aufstellen? Weil da gibt es ja auch wieder verschiedene Kunststoffarten.

David Wortmann: Und nicht auch teure Verkaufsflächen.

Joel Kaczmarek: Aber das sind die Hindernisse.

Jan-Patrick Schulz: Das ist nicht der Grund, es nicht zu tun oder nicht darüber nachzudenken, wie wir es machen können. Die Sortiertechnik mittlerweile funktioniert ja sehr gut. Die Schwierigkeit, die wir eher haben, ist, dass wenn immer ein gelber Sack, der ist relativ leicht, der reißt zwar leichter, aber dadurch sind auch nur leichte Sachen dort drin. Und den kann man relativ gut trennen. Wenn das eine Tonne ist, dann sind oft noch ganz andere Materialien da drin, bis zu 40, 50 Prozent Störstoffe. Das ist wirklich Müll, den man nur verbrennen kann, der in den Restmüll geht. Und die Schwierigkeit ist wirklich, dass man das Trendverhalten so verbessert, dass die Kunststoffe im gelben Sack tatsächlich aus der Sortieranlage so rauskommen, dass man sie auch verwerten kann. Also wir haben ja ein System, wo das funktioniert. Die Sortieranlagen funktionieren ja. Und wir können die Kunststoffe rausholen.

Joel Kaczmarek: Wollte ich gerade mal sagen, gib uns doch mal ein Gefühl dafür. Wenn ich so eine gelbe Tonne im Hof habe, mit diesen, was passt da rein? Ein paar hundert Liter? 200? 120. Wie viel Prozent davon werden sozusagen wieder aufgearbeitet? Wie viel Prozent werden verbrannt? Wie geht man damit eigentlich um?

Jan-Patrick Schulz: Grundsätzlich haben wir eine gewisse Fehlwurfquote. Das kann alles Mögliche sein. Das können Babywindeln sein, das kann Holz sein, irgendwas, was keine Verpackung ist. Eigentlich gehören ja nur Verpackungen da rein. Und von den Verpackungen wird im Bereich Papier und Glas gehen ja in andere Behälter. Was dort landet, ist Aluminium, Weißblech, Kunststoff und dann die Verbunde. Und im Kunststoffbereich müssen wir heute, also Stand 2018, 60 Prozent von dem, was in Verkehr gebracht wird, nicht was in der Tonne ist, weil das kann man nicht kontrollieren, was wirklich die Produzenten in Verkehr bringt, 60 Prozent davon überhaupt verwerten und 36 Prozent muss stofflich verwertet werden. Also daraus müssen dann wirklich wieder Rezyklate gemacht werden oder andere Dinge. Und diese Quote erhöht sich 2019 und diese Quoten werden auch erreicht, die werden auch übererfüllt, aber es wird immer schwerer, weil eben das Gemisch über die Fehlwürfe oder über die Verbunde sehr anspruchsvoll wird. Gerade die Verbunde sind eine große Herausforderung.

Joel Kaczmarek: Was ist denn so mit diesem Mythos? Manche Leute sagen ja so, es ist scheißegal, ich muss das gar nicht in die gelbe Tonne werfen, ich kann es auch in die schwarze werfen, die Sortieranlagen sind so gut, die machen die Arbeit für mich. Ist dem so?

Jan-Patrick Schulz: Was in der Restmetonne landet, wird ja zum größten Teil verbrannt. Ob das Altmedikamente sind oder eben die Sindel und diese ganzen Sachen, das muss auch verbrannt werden. Und wenn das, was da landet, das kann teilweise rausgeholt werden, wenn das zum Beispiel Weißblech ist oder andere Sachen, das wird vor der Verbrennung natürlich rausgeholt. Aber Kunststoff wird mit verbrannt. Das heißt, Kunststoff der in der Restmotonne oder von der Biotonne landet oder wo auch immer, wird verbrannt. Ja, aber in der Biotonne eben nicht.

Sebastian Müller: Das ist ja auch ein Riesenthema, dass wir eben ja immer, also durch die Fehlwürfe in den Biotonnen haben wir eben nicht nur das Thema, dass unsere Fische die Mikroplastik irgendwann essen, sondern dass wir das jetzt auch bald im Steak finden werden. Und wenn wir uns die Felder anschauen, auf die das geschüttet wird, das ist eben auch ein Thema.

Jan-Patrick Schulz: Richtig, das kommt aus dem

Sebastian Müller: Und ich glaube, das ist auch eine riesen Herausforderung, genau dieses, sagen wir mal, der Gemeinschaft irgendwie zu erklären, wie zu recyceln ist. Beim Tanken ist es relativ einfach, da hast du dann nur den Böppel, der passt dann nur bei dir da rein. Ja, das ist halt echt schwierig.

Jan-Patrick Schulz: Ich will nochmal zurückkommen auf dieses Deutschland-Weltmeister. Ich finde den Punkt sehr gut, den du gemacht hast. Wir sollten nicht sagen, wir sind Weltmeister und alles ist in Ordnung. In Deutschland ist das System sehr weit. Da geht noch wesentlich mehr, das muss man auch ganz klar sagen. Aber wenn wir sehen, gerade dieses Thema Plastik in den Weltmeeren, nach wie vor werden in Asien oder in bestimmten Bereichen über die Flüsse riesige Mengen reingeschwemmt. Was wir heute drin haben, ist das, was wir seit 50 Jahren oder vor langer Zeit mal reingeschmissen haben, das ist noch drin. Mittlerweile landet aus Deutschland relativ wenig da drin. Da gibt es Systeme, die das sicherstellen. Das, was wir heute da drin haben, kommt aus ganz anderen Ländern. Das hat nichts mit gut oder schlecht zu tun, das hat einfach was mit Entsorgungssystemen zu tun, die da noch nicht vollständig aufgebaut sind. Das hat auch was mit Verpackungsgrößen zu tun, die da ganz anders sind teilweise, viel kleiner. Weil die Leute sich eben die großen Verpackungen gar nicht leisten können. Die müssen kleinere Verpackungen kaufen, das ist schwerer zu sammeln, das ist schwerer zu recyceln und so weiter. Also das ist wirklich ein weltweites Thema. und deswegen in Deutschland auf Kunststoff zu verzichten, weil man meint, man macht was für die Meere. Dadurch passiert da erstmal gar nichts, weil in Deutschland das Kunststoff, Großformatige holen wir raus und das recyceln wir auch. Mikroplastik ist eine ganz andere Geschichte. Das ist Reifenabrieb, das ist Abrieb von Schuhen. Das sind die großen Themen.

David Wortmann: Es wurde ja gerade vor wenigen Tagen eine neue Studie vom Fraunhofer-Institut veröffentlicht, die wirklich höchst interessant hervorgeht, dass wir einen sehr hohen Mikroplastikanteil nicht nur im Wasser, im Trinkwasser haben, sondern wirklich auch auf den Äckern haben. Und zu einem Drittel kommt es wirklich von Abrieben von Reifen.

Jan-Patrick Schulz: Und auch Biotonne, Klärschlamm?

David Wortmann: Biotonne, Klärschlamm, es werden Lebensmittel geschreddert mit den Verpackungen. Da wird nicht die Verpackung vorher abgezogen sozusagen, sondern es wird mitgeschreddert. Aber wie wichtig, um da jetzt nochmal an die Frage von Joel anzuknüpfen, ist denn der Faktor Mensch? Der scheint ja sehr wichtig zu sein, weil es gibt die Fehlwürfe. Plastik wird dann verbrannt. Anscheinend wird dann bei der schwarzen Tonne dann doch nicht ausreichend getrennt. Aber wie sehr können wir uns denn überhaupt auf den Faktor Mensch verlassen? Also wenn wir schon sagen, dass wir in Deutschland die Weltmeister sind in Anführungsstrichen, dennoch da sehr viel Upside Potential auch da ist, weltweit sicherlich, da viele, viele noch nicht so weit sind. Gibt es da Digitalisierungsprozesse? Gibt es Technologien, die wir dort sehen, die uns helfen können, diese Recyclingquoten zu verbessern, möglicherweise auch den Faktor Mensch ein Stück weit dort auch wieder rauszunehmen aus der Gleichung?

Jan-Patrick Schulz: Der Faktor Mensch ist schon sehr wichtig, weil die erste Trennung wird ehrenamtlich durch den Bürger gemacht. Und es ist in den letzten fünf bis zehn Jahren wesentlich weniger darüber berichtet worden, wie man richtig trennt, als in den Jahren davor. Das wird jetzt korrigiert. Die dualen Systeme in der Gesamtheit müssen einen bestimmten Betrag aufwenden, um wieder mehr den Bürger aufzuklären, wie man richtig trennt. Wir sehen auch, dass es in bestimmten Bereichen eben eine viel schlechtere Mülltrennung gibt als in anderen Bereichen. Wir sehen, wenn man eine Tonne einfüllt, dass dann schnell auch mal was anderes, was da gar nicht reingehört, da drin landet als im gelben Sack und so weiter. Der Bürger ist hier schon sehr entscheidend, weil dort findet die erste ehrenamtliche Mülltrennung statt, die dann in den Sortieranlagen weitergeht.

Joel Kaczmarek: Man muss doch echt mal einen Aufruf machen, oder? Also wenn ich mir nur mal meinen Haushalt angucke, ich gehe in meinen Hof, gucke in die Biomülltonne rein und dann schmeißen da Leute ihren Biomüll in einer Plastiktüte rein. Da denke ich mir, ob die ein bisschen dumm sind, ehrlich gesagt. Oder es ist ja irgendwie scheinbar Standard.

Sebastian Müller: Das ist nicht Dummheit, das ist, glaube ich, Unwissenheit. Das ist einfach Unwissenheit. Aber meist ist es dann auch noch so, dass die dann irgendwie in der Drogerie Möse kaufen, die dann auch wieder Plastik sind, aber dann steht da Öko drauf, obwohl es recycelte Plastik ist. Und dann denken die genau wieder, da sind wir wieder beim Thema Wording.

Joel Kaczmarek: Da bin ich mir auch reingefallen. Es gibt zerrottbare und die zerrotten aber zu langsam, ne?

Sebastian Müller: Genau, und das gibt es ja bei den Trinkhalmen genauso, gibt es aus PLA und Ersatzstoffe. Wir haben halt hier auch wieder das Problem Kennzeichnung. Wie muss ich Plastikverpackungen oder Ersatzverpackungen so kennzeichnen, dass der Bürger, der dann mündig ist, die Verpackung nicht irgendwie dahin schmeißt, wo sie dann eben nicht verrottet und somit im Endeffekt wir ökobilanziell wieder einen größeren Rucksack haben, weil wir nämlich irgendwie Mais anbauen müssen, der dann im Endeffekt nur einmal kurz zur Verpackung benutzt wird und dann weggeschmissen wird. Also das ist, glaube ich, ein Riesenthema. Und David, was du meintest bezüglich Digitalisierung. Wird, glaube ich, schwierig. Also wenn ich jetzt einfach mal so ein Bild baue, wo ich meine Verpackung irgendwie da reinschmeiße und dann piept die Tonne und sagt, nee, das passt nicht. Das ist ein Riesenthema. Also da muss man

Joel Kaczmarek: Klingt ein bisschen gut nach Utopia, oder?

Sebastian Müller: Ja, genau.

Jan-Patrick Schulz: Digitalisierung ist sicher auch Sortieranlagen, wie die das heute schon rausfiltern. Das hat ja viel mit Digitalisierung zu tun. Da ist viel Technologie im Einsatz, aber da muss auch langfristig investiert werden können. Deswegen braucht es auch Stabilität von der Gesetzgebung, um eben solche Sortieranlagen zu bauen. Aber interessanterweise ist, glaube ich, jeder, der dann sowas in die Biomülltonne schmeißt, wenn man ihn anspricht, die Reaktion sofort, oh ja, habe ich übersehen. Also viele wissen es schon. Aber es gibt auch Sachen, die schwierig sind. Es gibt diese Joghurtbecher, wo dünnes Kunststoff und Papier drum gelegt ist. Da denkt man eigentlich, das ist ja gut. Das ist auch eigentlich gut, wenn man es trennt. Wenn man es nicht trennt, ist es eine Katastrophe. Weil die Sortieranlage findet es eben als Papier und dann landet es im Papierstrom. Und der Kunststoff wird nicht rausgegeben. Das sind dann so die Themen, wo der Bürger viel mehr Informationen braucht oder viel mehr Aufklärung braucht.

Sebastian Müller: Und genau da muss man eben das Problem auch wieder vor seine Haustür holen. Das ist halt wieder genau die Thematik. Wenn der Bürger weiß, und er wohnt jetzt in einer ländlichen Gegend wie in urbanen Gegenden, da ist vielleicht auch die Wahrnehmung noch ein bisschen anders, wenn du den Leuten eben erklärst, okay, pass auf, wenn wir so weitermachen, und dann wirst du irgendwann Plastik essen, man muss ihnen dann noch den richtigen Weg zeigen.

Jan-Patrick Schulz: Wir sind ja in sehr vielen Ländern tätig. Was ganz interessant ist, wir haben zum Beispiel in Portugal, holen wir Kinder im Kindergartenalter oder im Vorschulalter in unser Büro, da gibt es eine große Anlage, wie genau Elektronik, Altgeräte oder Batterien recycelt werden. Und die verstehen das, die arbeiten mit und die sagen dann ihren Eltern, was sie zu tun haben. Batterien auf keinen Fall da rein und das mach nicht so. Also wenn man bei den Kindern anfängt, die sind auch begeistert für das Thema und die verstehen das auch unmittelbar. Und die erziehen dann ihre Eltern. Das ist ganz interessant, wie das auch in verschiedenen Ländern gelöst wird. dass das über eine spielerische Art und Weise im ganz anderen Alter stattfindet und nicht eben irgendwo als prozessierische Maßnahme.

David Wortmann: Aber dann gesamtgesellschaftlich gesehen auch ein relativ träger Prozess auch. Weil ich muss ja auf die neue Generation setzen. Ich muss unglaublich viel Kampagnenarbeit, in Anführungsstrichen Erziehungsarbeit machen. Und da ist so ein bisschen so aus meiner Schulfächer, das hilft sicherlich alles, aber da ist sozusagen meine Grundskepsis dann auch so ein bisschen da. Wird es wirklich am Ende des Tages, wird jeder auch mitziehen, werden es ausreichend Akteure auch sein. Und auf der anderen Seite schon so ein bisschen auch bei mir dann die Hoffnung, vielleicht kann die Technik da auch einiges tun. Also möglicherweise nicht jetzt beim Piepen, wenn ich jetzt meine Pfandflasche irgendwie falsch einsortiere, was ich ja heute ja schon erlebe, aber eben dann sozusagen End of Pipe, wo dann sozusagen die Recyclinganlagen einfach sehr viel besser oder die Sortieranlagen sehr viel besser auch funktionieren. Da ist ja auch schon sehr, sehr viel passiert in diese Richtung. Und da ist so ein bisschen meine Hoffnung auch, dass die gesamten Prozesse durchdigitalisiert werden können.

Jan-Patrick Schulz: Das, aber es wird nicht die eine große Lösung geben. Deswegen komme ich ja immer wieder auch auf das Thema Startups zurück. und warum wir uns damit beschäftigen, weil wir bekommen immer mehr Bewerbungen für diesen Green Alley Award, weil immer mehr sich damit beschäftigen und sagen, ich muss irgendwas hier machen und ich will eben nicht nur ein Startup gründen, um zu skalieren Geld und dann den Ausstieg zu haben.

Joel Kaczmarek: Was ist denn das eigentlich für ein Award?

Jan-Patrick Schulz: Also wir haben vor fünf Jahren, noch früher, als wir uns mit neuen Entwicklungen auseinandergesetzt haben, was kann eigentlich unser Geschäftsmodell auch entscheiden, stören oder wird der Verpackungsverbrauch runtergehen, haben wir uns angefangen damit auseinanderzusetzen, was gibt es überhaupt für neue Bewegungen in diesem Bereich? und wie denken jüngere Menschen darüber, auch vor dem Hintergrund einer Beteiligung, die wir haben, TerraCycle in den USA, dass jemand gesagt hat, vor zehn Jahren schon, ich akzeptiere nicht, dass es Müll gibt, Zero Waste, das ist meine Philosophie und es darf nichts mehr verbrannt werden und das in Amerika mit großen Firmen umsetzt. Und da haben wir gesagt, eigentlich müssen wir diese Firmen finden, wir müssen diese Startups finden, weil ich bin davon überzeugt, nur im Wettbewerb und nur mit vielen kleinen Aktionen kann dann auch irgendwann das von sehr vielen Stellen kommt, was Größeres entwickeln. Und das war am Anfang noch relativ, vor sechs, sieben Jahren noch schwer, überhaupt auch den Kontakt zu bekommen. und zu sehen, wer ist überhaupt in diesem Bereich unterwegs. Mittlerweile ist es so, dass wir etwas bekannter sind, aber dass auch immer mehr Bewerbungen wir aus ganz Europa bekommen. Und das ist sehr interessant. Das ist teilweise aus dem Bereich Digitalisierung. Also wie kann man gerade im Bereich Reuse sehr effizient diejenigen, die was haben, mit denen verbinden, die eben etwas Gebrauchtes kaufen wollen. Was ist im Bereich Recycling-Technologien gerade, wenn man verschiedene, ich hatte gerade über Verbunde gesprochen, wie kann man bessere Recycling-Technologien entwickeln? Da gibt es Start-ups, es gibt viele Start-ups im Bereich Foodways, wie kann man das? Im Mehrweg-Bereich gibt es Start-ups. Also überall kommen die her, aus allen möglichen Bereichen, aus allen möglichen Ländern. Wir haben jetzt 200 Bewerbungen wieder gehabt, ich glaube aus fast 50 Ländern. Und es ist wirklich interessant, dass sich Menschen damit auseinandersetzen und zum einen getrieben sind von, ich will was Besseres machen und es muss auch irgendwo einen Sinn ergeben. Und zum anderen tatsächlich auch Geschäftsmodelle finden, die man skalieren kann, die auch einen Mehrwert bringen. Weil nur dann bringt es was. Wenn man das macht und das klappt irgendwo im kleinen Bereich, aber es ist immer ein Zuschussgeschäft, dann wird das nie die große Wirkung haben. Deswegen ist sowas natürlich, ich finde diese Kombination im Umweltbereich und der Kreislaufwirtschaft was zu machen, aber auch das klare Ziel haben, ich will das skalieren, ich will damit auch Geld verdienen irgendwann, dann kann es funktionieren. Alles andere ist auch gut. Das sind eben die Sachen, die wir versuchen zu fördern, weil wir nicht nur sehen wollen, was kommt, sondern auch ein Netzwerk aufbauen wollen von Ideen, damit wir auch beispielsweise unsere Kunden, also die Hersteller, mit diesen Firmen in Verbindung bringen, weil die haben Interesse daran. Was ist überhaupt in dem Markt? Und die wissen das oft gar nicht, weil die Distanz ist ja doch ziemlich groß zwischen denen, die irgendwo gerade in dem Umweltbereich etwas machen und zwischen den großen Firmen, die diese Lösung vielleicht interessant finden und vielleicht auch einführen sollten.

David Wortmann: Es gibt, so sehen wir das zumindest, nach unserer Beobachtung relativ wenige Programme in diesem Bereich. Also insofern ist Green Alley da eine der wenigen Möglichkeiten auch für Startups, sich dort auch eine gewisse Visibilität zu verschaffen. Wie sind da die Bewerbungsfristen? Um da vielleicht einfach kurz denjenigen, die ein Interesse haben könnten, dort nochmal ein paar Informationen zu geben.

Jan-Patrick Schulz: Wir machen das jetzt im fünften Jahr. Die Bewerbungsfrist läuft üblicherweise bis Ende Juni, Anfang Juli. Dann kommt der Auswahlprozess und wir haben dann Ende Oktober sechs Finalisten, diesmal auch wieder europaweit, die laden wir nach Berlin ein, die pitchen und dann bekommt der Gewinner neben einigen anderen Dingen einen Cashpreis von 25.000 Euro. Also damit kann man dann auch schon ein bisschen was machen.

David Wortmann: Vielleicht sehen wir ja Halm irgendwann mal unter den Bewerbern.

Sebastian Müller: Ich frage mich gerade, ob wir uns wirklich beworben haben oder nicht.

David Wortmann: Also Halm ist schon so groß, dass der Gründer nicht weiß, wo er sich beworben hat. Ohne Scheiß, also egal.

Joel Kaczmarek: Wie viele Mitarbeiter seid ihr mittlerweile?

Sebastian Müller: Sieben Vollzeit und dann haben wir noch so zehn Aushilfen ungefähr.

Joel Kaczmarek: Kann man bei dir sozusagen arbeiten, wenn man die Welt verbessern möchte, sozusagen als Ehrenamtlicher?

Sebastian Müller: Als Ehrenamtlicher? Joel, willst du vorbeikommen?

Joel Kaczmarek: Nee, ich nicht, aber hier hören gerade 13.000 Leute zu.

Sebastian Müller: Ja, natürlich, natürlich, gerne.

Joel Kaczmarek: Also ich bringe mich da auch ein, aber ich mache das anders. Ich mache das nicht über Arbeitszeit bei dir, sondern

David Wortmann: Wir machen den Podcast.

Sebastian Müller: Genau. Also wie gesagt, deswegen hatte ich ja eingangs nochmal gesagt, wir schreiben jetzt auch nochmal extremer aus, weil wir jetzt nächstes Jahr sehr, sehr, sehr, sehr, sehr viel vorhaben. Das steht eben Internationalisierung an, also von daher schaut einfach mal auf die Webseite und da findet ihr vielleicht auch eine Sache, die nicht nur ehrenamtlich dann ist.

Joel Kaczmarek: Gut, also, dann danke ich dir ganz herzlich, lieber David, dass ich hier mal mit reinrätschen durfte und dort meine privaten Interessen irgendwie abfragen und dir natürlich ganz herzlich für die tolle Vorbereitung. Euch beiden ganz herzlich für den tollen Input. Und auch wenn wir heute ein bisschen moralapostelmäßig vielleicht unterwegs sind, alle, die hörte, zuhören. Mich würde das freuen, wenn ihr euch auf heim.co, wie man gemerkt, solche Dinger kauft, wenn ihr euch da als Arbeitskräfte bewerbt oder wenn ihr euch bei einer von beiden Firmen wirklich mal als Ehrenamtlicher bewerbt und da mal was tut. Oder sammelt Müll ein, hört auf, Kippen auf den Boden zu schmeißen, trennt Müll. Ich glaube, da hat jemand einen Router in unseren Papiermüll geworfen. Lasst sowas.

David Wortmann: Oder wenn ihr ein Startup seid, Green Alley.

Jan-Patrick Schulz: Oder auch Green Alley folgen, weil wir stellen auch Müll der Startups vor, die genau in diesem Bereich tätig sind. Vielleicht gibt es da auch sehr interessante europaweit, wo man Interesse hat, mitzuarbeiten oder sich zu beteiligen.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, dass ganz viele Leute Lust haben, was zu tun. Das finde ich einen guten Hinweis, dass man auch mal sieht, was es eigentlich so gibt, wo man mitwirken kann. Es geht darüber hinaus, dass man sich nicht nur To-Go-Becher klemmt, sondern vielleicht auch mal sowas macht. Genau, also euch allen ganz herzlichen Dank und wir sehen uns bestimmt alle mal wieder.

Sebastian Müller: Danke für die Einladung.