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David Wortmann: Ja hallo und herzlich willkommen zu einem neuen digital deep dive cleantech podcast hier bei digital kompakt. Ich bin David Wortmann, Gründer und Geschäftsführer von DWR-Eco und wie ihr wisst, sind wir vor allen Dingen unterstützend für Cleantech-Unternehmen unterwegs im Bereich der Kommunikation, der politischen Positionierung, aber auch bei strategischen Fragestellungen. Heute habe ich einen sehr spannenden Unternehmer hier, nämlich den Alex Vogt. Alex Vogt ist ein Seriengründer, er ist seit vielen Jahrzehnten auch schon unterwegs, aber ein sehr junger Gründer, weil er gerade auch vor wenigen Jahren nochmal ein neues Speicherunternehmen gegründet hat. Wir wollen heute vor allen Dingen über das Thema Speicherung sprechen, aber natürlich würde ich auch sehr gerne die Gelegenheit nutzen, die sehr umfangreichen Erfahrungen von Alex auch als Gründer hier mit einfließen zu lassen. Aber vielleicht stellst du dich am Anfang gleich selber mal ganz kurz vor, Alex. Ja, Alex.
Alex Voigt: Alex Voigt, ich bin gebürtig aus Frankfurt, aber direkt eigentlich nach der Schule zum Studieren nach Berlin gekommen. Ich habe hier Physik, Mathematik und Meteorologie studiert und schon während des Studiums habe ich erste, damals sehr kleine Photovoltaikanlagen errichtet. Also ich bin schon während des Studiums einfach auf dieses Thema und auch auf die Potenziale gekommen. Damals war Photovoltaik ohne Speicher überhaupt nicht vorstellbar, weil man noch gar nicht die Solarmodule mit den Netzen gekoppelt hat.
David Wortmann: Und du hast jetzt Physik und Meteorologie studiert. Hattest du denn damals schon die Zusammenhänge gesehen zwischen der Photovoltaik und Meteorologie? War das Thema Klimawandel denn damals schon ein Thema gewesen?
Alex Voigt: Also Klimawandel war in den 80er Jahren im wissenschaftlichen Bereich schon ein Extremwandel. ein extrem heißes Thema. Also unsere Professoren haben damals auch schon stark irgendwie auf Umweltminister Töpfer zum Beispiel eingewirkt, auch dafür zu sorgen, dass auf internationalem Level eben Klimakonferenzen entstehen und wirklich die Staatengemeinschaft da global tätig wird. Es hat uns auch damals in der Wissenschaft noch extreme Anstrengungen gekostet. Wir hatten damals ja noch lange nicht diese Rechenpower. Also mathematisch waren das sehr komplexe Aufgaben, an denen man hochintensiv gearbeitet hat. Wir haben damals auch die Klimakladden aus Potsdam. Wir hatten ja aus Potsdam die längsten Klimadaten, die es mit überhaupt gibt. Aber das war alles in Büchern handgeschrieben, musste transkribiert werden, in Computerprogramme eingegeben. Also es war eine sehr intensive studentische Arbeit. Und in der Diskussion, die damals auch schon sehr zäh war, wurde mir auf jeden Fall klar, dass es letztendlich für dieses Emissionsproblem braucht. Und als die Lösung, mit der ich halt eben auch schon Kontakt hatte, kam mir da eben als erstes Photovoltaik in den Sinn und hat mich bis heute nicht mehr losgelassen.
David Wortmann: Bist du denn gleich Unternehmer geworden? Also hast du vor allen Dingen auch im Unternehmertum denn die Lösungen gefunden. oder wie war dann sozusagen ganz zu Beginn dein Werdegang?
Alex Voigt: Naja, das Problematische war ja, dass es eigentlich zu der Zeit noch Photovoltaik eigentlich noch gar keinen, es gab keine Unternehmen, die das gemacht haben im großen Stil. Also der klassische Werdegang, sich irgendwo zu bewerben, ich würde gerne in der Photovoltaik arbeiten, das gab es so nicht. Und es war ja auch eigentlich ein Nischenmarkt, also man konnte da schon arbeiten. Aber der einzige Weg, sich damit wirklich auseinanderzusetzen, war eigentlich in die Selbstständigkeit. Und ich habe im Studium schon sehr viel selbstständig gearbeitet, im Bau bei Dachgeschossausbauten, immer mit Dächern, auch in Verbindung mit Solarthermie damals vor allem. Also die Energieseite und das Bauen hat mich eigentlich schon sehr früh begleitet. Und von dem ersten Ingenieurbüro, das ich hier in Berlin mit Partnern hatte, ging es dann so ab 1995 in die spannende Gründungsgeschichte der Solon AG. Kommen wir sicher auch gleich noch zu.
David Wortmann: Können wir auch gerne jetzt auch sofort drüber sprechen. Solon ist das erste deutsche börsennotierte Solarenergieunternehmen gewesen. Wie kam es denn dazu und wie hat sich das Ganze entwickelt und wie ist sozusagen dann auch später dann auch dann der Weg zur Speicherung gekommen?
Alex Voigt: Ja, das war eigentlich eine sehr, sehr spannende Geschichte. Also die Szene in Berlin, wir hatten ja den großen Vorteil in Berlin, dass eben relativ viele von den ehemals besetzten Häusern wurden beteiligt. in Baugruppen irgendwo saniert und damals halt eben auch schon sehr innovativ. Also was damals die Top-Themen waren, waren Blockheizkraftwerke, war eben Photovoltaik. Und mit den Ingenieurbüros, die sich damals hier auf dem Gebiet getummelt haben, vor allem habe ich mit einem sehr viel zu tun gehabt, nämlich mit der Wuseltronik.
David Wortmann: Auch ein interessanter Name.
Alex Voigt: Wind und Solarelektronik. Das waren total, heute würde man sagen, avantgardistische Ingenieurkollektiv, die sich jetzt gar nicht damit rumgemacht haben, Photovoltaik oder Wind, wie produziere ich das überhaupt, sondern die sich gleich mit der Elektronik beschäftigt haben, die ich brauche, um das später mal regeln und als sichere Energiequelle betreiben zu können. Und was uns verbunden hat, war im Prinzip die Erkenntnis, dass wir mit den Kosten natürlich extrem weit nach unten müssen. Es war halt eben noch ein kleines Luxusfeld eigentlich. Und dass das eigentlich nur über die Industrialisierung und die Skalierung geht, das war eigentlich so ein bisschen der Impact, glaube ich, den ich in die ganze Mannschaft mit reingebracht habe. Wir haben dann jahrelang irgendwie eigentlich auch diskutiert, weil ich sage mal, aus dieser doch eher linken alternativwirtschaftlichen Ecke, Ingenieurkollektiv, Mietz auf einmal das Projekt, wir werden Aktiengesellschaft, da waren einige wirklich spannende Auseinandersetzungen fällig. De facto habe ich mich da so ein bisschen durchgesetzt und ich Ich fand halt damals schon, dass eigentlich Unternehmen sind letztendlich die durchsetzungsstarksten Organisationsformen. Also wir haben lange gestritten, ob man nicht Gisolon als NGO eigentlich aufziehen muss. Warum? Weil es noch kein Geschäftsmodell für die Photovoltaik gibt. Und wir haben aber dann eben beschlossen, nein, auch wenn es noch kein Geschäftsmodell gibt, wir werden einfach als Unternehmen arbeiten und wir werden einfach den Platz für uns einfordern. Ja, und das hat ja dann letztendlich auch über das EEG und so weiter alles seinen Weg gefunden.
David Wortmann: Die Gründung der Solon AG war 1996. Ja. Und damals gab es ja noch kein Geschäftsmodell, wie du schon sagtest. Das heißt, ihr habt euch dann finanziert über Venture Capital oder wie ist dann sozusagen die Finanzierung ohne eigentlichen Markt? dann, wie hat das funktioniert?
Alex Voigt: Eigentlich war die Geschichte ein bisschen komplizierter. Also zum einen gab es damals eine Anzahl von mindestens über 100 Solarfördervereinen auf kommunalem Level. Die haben wir auch sehr aktiv irgendwo mit gepusht. Das war so eine zwischen politischen Aktivismus und angesiedelte Zeit. Und als die Solon den Börsengang gemacht hat, hatten überall 80 Kommunen in Deutschland sogenannte kommunale Einspeiseprogramme. Das war quasi der Vorläufer von dem EEG. Und das hat dafür gesorgt, dass eigentlich die Nachfrage nach Photovoltaik in Deutschland perspektivisch ansteigt. Aber unsere eigentliche Gründungsvision war letztendlich, in den Regionen, in der Welt zu arbeiten, in der wir einfach sehr viel Sonne haben. Und wir haben damals bei unserer Marktanalyse herausgefunden, und wenn man sich das heute anguckt, ist es verblüffend, wie gut das gestimmt hat, haben wir gesagt, die Weinregionen unserer Welt sind die Regionen, in denen sich Photovoltaik durchsetzen wird. Warum? Weil überall, wo Wein angebaut wird, scheint viel Sonne. Überall, wo Wein angebaut wird, haben die Leute Wohlstand und Kultur. Und deswegen werden sie begreifen, dass das irgendwie mit der Solarenergie eine gute Sache ist. Ganz spannend.
David Wortmann: Zumindest für den Markteinstieg. Für den Markteinstieg.
Alex Voigt: Einstieg war das unsere These und letztendlich war die Marktprognose damals sehr stark exportgetrieben. So war auch die erste wirklich Auslandsgeschäftsaktivität, auf die wir gesetzt haben, war eine Niederlassung in Marokko. Also wir haben jetzt gleich nicht nur irgendwie drauf gebaut, dass hier in Deutschland irgendwo der Nachfragesog ansetzt, sondern wir waren eigentlich optimistisch. Wir haben gesagt, das geht irgendwie schneller und haben uns da auf den Weg gemacht, ohne dass es letztendlich einen Marktmechanismus gab, den man so abprüfen konnte oder so.
David Wortmann: Also ich habe ein Unternehmen gestartet ohne Geschäftsmodell eigentlich und die Politik, und da haben wir auch schon ein, zwei Mal in diesem Podcast drüber gesprochen, hat dann so um 2000 herum gab es ja dann dieses 100.000-Dächer-Programm der deutschen Bundesregierung als Anreiz sozusagen, um Solarenergie zu bauen. Und dann später so ab 2001, 2003 herum ist ja sozusagen dann auch dann die Solarenergie mit in die EEG-Förderung mit reingekommen. Das heißt eine Einspeisevergütung für jede Kilowattstunde Strom, die ich über meine Solaranlage ins Netz einspeise. Und irgendwann kam dann der Börsengang dann auch von Solow.
Alex Voigt: Aber wir haben halt eben uns angeguckt, es gab damals schon diese ganzen Burda-Umfragen und so. Und das Ansehen der Solarenergie in der Bevölkerung war damals ja schon bei über 90 Prozent. Der Wunsch, Solarenergie zu haben, verfügbar zu haben, war enorm groß. Und wir haben dann gesagt, okay, das wollen wir eigentlich, darauf wollen wir bauen und haben dann einen Börsengang gemacht, der sehr breit gestreut war und sich letztendlich an Privatpersonen gewendet hat. Und das lief super erfolgreich. Also wir haben unseren Börsengang hervorragend über die Bühne gekriegt. Und diese Geschichte, dass dann Investoren, wirklich professionelle Investoren eingestiegen sind, kam eigentlich dann erst ab 2002, als wirklich der Markt auf das EEG angefangen hat zu reagieren.
David Wortmann: Also der Börsengang war quasi sowas wie so ein frühes Crowdfunding, was man heute als Crowdfunding bezeichnen würde.
Alex Voigt: Im Prinzip war das ein frühes Crowdfunding, genau.
David Wortmann: Vielleicht machen wir mal so ein bisschen fast forward auch. Wir können vielleicht immer wieder auch zum Thema Solar und auch ganze Lohn auch nochmal zurückkommen, aber ich möchte vor allem über das Thema Speicherung ja auch hier sprechen. Du bist zumindest 2006, glaube ich, aus der Solon dann ausgestiegen und hast dann wenig später dann die Unicus, auch AG oder GmbH gegründet. Und vielleicht kannst du jetzt mal so ein bisschen mal jetzt schon mal einführen in die ganze Speicherthematik. Warum brauchen wir eigentlich überhaupt einen Speicher?
Alex Voigt: Genau, also der Punkt war 2006, 2005 eigentlich schon war absehbar, dass quasi dieser Kostensenkungspfad, den wir vorhergesehen haben, dass die Industrie den einhält. Also es gibt ja so eine industrielle Lernkurve, Verdoppelung der Produktionsmenge, Senkung der Kosten um 20 Prozent und so weiter. Und wir haben 2006 gesagt, es sind jetzt über 1000 Firmen, die Photovoltaik-Module machen, es gibt hunderte, die Wind machen, die sagen, Unser Kostensenkungspfad ist intakt. Das heißt, binnen zehn Jahren wird der Strom aus erneuerbaren Energieanlagen so billig sein, dass wir de facto kompetitiv zur fossilen Energieerzeugung werden. Das einzige Problem, das wir lösen müssen, ist, wir haben bei Wind- und Solargeneratoren halt eben diese stochastische, statistische Erzeugung, die sich nach dem Wetter richtet und eben nicht nach dem Bedarfsverhalten. Und deswegen fehlt eine Wertschöpfungsstufe noch komplett, um eigentlich wirklich ein erneuerbares Energiesystem zu haben. Und das sind Integrationstechnologien, Speichertechnologien. Und zwischen 2006 und 2008 haben wir uns das intensiv angeschaut. Und wenn man sich jetzt die Thematik mit der Speicherung anguckt, dann muss man sich ein kleines Gedankenexperiment machen. Wenn wir das Ziel haben, bei 80 Prozent erneuerbaren irgendwann mal zu sein oder sogar noch drüber, dann kann man das vergleichen wie mit der Aufgabe, mit einem Durchschnitt von 80 von Berlin nach München zu fahren. Wenn ich das schaffen will, muss ich fast immer schneller als 100 fahren, weil schon eine kleine Tankpause oder ein klitzekleiner Stau dazu führt, dass mein Durchschnitt eben ganz stark gesenkt wird. Das heißt also, wenn ich 80 Prozent Erneuerbare irgendwann mal haben will, muss ich fast immer über 100 Prozent Erneuerbare im Stromnetz erzeugen, weil schon die paar Tage mit Wolken und keinem Wind eben meinen Durchschnitt natürlicherweise drücken. Die meisten denken ja, man muss für sehr lange Zeiten immer den Strom speichern. Das ist gar nicht so sehr der Punkt. Aber wenn wir uns das Speicherthema anschauen, dann bekommen wir quasi ganz verschiedene Anwendungscluster für Speicher. Es gibt quasi ein erstes Cluster, Kurzzeitspeicher, die ich brauche, um die Frequenz und die Spannung im Stromnetz stabil zu halten. Weil ohne dass das Stromnetz stabil ist, bricht mir der Energietransport total zusammen.
David Wortmann: Und Kurzzeit heißt dann wenige Sekunden?
Alex Voigt: Wenige Sekunden bis Minuten. Das ist das Erste und da ist die technische Antwort darauf eigentlich Batterien. Das ist der Grund, warum wir als erstes dann die Unikos gegründet haben, die eben 2008 schon den ersten 6 Megawattstunden, 1 Megawatt Leistungsspeicher hier in Berlin mit Vattenfall ans Netz angeschlossen hat. Hat gezeigt, dass Batterien technisch das mitbringen, eben diese Leistungsfähigkeit des Netz zu stabilisieren. Unikos hat dann daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Das nächste, was wir an Speichern brauchen, sind große Energiemengen, die dann entstehen, wenn wirklich ein starkes Windfeld über Deutschland zieht oder wir einen sehr sonnigen Tag haben. Massive Überproduktion für sechs bis acht Stunden, gefolgt von einer zwei- bis dreimal so langen Zeit mit niedriger Einstrahlung. Bei Sonnenenergie ist das die Nacht, bei Wind ist das eine Flaute, die nach so einem Starkwindfeld kommt. Und das ist der Technologiebereich, in dem sich die Luminien im Augenblick gerade auffällt. Das heißt, wir haben eine Technologie entwickelt, die in sehr kurzer Zeit sehr viel Energie aufnehmen kann und dann geglättet über eine längere Zeit wieder abgibt. Das The Endgame, quasi das Finale in dem Turnier Erneuerbare gegen Fossile, ist das, was noch kommt. Das ist dann die so viel beschworene Dunkelflaute. Das heißt, was mache ich mit den 14 Tagen ungefähr im Jahr, in denen ich bedeckten Himmel habe und keinen Wind?
David Wortmann: Genau, um das nochmal so ein bisschen auseinanderzudröseln, wir haben einmal diesen Kurzzeitspeicher, der einfach nachkommt. notwendig ist, um die Frequenz im Stromnetz zu halten. Das ist von wenigen Sekunden bis einigen Minuten. Dann haben wir sozusagen diesen Anwendungsfall. Und das war der Anwendungsfall von Unicus gewesen. Dann haben wir jetzt diesen Anwendungsfall von Lumenium, wo es darum geht, wenn dann mal die große Wolke kommt über einem großen Solarfeld, relativ kurzfristig die Energie sozusagen gespeichert werden kann und dann auch dann geglättet, wenn das Wolkenfeld dann da ist, sozusagen auch abgeben kann. Und das geht dann über Einige Stunden.
Alex Voigt: Das geht so bis 72 Stunden. Der Punkt ist, wir haben bei Luminion halt eben wirklich uns schon der Tatsache verschrieben, dass wenn ich zwischen 60 und 80 Prozent Erneuerbare im Stromnetz haben will, der Sache nähern wir uns ja gerade.
David Wortmann: Wir sind bei ungefähr 45 Prozent gerade. Genau.
Alex Voigt: Dann komme ich an den Punkt, dass ich schon ganz viele Tage habe, wo ich immer mehr als 100 Prozent des Bedarfes mit meinen Erneuerbaren produziere. Das ist diese vielbeschworene Abregelung. Also in Brandenburg und in Schleswig-Holstein werden ungefähr 30 Prozent des erzeugbaren Windstroms gar nicht produziert. Warum? Weil ich die Windanlagen abregle, weil im Stromnetz für diesen Strom kein Platz ist.
David Wortmann: Die Stromnetze sind nicht ausreichend ausgebaut. Deswegen sagen ja auch die einen, wir brauchen die Stromnetze. Ist das für dich ein Entweder-Oder?
Alex Voigt: Nein, also A, müssen wir auch Stromnetze ausbauen. Das ist jetzt hier keine dogmatische Diskussion, so wie bei George Orwell, zweibeiner gut, vierbeiner schlecht. Das ist nicht das Thema. Nur der Punkt ist, ein Stromnetz ist kein Speicher. Das ist wie mit einer Regenrinne und einer Regentonne. Wenn ich Wasser haben will für Zeiten, in denen ich Dürre habe, brauche ich eine Regentonne. Da hilft mir keine größere Regenrinne. Über eine größere Regenrinne fließt nur mehr Regen schneller ab. Und so ist es mit dem Stromnetz auch. Deswegen, wenn ich mehr als 100 Prozent Erzeugungsleistung im Stromnetz habe, dann muss dieser Strom irgendwo hin. Und was Luminien macht, heute ist dieses Wort ja auch bekannt, das haben wir vor ungefähr fünf Jahren angefangen mit zu prägen, Sektorkopplung. Was heißt das? Das heißt, der starke Fokus auf den Stromsektor, den müssen wir vergessen. Warum? Weil mehr als die Hälfte der Emissionen kommt sowieso aus dem Verkehr und der Heizung. Wärme. Wir nehmen Strom dann aus dem Stromnetz raus und stellen ihm dem Wärmesektor zur Verfügung, der Industrie-Prozesswärmedampf, wenn sie ihn braucht. Das heißt, wir sind a ein Energiespeicher, weil wir die Nutzung und die Aufnahme der Energie verzögern, aber wir bilden auch eine Brücke zwischen den Energieverbrauchssektoren ab. Und das ist eigentlich die Schlüsseltechnologie, die wir für den Schritt von 50 Prozent Erneuerbare bis 100 Prozent brauchen. Wir müssen unseren Blick über den Stromsektor hinaus öffnen.
David Wortmann: Vielleicht reden wir jetzt ein bisschen mal auch über Aluminium und was ihr genau macht. Also ihr deckt ja diesen Fall ab von einigen Stunden bis 72 Stunden. Und wie macht ihr das denn technisch? Also was habt ihr da für eine technologische Lösung, die jetzt anders ist als der klassische Batteriespeicher, den man ja kennt, der auf chemischer Basis ist?
Alex Voigt: Also wir haben uns letztendlich diesem Thema, was machen wir mit Strom, für den man im Stromnetz keine Verwendung hat, gewidmet und sind eben auf die Aufgabenstellung gestoßen, was macht eigentlich vorrangig unsere Industrie und die großen Fernwärmenetze, wenn ich die dekarbonisieren will. Und da habe ich letztendlich dann die Herausforderung, dass ich Strom sehr gut transportieren kann, wenn ich die Netze habe, aber Wärme kann ich eben nur sehr bedingt transportieren. Das heißt, meine technische Lösung muss sehr nah bei dem Verbraucher sein. Und wir haben dann eben analysiert, was für Technologien da Sinn machen. Das heißt, es darf nicht explodieren, es darf keine Emissionen haben, es darf keinen Lärm machen und so weiter. Will man ja alles in seiner Umgebung nicht haben. und haben dann aus einer Vielzahl von Gründen das Stahl, das quasi uralteste Material der Industrialisierung, wenn man an Dampfkessel, Eisenbahn und so weiter denkt, wiederentdeckt als Speichermaterial. Und haben dann eben die Technologie entwickelt, wie ich aus diesem Material ingenieurstechnisch Strukturen aufbaue, die sowohl eben eine sehr hohe Energiedichte aufweisen, also ich kann sehr klein und kompakt bauen, die sehr schnell wahnsinnig viel Energie aufnehmen können und dann auch sicher und geklettet und berechenbar und zuverlässig diese Energie wieder zur Verfügung stellen. Und das ist ja eigentlich der Kernbereich von Luminium. Wir nennen uns deswegen auch das Rückgrat der Energiewende. Warum? Weil wir einfach so wahnsinnig robust sind. Also die Technologie, die wir bauen, die hat im Prinzip kein Verfallsdatum. Die kann auch in der übernächsten Generation noch funktionieren. Wir brauchen jetzt auch keine wahnsinnig komplizierte neue Ingenieursausbildung, sondern was wir machen, kann im Prinzip Maschinen. Elektroingenieure können das bauen und warten und sind ja im Augenblick eben auch in einer ganz spannenden Phase, ähnlich wo wir auch bei der Photovoltaik waren, dass wir von ganz kleinen Anwendungen, also wir haben jetzt ja gerade hier in Berlin mit Vattenfall das erste 2,4 Megawattstunden Projekt am Start und kommen dann in Schritten über 50 Megawattstunden, 600 Megawattstunden, 8 Gigawattstunden so langsam in den Bereich, wo wir in der Lage sind, große Kohle- und Gaskraftwerke zu ersetzen, um Fernwärme für große Städte oder große Industriebetriebe zur Verfügung
David Wortmann: zu stellen. Aber die lokale sozusagen Anbindung muss schon dann gegeben sein. Das heißt, die Windkraftanlage, die Solarkraftanlage muss in unmittelbarer Nähe dann sozusagen klar zum Speicher sein. Aber auch der Abnehmer sollte sozusagen direkt beim Speicher dann liegen. Wie ist das jetzt technisch von der räumlichen Abwahl? Ihr braucht ja auch Leitungen.
Alex Voigt: Also der Punkt ist, zuallererst kommt letztendlich die erneuerbare Stromerzeugung. Das ist ja auch ein bisschen die politische Auseinandersetzung, die wir gerade haben. Windkraft wird abgewirkt, Photovoltaikdeckel wird nicht aufgehoben. So kann die Energiewende nicht gelingen.
David Wortmann: Also wir haben als Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern oder in Brandenburg eine große Windleistung, die kann allerdings nicht abgeführt werden, weil die Netze nicht da sind. Und da geht ihr dann sozusagen rein und sagt, diese 30 Prozent, die im Durchschnitt eigentlich nicht in die Netze eingespeist werden können, die speichern wir jetzt ein.
Alex Voigt: Genau, und deswegen sind auch unsere ersten Projekte eigentlich alle im norddeutschen Raum. Das erste industrielle Projekt ist in Dithmarschen. Jeder, der da war, weiß, wie viele Windturbinen da rumstehen. Da lebt man quasi zwischen Windturbinen. 2300 Stunden im Jahr werden die da abgeregelt. Kann man mit denen nichts anfangen. Warum? Weil die Netze nicht in der Lage sind, den Strom abzutransportieren. Und da verwenden wir eben den Windstrom, um für einen Biolandwirt die Möglichkeiten zu schaffen, seine Erbsen und Möhren zu kochen, zu blanchieren und danach Schock zu gefrosten. Und diese räumliche Nähe ist schon im gewissen Sinne eine Voraussetzung.
David Wortmann: Genau, weil darauf zieht sich gerade meine Frage auch ab. Weil häufig haben wir auch eine gewisse Korrelation zwischen Gebieten, wo es sehr viel an Windkraftproduktion beispielsweise gibt, aber es gibt eben nicht so viel Industrie in Brandenburg oder in Mecklenburg-Vorpommern. Darf allerdings in Nordrhein-Westfalen, wo wir vielleicht dann nicht ganz so viel an Stromerzeugungen haben, die nicht abgeführt werden können. Wie überbrückt ihr das? Der Zusammenhang ist ja da.
Alex Voigt: Also es ist halt in der neuen Energiewelt auch leider nicht anders als in der alten. Es gibt da keine Lösung für alles, sondern man braucht schon angemessene Lösungen. Wir würden auch nicht behaupten, dass unser Speicher überall hinpasst. De facto brauchen wir eine starke erneuerbare Nutzung. Durchdringung des Stromnetzes als Basis für unsere Notwendigkeit. Wenn ich jetzt zum Beispiel irgendwo in der Nähe von Stuttgart oder sowas bin, wo der ganze Strom hin transportiert wird, also wo ich eine Stromsenke habe, da brauche ich keinen Speicher in unserem Sinne. Aber überall da, wo ich heute schon einen Überschuss an Windkraft habe, werde ich mich wundern, wie viel Energieverbraucher ich dort auch habe. Nur die bislang verbrauchen die den Strom nicht, sondern die verbrauchen Gas.
David Wortmann: Naja, oder man siedelt sozusagen auch Verbraucher an.
Alex Voigt: Das ist der nächste Schritt. Also ich meine, auf lange Sicht glauben wir, dass die Industrie wird sich in den nächsten 40 Jahren, neue Industrie wird sich da ansiedeln, wo ich erneuerbare Energien habe und die eben auch günstig zur Verfügung stehen. Es hat sich vor 150 Jahren überall dort angesiedelt, wo ich halt eben Kohle hatte oder Kohle und Erz, Montanregionen. Perspektivisch wird das die Industrielandschaft sowieso umgestalten, aber wenn man nicht so weit nach vorne guckt, dann gibt es einfach immer noch, einen sehr, sehr großen Fit von Gegenden, in denen ich starke Winddurchdringung bereits habe, aber eben auch einen starken industriellen Wärmebedarf.
David Wortmann: Wie ist denn das Geschäftsmodell dann? Das heißt, ihr habt sozusagen, der Speicher ist direkt angebunden an dem Windpark oder dem großen Solarfeld, also jetzt nicht am Netz, sondern an der Energieerzeugungsanlage?
Alex Voigt: Es gibt da verschiedene Modelle. Eigentlich sitzen wir an Netzknoten, also in Netzbereichen, in denen das Netz nicht in der Lage ist, den Windstrom, der erzeugt werden kann, aufzunehmen. Das muss nicht direkt am Windpark sein, das kann eben auch in Distanzen von 30, 40 Kilometern sein. Das ist jetzt nicht irgendwie direkt die räumliche Nähe.
David Wortmann: Das heißt, ihr nutzt das Netz dann schon?
Alex Voigt: Wir nutzen das Netz dann schon.
David Wortmann: Macht das Netz frei, indem wir sozusagen
Alex Voigt: Genau. Aber wir lösen im Prinzip letztendlich die Engpass-Situation im Stromnetz auf. Wir haben dabei auch noch regulatorische Probleme. Das ist aber ganz normal, weil letztendlich in der gesetzlichen Regulatorik ja immer nur die Vergangenheitstechnologien geregelt sind. Man kann ja keine Zukunftstechnologien vorab regulieren. Deswegen haben wir da auch eine Auseinandersetzung mit den jeweiligen Behörden. Bislang können wir leider nur in Gebieten arbeiten, in denen wir wirklich solche Engpasssituationen haben. Das schränkt im Augenblick noch die geografische Verwendbarkeit unserer Technologie ein, aber wir glauben, dass wir da perspektivisch auch auf einem guten Pfad sind.
David Wortmann: Habt ihr Wettbewerber technologisch oder gibt es noch andere Technologien, die quasi einen ähnlichen Anwendungsfall abdecken, wie ihr das macht?
Alex Voigt: Ja, es gibt eine ganze Reihe von Wärmespeichern. Wir sehen das allerdings eher als komplementäre Lösungen, weil jede Speichertechnologie hat ihre eigenen Charakteristika, sowohl was die Speicherdauern angeht, was auch die Temperaturhöhen angeht. Es gibt zum Beispiel eine Firma, die mit Beton als Speichermedium arbeitet, die ihre Anwendungsfälle hat. Aber letztendlich nicht unbedingt da, wo wir unsere haben. Wir haben auch große Wasserspeicher, die schon seit über 100 Jahren existieren, die aber viel niedrigere Temperaturniveaus abbilden. Und unser Fenster ist eben da, wo ich Hochtemperatur-Prozesswärmedampf brauche. Also nicht irgendwie lauwarmes Wasser oder Wasser wie in einem Fernwärmenetz, sondern wo ich wirklich 200, 300, 400 Krediten Dampf brauche für Raffinerien, für Chemieindustrie und so weiter. Und wo ich dann letztendlich in der Abwärme, also in der Zweitnutzung halt eben noch dann eben in Fernwärmenetze eine ökologische Nutzungskette aufbauen kann.
David Wortmann: Das heißt, eure Kunden, das sind ja die Betreiber solcher Anlagen, betreiben selber, tut ihr die ja wahrscheinlich nicht, eure Speichertechnologien?
Alex Voigt: Also wir wollen dauerhaft keine Betreiber sein, aber es ist natürlich mit jeder neuen Technologie so, dass man zuallererst mal betreiben muss. Warum? Weil die Branchen die Technologie noch nicht kennen und auch nicht bereit sind, diese Technologierisiken zu nehmen.
David Wortmann: Das heißt, ihr habt dann langfristige Verträge, dann quasi jetzt, oder der Betreiber, der ihr heute noch seid, aber in Zukunft sind es andere Akteure. Und das sind Langfristverträge mit Raffinerien beispielsweise?
Alex Voigt: Man muss sich das so vorstellen, perspektivisch werden die Kosten für Solar- und für Windenergie unter den Kosten für Gas und Kohle rechnen, wenn man den CO2-Impact dazu zählt. Da sind wir jetzt im Augenblick schon in vielen Regionen in der Welt drunter. Bei uns sind wir da dann noch nicht ganz pari pari.
David Wortmann: Deswegen ist ein hoher CO2-Preis auch sehr hilfreich.
Alex Voigt: Genau, deswegen ist das eigentlich das, also diese Abbildung der realen Kosten ist das, was uns da eben hilft. Aber de facto nehmen wir den Strom aus den erneuerbaren Anlagen, ist unsere Primärenergie, genauso wie das beim Gaskessel des Gases. Und die Wertschöpfung machen wir, weil wir dann eben den Dampf zu Marktpreisen verkaufen. Also wir nehmen Strom, der sehr billig ist, weil er im Überfluss vorhanden ist, in gewissen Zeiten. Und dann liefern wir den eben als verlässliche Wärme. Wir brauchen ungefähr 1500 Stunden im Jahr Strom. Stromaufnahme, um 8000 Stunden verlässlich Dampf abgeben zu können. Das ist die Wertschöpfung, die wir erzielen, ist aus einem Produkt, das nur in einer sehr kurzen Zeit verfügbar ist, 1500 Stunden im Jahr, übersetzen wir in ein verfügbares Produkt Industriewärme, das quasi ganzjährig stabil zur Verfügung steht.
David Wortmann: Damit das Ganze wettbewerbsfähig ist, was braucht ihr denn dort noch? Also braucht ihr einen hohen CO2-Preis? Wenn ja, wie hoch muss er sein? Gibt es noch etwas an der Regulatorik? Muss möglicherweise der Strom aus Windkraft und Solarkraftanlagen noch günstiger werden? Was braucht ihr, um tatsächlich jetzt wettbewerbsfähig zu sein und auch einen Markt zu haben, der ohne Subvention und Unterstützung auskommt?
Alex Voigt: Also im Augenblick, die Diskussion haben wir ja in Deutschland, dass eigentlich diese EEG-Förderung, die ja quasi unsere erneuerbare Energiebranche erst überhaupt sich so hat entwickeln lassen, die kommt ja im Augenblick an die Grenzen. Weil ich meine, in dem Augenblick, in dem ich jede Kilowattstunde mit dieser EEG-Umlage belaste, mache ich den Strom halt eben immer teurer, je höher auch der Anteil der erneuerbaren Energien wird. Also da wird es irgendeinen prozentualen Entzeitungsprozess geben müssen in der nächsten Zeit, der das auflöst. Wir können quasi nur im Augenblick in Projekten arbeiten, in denen die Industriebetriebe auch schon eine EEG-Befreiung haben.
David Wortmann: Also erklärend muss man ja dazu sagen, dass eine EEG-Befreiung, also diese Umlage, die eigentlich jeder Stromkonsument zu zahlen hat, also eigentlich jeder Unternehmer, auch jeder Privatkonsument, bei denjenigen ausgenommen wird, die einen sehr hohen Stromverbrauch haben.
Alex Voigt: Also energieintensive Industrie. Genau, das ist eigentlich jetzt im Augenblick unsere Zielgruppe. Wir würden uns wünschen, dass wir halt eben auch den ganzen Kommunen, die jetzt Klimanotstand ausrufen, die erkannt haben, wie wichtig das ist, ihre Fernwärmeversorgung oder überhaupt ihre Wärmeversorgung eben auf Erneuerbare umzustellen, die bei uns Schlange stehen, um zu sagen, könnt ihr uns nicht irgendwie helfen bei der Umsetzung unserer Klimapläne? Die können wir im Augenblick eben leider noch nicht mit funktionsfähigen Geschäftsmodellen konfrontieren, weil da die EEG-Umlage im Weg ist. Die Wärme wäre dann zu teuer, würde im Prinzip einen viel höheren CO2-Preis verlangen, um wettbewerbsfähig zu sein. Aber wir wollen ja alle, dass eben auch die Wärme jetzt zu keinem Luxusgut wird. Das muss ja sozial verträglich bleiben und deswegen hoffen wir, dass es da perspektivisch Änderungen geben wird.
David Wortmann: Das heißt, ihr habt vor allen Dingen zwei Stellschrauben, um das wettbewerbsfähig zu machen. Auf der einen Seite, dass der Erneuerbare-Energien-Strom günstiger wird. Der ist ja schon günstig, muss man ja dazu sagen, in der Produktion. Aber dass die ganzen Umlagen und Steuern und so weiter und so fort, die auf dem Erneuerbare-Energien-Strom noch drauf sind, dass die quasi gesenkt werden. Und die andere Stellschraube ist dann in der Tat ein hoher CO2-Preis, der beispielsweise auf Gas dann auch angewendet wird, weil ja Gas dann vor allen Dingen auch das Wettbewerbsprodukt ist im Wärmemarkt. Und wie hoch müsste denn, hast du da ungefähr eine Daumengröße sozusagen, wie hoch dieser CO2-Preis sein müsste? Weil aktuell spricht die Bundesregierung ja in den neuesten Plänen von jetzt 25 Euro die Tonne. Ist das schon ausreichend?
Alex Voigt: Also für uns ist das erstmal wahnsinnig überraschend, was diese Einführung dieses CO2-Preises bei unseren Kunden bewirkt. Es ist so, dass eigentlich die ganze Zeit, wir sind ja seit 2015 am Weg mit Bluminion, war das immer so, die Wirtschaftlichkeit muss stimmen und dass es CO2-frei ist, ist nice to have. Ist schön, aber dafür zahlen wir nicht. Jetzt haben wir auf einmal die Tatsache, dass in jedem neuen Investitionsprojekt eine Zeile in der Kalkulation steht CO2-Preis. Und wenn man darauf anfängt, Sensitivitäten zu rechnen, also wie abhängig ist mein Betriebserfolg von dieser einen Zeile, dann kommt man raus, dass werden das auf einmal 60, 80, 100 Euro. In Schweden haben wir schon über 100 Euro, das Bundesumweltamt fordert 180 Euro. Diese Zahlen kann man aus dem Internet recherchieren. Und auf einmal sehen die, hoppla, diese eine Zeile schmeißt mir ja potenziell meine ganze Investition über den Jordan. Und dann wird auf einmal die Tatsache, dass ich CO2 einspare, wird eine betriebswirtschaftliche Kalkulationsgröße. Das haben wir schon geschafft. Und die Auswirkungen sind für uns sehr, sehr positiv.
David Wortmann: Das heißt ja, wenn ein solches Investitionsprojekt dann über 10 Jahre gerechnet wird oder 20 Jahre gerechnet wird, ich ja heute schon eine Unsicherheit haben werde, wie hoch ist denn der CO2-Preis dann? Ich weiß zwar, es gibt einen möglicherweise noch zu geringen heute, aber ich habe sozusagen ein Risiko.
Alex Voigt: Also diese Mechanik läuft schon. Allerdings bräuchten wir schon in der Größenordnung, was jetzt 2025 ja gedacht ist, 65 Euro ist so die Basis, die nach unseren Berechnungen zeigt, okay, wenn wir diesen Preis haben, dann fängt die Welt an, anders zu ticken. Also für diese 65 Euro wäre aus unserer Sicht auch ein adäquater Einstandspreis gewesen. Jetzt hat man sich anders entschieden. Wir merken, dass das auch schon einen Nachfrage-Push bringt. Aber wir sind natürlich überzeugt davon, dass die Dynamik, die wir draußen sehen – Man braucht ja nur von diese ganzen Bilder von den Bränden in Australien und sowas gucken. Die Natur wird uns schon dazu drücken, dass wir letztendlich die richtigen Maßnahmen ergreifen. Und dann sind wir zumindest überzeugt davon, dass wir die richtige technologische Antwort haben, die man dann auch schnell skalieren kann, sodass wir nicht darauf angewiesen sind, noch 30 weitere Jahre Kohle zu verbrennen.
David Wortmann: Habt ihr eine Marktabschätzung gemacht für Deutschland? Wie groß ist denn der Markt für diese Anwendungsfelder? Und guckt ihr euch auch schon Auslandsmärkte an?
Alex Voigt: Also das Spannende ist, wir rechnen schon einige Projekte im Ausland. Wir haben lustigerweise gerade ein ganz spannendes Projekt in Portugal gerechnet, bei dem wir mit den Ist-Kosten für Solarstrom heute schon den Dampf billiger machen können ohne Subventionen, als es mit Gas möglich wäre. Das heißt, wir sind fundamental, ist unser Geschäftsmodell. Steht das in Regionen, in denen ich 20 Prozent mehr Sonne habe als in Deutschland? Geht das schon? Und wir denken natürlich sehr stark eben auch in die Exportgeschichte, weil wir müssen mit der Technologie die Emissionen ja da stoppen, wo sie heute auftreten. Indien, China, das ist die Zukunftsmusik. Aber wir wissen aus der Vergangenheit, dass wir erstmal die Referenzanlagen in Deutschland brauchen. Deswegen ist unser momentaner Fokus sehr stark eben auf den deutschen Markt, da vor allem in Norddeutschland. Und wir denken, dass der Markt, der ist so gigantisch groß, wir reden da über Terrawattstunden von thermischer Energie, die substituiert werden muss, um unsere Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Und wir haben den Markt jetzt nicht quantifiziert, weil da sind so tausendfache Wachstumspotenziale drin von unserem Start-up-Level jetzt, dass wir uns da mit Grenzen noch gar nicht beschäftigen müssen.
David Wortmann: Heute gibt es ja jetzt sozusagen noch nicht die idealen Marktbedingungen. Wie werden die Anlagen heute finanziert? Sind es Forschungs- und Entwicklungsgelder? Ist es jetzt rein eigenfinanziert?
Alex Voigt: Nein, das sind betriebswirtschaftliche Modelle, die funktionieren. Im Augenblick ist das Ganze so, wir sind ja eine Technologie, die quasi noch in den ganz frühen Entwicklungsschritten, Das heißt, wir haben noch ein großes Kostenpotenzial auch vor uns. Wir haben jetzt erst mal jahrelang Millionen von Geldern unserer Investoren vorinvestiert, um das ganze Engineering zu machen, um das Design zu verproben, um Prototypen zu bauen. Und von daher müssen wir im Augenblick schon bei den Kosten, die wir im Augenblick haben, müssen wir noch mit Investitionszuschüssen arbeiten, die aber letztendlich auch industrietypisch normal sind. Und dann haben wir aber letztendlich funktionierende Businessmodelle. Also die Kunden, die unsere Anlagen kaufen, machen das einfach aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen. heraus.
David Wortmann: Welche technologischen Herausforderungen habt ihr noch? Also über Skalierung bekommt ihr quasi eine Kostensenkung. oder gibt es auch noch technologische Optimierungen, die euch zur Kostensenkung dann helfen können?
Alex Voigt: Nein, es gibt da einige Bereiche, speziell bei der Energieeinspeicherung. Also da machen wir halt eben Wir müssen den Stahl ja irgendwie heiß machen, das heißt, wir brauchen da eine Heizung. Da haben wir noch ein sehr ambitioniertes Engineering-Programm, mit den Kosten für diese Heizungen weiterzukommen. Und dann ist es natürlich auch so, dass letztendlich die Überzeugungsarbeit, dass unser Speicher so sehr lange hält, der hat natürlich auch was damit zu tun, über welche Zeit man dann so einen Speicher abschreibt. Da haben wir noch auf der Kostenseite sehr viele Potenziale, weil wir denken, dass das Ganze Ding halt viel länger hält als die 20 Jahre. Das muss man aber dann eben auch noch Vertrauen hinterschaffen über die Betriebszeit. Und dann geht es natürlich einfach auch über die Skalierung, also einfach über die Größenverhältnisse. Ich habe vorhin gesagt, unser Ziel ist, dass wir wollen Kohlekraftwerke überflüssig machen für die Wärmeversorgung. Steinkohlekraftwerke, die heute noch bis zu Hunderttausende von Haushalten mit Wärme versorgen. Und bis dahin ist es schon noch ein ganz schön herausfordernder Weg.
David Wortmann: Seht ihr das Ganze dann auch modularhaft? Das heißt, dass ihr letztendlich dann doch sehr viele dezentrale Speicher habt? oder gibt es auch Anwendungsfelder oder Notwendigkeiten, auch einen wirklichen Großspeicher zu bauen? Ich weiß jetzt nicht, was das Großspeicher ist. Sind das dann schon mehrere hundert Megawatt oder geht es vielleicht sogar auch noch größer oder ist das gar nicht so notwendig?
Alex Voigt: Wir bauen ein modulares Konzept auf in drei Größenordnungen. Die kleinste Größenordnung hat 5 Megawattstunden. Kann man zehn Blöcke zusammenschalten, dann ist man bei 50 Megawattstunden. Da setzt unser nächstes Produktspektrum an, der 50 Megawattstunden-Block. Kann ich auch wieder zehn in eine Einheit packen, bin ich bei 500 Megawattstunden. Und da fängt unsere größte Größenklasse an, der 500 Megawattstunden-Block. Da kann ich im Augenblick skalieren 12 Blöcke bis 6 Megawattstunden. Da sind wir aber auch am gucken, dass wir da noch ein Stück weiter kommen. Aber diese drei modularen Größenordnungen decken. im Prinzip, ich sag mal, von einem Industriebetrieb über kleine Stadtwerke, 5000 Bewohner, Dörfer bis zu eben großen Fernwärmenetzen wie in Berlin und Hamburg dann eben auf der Gigawattgrößenordnung. Das sind so die Anwendungsfelder, in die wir uns reinbewegen.
David Wortmann: Das heißt, je größer sozusagen die einzelnen Speicherblöcke sind, desto geringer sind pro Speichereinheit dann die Kosten.
Alex Voigt: Genau, das liegt im Prinzip daran, dass wir natürlich, wir haben ein Bauprojekt, das ist ja nicht nur Stahl, sondern da kommt Isolierung dazu, da kommen Dampfleitungen dazu, da kommt Netzanschluss dazu. Und da spielen einfach die Größenordnungen für uns. Wir haben einen bestimmten Kostensockel, den habe ich eigentlich, egal ob der Speicher jetzt 5 Megawattstunden hat oder 50, dass größere Speicher billiger werden.
David Wortmann: Wie hoch sind heute die Speicherkosten?
Alex Voigt: Also die Systeme, die wir im Augenblick verbauen, entscheidet sich dann halt auch ein bisschen dabei, was kostet der Grund zum Beispiel, auf dem der Speicher steht. Aber in der Größenordnung 140 Euro die Megawattstunde. Ja, damit liegen wir im Augenblick bei 14 Cent die Kilowattstunde. Aber das ist dann quasi diese 140.000 Euro. die Megawattstunde ist letztendlich der Investitionspreis. Das spiegelt sich dann ungefähr auf 2,5, 2,7 Cent pro Kilowattstunde gespeicherte Energie.
David Wortmann: Das wäre ja dann der günstigste Speicher überhaupt aktuell.
Alex Voigt: Ja, das ist der günstigste Speicher überhaupt.
David Wortmann: Und mit welchen Inputpreisen rechnet ihr denn? Also wenn du sagst 2,7 Centi-Kilowattstunde, dann darf ja sozusagen per Definition die Lauer nicht höher sein.
Alex Voigt: Wir haben uns jetzt, wenn wir uns einfach mal die Börsenstrompreise angucken, dann haben wir in der Größenordnung ungefähr 1000, 1200 Stunden im Jahr, in denen der Börsenstrompreis unter 20 Euro die Megawattstunde ist. Das ist quasi das Segment, das wir nutzen. Das bildet im Prinzip die Hochwindphasen ab und dann kostet letztendlich die Kilowattstunde Wärme aus unserem Speicher- unter 50 Euro die Megawattstunde. Und das ist absolut auf Augenhöhe mit dem, was heute Gas kostet.
David Wortmann: Und man kann das Argument natürlich aufstellen, dass der Aufbau der Netze teurer sein wird.
Alex Voigt: Der Aufbau der Netze wird teurer. Vor allem müssen wir diese teure Netzinfrastruktur über eine sehr hohe Stundenanzahl ausnutzen, dass sie wirtschaftlich ist. Und diese Hochbelastungsstunden, die wollen wir regional abfangen, wo auch die Belastung entsteht und dann die Energie eben als CO2-freie Wärme zur Verfügung stellen.
David Wortmann: Was braucht ihr jetzt noch, damit es funktioniert? Sucht ihr noch Investoren? Sucht ihr Talente Mitarbeiter? Sucht ihr Referenzprojekte? Was sind sozusagen eure großen Herausforderungen aktuell?
Alex Voigt: Also unsere großen Herausforderungen liegen letztendlich damit, das jetzt vor uns liegende zu erwartende sehr starke Wachstum einfach auch in den Griff zu bekommen. Das war auch schon eine der Herausforderungen im Solarbereich. Wir sind da ja auch mit weit mehr als Verdoppelung im Jahr. Das ist am Anfang, wenn ich von zwei auf vier Mitarbeiter erhöhe, ist das Problem noch nicht groß.
David Wortmann: Und wie viele seid ihr jetzt?
Alex Voigt: Wir sind jetzt 20 Mitarbeiter. Aber wenn man dann irgendwann mal in ein größeres Wachstum kommt, dann ist ja eigentlich die Begeisterungsfähigkeit, müssen wir ja hinkriegen, dass einfach junge Talente, die in dem Bereich eben wirklich die Hebel in die Hand nehmen wollen und selber dazu beitragen wollen, dass wir diesen Emissionswahnsinn stoppen, dass wir die in ausreichender Anzahl von uns begeistern können und die bei uns anfangen zu arbeiten, wird eine Challenge sein.
David Wortmann: Ihr braucht vor allen Dingen Ingenieure.
Alex Voigt: Wir brauchen Ingenieure, wir brauchen Energiewirtschaftler, wir brauchen aber genauso gut auch Projektentwickler, die mit ihrer Begeisterungsfähigkeit in der Lage sind, eben Kunden, die vielleicht noch nicht ganz in dieser Gedankenwelt angekommen sind, davon zu überzeugen, dass es eben einfach gangbare Wege gibt, diese Emissionen, die im Augenblick durch Gas entstehen, zu ersetzen. Das ist auf allen Ebenen letztendlich. Aber Ingenieure ist im Augenblick natürlich eine besonders heiß begehrte Berufsgruppe.
David Wortmann: Finanzierung, spielt das gerade noch eine Rolle?
Alex Voigt: Wir sind im Augenblick glücklicherweise in einer kleinen Industrieholding aufgehängt, bei der ich eben auch Mitgründer und Gesellschafter bin, wo es uns gelungen ist, große namhafte industriellen Familien eben auch zu überzeugen, in dieses Segment Nachhaltigkeit zu investieren. Im Augenblick sind wir sehr gut investiert.
David Wortmann: Welche kannst du Namen nennen? oder ist es
Alex Voigt: Ja, wir haben bei uns in der Econext GmbH, das ist die Holding, haben wir die Nathalie von Siemens, Frau Brigitte Mohn von Bertelsmann. Also wir haben da fünf bis sechs Familien, manche möchten da auch nicht genannt werden, als Investoren, die letztendlich da, ich sag mal, Hochwagniskapital für Firmen, die sich eben Nachhaltigkeitszielen verschrieben haben, zur Verfügung stellen. Wir sind aber im Augenblick dabei, uns quasi fit zu machen. Dafür müssen wir halt jetzt die ersten Projekte irgendwie auch mit Erfolg an den Markt gebracht haben. Wir wollen letztendlich jetzt auch gucken, dass wir strategische Investoren für uns begeistern können, die letztendlich auch die Power mitbringen, unsere Technik dann weltweit möglichst schnell zu einem Rollout zu bringen. Also wir möchten im Prinzip gucken, dass wir die Emissionsfreiheit doch wesentlich früher als 2050 global erreichen. Das war schon seit den 80ern mein Ziel und da mag man immer noch sagen, das ist visionär, mag auch so sein, aber das ist das, was mich antreibt.
David Wortmann: Wir sind ja auch schon gute Stücke kommen auch. Vielleicht wechseln wir mal ganz kurz nochmal jetzt zum Ende des Gesprächs nochmal so ein bisschen die Rollen auch. Du bist ja auch als Investor tätig und welche Erfahrungen machst du denn als Cleantech-Investor? Haben sich die Rahmenbedingungen vereinfacht? Wie ist der Dealflow? Gibt es genügend Gründungen, genügend Technologien, genügend Geschäftsmodelle? Wo siehst du da gerade die großen Herausforderungen oder Fragestellungen?
Alex Voigt: Also ich sage mal, ich bin jetzt ja in einem speziellen Feld der Startup-Branche, habe ich meine Erfahrungen gesammelt und das ist die Energiewirtschaft. Energiewirtschaft ist ja eine sehr, sehr konservative Branche, ist nicht so der Innovationstreiber und wir haben da einfach die wahnsinnige Herausforderung, dass man eine sehr lange Zeit überbrücken muss, in der ich möglicherweise argumentieren kann, warum eine Technologie gut ist, in der es aber noch keine Business-Modelle gibt. Warum? weil die geltende Regulatorik noch nicht auf die neue Technologie angemessen reagiert hat. Und da ist eigentlich immer der große Kampf, den man aushalten muss, ist auf der einen Seite diesen Zwist, wenn denn deine Technologie so gut ist, warum ist es denn dann kein Geschäft? Und diese Geduld dann bei Investoren einfach zu erreichen, zu sagen, Das wird schon, wir sind da auf einem guten Weg, die Gespräche mit den regulatorischen Behörden und den Ministerien laufen gut, aber das wird noch dauern. Lass uns doch jetzt erstmal Proof of Concepts, lass uns Projekte bauen, lass uns Geld zusammensammeln, in ein Projekt investieren, das selber noch kein Business Case hat, das aber zeigt, dass die Technologie funktioniert. Das ist eigentlich so der wirklich wichtige Punkt. Und ich sage mal, an alle, die letztendlich als jüngere Entrepreneure in diese Bereiche reingehen wollen, ist eigentlich für mich das Wichtige, man muss im Prinzip zutiefst davon überzeugt sein, dass der Kern des Unternehmens, das man gründet, wirklich eine gute Wertschöpfung in die Welt bringen kann. Und dann ist eigentlich meine Erfahrung, dass man dann früher oder später auch damit erfolgreich ist, die Parameter, die Randbedingungen so zu beeinflussen, dass ein Businessmodell entsteht, das das Ganze dann zum Fliegen bringt.
David Wortmann: Versucht ihr diese Rahmenbedingungen denn auch selber zu beeinflussen oder setzt ihr dann eher sozusagen dann auf die Vernunft des Gesetzgebers und auf eine längerfristige Entwicklung, dass das eh schon so kommen wird?
Alex Voigt: Also wir versuchen das Ganze zu beeinflussen, aber halt eben durch vernünftige Argumentation. Wir machen jetzt hier nicht irgendwie über irgendwelche Kanäle schwieriges Lobbying, dafür haben wir auch überhaupt nicht die Mittel. Aber die Paarmittel, die wir haben, verwenden wir natürlich, um eben auch, ich sage mal, Drittmeinungen von großen anderen Ingenieuren, von Thinktanks und so weiter, die letztendlich in Projekten davon zu überzeugen, dass eben es sinnvoll ist. Und wir entwickeln auch Vorschläge, wie Regulatorik sein müsste, damit die Technologie entfahrt hat und gehen dann aber eben auf diesen langdornigen Weg, einfach logisch zu argumentieren und hoffen, dass uns da gefolgt wird.
David Wortmann: Weil auch da haben wir auch ein Henne-Ei-Problem so ein bisschen oder eine Herausforderung zumindest. Das ist das, was du gerade sozusagen zwischen Finanzierung und Technologie in Unternehmen beschrieben hast, haben wir ja auch sozusagen mit der Politik im Wechselspiel mit der Wirtschaft oder auch den Technologie-Providern, weil die Politik sich sehr häufig natürlich darauf zurückzieht und sagt, ja, wir wollten ja, aber wir haben die Technologie noch
Alex Voigt: nicht. Ja, aber ich meine, da finde ich, kann man bei uns in Deutschland schon ein Stück weit frustriert sein. Ich meine, letztendlich in den großen Firmen, die wir hier haben, sehen wir halt irgendwie nur eine sehr beschränkte Neigung, in Technologien zu investieren, für die es derzeit noch kein Business Case gibt. Das ist eigentlich auch immer die Hauptkritik, die uns entgegenstrahlt von großen namhaften Unternehmen in der Energietechnikbranche. Die sagen, ja, aber ihr macht ja Liebhaberei, eure ganze Technologie, das hört sich ja toll an, aber das hat doch alles keine Hand und Fuß, damit kann man ja kein Geld verdienen.
David Wortmann: Weil einfach die Renditen nicht stimmen.
Alex Voigt: Weil die Renditen nicht stimmen. Jetzt ist aber der Punkt, ich brauche mir doch für eine Technologie, die ich noch überhaupt nicht fertig entwickelt habe, noch gar keinen Kopf machen, dass es da noch kein Businessmodell zu gibt, weil ich habe ja genug zu tun. Und wenn ich jetzt fest davon überzeugt bin, dass ich bei der Lösung von Zukunftsproblemen helfen kann, dann kann ich doch erstmal diesen Schritt gehen. Und deshalb ich ja einfach in meinem ganzen Leben immer in den ganz frühen Phasen mit meinem eigenen Geld gemacht. Wenn es dann quasi was zum Zeigen gab, habe ich geguckt, dass ich einfach Überzeugungstäter, das waren immer Familien, also immer Privatpersonen, dazu quasi überzeugt, mitzuinvestieren. Und dann in einem dritten Schritt hat man eigentlich erst sogenannte kommerzielle Investoren mit hereinholen können.
David Wortmann: Oder später die Corporates, die dann sozusagen über M&L-Geschäfte dann
Alex Voigt: Genau, das ist eigentlich dann immer der Punkt, wo ich sage, wir haben ja noch einen Pfad. Also ich sage mal, wenn man das mit einem Fußballturnier vergleichen würde, das Endspiel ist mit der Dunkelflaute. Da haben wir eben auch schon technologische Ideen im Kopf, wie wir damit umgehen. Und deswegen bin ich hoch interessiert dran, die Luminien jetzt zu skalieren, dann eben auch möglicherweise ein begeistertes multinationales Unternehmen zu finden, das diese Technologien weltweit ausrollt. Und dann werde ich mich mit dem Startup-Team, das wir hier mit dem Netzwerk, das wir hier in Berlin haben, darum kümmern und uns aufs Endspiel vorbereiten.
David Wortmann: Das machen wir wahrscheinlich dann nochmal in einem anderen Podcast, weil das ist wahrscheinlich auch nochmal ein sehr intensives und längerfristiges Thema. Was ist denn für dich wichtig? Du trittst ja auch als Investor auf, als Business Angel. Was ist denn für dich wichtig, um überzeugt zu werden, um in Technologien oder Startups zu investieren?
Alex Voigt: Also ich glaube, das Allerwichtigste ist letztendlich, dass man ein Team hat, ein Team vorfindet, das vollkommen authentisch, gemeinschaftlich für die Idee gerade steht. Also eine Idee, solange die sich nur in einem Kopf abbildet, also solange ich irgendwie eine einzige Person habe, die mag noch so visionär oder auch fundiert, In einer Idee drin stecken ist das für mich noch kein Business Case, sondern diese Idee muss so infektiös sein, dass die schon ein paar Leute angesteckt hat und die müssen eigentlich eine Erscheinung machen, dass die wirklich das Thema so inhaliert haben, dass die quasi für diese Idee brennen und rennen und letztendlich auch mal sich nicht von kleinsten Problemen irgendwie von ihrem Plan abbringen lassen. und dann ist das für mich irgendwo ein Case, der mich überzeugt.
David Wortmann: Ist sozusagen dann der erste Schritt für dich, um sich dann genau die Technologie und das Geschäftsmodell anzuschauen? Oder ist das sozusagen dann der zweite Schritt, wenn du feststellst, das passt schon mit dem Geschäftsmodell oder mit der Technologie und jetzt muss das Team noch passen?
Alex Voigt: Ich bin eigentlich da eher in den Phasen, in denen ich die Sinnhaftigkeit der unternehmerischen Idee verstanden habe. Also ich investiere in nichts, für das ich nicht letztendlich auch mich entzünden kann. Aber ob es dafür schon ein Business-Modell gibt oder nicht, das ist mir nicht so sehr wichtig. Sondern ich glaube, dass letztendlich, wenn man als Unternehmen eben einfach Werte schafft, also im holistischen Sinne, mir geht es nicht um Geld, dann wird das früher oder später auch sich monetarisieren lassen. Und den langen Atem bringe ich mit. Aber dafür braucht man halt eben auch Teams, die auch einen langen Atem haben. Und dann kann das ruhig sein, dass man da irgendwie noch durch tiefe Täler gehen muss, dass das auch investiver wird, als man sich das am Anfang vorstellt, dass das länger dauert. Aber letztendlich so ein bisschen bin ich da auch von meinem eigenen Rezept überzeugt, weil es der Erfolg einfach gibt mir recht.
David Wortmann: Und den Erfolg hast du wirklich hingelegt mit der Gründung von Solon. Das war zu einem Zeitpunkt, als die Solarenergie noch keinen Markt hatte. Aber du hast Solon dann sehr erfolgreich an die Börse gebracht. Unico ist ein anderes Beispiel. Ist zu einem Zeitpunkt gegründet worden, wo sozusagen der Batteriespeicher noch keinen Markt hatte. Inzwischen gibt es diesen Markt auch. Mit Lumenium hast du es jetzt auch. Oder bist du gerade da? Beides wieder zu beweisen. Wenn du jetzt mal so die letzten 20, 30 Jahre mal zurückschaust, was kannst du denn heutigen Gründern empfehlen? Also worauf sollten sie sich konzentrieren? Welche Erfahrung kannst du weitergeben?
Alex Voigt: Ich glaube, was extrem wichtig ist, ist, dass man erstmal wirklich die Gründungsidee wirklich drauf abklopft. Und ob diese Idee mehr bringt als einfach nur monetären Gewinn. Weil die Szenarien, gerade jetzt auch wenn ich die nächsten 15, 20 Jahre angucke, die werden sich fundamental ändern. Das heißt, ich muss wirklich davon überzeugt sein, dass meine Idee das Potenzial hat, in der Welt was zum Guten zu drehen. Ich bin immer nicht so ein großer Freund davon, dass man so Ideen hat, die letztendlich die ganze Welt auf den Kopf stellen. Also dieses Disruptiv ist zum Beispiel ein Wort, das ich nicht so gerne mag. Ich weiß, dass das so Hype ist, aber ich setze viel mehr auf Transformation als auf Disruption. Und das Nächste ist, dass man eben verschaut, dass man möglichst einen Mehr-Generationen-Dialog hinkriegt. Weil ich sage mal, es ist ganz, ganz wichtig für den unternehmerischen Erfolg, dass ich nicht nur meine Peergroup, meine Altersgruppe, egal wo die jetzt sein mag, von einem Thema überzeugen kann, sondern dass die Idee letztendlich eine, ich sage immer so ein bisschen wie eine Krankheit, die muss infizierend sein. Ich muss irgendwie meine Idee so lange bearbeiten, bis die infektiös genug geworden ist. Und dann habe ich eigentlich eine solide Basis, glaube ich, wenn man das so weit gedreht hat, seine Idee, seinen Pitch, wie man so neuerdeutsch sagt, dann glaube ich, kann man irgendwie auch sehr sicher sein, dass man eine gute Erfolgsprognose hat.
David Wortmann: Also Passion, das ist das eine, aber sicherlich auch sehr viel Tiefe. dann auch, also technologische Wissen.
Alex Voigt: Es ist eine Präzision. Also es ist letztendlich diese Geschichte, eine unternehmerische Vision auf 100 Seiten darzustellen, ist nicht schwer. Wenn ich das Ganze irgendwie in drei Sätze bringen will, dann steckt da sehr, sehr viel Arbeit drin. Aber in dieses auf die Spitze bringen meiner unternehmerischen Idee, da steckt natürlich auch eine Schärfe drin, die mir dann eben einfach dabei dient, mich irgendwo in Zukunft durchzusetzen. Und ich glaube, dass diese ganz frühe konzeptionelle Arbeit, wie wenn ich ein Haus baue, der Entwurfsarchitekt muss ein guter sein. Bauen können das dann viele. Aber bei Unternehmen ist die Entwurfsarchitektur meines Unternehmens, da liegt eigentlich das Gold.
David Wortmann: Das heißt, ein junger Gründer, der auf dem steilen Exit aussitzt, ist eigentlich falsch im Cleantech-Sektor, möglicherweise in vielen anderen Bereichen auch, weil er sollte sich nicht allein auf den Exit konzentrieren.
Alex Voigt: Ich rede jetzt für die Branche, in der ich bin, die im weitesten Sinne auch aus der Nachhaltigkeitsdenke kommt. Wir wollen ja Unternehmen schaffen, die einfach nachhaltig was Gutes schaffen. Es gibt auch jede Menge andere Unternehmen, die will ich jetzt gar nicht schlechtreden. Wenn ich irgendwie ein App-Programmierer bin, dann beurteile ich sicher meinen Erfolg anders, als ich das jetzt beschreibe. Aber ich In einer Welt, von der wir alle wollen, dass sie irgendwann mal nachhaltiger läuft wie die heutige, glaube ich, stimmt das, was ich gesagt habe, hundertprozentig.
David Wortmann: In den 80er Jahren hast du studiert, da hatte das Thema Wetter und Klima in der Wissenschaft eine große Rolle gespielt. Wenn wir uns mal das Jahr 2020 jetzt anschauen, welches sehr stark aus dem letzten Jahr noch heraus von Fridays for Future geprägt ist, siehst du, dass sich das Thema inzwischen beschleunigt? Ist das etwas, was auch euch als Unternehmern auch hilft, siehst du, dass da eine ganz andere Qualität in der Diskussion drin ist? oder hast du das Gefühl, dass das auch vielleicht irgendwann mal wieder wegwappt?
Alex Voigt: Also was ich auf jeden Fall ganz stark merke ist, ist, dass in den letzten beiden Jahren, da hat sicher Fridays for Future eine große Rolle gespielt, vor allem aber eben auch, ich sag mal, die mediale Wirkung, die Fridays for Future hat entfalten können. Ich glaube, dass mittlerweile die Auswirkungen des Klimawandels einfach so greifbar sind und uns einfach so permanent im Alltag verfolgen, dass wir gar nicht an das können, als die Lösungen zu suchen und aufzunehmen, die es gibt, um diesen katastrophalen, hochemissiven CO2-Pfad zu verlassen. Also ich glaube, das wird auch nicht mehr weggehen. Ich glaube, die Klimawende wird uns immer intensiver begleiten und ich bin froh, dass wir es inzwischen einfach geschafft haben, dass die erneuerbare Technologie verfügbar ist und preislich kompetitiv. Das heißt, wir haben die letzte Generation, meine Gründergeneration nach der Uni hat es geschafft, eigentlich die Energie die Quelle der Zukunft zu erschließen für alle zukünftigen Generationen. Jetzt muss im Prinzip der Teil kommen, mit dem wir uns im Augenblick gerade beschäftigen, die Speicherung, die Integration in den Alltag und letztendlich mental der Abschied vom Feuer. Ich sage immer, das große Problem ist, dass eigentlich das Feuer hat uns vom Tier zum Menschen gemacht. Wir konnten uns gegen Wölfe verteidigen, wir konnten unser Essen kochen. Und die Menschheit hat jetzt die große Aufgabe, sich vom Feuer zu verabschieden, weil wir dürfen nichts mehr verbrennen. Und das ist natürlich irgendwo, glaube ich, ein viel tiefer gehender psychologischer Prozess, als man sich das so im Allgemeinen vorstellt. Wir werden in Zukunft, sage ich dann, uns vom Feuer verabschieden, aber das, was uns Wohlstand gebracht hat, nämlich Industrialisierung und damit der Dampf, die Dampfmaschine, das wird es bleiben. Schumpeter hat immer gesagt, Innovation besteht darin, dass man etwas Altes weiter auf neue Art tut. Und ich glaube, diese Energiewende oft irgendwie auch als übergroßes Problem dargestellt. Das ist gar nicht so problematisch. Wir müssen einfach nur thermische Kraftwerke abschalten, Solarkraftwerke anschalten und ein bisschen was an der Technik erneuern. Und dann können wir im Prinzip auch eine lebenswerte Zukunft ansteuern. Das muss man gar nicht so überdramatisieren.
David Wortmann: Wir kommen natürlich von einer sehr zentralen Welt in eine dezentrale Welt. Wir kommen von einer Welt, wo es verschiedenste sozusagen Energieformen gibt, von Gas, Thermik über Strom, die jetzt wahrscheinlich sehr viel stromlastiger ist in Zukunft auch. Und ich glaube, das fordert die Menschen sicherlich auch heraus. Aber was uns da auch sehr gut helfen kann, ist einfach die Digitalisierung, dass wir natürlich sehr viel mehr Instrumente heute in der Hand haben, diese ganzen Technologien miteinander in Verbindung zu bringen. Und wenn wir schon in Nanosekunden an der Börse sozusagen Aktientitel handeln können, warum sollten wir das nicht auch mit Kilowattstunden oder Molekülen machen?
Alex Voigt: Genau, das sehe ich auch. Also ich glaube, dass es endlich auch diese neue Generation einfach letztendlich mit den ganzen Themen, ich meine, wir haben jetzt dezentral, die ganze Kommunikation ist dezentral mit Mobiltelefonen. Also diese Thematik, dass man so verlässliche Megastrukturen braucht, das ist in dem Denken der neuen Generation gar nicht so sehr da. Und ich setze einfach extrem stark darauf, dass letztendlich die nächsten Wahlen es mit sich bringen, dass wir auch in Generationen Verjüngung in unserem gesamten politischen System sehen werden. Und dass letztendlich so die verdienten Köpfe, die wir medial seit 30 Jahren können, dann irgendwann in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen können und die Themen einfach Leuten überlassen, die die Herausforderungen, glaube ich, ein bisschen klarer sehen können und dann auch zielgerichtet erledigen.
David Wortmann: Ich glaube, das war ein tolles Abschlusswort. Besten Dank, Alex. Du bist ein großes Vorbild für viele Gründer. Und ich hoffe, dass auch dieser Podcast gute Verbreitung findet. Denn man kann eine Menge lernen von dir und werden sicherlich auch noch eine Menge hören von dir. Und ich bin ganz gespannt, wie sich Lumenium weiterentwickelt. Wir werden das natürlich alles weiter beobachten. Und erstmal ganz herzlichen Dank für dein tolles Engagement.
Alex Voigt: Nicht zu danken. Es hat sehr viel Spaß gemacht.
