Zalando auf dem Prüfstand

6. September 2017, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce-Crossover-Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich sitze heute wieder mit den EEs zusammen, den exzellenten E-Commerce-Kennern, Alex Graf und Jochen Krisch. Hallo ihr beiden.

Jochen Krisch: Hallo Joel.

Alexander Graf: Hallo, moin moin.

Joel Kaczmarek: So, wie immer, kleine Vorstellungsrunde am Anfang für alle, die uns noch nicht so gut kennen. Das mache ich am Anfang immer gerne, wenn man so in so einem Format noch neu ist. Dritte Folge, es nimmt ja langsam Fahrt auf, aber trotzdem kann man es nochmal machen. Jochen sagt nochmal einen Satz kurz zu dir und danach macht Alex weiter.

Jochen Krisch: Ich betreibe Exciting Commerce seit zwölf Jahren. Daraus hat sich alles entwickelt, was ich sonst so mache. Konferenzen K5, Global Online Retail Fonds, mit dem wir in börsennotierte Unternehmen investieren und interessiere mich hauptsächlich für Trends und neuere Entwicklungen im E-Commerce Markt.

Alexander Graf: Ja, ich bin Alex Graf, Herausgeber von Kassenzone.de, Gründer und Geschäftsführer von Spryker, einer total tollen E-Commerce-Software. Und mir ist da gerade eingefallen, dass das schon die vierte Ausgabe ist, wenn ich richtig mitgezählt habe. Und wir haben in der letzten Folge vergessen, diese Frage zu beantworten, wie man eigentlich in diesen Fonds von Jochen investieren kann. Ich glaube, es hat jemand gefragt, aber das haben wir vergessen zu erklären.

Jochen Krisch: Ganz einfach, der ist überall zu haben, im Prinzip bei jeder Bank, Global Online Retail Fonds. Ab 100 Euro kann man letztendlich da an dem Gesamtmarktwachstum partizipieren. Da ist alles drin, quasi was börsennotiert ist. Insgesamt 23 Unternehmen von Amazon bis Zalando und auch kleinere von Boohoo bis auch Kinevik ist noch drinnen. Also aber im Prinzip ist es für jeden offen und wir haben es so versucht zu machen, dass es möglichst geringe Gebühren sind. Also keinerlei Kauf-Verkauf-Gebühren und knapp unter einem Prozent an jährlichem Beitrag.

Joel Kaczmarek: Heute soll es um eines der besagten Schlachtschiffe gehen, nämlich Zalando. Da wollen wir darüber sprechen, wie steht das Unternehmen eigentlich da, was ist sozusagen die Roadmap gerade. Also wir werden eine Marktsicht auf der einen Seite machen und dann mal so ein bisschen schauen, wie steht es eigentlich so um die operative Exzellenz des Unternehmens. Also was macht man besonders gut, worauf kommt es vielleicht an. Bieten sich natürlich Vergleichsobjekte an, wie in den About You, wie in Amazon, wie ein paar der stationären Unternehmen. Das ist sozusagen das Big Picture, was wir heute machen wollen. Und ich würde sagen, wir fangen mal genau so ein bisschen an mit dieser ganzen Marktverortung. Da haben wir jetzt natürlich unterschiedliche Vergleichsmomente, die wir uns angucken können. Also wir haben einmal so die klassischen eher auf Filiale und Omnichannel ausgerichteten Händler, Gertz, Renault, Deichmann und Co. Dann haben wir die Onliner, also klassischerweise Amazon und About You wären so die ersten, die eben da anfeinfallen. Und dann macht Jochen ja auch gerne auf, den Vergleich zu Warenhäusern, also sowas wie Zara, H&M, weil da ja mittlerweile auch sehr, sehr viel passiert. So. Wollen wir vielleicht mal mit den, so mal ganz oldschool offlineig anfangen, mit den Goerzes und Deichmanns dieser Welt, also dem ganzen Thema Offline-Handel, weil, wenn man sich das mal so ein bisschen anguckt, die Frage ist ja ein bisschen, der Ausruf von Zalando, war jetzt auch wieder auf dem Kapitalmarkttag, war ja zu sagen, hey, wir haben jetzt, wenn ich es richtig mitgeschnitten habe, 20 Millionen Kunden, steuern für 2017 auf 4 bis 5 Milliarden Euro Umsatz zu, wobei immer so ein bisschen tricky ist, diese Marktplatzumsätze, die sie machen, die sind ja da noch teilweise nicht drin. Hat als Ziel ausgegeben, wir wollen 2020 10 Milliarden Umsatz machen und wir wollen 5% des europäischen Fashion-Marktes beherrschen. Also 5% des deutschen Schuhmarktes, sagt man ja, haben sie schon. Und jetzt wollen sie 5% des Fashion-Marktes in Europa als Ziel. Das ist ja so ein bisschen die Marschrichtung. Deswegen macht gleich so ein Vergleich mit Läden wie Zara auch nochmal einen ganz anderen Sinn.wenn man das als Blickpunkt hat. Wie gesagt, lasst uns mal anfangen mit den eher stationären,bisschen, ja, ich will jetzt nicht sagen langweiligen Filialisten,aber macht vielleicht den sinnvollsten Einstieg. Was ist denn da euer Big Picture zu? Weil vielleicht kann Jochen dazu ja mal einen Satz sagen. Du hast ja viel darüber geschrieben, auch zuletzt gerade über den Kapitalmarkttag. Wenn man sich die stationären anguckt, da ist ja viel soWachstum durch mehr Ladenfläche gefühlt. Also mehr Filialen aufmachen. Ich habe es bei Deichmann gesehen. Die sind jetzt mittlerweile bei, ich glaube, 1200 irgendwas Reno hat auch ganz stolz gesagt, die haben jetzt sechs Filialen dieses Jahr neu aufgemacht, geplant waren eigentlich fünf. Also überperformen da. Und das andere Thema ist natürlich immer so Internationalisierung. Also da hat man sehr viel Wachstum offline und wenig online.

Jochen Krisch: Das ist halt genau der Punkt. Ich weiß auch gar nicht mehr, ob ich Zalando noch so im Schuhmarkt sehe. Es gab zwar jetzt ein paar Meldungen, die Kicks-Übernahme und die Kooperation mit Schuhe.de, was auch ein Verbund aus unterschiedlichsten kleinen Unternehmen, Schuhhändlern ist, wo sie sich schon noch engagieren. Aber ich glaube, über die Phase sind sie raus. Aber allein, dass sie diese Zahl immer wieder hochhalten, fünf Prozent des Schuhmarkts in Deutschland gehört ihnen, zeigt, dass sie sich trotzdem da noch verorten. Und du hast die Beispiele genannt, ist ja durchaus interessant, jetzt wenn man die Umsätzeentwicklung sich von Deichmann ansieht. Deichmann ist ja wirklich auf Angriff. Also die haben enorm, zwei Milliarden in den letzten acht, neun Jahren. an Umsatz zusätzlich gemacht, aber eben hauptsächlich durch neue Filialen. Und tun sich unheimlich schwer, einen Fuß in das Online-Geschäft zu bekommen. Verkaufen jetzt online, promoten das auch überall, auf all ihren Kanälen, in der TV-Werbung und überall. Aber man sieht trotzdem, dass es sich schon konsolidiert. Also gerade im stationären Bereich, man hat gesehen, dass Girls in Schwierigkeiten gelaufen ist, die ja immer als einer der Vorreiter im, in Anführungszeichen, Omnichannel gehandelt wurden. Aber wo man eben gesehen hat, Das Angebot ist nicht groß genug, damit es mithalten kann mit einem Zalando. Also die haben zwar ihr Angebot, was sie in den Läden haben, auch online angeboten, aber das war natürlich nicht annähernd so viele Schuhe und so viel Inventar, wie das ein Zalando machen kann. Wenn man sich den Markt anguckt, im Schuhbereich ist der relativ weit und da sieht man schon die Konsolidierungstendenzen. Und auch, dass Reno übernommen wurde, war jetzt auch nicht unbedingt eine Vorwärtsstrategie, sondern die haben eben einen Käufer gefunden, weil sie selber auch nicht mehr so strategisch so weitergekommen sind. Und dann hat man eben noch Deichmann als großen Player, wichtigen und auch spannend zu sehen, wie die vorankommen, wachsen aber hauptsächlich international mit Filialen. Und dann haben wir noch die ganzen kleinen in Verbundgruppen organisierten Händler. Da ist gerade durchaus interessant zu sehen, die natürlich, wie es so gang und gäbe ist in der Branche, eigentlich von ihren Einkaufsverbänden animiert wurden, quasi gemeinsam ein Online-Angebot zu stricken. Was dann immer aber der gute Wille da ist und was nicht so aufgeht und wo man gerade jetzt versucht, sich da irgendwie zu orientieren und einen Weg zu finden. Und ich fand das eigentlich eine bemerkenswerte Geschichte, dass man sich dann in Anführungszeichen Zalando anschließt. Also das wäre vor zwei, drei Jahren noch undenkbar gewesen, da hätte es Aufruhr gegeben. Und jetzt wird das verargumentiert, als ob es der natürlichste Weg wäre, dass man sich den starken Online-Playern wie Amazon, wie Zalando anschließt, weil da halt die Kunden sind. Also da sieht man auch, wie sich das gerade ändert. Das ist jetzt die wirklich sehr beschränkte Sicht auf den Schuhmarkt. Ich finde es spannender eigentlich den Gesamtmodemarkt.

Joel Kaczmarek: Du hast ja gerade eine Analyse sogar gemacht, wo du Zalando mit Deichmann verglichen hast. War da ein bisschen der Grund, dass es sich um die Umsätze drehte? Weil ich habe mir die Grafik von dir nochmal angeguckt. Da steht halt irgendwie drin, Deichmann macht jetzt irgendwie 4,8 Milliarden Umsatz und Zalando holt stark auf, hat Otto überholt. Otto liegt bei 2,7, Zalando bei 3,6 demnach. Das heißt, in den nächsten ein bis zwei Jahren, weil glaube ich so deine These, könnte es sein, dass Zalando die schon überholt hat. Und wenn ich mich nicht täusche, ist Deichmann ja einer der größten Schuhhändler weltweit sogar. Also da merkt man schon mal den Impact. War das so ein bisschen der Background zu der Analyse? Absolut.

Jochen Krisch: Ja, vor allem mich interessiert ja auch mal die strategische Herangehensweise. Also was kann aus einem Schuhhändler werden? Also im Prinzip beide waren ja 2008 in derselben Situation und können sich ja überlegen, sehen sie sich im Kern als Schuhhändler und weiten da das Geschäft aus? Oder haben sie irgendwelche Kompetenzen, auf die sie stolz sind und diese hervorstellen wollen und versuchen daraus eine Unternehmensstrategie abzuleiten. Und jetzt wird immer so getan, als ob man Zalando nicht mehr mit Deichmann vergleichen könnte. Ich finde, kann man vergleichen, weil das aus einer bewussten Entscheidung heraus sehr unterschiedliche strategische Wege sind. Und ich finde, das ist genau die Chance im Onlinehandel, dass man eben kategorieübergreifend seine Stärken ausspielen kann. Und natürlich ist es schwer jetzt für einen Deichmann jetzt neben Schuhfilialen auch noch irgendwelche Modefilialen dann aufzumachen. Deswegen ist das bei den klassischen Händlern gar nicht so gang und gäbe. Aber jetzt bei Zalando finde ich das jetzt auch sogar nochmal eine Stufe verstärkt. Durch die Plattformstrategie steht in dem Prinzip alles offen. Sie haben sich ja auch schon blutige Nasen geholt, indem Sie in bestimmte Kategorien reingegangen sind, wo es eben nicht geklappt hat, sprich Luxusmode. Das tickt halt komplett anders als die klassische Mode, da können Sie auch schwer mit Ihrer angestammten Zielgruppe arbeiten. Aber vor dem Hintergrund finde ich es spannend, also immer, wann und wie schnell kann ein Online-Player oder Online-Pure-Player an den Etablierten vorbeiziehen?

Joel Kaczmarek: Wie ist das bei dir, Alex? Du bist ja immer Verfechter oder hast dich sehr intensiv mit dem Thema der sterbenden Innenstädte auseinandergesetzt. Das ist ja für Schuhhändler irgendwie schon ein Thema. Was ist denn dein Blick auf das ganze Thema? Weil die sagen ja, wie wir gerade festgestellt haben, wachsen die offensichtlich stark über Filialen. Ich finde das immer ein bisschen schwierig, weil irgendwie ist die Online-Probleme am Ende des Tages eher vertagt als wirklich löst. Aber was ist da so dein Blick drauf?

Alexander Graf: Mein Blick ist, dass die meisten stationären Händler, und man kann ihnen ja ihre Sicht auf den stationären Handel ja auch nicht nehmen, das ist ja okay, wenn sie an die Innenstadt glauben, die strukturellen Probleme bleiben aber, sind ganz klar sichtbar. Und da ist viel Wachstum nicht unbedingt profitables Wachstum. Es gibt noch so ein paar Skaleneffekte, die bei so einem Deichmann und Götz nochmal drin sind, aber die Probleme sind damit in der Tat vertagt. Ich glaube, das sind in Summe alles sehr, sehr dankbare Gegner für Zalando, weil es gibt eigentlich keinen stationären, der Vielleicht abgesehen von Bräuninger ein ganz bisschen das Thema Online wirklich stringent für sich erkannt hat und auch so managt. Wenn man mal auf die Jobseiten geht, diese einzelnen Anbieter, ob das jetzt Goertz ist oder ein Deichmann oder auch ein Pieken Kloppenburg, da sieht man, wie schwer sich diese Unternehmen tun, überhaupt diese ganzen Fähigkeiten, die man heute für ein Online-Business braucht. Zu beschreiben, da gibt es immer noch den Webmaster, den Online-Marketing-Manager und ganz, ganz krude Jobpositionen. Da sieht man, das ist immer noch so eine Abteilung, so ein ungeliebtes kleines Ding im Unternehmen. Und so sehen ja teilweise auch die Seiten aus, auch wenn sie mal gelauncht sind. Deswegen mache ich mir da um das Marktwachstum von Zalando, wenn man sich anschaut, wie bekommen sie den Umsatz von dem Deichmann Girls und Co. auf ihre Plattform transformiert, da mache ich mir keine Sorgen. Also ich glaube, da wird dieser Struktureffekt des sterbenden stationären Handels, der ist glaube ich nicht auffangbar durch die stationären Händler. Das ist alles ganz niedlich, was da gemacht wird, das ist ganz niedlich, was da auch an Initiativen passiert. angeschoben wird, pappert da aber schon an ganz, ganz rundlegenden Sachen wie einer übergreifenden Kundenkarte oder überhaupt einem zentralen Management. Da ist ein Jahr stationär und online noch in zwei Vorstandsbereiche unterteilt. Das geht, also da mache ich mir um Zalando gar keine Sorgen. Ich glaube, da ist der Zug für die meisten großen Händler auch komplett abgefallen. Ich glaube auch nicht, dass ein Deichmann-Görz und andere auch in Biegenkloppenburg das Geschäft noch in irgendeiner Art signifikant online drehen können. Deswegen, wenn ich auf Zalando schaue, schaue ich mir an, welche anderen Plattformen, die rein digital getrieben sind, sei es ein Asos, sei es About You, sei es ein Amazon, sei es auch ein Alibaba. Wie können die eigentlich in den Markt kommen? Wie können die diese Ownership über den Kunden bekommen? Die hat Zalando ja. Zalando wächst ja noch im Kundenstamm sehr, sehr stark und schafft es ja, wenn man sich die Zahlen anschaut, diesen Kundenstamm auch besser auszuschöpfen. Also sie haben einen höheren Pro-Kopf-Umsatz in ihrer Datenbank. Ich glaube, es macht für einen Zalando gar keinen Sinn, auch nur eine Minute damit zu verschwenden, auf die stationären Anbieter zu schauen. Und da ist, glaube ich, allen interessierten Hörern einfach mal der Blick auf die Jobseiten empfohlen. Das ist in der Regel ein sehr, sehr aufschlussreiches Dokument, was dort gezeichnet wird. Und nochmal zurückzukommen auf deine Eingangsfrage, was hat das mit den sterbenden Innenstädten zu tun? Also es gibt natürlich Immer wieder so bestimmte statistische Sondereffekte, die nochmal das Investment in eine weitere Filiale in einer weiteren Stadt irgendwie begründen. Wenn da aber das Kapital vor drei Jahren für die Öffnung weiterer 200 Filialen freigegeben worden ist, dann wird das auch so entsprechend gemanagt. Das heißt, auch wenn sich ein Stationärer heute entscheiden würde, deutlich weniger zu investieren in den stationären Handel, kommt man Da kann man das gar nicht so schnell drehen. Also dieses Thema Flächen finden, aufbauen, anmieten, betreiben, das ist ein sehr, sehr zähes Thema. Das ist nicht so beweglich. Also da haben sich jetzt einige in der Ecke manövriert und ich glaube, Piken-Kloppenburg ist da am ehesten zu nennen. Das ist in vielen Bereichen ein komplettes Desaster. Da muss Zalando, glaube ich, nicht mehr hinschauen. Ich glaube, wenn wir da gleich mal den Markt online anschauen, da gibt es viel, viel spannendere Sachen, von denen man lernen kann.

Joel Kaczmarek: Also ich habe mal so ein paar Zahlen versucht rauszukriegen. Ich habe es nur von dem Jahreszyklus 2010 auf 2014 gefunden auf die Schnelle. Da hieß es, die Anzahl der Schuhhändler sei um 10% gesunken. Das sind jetzt weniger Ketten, oft so Einzelhändler, aber da kriegt man ja schon mit, 2014 war ja noch nicht mal das, wo die große Welle geschoben wurde. Das hat sich wahrscheinlich nochmal deutlich verschleunigt. Kannst du trotzdem mal so mit ein, zwei Sätzen zusammenfassen, vielleicht als abschließenden Punkt zu dem Thema, bevor wir vielleicht noch einen Satz zum Thema Omnichannel auch sagen. Warum es für Zalando zum Beispiel keinen Sinn macht, über stationäre Läden nachzudenken? Weil wenn wir mit unseren Nutzern reden, zum Beispiel über unsere schöne Messenger-Gruppe, dann kommen teilweise solche Fragen, sagen so, ja hey, sollte Zalando jetzt eigentlich auch irgendwie in den stationären Handel gehen? Macht das irgendwie Sinn aus Supply-Gründen, aus Markensicht, aus was weiß ich? Da hast du, glaube ich, sicherlich eine starke Meinung zu.

Alexander Graf: Ja, also stationärer Handel kann natürlich Sinn machen für vertikale Unternehmen, also für ein Zara zum Beispiel oder für andere Unternehmen, die sowohl Hersteller als auch Handelsfunktionen übernehmen, weil dann kann man stationäre Flächen in eine ganz andere Kosten-Unsatz-Perspektive bringen und sagen, das kann Marketingflächen sein. oder man schiebt bewusst Traffic von der Webseite in diese Läden, weil es da keinen Kanalkonflikt gibt. Das macht ja zum Beispiel MyMuesli. Für Handelsunternehmen macht das in der Regel gar keinen Sinn, weil diese Kosten pro Kunde, also Kosten pro Kundenkontakt auf der stationären Fläche, der ist in der Regel viel, viel, viel, viel höher als der weitere Ausbau in digitalen Kanälen. Und der ist auch nicht skalierbar. Und das, was den stationären Handel am gefälligsten macht, ist halt diese Behebigkeit. Also man hat halt sehr, sehr hohe Ressourcen oder sehr viele Ressourcen gebunden in sehr, sehr unbeweglichen Assets. Und man braucht super viel Zeit und Aufmerksamkeit, Managementzeit, um diese Kanäle irgendwie ordentlich zu bedienen. Und meine These ist da, es passiert in den Online-Kanälen, in den digitalen Interfaces, ob das jetzt Voice ist, Messenger, neue CRM-Mechanismen, da passiert so viel, da wird man Jeden Euro, den man alternativ in den stationären Handel investieren könnte, wahrscheinlich mit einem Faktor 10 bis 100 effizienter hebeln können in rein digitalen Kanälen. Wenn das irgendwann nicht mehr der Fall ist und man für 3,50 Euro in der Berliner Innenstadt Flächen anbieten kann und man auch kein Personal mehr dahin stellen muss, dann kann sich diese Kalkulation durchaus umdrehen. Deswegen darf man das nicht so dogmatisch sehen, stationär ist irgendwie doof. Stationär ist einfach im Vergleich zu Online-Optionen viel zu teuer.

Joel Kaczmarek: Jochen, vielleicht kannst du auch noch mal ein, zwei Sätze zum Thema Omnichannel sagen. Also vielleicht gibt es mit eigenen Worten mal wieder, was das ist. Wir versuchen ja auch mal, Leute, die damit nicht so viele Berührungspunkte vielleicht haben, an Begriffe heranzuführen. Weil ich finde immer, wenn Omnichannel bei dir zukommt, sozusagen vorkommt, ist so eine charmante Suffisanz immer dabei, weil die wollen das ja immer so ein bisschen als Stärke verkaufen. Die sagen ja immer so, ja, die Verzahnung von online und offline, das ist ja so wichtig, vor Ort sein und abholen können und was weiß ich. Ich glaube, du hast eine starke Meinung zu.

Jochen Krisch: Ja, ich muss jetzt vorsichtig sein, dass ich ein bisschen entschärft formuliere. Aber im Prinzip Omnichannel ist für mich auf allen Hochzeiten tanzen. Also egal, was an neuer Kanal kommt, muss ich vertreten sein, weil die Kunden ja da sind. Ich glaube aber mehr an Stärken und Kernkompetenzen. Und deswegen glaube ich, Spezialisierung ist eigentlich der Königsweg, zumindest in diesen starken Umbruchszeiten. Und dann kann man sich entscheiden, welche anderen Kanäle nimmt man am besten noch dazu. Also Omnichannel wird verkauft regelmäßig. Also im Grunde ist es wirklich überall vertreten zu sein, aber das wird so ein bisschen als Feigenblatt natürlich verwendet, um die Filialen noch zu stärken. Dass man sagt, wir verzahnen online und stationär und bekommen deshalb unsere Filialen eben noch weitere Jahre über die Zeich gerettet.

Alexander Graf: Ich versuche das mal so zu beschreiben, Omnichannel muss man ja auch immer wieder trennen zwischen Händlern und Herstellern, aber meistens wird es immer aus der Händlerperspektive, stationäre Händler sagen immer, dass ihre strategische Option und Omnichannel in der Praxis ist. halt, wenn so ein schrumpfender, stationärer Laden eine schlechte Webseite finanziert, dann hat man eigentlich so das klassische Ergebnis des Omnichannel-Händlers.

Jochen Krisch: Man merkt aber an beiden Definitionen, wir sind nicht unbedingt Verfechter dieses Konzepts. Und ich finde es auch sehr schön, weil es wurde immer so lange als Königsweg propagiert, dass inzwischen es auch von Konrad und von anderen auch Beiträge, Analysen, eigene Erfahrungen gibt, wo man einfach auch sieht, es rechnet sich tatsächlich nicht. Also es kann sich nicht rechnen, wenn man in zwei, drei, vier, fünf Kanäle investiert und kaum Umsatzzuwachs kommt, dann sind einfach die Kosten so viel stärker, dass es sich nicht ausrechnet. Kann sich nicht rächen. Wurde aber nie als ernstes Argument genommen. Und ich glaube, so kann man sich verdeutlichen. Also wenn ich, jeder Kanal, den ich reingehe, müsste mir ja ein Faktor X von Umsatz bringen, damit sich das lohnt. Und solange das nicht tut, weiß ich nicht, warum sich das Konzept so durchsetzt. Also das ist für mich….

Joel Kaczmarek: Ich hatte meinen Moment, dass das schön sichtbar macht, gerade mit Cyberport, wo wir irgendwie Festplatten bestellt haben und dann hieß es so, Onlinepreis 87 Euro, abholen im Laden, der bei mir um die Ecke ist, 92 oder so. Also das spiegelt das sozusagen. Da kann man ja schön immer rüberrobben zu einem anderen Thema, was sozusagen eine Brücke eigentlich bildet. Wir haben es ja schon ein bisschen angerissen, piek und kloppen, wo geht ihr in so eine Richtung? Warenhäuser. Das Lustige war, es gab gerade zwei, ich habe mir die Exciting-Commerce-Seite noch mal lebhaft durchgelesen und auch die von Kassenzone zum Thema Zalando. Da gab es ja gerade zwei Vergleiche. Das eine war zu Deichmann, das andere war zu Zara. Und das finde ich eigentlich ganz plausibel, weil wenn man sich mal so ein Zara, H&M, Primark anschaut, die ja sehr stark mittlerweile darauf fokussiert sind, auch zu sagen, wir haben irgendwie eine einheitliche Welt aus Fashion, Und da Schuhe zum Beispiel mit rein zu verkaufen, ist irgendwie auch gar nicht so das Problem. Und wie du ja richtig sagst, Jochen, in Zalando sieht es ja gar nicht mehr als reiner Schuhhändler. Das wäre so ein anderer Benchmark, den man mal machen kann. Und die Kurve, das Chart fand ich bei dir wirklich ganz cool. Zara zehn Jahre nach Börsengang und Zalando, da merkt man ja, Zalando hat eine steilere Kurve, sogar merklich. Das fand ich einen ganz interessanten Blick. Trotzdem sind die ja eigentlich auch in diesem Filial-Dilemma drin. Warum kann das denn da ganz anders funktionieren?

Jochen Krisch: Und Zara ist der beste Händler. Also das ist ja wirklich, was die geleistet haben in den letzten 20 Jahren, ist im Grunde unfassbar. Und die Kurve ist wirklich, die ist eindrucksvoll, die die haben. Und deswegen interessiert mich das so, weil jetzt wird Zalando natürlich immer sehr als klein wahrgenommen. Also das sind jetzt vielleicht 4 Milliarden Umsatz dieses Jahr. Zara insgesamt in die Textgruppe steht bei 23 Milliarden und wachsen immer noch ihre drei, vier, fünf Milliarden pro Jahr. Also es ist auch nicht so, dass da das Wachstum vorbei wäre. Aber man sieht eben, was diese Zalando-Spezialisierung und vor allen Dingen diese Hinwendung Richtung Plattform ermöglicht. Und die können diese Online-Dynamik natürlich unheimlich spielen. Und jetzt ist Zalando nicht der wachstumsstärkste Onliner. Also die nehmen sich ja bloß einen Korridor von 20 bis 25 Prozent vor. Da liegt Amazon drüber inzwischen. Also da sieht man, was da durch diese Plattformansatz, Marktplätze, Öffnung, auch die Zurverfügungstellung von Dienstleistungen, alles möglich ist. Das ist so die eine Sicht, die ich spannend finde und die andere. Irgendwann jetzt muss Zara die Entscheidung treffen, ob sie online allein gehen wollen, also ob sie online überhaupt gehen wollen oder ob sie sich, so wie sie in Innenstädte, Einkaufszentren etc. gehen, ob sie sich auf die Plattform begeben wollen, ob sie bei Amazon, bei Zalando etc. verkaufen wollen. Sie machen das momentan mit Nebenmarken und das ist schon ein interessanter Schritt gewesen. Also gerade wenn man sieht, wie Zara sich geziert hat, wie lange hat ein Stylefruits? oder haben diese Preisvergleichsportale gebraucht, um Zara überhaupt ins Angebot zu bekommen. Und jetzt geht dieselbe Diskussion los, wo verkaufe ich, also wo betreibe ich Handel. Und das sind so die beiden Entwicklungen, die versuche ich auch anhand dieses Charts so ein bisschen zu verfolgen, die Dynamik. Die sieht wirklich eindrucksvoll aus. Also natürlich hat Zalando auch Wettbewerber und andere Plattformen, die in die Quere kommen können, jetzt aus dem Online-Bereich heraus. Aber ich halte Zalando da so stark in der Umsetzung. Was die jetzt in den letzten beiden Jahren, seit sie diese Plattform-Strategie vorantreiben, gemacht haben, ist erstaunlich, in welche Richtungen sie reingegangen sind und was sie sich alles an neuen Potenzialen, also sowohl was Kooperationen, Anbindung von Marken, anderen Händlern etc. angeht, als auch an Erlöspotenzialen erarbeitet haben, ist erstaunlich. Das ist alles jetzt nicht mehr so umsatzwirksam im klassischen Sinne. Also so ein Handelsumsatz ist natürlich sehr dankbar, weil er voll reinfließt. Das sind einfach Provisionseinnahmen, die dann reinfließen. Aber die für sich betrachtet sind halt sehr stabil. Die sind im Prinzip auch berechenbarer. Und haben einfach noch andere Vorteile. jetzt auch für Zalando, dass sie eben nicht alles im eigenen Lager haben müssen und ein paar andere Punkte. Deswegen ist für mich das so eine spannende Entwicklung gerade, weil ich im Grunde Zalando in der Liga sehe. Bei den Zaras, bei den H&Ms, bei den Uni-Klos und wie sie alle heißen.

Joel Kaczmarek: Also ehe wir das gleich mal vertiefen, mit Plattform bzw. Marktplatz ist im Prinzip gemeint, Zalando stellt eigentlich sowohl seine Infrastruktur zur Verfügung, also sie bieten Services an, klassischerweise wie Amazon das auch macht, in Form von Fulfillment, aber auch irgendwie Media Advertising, solche Geschichten. Und der andere Faktor ist halt ganz normaler Marktplatz, wie es Amazon auch macht. Das heißt, also H&M zum Beispiel auch jetzt und Zara verkaufen dann auf Zalando ihre Waren. Dazu später nochmal mehr, wie du ganz richtig sagst. Auch ein interessanter Faktor mit dem GMV, fand ich auch ganz lustig. Zalando sagt ja jetzt, wir wollen gar nicht mehr im Umsatz gemessen werden, sondern an unserem Gross Merchandise Volume, was genau dem eigentlich Rechnung trägt und nochmal unterstreicht, warum das ein Faktor ist. Und für jeden, der sich gerade fragt, von was für einer Grafik reden die Typen da eigentlich gerade, auf Exciting Commerce lautet der Artikel, wo steht Zalando in der Entwicklung im Vergleich zu Zara? Und da sieht man Zara bzw. Inditex, also eigentlich müsste man ja korrekterweise Inditex sagen, wo auch Bershka und solche Sachen zugehören, wieder die Wachstumskurven sind. So, Kollege Graf, aber jetzt nochmal zurück zu dem ganzen Thema, weil wir auch gerade von sterbenden Innenstädten geredet haben. Jetzt würde sich ja der geneigte, normalsterbliche fragen, okay, warum ist denn aber Filialgeschäft so doof und mit Schuhhändlern und irgendwie so ein Problem? und aber so ein Inditex kriegt das irgendwie ganz gut hin, ein H&M, ein Primark und werden auf einmal so der Benchmark für ein Zalando. Ist bei denen irgendwie was anders?

Alexander Graf: Ja, AS Inditex und auch ein H&M und auch Uniclo sind halt vertikale Händler. Sie stellen selber her und verdrängen damit die Universalhändler, die im Wesentlichen Drittmarken handeln, stationär in den Schatten. Sie sind einfach viel profitabler. Man muss einfach mal angucken, wie so eine Inditex-Gruppe gemanagt ist. Auch die einzelnen Marken, sich mal betrachten, wie sie auch global gemanagt sind. Das ist einfach ein himmelweiter Unterschied zwischen Kerneuropa-Marken oder auch Marken, die in Deutschland halt sehr, sehr sehr, sehr stark sind. Sarah hat ja auch noch was anderes gemacht. Denen gehören ja in vielen Städten auch diese Immobilien. Die sind natürlich auch in ihrem Business. sozusagen in steigenden Immobilienpreisen haben die profitiert, weil sie ihre Mieten da stabil halten konnten. Sie haben ein extrem schlechtes Online-Geschäft, wenn man das mit klassischen E-Commerce-Maßstäben messen würde. Also sowohl Umsatzhöhe, am Gesamtumsatz, als auch, wie sehen eigentlich diese ganzen Webseiten aus? Also wie kann der Kunde Sarah Produkte online kaufen? Und ich glaube, bei Zalando sind sie auch noch nicht drin, wenn ich das richtig sehe. Und da musst du dir mal vorstellen, du bist jetzt ein Business, das macht 20 Milliarden und dein zentraler Kundenzugang ist eigentlich immer analog, also immer über den Laden. Dann würde ich mir natürlich schon Gedanken machen, ob es in irgendeiner Form sinnvoll ist, dieses Asset aufzubrechen und dann deine Produkte auf einmal bei Amazon oder Zalando zu verkaufen. Das würde ich wahrscheinlich als Sarah nicht machen, sondern mir überlegen, wie kann ich bei dieser Reichweite, die ich dort in Summe habe, irgendwelche digitalen Interfaces aufbauen, um diesen Kundenzugang, diese Ownership zu behalten. Ich glaube, da geht es auch für den Sarah, auch für den Uniqlo hin. Ich glaube nicht. dass die langfristig mit den großen Plattformen kooperieren werden. Das macht dieser Größenordnung gar keinen Sinn, aus meiner Sicht. Und ich glaube auch, dass sie in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch ohne weiteres erstmal von der Verdrängung der mittelständischen und großen Universalhändler profitieren können. Es ist jetzt nicht so, dass der Online-Umsatz in zehn Jahren sozusagen schon über 50 Prozent des gesamten Fashion-Umsatzes ausmacht. Das wird sicherlich eine Menge ausmachen, aber die Leute gehen ja immer noch in die Stadt und Da wären da wahrscheinlich ein Pieken Kloppenbock und andere aus den Einkaufszonen verschwinden und das wird dann halt übernommen von so einem Primemarkt, Sarah und Co. Die inhalieren halt diesen Umsatz und in der Zwischenzeit haben sie die Möglichkeit, sich zu überlegen, wie sie digital zu den Kunden gehen. Ich würde aus Sarah-Sicht nicht bei Zalando verkaufen. Das macht in dieser Größenordnung und auch in dieser Frequenz, die sie heute noch Kunden ansprechen können, eigentlich ganz, ganz wenig Sinn.

Joel Kaczmarek: Aber ist das nur so eine Frage von Economies of Scale? Weil ich meine, Piken Kloppenburg macht das mit seinem ID Now auch, dass die versucht haben, stationär ein Online-Angebot zu pushen, auch mit eigener Brand, mit eigener Ausrichtung und das funktioniert jetzt nicht so toll.

Alexander Graf: Nee, es ist nicht eine Economies of Scale, es ist quasi eine Frage des Geschäftsmodells. Piken Kloppenburg ist ja in dem klassischen Vergleichbarkeitsproblem. A, wird die Ware, die Piken Kloppenburg online anbietet, auch bei einem Otto.de, About You und Zalando verkauft. Gehandelt, dort wird sie deutlich besser gehandelt, gemessen wieder an so E-Commerce-Hygienefaktoren. und dann haben sie noch ein Distributionsproblem in Picken-Ploppenburg, insbesondere mit Picken-Ploppenburg Nord und Süd. Wenn du in Frankreich einen Gutschein kaufst, stationär bei Picken-Ploppenburg, dann kannst du den in Hamburg nicht einlösen, das versteht kein Kunde und tausend andere Sachen. Also die sind für mich raus aus diesem Wettbewerb. Außer Bräuniger, das ist zumindest in den letzten 24 Monaten das einzige Beispiel, was ich so gesehen habe, hat damit jeder stationäre Multi-Brand-Händler eigentlich ein Problem.

Joel Kaczmarek: Vielleicht machen wir noch einen kleinen Exkurs mal an das ganze Thema Fast Fashion. Jochen, da hast du dich ja auch mit auseinandergesetzt. Also Zalando sagt ja, dass sie da mehr machen wollen. Letzter Kenntnisstand ist, dass so ein Inditex es teilweise geschafft hat, zwischen der Kreation, Erfindung einer Fashion-Marke, eines Fashion-Produktes und dem Verkauf im stationären Laden, also im Prinzip vom Reißbrett bis in den Handel, das teilweise in drei Wochen zu schaffen. Vielleicht waren es auch mal sechs, aber wir reden da von wenigen Wochen, also keine Monate, wie man das mit sozusagen Saisonalitäten dann hat, sondern, ich meine, ich habe auch mal zwei gelesen, aber das ist ja so die Schlagzeile, bei der wir da sind, also in wenigen Wochen vom Reißbrett bis in den Handel, Lesara versucht es ja auch so ein bisschen irgendwie in die Richtung anzugehen, die das dann sehr datengetrieben machen, indem sie sich so Google-Suchergebnisse anschauen etc. Zalando versucht das ja auch, also dass man sich da noch besser aufstellt, indem man irgendwie sagt, die wollten gleich Schifffahrtsrouten streamlinen, das ist ja für den normalen Käufer relativ abstrakt, aber dass die zum Beispiel sagen, hey, wenn wir das irgendwie über Rotterdam optimieren und dann über Bremen schiffen, dann schaffen wir es irgendwie unter 30 Tage zu kommen, was Warenbestellung und Verkauf angeht. Ist das ein Thema, wo Zalando noch punkten kann gegen solche Unternehmen?

Jochen Krisch: Also es ist ja auch nicht so, und damit sprichst du einen guten Punkt an, dass Zalando keine Probleme hat. Also die sind ja auch in dem Wettbewerb und der Markt kommt ja vom Kunden her und die Kunden fliegen ja auf die Zaras, auf die Primarks und auf alles und auf diese schnell wechselnden Sortimente. Und da kann ein Zalando eben in Anführungszeichen noch nicht mithalten. Und entweder sie schaffen es, diese Marken auf die Plattform zu bekommen, oder sie müssen sich etwas Eigenes einfallen lassen. Und letztendlich läuft es offenbar sowohl als auch raus. Also natürlich hätten sie am liebsten die Zaras und die H&Ms jetzt schon. Ich würde nicht so skeptisch wie Alex. Ich glaube, ich schätze die online nicht so stark ein, auch nicht so strategisch jetzt. Ja, oft sagt, dass sie wissen, was sie online machen könnten, damit sie sich treu bleiben können. Die gehen im Prinzip diesen, in Anführungszeichen, Omnichannel-Weg und dann sind sie in einem bestimmten Falle drin und dann kommen sie auch strategisch nicht mehr raus. Also deswegen kann ich mir doch vorstellen, dass irgendwann die Verzweiflung groß genug ist, dass man es, obwohl man so groß ist, macht und da reingeht. Aber in der Zeit muss sich Zalando was anderes einfallen lassen. Und deswegen fand ich das jetzt ganz interessant. Sie haben auf dem Kapitalmarkttag eine ganze Reihe von Initiativen vorgestellt, die jetzt gar nichts mit Online zu tun haben, die eben wirklich auch in die Optimierung der Lieferkette reingehen in Deutschland. Neue Dissertimente, Eigenmarken, eben Fast Fashion, dass sie schneller wechselnde Sortimente reinbekommen. Auch da haben sie ja im Online-Bereich, du hast jetzt Lesara genannt, aber fast noch stärker ist oder mehr Schwierigkeiten, wird ihnen wahrscheinlich so ein Boohoo machen, die einfach auch in einem sehr günstigen Preislage, sehr schnell drehend, trendige Mode betreibt. Anbieten können und extrem Gas geben. Also es sind Faktor 10 kleiner jetzt noch als Zalando, aber kaufen zu, sichern sich Marken, haben diese ganze Influencer-Szene. Besser kann man nicht sagen, aber gut im Griff, sagen wir mal so rum, da kümmern sich ja alle gerade drum. Und deswegen glaube ich, ist es schon wichtig, auch für Zalando, sich da ein bisschen zukunftsfester aufzustellen und einfach da voranzukommen. Akzente zu setzen. Und dann sieht man ja, was funktioniert und welcher Weg dann klappt. Es ist natürlich durchaus riskant, jetzt sich so ein Fast-Fashion-Geschäft aufzubauen. Es sind nochmal andere Kompetenzen gefragt. Aber ich glaube, der Modemarkt, wenn man jetzt mal als Gesamtes sich betrachtet, der lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Also gerade durch den Einstieg von Primark jetzt, das ganze Billigsegment kommt jetzt noch. Bis jetzt waren wir ja mit Zara und Und H&M schon günstig, aber jetzt kommt ja unten drunter nochmal extrem große und dynamische und auch kundenattraktive Player, die das aufmischen und die haben eben nichts mit den Kicks und mit den anderen zu tun, die man jetzt schon kannte, sondern Primark ist ja wirklich, als Fashionplayer muss man die ja wahrnehmen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, es sind ja im Prinzip unterschiedliche Faktoren. Also einerseits Geschwindigkeit, die Produkte in den Laden kriegen, dann den Faktor Vergleichbarkeit, was Alex gerade gesagt hat und dann sicherlich auch das ganze Thema Millennials. Also da hat ja Zalando auch gesagt, das ist für sie irgendwie eine Zielgruppe, die sie für sehr relevant halten. Überrascht jetzt auch nicht, weil die sicherlich sehr online und speziell mobile-affin einkaufen werden. Aber das sind ja so ein paar Faktoren, die da eine Rolle spielen. Weiß einer von euch eigentlich, habt ihr präsent, wie viel Zalando mittlerweile Umsatz macht an Eigenmarken? Also wie groß der Prozentanteil ist? Weil ich erinnere mich gelesen zu haben, 2015 soll der schon bei der Hälfte gelegen haben, spekulierte Mann. Ich habe aber irgendwie jetzt keine aktuellen Zahlen. Wisst ihr da was?

Jochen Krisch: Nee, ich glaube, es gibt auch keine, aber das ist maximal bei 10 Prozent oder 20 Prozent. Aber die haben das eine Zeit lang forciert und dann wieder zurückgefahren. Im Rahmen der Plattformstrategie dürfen sie natürlich den Fokus nicht so drauflegen, sonst sind die Marken nicht so bereit, da reinzugehen. Aber inzwischen haben sie wieder ihre Setlabels, eigenes Team, neue Marken und versuchen das schon aufzubauen. Aber ich lege mich nicht fest, aber ich glaube, 20 Prozent war so die Zielmarke, die Eigenmarken haben sollen. Aber ich bin da jetzt nicht 100 Prozent sicher.

Joel Kaczmarek: Kannst du mal für jemanden, der damit nicht so oft zu tun hat, ein bisschen auseinandernehmen, welche strategische Relevanz sich mit Eigenmarken sozusagen verbindet? Weil man sagt ja eigentlich immer, Rohmarge ist halt deutlich höher, wenn ich selber herstelle und im Prinzip ein bisschen billiger verkaufe als die Marke. Finde ich ganz plausibel dann zu sagen, das verträgt sich natürlich nicht, wenn ich jetzt große Marken animieren will, bei mir zu verkaufen, wenn ich die mit meinen eigenen Produkten dumpe und in das Setting setze. Aber vielleicht kannst du trotzdem mit eigenen Worten mal so grob wiedergeben, was da eigentlich für Erwägungen hinterstecken.

Jochen Krisch: Das würde ich fast Alex überlassen. Ich glaube, der ist da noch tiefer drin im Thema.

Alexander Graf: Ja, ich glaube, das Thema Eigenmarken wandelt sich ja gerade so ein bisschen. Ich glaube, die meisten Leute oder die meisten Hörer haben das ja noch kennengelernt. Bei Beacon Kloppenburg, da gibt es ja halt neben den Hilfigerhemden sitzen dann immer solche Eigenmarken, die heißen irgendwie, keine Ahnung, Nielsen und Klausen. Irgendwas mit diesem Unzeichen ist meistens ein guter Hinweis für eine Eigenmarke. Und da ist genau das Ziel gewesen, dass man sagt, okay, die Leute werden über Marken in den Laden gelockt, die werden darüber auch begeistert, aber es gibt eine alternative Marke, die ist in der Regel 50 bis 30%. Günstiger hat einen mindestens so hohen Deckungsbeitrag wie die richtige Marke und die liegt in der Kontrolle des Händlers. Das Problem der großen Händler, und das hat Zalando auch, diese Eigenmarken schaffen es in der Regel nicht raus aus dem Vertriebskorsett. Also auch Otto hat ja dutzende Eigenmarken, Picken-Blockenburg und auch Zalando hat ja mit Z-Labels das sogar relativ öffentlich gemacht, welche Marken sie dort verkaufen. Diese Marken entwickeln nie so ein richtiges Eigenleben und auch diese Versuche, diesen Markenleben einzuhauchen mit irgendwelchen Influencern, denen man dann Samples schickt und mit einer eigenen Facebook-Seite, mit einem eigenen Twitter-Account, mit einer eigenen Story, invented 1870 in Kiel auf dem Boot, sowas in der Art, wäre ja eine tolle Eigenmarke. Das funktioniert alles gar nicht. Also auch da muss man sich mal bei Z-Labels einfach mal die alten Facebook-Seiten anschauen. Ich glaube, da hat man versucht, dieses Konzept, was eigentlich aus dem klassischen stationären Handel kommt, einfach diesem Online-Konzept überzustülpen. Strategisch macht es natürlich super viel Sinn, exklusive Produkte zu haben, die nicht bei anderen Kanälen gehandelt werden können, damit man rauskommt aus dieser Vergleichbarkeit und auch damit man nicht so abhängig ist von diesen ganzen Doomed Brands, diesen ganzen Brands, die irgendwo zwischen dreieinhalb Millionen und zwei Milliarden Euro Umsatz machen, komplett überdistribuiert sind weltweit, die man sich nicht mehr so richtig verlassen kann. Da machen halt Eigenmarken super viel Sinn. Sinn. Und ich glaube, bei Zalando ist es Mint & Berry, die da ganz groß ist. Bei Amazon gibt es halt diese ganzen Amazon Basics-Marken. Das macht schon sehr, sehr viel Sinn, das zu pushen. Die hohe Kunst ist, diese Marken dann rauszunehmen aus dem Vertriebskorsett und so begehrlich zu machen, dass auch andere Händler diese Marken listen wollen. About You ist das ein bisschen mit Edited gelungen. Das ist eine Marke, die finden Kunden für sich individuell genommen halt total cool und fragen auch auf anderen Portalen danach. Aber es haben eigentlich ganz, ganz wenig Händler geschafft, das irgendwie wiederholbar zu gestalten. Und diese These, dass man einen höheren Deckungsbeitrag bei den Eigenmarken generiert, die ist in der Realität, trifft die oft nicht zu. Insbesondere bei den komplexeren Eigenmarken hat man halt ja auch diese ganzen Produktionsrisiken und Überhangrisiken. Diese Sachen, die fressen dann die eigentlich höhere Marge auf dem Einzelprodukt dann wieder auf. Das sollte auch vielen anderen Händlern zu denken geben, dass wenn auch ein Zalando, was sicherlich ein paar Millionen Euro in dieses Thema steckt, das jetzt nicht so mal eben hinbekommt, dann wird es anderen auch nicht so einfach fallen.

Jochen Krisch: Aber interessant ist zum Beispiel, dass Zalando diese Eigenmarken dann auch nutzt, um in den USA auf Amazon diese Marken zu testen. Ich glaube, auch online ist es durchaus einfacher, gerade wenn man auf solchen Plattformen ist, wo jetzt die Marke nicht so eine Rolle spielt, sondern wo dann eben, wie bei Amazon geht es ja um Farbe und Form letztendlich im Modebereich. Also kann man da Umsatzpotenziale durchaus auch wieder mitnehmen oder sich erschließen. Gerade in Märkten, und das ist ja auch sowas, was Zalando momentan bewusst ausgeschlossen hat, indem man nicht vertreten sein will. Also Zalando konzentriert sich rein auf den europäischen Markt, im Unterschied zum Beispiel zu Boohoo, zu Asos, zu eigentlich fast allen anderen auch europäischen Online-Mode-Versendern, die einfach das US-Geschäft auch mitnehmen. Und aus meiner Sicht gibt es auch gute Gründe, warum man als Modehändler sich auf den US-Markt wagen kann, weil dort wirklich der Markt sehr verdorben ist und es gibt eigentlich kaum vernünftige Online-Mode-Angebote mehr im Online-Bereich. Im stationären gibt es noch so ein paar, aber da ist wirklich eine Riesenmarktlücke und da springen viele jetzt rein. Asus macht das sehr konsequent, Buhu auch und ich finde das spannend auch zu verfolgen. Jux Netto Poté auch natürlich.

Alexander Graf: Ich glaube auch, was halt für einen Zalando strategisch wichtig ist bei diesem, ob man das Eigenmarke oder Handelsmarke nennen soll, jetzt mal hingestellt, wenn ich mit einer Marke in Kontakt komme, die jetzt auf Amazon oder auf Zalando handelt, dann ist eine der ganz zentralen Treiber in diesen Diskussionen immer die Frage, wie werde ich eigentlich unabhängig von diesen Plattformen, wie kann ich irgendwie exklusive Streams, pro Plattform, damit ich wieder die Verhandlungshoheit bekomme. Wenn so eine Marke einmal fünf bis zehn Prozentpunkte ihres Innenumsatzes an eine Plattform abgibt, dann hat sie eigentlich die Verhandlungshoheit verloren. Das versuchen die zu vermeiden. Das heißt, schon aus dem Eigeninteresse eines Händlers muss man sich überlegen, wie man von Drittmarken in der Plattformökonomie unabhängiger wird. Weil auf der anderen Seite diese Drittmarken sich ganz genau überlegen, wie kriegen sie diesen direkten Kundenzugang wieder. Und wie haben sie die Verhandlungshoheit? Und das macht ja auch Sinn, aus beiden Richtungen so zu denken. Und das geht halt zu Lasten dieser mittelmäßig gemanagten Klein- und Kleinstmarken unter 100 Millionen Euro im Umsatz. Die kriegen das strategisch ganz, ganz schwer hin, sich da eigenständig aufzubauen.

Joel Kaczmarek: Gut, dann sollten wir wirklich mal die Brücke machen zu den mehr online-affineren und vielleicht plattformorientierteren Playern. Also wenn wir jetzt in großen Dimensionen denken, dann hätten wir da sicherlich einmal einen About You und einen Amazon, über das man mal reden sollte. Wenn wir ein bisschen international gucken, hat Jochen ja schon Boohoo und Asos gerade eingeworfen, auch irgendwie spannende Akteure. Wie verortet ihr die im Vergleich zu Zalando? Also gerade wenn ich mir jetzt mal Amazon angucke, die haben ja jetzt in der Vergangenheit oft nicht gerade mit großer Fashion-Kompetenz bestochen. Man hat aber das Gefühl, dass die Lerneffekte zunehmen, dass man besser wird. Also wenn man sich mal Sachen anguckt wie Ecolog, da gibt es eine kleine Kamera, da kann man sich als Nutzerin vorstellen, kriegt ein Foto von sich aufs Handy, da wird dann per KI ausgecheckt, welches Outfit steht mir besser? oder ihr Prime Wardrobe, wo man genau dieses Retouren-Zurück-Schick-Thema, also diese Try-Ons irgendwie versucht ins Geschäftsmodell mit einzubauen. Also das nimmt zu, man wird da besser, hat man so das Gefühl. Und Amazon ist halt einfach total riesig und hat große Wachstumsraten, aber Wie seht ihr das? Jochen, was glaubst du, wie verortest du da irgendwie Zalando im Vergleich zu solchen Playern?

Jochen Krisch: Also ich würde mal trennen und Amazon noch kurz aussparen, aber wenn ich jetzt mir mal generell die Strategien der ganzen Mode-Player angucke, dann halte ich Zalando wirklich für führend. Also das, was sie vor zwei Jahren gemacht haben, sich zur Plattform zu öffnen, witzigerweise ja den About-You-Ansatz zu übernehmen und zu adaptieren und in einer größeren Dimension dann umzusetzen. Also das ist eigentlich für mich das Spannendste. Ich finde, About-You hat da so einen Knoten zum Platzen gebracht, in dem sie ihr Konzept vorgestellt haben. Zalando ist, und das ist eindrucksvoll, darauf aufgesprungen, obwohl sie damals nicht so positioniert waren. und jetzt haben sie das innerhalb zwei Jahren so strukturiert, dass sie sowohl markenseitig als auch sogar händlerseitig das Feld besetzt haben und quasi die Nummer eins sind, sich auch Technologie zugekauft haben, sodass sie die Anbindung haben, teilweise auch Anbindung nicht nur an Zalando, sondern auch an die anderen Plattformen, also sprich Tradebyte und Anadvine sind da zwei so Plattformen. Sie gehen jetzt in den Großhandelsbereich rein, haben sich da einige Plattformen dazu gekauft. Also gehen das unheimlich konsequent an und kein anderer geht das so konsequent an. Witzigerweise, in den USA gibt es überhaupt keine Tendenzen in der Richtung, jetzt von Amazon mal abgesehen. Aber wenn man sich einen Zappos anguckt oder so, die paar wenigen größeren Online-Player, gar nicht da. Asus, Jux, Net-a-Porter und so sind jetzt erst langsam aufgewacht. Die sind in anderen Punkten durchaus stärker. Das angeht nicht und deswegen halte ich Zalando für sehr stark, wenn sie das durchbekommen. Und momentan, also zwei Jahre ist eine kurze Phase, deswegen kann man es noch nicht sagen, haben sie das schon, also sind sie damit schon durch mit dem Thema. Aber ich sehe jetzt niemanden, der ähnlich angreift und das macht. Viele andere machen Plattformen, Otto und alle anderen. Also Tradebyte ist ja jetzt quasi überall gang und gäbe eingesetzt. Jeder will zur Plattform werben, bis Kaufhof runter, Karstadt und wie sie alle heißen. Aber diese ganze Strategie macht nur Sinn, wenn du eine gewisse Größenordnung hast. Also es gehört schon auch was dazu, sich zu öffnen und andere auf die eigene Plattform zu lassen und teilweise auch Konkurrenten da reinzunehmen. Also da musst du schon sehr selbstbewusst unterwegs sein. Und kurz ein paar Punkte noch zu Amazon. Ich glaube, Amazon ist so ein Beispiel. Qua Umsatz sind sie zwar einer der großen Fashion-Player, aber qua Relevanz würde ich sagen, ist alles, was sie in den letzten Jahren versucht haben, nicht geglückt. Und ich finde es jetzt so spannend mit Ecolook, wo sie wirklich ein Tool haben mit Sprachsteuerung, was man quasi so als Styling-Kamera, nenne ich es gerne, nutzen kann für Frauen. Dann haben sie Prime Wardrobe als Idee gestartet und andere Themen. Das halte ich jetzt für sehr relevante Ideen. weil die die Kunden voranbringen. Gar nicht so sehr, jetzt in der Branche wird das zum Teil gar nicht so wertgeschätzt, was Amazon da macht. Aber ich glaube, es ist gefährlich, in Anführungszeichen, wenn man die Kunden süchtig macht zu einer gewissen Mode-Einkaufsumgebung. Da ist eine Gefahr für Zalando. Ja, jein, aber sie haben auch, darf man auch nicht übersehen, Zalando macht auch überall mit. Sie haben Zalando Lounge, Shopping-Club-Trend. Im Unterschied zu Zalando halten sie das durch und machen das gut. Zalando Salon haben sie als Styling-Angebot, was jetzt so ein bisschen Richtung Prime Wardrobe geht, aber schon weiter ist, auch da haben sie zwei, drei Jahre Vorsprung. und sie haben all diese Angebote, die sie da jetzt neu gestartet haben, Salon und andere, immer mit Partnereinbindung, also Stylisten oder zusätzliche Leute, also das ist kein so typischer Händleransatz, ist ja immer ich mache alles selbst und ich will da niemanden, der mich, also Community-orientiert dabei haben, der mir das komplexer und komplizierter macht. und da hat Zalando, erstaunlicherweise, auch keine Scheu davor. Was ich auch nicht gedacht hätte vor zwei Jahren, wo sie noch ein sehr klassisches Handelsmodell verfolgt haben. Und das sind für mich so, wo ich sage, Stärken sind da. Amazon muss man sehr jetzt beachten, was die machen. Aber anders als ich glaube halt, dass in dem Markt haben auch eine Reihe von großen Playern Platz. Und Zalando hat so einen großen Vorsprung jetzt, dass sie das schon gut stemmen können, wenn sie keine großen Fehler jetzt machen. Also Einen oder anderen müssen sie machen, weil sonst kommen sie auch nicht voran. Zalando ist strategisch erstaunlich gut aufgestellt und unterwegs.

Joel Kaczmarek: Ist das auch so?

Alexander Graf: Ja, also ich würde hier erstmal, ich glaube, Boohoo würde ich so ein bisschen ausklammern. Boohoo ist ja, glaube ich, eine Marke, wenn ich mich nicht ganz irre. Ich glaube, die verkaufen ja gar keine anderen, also die verkaufen gar keine Drittmarken. Zappos finde ich sehr interessant, da kommt an diesem Wochenende der Zappos-Gedächtnisbeitrag, was ist eigentlich passiert, nachdem Amazon das verkauft hat. Da warte ich noch auf eine zugelieferte Analyse und dann kommt am Wochenende, schauen wir uns mal an, was damit eigentlich passiert ist. Das ist eigentlich sehr, sehr traurig, nach dem, was ich mir da so vorab angeschaut habe. Ich glaube, ich trenne das momentan so ein bisschen in zwei Zeiten auf. Ich glaube, es ging sehr lange darum, dass man einfach einen guten klassischen E-Commerce-Job gemacht hat, also einen großen Shop aufgebaut hat, vielleicht noch ein bisschen mobile responsive gemacht. ein gutes CRM gepflegt hat, das Angebot zu einem fairen, guter Verfügbarkeit, einen guten Preis aufgebaut hat als Modehändler. Und dann ist Zalando ja sehr stark über die SEO-Strategie gewachsen und auch über ein sehr, sehr gutes Branding. Ist quasi sehr groß in den Markt reingekommen. Und ich glaube, diese letzten sechs, sieben Jahre haben sie einfach sehr, sehr gut, viel besser als der vergleichbare Wettbewerb durchlebt. Was wir jetzt aber erleben und deswegen sehe ich da nicht ganz so skeptisch auf Amazon, jetzt kommen wir ja gerade in so eine Zeit wieder rein, wo wir komplett neu uns mit Interfaces auseinandersetzen. und ich mir überlege, wenn ein Kunde Ware nachfragt, aktiv oder proaktiv, woher bekommt er diese Information, über welches Interface, bekommt er das vielleicht aufs Handy geliefert, bekommt er das über Amazon Echo ausgeliefert, bekommt das vielleicht über irgendeinen IoT-Interface, also eine Art Dash-Button. und in dieser Zeit werden halt diese ganzen Desktop-Monster, nenne ich sie mal, werden halt ein Stückchen weniger wert. Ja, sozusagen das ganze Thema CRM und Interfaces wird immer wertvoller nach vorne raus und in diesem Bereich ist halt Amazon sicherlich deutlich weiter weltweit als ein Zalando. Ich glaube, das, was Zalando macht als Marktplatzstrategie, geht halt in zwei Richtungen. Auf der einen Seite richten sie sich an die Hersteller und Vertikalen, die online einfach noch viel weiter weg sind, an die Ikeas des Fashion-Handels, den sie da als Steigbügelhalter noch so ein bisschen in die Online-Welt halten. Auf der anderen Seite, und das merkt man, finde ich, auch in den Unterlagen, versuchen sie deutlich technologiegetrieben da in dieses Interface-Geschäft reinzukommen, viel mehr zu investieren in die Personalisierungs- Die Funktion der Plattform, das ist nicht einfach, weil man da Vorreiter sein muss. Da reicht es quasi nicht, Sachen zu kopieren. Zalando ist mittlerweile in den größten Orten angekommen, wo man sehr, sehr innovationsgetrieben und sehr, sehr progressiv neue Sachen ausprobieren muss. Da kann man jetzt nicht mehr Best Practices aus Asien nehmen oder aus den USA und auf der Plattform. implementieren. Deshalb fällt für mich so ein bisschen dieses Urteil aus. Ja, sie stehen gut da. Sie stehen gut da, weil sie in den letzten fünf, sechs Jahren einfach einen super Job gemacht haben. Einen einzigartigen Job sicherlich in Deutschland. Habe ich jetzt eine super positive Prognose nach vorne raus? Nee, eher nicht. Da fehlt mir noch so ein bisschen der Nachweis an der einen oder anderen Stelle. Ich glaube, sie profitieren enorm davon, dass sie gerade diese Service-Strategie eingeschlagen haben. Also ein bisschen Plattform hier, ein bisschen Steigbügelhalter da. Dieser Markt ist ja riesig, da kann man, glaube ich, nochmal in den nächsten drei, vier Jahren gut Kohle mitnehmen. Aber mir fehlt so ein bisschen die Kreativität im Endkundenzugang, muss ich fairerweise gestehen. Also da finde ich sie irgendwie nicht pfiffig genug zurzeit.

Jochen Krisch: Ja, aber das meinte ich ja, mit zwei Jahren sackt noch nicht so viel aus. Da sind sie nicht über dem Berg. Aber ich glaube, die Herausforderung haben sie und die sehen sie aber auch. Und das wird ja jetzt, das wird in den nächsten zwei, drei, vier Jahren passieren oder sich entscheiden. Aber ich sehe einfach die Offenheit. Ich sehe da nicht irgendwie eine Borniertheit oder dass man sagt, bestimmte Dinge gehen uns überhaupt nichts an und die wollen wir überhaupt nicht sehen, die ich durchaus bei dem einen oder anderen im Markt sehe. Das ist ja nicht im Modebereich. Und solange das da ist, glaube ich, ist man chancenorientiert unterwegs. Und klar, den Nachweis konnten sie ja noch nicht bringen. Ich glaube aber, vor fünf Jahren hätte man auch noch nicht sich zugetraut, können zu sagen, Zalando ist jetzt gesetzt als ein Player im Markt. Also da gebe ich immer ein bisschen mehr Vorschuss.

Alexander Graf: Was ich hier nochmal ganz, ganz prominent sagen möchte, weil es immer wieder vorkommt, dass dieses Argument kommt, Zalando ist profitabel schon seit mehreren Jahren. Ich erlebe es tatsächlich immer wieder von Marktteilnehmern, oft aus dem stationären Umfeld, die mir dann, wenn man über Zalando, About You oder andere Plattformen spricht, sagen, ja, aber Herr Graf, das ist doch alles nicht profitabel, oder? Und damit möchte ich hier ein für alle Mal aufgeräumt wissen. Das ist ein sehr profitables Business.

Jochen Krisch: Zalando ist sogar, wenn man jetzt an die Börse denkt, zu profitabel. Die haben die Börse zum Teil verwöhnt und leiden jetzt darunter, dass die Kurse wieder einbrechen, weil sie jetzt eben wieder investieren müssen und das Geld eben in genauso Themen fließen lassen müssen. Fängt von Logistikstruktur an, was jetzt eher so Basics sind, aber auch in Innovationsprojekte und Innovationsthemen. Und das ist ja im Prinzip auch immer, wo Amazon geschickter unterwegs ist, weil sie die Börse nie verwöhnt haben. Jetzt müssen sie zum Teil Gewinne ausweisen, weil sie bestimmte Standbeine haben, die einfach sich gar nicht mehr anders verschleiern lassen. Aber das Geld in Projekte investieren zu können und da wirklich Dinge ausprobieren zu können, das ist schon auch viel wert. Und man sieht aber auch, alles, was Zalando bisher übernommen hat, das haben sie auch alles aus dem Cash-Bestand übernommen. Also die sind inzwischen auch in Dimensionen, wo sie auch größere Übernahmen stemmen können. Und ich würde sie eben auch in ganzen Interfaces und in Themen, das wären für mich eher Übernahmethemen. Ist es aber auch bei Amazon und bei vielen anderen Techplayern auch so, also entweder, dass man Teams übernimmt oder dass man Technologie übernimmt. Ich glaube, man muss nicht so kreativ sein, dass man das alles selber erfindet, sondern man muss diese Grundoffenheit auch haben. Und ich glaube, das hat sich auch bei Zalando geändert. Früher wollten sie immer alles am liebsten selber machen, alle Systeme selber entwickeln, alles von Grund auf neu zu machen. Inzwischen sind sie auch auf dem Punkt, dass sie sagen, nee, Wenn es irgendwas gibt, was zu uns passt, dann übernehmen wir das auch entsprechend und versuchen das zu integrieren.

Joel Kaczmarek: Ja, die Börsenfrage wollte ich uns auch gerade gestellt haben, weil es war ja jetzt so, man hat Zahlen rausgegeben, prompt ging die Aktie in den Keller, weil genau der Faktor eintrat, den du gerade beschrieben hast. Man ist so wenig so profitabel gewachsen, wie man es gedacht hat, also minimal schlechter, aber immer noch sehr, sehr gut. Ist das so ein bisschen so eine Gefahr, dass irgendwie zum Beispiel jetzt Player wie ein About You oder ein Amazon einfach gerade derzeit schneller wachsen?

Jochen Krisch: Also Börse ist wirklich Stimmungsbarometer. Und Zalando war ja so aufgebläht in den letzten Wochen und Monaten, weil sie wirklich über die Jahreszahlen und über bestimmte andere Entwicklungen im Markt extremes Zutrauen da war. Aber wenn man mal wieder nüchtern betrachtet, Faktor wie viel kann denn ein Zalando bewertet sein? Also Faktor zwei, Faktor drei oder noch mehr. Und zum Teil waren sie jetzt schon in Richtung Faktor zweieinhalb bestimmt bis drei. Also sind jetzt eher wieder auf einem Maß, wo sie immer noch gut bewertet sind, also Modehändler sind ja ohnehin gut bewertet an der Börse, aber man darf es nicht so sporadisch nur betrachten, sondern man sollte sich dann schon mal immer wieder vor Augen führen, wo liegt eigentlich so das Level, was dem natürlichen Wachstum entspricht und wo ist quasi der Kurs dem weit, weit vorausgeprescht und das wird natürlich jetzt wieder eingefangen. Das wird dann gleich immer hochgekocht, als ob da jetzt Untergang von Zalando vorstehen würde. Witzigerweise, Amazon hat gerade so eine Phase, wo egal was kommt, alles immer nur gut bewertet ist, aber Amazon ist in einer ähnlichen Situation. Also sie sind extrem, in Anführungszeichen, überbewertet, wenn man sich mal die Kursentwicklung zur Umsatzentwicklung anguckt und auch da kann es wieder Rückschläge geben und deswegen wird auch Amazon nicht untergehen. Also deswegen bin ich da immer so ein bisschen hin und her gerissen, was so diese Börsensicht angeht. Ich finde, Zalando hat einen guten Job gemacht. Sie haben versucht, auf dem Kapitalmarkttag zu erklären, warum sie welche Wachstumsstrategie fahren und wie sie das angehen wollen. Aber die Analysten haben nur gehört, weniger Gewinne als erwartet und mehr Investments als erwartet. Das ist wohl jetzt erstmal nicht so, wo wir investieren wollen. Und das sind halt die beiden unterschiedlichen Sichten.

Joel Kaczmarek: Ich sehe das ähnlich wie du, deswegen finde ich es wichtig, auch immer mal dieses Grounding, dieses Zurück-auf-die-Erde-Holen im Thema Börse zu machen. Hat man jetzt auch gerade gesehen mit Blue Apron und Amazon, dass da irgendwie so eine Aktie gleich irgendwie total in den Keller gesenkt wird, weil man jetzt der Meinung ist, jetzt würde Amazon um die Ecke kommen, alles kaputt machen und mit einem Mal ist jedes Investment in Logistik etc. vergessen. Lass uns doch mal so ein bisschen auf About You gucken, als ein Referenz-Vergleichsmodell. Die sind ja jetzt vom Umsatz schon noch deutlich kleiner als ein Zalando, punkten aber derzeit einfach durch sehr, sehr smarte, intelligente Wege, wie sie das Geschäft angehen, sehr technologieorientiert. Ich habe so das Gefühl oder die Wahrnehmung gehabt, dass es eigentlich zwei Faktoren gab, die About You zum Beispiel Zalando stark voraus hatte, wo ich sagen würde, das hatte Zalando sogar teilweise verschlafen, also ein paar der wenigen Dinge. Das eine war so der ganze Faktor Personalisierung und das andere war der ganze Faktor Plattform. So Plattform haben sie ja nachgezogen, Personalisierung nimmt zu, aber ich teile da irgendwie Alex Meinung, ich finde gerade was so im Mobile passiert bei Zalando noch nicht so spannend. Also ich gestehe dem zu, dass das ausprobieren ist und ich finde sowas auch richtig gut, dass man das als großes Unternehmen sich irgendwie zutraut oder erlaubt zu sagen, wir machen da mal irgendwie den ein oder anderen Versuchsballon. Trotzdem, wie verortet ihr denn zum Beispiel ein About You jetzt im Vergleich zu einem Zalando?

Alexander Graf: Ich war Otto Mitarbeiter und war quasi in diesem Kick-Off bei About You beteiligt, deswegen fühle ich mich da so ein bisschen befangen. Für mich ist halt der große Unterschied, dass ein About You mit Tarek und Betz einfach nochmal ein komplett anderes Gründersetup hat und die natürlich dadurch, dass sie jetzt noch in so sehr, sehr, sehr, sehr krassen Wachstumsumfelden unterwegs sind mit einer Incentive-Struktur, die sie dazu auch bietet, antreibt, nochmal ganz andere Dinge live bringen kann und nach vorne bringen kann, als das in Zalando könnte. Zalando ist einfach schon ein Konzern, das muss man fairerweise auch so sagen. Deswegen sind die Dinge, die da aus dem About-You-Umfeld kommen, oft so ein bisschen knackiger und spannender und die passieren auch nochmal ein halbes Jahr schneller, als das bei Zalando passieren kann. Das liegt aber an der Orga-Struktur. Ich finde, diese Influencer-Strategie, die hat sich, glaube ich, About You sehr, sehr hart erarbeitet und das sieht man auch bei Boohoo, dass das gut funktioniert. Da halte ich relativ viel von. Ich glaube, dass man da noch eine ganze Menge mit machen kann. Ich glaube, dass man da auch noch viel mit neuen Marken irgendwie sehen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Vergleich Zalando versus About You immer so trägt. Die sind teilweise auch in verschiedenen Segmenten unterwegs. Aber wie gesagt, ich bin da so ein bisschen befangen. Die sind aber beim Umsatz einfach noch nicht bei Weitem, nicht auf der Größenordnung wie in Zalando. Wenn sie aber in den nächsten zwei, drei Jahren noch weiter in den Quoten wachsen, dann wird quasi dieser Vergleich auch irgendwann angemessen.

Jochen Krisch: Ich würde auch sagen, der Vergleich ist auch, im Grunde ist er sehr unfair, von der Größenordnung, von der Ausrichtung, von allem. Ich glaube ja sehr daran, dass jeder dann in dem, dass der Modemarkt groß genug ist und dass jeder seinen eigenen Weg finden muss. Und ich schätze About You sehr als Impulsgeber für vieles, was jetzt in der Branche passiert. Sie kommen jetzt und mich freut, dass sie langsam in Dimensionen reinkommen, wo sie dann selber agieren können. Aber sie sind durchaus auch am Rotieren. Also sie müssen auch eine Mobile-Strategie finden. Die sind da auch sehr schnell immer wieder quasi im Jahrestakt neue Ansätze und erst mal das Web-Angebot auf mobil und jetzt aber mobil und dann quasi Web ist nur mehr Wird nachgezogen in dem Bereich, aber auf jeden Fall eines der pfiffigsten Teams und wirklich die, die die Mode und diese ganzen Themen anders denken und die auch sehr in diesen ganzen operativen und Fachthemen drin sind, also sprich Marketing, die ganzen Themen und da versuchen irgendwie andere neue Themen zu gehen. und was sie… sehr smart gemacht haben und das wird eigentlich jetzt deutlich, dass sie ja quasi Otto als Vehikel genutzt haben. Sie haben da ihre 100, 200, 300 Millionen Kapital bekommen, haben das jetzt so aufgebaut, dass es sich, also dass es zumindest mal überlebensfähig ist, sage ich jetzt mal so und haben jetzt, oder sagen wir mal, sie haben nicht Otto dazu gebracht, sondern jetzt ist auch Otto soweit. dass man bereit ist, externes Kapital reinnehmen zu können. Und das ist jetzt spannend für About You, weil sie ähnlich wie ein Zalando, wenn man in Richtung Milliardenumsatz gehen möchte, braucht man schon enorm viel Kapital, um das hinzubekommen. Also die Frage ist, ist das Kernkonzept so, dass es sich trägt? Die Chance ist zumindest höher als 50%. About You ist auch ein sehr junges Unternehmen und kann man jetzt mit zusätzlichem Kapital solche Strukturen schaffen, sodass man dauerhaft einen relevanten Player aufbauen kann.

Alexander Graf: Ich glaube, man muss auch mal ein bisschen auf den Markt gucken. Der Markt in Deutschland, da bin ich ganz sicher, dass die letzten Zahlen sind, weil wir reden hier über 60 Milliarden sozusagen Textilbekleidungsumsatz. Da ist ja schon einiges an Geld drin und der größte Teil quasi dieser Transaktion findet noch stationär statt. Das ist halt ein Bereich, der aus meiner Sicht ganz, ganz klar Richtung Online kippt. Da sind About You und Zalando sehr weit vorne dabei, da viel mitzunehmen. Ich habe hier ganz parallel hier bei Spiegel, hat jetzt die Meldung aufgeploppt, dass Galeria Kaufhof der Warenkreditversicherer da 80% quasi gekürzt hat. Das ist ja nur eine Frage von Zeit. Also ich glaube, wir erleben hier in den nächsten zwei, drei Jahren erleben wir noch da eine erhebliche Bereinigung am Markt und Da mache ich mir keine Gedanken, dass da About You auch zu einem Milliardenplayer wird. Und die müssen sich sowieso dann von Zalando nochmal abheben. Wobei man da ganz klar auch, glaube ich, beim Thema Internationalisierung, Markenaufbau, welche Rolle spielen sie als Dienstleister für Marken nach vorne hin? Da wird man dann so ein bisschen schauen müssen, wohin da die Reise geht. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es bestimmte Marken irgendwann einfach nur auf Zalando, nur About You gibt, wenn es diese beiden Plattformen sind, die sich in diesem Bereich dann irgendwie durchsetzen. Also da ist glaube ich noch extrem viel Luft, da bin ich mir nicht ganz sicher, ob der Vergleich heute so richtig ist, sondern da muss man einfach mal auf Spiegel Online gehen und sich durchlesen, warum da der Warenkreditversicherer bei Kaufhof gesagt hat, nee, weniger Geld.

Joel Kaczmarek: Na, ich möchte natürlich so ein About-Uber gerne auch als Brücke nutzen für das ganze Thema Plattform. Weil, haben wir ja schon festgestellt, About-Uber das stark forciert, Amazon setzt ja auch stark auf Plattform, Marktplatzgeschichten, aber auch das ganze Fulfillment. Zalando hat das stark nachgezogen und macht ja da ganz, ganz viele Sachen. Also das geht ja los über irgendwie Advertising-Geschichten, Produktfotohilfe, Analytics, das ganze Order-Fulfillment, Marktplatz an sich per se, selbst solche Sachen wie irgendwie Pick-up und Drop-off, also dass man irgendwie sagt, ich binde den stationären Handel im Sinne von lokaler Belieferung mit ein. Wie seht ihr da gerade die Schwerpunkte bei einem Zalando? Was glaubt ihr werden da so die Hauptpunkte sein, auf die man sich in dem Blick fokussieren wird?

Jochen Krisch: Also A sind es erstmal alles relevante Themen. Man muss alles in alle Richtungen ausprobieren. Das ist natürlich, macht das alles sehr komplex und sehr schwierig. Aber im Grunde für mich bei allen Themen geht es eigentlich immer A um die Kundenausschöpfung. Was kann man den Kunden alles bieten? Und man sieht das jetzt ja durch den Start des Loyalty-Programms, dass sie eigentlich jetzt auch in die Richtung gehen und einfach dann auch da von den Kunden was zahlen lassen für Premium-Services, welcher Art auch immer. Und das ist jetzt so ein Grundstock ist jetzt gelegt. Das ist ausbaufähig. Und das andere ist natürlich zusätzliche Erlösströme sich sichern. Und ich finde, das hat Amazon vorgemacht wie kein anderer, dass man halt nicht nur durch Handelsumsätze gut und reich werden kann, sage ich jetzt mal, also sich stabilisieren kann, sondern dass man sich da unterschiedliche Geschäftsfelder und Säulen aufbaut. Und man muss dann sehen, also ich fand das interessant, jetzt im Kapitalmarkttag haben sie ja durchaus auch gesagt, was sind so lukrative Standbeine und was sind weniger lukrative Standbeine. Fulfillment by Zalando zum Beispiel ist kein lukrativer Standbein, gehört aber dazu, weil es teilweise der Hebel ist, um andere Dinge dann zu ermöglichen, also um bestimmte Marken reinzubekommen und Themen überhaupt erst angehen zu können. Andere natürlich, wie die Brand Solutions oder die Advertising-Geschichten, sind natürlich hochlukrativ. Und gerade auch die Partnerschaften, die sie da eingehen mit ProSiebenSat.1, jetzt in dem Fall ist die Kombination ja drinnen. Also ich glaube, da haben sie auch die Chance, dann wirklich den ganzen Googles und Facebooks zumindest ein bisschen was abzuknapsen. Das wird jetzt nicht in die Liga erstmal gehen, aber man sieht ja gerade an Amazon, was das konkrete Kaufinteresse für ein starker Hebel ist. Also wenn die Leute halt nicht mehr allgemein suchen, sondern schon konkret wissen, wo sie hingehen oder wissen, was sie wollen, dann hat man halt wirklich als jemand, der dann an Werbepartner herantreten kann und das vermarkten kann, hat man halt sehr schöne Hebel. Und wo Zalando noch vergleichsweise schwach ist oder wo sich eigentlich entscheidet, ist, ob man den Mobilsprung schafft oder, wie Alex das ausdrucken würde, in die ganzen anderen Geräte und Sprachsteuerung oder was auch immer. Aber das ist jetzt nochmal perspektivisch betrachtet. Ich glaube, erstmal muss man diesen Grundstock legen und da sind sie auf ganz gutem Wege.

Joel Kaczmarek: Ich finde, die haben ja auch vor allem im ganzen Bereich Logistikkompetenz eigentlich sehr viel investiert. Also ich würde behaupten, das ist so eine der Stärken, die ich bei einem Zalando sehe, dass man da auch sehr viel Mutiges macht, sehr viele moderne Konzepte austestet. Und das ist, glaube ich, vielen, die so neutral als Nutzer vielleicht mehr, denn jetzt als Analyst auf den Markt gucken, gar nicht so bewusst, auch bei einem HelloFresh. Also wenn man sich mit einem Dominik Richter unterhält, wird er einem wahrscheinlich auch sagen Wann immer Rewe erzählt, sie machen jetzt kleine Rezeptbücher, die sie rausgeben, sozusagen wird HelloFresh wieder der Abgesang gestartet. Da merkt man ja manchmal gar nicht so von außen, was da an Logistik hinter steckt. Und aus der Sicht finde ich das eigentlich ganz konsequent zu sagen, das gieße ich in den Service rein, in eine Plattform und, und da hast du ja recht, gehe dann irgendwie auch noch den Weg,auf dem Wege auch noch andere,weitere Partner anzudocken,dass das sozusagen meine Tür ist,eigentlich eine Entwicklung zu refinanzierenund gleichzeitig zu nutzen,um mir neue Umsätze zu erschließen. Ich habe gestaunt bei diesem ganzen Thema stationär,dass man da so mutig denkt,Sachen mit irgendwie Drop-Offund irgendwie die Händler packen,die Pakete von Zalando zu machen. Da wird es für mich wirklich abstrakt. Da staune ich, wie weit man da denkt. Und das ganze Thema Marktplatzist ja eigentlich sehr, sehr naheliegend ansonsten. Aber Alex, was denkst du noch dazu?

Alexander Graf: Ja, also ich fand das Thema, dass stationäre Händler jetzt Pakete packen, eigentlich nicht so abstrakt. Ich fand das eigentlich ziemlich doof von den stationären Händlern, aber da hat jeder seine eigene Meinung. Ich bin ja beim Thema Plattformstrategie, aber ich schreibe da ja öfter drüber und sage halt ganz klar, am Ende des Tages geht es darüber, den Kundenzugang zu besitzen und diesen Kundenzugang weiter zu vermieten. Und so bewerte ich auch Plattformen. Also ich würde auch Amazon und auch ein Zalando, eine About You danach bewerten, wie schnell sinkt die Abhängigkeit vom Handelsumsatz. Handelsumsatz, also Ware irgendwo kaufen, einsortieren, weiterverkaufen. Sozusagen je geringer diese Abhängigkeit ist, desto größer ist für mich die Zukunftsfähigkeit der Plattform. Ich finde, da ist Zalando noch nicht sehr weit. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass dieses ganze City-Logistik-Geschäft, was jetzt durch Amazon Fresh sicherlich in der Presse getrieben wird, aber Auch andere so ein bisschen pushen wollen, dass das nochmal das Spiel verändert, weil damit das ganze Streckengeschäft, was ja Hermes und DL heute dominieren, komplett über den Haufen geworfen wird, weil die Kundenerwartung dann tatsächlich dieses innerhalb von einer Stunde, zwei Stunden liefern ist und dann brauchen wir diese ganze Infrastruktur, die Hermes und DL heute haben. nicht mehr so in dieser Form. Da wird sich noch einiges verändern, aber grundsätzlich finde ich total gut, wenn alles, was Zalando tut, um den Kunden an sich zu binden, möglicherweise auch ein bisschen Marge abzugeben, weil dann der Kunde selber was beim anderen Händler abholt. Das ist gut, weil Sie damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass auch der nächste digitale Interaktionspunkt auf dem Zalando-Ökosystem stattfindet und Sie wieder in der Lage sind, diesen Kunden dann zu verkaufen. In welchem Service auch immer, ob das dann ein Logistik-Service ist oder tatsächlich, ob der Kunde dann in den nächsten Laden geht oder ob das ein Datenpunkt ist, den Zalando sammelt, um diesen dann an eine Marke zu verkaufen, um der Marke dann zu erklären, hey, folgende Styles gehen bei dir total gut, du solltest in der nächsten Saison in diesem Bereich was entwickeln. Also das finde ich sehr, sehr gut, aber ich finde, in den heutigen Zahlen ist dieser Nicht-Handelsumsatz noch sehr gering widergespiegelt.

Jochen Krisch: Ja, aber das zwei Jahre. Also das ist wirklich, ich stimme dir voll zu. Ich wollte vorhin gerade was bei About You sagen. Man muss sich vorstellen, die haben schon 45 Prozent Marktplatzumsatz in dem Bereich. Da ist Zalando weit, weit, weit, weit weg davon. Aber wie gesagt, vor zwei Jahren gestartet und jetzt gerade mal so die Grundstruktur gelegt. Also da gebe ich Ihnen noch die Zeit. Also da glaube ich, ich sehe niemand anderen, der in deine Quere kommen sollte, jenseits von Amazon. Und Amazon halte ich jetzt, die haben andere Themen und Schwerpunkte. Also ich glaube nicht, da hat Zalando noch genügend Zeit in dem Bereich. Was ich vor allen Dingen, was ich Zalando so gut erhalte in den ganzen Bereichen ist, dass sie adaptieren und nicht kopieren. Da habe ich hohen Respekt dafür, weil das zeigt für mich auch, da ist Innovationsfähigkeit und Mitdenken dabei. Und ich glaube, die Faktoren, die du angesprochen hast, Alex, Die sind der Hintergrund. Kundenzugang, also ich brauche kein Zalando Z oder Prime-Programm für Zalando, brauche ich nicht, wenn ich ohnehin kostenlos hin und rück versende, aber ich binde die Kunden eben stärker ran und kann das auch öffnen für andere Partner, wenn ich will, wenn ich eine gewisse Größenordnung erreicht habe. Also das sind alles Themen, finde ich, die Sinn machen, die smart angegangen werden.

Joel Kaczmarek: Ja, ich finde, man muss auch sagen, die Konsequenz, mit der man das macht und die Vielschichtigkeit. Das ganze Plattform-Thema ist eigentlich relativ basisch, also grundlegend Inventory-Integration. Also ich hatte mir deinen Artikel zu Schur.de nochmal durchgelesen, das ist ja vergleichsweise spitz, aber dass man sich da teilweise sogar Gedanken macht, was für Systeme haben die, mit denen wir dann irgendwie dafür sorgen können, dass andere Händlerprodukte bei uns in die Plattform Zugang finden. Also da habe ich so das Gefühl, man nimmt das schon sehr, sehr ernst, ja, und auch bei dem Thema Logistik, also ich habe da mal, also wenn man mal so die Nomenklatur sich nur anschaut, was da mittlerweile alles geboten wird, ja, Expresslieferung, Same-Day, Timeslots, Wish-Day, lokale Belieferung, also das ist ja schon, da merkt man sogar in den Bezeichnungen schon, in welchen Vielfalten man da so denkt.

Jochen Krisch: Vielleicht ein Punkt, was wir nicht unterschätzen, aber was wir jetzt noch gar nicht hatten, ist, wie eng Zalando mit den Startups zusammenarbeitet. Das sind meistens unterschiedliche Startups in unterschiedlichen Städten, die man alle testet, mit denen man alles macht. Und was wir nicht angesprochen haben, Sie haben ein offizielles Programm, auch noch Zalando Build, nennen Sie das, im mobilen Bereich, wo Sie alles an Service-Startups im Prinzip ansprechen und integrieren wollen in Ihre mobile Anwendung irgendwann mal. Also auch diese Verbindung mit der Startup-Szene und Zig-Programme und Veranstaltungen und alles, was Zalando da macht, das sind alles potenzielle Unternehmen, die Zalando übernehmen kann. Und wo sie dann eben nicht was von Grund auf aufbauen können, sondern wo sie sagen, den Logistik-Service, den wir am spannendsten finden, den kaufen wir uns halt dann auch. Und dann haben wir halt das selbst im Haus und können das auch wieder als Service entsprechend vermarkten. Also da sind sie auch nach wie vor sehr stark und das läuft so ein bisschen unterm Schirm, weil das ist natürlich nicht börsenrelevant und in der Szene wird es auch nicht so breit getreten. Aber wenn man mal auf diese Meldungen achtet und sieht, auch international, das sind teilweise nicht nur deutsche Unternehmen, sondern es sind Logistikunternehmen, die dann in Frankreich nur sind oder in Skandinavien. All die testen sie alle, mit denen allen arbeiten sie sehr frühzeitig und sammeln da eher Erfahrung. Also hochspannend aus meiner Sicht.

Joel Kaczmarek: Ja, vor allem wie vergleichsweise günstig die das auch schaffen. Also die Preise, die man dafür zahlt, sind ja teilweise gar nicht so hoch. und ich finde Zalando ist einer der wenigen, der, wenn er Akquisitionen tätigt, das auch so tut, dass er Know-how kauft und auf die Bestandsplattform appliziert und nicht immer nur auf Teufel komm raus Neugeschäft kauft oder neue Umsätze. Also es ist was, was ich irgendwie ganz, ganz spannend finde. Und wenn man das dann paart mit diesem riesigen Zufluss an Techies, die sich da bauen, sei es jetzt in Dortmund, in Portugal oder weiß weiß ich wo noch, das ist schon irgendwie, ich will nicht sagen verrückt, aber es ist schon hoch respektabel, mit welcher Konsequenz man da vorgeht. Ich hatte auch mal irgendwie auf einer längeren Reise jemanden, der diesen ganzen Prozess, allein der Auswahl, wonach Zalando guckt, an welchem Standort das Techcenter aufmacht, geht. Also was da für Variablen bedacht werden, das ist schon irgendwie schwer beeindruckend, finde ich ganz persönlich. Wollen wir nochmal ein, zwei Sätze zu Amazon vielleicht ein bisschen vertiefend sagen, weil die haben wir jetzt relativ grob abgebügelt. Wir haben nur gesagt, Fashion bisher nicht so stark, haben ein bisschen den US-Markt angeguckt. Es ist ja schon durchaus so, dass Amazon jetzt halt was E-Commerce angeht in Deutschland sowieso führend ist und insgesamt einfach sehr viel darüber bewegt. Ist Amazon für Zalando jetzt eigentlich nur jemand, den man im Blick haben sollte, weil er irgendwie groß ist und irgendwie viel, viel Impact hat? oder gibt es irgendwie noch andere Faktoren, wo ihr sagen würdet, da ist irgendwie ein Amazon besser oder vielleicht auch schlechter aufgestellt, mal so im reinen Vergleich?

Alexander Graf: Wenn es bestimmte Produkte gibt im Fashion-Bereich, ich kaufe jetzt nicht so viel, sieht man auch mal in den Podcasts, ich trage immer irgendwie Naketano-Shirts und manchmal so Carhartt-Hosen. Wenn ich dieses Sortiment auf Amazon gäbe, in meinen Größen, würde ich es da kaufen. Also ich wüsste nicht, warum ich das woanders kaufen sollte. Insofern muss Zalando vor mir als Kunden möglicherweise Angst haben, weil ich mein Prime-Abo so erlegen bin. Aber grundsätzlich, und das hat ja quasi der Markt bewiesen, das hat ja auch Amazon bewiesen, verkauft sich Mode ja ein bisschen anders als diese sozusagen Low-Envolvement-Produkte und da hat Amazon heute noch keinen Zugang gefunden. Fairerweise, auch wenn sie möglicherweise im Gesamtumsatz über das Thema Textil und Bekleidung, wie auch immer man das zusammenzählt und auch auswärtig, vielleicht sogar größer sind als Zalando in Deutschland. Davon muss man also schon mal Angst haben. Sie sind also ein respektabler Player. Sie kriegen das halt nur nicht richtig umgesetzt in diesen Einzelsortimenten. Und wenn man mit den Marken redet, da ist ja mittlerweile auch so, dass sie sich selber Gedanken machen, wie kriegen sie den Kundenzugang, kontrolliert und mit welcher Plattform arbeiten sie langfristig zusammen. Da muss man fairerweise sagen, macht Amazon einfach einen extrem schlechten Job. Also ich kenne keine Marke, die gerne mit Amazon zusammenarbeitet. Das ist einfach sozusagen einfach die am wenigsten schlechteste Alternative für viele momentan. Und darin liegt, glaube ich, auch die Chance für den Zalando und About You. Keine von den Marken will mit Amazon zusammenarbeiten. Amazon kriegt im Fashion-Bereich nachgewiesenermaßen nichts auf die Reihe. Warum das so ist, ist, glaube ich, eine eigene Podcast-Ausgabe wert. Aber Amazon ist in vielen anderen Bereichen so stark, dass sie mich als Kunden natürlich jetzt, ob das ein Amazon Prime ist oder Amazon Instant Video oder sonstiges Service, so stark binden, dass wenn es mein für mich relevantes Angebot dort gibt, wäre ich auch bereit, die Warenkörper dorthin zu transferieren.

Jochen Krisch: Also ich glaube auch, die Sichtweise, muss man vor Amazon Angst haben oder nicht, das ist ohnehin schon eine falsche. Weil entweder ein Unternehmen ist so selbstbewusst und sagt, wir haben ein Angebot für unsere Kunden, das uns attraktiv macht und arbeiten dann daran und bauen das aus. Dann ist das der Weg. Alles andere ist ohnehin schon schwierig. Und das haben wir ja jetzt lange durchdeknelliert. Das hat Zalando. Der Markt jenseits von Amazon, sprich im stationären, ist so riesig, die müssen sich nicht in die Quere kommen, wenn sie nicht wollen. Was Amazon natürlich immer spannend macht, ist als Inspirationsquelle. Und das ist einfach eindrucksvoll, was da kommt, was ich durchaus auch finde, was im Modebereich kommt. Da kommt ein Eco-Look, da kommt ein Prime-Wardrobe, da kommen solche Angebote und die sind alt. Das finde ich das Faszinierende. Das ist neu gedacht. Kann man auch nicht sagen, dass die Kunden jetzt darauf gewartet hätten. So ist es auch nicht. Aber das ist wirklich toll, einfach zu sehen, wie da jemand komplett außerhalb der Branche kommt mit Dingen, über die die Branche auch nicht spricht und nicht gesprochen hat, bevor Amazon da mit nichts gekommen ist. Und das ist, aber das sehe ich eher im Positiven als Inspirationsquelle, aber das würde ich im Grunde von jedem erwarten, der eigentlich online aktiv ist und jetzt auch sieht, wo geht die technologische Entwicklung hin, wo geht auch die Kundenentwicklung hin. Du hast es angedeutet, Millennials und die, die danach noch kommen, die noch mobiler aufgewachsen sind. Also da kommen einfach Kunden, Zielgruppen nach, die ganz andere Bedürfnisse, Erwartungen haben. und wenn man das antizipieren kann … dann ist man auf dem richtigen Weg. Und da steht Amazon selbst vor einer Herausforderung. Also sie sind natürlich jetzt auch 20 Jahre alt und haben ihre Erfahrungen mit den E-Commerce-Einsteigern eigentlich gesammelt. Die müssen sich vermutlich auch immer wieder motivieren. Und man sieht aber auch, was die gerade an, ich nenne sie ja immer gerne Shopping-Welten, auf den Markt bringen. Spark jetzt gelauncht oder ihr Interesting Finds haben sie als Angebot. Also wo sie auch versuchen, andere visuellere Ansätze zu fahren, wie man Produkte präsentiert und einfach aus der Althergebrachten, der, der das gekauft hat, interessiert sich auch dafür, denke herauszukommen. Das hat damals Meilensteine gesetzt, ist sicherlich jetzt nicht mehr so das State-of-the-Art-Ding und da ist selbst Amazon im Zugzwang. Also deswegen sehe ich das auch nicht so in einer 1-zu-1-Wettbewerbssituation, sondern sehe das eher, wer entwickelt sich mit dem Markt und mit den Möglichkeiten mit und da eigentlich weiterhin die Dynamik zu bewahren, das ist die große Herausforderung.

Joel Kaczmarek: Wobei ich muss ja sagen, ich finde ja da Amazon irgendwie noch nicht so erfrischend. Also auch so ein Ecolog oder das Prime Wardrobe, das ist schon ganz interessant, aber das ist ja jetzt noch nicht irgendwie richtig impactstark. und auch irgendwie von einem Unternehmen wie Amazon würde ich da eigentlich noch viel, viel mehr in der Art erwarten, so ein Stück weit.

Jochen Krisch: Ich finde, es ist spektakulär. Also ich finde das alles den Hammer und wir sind keine Frauen. Also man muss das immer so ein bisschen aus Frauensicht betrachten. Und Amazon ist auch kein Frauenunternehmen. Also was bieten die Frauen schon jetzt? Im Grunde nichts. Und jetzt geht es aber darum, das den Frauen auch zu vermitteln, dass man wirklich da seine Shopping-Leidenschaft auch frönen kann und das nicht nur als nützlichen Service zum Einkaufen sieht. Also ich habe da eine ganz andere Meinung. Also für mich war das eine Offenbarung. Ecolook ohnehin. Und auch diese anderen Echo-Anwendungen, die jetzt mit Bildschirm kommen, unheimlich. Ich bin ein großer Prime-Wardrobe-Verfechter, wenn ich sehe, was da alles an zusätzlichen Möglichkeiten da ist. Also an Service für den Kunden, aber eben auch an Integration von Partnern. Also ich finde das schon spektakulär. Also es macht jetzt nicht so viel her im Sinne von, keine Ahnung, Design oder Anmutung und diesen Themen. Das vielleicht nicht. Da ist jetzt Amazon ja auch nicht das Coolste. Also es wird auch nie ein Apple werden in den Geräten und allem, was da kommt. Aber das ist schon ein Riesenschritt nach vorne, den Amazon da auch gemacht hat, gerade in der Modewelt.

Joel Kaczmarek: So, wenn wir jetzt schon über eine Stunde über Zalando reden, ein Thema müssen wir noch abgrasen. Alleine, weil Jochen da wie ein Wiesel, ein Trüffelschwein die ganzen Marken immer ausgegraben hat. Mobile, finde ich, bei Zalando. Sollten wir auch nochmal ein, zwei Sätze sagen. Da hat man ja einerseits die Zalando-App, mit der sie arbeiten. Und dann haben die ja wirklich, wir haben es ja schon angedeutet, einzelne Testballons, Produktausrichtungen, die man da startet. Also Wenn man es so richtig mitgekriegt hat, ist so Movement gerade diejenige, die da am stärksten mit oder die beste Positionierung anscheinend genießt bei Zalando. Oder ZipCard war noch so ein Thema und Fleek. Also ZipCard war ja der Gedanke, dass man bei so einer Art Händlersuche hat, wo es welche Produkte gibt und die man sonst auch bestellen kann. Fleek ging so in die Richtung Fashion-Blogger und Blog-Inhalte sich täglich zur Inspiration zukommen lassen. Und bei Movement musste mir, ich sag mal, helfen, Jochen, was war da nochmal die Ausrichtung?

Jochen Krisch: Da ist direkte Anbindung an den Hersteller. Also es ist als Marktplatz zum einen konzipiert und direkte Anbindung der Hersteller. Wobei, da muss man schon sagen, also Movement ist jetzt das, was übrig geblieben ist und so ein bisschen im Ausblick noch drin geblieben ist im Kapitalmarkttag. Über die anderen spricht man nicht mehr so gerne und hat eigentlich auch nie drüber gesprochen. Also die gibt es eigentlich gar nicht. Das waren interne Testballons und wenn sie gut gegangen wären, wären sie groß an die Glocke gegangen werden. Im Prinzip nur, wir haben berichtet darüber, weil wir es halt spannend fanden. Wie macht sich jetzt jemand, wie schafft jemand den Sprung vom Desktop in die mobile Welt? Das hat alles nicht so geklappt. Ich glaube, dass Zalando besser damit fährt, wenn sie gucken, was gibt es am Markt an spannenden mobilen Anwendungen und die dann übernimmt. Das große Manko ist nur, es gibt nichts. Also jenseits von Wish und speziell im Modebereich, es gibt auch nichts, wo du jetzt sagst, das geht so ab, dass man das unbedingt kaufen müsste. Es gibt ein paar so Recommerce-Anwendungen und Marktplätze, aber ja, das muss man auch mögen. Aber dass man jetzt sagt, da kommt eine total neue Shopping-Experience irgendwie in den mobilen Bereich rein, Ich glaube, wenn es da was gäbe, dann wäre Zalando auch einer der Ersten, die das machen würden. Und ihre jetzt neue Strategie im mobilen Bereich ist ja mehr, wir setzen auf die Haupt-App und gucken, wie wir da Services integrieren. Das, was ich vorhin angedeutet habe mit Zalando Build, dass man dann aber eher zum Beispiel Logistik-Services oder Beratungs-Services oder andere, also externe Start-ups und Partner damit mit einbindet. Das ist aber auch aus meiner Sicht eher so eine Notlösung. Alle Unternehmen müssen irgendwann in der Lage sein, neue Zielgruppen mit neuen Anwendungen anzusprechen. Also so wie es auch Facebook im Prinzip gemacht hat. Die haben es selber nicht geschafft, die dann WhatsApp und Instagram übernommen haben, damit sie eben da wieder präsent sind. Ähnlich muss das vermutlich auch bei einem Zalando funktionieren. Ich glaube nicht, dass man selber dann nochmal das komplett neu erfinden kann. Also das ist gerade so der Stand und das ist so gerade nicht Hände und Ei, also irgendwie so ein Zwischenzustand, den man hat im mobilen Bereich. Sie tun unheimlich viel, aber den Durchbruch ist noch nicht da. und ich sehe den Durchbruch auch nicht bei der Standard-App, sehe ich ihn auch noch nicht. Also sie versuchen überall ihr Bestes, aber wer weiß.

Joel Kaczmarek: Ja, aber ich meine, es ist ja durchaus stark an Impact, also was Zalando so kommuniziert, sagen sie ja irgendwie, mobile Nutzer haben zweimal so viele Bestellungen, die Wahrscheinlichkeit, dass er loyal ist, liegt irgendwie 20% höher, also das ist ja schon signifikant und zwei Drittel mittlerweile Umsatz über Mobile, also da rollt eigentlich eine riesige Welle, die man aber anscheinend noch nicht so richtig zu surfen verstanden hat. und Dann hat man ja dieses ganze Thema so Install-Stop, also dass ganz viele Nutzer eigentlich ihr Standard-Set an Apps schon gefunden haben und pro Monat nur noch eine App so in dem Dreh irgendwie installieren. Also das sind ja alles so Themen, also da merkt man, finde ich, wenn die noch an einer Stelle in der Selbstfindung sind, dann wahrscheinlich dort. Aber ich fand das wirklich ganz interessant, dass man dann dieses Testing eigentlich externalisiert über eigene Apps und installiert. Ich erinnere mich, ich glaube, ihr habt es auch in eurem Podcast bei den Exchanges mal diskutiert, da hatte das Marcel so ein bisschen mit Facebook verglichen, aber eher in der Richtung Messenger, dass die halt gesagt haben, naja, bei Facebook hat man es ja teilweise so gemacht, das wurde alles unter einer Haube gebaut, irgendwann wurde es zu groß und dann hat man es externalisiert und hat jetzt diesen Kommunikationsdruck, weshalb es funktioniert, da an Installs zu kommen. Das sind ja auch so Faktoren, die man sich da auch stellen muss. Kollege Graf, wie siehst du das Thema Mobile?

Alexander Graf: Ja, ich bin da nicht so drin. Ich verfolge das immer so ein bisschen von außen und ich sehe auch nicht, was da so richtig Spaß macht. Ich finde es nur ganz amüsant, was es da für neue Ideen gibt. Ich finde, die mobile App ist heute das, was früher der Passformberater auf der Desktop-Webseite war. Also auch viel Aufwand, aber bringt nicht viel bei den meisten. Wobei man halt fairerweise sagen muss, dass der ganz klassische Kanal, also der transaktionale Kanal, ich brauche irgendwie Produkte, finde die und kaufe die, dass da der mobile Weg schon jetzt der führende ist. Aber alles, was darüber hinausgeht, irgendwie Interaktion mit dem Kunden, individuelle Angebote, das ist noch sehr, sehr stark alles im Experimentalstadium. Da kommen jetzt, gut ist wieder meine Sicht, die ganzen neuen Interfaces dazu. Da werden wir auch noch viele neue Experimente sehen, glaube ich. Das ist ganz cool, aber Da so richtig den Durchbruch sehe ich noch auch nicht. Aber ich bin auch heute zumindest, was diese ganzen Zalando-Experimente angeht, fühle ich mich auch nicht als Zielgruppe, als Mann. Und mir fällt es auch schwer, damit rumzuspielen und zu experimentieren. Das ist quasi meine Leihensichtweise. Da ist Jochen, glaube ich, Lichtjahre weiter drin, als ich das bin.

Jochen Krisch: Weißt du, ich bin da mehr die Zielgruppe oder so. Mich interessiert es ja auch mehr auf einer abstrakten Ebene.

Alexander Graf: Du bist da ja Innovator, Kassenzone-Vorbild. Also da warte ich natürlich schon quasi auf den Hinweis im Exciting-Commerce-Artikel, was jetzt abgeht im Bereich Slando Mobile. Und dann gucke ich mir das an.

Jochen Krisch: Ja, da müssen wir gucken. Aber ich glaube auch, wir sind da in einem, die mobile Welt befindet sich in so einem Suboptimum-Zustand. Also wir haben das optimal jetzt erreicht für den aktuellen Zustand. Ich erwarte mir da aber große Durchbrüche. Und ob die jetzt in der Sprachsteuerung oder in den Echo-Look-Geschichten oder solchen Sachen kommen, glaube ich, wir werden andere Devices noch sehen und andere Möglichkeiten. Im Rahmen ist es ausgeschöpft und es ist aber alles sehr schlimm ausgeschöpft. Also die Conversion-Zahlen und alles, die Nutzungsraten. Das ist ja alles schlimmer, als es je war. Also insofern muss da irgendwie noch ein Sprung kommen. Aber da es ja nicht absehbar ist, kommt es halt jetzt darauf an, wer bewahrt sich die Offenheit und wer ist gerüstet, da möglichst schnell dann auch auf diese Züge aufzukommen.

Alexander Graf: Das ist ganz schrecklich, aber naja, sind ja alle data-driven, insofern wird sich schon zeigen, was sich da durchsetzt.

Joel Kaczmarek: Das ist doch quasi ein schönes Stichwort, um langsam mal den Bogen zu schließen. Also ich glaube, wir hatten einen schönen wilden Ritt. Ich glaube, da haben wir auch die operative Exzellenz oder das operative Vorgehen an vielen praktischen Vergleichen abbreiten können. Also wir haben so ein bisschen geredet über die ganzen Filialisten, eher die klassischen Schuhhändler, dann über die Warenhäuser und über die Online-Player. viel über Plattformstrategie gesagt und da dann im ganzen Sog im Kielwasser auch ein bisschen über Fast Fashion, Mobile, Logistikkompetenz. Also ich fand, das war ein sehr, sehr schöner Ritt. Und ja, ich freue mich mit euch beiden schon aufs nächste Mal und danke wie immer, dass ihr euer Wissen und eure Zeit mit uns teilt.

Alexander Graf: Dann geht ihr. Vielen Dank.

Mehr zum Thema

Handelsstrategien

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.