Was ist das beste Shopsystem?
29. Oktober 2021, mit Joel Kaczmarek, Alexander Graf, Jochen Krisch
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Intro: digital kompakt. Heute aus dem Bereich E-Commerce mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek, Alexander Graf und Jochen Krisch. Los geht's.
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und habe wie immer die charmanten E-Commerce-Granden Jochen Krisch von Exciting Commerce bzw. K5 und den lieben Alexander Supergraf Graf an Bord von Kassenzone bzw. Spryker. So, und heute muss der Kollege Graf mal die Hosen runterlassen. Wir sprechen nämlich über Shop-Systeme. Was heißt das? Wir wollen nachspüren, was bedeutet das eigentlich für Händlerinnen und Händler? Das heißt, welche Lösung ist wann geeignet? Was bringt denn das? Wie verteilt sich der Markt? B2B, B2C und auch gleich ein internationaler Blick. Also wir haben heute ganz viel darüber zu reden, was so Player wie eben das liebe Spryker von Alex Graf macht, aber auch Anbieter wie Shopware, Shopify, Commerce Tools. Vielleicht machen wir mal einen kleinen Bogen Richtung sowas wie Intershop. Etwas in die Vergangenheit hätte man jetzt fast ironischerweise gesagt. Also wir haben viele, viele Player, über die wir reden können und ein sehr spannendes Segment. That being said, schön, dass ihr da seid, ihr beiden. Hallo.
Alexander Graf: Moin, moin. Hallo, Joel.
Joel Kaczmarek: Bist du heute überhaupt neutral, lieber Alex, wenn wir über so etwas reden?
Alexander Graf: Ich bin ja immer neutral. Ich argumentiere im Interesse der Kunden.
Joel Kaczmarek: Ja, wir mögen ja auch deine Sachlichkeit hier.
Jochen Krisch: Deswegen haben wir mich ja dabei. Naja, ich bin, muss ich dazu sagen, bei Frontastic involviert, aber ich weiß gar nicht, ob das heute so eine große Rolle spielt.
Joel Kaczmarek: Ja, ich darf sagen, ich habe den lieben Alex und den lieben Boris als Partner mit Spryker und Shopware macht auch des Öfteren bei uns was. Also, und Shopify hat auch schon bei uns geworben. Also, ich bin hier die Schweiz. Ich nehme das Geld von allen. Ihr dürft zu mir alle kommen und euer Geld geben. Nein, aber Spaß beiseite. Um mal einen schönen Anfang zu wählen, finde ich Alex' Vorschlag gar nicht so schlecht. Es gibt diesen Magic Quadrant for Digital Commerce, den die Freunde von Gartner gebaut haben. Wir schmeißen den Link dazu mal in die Shownotes. Das könnte ein ganz interessanter Ansatz sein, um mal zu beginnen, über Shop-Systeme zu reden. Also wir fangen mal so ein bisschen Satellitenblick an, bevor wir auf Jochens Wunsch eingehen, heute ganz viel für Händler an der Front zu reden, also wirklich konkret zu werden. Und wenn man sich diesen Magic Quadrant mal anguckt, dann ist es so, man hat halt einen Quadranten mit 4D. vier Ebenen. Auf der horizontalen Ebene geht es um die Completeness of Vision, das heißt rechts sind die Visionäre, links die Nischenplayer und auf der vertikalen Achse geht es um die Ability to Execute, also die Umsetzungsfähigkeit. Da hat man dann oben links die Challengers und oben rechts die Leaders. So, und jetzt ist es natürlich ein bisschen unnackbar, das auditiv wiederzugeben, aber wir versuchen uns das jetzt mal geistig vorzustellen, liebe Hörerinnen und Hörer. Der liebe Alex ist mit Spryker im rechten Quadranten unten. Das heißt, ihn hat man als Visionary verpackt mit Spryker, also das Completeness of Vision Level hoch. Das ist die Ability to Execute noch nicht so. Musst du mir gleich mal erzählen, Alex, wie das auch zustande kommt. Und wenn wir jetzt mal insgesamt angucken, also Spryker ist da in einem Bucket zusammen mit Oracle, Vitex und Elastic Path. Und wenn man sich dann mal oben rechts anguckt, das sind dann die Leaders, also hohe Ability to Execute, Completeness of Vision auch hoch. Das wären Adobe, SAP, Salesforce und Commerce Tools. Was mich ein bisschen überrascht hat, ich hätte gedacht, dass Commerce Tools da im Vergleich zu Spryker anders positioniert ist, aber dazu gleich mehr. Und um es vollständig zu machen, der Quadrant oben links, das sind die Challengers, also die Herausforderer. Da gibt es drei Namen, Shopify, BigCommerce und Optimizely. Und was noch fehlt, ist unten links, das sind dann die Niche-Players. Da stehen Unilog, HCL Software, Kibo, Oro, Shopware und Intershop drin. So, that being said, lieber Alex, nimm uns mal ein bisschen mit hinter die Kulissen. Hast du dich damit mal beschäftigt, wie dieser Magic Quadrant so zustande kommt?
Alexander Graf: Leider ja, weil Gartner und Forrester und andere Analysten in diesem Markt doch recht einflussreich sind. Das ist ja ein Geschäftsmittel, wenn ich sagen muss, dass das dem von Spryker nochmal deutlich überlegen, die werden wirklich von allen Seiten bezahlt. Von uns, von den Vendoren, von den Kunden, von unabhängigen Analysten, die zahlen dann für so einen Report relativ viel Geld. Und es gibt sehr, sehr wenige Analysten, Berater weltweit, die versuchen, einen objektiven Blick auf Technologien zu entwickeln. Bei dem Thema Magic Quadrant gibt es nicht nur diesen einen für Digital Commerce, also für E-Commerce-Anbieter, sondern es gibt, glaube ich, in Summe 150 oder 200 Quadrants irgendwie für PIM, für Security-Anbieter, vielleicht auch für Podcast-Software, keine Ahnung. Und wenn man sich mal überlegt, wie der zustande kommt, dann ist das eigentlich ganz spannend, was die machen. Die haben natürlich einen sehr starken US-Fokus. Die meisten dieser Analysten sitzen halt in den USA und beschäftigen sich mit den Technologien, die von den US-Kunden an sie herangetragen werden. Da rufst du dann an als Kunde von Gartner und sagst, hey, Ich habe hier irgendwie Squadcast gefunden als Podcast-Software. Wie bewertet ihr das? Ist das jetzt irgendwie gut oder ist das nicht gut? Dann fangen die an, sich damit auseinanderzusetzen. Es gibt ungefähr acht Analysten, die sich im Schwerpunkt mit dem Thema E-Commerce auseinandersetzen und die haben eine Longlist von circa 150 bis 200 Systemanbietern, von denen sie ungefähr wissen, die machen E-Commerce. Das sind nicht alles Kunden von Garten, aber die sind so ganz, ganz grob in diesem Market E-Commerce-Software. Und ganz viele sind da noch gar nicht drin. Also ich würde bezweifeln, dass da zum Beispiel die Hutt Group drin ist, die ja auch relativ viel Geld mit E-Commerce-Software verdient. Oder Ocado Solutions wird da auch nicht drin sein oder die About You Cloud. Das sehen die gar nicht. Also weil viele Kunden, die bei Gartner anrufen, noch nie danach gefragt haben werden. Das sind so Nischenanbieter. Und dann versuchen sie einmal im Jahr oder so alle 18 Monate so eine Magic Quadrant zu entwickeln, bei dem sie sagen, okay, wir nehmen mal die Top 15 Anbieter, suchen wir mal aus dieser langen Liste raus und versuchen, die so ein bisschen zu platzieren. Also wie groß sind die? Haben die eine starke regionale Ausprägung? Haben die ein sehr gutes Partnernetzwerk? Wie groß ist sozusagen das Ökosystem der Third-Party-Partner? Also wie viele Paypals, Mastercards, Logistik-Anbieter sind da schon irgendwie integriert? Wie modern sind die aufgestellt? Also sind die wirklich so Richtung Headless unterwegs oder sind das noch Monolith? Und das sind jetzt Analysten, die nicht aus der Praxis kommen, sondern die gucken sich das seit 20 Jahren tatsächlich immer so in der Theorie an und sind sehr stark darauf angewiesen, was ihnen auch die Vendoren erzählen. Und das Spannende bei diesem Magic Quadrant ist gar nicht so zu schauen, wo steht jetzt wer, sondern sich ein bisschen anzugucken, wie ist das Momentum? Also wie verändern sich diese einzelnen Positionen? Und da muss man ganz klar feststellen, dass über die letzten acht Jahre also seitdem es diesen Quadrant in dieser Form gibt, dass es eigentlich eine sehr, sehr geringe Bewegung gibt in diesem Quadrant. Manchmal kommt ein Anbieter rein oder fällt auch ein Anbieter raus. Ja, Intershop zum Beispiel ist dieses Jahr wieder neu reingekommen, war im letzten Jahr nicht dabei. Das größte Momentum nach unten hat HCL Software gemacht. Das wird euch jetzt gar nichts sagen. Das ist quasi die E-Commerce-Lösung, die früher IBM und der WebSphere geführt hat. Die wurde irgendwann verkauft nach Indien und da ist dann das Thema Analyst Relations nicht mehr so hochgradig gemacht worden. Die haben auch nicht mehr so stark investiert in die Software, auch nicht mehr so stark in die Zukunftsvision. Viele Kunden gucken sich jetzt nach Alternativen um, deswegen werdet ihr viele Kampagnen sehen von anderen Anbietern, die HCL Software angreifen und sagen, hey lieber Kunde, das ist doch eine Software der Vergangenheit, nutzt doch jetzt mal was Neueres, nutzt doch jetzt mal Salesforce oder Spryker oder Elastic Pass. Und man kann relativ gut sehen, wer sich da Mühe gibt in diesem Quadrant. Und was erstaunlich ist, ist, dass zum Beispiel BigCommerce und Vitex sich in den letzten zwei Jahren nicht so stark bewegt haben, obwohl sie ja an die Börse gegangen sind, also mit relativ viel Kapital ausgestattet sind und da ja eigentlich viel, viel investieren könnten, um dann aus diesen beiden Achsen Ability to Execute und Complete Intervention nach vorne zu kommen. Und ganz so einfach ist es dann am Ende des Tages nicht. Und wenn wir mit den Analysten reden, dann unterscheiden die tatsächlich zwischen so zwei Buckets. Es gibt die alten Anbieter, die auch aus Sicht der Analysten nicht mehr modern sind und auch vielen modernen Standards nicht mehr genügen. Dazu gehört SAP Hybris, Adobe Magento, Salesforce und Oracle. Die sind zum Beispiel auch abgestürzt. Die sind aber trotzdem oben rechts in diesem Quadrant, weil sie groß sind. Sie haben viele Partner, sie haben viele Kunden, sie haben ein großes Netzwerk, sie können großen Umsatz aufweisen. und deswegen sagt man eher in diesem Leadership Quadrant, also oben rechts bedeutet erstmal nichts, das ist so ein bisschen das Bild der Vergangenheit. Das sind die, die jetzt schon groß sind, aber viel spannender ist das Momentum. und dann gibt es das neue Bucket, ja. Mit einem moderneren Anbieter, dazu gehören zum Beispiel wir oder Vitex oder auch ein Elastic Pass, sicherlich auch ein Shopify, obwohl das ein Monolith ist, ein etwas anderer Lösungssektor. Und dann sagen die Analysten, naja, man darf diesen Magic Quadrant nie so eins zu eins für sich nehmen, sondern jeder Kunde muss entscheiden, was ist für mich wichtig. Ist es für mich wichtig, dass ein Anbieter ein globales Partnernetzwerk hat? Ist das jetzt für mich wichtig, wenn ich ein Kinderwagenanbieter aus Heidelberg bin? Wahrscheinlich nicht. Oder ist es wichtiger, dass er eine sehr moderne Architektur hat? Oder möchte ich lieber alles aus einer Hand? Und man kann diesen Magic Quadrant tatsächlich auch bei Gardener noch ein bisschen umsortieren und sich eigene Filter anbauen. Was aber tatsächlich richtig ist, diese erste Interpretation, die du gemacht hast, die sticht. Das, was irgendwie oben rechts ist, das, was oben rechts erscheint, ist wahrscheinlich erst mal wichtiger. Das gucken sich Agenturen an. Wenn du eine Agentur betreiben würdest, dann würdest du jetzt auch nicht mit Anbietern gehen, die irgendwie unten links sind oder die nicht wirklich gefragt sind. Und heute ist es so, wenn internationale Projekte ausgeschrieben werden, dann gucken sich tatsächlich viele Unternehmen diesen Magic Quartern an, machen so einen großen Kreis, so um den oberen rechten Bereich, da sind wir dann auch drin, gucken sich an, will ich einen alten Anbieter, eine monolithische Struktur haben oder will ich einen neuen Anbieter haben. Und daraus entsteht dann die Shortlist der Anbieter, die werden dann angeschrieben. Und das ist tatsächlich ein sehr, sehr wichtiger Hebel in diesem Markt, wenn es um klassische E-Commerce-Projekte geht. So, ist das immer richtig, was da geschrieben wird? Da wird jeder Vendor sagen, ja, das ist irgendwie komplett falsch verstanden oder hier ist was total richtig oder das ist irgendwie ganz gut gelaufen. Es gibt in Summe aber nicht viel Besseres. Also es gibt nicht viel bessere, neutrale Rankings. Es gibt Spezial-Rankings von anderen Anbietern. Es gibt zum Beispiel McFadden, das ist so eine relativ große Agenturgruppe in den USA, die konzentrieren sich auf das Thema Marktplatz. Die haben zum Beispiel eine sehr, sehr gute Analyse zum Thema Marktplatz-Software gemacht. Damit kennen die sich viel besser aus als die Garten-Analysten. Forrester versucht das auch so ein bisschen zu machen. Aber es ist relativ viel Dynamik in dem Markt, es ist sehr viel Geld in den Markt gekommen. In dem Magic Quadrant selber gibt es so ein bisschen Momentum. Das Größte haben wir tatsächlich. Also Spryker hat den größten Sprung gemacht in diesem Jahr und das wird auch nicht der letzte Sprung gewesen sein. Aber es ist ein absolut relevanter Index, ein sehr, sehr relevantes Modell, um herauszufinden, was passiert denn da gerade und was ist denn da auch technisch gerade los bei den einzelnen Anbietern.
Joel Kaczmarek: Jochen, du bist ja auch Analyst. Wie blickst du denn auf so eine Verteilung, auf so eine Landkarte?
Jochen Krisch: Also ich tue mich ganz schwer damit, muss ich ehrlich sagen. Und Alex hat es ja auch herausgearbeitet. Das ist eine sehr starke Tech-Brille und das ist so ein Vergleich untereinander im Wettbewerb. Und was mir fehlt in diesem ganzen Übersicht ist die Händlerperspektive. Was sind eigentlich die Erwartungen von Händlern an die Technologiesysteme? Und dann auch da wieder, was für welche Händler, kleinere Händler, größere Händler, Online-Spezialisten, Konzerne. Das ist natürlich alles sehr, aus meiner Sicht, tendenziell Konzern- oder Großunternehmen geprägt. Macht da irgendwie Sinn. Aber wenn ich mir so den typischen Online-Händler angucke, dann fällt der da durchs Raster. Also ich glaube, auch der ist für die, sage ich jetzt mal, 50, 60, 70 Prozent der Anbieter, sind die meisten Online-Händler gar nicht relevant, die da aufgeführt sind. Und das ist so, was mir fehlt, diese andere Sicht. Ich würde mir gerne so einen Vergleich oder so eine Übersicht sehen aus Händlersicht, sodass ich wirklich sagen kann, okay, können ja auch 20, 30, 40, 50 Anbieter sein und da bekomme ich jetzt mal meine fünf Relevanten heraus. Weil wenn man mal durchgeht, wenn man einen Händler hat, sage ich mal jetzt einen Händler mit 50 Millionen Umsatz bis 100 Millionen Umsatz oder so, dann hat der gar nicht so viele Wahlmöglichkeiten. und dann ist er ein bisschen so gefangen in der Logik, Ich blende jetzt mal alles aus, was so Hybris etc. ist, weil das oftmals ohnehin schon nicht so relevant war. Aber das war halt dann so. die Magento-Welt, die dann hochkam und vielleicht Shopware und Commerce-Tools ist jetzt da, was da reinkommt. Also da bewegt sich im Prinzip aus meiner Sicht auch ein Spryker in einer etwas anderen Welt, weil ihr natürlich, also ich fand Boris' Spruch eigentlich immer so gut, die Herausforderungen sucht und am liebsten Anbieter habt, also Händler oder Unternehmen habt. Sophisticated. Ja, so nennt er das. Und jetzt der typische Online-Händler ja eher eine zuverlässige, zukunftsrechtliche Lösung sucht, wo er auch an keinen Themen irgendwie vorbeigeht. Also sprich, wenn jetzt eine Mobile-Welle kommt oder wenn bestimmte Marketingansprüche oder andere Geschichten kommen. Also es muss dann oft nicht so sophisticated sein, sondern es muss einfach substanziell und verlässlich sein. Also deswegen habe ich da ein bisschen eine andere Sicht darauf und wahrscheinlich auch eine andere Bewertung, was so die Lösungen angeht.
Alexander Graf: Das ist, glaube ich, nochmal ein guter Punkt. Man muss sich mal anschauen, wer ist denn eigentlich Kunde von Gartner? Ein Kunde von Gartner muss für einen Access, also damit du dich einloggen kannst in das Portal, ist der pro Jahr zwischen 50.000 bis 100.000 Dollar los. Und da gibt es jetzt noch keinen Umsatz und da gibt es auch keinen Marketingguthaben. Der darf im Grunde genommen nur diese Reports kostenlos lesen. Daran kann man sich ja schon relativ klar machen, dass jetzt ein klassischer Händler, der wahrscheinlich unter 20 Millionen Euro Umsatz macht, das ist extrem unwahrscheinlich, dass der sich einen Gartner-Seed leistet, so einen Research-Seed. Plus, es gibt ein ganz, ganz großes sozusagen Klumpenrisiko sozusagen Richtung USA. Das erklärt auch, warum der ein oder andere Anbieter dort sozusagen erfolgreich ist. Wenn du einen starken US-Fokus hast in deinem Business als Vendor, ist es für dich viel einfacher, in dieser Magic Quadrant, in dieser Gartner-Welt zu erscheinen, weil 80 Prozent Analysten sitzen dort. Die sagen natürlich, die gucken das global an, aber es ist ja klar, wenn die meisten deiner Kunden, Das meiste Research, was du liest, wenn du während deiner Wachzeit sozusagen immer in der Zeitzone bist, USA und dort irgendwie LinkedIn-Posts siehst, dann hast du natürlich einen relativ großen Bias dahin. und das sind so zwei Sachen, wo ich sagen muss, jetzt kann jetzt ein deutscher mittelgroßer Händler, sollte der das irgendwie überbewerten? Nee. Weil der hat andere Interessen als jetzt die großen Konzerne, die sich diese Gartner-Seeds halt leisten. Ja, also ganz andere Interessen. Plus, der hat ja überhaupt nicht diesen US-Fokus. Und für so einen Garten-Analyst ist ja Europe nur eine kleine Region. Für den ist das quasi ein Land wie die USA. Das muss man so ein bisschen verstehen. Und das machen die Analysten jetzt auch nicht so super transparent, weil deren Verständnis natürlich ist, dass alles super neutral und weltweit analysiert wird. Aber man sieht ein ganz, ganz großes schwarzes Loch zum Beispiel in diesen Reports in Asien. Also Gartner behauptet, dass 50% des E-Commerce-Software-Umsatzes in den USA gemacht werden. Also die ganzen Anbieter, die mal in diesem Magic Quadrant sitzen, machen 50% ihrer Umsätze in den USA. Das liegt aber daran, dass sie die kompletten asiatischen Märkte einfach nicht analysieren können, weil ihnen dafür Zahlen fehlen, ihnen fehlen Kunden, ihnen fehlen auch Einblicke in die einzelnen Anbieter. Ansonsten müsste man ja auch teilweise Tmall oder Tencent Software-Umsätze dort mit reinnehmen. Es ist schon eine sehr, sehr stark verschobene Sicht. Trotzdem muss ich sagen, es ist die beste verfügbare Sicht, um sich so ein bisschen zu orientieren und die eine der neutralsten, die es gibt, aus einer Vendorenbrille, die ich ja aufhabe.
Jochen Krisch: Ja eben, aber deswegen lasst uns doch Richtung Händler gehen. Ich finde es für Händler ehrlich gesagt gar nicht relevant und ich finde es auch erstaunlich, dass ihr das so promotet. Also ich verstehe es für internationale Märkte, da muss das sein, aber für den deutschen Markt, ich finde das, wer da gut ist oder schlecht ist für den Händler. ist das wenig aussagekräftig. Man hat halt nur seine Kandidaten, die man ohnehin sich wahrscheinlich anschauen wird, auch darauf. Aber das Fatale, vielleicht noch eine Anmerkung dazu, ist ja auch, ich meine, die Impulse kommen eigentlich aus Europa. Und wenn man sich anguckt, wie viele deutsche, deutschsprachige Shop-Systeme wir haben, also nehmen wir Spryker, Commerce Tools, Shopware, Intershop etc., viele andere auch, auch Demandware ehemals, also Salesforce hat deutsche Wurzeln. Also es ist ganz erstaunlich, dass dann das durch die US-Brille betrachtet werden muss. Also ich würde eigentlich eher gerne so nochmal in die Richtung kommen, was für wen. Also wir haben ja kleine, große, innovativere, weniger innovativere, sagen wir mal klassische Online-Händler. Wer wird mit was glücklich? und was hat sich da in den letzten Jahren getan, weil ja schon eine Dynamik da war und Stichwort jetzt Headless oder andere Themen, ein ganz anderes Verständnis von, ein Technologieverständnis da ist. Ich glaube, nicht nur am Markt, sondern eben auch händlerseitig, dass die bestimmte Dinge nicht mehr machen würden, die sie vielleicht noch vor fünf oder zehn Jahren hatten. gemacht haben oder machen mussten und sich da versuchen, einfach jetzt ein bisschen offener, ein bisschen flexibler aufzustellen. Das sind für mich eigentlich so die spannenden Aspekte gerade in der Marktentwicklung.
Joel Kaczmarek: Dann tauchen wir da doch mal rein. Alex, beschreib doch mal, wie sieht denn so ein typischer Spryker-Kunde aus? Also was ist so euer Sweetspot für euch, dass ihr sagt, an den habt ihr Freude und was ist die Range, die ihr abdeckt? Also wer kann mit euch was anfangen und wer vielleicht noch nicht oder wer vielleicht nicht mehr?
Alexander Graf: Ja, um das zu beschreiben, fange ich mal quasi dort an, wo Jochen gerade angesetzt hat. Wie haben denn die E-Commerce-Händler, die heute auch teilweise sehr groß sind, vor zehn Jahren E-Commerce-Systeme oder ihre Technologien ausgewählt? Da war es tatsächlich so, dass man in Deutschland vor zehn, zwölf, dreizehn Jahren in diesem Mittelsegment war halt Magento sehr, sehr stark. Das war quasi eine sehr große Durchbruchphase. Auf dieser Welle ist ja dann auch Shopware aufgesetzt mit denen. wir ja auch super viele Erfahrungen gesammelt haben. Vor Spryker habe ich ja mit Net Impact, Net Shops super viele Shopware-Projekte gemacht. Boris hat ganz, ganz viele Hybris-Projekte gemacht und da gab es so verschiedene Buckets. Du warst entweder in dieser Magento-Welt oder Slash-Shopware-Welt und hast dann probiert, dich an diesem Standard entlang zu hangeln und dich in dieser Community zu bewegen. Du hast dann auch viele neue Entwickler gefunden. Da ist PHP erst so richtig angekommen in diesem größeren Segment. Oder du hattest ein Team, das aus dieser Java-Welt kam, teilweise selbst entwickelt, wie dann bei Otto zum Beispiel, oder schon an so einer Konzernlösung angeschlossen, wie so ein Cyberpop mit Hybris. Diese Welten gab es so ein bisschen. Da gab es noch nicht Headless, da gab es noch irgendwie noch nicht so einen starken Mobile-First-Ansatz, da gab es auch noch bei Weipen nicht diese Diskussion, soll mir jetzt ein Marktplatz werden, müssen wir jetzt in andere Länder expandieren? Da war das Maximum der strategischen Perspektive, wollen wir jetzt einen Multistore-Ansatz machen oder nicht? Also verkaufen wir nur unter Notebooks billiger oder machen wir auch Waschmaschinen billiger? Und das war so ein bisschen diese Welt. Und das Problem, was man damals lösen musste, war, findet man eine stabile Infrastruktur und die möglichst lastfest ist, also in diesen Hochverkaufsphasen oder öffentlichen Gutscheinphasen nicht abschmiert und die irgendwie handelbar ist, bei der es irgendwie nicht so super aufwendig ist, mal ein neues Land zu starten. Und da, sagen wir, in dieses Bucket sind ja auch viele Anbieter reingewachsen. Also viele Anbieter haben dann gesagt, genauso wie Jochen das auch gerade beschrieben hat, okay, wir versuchen, alles aus einer Hand anzubieten. Wir versuchen, diesen Standard, den dieser Markt braucht, möglichst gut zu etablieren. Das ist auch der Weg, den Shopware damals gewählt hat, mit dem, sagen wir, Titel Content und Commerce. Ja, wir versuchen, diese Anbieter, Das Geschichten erzählen, in das Shop-System irgendwie einzubauen. Shopify hat sich das dann für die ganz, ganz kleinen Händler irgendwie genommen. Und das war vor zehn Jahren der Fokus. Und erst vor zehn Jahren sind ja die wirklich ambitionierten neuen Anbieter so langsam richtig groß geworden. Ja, Zolando ist dann so aus der Deckung gekommen. Die waren 2011 noch bei, wie groß? Wo sind die da gewesen? Wahrscheinlich so zweieinhalb Millionen, wenn überhaupt. Asos war noch relativ klein und diese Anbieter hatten auf einmal einen ganz anderen Fokus. Da ging es dann darum, dass man auf einmal ganz, ganz viele irgendwie neue Features ausprobieren wollte. Vor zehn Jahren waren es Social-Commerce-Features. Wie teile ich ein Produkt innerhalb von Pinterest oder MySpace oder anderen? Das ging dann aber relativ zügig weiter in internationalen Rollout, B2B, sozusagen Wholesale-Features, die diesen Shop haben. Da haben dann viele erkannt, mit den Lösungen, die es da gibt, das ist dann damals die Magento-Welt zum Beispiel gewesen, da komme ich irgendwie nicht weiter. Dann haben die entweder um Magento drum herum gebaut und haben das dann immer weiter entkernt und dann haben sie ihre eigene Lösungswelt geschaffen oder haben das dann, Otto hat das um Intershop herum gebaut, andere haben um Hybris drum herum gebaut, Wirt zum Beispiel hat ganz viel um Intershop auch gemacht und einige haben dann gesagt, okay, wir müssen nochmal neu anfangen. Ja, wir müssen jetzt quasi hier in Technologie investieren. Das war ja auch die Zeit, wo Fabian Wesner, auch der Spryker-Founding-CEO damals mit Rocket dann angefangen hat und danach nochmal mit Project A sich so neue Technologien zu überlegen. Und das war auch ein bisschen die Zeit, wo Commerce-Tool ja damit, ich glaube damals hieß es CIO, angefangen hat, okay, es muss andere Möglichkeiten geben, andere Baukast-Prinzipien, bei denen ein Hersteller nicht vorwegnimmt, wie ein bestimmtes Feature auszusehen hat in Zukunft oder wie ein bestimmtes Geschäftsmodell auszusehen hat. Wir müssen das System so ein bisschen zerlegen. Das nennt heute Gartner und Forrester, nennen das Composable. Man kann quasi so in dieser Bausteinwelt denken, um nach vorne flexibel zu bleiben. Und dieses Bucket war vor sechs, sieben Jahren, als wir das Bracket gegründet haben, noch total klein. Das war so drei Prozent des Marktes, wenn überhaupt, die sich darum gekümmert haben, ich möchte möglichst flexibel sein und mir reicht der Standard nicht mehr. Heute ist es so, nach unserer Wahrnehmung, eigentlich schon der fast größere Teil des Marktes, aber dieser Markt ist halt in Summe so krass gewachsen, dieser Standardmarkt, also ich möchte einen guten Standard haben, ist auch gewachsen, ist auch viel, viel größer geworden. Und dann hat sich, also sagen wir mal, vor so fünf, sechs Jahren bei der Sparker-Grundung hat sich angefangen, diese Welt zu teilen und zu sagen, okay, entweder ist für mich Technologie Mittel zum Zweck, ja, sozusagen, das muss möglichst günstig sein, also idealerweise in der Cloud, ich möchte so wenig technischen Aufwand wie möglich haben, ich möchte nur meine Bilder hochladen, ich brauche noch die Amazon-Schnittstelle, ich brauche irgendwie maximal viele Payment-Schnittstellen und idealerweise kann ich noch ein Steuerbüro anschließen. oder man wird halt zunehmend in Technologie-Play und das war dann halt in einem Play, bei dem du entweder selber schon entwickeln konntest, so wie das ja auch zum Beispiel About You mit Sebastian Betz gezeigt hat oder auch Zalando dann irgendwann ganz klar gemacht hat oder du brauchst halt eine Technologie, die dich dazu enabelt, also so ein bisschen, das ist diese Spryker-Elastic-Pass-Welt, wo du dann sagst, okay, ich nutze quasi so ein Grundsystem, was mir das ermöglicht, nach vorne zu entwickeln. Jetzt gibt es quasi wieder weitere Kreuzungen, an denen wir stehen, wo sich diese Systeme weiter aufteilen. Entweder in Richtung B2B oder in Richtung Marktplatz, sehen wir jetzt hier auch neue Anbieter, wie es mit Marketplacer.com, Miracle, gibt es ganz, ganz viel, was da gerade passiert. Es gibt nicht diese eine Lösung für alles, sozusagen. Was wir halt ganz klar gesehen haben, ist, dass es halt eine zunehmend komplexe Anspruchshaltung gibt. Und man sich als Kunde da entscheiden muss. Aber diese eine Lösung, die du heute kaufen kannst, damit du in den nächsten zehn Jahren nicht mehr investieren musst in Technologie und du trotzdem so gut wirst wie Zalando, die gibt es nicht. Aber diese Anspruchshaltung gibt es bei ganz, ganz vielen Händlern noch. Und das ist immer noch so ein bisschen so ein Ausbildungsauftrag, den wir da glaube ich haben. Und wenn du jetzt zurückzukommen zu einer Frage, wenn du jetzt fragst, wie sieht jetzt der Spryker-Kunde aus? Der Spryker-Kunde ist irgendwann abgebogen in diese Richtung. Für uns reicht Standard nicht mehr aus. Für uns wird Technologie zunehmend wichtiger. Wir möchten uns differenzieren darüber, wie wir verkaufen oder wir haben so ein komplexes Geschäftsmodell. Wir haben ganz, ganz viele verschiedene Workflows bei B2B-Kunden. Wir wollen auch noch eine Marktplatz-Applikation dahinter bauen. Das ist quasi der Spryker-Kunde und der ist nicht besser oder schlechter jetzt als der Shopware-Kunde oder als der Salesforce-Kunde. Die haben vielleicht ganz andere Ansprüche und das ist auch total in Ordnung so. Für alle wächst dieser Kuchen gerade sehr, sehr stark. das sehen wir auch in dem glorigen Text von Jochen, also die E-Commerce-Umsätze steigen. Das heißt auch, dass der Technologieaufwand, der betrieben werden muss, um diese Umsätze überhaupt zu erzielen, dass der auch steigt. Und ein Teil dieses Technologieaufwandes fließt da natürlich an diese Anbieter, die auch Magic Quadrant sind. Man darf das weder als Händler noch als Vendor immer in diese Schwarz-Weiß-Brille tun. Es gibt tatsächlich total coole Lösungen für viele verschiedene Cases, aber es gibt halt nicht diesen einen, der ist jetzt der allerbeste für alle und der kann jetzt irgendwie diesen Mittelgrund großen 10-Millionen-Händler und den Großkonzern für 10 Milliarden abdecken. Das ist auch zum Beispiel tatsächlich ein Issue gerade für Vitex. Ich weiß nicht, ob ihr das ein bisschen verfolgt habt. Vitex ist ja gerade an die Börse gegangen und kommt sehr stark aus einem Shopify-ähnlichen Geschäftsmodell in Lateinamerika. Möchte aber auch die ganz, ganz großen Kunden bedienen. Haben auch ein paar größere Kunden. Und das ist so ein Spagat, der ist total schwer zu managen, weil wenn jetzt der Großkonzern anruft und sagt, ich brauche jetzt hier mal den Kundenchef, weil mir gefällt jetzt irgendwas nicht, dann Macht das vielleicht Sinn, aber der kleine Kunde, der vielleicht nur eine Million Euro Umsatz da im Jahr macht oder 100.000, der möchte auch den Kundenchef sprechen, weil für den sind diese 2.000 Dollar im Jahr, die er im Vitex zahlt, auch viel Geld. Will auch quasi gehört werden. Und da sieht man quasi, dieser Markt, der verästelt sich zunehmend. Ja, dieser sozusagen sehr, sehr, ja, war noch nicht homogen vor zehn Jahren, aber war deutlich homogener als jetzt. und jetzt quasi kommt gefühlt jede Woche ein neuer Ast dazu. Jochen schreibt auch immer wieder über Frontend as a Service Anbieter, ist ja auch mit Frontastic verbändelt, das ist auch ein neuer Ast, das ersetzt jetzt nicht irgendwas, das ist einfach nur eine neue Abzweigung. und da fehlt es mir ein bisschen an differenzierter Berichterstattung, will ich jetzt nicht sagen, aber es wird immer sehr, sehr stark so in schwarz-weiß gemalt und das ist diese Handelswelt bei weitem nicht.
Jochen Krisch: Ich glaube, es reicht auch nicht mehr, einen Shop-System-Vergleich zu haben. Also ich bin auch sehr froh, dass es in die Richtung jetzt gegangen ist, ein komponentenbasierter Ansatz inzwischen geworden ist. Ich glaube, auf der Schiene können wir uns sogar einigen und das finde ich eigentlich den spannendsten Punkt und die spannendste Entwicklung, dass eine gewisse Grundoffenheit da ist. bei allen Systemen. Also früher musste man auch bei Hybris und bei anderen schon alles Mögliche ändern, anflanschen und Agenturen etc. beauftragen, die einem dann die Lösung so gebaut haben, dass es dann auch wieder mit allen Systemen funktioniert etc. Das war aber eher, sage ich mal, Kraftakt, zumindest ursprünglich. Inzwischen ist das eigentlich die Grundidee schon vieler Anbieter und alle versuchen, sich so zu wandeln, dass sie auch diese Offenheit dann haben. Ob das dann wirklich jetzt Composable-Headless ist oder ob das in irgendeiner anderen Form ist. Ich weiß gar nicht, ich glaube, ihr werft euch nicht in den Topf, aber ihr seid im Prinzip tendenziell im Topf drin. Also Commerce-Tools würde ich erst da reintun. nehmen. Ihr seid so im Grunde offen, aber jetzt nicht so klassisch vergleichbar. Und das finde ich schon mal eine sehr gute Entwicklung, weil ich glaube, das ermöglicht den Händlern einfach diese Flexibilität, die man braucht, um mit bestimmten Entwicklungen Schritt zu halten.
Alexander Graf: Genau, das ist ein super Punkt, weil dieses Composal, nicht Composable, vielleicht habt ihr ja schon mal gehört, die Begriffe. Es gibt ja sozusagen diese Best of Sweet World versus Best of Breed. Und in dieser Magento-Zeit ist dieser Gedanke entstanden von SAP und auch von dem Demandware und auch von Magento selber. Wir müssen alle zentralen Bausteine, die der Händler braucht, in einer Suite anbieten. Wir brauchen super CMS, wir brauchen super PIM, wir brauchen super Katalogmanagement, wir brauchen super Ordermanagement und dadurch sind auch viele Akquisitionsprojekte zustande gekommen. Alles aus einer Hand, aus einer Suite. Jetzt hat sich aber gezeigt, viele Händler brauchen vielleicht doch nicht das PIM-System, was ihnen SAP anbietet mit Hybris, sondern ganz, ganz anderes. Und das macht es natürlich für die Händler, die vor zehn Jahren angefangen haben, maximal zu aggregieren, macht es ein bisschen schwieriger, jetzt wieder offen zu werden. Und weil das auch vertrieblich natürlich auch total schwierig ist, wenn jetzt der Herr Günther zu einem Kunden gefahren ist und gesagt hat, hier, bei uns kriegst du quasi alles aus einer Hand und jetzt muss er sagen, naja, die 30.000 Euro, die du mir für das PIM-System bisher pro Jahr zahlst, die willst du jetzt aber in anderen PIM-Anbieter stecken, das finde ich nicht so gut, weil da hängt ja meine Provision dran, das macht es halt schwierig, aber das sieht man jetzt ganz klar, es gibt eine ganz starke Tendenz, auch von vielen Händlern, die sagen, ich möchte tatsächlich recht flexibel bleiben und ich möchte nicht alles von einem Anbieter haben. Deswegen haben wir jetzt gerade verkündet, dass unsere App-Orchestration-Plattform, also eine Idee, wie man tatsächlich ganz, ganz viele Third-Party-Vendoren mit einer zentralen Plattform verbindet, ist auch viel Resonanz gestoßen. Da tun sich halt die Anbieter der alten Garde und alte Garde heißen teilweise 20 Jahre alt. So ein Demand, wie ja auch in Elastic Pass, Adobe, Magento ist auch fast 20 Jahre alt mittlerweile. Die tun sich total schwer mit dieser Best-of-Brief-Welt. Und wie dann Composable im Alltag aussieht, ist für jeden Händler ja total unterschiedlich. Und ich habe auch schon Händler getroffen, die wollen unbedingt Composable, weil sie an diese Idee glauben. Denen fehlt es aber an dem Org-Chart, an der Infrastruktur. Die haben gar nicht die Leute, die jetzt neben dem Commerce-System noch ein PIM-System auswählen und handeln können. Und da trennt sich jetzt nochmal die Spreu vom Weizen.
Jochen Krisch: Ich bin ja oft in der Rolle, einfach im Beirat oder anderswo auch Händlern zu empfehlen, welches Shopsystem soll man nehmen. Und das ist eigentlich die Frage, die ich mit am meisten hasse, weil man es so natürlich nicht machen kann. Und mein Punkt, oder ich glaube, das ist auch das Verständnis händlerseitig, sich einfach nichts verbauen zu wollen. Also sich nicht auf irgendeine Richtung einzulassen, wo man dann eventuell am falschen Weg ist. Also wirklich so die beste Lösung jetzt zu finden, sondern ich glaube, die Entscheidung fällt mir so, die Lösung zu nehmen, wo man am wenigsten falsch machen kann. Die einem im Grunde auch in Zukunft Möglichkeiten bietet, jetzt meinetwegen andere Frontends, andere Plattformen.Schnittstellensysteme, meinetwegen auch Backends, Logistik etc. anzubinden. Und das finde ich eine gute Entwicklung. Und das meinte ich vorher mit dieser Shop-System-Vergleich. Und ich zeige mir das beste Shop-System nach bestimmten Kriterien. Und dann hast du es und dann wird es schwierig. Magento zum Beispiel, die haben sich dann in die Richtung entwickelt, was du beschrieben hast. Aber Magento hat eigentlich mit seinem, in Anführungszeichen, Open-Source-Gedankenursprünglich mal das Thema unter die Leute gebracht. Also dass man wirklich alles selber machen kann, wenn man will Und flexibler wird dadurch. Dann hat es leider einen etwas unglücklichen Pfad genommen, was so die Besitzer etc. angeht. Und dann ist das ein bisschen weggekommen, aber der Impuls ist weiter da geblieben. Und dann hat man ja gesehen, dann hat ein Shopware sich geöffnet, dann hat ein Oxid sich geöffnet, andere Kandidaten. Und dann kamen eben Commerce-Tools jetzt, die einfach schon sehr früh, und deswegen muss man sich da schon auch rausstreichen, das so umgestellt haben, damals gar keinen Anklang fanden, weil alle noch nicht bereit waren, in diese Richtung zu gehen. und inzwischen tatsächlich jetzt da mit am besten positioniert sind. Denen hat es zum Beispiel jetzt auch nicht geschadet, dass sie bei Rewe dann irgendwann gelandet sind, sondern im Gegenteil, das kommt jetzt wieder. Und ich glaube, das wäre auch tatsächlich mein Hauptkriterium aus Händlersicht. Such dir eine Lösung, die dich so flexibel wie möglich lässt in der Zukunft. Und selbst wenn das jetzt nicht die 100%-Lösung ist, oder wenn das so ist, wie du es ja auch beschrieben hast, oft ist es ja auch so, dass man sich quasi eine offene Lösung sucht, aber dann doch das Standard-Frontend. etc. nutzt und dann quasi einen 0815 Shop hat, nicht mehr dahinter steckt, aber gut, man ist zumindest dann so offen und kann sagen, okay, wenn ich jetzt ein Mobile Player werden will, dann gehe ich in die Richtung. Will ich irgendwelche Innovationsthemen machen, dann docke ich die an. Also das ist mir fast lieber, als jetzt zu sagen, ich nehme eine Plug-and-Play-Standardlösung und dann habe ich eben gar keine Flexibilität.
Alexander Graf: Ja, also mittlerweile finden wir natürlich viele Kunden, die sozusagen das auch verstanden haben, die wissen, dass man da auch weiter investieren muss und auch selber aktiv sein muss, um das weiterzuentwickeln. Das war ja auch der Grund, warum wir damals diese Agenturwelt verlassen wollten, also in der NetShops-Welt. Ich glaube, wir haben ja quasi gefühlt die Hälfte aller Shopware-Blueprints gestellt, sozusagen die Cases, die immer vorgestellt wurden auf Messen. Es war aber dann trotzdem so, dass die Kunden, die Agenturkunden, die haben dann bei uns irgendwie 100.000 Euro gelassen und das war für die oft ein Riesenprojekt. sagen, Torwart ist auch ein großes Projekt. Trotzdem, egal was passiert, es war immer so nach einem halben Jahr Entwicklung oder kurz nach dem Live-Gang, da war dann die Frage, okay, wir wollen jetzt noch irgendwie das und das, wir wollen jetzt irgendwie noch einen weiteren Markt entwickeln. Und man hat sich da aber schon festgelegt in der Datenbankstruktur, hat man gesagt, ja, das geht aber so nicht, es wirkt vielleicht jetzt wie ein einfacher Schritt, ist aber nochmal 100.000 Euro. Und dann irgendwann, das kommt immer zu der Situation, dass dann entweder der Kunde sagt, die Agentur ist irgendwie doof oder viel zu teuer oder der Anbieter, der kann das gar nicht, da haben wir die falsche Wahl getroffen. Dann sagt die Agentur, der Kunde, der weiß nicht, was er will. Wir haben auch vorher extra diesen 500-seitigen Anforderungskatalog festgelegt, bei dem wir doch uns geeinigt haben, was gebaut werden soll. und dann gibt es nur dieses Fingerpointing. und dann muss der Kunde nach zwei oder drei Jahren, sucht sich dann irgendwie eine andere Agentur oder einen anderen Anbieter. und Diese Welt verlassen wir jetzt mit einigen Kunden tatsächlich. Also mittlerweile haben Kunden einfach diese Fähigkeit aufgebaut, da deutlich abstrakter an die Lösungsfindung ranzugehen und wissen, was sozusagen gute Technologieentwicklung bedeutet. Aber es kommen immer wieder so Wellen zurück. Das Thema Frontend, das Thema Marktplatz, wo Kunden dann das wie so ein Feature sehen. Wir müssen das jetzt als Feature kaufen, wie so ein JavaScript-Ding, was man auf einer Webseite baut. Aber es sind immer anspruchsvolle Technologieprojekte und ich weiß nicht, Jochen verändert sich vielleicht daran. Ich hatte vor drei, vier Jahren mal auf Kassenzone so eine Analyse gemacht. wie viele Entwickler arbeiten denn pro Umsatzmillion bei den führenden Unternehmen? Man kommt immer auf eine relativ gleiche Zahl zwischen zwei und vier Millionen. Ja, das ist bei Bohl.com so, das war bei Ocado so, das ist bei Zalando so, das ist auch bei About You so. Also die haben tatsächlich sehr, sehr viele IT-Menschen, das sind Entwickler, Projektmanager, Quality-Engineers, die dann dafür da sind, um das dann weiterzuentwickeln. Und das kann man halt nicht mit Software replizieren. Also man braucht tatsächlich schon eine Investitionsbereitschaft und auch einen ganz, ganz klaren Pfad zu sagen, wir werden jetzt ein Stückchen Technologieanbieter. Wir gehen diesen Weg, sind auch bereit, das irgendwie sehr, sehr oft mitzukommunizieren, wissen auch, wie agile Projektentwicklung geht. Und da fahren jetzt gerade einige Unternehmen so aus meiner Sicht gefühlt in die Sackgasse, weil die dann, sieht man jetzt glaube ich bei Karstadt ganz gut, die haben dann nicht mehr das Geld. auch nicht mehr die strategische Ambition, wollen aber trotzdem irgendwie Online-Marktführer werden. Und da gibt es eigentlich keinen Lösungsraum. Also da gönne ich mich auch hinsetzen, da kann man noch so schlau sein und klug rumregen. Man braucht ein gewisses Durchhaltevermögen und auch eine Investitionsfähigkeit, um da in seiner Nische, in seinem Segment ganz vorne mit dabei zu sein. Egal, ob man jetzt Vitex oder Spryker oder Salesforce, das spielt danach gar nicht so eine große Rolle. Und das fehlt mir gerade bei vielen Anbietern, insbesondere mit einer stationären DNA.
Joel Kaczmarek: Aber wo du gerade über Investmentbereitschaft redest, kannst du uns mal ein Gefühl dafür geben, was kostet einen eigentlich ein Shop-System? Gibt es da so unterschiedliche Ligen? Gibt es da Starterpreis, Mittelpreis, Endpreis? Also wo fängt das an, wo hört das auf?
Alexander Graf: Das kann man schon machen. Also es gibt tatsächlich diese reine SaaS-Welt, wo du als Anbieter wie einen Shopify oder einen BigCommerce anbietest. eigentlich gar nichts mit deinem Kunden zu tun haben willst, also jetzt nicht in der individuellen Betreuung, die sollen möglichst deinen Baukasten verwenden. Und dann kannst du natürlich Lösungen anbieten, die im drei bis vierstelligen Bereich liegen pro Jahr. Sozusagen das nutzen dann die Kunden. Oder du bist in dieser Enterprise Welt, in der wir ja auch zu Hause bist, dann musst du fünfstellig werdenin die Lizenzkosten, oft schon sechsstellig,einfach weil die Kosten, die du hast, um die Kundenzu betreuen und auch den Individualisierungsaufwandmitzurechtfertigen, einfach so hoch sind. Das heißt, du bist dann schon bei Lizenzkosten,die sind in der Regel über 100.000 Eurobei den Enterprise-Anbietern, plus. dann hast du ja nochirgendwie deine Agentur und die Entwickler,die du bezahlen musst. Aber es gibt jetzt nicht dieses eine,was kostet das Projekt. Es gibt auch bei uns Projekte,die gehen nach zwei Wochen live. Da hast du dann irgendwie zwei Scrum-Teams,die du zwei Wochen bezahlst, dann ist das irgendwie live. Und es gibt andere Projekte, die dauern halt ein halbes Jahr Die sind halt komplexer, sind deutlich mehr Agenturaufwände oder interne Aufwände, die sind dann auch irgendwie deutlich teurer. Aber dieses eine, was kostet das Projekt, hängt von eine Million Faktoren ab. Viele Händler vermischen das dann noch mit, wir machen jetzt auch noch das PIM neu, dann machen wir das Order-Management-System neu. Abgesehen davon machen wir jetzt sowieso noch ein neues Lager. Das dann irgendwie so rauszurechnen, was jetzt irgendwie nur dieser E-Commerce-Teil kostet, schwierig, ganz schwierig.
Joel Kaczmarek: Und macht es bei den Shop-Systemen eigentlich einen Unterschied, wenn wir jetzt nochmal an die Landkarte zurückdenken, ob ich B2C oder B2B unterwegs bin als Händler?
Alexander Graf: Ja, ganz klar. Insbesondere die älteren Systeme, die so um die Anfang der 2000, 2010er auch groß geworden sind, die haben sich schon sehr stark auf einen Feature-Umfang geändert. konzentriert, der aus einer B2C-Welt kam. Dazu gehört zum Beispiel Salesforce ganz, ganz klar. Dazu gehört aber auch nur ein Shopware oder auch ein Intershop, auch ein Commerce Tools ist ganz klar B2C angesiedelt. Und es gibt dann einige Spezialanbieter. Oro ist zum Beispiel gegründet worden von den ehemaligen Magento-Gründern, von Joachim Kuttner. Die haben gesagt, wir machen jetzt Magento für B2B in der Cloud. Die haben sich dann auf reine B2B-Funktion spezialisiert und viele B2B-Anbieter finden sehen wir jetzt auch, die brauchen halt dieses klassische Interface nicht mehr. Denen geht es viel stärker um das ganze Thema Order Management, Workflow Management, Rechte Management, Request for Quote. Das sind ganz andere Fähigkeiten, die die brauchen. Also es gibt schon erhebliche Unterscheidungen. Meistens ist es so, dass die, die früher gestartet sind, weil die B2C-Welt einfach schneller und stärker im E-Commerce angekommen sind, die haben einfach eine hohe B2C-Neigung, eine hohe B2C-Fähigkeit und die gehen zum Teil auch Richtung B2B jetzt, versuchen da Features zu entwickeln, aber es gibt da schon Spezialisten, muss man ganz klar
Joel Kaczmarek: sagen. Und wenn ich jetzt mal die Karte wieder in Richtung Märkte aufmache, weil du ja auch gesagt hast, Gartner guckt zum Beispiel sehr stark auf US. Per se kannst du ja sagen, bei so einer Shop-Software, Instant, international vermarktbar, mehr oder minder, je nach Marktbesonderheit vielleicht nochmal eine Anpassung nötig und dann geht es ja eigentlich nur um Vertrieb primär. Wie ist das so? Die ganzen Player, die wir jetzt besprochen haben, auch diese 15 in dem Quadranten, sind die alle immer straight international unterwegs? oder was haben die so für Schwerpunkte? Weil ihr habt ja zum Beispiel US gerade als so eine Eroberung.
Alexander Graf: Gartner und Forrester bewerten die Internationalisierbarkeit von E-Commerce-Anbietern mit dem Partner-Ökosystem. Die gucken sich quasi an, wie viele Partner weltweit hast du bereits, wie viele trainierte Entwickler und wo sitzen die. Wenn du jetzt ein mittelständischer Händler bist in Rio de Janeiro, wäre es extrem unwahrscheinlich, dass du irgendwie einen Elastic Pass oder einen Intershop wählst, weil du willst irgendwie mit einer lokalen Agentur arbeiten oder vielleicht auch mit einer Agentur, die in Latam irgendwie groß ist. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass du bei einem Vitex landest, Sehr, sehr groß, obwohl das vielleicht gar nicht technisch die Lösung ist, die dich da am weitesten bringt, aber es ist im Wesentlichen, wie viele Agenturen investieren in deine Technologie, also wie viele Agenturen sind bereit, dann auch quasi die Zertifizierung zu durchlaufen für Entwickler, machen schon Projekte, haben Erfahrung in Projekten und dann kann man es dort entsprechend ausliefern. Das ist ein Vorteil für die großen alten Anbieter, so eine Adobe, SAP, aber auch ein Oracle, die sind per se einfach deutlich globaler aufgestellt, weil sie überall irgendwie Kunden haben, aber das lässt sich relativ gut covern mit einer guten Agenturabdeckung. Aber so einfach ist es nicht. Also es ist nicht so, dass wir jetzt eine Kampagne machen könnten, morgen in Uruguay. Ja, sozusagen hier Spryker für die Hälfte. Sozusagen mach jetzt deinen Shop mit Spryker. Das ist ein kleiner Baustein sozusagen in der Go-to-Market-Strategie, aber bei weitem nicht der wichtigste.
Jochen Krisch: Das ist ja sogar das Phänomen in dem Shop-Tech-Bereich, dass es wirklich sehr lokal ist. Also geh nach England, du hast andere Präferenzen. Geh nach Frankreich und du hast andere Präferenzen. Zum Teil auch Systeme, die da hochkommen. Also ein Miracle kommt ja aus Frankreich, PrestaShop. Das sind Namen, die dort Anklang finden, aber bei uns gar nichts. Deswegen ist es auch schwer, jetzt Shopware ist halt ein sehr starkes deutsches System oder Oxit, die versuchen jetzt erst international zu kommen, ähnlich Spryker, ähnlich Commerce Tools, ähnlich andere. Also deswegen auch, wenn wir von Playern, müssen wir gar nicht große Märkte, irgendwie Südamerika oder USA etc. sind, sondern einzelne Länder schon und dann hast du super unterschiedliche Welten.
Alexander Graf: Es reicht schon, in die Nordics zu gehen. Ich glaube, vor drei, vier Jahren haben wir angefangen, dann sozusagen in die Nordics auch zu expandieren. Ich hätte vorher gedacht, das ist so wie in Europa. Es gibt irgendwie so die Magento-Gruppe, dann gibt es irgendwie die SAP Hyper-Salesforce-Gruppe. Ist aber gar nicht so. Von so 100 Shops in Schweden gibt es, würde ich sagen, 90. Das sind so einzelne Agenturlösungen. Ja, da gibt es quasi, da hat quasi jede Agentur sich so sein eigenes E-Commerce-Setup gebaut und dann hat das dann den Shops verkauft, dann drei sind noch irgendwie Salesforce, ja, zwei sind nochmal Magento und dann gibt es vielleicht noch irgendwie lokalen Anbieter wie ein Unilog oder sowas, aber es ist ein ganz anderer Markt, also und wirklich jeder Markt ist ganz, ganz anders, also auch Holland hat einen ganz anderen Markt, also zum Beispiel gibt es in Holland keine Amazon-Angst. Weil Amazon dort noch nicht irgendwie groß ist, da gucken irgendwie alle auf Bol, die gucken ganz anders auch auf Systeme irgendwie drauf, die sind gefühlt irgendwie noch ein paar Jahre hinter dem deutschen Markt her. Also wenn man jetzt mal diesen Shopware Community Day, den es ja in Deutschland gibt, da immer in Shopping, wenn man die jetzt quasi mal überall auf der Welt machen würde, das sind immer andere Anbieter, ganz andere Lernkurve, die man irgendwie regional hochgelaufen ist. Frankreich habe jetzt nicht so viel Erfahrung, aber hat einen erheblichen Marktanteil, es ist wirklich ziemlich witzig.
Joel Kaczmarek: Und was hast du so für Erfahrungen mit den USA gemacht? Wenn du mal deine deutsche Erfahrung jetzt nimmst und dann mit den USA vergleichst, was war da für euch anders und wie kommt ihr da an bisher?
Alexander Graf: Gut, ich erinnere mich immer an einen Einspruch von einem Investor oder quasi einem interessierten Investor vor drei Jahren. Da ging es auch um Go-to-Market-USA. und wie funktioniert das, wie wählen das irgendwie Kunden aus. Und dann im Budget Cap Playbook ist ja immer so, die Gründer müssen darüber gehen und dann wird das irgendwie schon. Und da meinte er, naja, im Grunde genommen ist es so, wenn ihr jetzt in die USA geht … Ja, mit irgendwie Boris und Alex und nochmal irgendwie zwei, drei Mitarbeiter und dann Roadshows macht, dann ist es so, als würde der türkische Marktführer für E-Commerce-Software nach Deutschland kommen, sich in Berlin hinstellen und sagen, hier sind wir, jetzt kauft uns mal. Also du musst viel stärker über Partner dort wachsen, du musst natürlich auch dich mit den Analysten anfreunden und die auch überzeugen, dass deine Lösung irgendwie gut ist, weil die eine relativ große Sprachrichtung Kunden sind. Auch dort ist es ein ganz, ganz anderer Markt, sogar von Ostküste zur Westküste, zur Mittel-USA. Es ist sehr, sehr regional. Natürlich gibt es große Anbieter, aber die haben eine ganz andere Lernkurve durchlaufen, als wir das zum Beispiel in Deutschland bei den Anbietern gesehen haben. Und wir sind bei vielen Projekten in diesen Ausschreibungen drin. Wir haben jetzt auch einige Kunden dort gewonnen. Auch mit einigen Kunden machen wir da schon sehr, sehr erfolgreiche Geschäfte. Aber dadurch, dass es ja eine Relationship-Business ist, bei dem ich irgendwie erstmal dich kennenlernen muss, dich überzeugen muss, wenn du dann ein Kunde bist, dauert es halt ein bisschen. Aber dort wird das meiste Geld verteilt, muss man auch ganz klar sagen. Also das meiste Werbegeld von E-Commerce-Vendoren konzentriert sich in den USA, muss man ganz klar sagen.
Joel Kaczmarek: Jetzt mal als ganz naive Frage, du hast ja eben auch für Südamerika gesagt, dass es oft Agenturen sind, die quasi das Einfallstor sind zum Technologieanbieter, beziehungsweise braucht man die sogar für die Umsetzung. Was bedeutet denn das für eure Strategie? Könnte man auch über sowas nachdenken, sich an Agenturen zu beteiligen oder selber welche zu gründen oder muss man selber Beratung machen? Also da würde mich mal interessieren, mit welchem Kräfteverhältnis man da arbeitet.
Alexander Graf: Ja, das sehen die Investoren nicht so gerne, wenn du eine Agentur hast. Du musst immer so ein bisschen Ressourcen tatsächlich bereitstellen, um den Agenturen oder in den Projekten mal helfen zu können. Also du bist tatsächlich auch mal so ein bisschen in den Projekten involviert. Es ist jetzt nicht so, dass wir jetzt wie bei AOL früher die CD rausschicken und dann sozusagen wird das schon bei den Händlern, du bist da schon. Aber man muss natürlich sich genau aussuchen, welche Agenturen sind an welchem Projekt beteiligt. Wir haben da jetzt sicherlich einen anderen Marktzugang als andere. Du hast ja viele große globale Systemhäuser, wie so ein Deloitte, ein Essentia, ein BCG. Und du musst dir überlegen, wie sind die in ihren regionalen Entities aufgestellt? Mit was für Kunden arbeiten die? Die sind oft ja in der Phase, bevor das Projekt realisiert wird, schon involviert, machen dort irgendwie Beratung, machen Marktanalysen. Das ist jetzt sicherlich nicht so, wie wir in Deutschland gewachsen sind in den letzten Jahren, dass du jetzt da in Sao Paulo irgendwie eine Zehn-Mann-Agentur überzeugen kannst, dass sie jetzt irgendwie Spryker-Fan werden und damit dann wachsen. Also das kann mal ein Lucky Shot sein. Es funktioniert aber in der Regel über große globale Netzwerke. Es ist eher so, dass sich, glaube ich, Agenturen überlegen, aufgrund der Bewertungsthebel, die es da gerade gibt, sich E-Commerce-Anbieter zu kaufen. Und die Großen tun sich halt ganz schwer mit solchen Strategien, weil die natürlich sagen, wir sind ja agnostisch. Jede Agentur sagt, wir sind komplett vendorunabhängig. Wir machen das Beste für den Kunden. Für den Händler stimmt natürlich nicht, aber das ist so ein bisschen der Pitch. Da versucht man sich so rauszuhalten. Aber es fehlt uns nicht an Ideen, Marketing und Go-to-Market-Geld sinnvoll einzusetzen. Aus nachvollziehbaren Gründen kann ich jetzt nicht alles sagen, aber dass man den großen Partnern helfen muss, ihre Projekte besser umsetzen zu können, effizienter umsetzen zu können und dass die natürlich auch auf der Suche nach Zukunftstechnologie sind, das dürfte klar sein.
Joel Kaczmarek: Jetzt kommen wir mal noch abschließend vielleicht zur Marktsituation aus Investorensicht, wobei ich mal konservativer anfangen würde. Du hast ja vorhin erzählt, best of breed versus best of sweet, weil mein initialer Gedanke wäre sonst gewesen, es könnte ja interessant sein, als SAP sich hinzusetzen und mir irgendwie zwei, drei Player zu kaufen, vielleicht auch so lokale Anbieter, um mein Geschäft dann auszuweiten. Oder zu sagen, ich habe meine Lösung eher monolithisch-konservativ und hole mir jetzt noch einen Spryker mit an Bord für jemanden, der innovativer sein will, dann kann ich dem Markt mehr anbieten. Macht so eine Konsolidierung Sinn in dem Markt? Wird die kommen? oder ist das genau das, was du sagst, ist so verästelt? Da tut man sich gar nicht so sehr einen Gefallen mit, weil du ja auch dann ganz viele Systeme nebeneinander hast, die du gar nicht mehr integriert kriegst.
Alexander Graf: Bleiben wir mal bei der Kundensicht. Was ist denn gut für den Kunden? Der Kunde möchte ja maximale Flexibilität und da ist er quasi für das Problem, bei dem er bei einem Anbieter wie uns eine Lösung einkauft, dass er sich auch darauf konzentriert. Das kriegt er natürlich in der Regel besser hin, wenn wir irgendwie nicht ein Teil von SAP oder Oracle sind. Das sagen ja Kunden auch, deswegen wechseln sie auch von großen Anbietern. Die Realität ist natürlich, dass es in den letzten Wellen der E-Commerce-Anbieter immer so eine Konsolidierungsphase gab. Adobe hat Magento gekauft, weil sie bei Hybris nicht zum Zug gekommen sind und auch nicht bei Salesforce zum Zug gekommen sind. Deswegen haben sie einen absurden Preis für Magento bezahlt. Hybris ist ja noch gar nicht so lange her, dass das verkauft worden ist. Ich glaube, es war 2012, wenn ich mich richtig erinnere. Da hatte Hybris so fünf, sechs sehr erfolgreiche Jahre gerade hinter sich und wurde dann von SAP für 1,2 Milliarden gekauft. Demandware wurde vor, ich habe den Preis schon wieder vergessen, aber grob zwei Milliarden Dollar, glaube ich, von Salesforce akquiriert. Das ist, glaube ich, mittlerweile auch ein sehr erfolgreiches Produkt. Die haben noch drei andere Produkte mittlerweile, haben noch mehr dazu gekauft, als die aus so einer Suite- anbieter sicht. sozusagen gibt schon immer so ein bisschen idee dass man da was dazu kauft. so salesforce konzentriert sich sehr auf seine ganze slack akquisition aus einer händler sicht. ist das nicht immer sinnvoll muss man ganz klar sagen. die händler wollen eigentlich so sagen dass du einen sehr starken flexiblen anbieter ist der sich auf dieses eine problem konzentriert und aufgrund der bewertungs multipliz die wir letzten zwei jahren jahr gesehen haben wird natürlich auch für die großen anbieter auch gar nicht mehr so einfach finanzierbar jetzt mal dazu zu kaufen. also die preise sind hoch. Du hast mittlerweile sehr, sehr transparente Daten über die Börsengänge von BigCommerce und Vitex und siehst ja, was da irgendwie passiert. Und da kann jetzt auch ein SAP nicht mal hier mal 5 Milliarden und da mal 8 Milliarden. Das ist einfach zu teuer. Die müssen sich schon sehr genau überlegen, was ist eigentlich deren Sweepspot? Welches Problem lösen sie denn eigentlich für deren Kunden? Und die sind immer noch damit beschäftigt, Hybris zu integrieren. Deswegen, glaube ich, gucken sie sich natürlich irgendwie alles an. Dafür haben die auch M&A-Abteilung. Aber ich würde eher erwarten, dass wir entweder eine deutlich spätere Konsolidierungswelle sehen oder einfach große Spezialisten, weil der Kapitalmarkt das mittlerweile hergibt. Also wir sind ja nicht darauf angewiesen, von irgendjemandem gekauft zu werden. Der Kapitalmarkt bietet ja ausreichend Geld, um alle unsere Ideen, alle unsere Initiativen über Jahre hinweg durchzufinanzieren. Und da sind wir noch nicht mal bei 5 Prozent von dem, was wir machen wollen. Und die anderen 95 Prozent, die da kommen, sind ja im höchsten Interesse unserer Kunden. Und dazu gehört wahrscheinlich jetzt nicht so eine Übernahme, muss man ganz klar sagen. Ja.
Jochen Krisch: Ich meine, Shopify ist natürlich jetzt die Inspirationsquelle, wenn man sieht, wie das wächst und gedeiht und bewertet ist. Also die ist ja kaum übernahmefähig. Also wer sollte das übernehmen, wenn da müsste es ein ganz Großer sein? Amazons, Alibabas etc. Aber das ist eigentlich auch das Schöne an dem Markt. Also es gibt immer diese Konsolidierungen, die, wie Alex gut beschrieben hat, eigentlich nicht aus Händersicht, sondern aus Anbietersicht kommen. Und dann gibt es immer wieder neue, die nachkommen. Und jetzt haben wir eine Mobile-Welle, haben wir eine Marktplatzwelle, haben wir Spezialisten aus unterschiedlichen Bereichen, die da hochkommen, die dann auch gucken, wie docken sie an oder werden sie selber mächtige Player in dem Bereich. Und das finde ich eigentlich das Interessante daran. Das macht es für den Händler nicht unbedingt immer einfacher. Deswegen, wie gesagt, plädiere ich dafür eine Lösung, die einem nichts verbaut, sodass man da auch mit den neuen Playern, dass man die auch nutzen kann, andocken kann etc. Aber das finde ich auch wichtig, weil eine Zeit lang war wirklich so eine Einstellung, jetzt kommt diese Konsolidierung und dann ist der Markt weg. Fertig?
Alexander Graf: Ja, genau.
Jochen Krisch: Dann haben wir alle Lösungen und Systeme.
Alexander Graf: Was ist denn jetzt das beste System? Was ist denn jetzt rausgekommen?
Jochen Krisch: Genau. Und dann gibt es die drei, vier ganz großen und genauso ist es halt nicht gekommen. Das war meine Diskussion auch immer mit Investoren, die einfach dann sagen, ja, aber das ist doch tot, da kommt doch nichts mehr. Und was soll doch anders überhaupt kommen? Also wenn man auch nur Shop-System ist System für den Online-Shop denkt, dann ist das so. Aber Shop-System ist eben Plattform für E-Commerce-Lösungen. Das ist ein anderer Denkansatz und das finde ich eigentlich das Interessante, dass man wirkt. jetzt, gerade jetzt ist auch so eine Innovationswelle gewesen, die letzten drei, vier, fünf Jahre. Jetzt kommen super spezialisierte Frontend-Lösungen für Beratungslösungen, für alle möglichen Geschichten. Also es ist ja nicht so, dass schon alles abgedeckt wäre, was der Online-Handel machen muss. Wir haben hochpreisige Produkte, wir haben spezialisierte Produkte. Allein nur in dem B2C-Markt gibt es so viele Möglichkeiten, Online-Handel zu betreiben. Und alle etablierten Lösungen, und das war so ein bisschen das Fatale in den letzten Jahren, und das war das fatale Stichwort Headless, auf den Backend-Bereich gestürzt. Systeme integrieren, Schnittstellen etc. Und die Musik aus Handelssicht spielt aber eigentlich im Frontend-Bereich. Auch da andocken eben an Instagram, Facebook und Instagram. Marktplätze etc. Für B2C. In B2C. Ich bin ja nur B2C. Ich kann mich B2B gar nicht sagen. Und allein nur in dem B2C-Segment ist so viel noch Schwung drin. Und ja, da tut sich sicherlich noch einiges.
Alexander Graf: Und da muss man auch ganz klar sagen, das Exciting Commerce ist ja auch ein extrem schönes Zeitdokument. Also Jochen hat ja auch die Spryker-Gründung so ein bisschen mit dokumentiert. Da kann man sich ja die Kommentare auch ein bisschen durchlesen. Das wurde nicht immer positiv begleitet vom Markt.
Jochen Krisch: Nicht immer ist gut, ja.
Alexander Graf: Es ist immer dann die Idee, warum, was macht das besser, wofür braucht man das? Genau die gleiche Diskussion hatten wir mit About You und Zalando auch, weil es gibt doch schon Zalando, das ist groß. Aber ich meine, das hat dieser Markt gezeigt. Es gibt so viel Neues, es geht vor allem um Momentum. Man muss sich quasi immer in Momentum investieren und sich angucken, wo ist da viel Bewegung. Momentan kommt diese Bewegung sehr, sehr stark von diesen großen globalen Marktplätzen, aber auch von Nischenlösungen. Und ich hatte mal einen anderen Artikel geschrieben, ich glaube, der hieß »Der Longtail wird fett«. Ja, also Lösungen, für die es vielleicht vor zehn Jahren irgendwie fünf Kunden gab, also entweder B2C oder B2B, die haben jetzt irgendwie tausende Kunden. Und das hat mich auch überrascht zum Beispiel, als ich den Richard McKenzie interviewt habe. Das ist der Chef von Ocado Solutions. Die haben irgendwie zehn Kunden, davon sind irgendwie drei live. Einer davon ist irgendwie Ocado mit Milliarden bewertet. Die machen jetzt nicht nur E-Commerce-Software, die machen auch vor allem das ganze Thema Fulfillment und Wegemanagement für die Trucks und viele, viele andere Sachen noch links und rechts daneben. Das ist irgendwie so eine Nischenlösung, die komplett in keiner Gartner-Analyse vor. Die ist aber irgendwie super relevant für jemanden, der irgendwie in Spanien oder in Holland oder wo auch immer sozusagen einen großen Supermarkt betreibt und dort irgendwie führen werden will. Sicherlich auch was für Rewe, die ja auch nicht vom Fleck kommen in den letzten Jahren. Und der hat einen ganz anderen Vertriebsansatz. Er sagt, er sucht sich pro Markt einen Anbieter und verkauft an den exklusiv. Weil ansonsten würde es nach vorne irgendwie nicht so richtig funktionieren. Und schon da reden wir nur über diese 10, 20, 30 Kunden, die in den nächsten 5 Jahren bedient. Über einen Milliardenmarkt, bewertungsseitig, sicherlich viele hundert Millionen Euro Umsatz, vielleicht auch Milliarden. Und von diesen Märkten gibt es Dutzende. Es gibt wirklich Dutzende. Und das macht es auch schwieriger nach vorne für die Analysten von einem Garten oder Forrester, das irgendwie noch zu segmentieren. Also für die fällt es auch total schwierig. Das merken wir jetzt zum Beispiel im Thema Marktplatzlösung, bei der wir auch mitspielen. Das so zu abstrahieren oder Frontend as a Service zu abstrahieren, was bedeutet das eigentlich? Ist das jetzt ein E-Commerce-Anbieter? Ist das ein eigener? Ist das ein eigenes Segment? Gibt es da andere Kunden dafür? Also diese Verästelung, die findet in allen Bereichen statt und das macht es natürlich auch deutlich schwieriger für die Händler oder jetzt auch für die Berater jetzt wie Jochen dort eine eindeutige Antwort zu finden. Man kann schon sagen, mit welchem Anbieter man wahrscheinlich nicht kooperieren sollte, aber man kann das nicht umdrehen. Man kann nicht sagen, was ist jetzt der Beste für euch? Das ist zu komplex und es wird komplexer noch.
Joel Kaczmarek: Erzähl uns doch nochmal was. abschließend von der Investorenfront. Wie viel Umsatz macht ihr gerade?
Alexander Graf: Ja, das kommunizieren wir natürlich nicht öffentlich, aber sehr auskömmlich und über 100% im Jahr steigend. Das kann ich schon mal sagen.
Joel Kaczmarek: Roundabout 30 Millionen wurde mir mal kommuniziert. Kommt das hin?
Alexander Graf: Da gibt es verschiedene Zahlen im Markt, die ich bisher gesehen habe.
Joel Kaczmarek: Also mir wurde erzählt, so around about 30 Millionen bei Bewertung von knapp einer Milliarde, wo man sich so fragt.
Alexander Graf: Mir wurde erzählt, Zalando verdient kein Geld. Ja, guck. Was stimmt denn jetzt?
Joel Kaczmarek: Aber wenn das stimmt, wovon ich mal, naja, let's see. Also so oder so, glaube ich, habt ihr astronomische Multiples gefühlt. Also ihr könnt euch aussuchen, wer euch gerade das Geld hereinwirft. Wieso ist das so?
Alexander Graf: Also wieso das ist, muss man, glaube ich, eher in den Börsenguru fragen, aber auch da kann man sich mal angucken, was waren denn die Multiples für SaaS-Unternehmen vor Corona? Also in unserem Segment wird ja der Recurrent Revenue bewertet, also wie viele wiederkehrende Umsätze gibt es? sozusagen, wiederkehrende Software-Umsätze gibt es. Und das war so vor dem Corona-Effekt war das irgendwie so zwölfmal ARR. Das heißt, wenn du eine Million sozusagen wiederkehrende Umsatz pro Jahr gemacht hast, war dein Unternehmen dann irgendwie zwölf Millionen wert. So und dann während Corona hatten ja irgendwie alle Angst. Ja, März, April letzten Jahres sind es runtergekippt auf acht. Dann ist auf einmal die Kurve wieder gestiegen, Richtung, I don't know, 15, 20. Das war ja auch die Phase, wo wir dann eine Finanzierungsrunde gemacht haben mit TCV. Und mittlerweile ist halt diese Kurve deutlich nach oben gegangen. Also diese Wiederkehren und Umsätze bei Softwareunternehmen, die immer einer hohen Marge unterliegen, die sind halt gestiegen bei vielen SaaS-Unternehmen. Ich glaube, das Extrem war gerade Central, wo, glaube ich, Tiger Global investiert hat. Die machen unter einer Million Jahresumsatz, werden aber bewertet mit 700 Millionen Dollar Softwareunternehmen. Und das sind natürlich jetzt Werte, wo jetzt mein Ausbildungsleiter an der Universität für Betriebswirtschaftslehre es schon schwer haben dürfte, dort entsprechende Erklärungsmodelle zu finden. Also sozusagen Mikro- und Makroökonomisch. Aber das ist der Markt. Also es gibt momentan sehr, sehr stark in die Zukunft projizierte Bewertung. Also sozusagen dadurch, dass das Kapital günstig ist, hast du quasi eigentlich einen Nullzinseffekt und investierst dann in Unternehmen, die stark wachsen, die eine hohe Kundentreue haben, sozusagen die sich auch global ausbreiten. Es gibt jetzt nicht nur diese Umsatzvariable, wenn sich Investoren das angucken, sondern auch noch so vier, fünf andere KPIs, die da richtig und wichtig sind. Bei diesen SaaS-Unternehmen, zu denen wir auch gezählt werden und das führt natürlich dann zu Effekten, die du ja selber ausrechnen kannst. Wenn wir vor einem Jahr eine Finanzierungsnummer gemacht haben und dort x Euro Umsatz hatten und dann jetzt dann 500 Millionen Dollar haben wir ja kommuniziert, Wert waren, wir jetzt über 100 Prozent wachsen und die Multiples steigen, werden wir jetzt nicht weniger als 500 Millionen Dollar wert sein. Das sind ja so strategische Belegungen, die ja jeder für sich selber anstellen muss. Sozusagen nimmt er diese Möglichkeit mit, dort zu sehr günstigen Konditionen Geld am Markt aufzunehmen. Ja oder nein? Gibt es genug Wachstumsinitiativen, in die man das jetzt sinnvoll investieren kann? Also sehr, sehr zukunftsgerichtete Wachstumsperspektiven, weil nur Cash auf dem Konto bringt ja jetzt irgendwie auch nichts. Aber, muss man ganz klar zusammenfassen, wir sind natürlich in einem Gründermarkt. Also quasi, wenn du ein gutes Asset hast, was stark wächst, was auch eine gute Zukunftsprognose hat, ist das sicherlich ein Markt, bei dem du jetzt nicht die Investoren aussuchen kannst, aber bei dem es deutlich einfacher geworden ist, dann auch Geld zu allokieren.
Joel Kaczmarek: Ich meine, ist es nicht sogar so, ich kriege immer mit, es werden ja irgendwie relativ viele Fonds auch neu aufgesetzt oder Folgefonds von schon bestehenden. Ich frage mich manchmal, wo die das ganze Geld ausgegeben kriegen. Und wenn ich mich mit Menschen wie dir unterhalte, dann höre ich immer nur, dass irgendwie so ein Tiger kommt, dass so ein Iconic kommt. Da wird ein Geldkoffer vor die Tür gestellt, der ist irgendwie siebenmal so groß wie bei allen anderen und ohne Fragen. Ist das so realistisch? Also seid ihr wirklich in einem so starken Gründermarkt, dass ihr bei den Investoren euch das aussuchen könnt und dass man wirklich diesen Run derartig hat?
Alexander Graf: Also einen Geldkoffer hat mir noch keiner vor die Tür gestellt, aber wäre ein interessanter Ansatz. Können wir nochmal verlinken, an welche Adresse man das hier stellen muss. Ich weiß gar nicht, wo ich es letztens gelesen habe, es gibt sicherlich mehr als 1000 Milliarden sozusagen an nicht allokiertes Kapital in diesen sozusagen PI-VC-Strukturen, ja, und da kommen quasi durch die Notenbanken am Ende des Tages jeden Tag ein paar Milliarden dazu, also wirklich jeden Tag ein paar Milliarden. Und die suchen sich ja eine Anlage. Das führt zu teilweise verrückten Konstellationen, muss man auch ganz klar sagen. Vieles von dem Geld fließt ja auch an die Börse. Deswegen gibt es ja immer noch relativ viele Börsengänge von Technologieunternehmen. Aber einen Geldkoffer habe ich in Berlin noch nicht gesehen, zumindest nicht vor unserem Büro. Muss ja Boris anrufen, vielleicht hat er schon was gesehen. Das ist sicherlich so. Das Modell, mit dem wir unterwegs sind, das hat sehr treue Kunden. Ich glaube, wir sind technisch in einer sehr, sehr guten Richtung unterwegs, haben mit diesem B2B-Marktplatz-Fokus sicherlich auch ein Thema, was in den nächsten fünf bis zehn Jahren funktioniert. Das heißt, das Risiko für den Investor ist jetzt nicht so mega hoch. Das ist jetzt kein Startup-Risiko mehr, bei dem uns morgen die Kunden abhanden. kommen. Und das ist, glaube ich, total schwierig, das hat man ja im Vorgespräch auch gesagt, wenn du jetzt ein Investor bist und es gewohnt bist, jetzt den 10-fachen ARA-Multiple zu zahlen. Oder vielleicht, wenn es mal hochkommt, den 15-fachen. Ja, und du jetzt zu deinen LPs gehen musstest und denen das erklären musstest, warum du das machst. Und jetzt siehst du auf einmal Deals, wo das 50-fache gezahlt wird. Das jetzt zu verstehen und zu verarbeiten aus einer Investorensicht, das stelle ich mir gar nicht so einfach vor. Mit dem würde ich jetzt nicht tauschen wollen. Vor zehn Jahren hätte ich gesagt, das ist bestimmt total cool, mit einem Privatjet mit den Milliarden durch die Gegend zu fliegen, aber jetzt immer in so einem Markt, wo so viel Geld unterwegs ist, eigentlich immer noch ein höherer Multiple zahlen zu müssen, um überhaupt dabei sein zu können, da reicht auch ein gutes Netzwerk oft nicht mehr aus.
Jochen Krisch: Man sollte zumindest schon mal Jobpläne haben in fünf Jahren, wenn bekannt ist, dass man zu Höchstkursen gekauft hat, dann wird es schwierig. Jetzt gerade ist es nicht vermeidbar, sind die Bewertungen halt so hoch, aber es ist schon ein absurder Markt gerade.
Alexander Graf: Aber auch dann, und das ist ja das Spannende, die Leute, die diese Fonds managen, das sind ja nicht, denen das Geld gehört, die haben mit eigenem Geld ein bisschen was gemacht, aber in der Regel sind es Angestellte. Jetzt in diesem Markt einfach nichts zu machen und abzuwarten, in einem Markt, bei dem wir seit fünf Jahren alle das erzählen, es steigt, es steigt und steigt, aber es fällt nicht mehr runter. Vor fünf Jahren hast du angefangen zu warten, da hättest du vielleicht noch für einen fünffachen AERA kaufen können. Jetzt kostet es 50-fach. und jetzt kommt da hinten jemand um die Ecke, der ist jetzt ein Jahr im Markt aktiv und der sagt, ich zahle den 70-fachen AERA. Super interessant natürlich, aber schwer auszuhalten. Aber, das muss ich auch ganz klar sagen, das ist nicht zu Sprykers Nachteil.
Jochen Krisch: Nein, alle Unternehmer, alle Gründer, also gerade im Tech-Bereich, sind gerade in einer sehr guten Position, muss man auch sagen. Die Weitsicht war ja vor fünf, sechs, sieben, acht Jahren, als er begonnen hat. Da war die Zeit ja nicht so ideal.
Alexander Graf: Ja gut, aber was soll ich anders machen? Ich kann ja nichts anderes. Aber auch da ist ja so, wir suchen jetzt ja nicht Investoren aus, um dann möglichst schnell über den Spack an die Börse zu gehen. Boris und ich, wir können ja nichts anderes. Wir bleiben ja an diesem Markt sozusagen, bis uns jemand hier vertreibt. Wenn wir jetzt vor fünf Jahren eine Finanzierung gemacht hätten, dann hätten wir damit jetzt alle Initiativen der nächsten zwölf Monate vorfinanzieren können. Jetzt können wir natürlich mit Geld Initiativen vorfinanzieren, die irgendwie so einen drei, vier, fünf Jahres Return erst erwirtschaften. Das heißt, wir können nochmal deutlich mehr in die Zukunft, deutlich globaler investieren. Und das ist natürlich eine Traumvoraussetzung für jeden Gründer, dass ja eigentlich jede gute Idee, wenn du ein gutes Team hast, dass wir die jetzt auch angehen können. Nicht alle davon werden funktionieren, nicht alles davon hat noch einen Return für die Händler. Aber es ist natürlich extrem cool, in so einem Markt unterwegs zu sein, wo man jetzt ja noch aggressiver, noch progressiver die Zukunft mitgestalten kann. Und wenn man das Geld jetzt so einsetzen kann, ich finde das ziemlich cool.
Joel Kaczmarek: Gut, lieber Jochen, wir lernen, das nächste Schnitzel oder der nächste Veggie-Burger geht auf Alex kosten und bedanken uns ganz herzlich dafür, dass er uns mit seiner Weisheit hier zum Markt bereichert hat und dir auch, lieber Jochen, dass du die Stimme der Vernunft warst, die wir gegen Alex halten durften. Also auch wenn nur ein Shop-System am Tisch saß, glaube ich, war das ganz entertaining. und für Alex-Verhältnisse, ich habe dich noch nie so lange reden hören und dann noch so wenig Zynismen.
Alexander Graf: Also ich bin begeistert. Ja, ich versuche mich zu ver
Jochen Krisch: Das ist viel im Schweren, nicht gegen die Konkurrenz zu schießen, aber das ist auch ein guter Zugang.
Alexander Graf: Es sind alle in einem Markt. Der Markt wächst ja für alle. Es war ja nicht immer so ein Unding, dass man so hart immer gegen andere basht. Es gibt für jeden, nicht für alle in diesen Quartern, aber da möchte ich jetzt keinen nennen, aber es gibt für jeden eigentlich ein auskommliches Geschäft.
Jochen Krisch: Jetzt kommt es doch noch durch. Schwellen noch ein bisschen sticheln und wir fahren noch.
Alexander Graf: Ich mag die anderen auch. Die helfen uns auch oft.
Jochen Krisch: Ja, du empfiehlst die anderen auch immer gerne. Wenn es eben nicht so sophisticated sein muss. Absolut.
Alexander Graf: Wenn man keine gute Digitalstrategie hat, dann reicht auch ein Shopify.
Joel Kaczmarek: Guck, habe ich es doch noch geschafft auf den letzten Meter hier. Gut, ihr Lieben, es hat viel Spaß gemacht. Ich bedanke mich ganz herzlich und freue mich schon auf unser nächstes Zusammentreffen.
Alexander Graf: Vielen Dank.
Jochen Krisch: Tschüss.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.