Plattformökonomie: Die Implikationen der GAFA-Welt
16. Mai 2017, mit Joel Kaczmarek, Alexander Graf, Jochen Krisch
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem komplett neuen Podcast-Format von digital kompakt. Eigentlich ist das ein bisschen vermessen zu sagen von Digitalkompakt. Hier sitzen zwei exzellente Podcaster und ich an einem Tisch. Wir wollen über E-Commerce sprechen. Deswegen ist nur mein Gedanke, dass wir das E-Commerce-Crossover bezeichnen. Und es ist nicht gelogen, ich klinge immer ironisch, wenn ich Leuten Komplimente mache, es ist nicht gelogen, die beiden Herren, die mit mir am Tisch sitzen, die sind für mich auf eine Art Vorbilder. Auf ganz eigene Art sage ich gleich was zu. Stellt euch doch mal mit eigenen Worten vor, wir fangen links an.
Alexander Graf: Ja, erstmal vielen Dank für die Einladung. Ich bin Alex Graf, Gründer und Geschäftsführer von Spryker und Herausgeber von Kassenzone. Das hat auch einen Podcast und meine exzellenten Vorbilder seid ihr. Insofern kann ich das Kompliment nur zurückgeben.
Joel Kaczmarek: Ja, ich muss sagen, du bist wirklich ein Vorbild für mich, weil ich es bewundernswert finde, wie genial du Content-Marketing machst, deine Kanäle bespielst mit geringem Aufwand. Das ist ja eigentlich gar nicht dein Kerngeschäft. und dann immer sozusagen tiefen Fokus, Leute richtig schlaue Sachen fragen und so. Also das meine ich ernsthaft. Hut ab, das ist bin ich dir dankbar, dass ich von dir lernen darf. Bei allen Scherzen, die wir machen, sei das mal ernsthaft gesagt. So, aber meine rechte Seite ist nicht minder potent besetzt. Stell dich auch mal ganz kurz vor.
Jochen Krisch: Jochen Krisch von Exciting Commerce. Auch danke für die Einladung, für die Möglichkeit. Ja, ich bin zum Podcasten tatsächlich über Marcel Weiß gekommen. Mit dem zusammen mache ich Exchanges jetzt schon seit viereinhalb Jahren. Also wir haben so eine Zeit begonnen, wo ich auch nicht dachte, dass das Podcast-Thema dann so eine Relevanz bekommen könnte. Aber eigentlich Exciting Commerce als Blog seit zwölf Jahren und die K5-Konferenzen, die sich jetzt so als Strategie- und Wachstumskonferenzen verstehen und ich denke, da einen ganz guten Stand in der Szene haben.
Joel Kaczmarek: Ja, absolut. Auch zu dir muss ich ein, zwei Sätze sagen. Ich war, vor kurzem war ich beim Handelsblatt und ich habe moderiert auf einem Event. Ich bilde mir ein, da warst du sogar auch am zweiten Tag, Alex, und hast Vortrag gehalten. Und es war faszinierend, dass die über den Tag hinweg, die vier, fünf Stunden, die ich da am Vormittag war, ist, glaube ich, drei, vier Mal der Name auf der Bühne gefallen, Jochen, ohne dass du da warst, weil die deine These sozusagen zusammengefasst haben und diskutiert haben. Allen Lesern sei mal ans Herz gelegt. Kassenzolle.de müssen sie sich mal angucken. Wie gesagt, den Podcast, aber auch die Artikel. Und genauso Exciting Commerce von Jochen, wo ich faszinierend finde, mit wie wenigen Worten, teilweise mit Zitaten und irgendwie, Ja, so ein bisschen wie so eine Collage aus Informationen, du sehr, sehr spannende Thesen eigentlich ausarbeitest, in die man eintauchen kann. Der Podcast auch sehr, sehr hörenswert. Also die Exchanges solltet ihr auch mal abonnieren auf Soundcloud oder auf iTunes. Und die K5-Konferenz, das ist da auch mal ein Satz zu sagen, weil wir wollen heute nämlich unser erstes Thema über Plattformökonomie reden. Wir sitzen nämlich gerade auf der Zalando Visions, vielleicht hört man im Hintergrund so ein bisschen das Rauschen. Und auf der K5 ist es ja auch ein bisschen Thema, also der Dachthema, den ich so richtig mitgeschnitten habe. Du weißt da auch sehr viel zu, schreibst viel zu. Sag doch mal zur K5 generell ein bisschen, auch ein, zwei Sätze.
Jochen Krisch: Bietet sich auch an, das jetzt als Hauptthema zu nehmen, weil alles in die Richtung geht. Ich glaube, auch ein bisschen durch Zalando bewirkt einfach die Öffnung der Plattform. Und seit sich Zalando quasi von einem Schuhhändler zum Modehändler und dann wirklich zur Modeplattform gewandelt hat, sieht man im Prinzip auch, was das an Möglichkeiten bietet. Jetzt Zusatzerlösströme, auch Integration von Marken, von lokalen Anbietern. Also wirklich ein, ich hasse das Wort, aber Ökosystem drumherum zu machen. Und das Ziel der K5 ist ja eigentlich immer so, die E-Commerce-Konferenz für Fortgeschrittene zu machen, wo man sich dann auch mit Zukunftsthemen befassen kann. Und ich glaube, das sind die Chancen für alle Beteiligten. Ich hoffe, wir können da noch ein bisschen eingehen. Alex ist da auch super tief drin. Was haben Markenhersteller für neue Möglichkeiten, an Kunden zu kommen oder sich in bestehende Systeme zu integrieren? Wie müssen sich Händler darauf einstellen? Muss jeder Händler zu einem Marktplatz werden, was gerade so der Trend oder die Tendenz ist? Also es sind alles so Aspekte, wo man einfach sieht, das transformiert sich gerade komplett branchenseitig. Und es ist einfach spannend, auch dann zu gucken, wer sind die Gewinner, Verlierer? Also auf der K5 konzentrieren wir uns natürlich tendenziell immer auf die Gewinner und versuchen so die, Jetzt Startups und Wachstumsunternehmen da einzuladen. und ist durchaus auch mal spannend, die zum Teil jedes Jahr da zu haben. Wir haben eigentlich, glaube ich, von Anfang an irgendwie West Wing ist so eins, das was am häufigsten mit da war, einfach auch zu sehen, wie wachst du mit. Wir haben jetzt gestandene Unternehmen, Zalando ist riesig groß, andere auch.
Joel Kaczmarek: Sag mal ein bisschen, wann machst du das, wo machst du das? und vielleicht auch ein bisschen zu dem Format, weil ich finde phänomenal gut, wie du das inhaltlich auch zeigst.
Jochen Krisch: Die ist in diesem Jahr, 2017, am 22. und 23. Juni in Berlin, das erste Mal groß in Berlin. Wir haben das letztes Jahr getestet, nachdem wir vor ein paar Jahren schon viele Konferenzen in Berlin gemacht haben, was ich als Stadt spannend finde und auch vor allen Dingen spannend, weil die ganzen Speaker natürlich auch hier sitzen. Und Format ist tatsächlich, versucht das immer so ein bisschen, für mich. Vorbilder. jetzt in dem Kontext sind die amerikanischen Konferenzen. was so eine TechCrunch Disrupt mal gemacht hat oder andere Tech-Konferenzen, wo man eigentlich eher in einem Austauschformat, Q&A-Sessions, versucht, miteinander zu sprechen und da durchaus tief einzusteigen und halt wegzugehen von dem typischen PowerPoint-Chart, wo man nur das draufschreiben kann, was man auch wirklich dann belegbar weiterkommunizieren kann. Und so kann man dann in vertraulicheren oder sagen wir mal von der Atmosphäre privateren Gesprächsformaten ein bisschen tiefere Insights bekommen. Das ist eigentlich das Ziel.
Joel Kaczmarek: Ja, ich finde, das ist nämlich genau das, was dich irgendwie ausmacht. Man darf ja dazu sagen, als ich noch bei Gründerszene war, damals seid ihr damit gestartet und wenn ich mich richtig erinnere, haben wir auch eure Vermarktung gemacht. Es war faszinierend. Die Karten haben sich wie geschnitten Brot verkauft damals. Das war fast ein Selbstläufer, weil die, glaube ich, einfach inhaltlich sehr, sehr gut ist, die Konferenz. Und genau dieser Punkt, den du sagst, so wie so ein bisschen Wohnzimmeratmosphäre, Intimus da, die Sachen austauschen, das finde ich ist genau spannend. Also mir ist hängengeblieben, auf der Home & Living war ich bei dir, wie du mit Butlers geredet hattest. Die haben ja erst so ein bisschen was gemacht. Man hat halt nicht so dieses Gebullshit, dass Leute da ihre Folien hinhängen und nur über sich reden.
Alexander Graf: War das nicht bei Live Shopping Days in Berlin? Da ist der allererste Podcast von Kassenzonen entstanden mit Hubertus Besson in so einem Nebenraum.
Jochen Krisch: Absolut. Also das war die Berliner Innovationsphase, sage ich jetzt mal. Berlin ist für mich jetzt eher so das Thema für Strategie und Wachstumsthemen. Es explodiert ja alles. Die Live Shopping Days waren ausgehend von Shopping Clubs und den ganzen interaktiven Aktionsformaten, das sich dann eben erweitert hat. Und irgendwann haben wir einfach festgestellt, wir können auch in andere Segmente. Also so ist ja Exciting Commerce auch entstanden, eigentlich so als die Plattform für neue Konzepte, Innovationen, Startups und alles, was in dem 2005, 2006 da wirklich neu entstanden ist. Dann die Konferenz und so ist es letztendlich auch. Man muss es immer historisch, kann man es verstehen, dass die Leute, die das anspricht, dann eben auch auf Konferenzen kommen. Ist aber bei Kassenzone, glaube ich, nicht anders. Wenn ihr jetzt den Digital Commerce Day macht und andere Veranstaltungen, dass man auch eben aus der Leserschaft heraus sagt, ja, das finden wir auf jeden Fall spannend. Wir kennen die Leute, vielleicht sind es nicht die superprominenten Namen, die auf der Bühne sind. Wir wissen aber, sowohl Veranstalter als auch in der Kombination können wir da wahrscheinlich mehr draus ziehen als aus einer typischen klassischen Branchenkonferenz.
Joel Kaczmarek: Also man merkt, der Kollege Graf ist ja auch eventseitig aktiv. Der hat mir gesagt, die sind so brutal erfolgreich, die muss man gar nicht mehr erwähnen hier.
Alexander Graf: Das habe ich gar nicht gesagt. Aber ich finde, die K5 können wir hier ruhig mal in den Vordergrund drücken, weil bis zum nächsten Jahr können sich die Leute sowieso nicht mehr erinnern, dass wir hier im Podcast über den Digital Commerce Day gesprochen haben. Und die ist ja demnächst. Und es gibt ja auch noch günstige Tickets für die K5. Ich bin da auch. Das ist eine super Konferenz.
Joel Kaczmarek: Alex, dann zeig mal, was du kannst. Lass uns doch mal eintauchen. Plattformökonomie, haben wir gesagt, ist unser Dachthema. Gib doch mal für alle Menschen, die jetzt vielleicht nicht täglich Kassenzone bisher gelesen haben, das jetzt aber ändern, so ein bisschen so einen Definitionsblick. Was genau macht eigentlich eine Plattformökonomie aus? Wie funktioniert das?
Alexander Graf: Ja, da versuche ich mal so ein bisschen tiefer zu graben. Ich habe ja angefangen, so vor zehn Jahren in der Otto-Gruppe mal mich in diesem Thema Zukunftsgeschäftsmittel auseinanderzusetzen. Da bin ich dann auch in den Kontakt zu Jochen gekommen. Und daraus ist ja auch Kassenzone übrigens entstanden. Als Exciting Commerce war das Vorbild. Und da hatten wir immer noch so ein bisschen die Idee, das gibt fixe Geschäftsmittel online, also quasi einen ganz, ganz eigenen Zugang zu Kunden haben, diese Kunden auch besitzen können. Und damals waren das so Pure-Player, Category-Killer, Shopping-Club-Geschäftsmittel gegründet. Und diese Sicht hat sich aus meiner Sicht dadurch erledigt, dass diese großen Plattformen, die gerade entstehen oder auch schon entstanden sind, die haben einen sehr, sehr exklusiven Zugang zu Kunden über die weiße Software, ganz, ganz viele Eintrittskanäle. Es kann auch ein Dash-Button sein oder eine Voice-Stelle. Und da verändert sich so ein bisschen diese Ökonomieregeln. Pure Player oder Category Killer sind oft gar nicht mehr in der Lage, Kundenzugang exklusiv zu besitzen, sondern die müssen sich das über die Plattform immer wieder anmieten. Sozusagen Rent-to-Customer-Ökonomie. Und damit verändert sich auch das Geschäftsmodell der Plattform, die ja entstanden sind, über sehr, sehr konkrete, spezifische Geschäftsmodelle. Also Google zum Beispiel über Werbegeschäftsmodell, Amazon über ein Handelsgeschäftsmodell. Und deren Erlösströme verändern sich weg von konkreten Ich-Kaufe-Ware-Verkaufe-Ware oder Ich-Kaufe-Autos-Verkaufe-Autos oder Ich-Kaufe-Hotels-Verkaufe-Hotelzimmer wie bei Airbnb hinzu. Ich verkaufe eigentlich nur noch Kundenzugang sozusagen. Und das wirkt erst mal wie ein sehr, sehr leichtes Asset. Und es gibt ja immer jetzt auch hier auf dieser Konferenz gab es so ein, zwei Mal den Spruch, das sind eigentlich sozusagen Geschäftsmodelle, die besitzen gar keine Hotels und gar keine Ware mehr, die verkaufen nur noch Zugang. Das klingt ja super asset-light, aber Kundenzugang ist eigentlich das schwerste zu besetzende und zu managende Asset. Und das können diese Plattformen einfach sehr, sehr gut. Wenn sich diese Geschäftsmodelle so verändern, den Kundenzugang quasi auf einmal ownen oder der übertragen wird auf diese Plattform, verändert das für ganz, ganz viele Player in diesem Umfeld auch die Spielregeln. Und ich habe das sehr, sehr hart gelernt in sehr vielen M&A-Projekten, in denen Plurplayer sehr, sehr schwer hatten zu beweisen, dass sie in irgendeiner Form aus ihrem Bestandskundenkreis ein stabiles Einkommen erlösen konnten. Also die Bestandskunden mussten gefühlt immer wieder sehr, sehr teuer aktiviert werden. und diese Aktivierungskosten der Bestandskunden, die haben sich irgendwann diesen Neukundengewinnungskosten angemehrt. Und das ist für mich immer so ein Zeichen, aha, dieses Geschäftsmodell, diese Branche ist eigentlich schon so ganz langsam in der Plattformökonomie angekommen. Es gibt quasi für den Kunden gar keinen Grund mehr, sich für dieses Produkt, für dieses Angebot, für diesen Service zu spezifisch an einen Anbieter zu hängen. Die kaufen das immer wieder frisch und neu ein. Deswegen ist für mich Plattformökonomie, das ist keine Regel, die global jetzt auf alle Branchen und Sortimente gleich wirkt. Es gibt halt Branchen und Sortimente und Angebote, für die ist das schon deutlich weiter fortgeschritten als jetzt zum Beispiel für einen Schraubenhändler. Aber grundsätzlich verändert sich dieses Regelwerk weg von einem Ich ohne den Kunden, hole den Kunden über irgendwie Performance-Marketing-Kanäle in mein System rein und werde damit eben größer hin zu, ich muss den Kunden immer wieder neu anmieten. Und das führt zu ganz, ganz neuen Regeln.
Jochen Krisch: Ich glaube, die Rolle ist wichtig zu verstehen, welche Rolle man in dem Kontext hat. Also ob man jetzt selber Plattformbetreiber ist oder ob man sich in einer Plattform einnistet oder welche Rolle man auch immer übernimmt. Ich glaube, ich bin bei dir, der Kundenzugang ist wichtig. der Schlüssel letztendlich und so wie wir das, glaube ich, in der ersten Phase gesehen haben, wo das immer hieß, Marktplätze, also ich finde Marktplätze ist das schwierigste Modell, aber zum Beispiel bei VCs oder anderen auch das populärste, weil das ist ja wirklich Asset Light, hast du es schon genannt, also super toll ist von dem, was man an Fixkosten hat und an Aufwand hat. Und wenn das funktioniert, wunderbar. Die wenigsten kommen ja durch. Aber das ist für mich so das Vorbild, dass ich mir sage, jetzt die frühen Ebays oder andere, die das rein auf Marktplatzebene geschafft haben. Und was ich jetzt spannend finde, ist, wenn man jetzt die Amazon zieht und Zalando und vor allem auch bei Amazon. Für mich das faszinierendste jetzt Plattformmodell ist da fast jetzt Prime Now. Weil Amazon schafft es nicht, selber irgendwie noch eine eigene andere Marke auf die Beine zu stellen. Das geht irgendwie alles schief. Die ganzen anderen Marken, Wenn da nicht Amazon drauf ist, ganz, ganz schwierig. Aber mit Prime bzw. jetzt PrimeNow scheinen sie einen Weg gefunden zu haben, sodass ein Unternehmen zwei Plattformen hat. Kann man vielleicht noch vergleichen, dass man sagt, wenn man Facebook mit WhatsApp und so, aber das ist zugekauft und das ist jetzt selber kreiert. Und spannend ist es, bei Zalando natürlich auch nochmal zu verfolgen. die haben auf gutem Weg jetzt aus ihrer bisherigen Plattform das zu machen, weil sie es irgendwie geschafft haben, ein gutes Verhältnis zu den Marken und Herstellern zu behalten und sich da nicht zu verderben. Deswegen ist da sogar noch eine Unterstützung da und ein Rückenwind und vermutlich, weil Marken und Hersteller auch froh sind, dass es neben Amazon noch jemand anderen gibt, der einfach eine Alternative und eine Perspektive bietet. Also ich finde, das ist die Kür, aber ich glaube genauso dran, da glaube ich, ist Alex nicht so dabei, an kleinere Player, kleine Unternehmen, die zum Beispiel keinen Kundenzugang haben, aber extrem Systeme, Kompetenzen in der Produktentwicklung, in anderen Themen. Also ich glaube nicht, dass jeder zur Plattform werden muss und ich glaube auch nicht, dass es etwas Schlechtes ist, wenn man von der Plattform abhängig ist, sondern dass sich das komplett reformiert, transformiert und jeder seine Rolle eben wieder neu entwickelt. finden muss. Aber es ist schwierig für bestehende Marken.
Alexander Graf: Ich glaube, was wir immer versucht haben oder was auch immer viele Marktteilnehmer daran scheitern, man versucht immer so eine absolute Wertung zu finden. Ist eine Plattform gut? Ist eine Abhängigkeit gut oder ist sie nicht gut? Das kann man gar nicht sagen. Aber ich kann gar nicht sagen, ist jetzt Anker, diese Marke, die auch auf Amazon entstanden ist, ist das jetzt gut, dass sie von Amazon abhängt oder ist das nicht gut? Ich finde, sie haben einfach ein extrem gutes Business gemacht in den letzten fünf Jahren. Amazon ist in einer Pole Position, wie Apple als Hersteller auch in einer Pole Position ist. Ich finde, das ist extrem schwer zu werten. Was ich gelernt habe oder was ich für mich immer so mitnehme, ist, Auch die Plattformen, auch wenn sie schon sehr groß sind, auch ein Amazon, auch ein Zalando, sind gezwungen, sich permanent neu zu erfinden. Da können wir Alibaba auch danken, weil so sehr quasi viele deutsche Hersteller und Händler von Amazon getrieben werden, wird Amazon, glaube ich, sehr stark von Alibaba getrieben, weil die einfach schon viel weiter sind in China, auch in ihren Plattform-Gedanken, auch in der Bespielung des Ökosystems. Und das ist auch immer wieder die Möglichkeit, neu einzusteigen. Wenn auch eine Plattform wie Google, weiß ich nicht, Facebook sicherlich, Amazon sicherlich, sich neu erfinden muss, dann ist das auch immer die Chance für neue Markteintreter, sich mit neu zu erfinden und diesen Zugang neu zu designen. Und ich entwickle für mich gerade so ein bisschen eine KPI. Wann ist man eigentlich eine Plattform? Und das kann man jetzt ja dadurch, dass jetzt auch mehr Unternehmen börsengelistet sind, relativ gut darin erkennen, Wie viel vom EBIT, wie viel von den Einnahmen hängt eigentlich vom Service-Geschäft ab? Bei Amazon ist es fast alles. Also es hängt alles von dem AWS-Geschäft ab, vom Prime-Geschäft, vom Logistik-Geschäft. Das eigene Handelsgeschäft ist für den Ertrag gar nicht mehr so relevant. Bei Zalando sehe ich gute Anfänge. Also wenn man Plattformen positiv besetzt, da ist das Service-Geschäft auch schon, ich weiß gar nicht genau, so 200, 300 Millionen groß. Also den Teil, den man so als B2B-Geschäft bezeichnen kann. Je mehr sich Unternehmen dorthin entwickeln können, desto besser finde ich das. Das ist meine ganz persönliche Neigung. Also ich finde Plattformen deutlich attraktiver als abhängig Beschäftigte in der Plattformökonomie zu sein. Aber das ist Geschmackssache am Ende des Tages.
Joel Kaczmarek: Kannst du das nochmal so ein bisschen haptischer eigentlich machen? Also Jochen hat ja eben mit Ebay schon so ein klassisches Marktplatzbeispiel gegeben. Was ihr gesagt habt, irgendwie Acid Light, das tendiert so zu Winner Takes It All, das ist sehr VC-beliebt. Das ist auch relativ klar zu verstehen. Man baut eigentlich zwei Seiten des Marktplatzes auf, Nachfrage und Angebot. Wie muss sich jetzt jemand eine Plattformökonomie bei so einem großen Player, da können wir auch ein bisschen über GAFA reden, also die Ökonomie, dass große Akteure wie Google, Apple, Facebook und Co. so einen Markt beherrschen, wie muss ich mir da eigentlich eine Plattform vorstellen? Was bedeutet das?
Alexander Graf: Für mich ist ganz klar, je weniger Eigengeschäft generiert werden muss, je mehr Fremdgeschäft sozusagen vermeiden ertragst, desto eher ist es eine Plattform. Google hat sozusagen mit Google AdWords sehr, sehr schnell eigentlich angefangen, eine Plattform zu werden, Kundenzugang zu verkaufen. Sie haben ja eigentlich nie ein Geschäft gehabt, bei dem sie direkt den Kunden gepricet haben für Gmail oder für die Suche. Die haben sofort mit dem Plattformgeschäft angefangen. Amazon ist aus meiner Sicht zu Anfang der 2000er immer stärker in dieses Plattformgeschäft reingekommen. Insbesondere über Marktplatz-Revenues, mittlerweile ganz klar über IT-Service und Logistik-Revenues, andere Plattformen wie jetzt About You oder Zalando, da sieht man das sehr konkret, wie viel Marketing-Spendings oder WKZs gehen eigentlich von den Herstellern in diese Plattformen. Was bezahlt ein Hersteller möglicherweise dafür, um in der Kategorie Sommerkleider oben mit einem großen Banner zu sein. Dann hat man ja als Plattform nachgewiesen, dass man so einen starken Kundenzugang hat, dass man teilweise besser ist als ein Fashion-Magazin oder vielleicht auch Google, um die Leute zu erreichen und zu transformieren. Das ist für mich der Start des Plattform-Geschäftes.
Jochen Krisch: Also wenn ich das stark vereinfachen würde, ich versuche es mal so darzustellen. A ist der Service-Gedanke. Also kann ein Händler oder ein Anbieter in Services denken, Zusatz-Services. Und das Zweite ist, ist er stark genug in diesen Services, um das auch extern zur Verfügung zu stellen? Das konnte man sehr schön bei Amazon sehen. die ja im Prinzip alles, sei es von Technologie, sei es von Filmen oder von anderen Themen, ausgelagert haben, weil sie sagen, das sind Grundservices, die nutzen wir, aber da fühlen wir uns so stark genug in der Wettbewerbsposition, dass wir das auch auslagern können. Und ich glaube, davon hängt es auch so ein bisschen ab. Es kann nur ein starker Player machen und stark wird er eben durch den Kunden. Da bin ich bei Alex und natürlich auch durch technologische Komponenten.
Alexander Graf: Wo so ein bisschen der Hund begraben ist, ich treffe ja über Striker und auch andere Projekte ganz viele Unternehmen, die Plattform werden wollen. Ich glaube, das ist kein guter Gedanke. Also die Plattformen, die entstanden sind, sind über ein sehr konkretes Geschäftsmodell, über einen sehr, sehr guten Value-Add entstanden. Also Amazon hat einfach eine extrem gute Produktsuche gemacht auf das Libri-Sortiment, kann man eigentlich sagen. Die Google hat einen extrem guten Job gemacht in der Suche und die Plattform ist eher, wenn nicht als Abfallprodukt entstanden, heute wird es glaube ich eher strategisch entwickelt. Und da finde ich, machen sich Unternehmen oft ein bisschen einfacher und sagen okay, coole Idee, ich werde irgendwie Service Provider, ich verkaufe Zugang, ich will ja gar nichts damit zu tun haben, hier irgendwas auf Lager zu legen. Und das ist falsch. Diese Abkürzung habe ich noch nirgendwo gesehen und um diese Abkürzung sollte man auch nicht denken. Man muss erst darüber nachdenken, was kann ich eigentlich, warum sollte der Kunde bei mir kaufen, was kann ich gut, was kann ich besser als die anderen. Es kann sein, dass daraus mal eine Plattform entsteht, aber das darf nicht der treibende Gedanke sein und das treibt momentan sehr, sehr viele, ja nicht Unternehmen in den Ruin, aber das führt dazu, dass dann teilweise Projekte ein Jahr, zwei Jahre nicht umgesetzt werden, weil irgendwie dieser Weg zur Plattform nicht klar ist.
Jochen Krisch: Ich glaube, das ist auch die Falle. Also das ist genau das, was im Gründerbereich auch passiert, dass man lieber einen Marktplatz macht anstatt einen Shop. Aber solange man kein Händler war, ist es unheimlich schwer, das hinzubekommen. Deswegen jetzt die Marktplätze, die jetzt entstehen aus einer Handelskompetenz heraus, sind aus meiner Sicht sehr viel relevanter und können nachhaltiger sein. Deswegen ist es trotzdem noch schwierig, aus einem Handelsgeschäft einen Marktplatz zu machen. Aber das auf der grünen Wiese zu machen, ist unheimlich schwer. Der zweite Punkt, den ich vielleicht noch ergänzen wollte, ist zu Zalando. Ich glaube, nur weil Zalando so ein starker Modeplayer war, können sie im Modebereich das eben machen. Also man kann jetzt nicht sagen, was kann es jetzt jenseits von Amazon noch geben und das mache ich jetzt, sondern ich glaube, wir sprechen auch nur deshalb jetzt über die ganzen Plattformmodelle, weil all die eine bestimmte Größenordnung erreicht haben. Ich glaube, wenn man 10 Millionen Umsatz macht, da muss man sich noch keine Gedanken machen, Außer man ist eine ganz spezielle Nische, man darf es nicht so verallgemeinern, aber man muss natürlich keine Gedanken machen, wie werde ich jetzt zur Plattform. Aber alle, die über 100 Millionen, über 500 Millionen, zu einer Milliarde kommen, spätestens dann muss man beginnen, sich Gedanken zu machen und dann eben gucken, was sind die Stärken, die man tatsächlich auch anderen zur Verfügung stellen kann.
Joel Kaczmarek: Ja, Nische ist ein gutes Stichwort. Ich wollte mich mal so ein bisschen gefragt haben jetzt auch, was sind denn so die Dinge, die man dafür braucht? Also du hast ja schon ein paar Sachen irgendwie angedeutet, also die Denke, das zu öffnen. Die Kompetenz in dem Produkt, was sich dann irgendwie vermarktet, Service, Logistik etc. Brand haben wir jetzt irgendwie eigentlich schon rausgehört, ist super wichtig. Aber wie ist es denn auf der Produktseite? Gibt es bestimmte Nischen, bestimmte Sparten, die sich besonders gut dafür eignen? Müssen die eigentlich immer groß sein? oder ist das auch irgendwie ein Longtail-taugliches Thema? Was ist so eure Beobachtung? Was ist eure erste Plattform?
Alexander Graf: Ich habe mich mit der Frage schon ein paar Mal auseinandergesetzt und ich habe für mich das Raster erkannt, dass es natürlich einfacher ist, eine Plattform in dem Bereich aufzubauen, wo man sozusagen eine hohe Kundenfrequenz hat. Mit sehr, sehr speziellen Produkten, ich kaufe ein Auto, daraus eine Plattform zu bauen, die gar nicht diese wiederkehrende Kundenfrequenz hat, die ich anderen anbieten kann, um da rein zu vermarkten, finde ich sehr schwer. Die Plattform, über die wir heute alle reden, ob es jetzt ein Alibaba, ein Zalando, ein Google, Amazon und vielleicht noch zwei, drei weitere sind, Die zeichnen sich in ihrem Kernprodukt eigentlich dadurch aus, dass das sehr oft gefragt ist. Nicht unbedingt täglich wie bei Google, aber vielleicht wöchentlich. Der Kunde kehrt dort wieder. Immer wenn das gegeben ist. Ich weiß nicht, ob das ein K.O.-Kriterium ist, ob das gegeben sein muss, damit man eine Plattform bauen kann. Aber das ist für mich so ein Pattern, bei dem ich sagen würde, ja, das erklärt mir zumindest, wie ich überhaupt einem Dritten anbieten kann, diesen Zugang zu kaufen.
Joel Kaczmarek: Aber hast du nicht am Anfang gesagt, dir fällt auf, dass viele Plattformen sozusagen oder dann zu Plattformen werden, wenn die Kundenreaktivierungskosten eigentlich schon fast mit den Kundenakquisekosten gleich tendieren?
Alexander Graf: die wäre nicht zur Plattform, sondern diese Nischen, diese Sortimente oder diese Angebotskonzepte, die unterliegen dann dieser Plattformökonomie bereits. Also dann ist es, wenn im Unternehmen ein Category-Killer, ein Pure-Player schon in der Phase ist, wo Neukundengewinnung fast genauso attraktiv ist wie Bestandskundeneaktivierung und vielleicht haben die schon eine personalisierte Newsletter, haben ja die meisten fairerweise noch nicht oder vielleicht haben die auch schon eine gute Webseite, dann wird es echt schwer. Das heißt nicht, dass dieses Unternehmen zur Plattform werden kann. Eigentlich ist das schon zu spät. Also eigentlich haben die den Zeitpunkt schon ein bisschen verschlafen.
Joel Kaczmarek: Was ist deine Sicht auf den Produktbereich? Weil du auch gerade gesagt hast, es kann durchaus in der Nische auch Plattformen geben?
Jochen Krisch: Ja, bedingt. Ich würde es gar nicht so restriktiv formulieren wie Alex. Ich kann mir das schon in jeglichen Bereichen vorstellen, dass es Plattformen gibt. Das ist ja alles ein entwickeltes Feld. Also ich sehe das alles als frühe Phase. Und wenn ich mir das in fünf Jahren oder in zehn Jahren vorstelle, glaube ich, von all den Erfahrungen, die man jetzt macht und die diese frühen Plattformen machen, da werden wir dann schon noch Einiges mehr sehen, was ich durchaus spannend finde, da bin ich bei Alex, wo das so schnelle Themen sind, geht es halt schneller. Deswegen jetzt auch Mode braucht man halt häufiger als bestimmte andere Produkte. Oder wenn ich mir jetzt den ganzen Food-Bereich angucke, die Lieferservices, die entstehen, das finde ich unheimlich spannend, weil da eine Dynamik da ist. Und da ist der Markt noch gar nicht so da und so reif.
Joel Kaczmarek: Also Umschlaggeschwindigkeit so ein bisschen?
Jochen Krisch: Ja, auch von den Nutzern. Wie oft brauche ich so einen Service? Es muss halt irgendetwas sein, was man aus Kundensicht dauerhaft integrieren kann. Und dann haben solche Plattformanbieter eine Chance. Also nicht nur Plattformen, es gibt auch andere. Aber ich glaube, da ist einfach der Hebel am größten. Und du bist aber mit der Frage eigentlich gekommen von der Spezialisierung. Da glaube ich ja nicht so sehr, dass man da als Plattform eine Chance hat, sondern dass man auf dem Rücken von der Plattform gut fahren kann, mit einer speziellen Produktkompetenz. Services sind gerade ein großes Thema. Ich glaube auch, dass durchaus spezialisierte Services sich dann eignen, um in Handelsplattformen oder andere Plattformen integriert zu werden. Das sieht man bei den Lieferservices, Lieferitierer oder wie sie alle heißen. Also nicht jeder muss ein PrimeNow anbieten. Die Beine stellen. Zalando hat zwar jetzt auch sein Zip-Card, aber das muss nicht sein. Und ich glaube, da geht es dann in Richtung Ökosystem. Also das muss nicht immer alles einem gehört die Welt sein, sondern ich glaube wirklich an ein paar Schwerpunktthemen. Natürlich die Allmächtigen, über die wir jetzt gesprochen haben, die Googles, die Facebooks und die Amazons, die sind so stark und groß, dass sie vieles selber stemmen können. Aber ich glaube jetzt, die nächsten Generationen, die entstehen werden, die werden das eher kombinieren und koppeln. Und dann werden eben die Stärksten jeweils das Segment bedienen. Und die Integration ist dann letztendlich die große Herausforderung. Also das finde ich nochmal sehr spannend. Das geht jetzt ein bisschen weg vom Handelsthema und eigentlich auch, ich wollte eigentlich auf den Punkt daraus, Marken und Hersteller. Anka hat Alex gerade als Beispiel genannt, wirklich eine neu entstandene Marke, die einfach nur davon profitiert, dass sie sich speziell auf Amazon einstellt. Aber genauso gut kann es bestehende Marken geben, die einfach sehr genau wissen, wie muss ich einen Amazon nutzen? Wie kann ich Google, Facebook nutzen?
Alexander Graf: Wir diskutieren das ganz viel mit Herstellern und da mache ich immer das Äquivalent so einen Schalltag hier auch aus Berlin, die eine Infrastruktur geschaffen haben, um auf Plattformen wie einem Amazon insbesondere, auch einem Alibaba oder Ebay Marken zu schaffen. Das sind eigentlich moderne Hersteller. Ein klassischer Markenhersteller hat sich dadurch definiert, er hat irgendwie diese Marke aufgebaut und drumherum ein Produktsortiment mit einer besonders hohen Qualität. Keiner kann das so toll produzieren wie wer auch immer aus einem Dorf bei Stuttgart oder bei Frankfurt. Da sitzen sie ja meistens. Und wenn man jetzt aber sieht, wie macht eigentlich ein Schalltech das oder wie machen das so, das ist ja eigentlich ähnlich wie Anker, nur dass viele kleine Anker gebaut haben, dann sieht man, dass das Thema Produktentwicklungskompetenz eigentlich neben sowas wie Rezensionsmanagement, Produktbilder, wie stelle ich das dar, Storytelling, eigentlich schon ein bisschen kleiner darstellt. Das heißt, die Kompetenzen haben sich massiv verschoben. Das ist eigentlich ein moderner Hersteller geworden. Und klassische Hersteller, also aus einer analogen Welt, die vielleicht heute noch Pfannen und Töpfe herstellen oder vielleicht irgendwelches Audio-Zubehör, Smartphone-Zubehör, die müssen sich daran orientieren. Also die müssen schon diesen Regeln anpassen. Und ich würde jetzt nicht behaupten, Schalltech ist jetzt besser oder schlechter als Amazon. Die nutzen eigentlich das Ökosystem, also sozusagen die profitieren beide sehr, sehr stark voneinander. Das kann man quasi nicht auf diese Ebene gut-schlecht stellen. Ich glaube Ein klassischer Hersteller, der sich möglicherweise von Amazon bedroht fühlt, der sagt, jetzt machen wir hier 10% des Umsatzes über Amazon und die sagen jetzt ganz fiese Sachen in der WKZ und die wollen uns hier über den Tisch ziehen. Den kann man ja vorwerfen, pass mal auf, das hat hier nichts mit Amazon zu tun, sondern du hast verpennt, dein Business weiterzuentwickeln. Schau dir doch mal so ein Childhack, ein Anker und andere an, wie die sich heute modern aufstellen, was für Leute dort arbeiten, wie die arbeiten und wie modern Produkte entwickelt werden. Und das würde ich eher sagen.
Joel Kaczmarek: Sag mal ein, zwei Sätze zu Anker und Schaltec, was ihr Kernbusiness ist, dass wir die mal vorstellen, dass wir Leute hier nicht verlieren, die das noch nicht kennen.
Alexander Graf: Ich glaube, wahrscheinlich kennen die meisten deine Hörer tatsächlich Anker oder haben auch so einen Akku-Pack in ihrer Tasche von Anker. Die sind ja quasi über das Thema mobile Akkus relativ groß geworden. Die haben, glaube ich, gar nicht so ein großes Sortiment, 200, 300 Produkte. und sind da mittlerweile auf einer deutlich dreistelligen Umsatzgrößenordnung im Dollarbereich. Der eine oder andere sagt, dass sie 2017 auch die Milliarde Euro Amazon-Dollar überspringen können, gehen sehr bewusst auf diesen Kanal Amazon und schieben auch den Traffic der eigenen Seite eher zu Amazon als in den mittlerweile entstandenen Shop. Das ist quasi ein Hersteller, bei dem dann so ein, in Deutschland so ein Belkin, Hamer und Co. sich Gedanken machen müssen, Mist, Wenn die hier so groß in diesem Markt sind, wie schieben wir unsere Produkte da rein? Weil diese klassischen Hersteller sind ja so aufgestellt, dass sie mit einem Mediamarkt Thalia oder wenn wir Handel haben, wo hänge ich meine Produkte eigentlich im Laden hin? Wie stelle ich mich da? Und Schaltec ist nichts anderes als eine Infrastruktur, um solche Marken wie Anker, ich glaube, die bekannteste Marke ist, glaube ich, Klarstein von Schaltec, um sowas zu schaffen und das wiederholbar zu machen und zu sagen, wie finde ich neue, spannende, aufstrebende Produktbereiche, möglicherweise in Amazon oder auch bei Tmall. Und dort echte Produkte entstehen zu lassen. Man braucht auch Produktentwicklungskompetenz, also ganz ohne geht es nicht, aber am Ende des Tages brauche ich mehr Plattformkompetenz, um meine Produkte dort gut zu listen. Das ist viel wichtiger in diesen Unternehmen.
Jochen Krisch: Also was ich bei Schaldeck zum Beispiel auch smart finde, dass sie eben auch dann nach den Kundenbedürfnissen gehen, dass sie sagen, bestimmte Designkomponenten, sei es von der Farbgebung, aber auch von bestimmten Features, stellen wir einfach fest, die braucht es und die gibt es und die würden funktionieren jetzt in dem Amazon-Kontext. und Und das machen sie dann eben.
Alexander Graf: Ich glaube, der Schaltec-Gründer ist ja auch bei der K5 sicherlich einer der spannendsten Vorträge.
Jochen Krisch: Da freue ich mich auf jeden Fall schon drauf. Ganz genau. Also deswegen, das Segment haben wir ja auch. Und jetzt vielleicht zu Anker, das wäre so KW-Commerce. So ein bisschen geht in die Richtung, die wir auch da haben. Und noch eine Reihe von anderen. Ich finde gerade die sind eben auch spannend. Es sind vielleicht noch No-Name jetzt in der Masse. Aber es ist auch eine Gründergeneration, die einfach damit aufgewachsen ist. Und so wie mir zum Beispiel diese Zalando-Story ganz am Anfang sehr gut gefällt, dass man sagt, wir haben am Anfang erstmal über Suchbegriffe getestet, was funktioniert denn und welche Themen sind das? Dann merkst du, das ist eine Online-Generation, die so ein Thema gestartet hat, nicht irgendwie Marktforschung gemacht und sonst irgendwas. Nee, in der Welt mache ich das. Und Schalltech ist da auch reingewachsen. Die waren früher auch schon mal auf Live-Shopping-Days oder so, haben eben auch sehr viel mit aktionsgetriebenen Konzepten gemacht und sind irgendwann eben darauf gestoßen, Nein, diese Brandschiene und man kann es Brandbuilding, Brandbuilder nenne ich es immer ganz gerne, ist ein bisschen hochgestochen, weil es in dem Sinne auch keine klassischen Marken sind. Aber es sind eigenentwickelte Produkte, die haben den Zugang zur Produktion und können das sehr genau nachfrageorientiert quasi aufbauen.
Alexander Graf: Ich habe oft mit Herstellern die Diskussion, dass viele Markenhersteller befinden sich ja so ein bisschen in dieser Preisspirale aufgrund der klassischen Distributionslogiken, also Zertifikate. Es kommen immer irgendwelche Graumarktimporte wieder, dann wird das bei Amazon eingestellt und die sagen, online ist alles viel zu billig, wie kommen wir da raus? Und merken dann, ich schaffe es vielleicht, meine klassische Marke gar nicht so schnell anzupassen, wie der Markt das eigentlich erfordert. Ich brauche eine neue Marke, eine weitere Marke. Und dann denken die zuerst darüber nach, okay, dann kaufe ich mir jetzt irgendwie einen anderen Pfann- und Töpferhersteller oder einen anderen Hersteller von irgendwelchen Handyhüllen, in dem Hammer-Belkin-Fall. Und da sagen wir immer, naja, aber eigentlich brauchst du ja solche Typen wie von Schalltec oder wie Jörg Hundrath von Kawai. So ein Team brauchst du doch, um neue Marken aufzubauen. Die brauchen nicht 20 Millionen, um irgendeine Produktion hochzufahren und zu managen. Die brauchen halt eine Idee, ein Konzept und ein bisschen Zeit. Und dann können sie dir helfen, in dem Plattform sozusagen dich neu zu etablieren. Das muss nicht immer eine Marke sein. Das kann auch was anderes sein. Amazon ist halt sehr dominant und dominiert auch da die Diskussion. Da darf man sich nicht von ablenken lassen. Das ist quasi ein Effekt der Plattformökonomie, ein ganz, ganz konkreter Effekt der Plattformökonomie.
Joel Kaczmarek: Aber wo wir schon mitten in diesem ganzen Thema sind, wie gehe ich damit um? Kannst du mal irgendwie mit eigenen Worten nochmal beschreiben, warum geht so ein Anker hin und macht das, was du gerade gesagt hast, dass es seinen Traffic eher auf, also den teuer eingekauften Traffic teilweise, eher auf den Amazon leitet als auf seinen eigenen Shop, weil die Margen sind ja eigentlich bei dir besser und du gehst ja in so ein anderes Abhängigkeitsthema eigentlich rein.
Alexander Graf: Ja, also wir hatten diese Diskussion eins zu eins vor zwei Jahren bei der K5 in München mit Jörg Hundrath und der hat den Satz geprägt, ich bin lieber die Bitch von Amazon als die Bitch vom eigenen Shop. Und das ist auch sehr, sehr logisch herzuleiten, weil sozusagen, um einen eigenen Shop aufzubauen, um dort mit einer neuen Marke irgendwie Traffic zu akquirieren, über Kanäle, die heute schon komplett Performance-Logiken unterliegen, also im Auktionsverfahren. Sehr teuer, sehr aufwendig. Und er hat es geschafft, in einem sehr, sehr kompetitiven Bereich, also Smartphone, Zubehör, also auch hochwertige Lederhüllen fürs iPhone, sich eine gute Positionierung bei Amazon zu erarbeiten, also sozusagen auch höhere Stückzahlen. Und jedes Stück, was dort nicht verkauft wird, Das ist ja eine Gefahr für sein Ranking. Also sozusagen am Ende des Tages stellt sich das Ranking ja zusammen aus Anzahl Sterne, Bewertungsqualität, also Anzahl Bewertungen und wie oft wird eigentlich verkauft. Und er sagt, naja, jedes Produkt, was er auf einen eigenen Shop, auf eine eigene Plattform lenkt, da hat er vielleicht 20% mehr Marge, aber das ist überhaupt gar kein strategischer Wert für ihn. Dann hat er irgendwann 10% in einem eigenen Shop. Dann verliert er möglicherweise Ranking bei Amazon und diese 10%, das ist ja für ihn gar keine Rettung, wenn Amazon wegbricht. Also schiebt er alles direkt zu Amazon. Und für solche Konzepte, für solche Kategorien, bleiben im wesentlichen Plattformen. Da kann ein eigener Shop mal für Sonderaktionen, für Produkttesting relevant sein. Aber das macht für ihn, auch für den Jens Wasel, der mit KW-Commerce ja noch ein viel größeres Business hier in Berlin, das macht gar keinen Sinn, den Traffic wegzuleiten von den Plattformen, weil das ist genau das Gleiche wie bei Google. Man möchte möglichst weit oben sein und verteidigt diese Position. Auf Teufel komm raus. Und die einmal bei Amazon oben sind auf Platz 1 für, jetzt ist es irgendwie Grills wahrscheinlich und Sonnensegel und Gartenzubehör. Die müssen einfach kämpfen, oben zu bleiben, weil das ist der eigentliche Wert ihres Businesses, der da entsteht.
Jochen Krisch: Ich glaube aber, was dir auszeichnet, ist, dass sie um ihre Stärken und Schwächen wissen im digitalen Kontext. Also gar nicht so sehr, was das Produkt angeht, sondern dass sie einfach wissen, wo können sie mit Amazon mithalten. Also man muss ja dann auch hinten raussehen. Man muss die ganze Abwicklung und alles, was Amazon eben wirklich meisterlich beherrscht, muss man in ähnlicher Qualität hinbekommen. Und dann ist man halt in diesem Spagat drin. Wie viel Trittbrettfahrer ist es und wie viel Eigenständigkeit macht man? Also es gibt auch genügend Argumente dagegen. Aber ich glaube, wenn man sich auf das Amazon-Universum einlässt, dann ist das eine perfekte Strategie. Aber das ist eine super agile. Das heißt, die müssen ja auch dauernd am Puls bleiben und das ändert sich alles.
Alexander Graf: Das ist das Problem für die meisten analogen Unternehmen, die dann sagen, ja okay, was der Jörg da macht oder der Jens Wasel, das ist doch in drei Jahren, dann hat Amazon dieses Business. Und die sagen halt, ja, das ist wahrscheinlich so, aber in diesen drei Jahren verdienen sie Geld, können sich neu erfinden, können noch andere Bereiche aufbauen, auf andere Plattformen gehen. und lieber beherrschen sie diese digitale Kompetenz in diesen Plattformen und finden sich dort neu und bleiben dort ganz vorne, als in einen möglicherweise überholten strategischen Modus zu gehen, nochmal einen eigenen Shop zu bauen, diese ganzen Traffic-Kanäle irgendwie zu bespielen. Da braucht man noch wieder andere Leute dafür. Da braucht man noch mehr technologisches Know-how dafür. Und das ist denen halt klar. Und die sind halt bereit, sich neu zu erfinden. Versus der analoge Hersteller aus einem Dorf bei Stuttgart fragt sich, worin kann ich jetzt investieren, um die nächsten 20 Jahre vorne zu bleiben? Und das ist in der Plattformökonomie, um diesen Begriff noch mal ein bisschen zu stressen, Das ist nicht möglich. Also es gibt kein stabiles Szenario, wenn ich sagen würde, ja, das ist es. Mach mal A, B, C, da kannst du jetzt mal ein bisschen reininvestieren und dann hast du erstmal wieder deine Ruhe. Ich glaube, auch Jörg und Jens würden gerne ruhiger schlafen und hätten ein bisschen weniger Innovationen von Amazon, um die sie sich kümmern müssen. Aber das ist die Realität. Leute, die das managen können, die Infrastruktur haben, das zu managen, die darauf antworten können innerhalb von Stunden, nicht Tagen, Wochen oder Monaten, die gewinnen halt in diesem Umfeld.
Jochen Krisch: Ich glaube, das ist eine ganz unbefriedigende Perspektive, die man denen natürlich auch geben kann. Und ich bin aber voll bei dir. Aber ich glaube, das ist in allen Digitalbereichen schon sehr, sehr lange so. Also wer mit SEO groß geworden ist, der weiß, wann hat das noch funktioniert, wann hat es nicht mehr funktioniert, wie lange haben Gutscheine funktioniert oder nicht, wann hat Affiliate-Modelle funktioniert. Deswegen glaube ich, ist auch absolut notwendig. Deswegen freue ich mich ja auch, dass jetzt so eine Plattformkonferenz wie die Visions hier ist. Es braucht neue Konferenzen, es braucht andere Formate, es braucht irgendwie schnellere Zyklen. Diese klassische Beraterdenke, wir machen jetzt Beratung und dann 10, 20 Jahre Perspektive, stellen wir jetzt Entscheidungen und das
Alexander Graf: Wir machen eine Best-Practice-Plattform-Analyse, der Checkout von Zalando, die Suche von Amazon, das Partnerprogramm von About You. Wenn man das alles zusammentut, dann kannst du im Schrauben- und Dübelbereich die führende Plattform werden. Das ist halt schwierig. Das ist eine ganz, ganz schwierige Kann ich nachvollziehen, strategisch. Alle sind ja auf der Suche nach diesem stabilen Modell und alle versuchen es quasi auch in PowerPoint-Charts runterzubrechen und zu bewerten, aber Der Markt hat bewiesen, dass das nicht funktioniert und ich glaube, es gab tausende Versuche von großen Unternehmen und ich war ja selber in der Otto-Gruppe in so einer Funktion, um diese Charts auch zu malen und man kann jetzt nicht tausende Unternehmen der Welt vorwerfen, das waren nur Dovis, die da was gemacht haben. Das sind sozusagen diese alten Werkzeuge, die man da zur Verfügung hat, Excel und Best-Practice-Analysen, die funktionieren in diesem Markt nicht mehr, die führen in die Irre.
Joel Kaczmarek: Wobei ich mich noch daran erinnere, wie du Sophie Sand mal zu mir gesagt hattest, als Amazon sein Startup-Programm irgendwie in Deutschland vorstellte, dass das so ein bisschen das Crack von Amazon wäre, um die in ihr Vendor-Programm reinzuziehen. Also je weiter du dich in diese Welt reinbegibst, also wenn du auch sozusagen dieses Fulfillment bei Amazon machst, desto abhängiger bist du, desto enger wird eigentlich diese Spirale für dich.
Alexander Graf: Ja, das stimmt. Aber vielleicht gibt es kein besseres Crack. Da muss man sich auch mal überlegen. Ich glaube, da muss man quasi auch so ein bisschen gucken, mit was wirbt Amazon da eigentlich? Was steckt eigentlich dahinter? Ich glaube, für einige Businesses und einige Services ist es ein total kluger Weg, das so zu machen. Also Amazon einfach nur als Transaktionsplattform zu sehen und so ein bisschen Werbewert mitzunehmen. Ich habe aber noch kein Szenario gesehen, in dem Amazon jetzt irgendwie partnerschaftlich mit einem Hersteller oder einem großen Händler umgeht und die gemeinsam groß werden, dafür liegen die Interessen einfach diametral auseinander. Und für jemanden, der sich das nicht bewusst macht und dem das nicht klar ist, der begibt sich in so eine Abhängigkeitsposition, die unnötig ist. Wenn einem das bewusst ist, wenn man weiß Diese Interessen sind ganz klar nicht gleichgerichtet, sondern langfristig läuft das auseinander, kann man das ja managen. Also es gibt viele Leute, die da so ein bisschen treu doof in diesem Markt unterwegs sind und irgendwie Rankings aufbauen und dann in irgendeiner Facebook-Gruppe posten, hier ist jetzt mein Produkt abgeschaltet und meine ERNs sind nicht mehr gültig. Da schüttelt man manchmal so ein bisschen den Kopf und überlegt sich aber, wie kann das denn sein, dass jemand so viel Zeit und Energie da rein investiert und sich so die Grundlagen, die Regeln nicht aneignet. Das ist so. genauso zu sagen, ich habe jetzt meine Rankings bei Google verloren, ich verklag jetzt Google, ich rufe die an. Und Amazon ist da eben keine, auch andere sind keine Handelspartner. Das ist Teil des Ökosystems, das ist ein Werkzeug, das ist ein Tool und das verändert sich permanent. Wenn ich das nicht aktiv manage, bin ich irgendwann raus aus dem Markt. Das ist, glaube ich, das, was du meinst, Jochen, im Sinne von, das sind sehr enttäuschende Botschaften für analoge Unternehmen. Das stimmt. Das ist so. Das ist aber auch für Unternehmen, die noch unternehmerisch geführt werden, eine Chance, da reinzugehen. Aber klar, das will keiner. Das ist ja klar. Alle wollen lieber diese 20-Jahre-Strategie haben und einmal richtig und dann hat man seine Ruhe. Aber gibt es nicht.
Jochen Krisch: Ich glaube auch einfach, das muss man sich bewusst machen. Die Austauschbarkeit bin ich voll dabei. Die Abhängigkeitsverhältnisse, Machtverhältnisse sind auch klar. Aber ich würde da nochmal auf etwas zurückkommen, was du ganz am Anfang gesagt hast, was ich immer wichtig finde, weil man kann sich in so eine Diskussion auch reinsteigern, dass man sagt, so mächtige Player und die werden die Welt erobern. Also Untergang sozusagen für den Rest. Und was du gesagt hast im Kontext Alibaba, andere, die da kommen und mit anderen Modellen, mit anderen Kompetenzen im Prinzip in einen ähnlichen Markt reingehen, aber halt ein anderes Angebot machen, aber eben auch Plattform sind, werden und den Markt aufmischen. Und deswegen ist mir da nicht bange drum. Und ich glaube, Amazon ist sich dessen auch voll bewusst, Zalando ist sich dessen bewusst. und die großen Plattformen, auch Facebook und andere, die tun ja alles, gucken, dass sie frühzeitig Startups erkennen, um die aufzukaufen und zu integrieren. Das heißt, auch in dem Segment ist durchaus noch ein Wettbewerb da und wird sich was verändern. Das heißt, diese Todesszenarien oder diese Überszenarien, denen folge ich gar nicht. Weil ich glaube, wir müssen da dann auch schon wieder in 10, 20 Jahren Schritten denken. Und wenn man jetzt sieht, wie ein Uber hochgekommen ist, wie ein Airbnb hochgekommen ist, was auch immer die dann noch machen in unterschiedlichen Bereichen, Und wie jetzt bestimmte Marktsegmente, also Food, Lieferservices, da komplett neue Themen eröffnen. Also die können jederzeit auch in die anderen Felder reingehen. Deswegen, ja, wenn wir uns eine Plattform rausgreifen, dann ist genau diese Diskussion so. Aber ich glaube, der Gesamtmarkt und die Welt, die uns da noch bevorsteht, wird super spannend. Also auch da unberechenbar, genau dasselbe Thema, aber eine unheimliche Dynamik und ich glaube, ein unheimlicher Fortschritt, den man dann auch sieht, wer da mitgehen kann. Und eigentlich muss jeder mitgehen, weil in irgendeiner Form muss man sein Geschäft ja weiter betreiben.
Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir schon zwei Beispiele gehabt, die interessant, aber auch intelligent mit so einer Plattformökonomie umgehen. Habt ihr noch so ein paar Beispiele, wo ihr sagt, das ist für euch so Paradeanwendung, wie man es vielleicht nicht machen sollte, wo man aber was daraus lernen kann oder wo man vielleicht auch was daraus gelernt hat?
Alexander Graf: Ja, es gibt natürlich direkt abhängige Hersteller von Amazon, die das nicht gut gemanagt haben in den letzten Jahren und die jetzt quasi in so einer Abweichlichkeitsfalle sind und nur noch hinterher verhandeln, die es nie aktiv gemanagt haben und die sich da um keine Risikomitikation gekümmert haben. Ich finde es aber viel spannender, mal zu gucken, wer hat denn Es gibt sehr viele Strategien aus den letzten Jahren, sehr viele Unternehmen, die versucht haben, eine Anti-Amazon-Strategie zu entwickeln. Also die gesagt haben, wie können wir eine Plattform bauen? Und da kann man in die USA gucken, so Best Buy, Staples, Walmart. Was haben die eigentlich gemacht? In was haben die investiert? Und warum hat das nicht zum Uplift geführt? Also da wurden tausende Leute eingestellt, da wurde sehr, sehr viel investiert, auch in die IT-Systeme. Da wurde im Grunde genommen 1 zu 1 Amazon-Funktionalität auf Plattformen angeboten, wo keiner darüber nachgedacht hat, macht das eigentlich für den Kunden Sinn? Also warum kauft denn der Kunde nicht? Ja, weil Verfügbarkeit vielleicht nicht so da ist und der Preis vielleicht doch nicht so gut ist wie bei Amazon. und ja, das kann man dann aber auch nur in Arizona bestellen und nicht global und man dann so So ganz, ganz viele Kleinigkeiten, wenn man da ganz ehrlich zu sich selber ist und auch ganz, ganz klar mal sich damit auseinandersetzt, warum bestimmte Plattformen gut funktionieren, warum andere nicht. Da wurde sehr viel Geld in falsche Richtung investiert. Für mich persönlich ist das immer das Thema Multi-Channel, Omni-Channel, was ja auch als Anti-Strategie mal gestartet ist. Wenn ich über alle Kanäle aktiv bin, dann Da habe ich ja einen Megavorteil in den Kundenakquisitionskosten, in den Marketingkosten und dann werden die Kunden schon zurückkommen. So, hat jetzt tausendmal nicht geklappt. Es gibt jetzt immer noch Leute, die das investieren, wo ich sage, okay, was ist denn dein Grund, das zu machen? Da wird sehr, sehr viel immer aus dieser alten Essedenke gemacht. Warum bin ich groß? Was mache ich mit meinen 100 Läden, mit meinen tausend Lieferwagen, mit meinen 20 Lägern? und darum wird der rumgebaut und nicht so um das Kundeninteresse. Das klingt total pathetisch und sozusagen so abgehoben, aber es ist eigentlich relativ einfach. Also viele Sachen werden gebaut, die null aus Kundensicht gedacht sind. Und dann fragen sich die Leute ja, okay, warum wird es nicht gekauft? Ja, weil es nicht besser ist als der Rest. Und du hast übrigens vier Jahre gebraucht und das Niveau hat sich mittlerweile so stark verändert, dass das, was du jetzt gebaut hast, nicht mehr relevant.
Jochen Krisch: Ja, man braucht so eine gewisse Vorstellungskraft, wohin das gehen wird. Also ich bin ähnlich dabei. Ich würde sagen, dass der größte Fehler war und ist immer die Feature-Orientierung. Dass man sich wirklich Vorbildzeiten anguckt, so auf Best Practices fixiert ist, was für mich so ein Horror immer ist. Weil genau das ist es ja nicht. Das ist das Oberflächliche, was man sieht jetzt bei Amazon. Und manche gehen ja sogar so weit, dass sie sagen, Amazon ist ja schrecklich, das ist ja schrecklich. schlimme User Experience, die Seite sieht ganz schlimm aus und das muss man doch besser machen können. Und das funktioniert genauso wenig, weil es eben zielführend ist für Amazon. Und es sind andere Kriterien, die da maßgeblich sind. Aber ich glaube, es ist auch die klassische Beraterwelt, die einfach featureorientiert sich an Beispielen, das nimmt, im schlimmsten Fall dann alles zusammenpickt und dann Sammelsurium baut. Aber es fängt auch schon an, wenn man meint, jetzt mit Best Breakfast, das ist der beste Checkout, den nehme ich. Oder die beste Seitenbremse, schlimmsten auch, kommt es aus Spiker-Richtung, das beste Shop-System. Als ob es am Shop-System hängen würde.
Alexander Graf: Ja, man kann da schon Fehler machen. Würde ich an dieser Stelle auch nochmal einwerfen.
Jochen Krisch: Absolut, aber es ist jetzt nicht, wenn man ohne Strategie hilft, das beste Shop-System. So würde ich es sagen. Und das, glaube ich, ist der Punkt dabei, dass so sehr oberflächliches Digitalverständnis da ist. Also was entweder auf der technologischen Ebene passiert oder auf einem pseudo-digitalen Verständnis. Wir müssen jetzt digital machen. Und digital ist alles, was irgendwie mit Online-Daten oder sonst irgendwas hat. Aber nicht auf der strategischen Ebene und nicht in diesem Plattform-Kontext. Also was ich als tiefgreifendes Verständnis empfinden würde. Und das bedeutet eben, entweder man muss es selber erlebt haben oder mitgemacht haben oder man muss so offen sein, dass man einfach sieht, was machen die bewusst anders? und wie kann ich mich da einbringen. Viele gehen immer mit dem bestehenden Blick ein. auf diese Welt und dann erstmal ist alles ganz schlimm und das kann ja gar nicht so funktionieren, weil das haben wir ja immer anders gemacht und so. Und wenige sind so offen, dass sie das wirklich mal unvoreingenommen anhören und dann aber nicht eins zu eins übertragen, sondern so transferieren auf die eigene Welt. Ich glaube, das wäre der Weg, also das wäre meine Lehre, aber das ist auch wirklich super schwierig.
Alexander Graf: Kann jeder Hörer einen Lackmustest machen. Also wer heute noch an einem Best-Practice-Projekt sitzt und eine neue Webseite designt, der scheint einiges am Markt überlesen zu haben. Thema Mobile und
Jochen Krisch: Ja, und alles, was im Voice-Bereich und was weiß ich, was da kommt. Also man sieht ja jetzt, das Schöne in den letzten zwei, drei Jahren war ja, dass man sieht, man kann sich eben auf nichts verlassen. Und selbst wenn man sagt jetzt Mobile, wir wissen inzwischen, dass Mobile das nächste große Ding ist, dann weiß man noch nicht, wie Mobile funktioniert, in welchen Interfaces und in welchen Konstellationen.
Joel Kaczmarek: Vielleicht abschließende Frage mal, was wären denn Kompetenzen, die man jetzt als Händler zum Beispiel auch aufbauen sollte, um in dieser Plattformökonomie bestehen zu können, gerade auch mal so aus Personalsicht. Also muss ich jetzt zum Beispiel sehr stark in solche Themen reingehen wie Business Intelligence. Ist das ein IT-Thema? Ist das irgendwie Business Development mehr? Ist das Produkt? Was würdet ihr sagen, sollte man da sich irgendwie jetzt mal vornehmen?
Alexander Graf: Ich glaube, man kann sich bei so Childhacks, About User Landung schon ein bisschen angucken, was man für Leute braucht. Ich glaube aber, man kann es sehr einfach runterbrechen, insbesondere auch für die GF-Ebene. Man muss einfach dafür sorgen, dass Dinge sehr, sehr, sehr, sehr schnell passieren. innerhalb von zwei Monaten, drei Monaten. und das hat gar nicht so viel damit zu tun, dass man jetzt einen Head of Digital erstmal einstellen muss oder einen neuen Online-Marketing-Chef, sondern diese ganzen kleinen Sachen in der Entscheidungsfindung, die ja unternehmerisch getriebene Businesses wie in Zalando oder About You einfach machen, die setzen einfach sehr schnell um. Das kann man erzeugen in jedem Unternehmen. Einfach mal ins Machen kommen und dann wird man ja sehen, was einem noch fehlt. Ein bisschen Performance-Marketing hier, IT dort und Product-Management vielleicht an einer anderen Stelle, aber daran scheitert es aus meiner Sicht an diesen Entscheidungsprozessen am ehesten.
Jochen Krisch: Das sind halt alles kleine Themen, die man nach Masterplan machen kann. Und ich glaube, sobald die Masterplan-Denke weg ist, kommt man auch in den richtigen Modus, dass man eben so Themen angeht. Natürlich wird das am Anfang alles ganz schlimm sein und es wird nicht so aussehen, wie die Profis das jetzt schon machen. Aber die Kunst ist ja, das so schnell zu lernen, dass man möglichst schnell auf so ein Level kommt. Deswegen fasziniert mich zum Beispiel der Startup-Gründerbereich sehr. Gerade jetzt Gründer der zweiten, dritten Generation, die das schon mal gemacht haben. sieht man einfach, wie unheimlich professionell die Strukturen, Technologie und alles aufbauen, selbst wenn es jetzt ein anderes Thema ist.
Alexander Graf: Einfaches Beispiel, wir haben ganz viele Unternehmen auch in diesem Spiker-Umfeld, die man jetzt, ob das jetzt B2B ist oder irgendwelche Airlines oder sagen, wir brauchen jetzt irgendwas im Bereich so eine Voice-App, also irgendein Device, was über die Stimme eine Transaktion empfangen kann. Und da muss man jetzt überlegen, wenn man das halt schafft, innerhalb von zwei, drei Monaten zu bauen, egal was für eine Voraussetzung man da hatte vorher, ist das gut? Das wäre auch immer noch wahrscheinlich gut für ein Start-up, wenn man halt sechs Monate braucht, neun, zwölf, damit man das einbetten kann in die Gesamt-IT-Strategie oder in den Gesamt-Marketing-Plan. Ist schlecht, ist einfach versagt. Punkt aus.
Joel Kaczmarek: Okay, man merkt also, der Wind, der einem hier entgegen wird, wird eisiger. Und ich glaube, wir haben sehr schön viele kleine Takeaways mitgenommen, auch ein paar große. Wo man wirklich merkt, es geht eigentlich um Agilität an vielen Stellen, habe ich so ein bisschen mitgenommen. Und ja, ich freue mich schon auf, das mit euch fortzuführen. Also wir werden das mal versuchen, dass wir das öfters machen, so ein E-Commerce-Crossover. Wahrscheinlich dann öfters mal per Telefon. Wir geloben hier mal, eine gute Frequenz hinzukriegen. Ja, euch beiden vielen, vielen Dank.
Alexander Graf: Vielen Dank. Danke dir.
Joel Kaczmarek: So, ihr lieben Zuhörer da draußen, das war es für heute leider auch schon wieder. Ich hoffe, ihr konntet einiges für euch mitnehmen und hattet Spaß beim Zuhören. Seid doch bitte so lieb und schenkt uns eine Rezension mit fünf Sternen bei iTunes und abonniert uns natürlich auch in der Podcast-App eures Vertrauens, gerne auch bei iTunes direkt. Und wir freuen uns riesig, wenn ihr unseren Podcast auch an Freunde und Kollegen weiterempfehlt, weil uns liegt wirklich am Herzen, unser Wissen mit vielen anderen zu teilen. Auf Facebook findet ihr uns ebenfalls dort unter facebook.com slash digitalkompakt.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.