Hot or not – der Onlinehandel mit Beauty-Produkten

21. Mai 2018, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce-Crossover-Podcast von digital Kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute reden drei Männer über Beauty. Wenn das nicht passt, wenn wir hier nicht die Experten sind, dann weiß ich auch nicht. Einer der Männer, der hier sonst sitzt, der gute Jochen, ist heute leider nicht dabei. Er wird schmerzlichst, schmerzlichst vermisst und liebe Grüße gehen an dieser Stelle raus. Aber wir haben auch kompetenten Ersatz gefunden. Also keiner kann Jochen völlig das Wasser erreichen, aber in sehr, sehr wesentlichen Stellen. Dazu gleich mehr. Aber unser anderer kongenialer Partner ist natürlich da, der gute Alex Graf. Moin Alex!

Alexander Graf: Moin! Moin, moin, freut mich.

Joel Kaczmarek: So, Hand aufs Herz, wann hast du die letzte Gesichtscreme irgendwie bei Douglas, Flaconi und Co. bestellt?

Alexander Graf: Ich bin ja so oft in Hotels und da nehme ich mir natürlich immer alles, was da im Cremes und Gels ist, nehme ich mir mit und deswegen habe ich da keinen großen Bedarf, was zu kaufen.

Joel Kaczmarek: Ah, okay, sehr gut. Kriegst dir die gute PEG-geschwängerten Parfümcremes. Aber ein anderer junger Mann, den ich jetzt mal vorstelle, der aber eigentlich gar keine Vorstellung mehr bedarf, weil er bei Alex ja hier schon der Food-Prominente ist, Der hat man fleißig gekauft. bei diesen ganzen Plattformen, auch stellvertretend für uns. Lieber Udo, stell dich doch mal ganz kurz vor.

Udo Kießlich: Ja, hallo. Udo Kießlich, ehemaliger Geschäftsführer von All You Need Fresh, Online-Supermarkt mit Food und Drogerie. Da ist natürlich ein bisschen was hängen geblieben, was wir vielleicht heute auch nutzen können. Ich war auch fleißig shoppen im Vorfeld vom Muttertag.

Joel Kaczmarek: Ja, total sympathisch. Und ich kann auch schon sagen, Udo, das teile ich nachher mal im Social-Media-Kanal, kam hier wirklich rein mit Kartons von Flaconi, Douglas, Zalando Beauty, also alles wirklich am eigenen Leib ausprobiert. Und er wird uns sein Wissen mit uns teilen und seine Augen leuchten auch. Also die ganze Zeit, wir haben uns jetzt in einer Dreiviertelstunde schon unterhalten, erzählt er mir nur von den ganzen Ansätzen, was es da gibt. Ich glaube, das wird sehr, sehr spaßig. So, wir steigen mal ein in das ganze Thema Beauty, indem wir mal den Markt etwas beleuchten. Und vielleicht schon mal vorweg, wir verstehen Beauty jetzt eher fernab von Drogerie. Also wir werden nicht so viel über Rossmann, DM & Co. reden, sondern eher so in der Einflugsschneise Douglas, Hardgroup, Flaconi, Zalando Beauty. Und sicherlich auch mal ein ASOS. So, lieber Udo, was ich so mitgeschnitten habe, die Marktgröße, wenn man sich die gängigen Verbände zu dem Thema mal anguckt, liegt bei 5,5 Milliarden in Deutschland. Gleichzeitig gefühlt kaum Wachstum, also 3% pro Jahr, teilweise auch mal weniger, ich glaube 2,8%. Online eigentlich so als der Kanal, der, wenn dann noch am stärksten wächst. Ich habe gelesen, auch in deinen Recherchen, 15 bis 20 Prozent Online-Anteil, wenn man über solche Beauty-Themen redet. Erdeckt sich das mit deinem Befund? Ist es diese Marktgröße? Kommt das hin? Und was siehst du da eigentlich noch für ein Spielfeld?

Udo Kießlich: Ja, also es ist halt wirklich so, etwas überraschend, aber vielleicht auch mit Blick auf den Rückgang der Frequenzzahlen in der Innenstadt und im stationären Handel dann doch nicht, dass der Markt irgendwo zwischen 5 bis 6 Milliarden groß ist. Man kann ihn jetzt noch ein bisschen segmentieren, da kommen wir vielleicht noch drauf. Aber da wachsen die einen Segmente mal ein bisschen länger, ein bisschen stärker oder ein bisschen weniger. Aber mehr als zwei, drei Prozent Gesamtwachstum scheint da jetzt in den letzten Jahren nicht drin gewesen zu sein. Und das einzige Segment, was halt deutlich wächst, aber das ist ja dann so eine Art Kannibalisierung, ist dann der Online-Kanal. Und da spielt jetzt im Prinzip die Musik. Da gibt es eine Reihe von neuen Playern, die jetzt natürlich auch schon 50, 100 Millionen Umsatz haben. Dann gibt es da eine Douglas und die kämpfen jetzt sozusagen die Etablierten versus die Neueinsteiger um die Kunden. Und die Kunden sind natürlich überwiegend Frauen und überwiegend junge Frauen.

Joel Kaczmarek: Also es ist glaube ich nicht überraschend, dass Damendüfte wohl so als Segment im Bereich Beauty am größten sind. Man unterteilt, wie ich von dir lernen durfte, in Düfte, Handpflege und Kosmetik. Also das sind so die wesentlichen Bereiche in dem ganzen Beauty-Segment. Und Douglas da als Marktführer. Alex, sag mal, hattest du die nicht schon mal im Podcast, die Dame von Douglas? War das nicht so?

Alexander Graf: Nee, nicht im Podcast. Die war auf der OMR-Bühne vor ein paar Wochen. Da hat Tina Müller erzählt, wie erfolgreich die letzte Influencer-Kampagne war und was ihr neues Verständnis ist von den stationären Geschäften. Aber es war auf jeden Fall schon mal auf Kassenzone und im Video.

Joel Kaczmarek: Und was hat die für einen Eindruck auf dich gemacht? Ist das eher jemand, der vorwärtsgewandt ist oder ist da noch so typischer alte Schule, dass man das ganze Thema online eher skeptisch sieht?

Alexander Graf: Tina Müller ist ja eingesetzt worden von dem Investor von CWC als Change CEO, kann man so sagen. Da wurde ja ein relativ großer Teil des Teams auch ausgetauscht. Ich glaube, dem Unternehmen ist ziemlich klar, dass mit der klassischen stationären Strategie und mit dem bisher alten Verständnis von Omnichannel, dass da eigentlich kein relevantes Marktwachstum mehr zu machen ist. Sie hat jetzt ja mit ein, zwei Kampagnen, da kommen wir gleich nochmal dazu, Aufmerksamkeit erzeugt. Sie weiß, glaube ich, ziemlich genau, wohin die Reise gehen muss, ob Douglas dazu in der Lage ist. Dazu sprechen wir ja heute. Das weiß ich nicht. Das müssen wir diskutieren. Ich glaube aber, dass Tina Müller durchaus das richtige Marktverständnis hat und dort auch die richtigen Dinge antreibt. Das auf jeden Fall. Ich weiß nicht, ob du das gesehen hast, komplett das Interview. Das war ja so 20, 25 Minuten lang. Das, was sie gesagt hat, hat schon Hand und Fuß. Ob das umsetzbar ist am Ende des Tages, das ist eine andere Frage.

Joel Kaczmarek: So, jetzt muss der gute Udo uns nochmal zwei Dinge erklären. Das eine wäre so die Segmentierung von dem ganzen Markt. Also Udo hat mir so ein bisschen aufgemacht, dass er eigentlich drei Bereiche sieht. Masse, Premium und Luxus. Im Bereich Masse werden so klassischerweise die ganzen Discounter und Drogerien anzusiegeln. Bisher auch in Amazon und eigentlich auch die ganzen Online-Pure-Player, wie so ein Flaconi beispielsweise. Douglas wiederum ist eher so im Premium-Segment und will da auch noch irgendwie weiter hoch, also will noch weiter die Premiumisierung sozusagen fördern, was ich mitgeschnitten habe. Und im Luxussegment werden dann so typische Flagship-Stores von großen Brands anzusiedeln. Also es ist dann eher so Spezialparfümerie, KDW, Luxusbereich. Ich habe nicht so richtig verstanden, was der Unterschied zwischen Premium und Luxus ist. Aber vielleicht kannst du mal ein, zwei Sätze nochmal sagen, ob ich das richtig wiedergegeben habe, wie du das verortest, lieber Udo.

Udo Kießlich: Ja, von der Marktseite, jetzt von den Produktsegmenten, hatten wir ja vorhin schon mal genannt, kann man das eben halt in Düfte, Pflege und dekorative Kosmetik aufteilen, also sowas wie Make-up zum Beispiel, Lippenstifte. Und sozusagen von der Vertriebsseite her teilt sich der Markt selber halt in diesen Massenmarkt. Premium und Luxus, wobei vielleicht könnte man auch Premium und Luxus zusammenfassen. Das ist jetzt so ein bisschen arbiträr. Was heißt das jetzt? Also Premium-Marken oder Luxus-Marken sind sicher sowas, was man aus der Werbung kennt. Chanel, Dior, Yves Saint Laurent und so weiter. Man kann da glaube ich auch im Premium-Segment sowas wie gehobene Bio-Fachkosmetik reinrechnen. Die wird normalerweise auch eher über den Fachhandel vertrieben. Ist auch nicht ganz preiswert. Und eben auf der anderen Seite im Massenmarkt oder Mid-Market, wie auch immer man das jetzt definiert, ist natürlich auch immer eine Frage des Preispunktes pro Warenstück. Da ist wahrscheinlich am unteren Ende sowas wie die Kosmetikabteilung bei einer DM stationären Handel, DM online zu sehen oder auch alle anderen Drogerien. Sicher auch gewisse Angebote bei Amazon. Und der entscheidende Unterschied ist halt, und da kommen wir vielleicht nachher nochmal drauf bei der Sortimentsbetrachtung, dass eben nicht alle Anbieter alle Marken haben, sondern dass vor allem die Premium-Anbieter, dass nur die eigentlich Zugriff haben auf diese Premium-Luxus-Marken, Exklusiv-Marken. Und das spielt dann natürlich schon eine Rolle, wenn der Kunde sagt, ich möchte jetzt zum Beispiel eine Chanel kaufen oder eine gehobene Kosmetik aus dem Hause L'Oreal. Dann wird er die halt nicht im Massenmarkt bei einer Amazon oder bei einer DM typischerweise finden. Also es geht relativ stark die Differenzierung über das Sortiment und über den Wert pro Warenstück.

Joel Kaczmarek: Da müssen wir nochmal reingehen. Das ist, glaube ich, die letzte Hausaufgabe, die wir in Sachen Erklärbär hier noch haben, wenn wir über das Thema Beauty reden wollen, nämlich dieses Thema Depotvertrag und wie das mit den Herstellern so läuft. Ich erinnere mich, eine der ganz frühen kritischen Analysen bei Gründerszene damals war irgendwie zu Beauty-Deal von den Samwas und da haben die im Prinzip so eine Art Online-Discounter für Beauty-Produkte aufmachen wollen. Haben dabei irgendwie auf einen Münchner Hersteller oder auf eine Münchner Kette zurückgegriffen, wenn ich mich richtig entsinne, von der sie diese Produkte deutlich unter Preis, wie man den sonst kriegt, bezogen haben. Wollten das dann halt billig an ihre Kunden weiterreichen und das Ende von der Geschichte war, dass die Hersteller das sehr, sehr schnell mitgekriegt haben. Und ich glaube, das Ding war kaum sechs Monate alt, dann gingen da schon die Lichter wieder aus, weil im Prinzip der Zugang zu den Produkten zu günstigen Preisen nicht mehr gegeben war. Wir haben das damals ganz kritisch aufbereitet, wie man als Investor was investieren kann, was so einen Single Point of Failure hat. Aber das vielleicht mal außen vor, aber das war das erste Mal, wo ich Berührungspunkte damit hatte, dass diese Preissensitivität bei den Herstellern gegeben ist und dass die halt sehr, sehr stark waren. Und witzigerweise ist ja dann teilweise aus dem Team vom Beauty-Deal auch ein Groupon entstanden, was zum Beispiel mit Graumarkt ganz viel zu tun hatte, was auch in dem Segment irgendwie wesentlich ist. Von daher, vielleicht kannst du ja auch nochmal einen kleinen Überblick geben, es ist ja teilweise kartellrechtlich sogar gesichert, warum die das dürfen, was es mit diesen Depotverträgen auf sich hat. und so Namen wie Koti oder halt dieser besagte Graumarkt, die sollten glaube ich mal fallen, wenn wir da ein bisschen jetzt wie gesagt den Erklärberg geben.

Udo Kießlich: Ich gehe da mal kurz im Tiefflug drüber, aber es ist schon wichtig, das im Hinterkopf zu haben, wenn wir nachher auf die Strategien eingehen und auf die einzelnen Player. Also es ist so, dass diese Exklusivmarken oder Premium-Marken, könnte man ja sagen, ja warum, wenn die fehlen, warum listet man denn nicht einfach einen vom Hersteller oder vom Großhandel? Da ist es so, dass diese, ich nenne es jetzt mal Beauty-Industrie, im Kartellrecht so eine gewisse Sonderrolle haben. Fachchinesisch ist Gruppenfreistellungsverordnung und das heißt sozusagen übersetzt sinngemäß, dass die Hersteller einen selektiven Vertrieb machen könnten. Das heißt, die können sich die Vertriebswege in gewisser Weise aussuchen und das führt dann dazu, dass eben nicht alle Marken überall verfügbar sind. Nicht so sehr, weil das jetzt eine geschäftsstrategische Entscheidung ist, sondern weil halt bestimmte Hersteller oder bestimmte Lizenzinhaber, da wäre jetzt der bekannteste wahrscheinlich Koti, die sitzen in Mainz, sagt nö. Natürlich mit fachlich-rechtlich gut abgesichert. Wir bedienen in erster Linie den stationären Facheinzelhandel, also die Douglas dieser Welt, die mittelständischen Parfümketten, weil wir halt eine gewisse Wertigkeit halten wollen, vielleicht auch ein gewisses Preisniveau, ein gewisses Kompetenzniveau. Das schaffen sie und das ist auch rechtlich erlaubt. Da gibt es ständig irgendwelche Urteile und Streit, aber das ist noch legal. Das sichern sie ab über sogenannte Depotverträge oder Exklusivverträge. Das sind also langfristige Verträge zwischen Herstellern und den Retailern, also zum Beispiel einer Flaconi oder eben einer Douglas oder auch einer Parfum Dreams. Das wird dann teilweise unterlaufen. Die Neugründungen sind ja pfiffig. Es ist EU-Markt, freier Handel, dass man teilweise Parfüm aus dem Ausland über einen sogenannten Graumarkt reimportiert, um eben die Marken zu haben, also überhaupt erstmal zu haben oder vielleicht auch günstiger, weil vielleicht bestimmte Marken in Polen oder in Italien einen anderen Preispunkt haben als in Deutschland. Das ist aber so ein Hase-und-Igel-Spiel mit Abmahnungen, wo dann immer diese Grauimporte versucht werden zu unterbinden. Das muss man im Prinzip im Hinterkopf haben. Und noch ein letzter Satz. Jetzt könnte man natürlich auf die Idee kommen, warum kauft man dann nicht einfach einen Anbieter, der diese Marken nicht hat? Warum kauft er dann nicht einfach einen Anbieter, der die hat? Das wäre ja naheliegend als strategische Option. Da gibt es dann diesen schönen Begriff Change-of-Control-Klausel. Was sinngemäß heißt, dass eben, wenn eben so ein Übernahmefall stattfindet, dann liegt halt ein Change-of-Control-Fall vor. Und dann obliegt es im Prinzip dem Handel oder dem Hersteller zu sagen, ich beliefer meinen bisherigen Kunden eben normal weiter. Oder ich habe die Option, eben den Kunden ab einem bestimmten Tag nach dem Closing nicht mehr zu beliefern. Und damit ist dann diese Option, ich kaufe mir einen Hersteller mit den entsprechenden Marken, etwas wackelig.

Alexander Graf: Mhm.

Joel Kaczmarek: So, das also mal als Hintergrund zu dem ganzen Thema. Man merkt ja so, es geht im Prinzip darum, wie kriege ich Zugriff auf Premium- und Luxusmarken, wenn ich mich da online positionieren will, was nicht so ganz trivial ist, weil da halt diese Sonderrechte bestehen und diese Depotverträge, was sicherlich etwas ist, wovon Douglas sehr stark zehrt dieser Tage oder eigentlich schon seit längerer Zeit. Lieber Herr Graf, du bist ja schon ganz, ganz lange im E-Commerce unterwegs. Wie hast du denn bisher so das ganze Thema Beauty online erlebt, dass wir uns jetzt mal an die unterschiedlichen Player sukzessive ranrobben?

Alexander Graf: Ja, jetzt, du hast das ja schon so gut aninterviewt. Ich bereue es so ein bisschen, dass wir keine, sozusagen noch zusätzlich eine Frau dabei haben, die so ein bisschen über die Kaufprozesse erzählt. Ich erlebe es genauso, wie Udo das beschreibt. Es ist ein extrem geschlossener Markt, ein Markt, in dem die großen Hersteller, ein L'Oreal, ein Grotti und andere, sich eigentlich extrem gut eingenistet haben mit dem bisher dominanten stationären Handel, in dem eigentlich jeder versucht hat, möglichst lange den Online-Handel außen vor zu lassen, weil der Online-Handel sich leider sehr, sehr stark über den Preis positioniert. Eigentlich alle neuen Online-Handelsgeschäftsmittel im Beauty-Bereich haben halt sehr, sehr stark dieses Preisthema gehabt. Nun gibt es quasi zwei wesentliche Effekte, die ganz spannend sind, die jetzt zu massiven Verschiebungen führen und dazu, dass auch Douglas und L'Oreal und Co. anfangen zu rennen. Auf der einen Seite wächst der Online-Anteil, einmal durch Douglas, natürlich auch durch Amazon, durch Flaconi und andere. Das heißt, man kann sich dieser Preiserosion nicht mehr künstlich entziehen, auch nicht mehr durch den selektiven Vertrieb. Das ist schon spürbar. Preissensitive Kunden sind in der Regel in der Lage, die Produkte günstiger einzukaufen. Das heißt, man muss hier handeln. Diese alte Vertriebsstruktur ist nicht mehr dazu dienlich, das Ganze zu schützen. Und das Zweite, was noch viel interessanter ist, und das hat ja auch die Tina Müller beschrieben, es entstehen halt neue Marken, insbesondere durch Influencer, die ja jetzt schon zumindest im Niedrigpreissegment, dann teilweise ganze Regale von DM dominieren. Und diese Marken entstehen gefühlt aus dem Nichts. Da gibt es quasi mal eine große Kampagne und dann gibt es auf einmal Duschhauben, Duschgels und Co., die dann eine Zielgruppe erreicht, die weder die Hersteller noch die Händler überhaupt relevant ansprechen können. Damit gibt es quasi zwei Bausteine in dem ganzen Setup, die in den letzten zwei Jahren eigentlich erst richtig deutlich geworden sind und an diesem ganzen Gerüst rumwackeln. Führt das jetzt dazu, dass die großen Händler und die großen Hersteller Strategien in der Schublade haben, um darauf zu antworten? Nach allem, was ich bisher gelernt und gesehen habe, eher nicht. Also sind alle noch so ein bisschen im Verteidigungsmodus und alle sind dabei zu schauen, dass man ein bisschen besseren Online-Shop, vielleicht ein bisschen mehr mit Influencern arbeitet. Das ist das, was gerade am Markt passiert. Ich glaube, solange die Unternehmen Strategien entwickeln können, um dieser Preiserosion auszuweichen, werden sie das machen. Und vor diesem Hintergrund ist natürlich auch so eine Akquisition wie Parfüm Dreams von Douglas jetzt extrem interessant. Man könnte jetzt halt überlegen, führt das dazu, dass man so eine Zwei-Marken-Strategie fahren kann? Eine etwas günstiger, eine ein bisschen teurer? Oder führt das dazu, dass man diese Marke möglicherweise aushungern lässt und damit die Preiserosion vielleicht nochmal ein Jahr auffällt? So denken ja eigentlich Konzerne. Du musst ja als Konzern davon ausgehen, dass Solange du den Durchschnittspreis im Markt, ob das jetzt bei den Premium-Produkten ist oder bei den Mainstream-Produkten, 10% über dem Durchschnitt, über dem Online-Schnitt halten kannst, dann bringt es gar nichts, irgendwie den Online-Kanal groß aufzubauen. Dann fährst du halt jede Strategie, die dazu dient, diese Preiserosion zu erlegen. Und das führt halt dazu, dass jetzt gerade auch neue Konzepte entstehen. Und ich glaube, auch die Influencer werden ja auch schlauer. Es gibt ja quasi mittlerweile mehr Plattformen, über die die Influencer verkaufen können und auch solche Produkte in den Markt bringen können. Und da sieht man dann, dass da gar nicht so viel Produktinnovation drin ist in den einzelnen Cremes und in den einzelnen Parfüms. Es ist halt sehr, sehr virtuell alles. Sehr, sehr schwer erklärbar, warum ein Produkt einen bestimmten Preis kostet. Das ist ja alles Belief. Diese Kontrolle über das, was gut ist und das, was gekauft werden kann, das entgleitet momentan den Herstellern und den Händlern massiv. Das beobachte ich am Markt.

Joel Kaczmarek: Wie siehst du eigentlich ein DM? Das würde mir mal vielleicht eine kleine Randnotiz machen. Ganz viele in unserer Messenger-Gruppe, ja, ich reg ja jeden immer an, sich da mal anzumelden, digitalkompakt.de slash messenger. Ganz viele haben gefragt, wie wir eigentlich so DM einordnen, deren Online-Strategie ja zum Heulen ist, die eigentlich gesagt haben, sie haben keine oder machen keine. sondern die so sehr stark auf stationär setzen. Gleichzeitig war aber auch trotzdem so der Zweifel, vielleicht ist das auch gar nicht so doof, weil man halt irgendwie überall ein DM hat, was soll ich warten, was soll ich mir was bestellen, wenn ich einen günstigen Preispunkt habe, der eigentlich jetzt nicht so online-affin ist, erfahrungsgemäß, und so ein DM wahrscheinlich in meinem Umkreis definitiv so laden hat. Was ist dein Blick darauf?

Alexander Graf: Ich glaube, bei dm kann man zusammen mit Rossmann in einen Topf schmeißen. Da ist ja quasi so eine klassische Anti-Online-Strategie, ähnlich wie sie auch in Ikea fährt. Die tun ja alles dafür, diese Produkte eben nicht online handeln zu müssen, weil das entsprechend ineffizient und teuer für die ist, zumindest im aktuellen Vertriebsmodell. Also muss man die Läden irgendwie stärken. Und das, was man online macht, das führt eigentlich nur dazu, dass mehr Leute in die Läden kommen. Genauso wie Influencer-Produkte natürlich im Laden zu listen, damit der DM einfach voll wird. Ich glaube, von den Parteien würde ich mir online gar nichts erwarten. Da sollte gar niemand draufschauen, um die Frage zu beantworten, wo geht die Reise hin. Ich glaube, da kann man nur draufschauen, um die Antwort zu bekommen, wo kommen wir her. Die tun sich halt total schwer, das kann ich auch verstehen, genauso wie ja die Lebensmittelhändler da auch dieses Preisproblem haben und das Warenkorbproblem haben, aber die werden nicht in der Lage sein, sinnvolle neue Konzepte zu entwickeln, Marken zu entwickeln und sich so ein bisschen abzunabeln von ihrer stationären Vertriebsstruktur. Das ist auch gar nicht so einfach, also da gebe ich quasi deinen Kommentatoren dann auch recht, wo sie dann sagen, naja, sollten die das machen? Sollten Sie das machen aus einer reinen P&L-Perspektive, können Sie sich damit innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre finanziell besser aufstellen, als Sie heute aufgestellt sind? oder sollten Sie lieber in das nächste smarte Warenregal investieren? Wahrscheinlich müssen Sie dann das Warenregal nehmen. Sorgen sie dann dafür, dass es keinen Kompetenzaufbau gibt? Auf jeden Fall. Die entfernen sich zunehmend vom Online-Markt und werden da auch in Zukunft nicht mehr einen Anschluss finden. Das ist nachvollziehbar aus heutiger Sicht, aber wenn man so ein bisschen zukunftsorientiert denkt, dann ist das eigentlich fatal, was ein DM macht.

Joel Kaczmarek: So, lieber Udo, fangen wir doch mal mit dem Marktführer an, Douglas. Sitzt auf vielen Depotverträgen, ist größter Online-Anbieter in dem Segment auch, aber wird halt sehr, sehr stark unter Druck gesetzt von anderen Pureplayern. Wie war denn so deine Produkterfahrung? Also wenn du bei Douglas bestellt hast, wie würdest du so deinen Shop verorten, die Online-Qualität? Vielleicht kannst du ja mal so ein bisschen so ein Bild zeichnen, für alle, die jetzt zuhören, was da so angekommen ist, was so insgesamt deine Produkterfahrung war.

Udo Kießlich: Ja, also man soll ja immer was Gutes sagen am Anfang und vielleicht auch ein bisschen Janusköpfig, also sozusagen Licht und Schatten. Also was Gutes und was mir eigentlich ganz gut gefallen hat, klar, also aus Kundensicht, jeder kennt Douglas und die haben halt auch das ganze Sortiment an allen Marken. Also die haben Die ganzen Exklusivmarken, die haben die Premium-Marken, die haben sogar eine ganz gute Abteilung mit Eigenmarken. Also sozusagen im Sortimentsbereich fühlt man sich da eigentlich ganz gut zu Hause. Was mir überhaupt nicht gefallen hat und das hat sich dann im Laufe des Shoppens auch verstärkt, muss ich leider so mit Lob knausern, ist, dass die Homepage im Prinzip eigentlich kaum benutzbar ist. Also da gibt es diverse Features, die fehlen, die sind eigentlich Standard, also Co-Login, wir haben keine Recommendationen. Sie haben irgendwie 30 Artikel auf der ersten Seite. Also man könnte da jetzt einen ganzen Podcast füllen mit den Defiziten. Und das ist eigentlich ein bisschen schade, weil Online-Shopping geht ja auch um Convenience und Spaß. Es gab auch ein großes Gap zwischen dem Desktop-Frontend und dem Mobile-Shopping. Also das war auch alles nicht so rund. Also da gibt es einen ziemlich großen Gap auch zu den anderen Anbietern. Was dann ganz nett war, wie da hinten raus, dass die verschiedene Lieferoptionen hatten. Also nicht nur einfach Standard, sondern auch Express und Zeitfenster und so weiter. Das war aber wieder alles so chaotisch formatiert auf der Seite, dass es dann doch wieder keinen Spaß gemacht hat. Also ich würde sagen Licht und Schatten. Wie gesagt, Produkte ganz gut. Die Verpackung, das gilt aber für alle Anbieter, war eher so, naja, middle of the road. Ich hatte bei keinem der Anbieter so das Gefühl, dass ich jetzt irgendwie in einer Premium-Welt mich bewege. Das war ein bisschen enttäuschend. Am nächsten Tag war dann das Paket auch da. Da war dann Flyer drin, ein paar Proben und die Artikel. Aber wie gesagt, so von der Wertigkeit war da meines Erachtens noch Luft nach oben. Deswegen, wie gesagt, Licht und Schatten bei Douglas.

Alexander Graf: Ich würde hier nochmal was ergänzen. Ich glaube, was man bei Douglas ja beachten muss, und das hat sich ja jetzt geändert mit dem neuen Team, Douglas hat als Konzern das Thema IT-Shop immer als Kostcenter betrachtet. Die waren ja ganz, ganz stolz darauf, dass sie ein sehr, sehr profitables Online-Geschäft aufgebaut haben, indem sie einfach mit Hausmitteln quasi den Shop so ein bisschen aufgeschraubt haben, das ganze Thema Mobile natürlich dadurch verschlafen, aber aufgrund der Marktmacht, weil sie halt diesen Zugang zu den Produkten hatten, halt trotzdem auf sehr, sehr hohe Umsatzniveaus wachsen konnten, ja. mehrere hundert Millionen, ohne in den Shop zu investieren. Das wurde von den alten Investoren für gut befunden. Und das alte Management-Team hat das entsprechend getrieben. Es gab da überhaupt niemanden, der gesagt hat, komm, wir müssen hier ein bisschen mehr machen, wir müssen uns hier anders bewegen, wir müssen jetzt mal hier 10, 20 Millionen in die Hand nehmen, um beim Thema Produktinformationssystem oder beim ganzen Order-Management Gas zu geben. Also das, was Douglas da heute online hat, das ist das Ergebnis von zehn Jahren verfehlter Digitalisierung, ja. Die haben halt zehn Jahre lang gespart und dafür wurde das alte Management-Team gelobt vom Investor. Das muss man halt mal ganz klar sehen. Ich glaube, das Team arbeitet, glaube ich, schon gerade, das haben die auch erkannt. Denen ist schon total klar, dass sie da erhebliche Defizite haben, aber genau so sieht quasi eine verfehlte Online-Strategie aus. Und das ist das, was ja Udo jetzt gerade beschrieben hat.

Joel Kaczmarek: Ich meine, jetzt darf man auch dazu sagen, wenn ich mir hier diesen Douglas-Karton angucke, der ist in so einem leichten Mintgrün. Die haben natürlich manchmal auch ein bisschen die Besonderheit, wenn die Parfüms verschickt, müssen die immer so eine Gefahrgutaufkleber drauf machen. Also da oben ist so ein dickes schwarzes Viereck drauf. Ich habe mir mal irgendwie für meinen Rasierer so Reinigungspacks gekauft, dann kommt sowas auch immer. Wahrscheinlich, weil einfach Alkohol drin ist. Nevertheless, also ich gebe dir recht, ich habe jetzt hier drei Kartons vor mir stehen. Flaconi, Zalando Beauty, Douglas, die der gute Udo mitgebracht hat. Das ist jetzt wirklich noch nicht so irgendwie Highflyer-wertig. Also Douglas, wie man es kennt, da hat man irgendwie so die Marke, die einem ins Gedächtnis springt. Zalando ist eigentlich der Standard-Zalando-Karton und Flaconi, ja gut, weiß mit einer rosa Schleife drauf und einem schwarzen Schriftzug. Das ist jetzt, gebe ich dir recht, ist alles noch nicht so, wenn ich sage, ich will nicht in die Masse, sondern in den Premium-Bereich noch nicht so der Knaller. Was ist denn sonst, vielleicht können wir mal ein bisschen von den harten Zahlen da auch mal in den Vergleich eintauchen. Wie sieht es denn aus mit Versandkosten? Was sind so die Beträge, die man irgendwie einspielen muss bei den unterschiedlichen Anbietern, damit die Versandkosten wegfallen? Und dann sollten wir vielleicht auch mal zur Sortimentsgröße ein bisschen was sagen, dass wir eigentlich mal ein Gefühl dafür bekommen, von was für Playern wir da reden.

Udo Kießlich: Okay. Ich sage mal kurz was hier zum Sortiment und den Versandkostengrenzen, weil das auch recht interessant ist. Versandkostenfreiheit bei Douglas 25 Euro, bei Asos 30 Euro, Flaconi 20 Euro, Parfümdreams haben wir jetzt mal noch reingenommen, 20 Euro. Der einzige, der gar keine Versandkosten erhebt, und das ist natürlich interessant und hat sicher auch strategische Gründe, ist eine Zalando Beauty. Da versuchen sie halt, möglichst einen geringen Eintrittswert zu haben für die Kunden. um eben wahrscheinlich Defizite im Sortiment auszugleichen. Weil wenn man da mal drauf guckt, ist es so, ich nehme jetzt mal nur die ganz große Perspektive, jetzt nicht die ganzen Einzelsegmente. Also eine Douglas hat irgendwie mehr als 18.000 Artikel, eine Flaconi hat 24.000 Artikel, eine Parfumdreams irgendwie mehr als 21.000 Artikel und eine Zalando hat halt nur in Anführungsstrichen 4.000 Artikel. Und auch irgendwie nur knapp 100 Parfümartikel. Mal zum Vergleich, eine Douglas hat 3000 Artikel im Parfümbereich und eine Flaconi mehr als 4000. Also da sieht man ganz klar, dass Douglas es nicht geschafft hat, beziehungsweise Zalando Beauty, Entschuldigung, die haben im April ja angefangen, es noch nicht geschafft hat, sozusagen die Breite der klassischen Premium- und Exklusivmarken im Shop zu listen. Die haben auch nur Artikel für Damen derzeit. Im Herbst wollen sie was auch für Herren ergänzen. Aber die haben es halt noch nicht geschafft, sozusagen dieses Basissortiment aufzubauen und versuchen dann eben, das wäre meine Vermutung, eben da besonders liberale Versandkostenpolitik zu fahren, um eben ihre aktiven Kunden anzulocken, damit die eben auch mal Beautyartikel kaufen.

Joel Kaczmarek: Ja. Alex, du bist doch nah an About You dran. Wie denkt so ein Player wie Zalando über Beauty überhaupt nach? Ist das im Prinzip die gleiche Brille, wie es ein Douglas hat? oder denkt man da ganz anders, zum Beispiel, dass man seine Logistik einfach noch mehr auslastet, dass man noch mehr Käufe bei den Kunden im Prinzip, mehr Querverkäufe sozusagen, Cross-Selling machen kann? Wie sieht so jemand eigentlich das Beauty-Geschäft?

Alexander Graf: Ich sitze ja nicht im Gehirn von Robert Gens oder Ruben Ritter, aber grundsätzlich hat es genau diese zwei Seiten. Auf der einen Seite musst du überlegen, wie bekommst du höhere Warenkörbe hin und höhere Frequenzen. Du hast im Beauty-Markt halt eine sehr, sehr dankbare Wettbewerber. Du hast halt Douglas, die aus einer sozusagen sehr, sehr statischen Legacy kommen, die sich nicht so schnell bewegen können. Das heißt, da bist du als Online-Player schon mal gut unterwegs. Du hast zwei relativ kleine Online-Pure-Player mit ein paar Film-Dreams und Flakoni und Flakoni. Du hast einen sehr, sehr offenen Herstellermarkt, weil die arbeiten ja heute schon viel mit großen Herstellern zusammen und die haben schon sicherlich einen Zugang zu einem L'Oreal und Co., mit dem sie irgendwelche Deals machen können. Und Zalando wird als auch der nette Partner wahrgenommen, nicht so wie Amazon. Da könnte man sich schon ausmalen, das ist ein Sortiment, bei dem sie mit ihrer Zielgruppe vornehmlich weiblich, mittlere Alterspositionierung, dass man dort schon entsprechend Reichweite aufbauen kann und damit den Durchschnittswahnkorb und die Frequenz massiv erhöht. Glaubt man jetzt irgendwie super strategisch darüber nach, dass jetzt das Beauty-Sortiment in irgendeiner Form nach außen hin die eigene Kompetenz stärker durchscheinen lässt? Also habe ich so noch nicht erlebt. Also ich sehe das immer eher so, dass man auf die Kundenkorte, und raufschaut und sich überlegt, wo habe ich halt viele Kunden, was ist deren Zahlungsbereitschaft, was für Produkte kann ich ihnen noch anbieten? Und da liegt halt Beauty nah. Sie sind ja erst von Schuhen in Richtung Fashion gegangen, sozusagen Fashion an Accessoires, jetzt so in Richtung Beauty. Das macht schon mega viel Sinn. Ich glaube, die hätten sich das ganze Thema Produktzugang auch deutlich einfacher vorgestellt, dass sie da noch mit so wenig Produkten, mit so wenig Top-Marken online hausieren können, dass würde ich jetzt mal aus einer reinen Analystensicht als nicht befriedigend einschätzen. Aber Sie haben das Thema ja auch gerade erst gestartet. Da würde ich Ihnen schon noch mal ein paar Monate geben. Da werden Sie sicherlich mit deutlich mehr Produkten auf Ihre Webseite dann kommen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie das jetzt rechnen als Standalone-Produktkategorie, wo Sie sagen, wir sind in der Lage, auch mal ein Shampoo, eine hochwertige Shampoo-Kostendecken zu versenden. Oder ob Sie das als ergänzende Produktkategorie sehen, bei der Sie sagen, naja, ich kann in ein Paket mit Schuhen oder mit Klamotten auch gerne Drogerieartikel reinstellen, mit denen ich eigentlich nicht so wirklich Geld verdiene, sperre da aber den Markt zu für andere Wettbewerber. So gehen solche großen Online-Player damit vor. Aber es ist halt sehr, sehr herstellergetrieben. Also am Ende guckst du halt, welche Hersteller, welchen Sortimenten geben dir die besten Konditionen. Das ist jetzt im Beauty-Bereich doch nicht so einfach, wie sich das dann nur vorgestellt hat.

Joel Kaczmarek: Gut, also als erstes Zwischenfazit können wir schon mal festhalten, Douglas hat irgendwie eine lange Legacy aus irgendwie versäumter Online-Politik, Zalando Beauty ist eigentlich noch zu früh, um es jetzt schon hart, hart, hart zu bewerten, aber ich glaube, was ja interessant sein könnte, ist mal zu überlegen, wo geht man denn strategisch als Zalando Beauty damit womöglich hin? Wenn wir uns jetzt mal wieder an unsere Segmente erinnern, Masse, Premium, Luxus. Habe ich ja bisher so das Gefühl, korrigiert mich mal gerne oder gebt auch mal gerne eure Meinung ab, dass das eher so ein Massengeschäft wird, denn jetzt irgendwie Premium. Also eher so, was diese Online-Pure-Player bisher auch tun, dass man mehr in die Breite geht und damit eigentlich mehr einem DM zusetzt als jetzt einem Douglas. Habe ich das richtig verortet, Udo, oder kann man das vielleicht auch anders sehen?

Udo Kießlich: Naja, als ich mich da sozusagen ein wenig auf unseren Podcast vorbereitet habe und dann hier die Zahlen zusammengetragen habe, habe ich mich natürlich auch gefragt, ich sehe das so wie Alex, die haben jetzt ein paar Kinderkrankheiten, aber es wäre jetzt noch zu früh, ein finales Urteil zu sprechen. Die zwei Punkte, die für mich noch so offen sind mittelfristig, das eine ist, werden die in irgendeiner Form, sei das jetzt organisch oder acquisitorisch, an diese Premium-Marken überhaupt rankommen in ihrem Sortiment. Wenn sie das nicht schaffen, dann ist natürlich die Frage schon beantwortet, dann können sie gar nicht in dieses Luxus- oder Premium-Segment reinstoßen, weil sie die Marken einfach nicht haben. Aber das könnte sich ja lösen lassen. Der andere Punkt, der mir nicht ganz klar war, Capital Markets Presentation steht drin, dass die irgendwie einen Bon haben von bei Fashion so um die 60 Euro. Und sozusagen vom Preispunkt und von der Wertigkeit ist ja Zalando jetzt über das ganze Portfolio gesehen nicht im Premium-Bereich angesiedelt. Das heißt, ich sehe da so einen gewissen Gap. Wenn man ins Premium-Bereich bei Beauty reinstoßen sollte, ob das überhaupt zu dem durchschnittlichen Kundenstamm, zu dem weiblichen Kundenstamm von Zalando passt, zu den ganzen Millennials, oder ob es nicht ratsamer und strategisch eher zu erwarten ist, dass die vielleicht eher so im Mid-Market sich verankern, weil das besser zu ihrer Stammkundenschaft passt und weil sie da auch mehr Drehung erzeugen. Und die machen das ja auch hauptsächlich, um im Prinzip ihren Lieferservice Zalando Plus zu pushen. sodass ich also jetzt dann auch nicht final sagen kann, welche Richtung sich da dominant abzeichnet.

Alexander Graf: Aber vielleicht muss man noch ein bisschen anderes rangehen. Aber wenn jetzt quasi Bibi neues Duschgel rausbringt, ich glaube, das Duschgel ist ja so ihr Ding, dann würde ich doch als Zalando-Manager hoffen, dass sie das auf meiner Plattform pusht. Dass sie sagt, Bibi bringt jetzt hier neues Duschgel, das ist ja dann bei DM relativ stark sozusagen ausverkauft. Alle Leute rennen zu DM. Es wäre doch total geil, wenn man diese Influencer-Reichweite dafür nutzen könnte, dass die Leute dann diese Zalando-App nutzen. öffnen und dort im nächsten Paket quasi vielleicht sogar subventioniertes Duschgel beigelegt haben. Also warum sollten denn die Leute zu DM rennen? Das wäre für mich als Zalando-Manager ein Dorn im Auge. Und wenn man so vor diesem Hintergrund, da geht es ja um Reichweite und Frequenz. Und diese Reichweiten- und Frequenzprodukte, diese Influencer irgendwie pushen oder die wirklich viele Leute bewegen und nur viele Leute sind für Zalando relevant, die bewegen sich alle nicht im Premium-um-Luxus-Bereich. Vielleicht so zwei, drei Produkte sind da irgendwie im Premium-Bereich anzusiedeln, aber die meisten dieser Produkte bewegen sich komplett im Mainstream-Bereich. Und ich würde auch versuchen, diesen Hype, diesen Traffic auf meinem Portal zu ziehen, weil dann kann ich vielleicht Neukundendaten einsammeln, relativ günstig, und die dann nurturen, dass sie dann auch mal irgendwie Fashion kaufen oder irgendwas anderes kaufen. Und dieser Traffic geht nicht auf irgendein anderes Portal. Das ist ja der Wettkampf, mit dem sie sich da so ein bisschen auseinandersetzen müssen. Also so würde ich da rangehen. Also ich glaube, so Premium-Luxus, wozu? Das bringt jetzt keine hohe Frequenz, ist extrem anstrengend, da mit den Herstellern diese Vertriebskonstrukte auszuhandeln. Das ist alles sehr, sehr stark strafbewehrt. Da würde ich mir gar keine Gedanken darum machen. Insofern tendiere ich da in eine Richtung, Joel, dass das doch schon eher Richtung Rossmann-DM abzieht. Und genau da ist ja auch die Gefahr der DM-Rossmann-Strategie, wenn man das andersrum denkt, wenn jetzt tatsächlich ein Salando oder vielleicht auch mal eine Bout You, die ja noch viel stärker im Bereich Influencer sind, wenn die in der Lage sind, diese Kooperation exklusiv für sich zu claimen, Und diesen Traffic für diese Produkte dann auf ihre Seite zu ziehen, dann sind es vielleicht am Anfang nur das Bibidusch-Gel, aber morgen ist es dann auch der Gillette-Rasierschaum. Und da ist halt die Krux der DM- und Rossmann-Strategie, online gar nichts zu machen oder öffentlich zu sagen, und das hat ja DM tatsächlich getan, öffentlich zu sagen, online ist nicht relevant. Und da wird man dann die Quittung kassieren, denke ich mal, auf so eine Art und Weise.

Udo Kießlich: Vielleicht noch als Replik, also ich würde auch eher sozusagen auf die Mitmarke tippen als sozusagen klare Stoßrichtung für Premium oder Luxus. Interessant ist ja auch der Punkt, dm hat ja eine hohe Popularität durch ein extrem gutes Eigenmarkenprogramm. Wenn es Zalando mittelfristig schafft, sowohl dieses Influencer sozusagen abzufangen oder deren Produkte mit denen zusammen bei sich exklusiv anzubieten, und vielleicht auch selber bzw. mit Hilfe von Dritten ein solides Eigenmarkenprogramm auf die Beine stellt. Also zum Beispiel Douglas hat ein ganz gutes Eigenmarkenprogramm. Ich glaube, Flaconi hat sich für dieses Jahr vorgenommen, Eigenmarken im Markt zu bringen. Dann könnte natürlich sozusagen Zalando in den Augen von der jungen Kundschaft dann wieder besonders interessant werden und gräbt dann eben Anbietern im Mid-Market die Nachfrage ab.

Joel Kaczmarek: Ja, Eigenmarken wären auch der Punkt, auf den ich als nächstes eingehen wollte. Also wenn das Influencer-gebundene Eigenmarken sind, schneiden wir mit, ist ja eigentlich online ein wirklich dankbarer Kanal, weil auch irgendwie über Instagram und Co. pushbar und halt mit hoher Emotionalisierung. Grundsätzlich hat man ja Eigenmarken, dass die umso besser funktionieren, je weniger bekannte Marken es sonst in so einem Segment gibt. Also Möbel ist ja zum Beispiel total dankbar, sowas zu bespielen, weil jetzt nicht so viel Bekanntheit auf Markenebene da ist. Das ist ja bei Kosmetik genau andersrum. Also ist das trotzdem so, dass dieser Mid-Market, wie ihr ihn jetzt irgendwie zusammenfasst, dass der stark eigenmarkentauglich ist, weil so eine junge Zielgruppe vielleicht auch sagt, das ist mir gar nicht so wichtig, ob da jetzt Chanel, Garnier oder was weiß ich drauf steht, sondern eher so der Preispunkt zum Beispiel?

Udo Kießlich: Also ich würde mal vielleicht zwei Sachen sagen. Also zum Beispiel DM hat ja verschiedene Eigenmarkenschienen. Und auch wenn die vom Preispunkt her natürlich eher gering sind, deren Eigenmarke oder eine der Eigenmarken heißt ja bei denen Balea. Die hat so einen guten Ruf, vor allem bei der jungen Kundschaft, teilweise sogar auch in China. Also der größte Erfolg von DM online spielt sich ja eher in China ab als in Deutschland, lustigerweise. Dass es also durchaus sein kann, dass man sozusagen durch Eigenmarken, die jetzt nicht 0815 sind, sondern man kann ja auch Eigenmarken differenzieren, Bio-Eigenmarken, vielleicht auch koreanische Artikel, könnte ich mir schon vorstellen, dass das auf mittlere Sicht dann sozusagen so positiv aufgeladen wird, dass man dann gern zur Alternative greift. Und der andere Gedanke ist, also wenn man sich jetzt mal andere Vertices anguckt, so im Bereich Lifestyle, im Bereich Food und wie gesagt, Flaconi hat es ja verkündet, Douglas hat es schon. Ich würde einfach aus der Tatsache, dass andere Anbieter eben ein größeres Eigenmarkenprogramm schon haben, ableiten, dass es eine gewisse Resonanz gibt und gewisse preissensible Kundengruppen das eben gerne in Anspruch nehmen. Mhm.

Joel Kaczmarek: Wo du Naturkosmetik ansprichst und Korea, also ich durfte ja lernen, dass speziell Korea so ein Sonderfall ist. Also ich glaube, meine Frau habe ich auch schon mal bei Kiko einkaufen gesehen. Und ansonsten ist ja Natur so ein neues Thema. Welche Relevanz hat das eigentlich in diesem Markt?

Udo Kießlich: Also es ist so ähnlich wie beim Food. Also die Bedürfnisse der Kunden differenzieren sich. Sei das jetzt aus irgendwelchen Ethno-Überlegungen heraus, sei das aus irgendwelchen Influencern und Trendthemen heraus. Genauso wie beim Food ist es halt bei Kosmetik halt noch stärker ausgeprägt, dass es eben eine gewisse Kundengruppe gibt, die ganz gern Biomarken nehmen ohne chemische Zusätze oder die nicht getestet sind an irgendwelchen Tieren. Das kommt halt ganz gut an. Und mit der koreanischen Kosmetik, da muss ich ehrlicherweise sagen, habe ich mir erst noch schlau machen müssen. Das liegt wohl daran, ich sage nur K-Pop, dass durch den K-Pop Korea im Laufe der Jahre sozusagen neben Frankreich das Trendland für Kosmetik geworden ist. Und vor allem auch in Asien dominant und dass sozusagen viele Trends und viele Marken eben aus Korea kommen. Und das hatte dann auch zur Folge, kann man dann zum Beispiel bei Zalando Beauty auch sehen, dass es also innerhalb der Hauptmenüs durchaus Segmente gibt, wo dann also Bio-Artikel drin sind und koreanische Marken. So, das zahlt so ein bisschen auf das Thema ein, was Alex auch genannt hat. Ich glaube, viele Influencer, viele, die im Social Media Bereich unterwegs sind, die setzen dann eben auf diese jungen Trendmarken und deswegen wird das halt in Zukunft auch immer wichtiger werden.

Alexander Graf: Ich glaube, hier fehlt uns quasi für das Thema, fehlt uns tatsächlich eine Frau. Also ich bin ja derjenige, der das Duschgel 50 in 1 kauft. Haut, Haar, Auto und Haus. Aber ich glaube, man muss auch ein bisschen unterscheiden in diesen Segmenten. Im Luxus-Premium-Bereich, da hat man nicht so eine Kauffrequenz und dort nutzt man ja teilweise die Produkte auch ein bisschen anders als jetzt so ein klassisches Duschgel oder eine Zahnpasta. Durch die fehlende Frequenz hat man dann auch eine etwas höhere Bindung an die Marken, die man sich da entsprechend kauft. Merken wir vielleicht auch beim Parfum. Vielleicht, wo wir auch markenaffin sind. Ich weiß nicht, Joel, Udo, wisst ihr, welches Duschgel ihr gerade verwendet in eurer Dusche? Also kennt ihr die Marke? Ja. Wirklich? Was denn? Sag mal.

Joel Kaczmarek: Ich benutze wie Leder mir mit, wie heißt denn dieser roten Äpfel? Granatapfel. Granatapfel und habe jetzt noch eine Seife von Spike. Ich weiß das sehr genau.

Alexander Graf: Und kaufst du immer dasselbe? Kaufst du immer dasselbe?

Joel Kaczmarek: Oft, ja. Ich bin ja eher in der Naturkosmetik-Schiene.

Udo Kießlich: Ja, und ich nutze Aveda, aber die anderen Naturkosmetik Naturkosmetik ist halt ein ganz großer Trend. Da gibt es ja eigene Markenwelten wie Leda, Santos, Logona, SebaMed, also auch diese ganze Schiene Hautverträglichkeit, sodass man das eigentlich auch irgendwie bedienen sollte, sei das jetzt mit den entsprechenden Markenfamilien oder eben mit einer Eigenmarke.

Joel Kaczmarek: Und Alex ist mehr so der Algemarin-Typ, sage ich schon.

Alexander Graf: Ja, nee, aber wenn du das Duschgel häufiger kaufst, ob du es jetzt beim DM kaufst oder woanders, spielt ja erstmal gar keine Rolle, dann bist du natürlich eher in der Lage, dort auch mal eine andere Marke zu kaufen oder auch eine Werbung zu regieren, wo man sagt, hier ist jetzt irgendwas besonders günstig oder dein Duschgel, was du vielleicht in die Sporttasse schmeißt und das mit zum Fitnesscenter nimmst, das ist vielleicht auch ein anderes, als was schon in der Dusche steht. Und da ist natürlich durch die Frequenz deutlich eher die Möglichkeit gegeben, dass du mit anderen Marken, Eigenmarken, Influencermarken einmal in den Kaufprozess reinkommst. Da ist es halt deutlich schwieriger für den DM, das irgendwie zu verteidigen. Bei so einem Kiehls-Produkt, was eher so im Premium-Luxus-Bereich angesiedelt ist, bei dem man irgendeine Hautcreme vielleicht über den Zeitraum von 8 Wochen, 16 Wochen irgendwie nutzt, weil die so hochwertig ist oder weil man glaubt, dass die so hochwertig ist, ist es ja deutlich schwieriger, das abzulösen. Das ist ja wie beim Thermomix. Je teurer die Produkte sind, desto höher ist deine Bindung an das Produkt, weil du dich damit beschäftigst, allein über den Preis und über die Anwendung. Du erzählst es irgendwie anderen und dann ist es schwieriger, das zu wechseln. Aber du hättest jetzt keine Probleme, morgen auch mal ein anderes Duschgel zu nutzen. Und deswegen ist da halt die Möglichkeit für Eigenmarken oder Influencer-Marken halt deutlich stärker gegeben.

Joel Kaczmarek: Gut, ich Also wir klangen ja jetzt hier fast schon so ein bisschen männlich-androgyn, also man merkt auch, die männliche Zielgruppe wird in Richtung Beauty aktiver. Wenn ich jetzt zum Beispiel von mir aus gehe, also ich gehe teilweise in so ein DM, nehme mir hier Codecheck-App und checke irgendwie alle Dinger durch auf irgendwie PEG-Stoffe und was weiß ich nicht, was drin ist, aber ich bin ja glaube ich nicht Zielgruppe. Also ich sehe schon so, wenn ich zum Beispiel mal so meine Frau angucke oder andere Damen, das ist ja manchmal völlig grotesk, wonach da gekauft wird. Ich weiß, wir hatten im Büro mal den Fall, dass Klopapier geordert wurde, weil eine niedliche Hundewelpe auf der Verpackung außen drauf war. Also nicht mal auf der Rolle, sondern nur auf dem, was weiß ich, Hackle oder was das dann war. Also das ist vielleicht auch ein Sonderfall. Meister Graf, was ist denn mit dem ganzen Thema Vertikalisierung, überlege ich noch so. Vielleicht kann man ja Markenbildung sogar bis zur Vertikalisierung durchtreiben, wurde ich zum Beispiel aus unserer Messenger-Gruppe gefragt. Glaubst du, dass Beauty dafür ein Thema sein könnte? Also dass man so das, weiß ich nicht, Warby Parker oder Zalando hat ja auch Eigenmarken im Fashion-Bereich, dass man das sogar auch auf Beauty ausweiten könnte?

Alexander Graf: Naja, gibt es ja zum Teil. Also kommt drauf an, wie man Vertikalisierung rechnet. Es gibt ja so Shop-in-Shop-Konzepte, so ein Kiels im Luxus-Premium-Markenbereich, was ja auch viel von L'Oreal kontrolliert wird. Gibt es ja durchaus Marken, die schon bis zum Endkunden durchstechen. Die meisten Hersteller kommen aber ja aus einer anderen Produktionsschiene raus, aus einer anderen Handelsdenke raus. Die haben das noch nicht so verinnerlicht in ihrem Geschäftsmodell. Aber Marken, wenn man sie ein bisschen anders denkt, wenn man sie auch eher temporär denkt, irgendwie vielleicht mit Pop-Up-Stores oder auch mit schnelllebigen Online-Konzepten vertikal zum Kunden zu bringen, macht mega viel Sinn. Ja, also das liegt ja auf der Hand. Aber da würde ich jetzt nicht erwarten, dass wir von den großen Herstellern irgendwie neue Sachen sehen. Da würde ich eher glauben, dass ein großes Influencer-Label oder so ein Netzwerk, was mehrere Influencer kontrolliert, ich glaube, die würden sich eher wie Harrys bei den Rasierklingen, die kaufen sich, glaube ich, eher eine Fabrik, die Cremes abfüllen kann. und drucken dann ihre Influencer-Logos darauf. Ich glaube, so wird es eher funktionieren. Aber ich finde, es liegt total auf der Hand, wenn man das so ein bisschen trennt. Und wir gucken ja immer auf den Rossmann-Markt, auf den DM-Markt. Und da ist das Gefühl, alles ist irgendwie günstig und alles vor Ort. Da kann es ja gar nichts Besseres geben, wenn man das ein bisschen stärker in einzelnen Sortimentsbereichen denkt. Das kann auch so was sein wie Herrenrasur. Das gibt es ja auch schon deutlich vertikaler. dann gibt es durchaus die Möglichkeit, Marken zu vertikalisieren. Wenn du jetzt aber in L'Oreal bist und kubikmeterweit Creme für irgendeine Marke aus deiner Produktionsanlage rauspresst, die Opportunität wäre, vielleicht einen halben Kubikmeter pro Woche zu produzieren für irgendwas, was du vertikal vermarkten könntest, vielleicht auch nur in einem Land, weil du gar nicht die Disportionsfähigkeiten hast, das global zu machen, dann entscheidest du dich halt immer für den klassischen Handel, der dir halt ganz, ganz viele dieser Kubikmeter abnimmt und nicht nur einen halben. Das ist halt so ein bisschen das Problem der Legacy. Aber ich bin der Meinung, dass man ganz, ganz klar solche Themen vertikalisieren kann. Sie sind hier so preisirrational. Also ich weiß gar nicht, was mein Duschgel kostet. Wenn mir jetzt irgendjemand ein Duschgel für 7 Euro anbieten würde, statt für, keine Ahnung, wahrscheinlich kostet es 99 Cent oder 1,99 oder sowas. In einem Konzept, was für mich aber passt und dazu vielleicht noch irgendeine Hautcreme, vielleicht noch irgendeinen Rasierschaum. dann halte ich das für durchaus schlüssig. Dann ist es durchaus möglich, die Kunden dort abzuholen. Aber große Marken, große Herstellermarken tun sich damit extrem schwer.

Joel Kaczmarek: Gut, also liebes Algemarin, ich sehe hier definitiv ein Window of Opportunity beim Kollegen Graf. Und wenn man selbst Rasierklingen, wo ich mal gelernt habe, es gibt nur drei Fabriken auf der Welt, die irgendwie fein genug produzieren können, um Rasierklingen herzustellen. Wenn man selbst da so etwas wie Dollar Shave Club bauen kann, dann lässt das ja auch für den Bereich Cosmetic Beauty hoffen. So, jetzt mal, um hinter unserer Analyse einen kleinen Haken zu machen, also Douglas haben wir schon viel gesagt, Zalando Beauty haben wir auch versucht mal einzuordnen. Wie siehst du ASOS im Vergleich zu Zalando Beauty?

Udo Kießlich: Auf den ersten Blick hätte ich gedacht, okay, die sind jetzt ein paar Jahre voraus gegenüber Zalando Beauty, weil die haben schon ihr sogenanntes Pflegen- und Schminkenprogramm. Seit ein paar Jahren haben da ein kleineres Sortiment, also so 3.000 bis 4.000 Artikel, also ähnlich wie Zalando. Ich habe dann auch mal eine Testbestellung gemacht bei den Marken, das ist jetzt eher so middle of the road, eher so jüngere Sachen und keine Exklusivmarken. Ich war dann aber sehr enttäuscht, weil Asos mir frühestens in einer Woche Liefertermin angeboten habe. Das hat dann auch so geklappt. Die wollten dann gleich die Sachen mir per Express schicken. Aber da muss ich ganz ehrlich sagen, aus dem Lager, was bei Berlin ist, mir einen Kosmetikartikel mit Standardversand innerhalb von einer Woche zu schicken, Also entweder ist das Thema darunter belichtet oder das Lager ist komplett überfüllt mit Aufträgen. Und als ich es dann bekommen habe, das war so ähnlich wie bei den anderen, dass die Wertigkeit, das war so ein grauer Pappkarton, keine Proben, keine Personalisierung. Also wenn ich es jetzt nicht zwingend gebraucht hätte, hat sich von mir jetzt nicht der Eindruck verstärkt, dass Asus da irgendwie Marktführer ist.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt sollten wir eigentlich nach hinten raus, mal in das ganze Game Flaconi und auch Parfum Dreams, hat ja der Kollege Graf auch schon angerissen, reingehen. Was denkt ihr? Also wir haben jetzt auf der einen Seite ein Parfum Dreams, was irgendwie von Douglas gekauft wurde, wo Alex schon meinte, er sieht zwei Momenti. Also das eine wäre, da die Masse drüber zu schieben, zu sagen, als Billigmarke oder Version 2 zu versuchen, die ganzen Billigheimer, die da online unterwegs sind, denen so ein bisschen das Wasser abzugraben und die Preise länger stabil zu halten. Was glaubst du, was ist deine Theorie? Wie passt das zu Douglas zusammen? Du hast ja auch schon eigentlich geäußert, der Shop ist jetzt irgendwie nicht so gut, als dass Douglas sich da signifikant verbessern könnte und jetzt sagen könnte, ich nehme Parfümdreams-Infrastruktur und hebele da irgendwie mein Douglas-Thema drüber. Was glaubst du?

Udo Kießlich: Ich meine, was wir ja nicht kennen und was, glaube ich, jetzt auch noch nicht kommuniziert worden ist, ist ja der Kaufpreis für Parfümdreams. Da hängt ja relativ viel zusammen. Wenn man das jetzt für einen Schnapper bekommen hat, ist das sicher ein guter Move, weil Alex hatte ja gesagt, Douglas gehört ja zu einem Private Equity Player, das heißt in zwei, drei, vier Jahren brauchen die genug kritische Masse, um da einen Exit zu machen, ob das jetzt Börse ist oder Trade Sale. Und mit dem stationären Geschäft, da werden sie jetzt keine hohen Multiples mehr bekommen. Das heißt, sie brauchen auf jeden Fall kritische Masse im Online-Parfümbereich, je mehr, desto besser. Also das war sicher ganz gut als defensiver Move. Ich könnte mir das auch vorstellen, da sozusagen zwei verschiedene Zielgruppen anzusprechen, eher die klassischen versus die preissensiblen Kunden. Was mir nicht so gefallen hat, sage ich ganz offen, ist, wie gesagt, der Douglas Shop, hatte ja Alex schon gesagt, da brauchen wir jetzt gar nicht Leichenfledderei betreiben. Der Parfum Dreams Shop, der war jetzt eher so mittelprächtig, besser als der von Douglas, aber das ist jetzt auch keine Kunst. Was mir bei Parfümdreams ehrlich gesagt nicht so gefallen hat, ist, dass die im Longend, also B- und C-Artikel, teilweise die Artikel gar nicht auf Lager haben. Also ich hatte dann bestellt und drei Tage später mal nachgefragt und da kam dann raus, dass die Ware erst noch bestellt werden muss beim Großhandel und dass sie jetzt zwei Wochen warten hätten müssen. Da habe ich dann die Bestellung gecancelt. Also da bin ich mir nicht ganz sicher, was da jetzt eigentlich gekauft wird. Tolles Fulfillment ist es nicht, Eigenmarken haben sie auch nicht. Es ist, glaube ich, eher ein defensiver Move, weil die haben ja diese ganzen Exklusiv- und Premium-Marken genauso wie Douglas. Ich würde es eher als einen defensiven Move sehen, sozusagen kritische Masse aufzubauen, den deutschen Markt so ein bisschen anfangen zu verteidigen und dann anderen neu einsteigern, das Leben schwer zu machen. So würde ich das vielleicht jetzt eher interpretieren.

Joel Kaczmarek: Wie wollen wir jetzt dem gegenüber mal einen Flakoni verorten? Also Jochen hat ja irgendwie auf Exciting Commerce auch ein bisschen was zu geschrieben mittlerweile, dass er sagt, das ist jetzt für ihn so die heißeste Braut für eine Übernahme und hochgradig interessant. Also im Vorgespräch haben Udo und ich ja auch schon so ein bisschen darüber diskutiert, ob das nicht relativ binär ist. Also entweder hochgradig interessant oder gar nicht interessant. Also wir hatten so ein bisschen über dieses Thema ja geredet, Change-of-Control-Klauseln bei den Anbietern. Das heißt, man kann sich jetzt nicht die Hoffnung machen, dass Zalando Beauty hingeht, kauft sich ein Flaconiund übernimmt die ganzen Verträge, vermutlich. Ist das vor dem Hintergrund dadurch eher schwierigeroder glaubst du, dass das trotzdem irgendwieein spannender Kandidat sein kann?

Udo Kießlich: Wie gesagt, Jochen hatte ja ein paar Beiträge zu der neuen Marktsituation schon rumgeschickt. Es ist sozusagen von außen schwer einzuschätzen. Es ist, glaube ich, wirklich sehr binär. Entweder ist Flaconi, die sind ja jetzt nur noch so mittelgroß relativ zu den anderen Anbietern. Ich fand die Homepage eigentlich ganz gut gemacht, ganz solide, gute Marken, gute Auswahl. Da haben noch ein paar Sachen gefehlt. Die haben jetzt keine Eigenmarken, die haben jetzt keine tollen Versandoptionen. Aber wie gesagt, es war in sich ein ganz ordentlich geschlossenes Gesamtangebot. Also wenn jemand die kaufen will und dann irgendwie die Marken mit weiter nutzen kann, dann ist das, glaube ich, ein ganz gutes Asset. Wenn das aber schwierig wird, Stichwort Change of Control, dann keiner so richtig zugreifen will, dann wird natürlich schwierig, weil was eben nicht mehr möglich ist. Oder was ich mir nicht mehr vorstellen kann, ist, dass Flaconi im deutschen Markt sozusagen so eine Art Plattform ist, Stichwort Buy and Build, womit man jetzt groß konsolidieren kann. Also deswegen ist so die Frage strategisch, entweder ist es super heiß oder ist es so ein bisschen schwierig mit der Mittelfristperspektive. Das lässt sich aber aus heutiger Sicht aus meiner Warte nicht verbindlich beantworten.

Joel Kaczmarek: Was ist denn dein Glaube, Alex?

Alexander Graf: Ich sehe das bei Parfüm-Dreams aus einer reinen Marktsicht, so spieltheoretisch, ist cool, jetzt ist das Asset weg, das kann sich jetzt kein anderer kaufen. Das kann jetzt quasi kein Zalando, kein About You, kein Otto.de, könnt ihr jetzt quasi schnell mal Parfüm-Dreams kaufen und diesem Markt Kompetenz aufbauen. Das Business selber, das wächst nicht, das verdient nicht viel Geld, das sitzt irgendwo vollkommen in der Pampa, wo man jetzt auch nicht irgendwie die super Strategen dahin bekommt und super Druck aufbauen kann. Und ist jetzt auch nicht in der Größenordnung, Stichwort Private Equity Story, was jetzt irgendwas bei Douglas ausmacht. Ich glaube nicht, dass da in irgendeiner Form die Plattform übernommen werden kann. Ich glaube auch nicht, dass, um da irgendwas mit Douglas zu machen, ich glaube auch nicht, dass da jetzt irgendwelche Sourcing-Kompetenzen übernommen werden können. Man kann vielleicht so ein bisschen preisaggressivere Strategien fahren. Vielleicht gibt es auch Synergie-Effekte im Einkauf. Und Douglas kann möglicherweise mit den Herstellern vereinbaren, dass man dort auf seiner eigenen Seite ein bisschen preisrobuster unterwegs ist, nenne ich das mal. Aber generell das Business, wenn man sich von außen mal den Bundesanzeiger da anschaut, die Wachstumsdynamik anschaut, also ist eher so ein darbender Mittelständler, muss man ganz klar sagen. Da sehe ich überhaupt gar keine Dynamik, keine Ideen und überhaupt nicht, wie das nach vorne getrieben werden kann. Was aber auch okay ist. Wir kommen ja aus dieser stationären Historie. Dafür überhaupt so ein Business aufgebaut zu haben, das ist schon ziemlich cool. Aber löst das heute ein Problem, was Douglas hat? Weiß ich nicht, zumindest kein eigenes, eher so ein spieltheoretisches Problem. Da finde ich einen Flaconi gar nicht mal so unspannend, weil die kommen natürlich mit ein bisschen mehr Druck in den Markt, sind natürlich jetzt in diesem ProSieben-Konglomerat jetzt auch nicht mehr so super, super agil unterwegs, aber auf jeden Fall zeigen die nochmal eine andere Wachstumsdynamik. Klar, auch durch TV-Getrieben, alles ganz, ganz sicher. Die sitzen aber viel zentraler, die haben ein jüngeres Team, da ist halt viel mehr Drive. Aber vielleicht gab es die auch gar nicht zu kaufen momentan am Markt. Deswegen ist das sicherlich auch kein unspannendes Access nach vorne raus. Aber Ich bin da so ein bisschen zwiegespalten. Ich freue mich für Douglas, dass sie da so ein bisschen jetzt auch auf das Thema Online-Druck drauf bekommen und dort auch was bewegen können. Aber so ein echtes Problem kann Parfüm-Dreams irgendwie nicht für die lösen. Also nicht nach dem, was ich da so sehe. Nicht nach dem, was ich in den Zahlen sehe, die öffentlich verfügbar sind. Der letzte Anzeiger wurde ja Anfang April erst veröffentlicht. Und auch nicht, was ich da irgendwie so online sehen kann. Aber da bin ich jetzt auch nicht hinter die Kulissen geschlüpft. Aber mir fehlt irgendwie bei so einem Business mega die Fantasie. Also das ist kein Wachstum, das sind jetzt irgendwie keine neuen Ideen, das ist jetzt kein cooler Standort. Weiß ich nicht. Also ich bin da sehr, sehr zwiegespannt.

Joel Kaczmarek: Ein bisschen ulkig eigentlich, dass es da gar kein kartellrechtliches Thema gibt, oder? Überlege ich gerade so. Weil Douglas muss ja gefühlt schon relativ marktbeherrschend sein. Ich war mir gar nicht mehr so auf dem Schirm, dass Parfümdreams auch Ich bin ganz überlegt, wo ich das Logo herkenne, aber das stimmt durch das stationäre.

Udo Kießlich: Aber Ich glaube, gelesen zu haben im Rahmen des Announcements letzte Woche, dass Douglas schon damit rechnet, also Parfümdreams muss man vielleicht nochmal ergänzen, hat ja auch irgendwie 20, 25 Filialen im Südwestdeutschland. Dadurch haben sie eben auch die Exklusivmarken, dass der Online-Teil von dem Deal wird wahrscheinlich durchgewinkt. Aber der stationäre Teil, das Filialgeschäft, das wird auch erst mal kartellrechtlich geprüft. Aber das hat Douglas auch gewusst. Ich denke mal, die werden das geprüft haben. Entweder wird es durchgewunken oder die müssen halt ein paar Filialen abgeben. Aber ich glaube, dass sie ja Parfümdreams eher gekauft haben wegen der Online-Assets und nicht so sehr, um dann nochmal 20 neue Filialen zu bekommen.

Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir über einen Riesen natürlich noch gar nicht gesprochen, den wir vielleicht auch bewusst ein bisschen ausgeklammert haben, Amazon. Also viele machen ja kein E-Commerce-Thema mehr so bereitwillig, weil Amazon da am Horizont dämmert. Was glaubt ihr, wie gut performt Amazon bei Beauty? Alex, was schätzt du?

Alexander Graf: Schlecht. Also generell dieser Drogerie-Bereich, Food-Bereich, da hat Amazon zumindest in Deutschland schon erhebliche Probleme, dort irgendwie Traction aufzubauen. Sie kommen irgendwie nicht so richtig an die Hersteller ran. Die Hersteller wissen ja auch mittlerweile, dass Amazon jetzt nicht der Partner ist, mit dem man gemeinsam groß wird, sondern der vor allem Amazon groß macht. Damit haben sie halt dieses Sourcing-Problem, was halt im Beauty-Umfeld halt mega relevant ist. Ich weiß nicht, wie sie in den USA vorankommen, das kann ich nicht sagen, aber ich glaube, nach dem, was ich so höre und wie ich da sozusagen Food-Drogerie, wie das gerade strukturiert wird da in München und mittlerweile wird ja viel auch nach UK verlagert da, das Buying-Center da von Amazon. Ich glaube nicht, dass die jetzt sehr, sehr stark unterwegs sind. Das sind alles so Großhandelsprodukte, so Kistenschieber, die da Drogerie-Produkte drauf haben, also sehr viel Marketplace. Wenig im Vendor-Programm, also wenig Relevantes im Vendor-Programm. Da finde ich das, was Zalando macht und das, was Douglas macht, schon deutlich spannender.

Joel Kaczmarek: Schätz mal den Umsatz. Was glaubst du, wie viel Umsatz macht Amazon mit Beauty?

Alexander Graf: In Deutschland? Ich glaube nicht, dass sie viel größer sind als Parfum Dreams.

Joel Kaczmarek: Wie groß sind die?

Udo Kießlich: Wie, 80 Millionen?

Alexander Graf: 80 Millionen? 70 Millionen?

Joel Kaczmarek: Ja, okay, gar nicht schlecht geschätzt.

Udo Kießlich: Oder was würdest du schätzen? Bei Favim oder Amazon?

Joel Kaczmarek: Bei Amazon.

Udo Kießlich: Also irgendwas vielleicht 25 bis 50 Millionen. Aber das ist natürlich auch immer die Frage, wie man das sauber abgrenzt. Also alles, was so im Bereich Mid-Market geht, also normale Haarpflege, Bio-Fachmarken, das findet man natürlich hier und da schon quer durch den Gemüsegarten auf Amazon. Ich würde auch empfehlen, wenn jemand sehr preissensibel ist, man kann durchaus auch mal nach einer Chanel bei Amazon gucken. Vielleicht gibt es den einen oder anderen Graumarkthändler, der das verkauft, wo er auch immer die Ware hat. Aber sozusagen, die haben kein klassisches Gesamtsortiment im Premium-Bereich. Und ich habe jetzt auch nicht das Gefühl, dass sie das zuvorderst ausbauen.

Joel Kaczmarek: Also ich habe natürlich ein bisschen bewusst frech jetzt gefragt, weil ich mal so eine kleine Sneak-Preview geben kann auf ein schönes Projekt, was wir demnächst starten werden. Zusammen mit Payback, mit Faktor A und auch der gute Herr Graf von Kassenzone wird ja da irgendwie mit beteiligt sein. Es wird um Content gehen und ich habe mir da ein paar Amazon-Zahlen mit Unterstützung von Faktor A mal angeschaut. Und in der Tat, der Kollege Graf hat überraschend gut geschätzt. Also 44% des Drogerie- und Beauty-Umsatzes bei Amazon sind über Vendoren. Also das heißt fast 60% über Marketplace. Und wenn man sich mal so die sichtbarsten Marken anguckt, also ich habe mir mal so die Top 15 angeschaut, da merkt man, dass es eigentlich auch ein bisschen so ein Elektro-Thema ist. Also da sind so Marken bei wie Braun, Philips, Remington, aber auch gar nicht mal so wenige, die man kennt. Also L'Oreal Paris, Garnier, Vella, Adele, Nivea, Maybelline New York, Schwarzkopf, also relativ viel. Und wenn ich mich jetzt nicht verrechnet habe, und da ist natürlich bei Amazon immer ein bisschen Kristallkugel dabei, müsste Amazon derzeit so um die 130 Millionen Dollar schieben über Beauty und Drogerie.

Udo Kießlich: In Deutschland?

Joel Kaczmarek: In Deutschland, ja. Also 4,33% ist ja mal ausgerechnet, müsste der Anteil sein, des gesamten Amazon Deutschland Umsatzes, der über Beauty geht. Also knapp 5% von Amazon Euros in Deutschland gehen über Beauty. Also man merkt, selbst wenn die da nicht geil performen, sind irgendwie 130 Millionen Dollar, so das denn hinkommt. Ich habe das mal versucht zu applizieren, indem ich den letztjahres Deutschlandanteil im Prinzip hochgerechnet habe. Da ist das schon ein ganz schönes Brett. Anyway, nach hinten raus, letzter Punkt. Wie sieht es aus? Habt ihr noch irgendwie vielleicht ein paar Player, an denen man sich jetzt mal so inspirativ noch orientieren könnte? Jochen, weiß ich, hat uns zum Beispiel so Anbieter wie Glossier oder Unique noch mit ins Boot geworfen. Aber Alex zum Beispiel hat sich ja auch die Hutt Group in den USA schon mal ein bisschen mehr angeguckt, die ja mit Glossy Box hier auch schon aktiv geworden sind. Seht ihr sonst irgendwie noch Player oder sind das welche, die ihr irgendwie interessant findet, wenn dieses ganze Beauty-Game weiter Fahrt aufnimmt?

Alexander Graf: Du zeigst auf mich? Sehr gut. Wenn man das nur hört, kann man das ja gar nicht sehen. Nee, für mich nicht. Ich finde, wir sind in diesem Markt noch sehr, sehr am Anfang. Glossybox, Workbox waren ja mal Versuche, das irgendwie aufzubrechen. Ich glaube, da gab es auch heute eine Bekanntgabe von einer neuen Finanzierungsrunde, wenn ich mich da nicht verlesen habe, in den einschlägigen Newsletter für Glossybox. Aufgrund der Markenrestriktion, aufgrund des selektiven Vertriebsmodells der Marken ist es quasi für ganz, ganz neue Eintreter halt total schwer. Ich errechne mir eher aus, dass die ganz, ganz großen Influencer, die internationalen Influencer, dass die in der Lage sind, da zuzuhören. mit neuen Konzepten in den Markt vorzubreschen, weil das halt, wir haben halt eine sehr, sehr hohe Anhängerschaft, insbesondere bei Frauen, Frauen so im Alter 15 bis 25, super attraktiv für diesen ganzen Kosmetikbereich. Da erwarte ich mir neue Initiativen. Aber jetzt nicht so aus einer klassischen Shop-Logik. Ich könnte es nicht sagen, www.joels-beauty-shop, da kommt eine ganz dicke Nummer um die Ecke. Das glaube ich nicht. Also da sehe ich auch nichts. Dafür sieht man ja auch, dass hinter einem Flakon, hinter einem Parfüm-Dreams, das ist schon sehr, sehr viel Arbeit, um überhaupt auf so ein zweistelliges Umsatzniveau zu kommen.

Joel Kaczmarek: Ich sehe übrigens gerade, ich habe sogar noch einen Fehler gemacht. Die 130 Millionen Dollar, die ich für Amazon gesagt habe, waren sogar Quartalsumsatz. Das war nicht mal Jahresumsatz. Also Q1 2018 müsste nach meiner Berechnung 130 Millionen Dollar gewesen sein. Wenn das jetzt noch, und das kann man nicht mal vervierfachen, bei Weihnachtsgeschäften noch mal signifikant viel höher sein, dann ist das sogar schon ein ziemlich hoher Attraktor. Das ist eigentlich fast gefühlt zu hoch, möchte man meinen.

Alexander Graf: Das dürfte zu hoch sein, das müssen wir mal in dem Gremium, in dem wir die Zahlen challengen, müssen wir das nochmal diskutieren. Ich glaube, so viel, dass sie da eine halbe Milliarde mit Beauty machen oder vielleicht noch ein bisschen mehr, zumindest in den vergleichbaren Sortimenten, wenn du das vergleichbare Sortiment mit Douglas zum Beispiel siehst, also dann ist das zu viel.

Joel Kaczmarek: Anyway, hast du noch irgendwie eine spannende Perspektive nach hinten raus, wie man da noch angucken könnte?

Udo Kießlich: Ja, vielleicht noch zwei Gedanken. Das eine ist, das klang ja letzte Woche auch schon so ein bisschen an, so ein Dominostein ist gefallen. Douglas hat einen Move gemacht in Deutschland mit Parfüm-Dreams. Also die eine Achse könnte halt sein, dass das jetzt sozusagen zu einem Folge-M&A kommt. Also dass externe Player vielleicht Flaconi kaufen oder dass andere Player zusammengehen, um da mehr kritische Masse zu bekommen. Das ist natürlich Spekulation, aber das könnte ich mir jetzt eher vorstellen, als wenn jetzt jahrelang nichts passiert ist. Und die zweite Sache, ich sehe das ja ähnlich wie Alex an der Stelle, dass Rossmann und DM jetzt in den letzten Jahren nicht besonders ihre Online-Strategie nach vorne gestellt haben, beziehungsweise selber sich da auch immer ein bisschen drüber lächerlich gemacht haben. Wenn jetzt natürlich eine Zalando und vielleicht auch andere Player mehr ins Mid-Market-Segment stoßen und da entsprechend mit ihren 10, 15, 20 Millionen aktiven Kunden und vor allem jungen Frauen Druck machen und da entsprechende Umsätze und Kundenkontakte an sich binden, Dann könnte ich mir schon vorstellen, dass dann, sei das jetzt eine Rossmann, sei das jetzt eine DM, dass die schon anfangen müssen, darüber nachzudenken, ob sie dieses Segment in Westeuropa oder in Deutschland sozusagen weiter relativ stark ignorieren oder ob dadurch so ein gewisser Strategieschwenk ausgelöst werden muss, weil sie sonst über dem Laufe der Zeit halt die ganzen Kundenkurorten schrittweise verlieren und dann eigentlich nur noch die Leute mit dem Schweinebauch und mit dem Käseblatt in ihre Filialen reinlaufen und Persil und Discountware kaufen. Das sind nochmal vielleicht so zwei Ideen. Das muss aber auch die Zukunft zeigen.

Alexander Graf: Wobei ich da, das will ich nochmal ergänzen, also ich finde, das hat Tina Müller schon ganz gut gesagt auf diesem OMR-Panel. Also, dass die Leute vor Ort in diesen Douglas-Fialen nicht mehr Verkäufer sind, sondern tatsächlich Beauty-Berater und Kosmetikexperten, die Leute irgendwie schminken und im Zweifel kann man dort auch irgendwie seine Frisur machen. Das ist denen, glaube ich, klar. Dass es dort nicht mehr denjenigen gibt, der kurz Chanel aus der Wand holt, das kurz verpackt nochmal und an der Kasse das eintippt. Das ist, glaube ich, denen klar. Ob das jetzt geht, ob das für alle Filialen umsetzbar ist, das weiß ich nicht. Dafür kenne ich mich in der Filialstruktur von Douglas zu wenig aus. Aber er hat auch schon gesagt, das müssen halt Eventcenter sein. Also man muss da quasi hingehen, um was zu erleben, nicht nur um was zu kaufen.

Joel Kaczmarek: Aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt, dass vielleicht auch irgendwie unsere deutschen Drogeristen hier nochmal irgendwie das Online-Segment für sich entdecken. Also da sind wir ja guter Dinge. Vielleicht ist es ja dafür noch nicht zu spät. Ich danke euch beiden ganz, ganz herzlich. Natürlich besonders dir, lieber Udo, als Gast heute. Deine tolle Recherche, die tollen Insights, die du hier reingebracht hast, auch mal wirklich an der Produktfront aktiv geworden. Das hat viel Spaß gemacht. Ich lege allen Menschen ans Herz, sich auch bei Kassenzone mal anzuhören. was Alex und er über Picknick zu sagen haben. Ich habe das schon gehört. Ich werde es wahrscheinlich noch ein zweites Mal hören müssen, weil die Informationsdichte wieder so absurd hoch ist, so dicht, dass man das gar nicht bei einem Mal alles erfassen kann. Von daher, den Kollegen Graf kann man sowieso nur empfehlen mit seinen Sachen. Dem muss ich sowieso immer danken. Du bist ja immer gut. Du bist ja jeder bissige. Während wir übrigens geredet haben, hat er mit einem Zollstock hier irgendwie hin und her geklappt. Solche Sachen kriege ich dann hier auf dem Monitor zu sehen. Also es wird nicht langweilig mit euch.

Alexander Graf: Ich bedanke mich herzlich. Ich habe den Online-Handel vermessen. Ich habe geschaut, wie lang die Landingpage von Amazon ist und versucht dadurch den Umsatz abzuleiten.

Udo Kießlich: Vielen Dank, hat Spaß gemacht.

Alexander Graf: Danke, danke. Danke dir.

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Handelsstrategien

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.