Warum wir vom Flaschenpost-Exit enttäuscht sind
19. November 2020, mit Joel Kaczmarek, Alexander Graf, Jochen Krisch
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce-Crossover-Podcast von Digitalkompakt. Heute mit einer Dinge-die-die-Welt-interessieren-Folge, nämlich ein Quick-Update zum Thema Flaschenpost. Hat ja alle beschäftigt, von Oetker für eine Milliarde gekauft, obwohl Oetker selbst einen Durstexpress am Start hatte. Und da gehört es sich natürlich, dass wir mal ein, zwei Sätze darüber reden. Und wenn ich sage wir, dann ist das natürlich unsere eine E-Commerce-Grande, der liebe Alex Graf von Kassenzone bzw. Spryker und unsere andere E-Commerce-Grande, der gute Jochen Krisch von der K5 bzw. Exciting Commerce. Hallo ihr beiden.
Alexander Graf: Hallo Joel. Moin Moin.
Joel Kaczmarek: So, ich habe ja schon gelernt. Wollen wir mit der kritischen Meinung anfangen oder mit der, sagen wir mal, optimistischen? Was sagt ihr?
Alexander Graf: Haben wir da noch einen weiteren Gast für die optimistische Meinung? Ich frage jetzt nur zu.
Joel Kaczmarek: Sag mir du doch nicht, du bist ja Kritiker heute.
Alexander Graf: Glaube ich doch bei dir nicht. Achso, nee. Aber gut, Jochen hat das angeteasert, das Thema. Vielleicht müssen wir auch für die Hörer, die jetzt nicht jeden Tag Gründerszene verfolgen, erstmal kurz erklären, was überhaupt passiert ist.
Joel Kaczmarek: Genau, also es gibt da dieses schöne Unternehmen namens Flaschenpost, das Getränke liefert. Die sitzen in, hilf mir mit dem Ort, Alex, du weißt das immer, wo die sitzen? Münsterland. Oetker, die eine eigene Tochter hatten über ihren Digital-Arm namens Durst Express. Das haben sie sich, glaube ich, so ein Stück weit zusammengekauft. Also wenn ich es richtig verfolgt habe, war Durst Express so ein Konglomerat aus Teil Eigenmarke, Teil Lieferdienste übernommen. Also ich weiß zum Beispiel, in Berlin habe ich früher mal bei A&O Getränke bestellt. Der ist dann irgendwann umgefleckt worden zu Durst Express. Also eigentlich hatte Oetker jahrelang eine eigene Marke am Start, die auch geschätzter Kunde von uns sind auf der Werbeseite bei Digital Kompakt. Und jetzt halt der Schritt, dass Oetker besagtes Flaschenpost gekauft hat. So, und ich glaube, bei Flaschenpost vielleicht auch ganz interessant. Von der Genese her ja eigentlich lange so sehr unter dem Radar geflogen, sehr hemmsärmlich aufgebaut mit sehr guten Zahlen. Und wenn ich es richtig mitgekriegt habe, ist es damals der David Carleel, der aus dem ganzen Rocket-Universum stammt, der E-Darling gemacht hat, dann jetzt Plus Dental. Der ist bei denen so eine Art Interim-CFO geworden und hat denen die erste Finanzierungsrunde zusammengebaut gesourcet. Also David hat quasi seinen Nachfolger herangezogen und der Steffen, der ist jetzt mittlerweile dann der CEO dann auch geworden von Durst Express und hat da dann erstmalig wirklich auch mal Finanzierungsrunden an den Start gebracht, wo ich meine Cherry Ventures, so der erste war, der sehr intensiv daran geglaubt hat und eigentlich auch so ein bisschen das erst möglich gemacht hat, dass dann diese ganze VC-History hintendran folgte. Und jetzt mag man ja sagen, Nanu, ein bisschen überraschend, dass ein Venture Capitalist, der sonst auf hochskalierende Softwareunternehmen setzt, auf einmal hingeht und einen Getränkelieferdienst unterstützt. Das ist so die Genese beider Unternehmen bisher in der Parallele, so wie ich sie wahrgenommen habe, korrigiert und ergänzt mich gerne. Und jetzt, wie gesagt, der Schritt, dass Oetker hingegangen ist und hat neben seiner Eigenmarke Dosexpress halt besagtes Flaschenpost für eine Milliarde Euro gekauft. Habe ich was vergessen, Kollege Graf?
Alexander Graf: Nee, das passt so, ja. Und hier noch ein bisschen Seitenwerbung. Ich hatte den CMO von Flaschenpost, den Christopher Hüßmann, auch gerade im Podcast. bei Kassenzone haben wir über das Geschäftsmodell einmal in Ruhe gesprochen, jetzt unabhängig von dem Deal und mit mittlerweile 8000 Vollzeitangestellten und einem starken Wachstum, irgendwie 23 oder 25 Handelstandorte. Sicherlich eine der beeindruckendsten Logistik-Stories, würde ich sagen, unserer Zeit.
Joel Kaczmarek: Ah, ich meine, da kann man ja vielleicht immer ein Stück weit eintauchen, dass wir das Geschäftsmodell mal betrachten, bevor wir zur Bewertung kommen, weil ich glaube, die haben ja so ein paar Besonderheiten. Also es ging ja viel immer darum, dass man gesagt hat, Getränke bestellen, genauso günstig wie im Supermarkt, war immer so der Take. Und die Frage ist ja so ein Stück weit, was haben die jetzt besser gemacht als andere? Weil eigentlich ist ja Getränke liefern ein sehr lokales Geschäft. Also man hat irgendwie in Berlin andere Anbieter als irgendwie in Hamburg oder München. Und die haben es aber geschafft, da sehr gute Zahlen hinzukriegen und offensichtlich einen Skalierungsgrad und auch einen repetitiven Logistikakt, der anscheinend ganz gut funktioniert. Das ist so mein Außeneindruck. Oder was glaubt ihr, warum so ein Ding für eine Milliarde über den Tisch geht? Was sind eigentlich die Assets, die man da kauft?
Jochen Krisch: Vorweg möchte ich schicken, die eine Milliarde sind nicht bestätigt. Also man weiß nicht, ob das jetzt der Preis ist plus Earnout etc. Die Szene wird es natürlich gerne sehen, wenn eine Milliarde Übernahme da wäre. Also das mal als Anmerkung. Ich weiß auch nicht, ob es stimmt oder nicht stimmt. In jedem Fall, Oetker wollte es nicht bestätigen. Aber was die sehr smart gemacht haben vom Geschäftsmodell ist, da wirklich in dem überschaubaren Münster gestartet, dass da soweit so eine Art von Profitabilität zu bekommen, also zumindest ins operative Plus zu führen, dann in Köln, in einer großen Stadt dasselbe zu machen und dann superschnell das auszurollen bundesweit. Sogar bis nach München, muss man in dem Fall sagen. Und das ist auch das, was es noch unprofitabel macht. Also wer den OMR, deutschen Startups-Podcast zum Beispiel gehört hat, wo sie ja die Zahlen rauf und runter diskutiert haben, eben auch, was die Burn-Rate noch ist jetzt in der Phase, das ist natürlich hauptsächlich, weil sie so extrem investieren und die jeden Standort quasi von 0 auf 100 bringen, das heißt sofort das komplette Lager da haben, sofort auch alle, die komplette Lieferflotte, das macht es teuer jetzt in der Expansion. Aber vom Geschäftsmodell ist halt sehr schön, sie haben die letzte Meile, sie haben schnellen Lieferservice, sie haben eigenes Lager, sie haben im Grunde alles selber in der Hand und ich habe sie unterschätzt, muss ich sagen, so ein Modell, weil es für mich halt auch so ein, jetzt kommt ein Getränkelieferdienst, also was kann daran wirklich spannend sein, gibt es seit ewigen Zeiten und mir war auch nicht so klar, wie man das aufziehen könnte, dass das wirklich Sinn macht. Aber die Begeisterung, also das, was mich dann so gewundert hat oder was ich dann gemerkt habe, überall, wo man hinkam, also speziell in Köln oder Hamburg auch, die Begeisterung bei den Leuten, die das genutzt haben, war schon sehr groß. Also wirklich super schnell einfach die Getränke zu bekommen und dass das auch klappt. und das ist schon etwas, was auch aus kundenseitig und nutzerseitig sozusagen sehr früh einfach auch aufgetaucht ist und ich finde es halt generell eine beeindruckende Story. Ich glaube, es gibt halt wenige Geschäftsmodelle jetzt auch in dem erweiterten Food-Segment, sage ich jetzt mal, die dann wirklich funktionieren oder zu funktionieren scheinen, muss man jetzt nochmal sagen. Also ich finde halt da beeindruckend, dass es in den Einzelzellen funktioniert, kleine Orte, größere Orte etc., dann kann man auch davon ausgehen, dass es insgesamt funktioniert, dann kann man davon ausgehen, dass man es internationalisieren kann, dann kann man ein richtig schönes Geschäft bauen. Was ich so spannend finde daran, dass es halt Ganz gegensätzlich ist zu dem, was eben die Lieferandos und andere machen, die das ja versuchen, als Marktplatz sehr asset-light, ist ja der schöne VC-Begriff, immer zu bauen. Und da ist halt schon Investment drinnen und man sieht halt jetzt gerade oder vor der Übernahme sah man gerade auch die Potenziale. Also sie gehen dann rein in das Food-Segment, sie nehmen die Retouren von About You mit, weil sie ohnehin einfach sehr investieren. oft oder öfter zumindest bei den Kunden sind, als das ein klassischer Online-Händler wäre. Also da ist ein Riesenpotenzial da, auch da noch Zusatz-Services zu machen und diese Infrastruktur zu nutzen und auszubauen. Also deswegen hat mich das sehr begeistert und ist jetzt, ich sehe jetzt auch kein internationales Vorbild. Also ist jetzt erstmal auch im deutschen Markt entstanden und groß geworden. Die Konkurrenzsituation war natürlich ein bisschen ungut für beide Parteien. natürlich, wenn Durst Express gegen Flaschenposter antritt, aber das spornt ja dann auch eher an und also eine faszinierende Story auf jeden Fall.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, eine Besonderheit haben wir noch vergessen. Es war anfangs so, und das hat sich mittlerweile aber, glaube ich, geändert, dass man die Getränke immer nur in einem Zwei-Stunden-Fenster bestellen konnte. Also das heißt, ich konnte mich Freitag hinsetzen, Getränke bestellen, um 18 Uhr und um 20 Uhr waren sie da. Ich konnte aber nicht Freitag mich hinsetzen und sagen, ich möchte sie am Montag haben für irgendwie 11.30 Uhr, weil wir da gerade den Handwerker da haben und eh zu Hause sind. Das ging nicht. Das heißt, man hat die Nutzer und Nutzerinnen eigentlich lange so ein Stück weit umerzogen. Mittlerweile, also zumindest bei Dosexpress ist es jetzt so, dass man auch timen kann. Das war, glaube ich, auch so, also man hatte sehr viele so ein bisschen Modellbesonderheiten drin. Und ich hätte als erstes, am ehesten noch gedacht, bei vergleichbaren Geschichten vielleicht an Picknick. Darum hätte ich ja eigentlich gedacht, dass Alex von Lust Express und vor allem Flaschenpost ein bisschen begeisterter ist.
Alexander Graf: Hä? Das habe ich sogar Also ich habe meine Begeisterung bisher verborgen. Also ich finde A Finde ich es extrem eindruckend, dass sie bei einer Burnrate von zwei bis drei Millionen kolportiert pro Monat überhaupt so schnell wachsen können und so viele feste Mitarbeiter finden und ja, sagen wir mal, außerhalb der Stoßzeiten ja auch eine hohe Kundenzufriedenheit erzeugen. Zu den Lieferzeitfenstern kann ich gar nichts sagen, weil ich wohne ja in der Nähe von Kiel, wie ihr alle wisst. Und hier setzen sich ja nur Geschäftsmittel durch, die mindestens zehn Jahre schon profitabel in Berlin gelaufen sind. Deswegen kann ich das nicht selber testen. Ich finde das enorm beeindruckend. Ich fand das auch sehr schlüssig, was der Christoph vom Podcast erzählt hat, wie sich die Getränkeshares verteilen zwischen dem Fachgetränkemarkt und den Supermärkten, wo man dort Anteile abnehmen kann, was da Konsolidierungseffekte erzeugen. Ich war extrem beeindruckt von der Handelsmarge, die auf die so Wasserkisten und Co. drauf ist. Ich war sehr beeindruckt davon, dass sie schon nach so kurzer Zeit Eigenmarken entwickelt haben im Bereich Wasser und Bier. Auch etwas, was ja in der Handelslandschaft bisher ein absolutes Novum ist. Und ich war ehrlich gesagt ein bisschen enttäuscht durch die Akquisition, weil ich dachte, das ist eigentlich ein Geschäftsmodell, was man, wenn das so gut läuft, das bekommt unlimitiert Fremdkapital. Das kann quasi sofort nachweisen, dass es Fremdkapital innerhalb von 12 bis 24 Monaten zum Arbeiten bringt, also sozusagen mit so einer effektiven Verzinsung umwandeln. Es gibt sicherlich keine Skaleneffekte wie bei so einem klassischen Asset-Light-Modell. Da muss ich da schon anstrengen, wenn man das Modell jetzt auch nach Kiel bringt oder nach Marseille oder, keine Ahnung, nach Amsterdam. Aber ich finde die Meldung beeindruckend. Aber im Summe fand ich es schade, weil da waren so viele Häkchen dran an dem Geschäftsmodell, die ich cool fand und wo ich jetzt auch von einem Durstexpress von Oetker keine Angst hätte, weil Corporate Copycats sind nachweislich nie langfristig erfolgreich. Deswegen, also cooler Deal. Ich fand es ein mega Geschäftsmodell. Ich fand es auch Augenhöhe mit Picnic, sogar darüber aus meiner Sicht, weil es deutlich schneller wächst. Das ist aus meiner Sicht der größte Hasenfuß von Picnic, dass es viel zu langsam wächst, obwohl es ein cooles Modell ist. Und deshalb Eher ein Schade, aber kein, das war jetzt schlecht.
Jochen Krisch: Das ist genau auch mein Punkt, also dass ich mir denke, wir haben so wenige wirklich Geschäftsmodelle, die endlos Potenzial haben, sage ich jetzt mal bewusst überspitzt und die einfach die Möglichkeit hätten, da wirklich eine Kategorie zu dominieren als unabhängiger Player. Mein Punkt ist so ein bisschen immer, was würde Rocket tun oder was hätte Rocket getan? als es so eine Möglichkeit gehabt hätte. Also sprich, Insolando, Home24 und alles, was da mal drin war in dem Ursprungspaket. Und dann haben sie sich halt schon Genevig geschnappt als Dauergeldgeber und noch ein paar andere und haben das durchfinanziert, bis es dann groß genug war, um entweder an die Börse zu gehen, aber eigentlich gar nie, dass es irgendwie gekauft wurde. Jetzt kann man natürlich sagen, das ist ja gerade jetzt das Besondere. Jetzt haben wir ja Corporates gefunden, die auch Unternehmen dieser Art kaufen. Aber die Frage ist halt immer, was ist das Ziel? Und ich glaube, gerade so ein Player, der könnte wirklich Also das hätte ein dominanter Player sein können oder kann immer noch, aber ich bin halt ein bisschen skeptisch, was jetzt unter dem Corporate-Holding-Konstrukt angeht, weil man einfach nicht mehr so den Drang hat, da dieses Ding unbedingt groß zu machen, weil man ja quasi der Monopolist-führende Player ist. Also das so in eine Dimension zu bekommen, dass es wirklich ein dominierender Player in dem Food-Markt. ist, der eben nicht nur Getränke macht, sondern der alles macht, was für den täglichen Bedarf da ist. Das Potenzial haben sie immer noch, also das möchte ich gar nicht in Abrede stellen, aber für mich ist es zu früh, für mich ist es viel zu früh, dass das passiert ist. Natürlich ist man froh, wenn so ein Ding nach so wenigen Jahren, jetzt gehen wir mal von einer Milliarde aus, eine Milliardenbewertung hinbekommt, aber ich glaube, das Potenzial, das da ist, ist nochmal ein anderes. Man kann es auch andersrum sagen, ich verstehe auch die Gesellschafter, die jetzt rausgehen wollen oder die vielleicht nicht so dran hängen an dem Modell, was auch immer der Grund ist. Jetzt ist natürlich vom Timing her ein guter Zeitpunkt. Alles ist hoch bewertet. Durch Corona ist klar, Food oder diese Themen sind große Themen. Also die Multiples sind entsprechend hoch. Also zuvor kann man schon sagen, wenn man jetzt nur kurzfristig, kurzsichtig sieht, perfekter Zeitpunkt, perfekter Preis. Wenn man aber langfristig das Potenzial sieht und auch wo dieser ganze Food-Bereich noch steht im Markt und auch wie die Wettbewerbssituation ist, ist ja nichts da, was da irgendwie ähnliche Ambitionen hat. Also ein Picknick, die tun sich aber nichts, weil das zwei sehr unterschiedliche Modelle sind, die auch unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Aber jetzt aus dem Klassischen, das ist alles sehr beschränkt.
Alexander Graf: Aber vielleicht noch mal ganz kurz zu der Zeitpunktfrage, weil da würde ich gegen argumentieren. Du hast ja auf deinem Blog ja auch einen Artikel gemacht, wer welche Anteile jetzt vor dem vermeintlichen Milliardenexit hatte. Und da sind ja Tiger Global, Cherry, Dos Santos, Vorwerk, die Bestsellergruppe. Da ist ja über zwei Drittel, fast drei Viertel der Anteile sind ja institutionelle Investoren, Kapitalgeber. Und die haben ja das Problem, Modelle zu finden, wo sie ihre Kohle heute eigentlich sinnvoll einbringen können. Ich glaube, die hätten auf jeden Fall eine Milliardenfinanzierungsrunde besser gefunden, wo sie dann selber noch ihre Prorata hätten machen können, also noch ein bisschen Geld reingeben, als jetzt das Geld zurückzubekommen. Also gehen wir mal davon aus, Cherry bekommt jetzt 150 Millionen. Was sollen sie denn damit machen? Es ist doch jetzt viel schwerer, das nächste Flaschenpost zu finden und das Geld zu allogieren, als das Flaschenpost weiter mit zu finanzieren und zum 5 Milliarden Unternehmen zu machen. So aus der Gründerperspektive, das kann man glaube ich alles lösen irgendwie mit Secondaries. Also was willst du damit?
Jochen Krisch: Gerade bei Cherry hätte ich jetzt gesagt, das ist ja immer das Fondproblem. In welchem Fond ist es drin und wann ist der zu Ende? und wie sieht der Gesamtfond aus letztendlich? Also ich Hätte da eigentlich eher gedacht. Da müsste, wie gesagt, vergleiche es dann mit Rocket oder mit anderen. Ich würde es auch so sehen. Also wenn sie schon sowas haben, dann doch wirklich groß machen und nicht zu früh auszusteigen. Das ist immer leichter gesagt aus der Ferne. Also wir stecken natürlich jetzt nicht drin, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie…. Wie schwierig es ist, wirklich die Investoren zu finden. Also ich hätte es auch nichts mit, ich finde auch Oetker grundsätzlich einen guten Investor, aber als strategischer Partner hätte ich das spannend gefunden und ich verstehe nicht, warum man da nicht nochmal zwei, drei Jahre jetzt die mit 20, 25 Prozent reingenommen hätte und dann überlegt hätte, wo baut man das hin, dann ist es entweder, ist Oetker dann noch in der Lage, das zu übernehmen? oder man macht halt trotzdem den Börsengang und versucht da eine andere Konstellation zu finden. Also das ist etwas, was mich irritiert und ich jetzt aus Außenstehender auch durchaus kritisiere, weil ich mir denke, der Deutsche mag die Branche, auch die Szene. Es gibt wirklich super wenige Kandidaten, die wir da haben, die einfach in diese Liga aufsteigen können und die auch Ja, dieses Potenzial haben. Also insofern sehe ich es eher so als vertaner Chance. Ich weiß, es ist immer ein bisschen blöd zu sagen, weil es ja wirklich, du hast es ja auch gesagt, den Respekt muss man zollen. Es ist ein tolles Unternehmen, toller Exit etc. Ja, aber ich muss es ja immer so ein bisschen auch aus Branchensicht beleuchten. Und ich sehe einfach da, es gibt wenige Marktgestalter, die wirklich die Möglichkeit hätten, da die Zukunft jetzt des Foodhandels oder des Online-Food-Geschäfts da mitzugestalten. Und ja, jetzt ist es wieder Picknick, wobei bei Picknick muss man auch sagen, wobei das jetzt genauso passiert, dass Edeka eben als strategischer Partner dabei ist. Die haben halt dann jetzt bis zu 20 Prozent, das weiß man noch nicht so genau, auch im Internationalen. Im Nationalen hatten sie schon 35 Prozent der Anteile und die helfen ihnen natürlich im Sourcing, in der Produktverfügbarkeit, im Großhandelsgeschäft und haben wahrscheinlich auch die Ambition, irgendwann mal das voll zu übernehmen. Also sie sprechen zumindest auch schon so, das ist jetzt die dritte Säule neben Edeka und Netto. wäre Picknick dann die dritte Säule. Kann man sich auch gut vorstellen und wäre vor allem eine internationale Säule. Also so kann man es ja auch machen. Das ist jetzt das andere Beispiel. Und deswegen bin ich da, ja, habe ich da so ein weinendes Auge dabei bei dieser ganzen Geschichte.
Joel Kaczmarek: Also mir ging es so, dass ich diese Summe von die kaufen, was für eine Milliarde irgendwie merkwürdig fand, ein bisschen disparat, weil für einen Exit, für einen Kauf wirkt es sehr teuer. Ihr müsst mir mal helfen. Hat Oetker irgendwie in Deutschland oder Europa bisher viele Milliarden Deals gemacht? Habt ihr was auf dem Schirm?
Alexander Graf: Ja, also sie haben relativ viel Kohle auf dem Konto und ich glaube, das ist sozusagen für Oetker sogar noch positiver als für Flaschenpost. Da haben sie sofort die Synergieeffekte mit Durstexpress. Da kann man schon ein bisschen, das ist ja BWL-Lehrbuchartig, dieser Deal. Sie haben einen Endkundenzugang gewonnen, mit dem sie Marken schaffen können und damit deutlich mehr Druck auf ihre Handelspartner ausüben können und damit vielleicht auch wieder ein bisschen Zugriff bekommen auf die eigene Preisgestaltung. Da liegt ja jetzt quasi die Handlungsmacht Immer bei Edeka, Riewe, Lidl, Aldi. Und die kaufen sich ja schon eine ganze Menge Umsatz ein. Also wenn das jetzt stimmt mit den Monatsumsätzen, ob die jetzt da auf Full Year schon auf 250, 300 Millionen laufen. Aber diese Größenordnungen sind ja schon recht beeindruckend. Oetker kann sicherlich auch noch mal ein paar hundert Millionen sozusagen für den weiteren Ausbau liefern. Ich glaube, es ist jetzt keine Milliarde Investment, die komplett at risk ist. Kann sein, dass es sehr lange dauert, das zurückzukommen. zu verdienen, aber da reden wir jetzt nicht, ob das zurückverdient wird, sondern eher wann. Und das finde ich jetzt für einen Strategen schon einen sehr schönen Deal.
Joel Kaczmarek: Aber ich glaube, wo man sich einig war, ist, dass der Zeitpunkt, also wo diese Firma Flaschenpost stand, schon in so einem ulkigen Zwischenstadium war. Also eigentlich, das verstehe ich auch, was Jochen im Vorgespräch zu mir meinte, mit er sieht es eher kritisch, dass die eigentlich eher zwei, drei, vier Jahre down the road mit einer vernünftigen Finanzierung halt wirklich börsentauglich gewesen wären und dann wäre das Spiel auch ein ganz anderes. Aber Wenn man so die Strategielandkarte aufmacht, dann kann man sich, glaube ich, so ein Stück weit herleiten, wo beide Seiten sozusagen ihre Motivationen rausgezogen haben. Kannst du, Alex, eigentlich noch mal ein bisschen aus deinem, was du vorhin erzählt hattest, sozusagen zitieren? Weil du meintest, du fandest es super spannend, so die Margen auf Getränke, welcher Akteur sozusagen was verdient. Also gibst du uns noch ein bisschen Sneak Preview zum Geschäftsmodell von denen?
Alexander Graf: Ja, also ich habe den Christopher gefragt, was kostet eine Kiste Sprudelwasser? Dann hat er gesagt, im Schnitt 3 bis 8 Euro, also circa 5 Euro. Und als ich den gefragt habe, 5 Euro für eine Kiste, wo ist da die Handelsmarge? Dann hat er gesagt, der Großteil der Marge bleibt in der Logistik stecken. Also von dem Zentrallager in das Detaillager, dann in die Aldis, Revis und Edeka. Das können die natürlich deutlich besser lösen mit einem großen Lager, haben also gar nicht viel mehr Pick- und Packbewegung als der örtliche Supermarkt und kriegen es dann aber zum Endkunden. Und damit schaffen sie es, und das war ja auch so eine Aussage von Christopher, ab einer bestimmten Anzahl von Haushalten so einen Standort nach ein, anderthalb Jahren operativ profitabel zu bekommen. Das heißt, da müssen sie jetzt gar nicht viele neue große Werbeaktionen fahren und weitere Haushalte anwerben, sondern alleine durch die paar tausend Haushalte, die dann der Standort Kiel hätte, hoffentlich kommt es irgendwann mal nach Kiel, schaffen sie das, profitabel abzuwickeln. Und dann ist natürlich die Fantasie, das, was sie jetzt ja auch gerade machen, mit dem Retourenprozess, mit der Erweiterung des Sortiments, rein um kleine Food- und Drogeriesegmente, ihre Auslastung noch mal stark zu erhöhen, Eigenmarkenanteile zu steigern. Und da kommt dann eigentlich der Gewinn her. Aber ich fand es extrem beeindruckend, dass sie es schon schaffen, mit wirklich so einem Commodity-Produkt, wo jetzt gar nicht Mehr Marge drauf war, als ich dachte, aber jetzt auch nicht unfassbar viel Marge und sozusagen einer guten Logistik, die sicherlich auch beinhaltet, dass man nicht unendlich hohe Gehälter zahlt. Das muss man auch dazu sagen, dass es da schon profitabel hinbekommen. Und klar schafft es einen Flaschenpost viel eher, eine App zu bauen, auch ein User-Erlebnis zu bauen, wo der Kunde nachbestellt, als jetzt hier der Getränke-Reuter hier, mein örtlicher Getränkemarkt. Gibt es jetzt gar nicht, aber angenommen, der würde so heißen, das schafft er nicht. Also der hat immer noch Da kann ich immer noch hinfaxen, aber das ist leider nicht die UX, die ich brauche, die zum Wiederbestellen führt.
Joel Kaczmarek: Was glaubt ihr so rein vom Modell her, was die Anstellung angeht? Also Lieferando hat ja auch dieses Thema, da bist du auf einmal mit Gewerkschaftsbünden irgendwie im Gespräch und irgendwie mit Betriebsräten, weil du natürlich viele Mitarbeiter hast, die ausliefern. Man liest ja auch viele Schlagzeilen jetzt, ich weiß nicht, ob es ein bisschen befeuert ist dadurch, dass sie diese Aufmerksamkeit hatten durch den Deal, aber dass sowohl Durst Express als auch Flaschenpost mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen irgendwie sehr harsch umgegangen ist. Ich habe es ehrlich gesagt im Detail mir gar nicht angeguckt, aber die Überschriften sozusagen nahmen zu.
Jochen Krisch: Ich glaube, das hat man bei all diesen Modellen. Also alles, was so Last Mile ist, ist in der Kritik. Natürlich müssen die sehr auf die Kosten achten, weil es eben echt, das ist halt ein Hauptkostenpunkt jetzt auch für alle Modelle. Und in der frühen Phase muss man halt wirklich gucken, dass das vernünftig klappt. Aber das hat man jetzt von der DHL-Paketdienst im Grunde alle durchgehend. Also deswegen wundert mich das auch gar nicht immer. Das ist sicherlich auch der Schwachpunkt oder den Angriffspunkt, den man immer hat. Dass man da sagen kann, das sind im Prinzip unterbezahlte Kräfte und das ist alles suboptimal. Aber das würde ich sagen, das hat man aber auch mit Uber-Fahrern und allem. Also alles, was in dem Bereich kommt. Also deswegen Bin ich da immer so ein bisschen, frage ich mich, ob man das dem Unternehmen jetzt aufbürden kann und sagen kann, du speziell bist jetzt der Böse oder ob das ein grundsätzlich strukturelles Problem ist, was man halt auf anderer Ebene lösen muss. Da stecke ich zu wenig tief drin. Ich kann jetzt nicht sagen, ob ein Flaschenpostbote schlechter gestellt ist als ein DHL-Paketbote oder ein Amazon-Logistik-Mitarbeiter etc. Also deswegen, wenn man einen bunten Punkt finden möchte jetzt an dem ganzen Liefermodell, dann ist es sicherlich da.
Alexander Graf: Ich glaube, da wird man immer Leute finden, die da sich beschweren. Uns fehlen die Informationen, um da jetzt ein strukturelles Problem sozusagen daraus abzuleiten. Was ich aber ganz spannend fand, der Philipp Glöckner hat im Doppelgänger-Podcast auch mal zu diesen Modellen einen Kommentar gegeben, den fand ich ganz spannend. Der meinte halt, diese Liefermodelle oder generell Modelle, wo dir irgendjemand was bringt, dir die Schuhe putzt, dir Flaschen nach oben trägst, die funktionieren ja in Ländern sehr gut, wo die einen niedrigen Gini-Koeffizienten haben, also wo die Gleichverteilung von Geld und Einkommen, sehr schlecht ist. Also, keine Ahnung, in Malaysia, wo du halt 100.000 Superreiche hast und eine Million Leute, die auf der Straße leben, jetzt vereinfacht gesagt, ist es natürlich viel einfacher, für so ein Modell auch einen Preispunkt zu finden, der für die Reichen total entspannt ist. Die sagen auf jeden Fall, lass ich mir das dann liefern. Und den die Armen auch cool finden. Und in Ländern, die einen relativ ausgeglichenen Genie-Koeffizienten haben, in Deutschland reden wir jetzt ja nach neuesten Erhebungen irgendwo um den Faktor 0,45 bis 0,6, das ist schon relativ gut. Da tun sich Modelle, die sozusagen viele günstige Arbeitskräfte brauchen, eher schwierig. Das ist natürlich ein sehr kapitalistischer Kommentar. Das ist mir auch klar. Wir sollten jetzt nicht anstreben, einen niedrigen Gini-Koeffizienten zu erreichen, damit es weniger Beschwerden für Flaschenpost, Picknick und Co. gibt, was die Bezahlung angeht. Aber ich finde es beeindruckend, dass obwohl so viele günstige Arbeitskräfte notwendig sind, also die gerade mal den Mindestlohn bekommen, dass es trotzdem funktioniert hat. in Deutschland und das Modell jetzt eben nicht aus Russland gekommen ist, die einen der niedrigen Genie-Koeffizienten haben.
Jochen Krisch: Joel, wenn du erlaubst, ich würde noch gerne zwei Punkte auch zum Geschäftsmodell noch erwähnen oder die wir jetzt noch nicht hatten, was es auch wichtig macht und spannend zum Beispiel für Oetker. Also erstmal ist es ein Wunder, dass überhaupt solche Modelle jetzt entstehen, eben genau aus den Gründen, die Alex beschrieben hat. Deutschland ist jetzt nicht dafür prädestiniert, irgendwie lauter billige Kräfte in Anführungszeichen zu haben, um diese Lieferservice zu machen. Aber es ist ja doch ein Trend, den wir haben jetzt, dass das wirklich so die letzte Meile eigentlich im Fokus ist. Und jetzt für Oetker zum Beispiel, deswegen haben sie ja auch Durstexpress gestartet, der direkte Kundenzugang als Thema. Also im Grunde Oetker ist es gewohnt, Marken zu haben, viel im Backwarenbereich, aber auch natürlich, die haben auch die Radeberger Gruppe, wo sie viel auch mit Getränken haben, wo sie aber quasi über den Handel verkaufen. Und fast alle dieser Konzerne oder dieser Gruppen sind jetzt dann interessiert, wirklich Direktvertrieb zu machen und Direktvertriebsmodelle hinzubekommen. Entweder mit eigenen Marken, auch da macht Oetker, ich weiß gar nicht, wie man es ausspricht, Juit, ein Essenslieferdienst oder Juit, also J-U-I-T zumindest buchstabiert. Das ist ein bisschen HelloFresh-artig, bloß für Fertiggerichte, aber eben auch im Direktvertriebsmodell vergleichsweise hoher Preispunkt und dann rechnet sich das auch. Also man muss auch vier, fünf, sechs Gerichte bestellen, damit das auch einen entsprechenden Warenkorb ergibt. Also da sind ja gerade alle dran und alle interessiert. Deswegen macht das totalen Sinn und es ist auch, macht natürlich aus anderem Grund noch totalen Sinn, dass auch die ganzen Modelle, die jetzt entstehen, also sei es ein Picknick, sei es ein HelloFresh, zum Teil auch Flaschenpost, genau das drin haben. Diesen direkten Kundensugang, die letzte Meile und alles, was damit zusammenhängt. Also das war ein Punkt, den ich noch erwähnen wollte. Und ein zweiter Punkt, auch Flaschenpost ist so ein Modell, die eben mit dem schwierigsten Thema begonnen haben. Und sperrige Kisten zu schleppen, ist einfach was, was sich niemand anders antut. Also alle Food-Anbieter versuchen ja das zu vermeiden. Also sperrige Kisten ist das eine Thema, Pfandproblematik ist das andere Thema. Wie schwierig das zu integrieren ist in die regulären Bestellprozesse, wo du eigentlich nichts mit zurücknehmen möchtest und am liebsten das dann abgeschlossen ist, wenn es beim Kunden ist. Und das finde ich auch immer das Spannende, dass jemand, der so ein schwieriges Problem knackt, dann einfach die Möglichkeit hat, andere Themen noch mitzuerledigen, weil er einfach weiß, okay, mit dem schwierigsten Prozess bin ich schon mal im grünen Bereich und dann erschließen sich eigentlich die Potenziale, kommen die Erlösströme etc. mit rein. Also es sind so ein paar Themen, die einfach da auch reinspielen, warum ich im Grunde sehr begeistert bin von diesem ganzen Modell und von der ganzen Infrastruktur, die da entstanden ist.
Joel Kaczmarek: Aber da können wir nochmal ein, zwei Sätze hinterher schieben vielleicht, obwohl wir eigentlich nur so einen 15-Minuten-Update machen. Man merkt, dann gibt es doch mal mehr darüber zu sagen. Also was ich so beobachtet habe, ich bin aber fairerweise auch mal eher Durst-Express-Kunde gewesen, weil Flaschenpost lange nicht nach Berlin kam, war bei der Workforce so sehr stark in Richtung Studententum. Also ich habe schon gemerkt, mit der Übernahme war dann irgendwie der etwas ältere Fahrer mit dem langen Pferdeschwanz weg und auf einmal hattest du jedes Mal irgendwie einen anderen Jugendlichen. Und das zweite ist ja, was ja irgendwie Alex so on the fly mit reingegeben hat eigentlich, Das ja schon interessant ist, wenn die bei dir im Haushalt sind, die ein sperriges Gut geliefert haben, dass sie dann deine About-You-Retouren mitnehmen, dass sie deinen Fund wieder mitnehmen. Also diese Zwei-Wege-Logistik ist ja eigentlich ein echt ganz interessanter Faktor. Der müsste ja eigentlich auch auf das einzahlen, was ihr immer sagt, der Logistik-Infarkt, der irgendwie gefühlt irgendwie ansteht. Wobei ich staune, die haben ja eigentlich, wenn ich Durst Express betrachte und ich glaube bei Flaschenpost ist es ähnlich, die haben ja keine großen Sprinter oder großen Lieferwagen, sondern die haben ja immer eigentlich diese relativ kompakten Mercedes-Vito-Wagen. Wo man sich ja eigentlich denkt, da passen ja so der Logik halber wahrscheinlich irgendwie 20, 30 Kisten max. rein. Das heißt, da ist ja eigentlich auch die Anzahl an Drop-Offs pro Stunde begrenzt etc. etc. Und das war ja auch so, man konnte bei Dosexpress zum Beispiel sehen, Sommerzeit sind auf einmal die garantierte Lieferungszeit von 120 Minuten auf 180 hochgegangen und selbst die wurden eigentlich noch gesprengt. Also da ist schon sozusagen Spannung auf dem System drauf, oder?
Alexander Graf: Welchen logistischen Fakt meinst du denn?
Joel Kaczmarek: Hm?
Alexander Graf: Welchen Logistikinfarkt meinst du?
Joel Kaczmarek: Den beschreibt doch Jochen, glaube ich, seit zwei Jahren mit DHL, Hermes, die Innenstädte sozusagen sind dicht und so weiter.
Alexander Graf: Jochen beschreibt das?
Jochen Krisch: Nein, die Innenstädte nicht dicht, sondern die Fahrer sind nicht genügend da. Und es ist nicht die Kapazitäten und die Effizienz ist nicht da. Das ist mein Thema mit Logistikinfarkt. Für die Städte hat ja Brand1 gerade ein sehr schönes Interview und einen sehr schönen Artikel auch gebracht. Der Handel ist das Problem. Wie bitte?
Alexander Graf: Der Handel ist das Problem. Da hat auch im Interviewstand drin 20 Prozent quasi des Verkehrs in der Endstadt kommen durch den Handelszustande. Und die Leute, die sich in Berlin immer aufregen, dass da irgendwo ein Hermessprinter steht, die sollen sich mal überlegen, ob sie ihre dumme Karre, die sie vor der Tür parken und irgendwie einmal im Monat bewegen, ob die da stehen muss, ob da nicht der Hermessprinter parken könnte.
Joel Kaczmarek: Aber back to topic.
Jochen Krisch: Die Logistik fällt halt immer dann unangenehm aus, weil die Plätze, also da sind wir schon back to topic, weil Flaschenpost ja auch den Platz in Anspruch nimmt. Das heißt, sie stehen halt dann immer so halb auf der Straße, weil sie keine Möglichkeit haben, die Autos auch abzustellen. Deswegen fällt das immer so auf. Man denkt, die verstopfen die Innenstadt, aber im Grunde von der Menge verstopfen sie nicht.
Alexander Graf: Sie befreien sie, sie befreien die Innenstadt.
Jochen Krisch: Du formulierst das jetzt so, dass man es nicht ernst nehmen kann. Nein, das war wirklich seriös auch heruntergebrochen. Ich glaube, das waren zwei Prozent von dem gesamten Liefervolumen. macht überhaupt der Onlinehandel jetzt. Und selbst die Lieferfahrzeuge sind nicht ausgelastet. Und jetzt komme ich nochmal wirklich back to topic, weil du ja gesagt hast, warum diese Fahrzeuge. Das ist natürlich ein anderes Modell. Die wollen natürlich schnell liefern und dieses Zwei-Stunden-Fenster, die haben jetzt nicht so die wahnsinnigen Routen und das ist ja ihr USP, dass sie einfach als schneller Dienst da sind und diese Zwei-Stunden-Fenster haben im Vergleich zu anderen, die das halt eben voll durchoptimieren und das Maximum in den Wagen reinnehmen, aber dann eher auch berechenbarer liefern, wie Picknick jetzt zum Beispiel oder Rewe oder andere. Das macht dann auch den Unterschied aus und das finde ich ja auch interessant, dass es beide Wege gibt. Deswegen fand ich auch diese Konkurrenzsituation eigentlich so interessant. Das Interessante ist ja, dass Picknick jetzt in Münster gestartet ist und also wirklich raus aus ihrem NRW-Stammgebiet und sie mal direkt gegeneinander angetreten sind und zwar mit komplett anderen Ansätzen. Und Münster ist ja auch… Flaschenpost schon im Food-Bereich aktiv und hat eben mehr Lebensmittel und mehr Waren des täglichen Bedarfs als in anderen Regionen, wo dann eben nur so Knabber angeboten, vielleicht ein bisschen Toilettenpapier oder was auch immer dabei ist. Also wirklich, das finde ich das Interessante gerade in der Marktphase, in der wir sind, dass wir noch nicht wissen, welches Modell setzt sich durch. Und es gibt so ein paar Modelle, die irgendwie gezeigt haben, das ist rund und schlüssig, das muss aber nicht das Ende sein. Und deswegen die kleinen Fahrzeuge, aber schön gebrandet. Man sieht sie eben überall und sind sehr präsent und sehr prägnant.
Joel Kaczmarek: Ja, mein Sohn sagt auch immer, guck mal, ein Durstexpress-Auto. Das ist für ihn sozusagen gelernt für diese Fahrzeuggröße schon. Also, kenne ich auch.
Jochen Krisch: Das stimmt, ja.
Joel Kaczmarek: Alex, letzte Frage an dich. Du bist ja jemand, der durch Spryker auch viele E-Commerce-Buden von der Seitenlinie mit begleitet, also gefühlt schon halb mit auf dem Feld. Was braucht man denn eigentlich an Infrastruktur, wenn ich so eine Stadt aufmache, als einen Flaschenpost? Also, weil wenn ich jetzt denke, okay, kleiner Lieferwagen, ich will schnell liefern, heißt ja eigentlich die Konsequenz, ich brauche mehrere Warenlager. die ich sozusagen schnell anfahren kann, um die Stadt möglichst gut abzudecken. Also Berlin ist, glaube ich, ein bisschen ein Sonderfall. Wir sind sehr weitläufig. Andere Städte sind vielleicht kleiner. Aber was ist so die Infrastructure, die man sich anlegen muss pro Stadt?
Alexander Graf: Ja, also die technische Infrastruktur, jetzt einfach eine Software, da ist eigentlich Flaschenpost auch vergleichbar mit einem Picknick, die auch einen großen Teil sozusagen ihrer Mannschaft in der Entwicklung des eigenen Systems haben, in der App, in der besseren Aussteuerung der Wegeplanung. Also da sieht man ganz klar, da braucht man Lösungen wie Spiker zum Beispiel, um sowas zu bauen. Flaschenpost ist jetzt noch kein Spiker-Kunde, muss ich aber auch ganz offen zugeben. Vielleicht werden sie es aber noch. Und in der Stadt hat der Christopher alles auch gesagt im Podcast, das war nicht ganz interessant. Also sie suchen sich gar nicht erst die Städte aus, wo sie hingehen, sondern sie entscheiden nach Lagen. Das heißt, wenn sie eine gute Lage finden einer Stadt, also die zentral angebunden ist, dann gehen sie in die Stadt. Also Sie sagen jetzt nicht, die Städte mit diesem Durchschnittseinkommen und dieser Bewohnerzahl sind irgendwie ganz spannend, da muss es schon ein Minimum geben, also ab 100.000 Einwohner, glaube ich, ist also die Grenze, sondern wir wollen sozusagen ein zentrales Lager, mit dem Sie den Großteil der Stadt abdecken können, müssen dann ein paar Dutzend Autos da hinstellen und die Schichten vollbekommen für die Autos und brauchen dann auch eine Mindestanzahl von Kunden, die dort mitmachen. Ich hatte ihn auch gefragt für meine Postleitzahl, also quasi ein bisschen Vorortbereich für Flaschenpost, wie viele sich da schon angemeldet haben, das waren auch schon über 1000, die quasi auf der Warteliste stehen. und So entscheiden Sie, ähnlich wie Picknick, wo ist der Bedarf hoch, wo kommen Sie eine gute Fläche ran. Da kommt Ihnen jetzt ja der zerbröselnde Innenstadthandel so ein bisschen entgegen, sodass viele große zentrale Flächen auch frei werden, die dann als Lager ausgestattet werden können, die gut angefahren werden können von den großen Lieferwagen, ein, zwei, drei, vier Mal am Tag und wo dann die kleinen Autos wegfahren. Aber es braucht nicht so viel. Sie können innerhalb weniger Wochen, wenn Sie ein Lager haben, dauert es so drei, vier Wochen, dann ist die Stadt live und dann können Sie ausliefern. Das große Problem ist, Wird ähnlich sein wie bei Picknick, ausreichend viele loyale Leute zu finden, die auch dafür sorgen, dass das Liefererlebnis positiv ist. Das hat ja der Mikia Müller im Picknick-Podcast auch beschrieben, dass das eigentlich der Engpass ist und man auf keinen Fall riskieren will, dass das Liefererlebnis schlecht ist und dann irgendjemand verschwitzt, unterhemmt. In der Tür steht und die Milch in den Kühlschrank einräumen, weil dann bestellt man auf keinen Fall wieder. und da sehe ich eher die größte Gefahr in der sehr, sehr schnellen Expansion von Flaschenpost, aber auch durch das Express, dass man jetzt auf diesen Faktor wahrscheinlich nicht immer Rücksicht nehmen konnte, sondern einfach jeden genommen hat, der Führerscheinklasse 3 hatte.
Jochen Krisch: Kann das vielleicht auch mal kurz für München beschreiben, wie das dann aussieht? Ich glaube, in München müssen sie mindestens zwei Standorte haben, weil einer im Münchner Norden ist. Und Euro-Industriegebiet, das heißt inzwischen Euro-Park, glaube ich, wo sie wirklich ein ehemaliges Lager haben, also Gewerbegebiet. Relativ großes Lager und interessant auch die Flotte. Also bei uns schwirren sie wirklich zusammen. Dauerhaft rum, man hat immer das Gefühl, irgendwie alle paar Minuten kommt ein Flaschenpostfahrzeug da an, liegt aber daran, dass es eben auch sehr nah ist und wirklich Dutzende von Fahrzeugen, relativ großes Gebäude. dann auch, das ist nicht so wie der übliche Getränkehandel, den man sich vorstellt, sondern es ist schon ein großes Warenlager, das sie da haben und ist im Grunde sehr gut angebunden. jetzt an die Flaschenpost. Also man kommt überall sehr schnell hin, über die Schnellstraßen und was es auch immer ist. Also das ist jetzt, ich kenne es nur oder ich habe es jetzt einfach nur in München vor Auge, aber wenn das sozusagen der Punkt ist, sieht man das auch. Also es ist gar nicht so sehr die Innenstadtlage, glaube ich, sondern es sind wirklich so die Gewerbequiete außenrum, da wo eben dann noch ein bisschen, da ist ein Mediamarkt in der Nähe, da ist ein Metro in der Nähe und solche Unternehmen, also wo die Leute normalerweise hinfahren, das von da aus dann geliefert wird. Das ist so die Konstellation, wie ich sie hier verfolgen kann zumindest.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage, Alex, hast du so ein bisschen zu Marketingkanälen gefragt? Weil ich erinnere mich an viele lebhafte Diskussionen mit Durst Express zum Beispiel, wenn wir Podcast-Werbung gemacht haben, die sagten, ja, wir haben jetzt Leipzig aufgemacht. Kannst du deine Podcast-Werbung auch nur auf irgendwie Sachsen, auf Leipzig ausspielen? Geht das auch? Ich sage, nee, geht nicht. Also ist das so ein klassisches Performance-Marketing-Thema. oder wie machen die das?
Alexander Graf: Ja, habe ich tatsächlich auch gefragt, war auch ein ganz spannender Teil im Podcast. Sie machen halt super Druck, quasi ein paar Wochen vor der Eröffnung und auch quasi, wenn das Ding live ist und hören dann auf. Und dann sagen sie, dann geht es über Word of Mouse weiter. Also sie fokussieren ihre Marketingkosten auf ein paar Wochen. Und machen dann aber alles, machen Radio, Out of Home, sicherlich auch ein bisschen digital, Freunde werben Freunde, Gutscheine ganz hart, hören dann aber auf und sagen, dann muss ich das Service von alleine durchsetzen, dann haben sie ja dieses Mindestniveau erreicht an Haushalten und dann wachsen sie mit diesen Haushalten dann weiter und haben durch die Werbeflächen auf den Autos natürlich umrumfahrende Werbung. Aber initial, das machen sie so ein bisschen wie About You auch in Osteuropa, die machen das ja auch, wenn sie ein neues Land angehen, dann sozusagen kippen sie alles rein. Sozusagen für eine ganz kurze Phase, vier, fünf Wochen, versuchen maximal viel Traffic und Aufmerksamkeit zu erzeugen und dann über den Service langfristig zu gewinnen. Also bessere Auswahl, gute Lieferung und sowas. Und so macht Flaschenpost das auch. Aber Podcast-Werbung bei Digital Kompakt würde sich jederzeit anbieten, möchte ich hier dem Flaschenpost-CMO nochmal mitgeben.
Joel Kaczmarek: Dankeschön, hast du sehr richtig erkannt. Ihr beiden, es hat viel Spaß gemacht. Wir schauen mal, wohin der Tanker fährt. Jetzt als großer Tanker-Zusammenschluss quasi. Ja, man merkt ja, hat man doch mal mehr zu sagen zu so einem Modell. Also vielen Dank, ihr beiden.
Jochen Krisch: Gerne. Dankeschön.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.