Luxury Fashion & E-Commerce?

30. März 2020, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce-Crossover-Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute, wie immer, die beiden Granden schlechthin dabei, der gute Alex Graf und der liebe Jochen Krisch. Hallo ihr beiden.

Alexander Graf: Hallo Joel. Moin Moin.

Joel Kaczmarek: Und heute geht es um ein Thema, was die beiden quasi wirklich lieben, nämlich um Luxury-Fashion. Am Beispiel einerseits von Farfetch und wir werden sicherlich auch mal rüber dippen zum Thema Jux Netta Porte, aber vor allem natürlich auch Amazon. Was für Fashion-Ansätze und das auch im Luxury-Bereich gibt es eigentlich auf Amazon? Warum, glauben wir, funktionieren die bisher noch nicht so? Und nach hinten raus machen wir mal den Blick ganz weit und schauen auch ein wenig auf den Second-Hand-Markt. That being said, war natürlich ein bisschen scherzhaft, ihr beide seid ja total bodenständig. Wo kauft ihr so, kauft ihr Luxury-Fashion im Internet? Macht ihr sowas?

Jochen Krisch: So sehen wir aus, oder? Also, Alex sieht natürlich mehr danach aus, aber

Alexander Graf: Ich kaufe Tailor-Made-Sachen. Also hier von Son of a Tailor kaufe ich T-Shirts und dann gibt es immer so ganz spannende Hemdenanbieter, aber da kostet auch ein Hemd nochmal so 40, 50 Euro, aber es ist maßgeschneidert. Also im Luxusbereich jetzt irgendwelche teuren Gucci-Handtaschen sehe ich jetzt nicht, in meinen täglichen Verwendungsmitteln teure Jacken auch nicht, also Müsste ich mal meine Frau fragen, aber so richtig Luxus-Luxus, wie sich so ein Farfetch sieht, wahrscheinlich eher nicht.

Joel Kaczmarek: Du hast auch eigentlich sonst so ein Abo hier auf diese Marke, die du auch gerade anhast. Man muss jetzt dem geneigten Hörer dazu sagen, ich sehe Alex gerade bei Skype, die hier diese schönen Leder-Embleme auf dem Tiefen haben. Wie heißen sie, die Norddeutschen?

Alexander Graf: Naketano.

Joel Kaczmarek: Naketano, genau. Du bist ja so ein Naketano, hast ja so ein Dago-Abo.

Alexander Graf: Kommt aus Essen und ist 2018 eingestellt worden. Die Marke gibt es nicht mehr. Das ist jetzt, muss man die T-Shirts besonders gut waschen, weil die werden wertvoll bestimmt.

Joel Kaczmarek: Gut, aber zum eigentlichen Thema. Wenn wir über Luxury Fashion insgesamt reden, lasst uns vielleicht mal am Anfang den Blick etwas weit machen. Was für Plattformen seht ihr? Also wer hat sich relevant im Markt etabliert, wenn es darum geht, Luxuskleidung zu verkaufen? Farfetch haben wir schon gesagt, wird einer, den wir gleich ein bisschen tiefer besprechen, aber dass wir mal einen Benchmark aufmachen. Wen seht ihr sonst noch so?

Jochen Krisch: Vielleicht, wenn man mal historisch vorgeht, Net-a-Porter hat ja den Markt mehr oder weniger bereitet, so als der 2000, glaube ich, gestartet oder sogar nach davor. Die eigentlich so die führende Plattform sind irgendwann mit Jux fusioniert. Innerhalb der Richemont-Gruppe sind schon mit einer der Führenden, dann ist die Gründerin hinausgedrängt worden, sage ich jetzt mal vorsichtig, und ist inzwischen in Anführungszeichen übergelaufen zu Fafel. Und Farfetch ist quasi der Player, der den Markt aufgerollt hat als Marktplatz, der versucht hat, die Stationären anzubinden und der einfach sehr aggressiv in den Markt reingegangen ist. Dann gibt es natürlich noch MyTeresa, die gerade einen Käufer suchen, aber sich unter, jetzt Neiman Marcus hat sie übernommen. sich sehr gut entwickelt haben und auch, finde ich, von der Strategie eine sehr schlüssige Strategie haben, wenn wir heute auf die Themen eingehen. Also das sind so die Wesentlichen. Man hat mitbekommen, Stylebop ist inzwischen von Pic und Kloppenburg übernommen worden. Also die haben das irgendwann nicht mehr geschafft. Und auch so ein bisschen deshalb, weil sie eben eigentlich immer eine große Abneigung gegenüber VC-Geld hatten und irgendwann halt dann doch Geld brauchten und dann das nehmen mussten, was sie bekommen konnten. Und das ist alles nicht so aufgegangen, deswegen ist das verschwunden. Dann gibt es noch Matches-Fashion. Also es gibt ein riesiges Potpourri eigentlich jetzt an Playern in dem Bereich, weil den Markt alle sehr attraktiv finden, auch vom VC-Seitig attraktiv finden, weil es einfach hohe Warenkörbe sind. Der Preispunkt ist hoch, die Warenkörbe ist hoch, deswegen kannst du von der Marge her sehr gut leben, auch wenn du aufwendigen Versand hast und das alles natürlich kein leichtes Thema ist und vor allem die Zielgruppe natürlich sehr, sehr beschränkt ist. Das ist die große Herausforderung in dem Markt.

Alexander Graf: Ich muss dazu vielleicht sagen, ich glaube, europäischer Kernplayer ist schon Maltheresa, glaube ich, schon ganz, ganz weit vorne am Ende des Tages. Und nicht nur, weil sie Spryker-Kunde sind, sondern die haben da, glaube ich, sehr viel richtig gemacht. Und wer auch immer wieder vergessen wird, weil sie medial auch nicht so in Erscheinung treten, ist aus meiner Sicht Bräuninger, die natürlich aus einem ganz klassisch stationären Geschäft kommen, aber in den letzten fünf, sechs Jahren online offensichtlich viel richtig gemacht haben. Die wachsen wohl tatsächlich in beiden Kategorien. Und mittlerweile natürlich auch in deutlich neunstelliger Größenordnung auch online. Und die kommen quasi nicht ursprünglich aus dem Luxussegment, aber wenn man da mal auf die Webseite guckt und da einen etwas gehobenen Anspruch hat, insbesondere als Frau, dann ist Bräuninger da, glaube ich, ein Household-Brand, an dem da zumindest im deutschen Markt keiner wirklich vorbeikommt.

Jochen Krisch: Die sehen sich auch so ein bisschen zwischen jetzt MyTeresa und Zalando jetzt. Also in dem höherwertigen, höherpreisigen Bereich würden sie sich jetzt wahrscheinlich nicht in die Kategorie MyTeresa selber nehmen, aber ich bin da bei Alex auf jeden Fall ein relevanter Player. Vor allen Dingen haben die genau dieselben Herausforderungen und Ansprüche, die die anderen auch haben müssen.

Joel Kaczmarek: Ja, also ich habe sie mir die Tage mal angeguckt. Ich habe mal alle so ein bisschen verglichen. Gerade auch mal netter Porté, weil das ist ja auch ein ganz interessanter Ansatz jetzt, wie die sich teilweise auch mit den TV, also den Streaming-Kampagnen sozusagen zusammenfahren und da vergleichen mehr zu. Und in der Tat, ich habe das auch so wahrgenommen, dass Bräuninger so ein bisschen dazwischen ist. Also da hast du viel so Polo Ralph Lauren oder Carlo Colucci oder sowas und jetzt vielleicht nicht gerade die neuesten Dior-Hose mit Auflage von 50 Stück oder so. Aber auf jeden Fall relevant zu nennen. So, Farfetch, wie seht ihr die gerade? Was ist denn Strategie bei denen? Es gibt ja auch ein paar spannende Entwicklungen dort. Stellen wir da doch mal ein.

Jochen Krisch: Farfetch war ja für Alex und mich eigentlich immer so ein bisschen, ja, wie soll ich sagen, rotes Tuch kann man nicht sagen, aber sagen wir mal, wir waren sehr skeptisch, was deren Modell angeht und deren Ausrichtung. Und im letzten Jahr haben die zwei Übernahmen gemacht, die einen dann noch mehr in Stutzen gebracht haben. Zum einen haben sie Stadium-Goods übernommen im Sportbereich und zum anderen haben sie Stadion. New Guards Group nennt sich das, wo Off-White und andere Luxuslabel drin sind, übernommen. Also als Marktplatz muss man sich vorstellen. Das ist nicht mal ein Händler gewesen, der jetzt in den Herstellerbereich reingeht, sondern ein Marktplatz, der in den Herstellerbereich reingeht. Und das war alles also sehr kurios. und man fragt sich, sie haben unheimlich viel Geld eingesammelt, sind dann auch sehr gut an die Börse gegangen, was das am Ende werden soll. Und jetzt haben sie letzte Woche ihre Strategie vorgestellt, die auch zeigt, dass sie mehr auf die Exklusivvermarktung ihrer eigenen, aber auch anderer Marken setzen wollen. Stichwort Drops wäre da zu nennen. Wie das auch im Sportbereich ja üblich ist, dass man wirklich sehr zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmte exklusive Sortimente veröffentlicht und dann mehr oder weniger ein Run darauf beginnt. Das wäre noch die Frage, ob Farfetch das gelingt und ob Farfetch das auch im Luxusbereich gelingt. Aber sie versuchen jetzt quasi die beiden Kompetenzen, die sie sich zugekauft haben, einmal eben das Drop-Prinzip aus dem Sportbereich zu kombinieren mit den Luxus-Labels, die sie haben und wollen ab April jetzt entsprechende Aktionen dann starten. Und ich finde das sehr faszinierend, für einen Marktplatz das zu machen. Ich glaube aber, das ist fast der einzige Weg, den man gehen kann jetzt. Und zwar nicht nur im Luxusbereich, sondern generell als Händler, um einfach eine Relevanz zu haben. Man muss ja gegenüber den Marken noch wettbewerbsfähig sein. Man muss auch in dem ganzen Social-Media-Umfeld diese Aufmerksamkeit generieren können, um tatsächlich Umsatz zu machen. Deswegen fand ich diese Strategie und genau den Wechsel der Strategie super spannend.

Alexander Graf: Ich glaube, man muss einmal zurückgucken, wo kommt ein Farfetch eigentlich her? oder warum hatten Jochen und ich da auch so einen sehr kritischen Blick drauf. Ich hatte 2017 da auch mal einen ausführlichen Artikel bei Kassenzone geschrieben, das ist auch in das E-Commerce-Buch eingeflossen und das Farfetch ist halt ein Geschäftsmodell, was ja schon, ich glaube, ich glaube, vor 2010 sogar gegründet wurde, mit so einer ganz klassischen Venture-Capital-Idee. Wie macht man den ganzen Bestand, der in Boutiquen irgendwie hängt und nicht oft genug gekauft wird, wie macht man den verfügbar für die ganze Welt? Also klassischer Marktplatzansatz auf so eine stationäre Boutiquensicht. Das war Top-Notch-E-Commerce-Strategie 2010. Damals ist man noch nicht davon ausgegangen, dass viele Marken natürlich in Probleme kommen, wenn es darum geht, Endkunden zu erreichen. Das hat sich im letzten Jahr auch massiv verändert, sondern natürlich haben sich auch viele Boutiquen anders entwickelt, als man das gedacht hatte. Und die sind immer schon als Marktplatz gestartet, also die haben immer schon das ganze Thema GMV gestartet. nach vorne getragen, wollten quasi nie selber ins Risiko gehen, haben natürlich versucht, bestimmte Marken auch exklusiv an die Plattform zu binden. Und als sie dann in die Börse gegangen sind, ich glaube 2018, sind dann die Zahlen auch ein bisschen öffentlicher geworden und das sah eigentlich gar nicht so gut aus. Also sie sind immer größer geworden, haben aber keinerlei Skaleneffekte gezeigt in der Kundengewinnungsmetrik, also es ist nicht billiger geworden in der Kundenakquise. Sie haben eigentlich draufgezahlt auf jede Bestellung, weil es ein sehr, sehr aufwendiges System ist, die ganzen kleinen Boutiquen zu kontrollieren und da die Sachen an den Endkunden zu bringen. Du hast auch viele unzufriedene Kunden gehabt, weil die Bestände in den Boutiquen da nicht richtig ordentlich waren. Da hat man gesehen, die haben eigentlich zehn Jahre gebraucht und so dieses Klassische, diese E-Commerce 1.0 Idee, wie mache ich Bestand online verfügbar, so ein bisschen zum Laufen zu bringen. Sprich, das, was sie jetzt gerade tun, eigentlich eine Werkzeugkasten für Marken zu werden und immer mehr Tools aufzubereiten, damit Marken sich inszenieren können, wobei dann die Boutiquen nur ein möglicher Inszenierungsplatz sind. Das ist neu und Es gibt aber wenige Plattformen, die das analog wie Farfetch eigentlich machen könnten, weil sie ein sehr, sehr breites Netzwerk haben und extrem viel Erfahrung mit dem Endkundengeschäft. Und das ist eigentlich so der Schwung, der jetzt gerade wirklich spannend ist, weil ich bin immer noch selten kritisch gegenüber diesem ursprünglichen Geschäftsmodell, bei dem sie wirklich versuchen, so die sterbende Luxus-Boutique noch ein Stückchen länger am Leben zu erhalten. Es mag Boutiquen geben, für die funktioniert das relativ gut. Da hatte ich ja auch mit den Sackmeister-Boutiquen aus Österreich einen Podcast so aufgenommen. Aber ich glaube, für die meisten ist es nur eine lebensverlängernde Maßnahme, ohne eine echte Kundenbindung, die da irgendwie stationär passiert. Das heißt, Farfetch ist jetzt auch gezwungen, neue Dinge zu tun. Und diese Übernahmen, da können wir gleich nochmal einen Teil drauf geben, was die eigentlich machen. Und auch das Thema mobile, was Jochen ja auch letztes Wochenende mit Exciting Comics gefeatured hat. Das ist auf jeden Fall sehr, sehr spannend.

Joel Kaczmarek: Aber wie ist denn die Grundhaltung? Seid ihr immer noch sozusagen eher stark skeptisch oder habt sich das Bild gewandelt? Das konnte ich bei euch so ein bisschen schwierig raushören. Also eher Grundskepsis mit aber interessanter Tendenz.

Jochen Krisch: Ja, also die Grundskepsis bleibt da, genau aus dem Grund, den Alex beschrieben hat. Das ist alles sehr schwierig. Also muss vielleicht andersrum noch dazu sagen, sie haben schon Kunden angezogen. Also sie sind schon ein relevanter Player geworden. Das heißt, die haben auch, und das ist für mich immer so ein Aspekt, auch Kundenansprache und alles, was damit zusammenhängt, haben sie sehr gute Arbeit geleistet. Also sonst wären sie auch nicht so weit gekommen, weil nur das Anbinden von Boutiquen und stationären Händlern ist jetzt auch nicht der Erfolgsfaktor. Also viele machen das und scheitern aber dann in der Kundenansprache. Das ist Farfetch gut gelungen. Deswegen diese Grundskepsis ist weiter da, aber bei mir, Dann wandelt sich die gerade in eine große Neugierde, was sie jetzt quasi an Ersatz haben, was daraus werden kann. Und das ist wirklich, man kann es nicht oft genug betonen, also ein Händler, wenn der Marken sich schnappt, ist nochmal was anderes, als wenn ein Marktplatz sich Marken schnappt. Also das war eine ganz absurde Entwicklung, die da jetzt 2019 war. Und das haben sie auch nicht so kommuniziert, was sie damit genau machen wollen. Deswegen ist meine Grundskepsis so ein bisschen jetzt auch einer Neugierde gewichen, weil ich auch ohnehin die Hypothese vertrete, das ist eine Richtung, in die man gehen kann oder eigentlich muss. Also man muss eben attraktiv für die Kunden bleiben und der Handel muss sich etwas einfallen lassen, wie er Produkte, Marken in diesem Social-Media-Umfeld präsentiert, weil der Wettbewerb ja eher ist aus Influencer-Sicht etc. getrieben. Also die eben mit Instagram können, die in dieser ganzen Social-Media-Welt vorankommen, haben gute Chancen. Das mag jetzt nicht unbedingt im Luxusbereich sein, also muss ich schon die Kunden von Farfetch, MyTheresa und anderen so vorstellen, das sind in der Regel Frauen, die Geld haben, Geld verdienen und eingespannt sind. Also das ist schon eher so die Zielgruppe, die sie ansprechen. Also das kann man jetzt nicht sagen, die dauernd Zeit haben, sich auf Social Media rumzutreiben, aber um so eine Aufmerksamkeit zu generieren. ist das natürlich eine gute Möglichkeit, jetzt mit diesen exklusiven Aktionen zu arbeiten. Und sie haben jetzt offenbar den Mittwoch sich als Veröffentlichungstag vorgesehen. Ich weiß auch gar nicht, ob ein regelmäßiger Veröffnungstermin da so gut ist. Also deswegen bin ich jetzt neugierig geworden. Für mich ist so ein bisschen die ähnliche Situation als About You damals gestartet, mit dem neuen Modell, wo man auch nicht wusste, wird das was, aber das sah gut aus. im letzten Jahr als Zalando sich komplett Richtung Plattform gewandelt hat. Das ist auch eine enorme Herausforderung, der sie sich da stellen, aber das macht einen zumindest neugierig und man hofft eigentlich fast darauf, dass das was wird, weil das wirklich auch den Onlinehandel und die Onlinebranche voranbringen würde. Und deswegen bin ich sehr gespannt, weil der ganze E-Commerce ja doch sehr, Alex hat ja im Sinne von E-Commerce 2010 beschrieben, eigentlich noch sehr einfach strukturiert ist, auf sehr einfache Modelle setzt und es sich im Grunde auch sehr einfach macht. Und das ist jetzt mal ein Anbieter, der wirklich eine ausgeklügelte Strategie fährt und deswegen bin ich da sehr gespannt, wie das klappt.

Alexander Graf: Ich bin ein bisschen skeptischer als Jochen, weil ich glaube, Farfetch befindet sich mit den Aktionen, die sie gestartet haben, in so einer Transformationsphase und genauso wie Douglas quasi die Fialen als Klotz am Bein hat, hat Farfetch jetzt seine Boutiquen als Klotz am Bein, die sie immer wieder einbinden müssen. und so ist ja auch die komplette Managementstruktur, das Org-Chart aufgebaut. Und ich überlege mir halt immer alternativ, okay, welcher Anbieter könnte das, was Farfetch jetzt tut, ob das jetzt die Drops sind oder andere Marketingmaßnahmen, könnte das irgendwie besser tun ohne diese Legacy? Da gibt es halt nicht so viel. Es fehlen so ein bisschen die Alternativen auch für die großen Marken. Deswegen hat ein Farfetch wahrscheinlich ein bisschen länger Zeit, als eine andere Plattform, die vielleicht ein bisschen aus dem Mass-Market kommt, sowas zu tun. Aber ich schaue mir da lieber an, wie entwickeln sich eigentlich die Zahlen aus dem Kerngeschäft? Und das Kerngeschäft ist weiterhin Ich mache Bestand in Boutiquen transparent im ganzen Internet, versticke quasi diesen Bestand an einzelne Kunden und organisiere als Plattform noch ein bisschen Treuhandprinzip dahinter. Und das ist halt weiterhin tiefrot. Das ist auch nach zehn Jahren tiefrot. Und wenn man dann anfängt, mit diesen strategischen Nebelkerzen, sagen wir mal, zu hantieren, die ja auch ein paar Jahre brauchen, bis sie greifen, bin ich immer so, weiß nicht, also klar, die haben genug Kohle, das ist ein Markt, der ist noch riesig. Das ist ja auch das Argument von Mike Teresa. Also wir reden hier über irgendwie einen Markt, Milliarden, Milliarden, Milliarden, Milliarden im Milliardenmarkt und das kommt irgendwie online noch, da sind natürlich diese Plattformen gut ausgestellt, aber so im Rahmen von so einer Transformation und insbesondere als börsensüchtiges Unternehmen, bei dem man ja nicht diese Freiheitsgrade hat wie ein privat gehaltenes Unternehmen, geht es halt am Ende des Tages um die Kernzahlen. und wenn ich den Börsenkurs richtig in Erinnerung habe, dann hat sich der ja eher seitwärts nach unten entwickelt seit dem Börsengang von Farfetch. Also die ursprüngliche Story mit, wir werden größer, mehr Marken, mehr Boutiquen, mehr Umsatz pro Kunde, hat sich ja doch nicht so durchhalten lassen. Und der wabert jetzt, glaube ich, so 50% unter dem Ausgabekurs und jetzt versucht man, den so ein bisschen nach oben zu stichen. Also ja, akademisch Super interessant, also als neuer Ansatz ist das so ein bisschen wie dieses One-Product-a-Day-Prinzip, was uns so 2008, 2009 bei Woot.com aus den Socken gezogen hat, aber so richtig nachhaltig, so richtig wow, jetzt kann man long auf Farfetch gehen, das sehe ich persönlich noch nicht.

Jochen Krisch: Da muss man sich vielleicht auch nochmal die Wettbewerbssituation verdeutlichen. Also du hast es angedeutet und dieses Drop-Prinzip, das ist ja eigentlich auch was, was gar nicht aus dem Handel kommt, sondern von den Marken. Also von Frieders Nike und den Sportlabels jetzt mal und wo im Prinzip die Marken die Chance hätten, weil die an der Quelle sitzen, was die Produkte angeht. Und wenn die sozusagen auf so ein Prinzip bauen wollen, haben die alle Möglichkeiten, das zu machen. Deswegen auch ganz interessant, wer hätte eine Chance gegen Farfetch, ist natürlich Netta Porté mit der Richemont-Gruppe im Hintergrund. Nur haben die natürlich alle sehr klassische, große, bekannte Marken, die weniger bereit sind, sich auf solche Experimente einzulassen. Weil das ist im Luxus-Mode-Bereich natürlich nicht gelernt, jetzt mit Verkaufsaktionen zu arbeiten. Aber es geht ja da schon mehr um die Kollektionen und um diese Einzelstücke und alles, was damit zusammenhängt. Das im Grunde, und da bin ich jetzt sehr gespannt auf die Reaktion dann auch von Richemont und Jux Net-A-Porter, ob sie sich auf das Spiel einlassen und ähnlich in die Richtung gehen oder ob die eben, und die gehen ja gerade, alle großen Marken gehen gerade eher in die Richtung, jetzt tatsächlich eigene Seiten einzurichten und ihre eigene Marke entsprechend zu präsentieren und gar nicht mehr so auf den Handel und auf die Marktplätze zu setzen. Ich glaube, das ist auch so ein bisschen ein Grund, warum Farfetch jetzt so in die Richtung gehen muss. Auch Jux Netapote haben den einen oder anderen Verlust verkraften müssen von Marken, für die sie eben dann den Online-Handel gemacht haben. Also das ist schon ein großer Umbruch und die versuchen sich jetzt alle irgendwie so zu strukturieren, dass sie eben halt auch in einer Online-Welt, greift wahrscheinlich zu kurz, aber sagen wir in einer neuen Welt sich zurechtfinden, wo eben auch sehr viel online getrieben ist, selbst wenn es dann noch im Laden anprobiert wird und entsprechend gekauft wird. Also das ist schon interessant zu sehen, wie sich das gerade dreht und wie einfach auch die Marken selbstbewusster werden in dem Bereich.

Alexander Graf: Ja, die sind halt zehn Jahre hintendran. Also wenn man jetzt mal eine normale Mid-Market-Marke, wenn wir jetzt einen Wenzel hier von Tom Taylor mit im Podcast haben, dem sind diese ganzen Plattform-Effekte super klar. Ja, dem ist ganz klar, was passiert eigentlich mit meinem Filialen, was passiert mit meinem Wholesale-Geschäft. Der ist seit zehn Jahren in der Diskussion. Wenn man jetzt morgen zu einem echten Premium-Markt geht, ein Prada oder Gucci, die sind da gedanklich ungefähr dort, wo ein hilfiger Tom Taylor vor zehn bis 15 Jahren war. Ja, für die ist die Welt eigentlich noch rosarot. Und die fangen jetzt erst an, sich zu überlegen, okay, warum brauche ich eigentlich einen Endkundenzugang? Was mache ich denn eigentlich mit diesen Daten? Was ist denn eigentlich ein CRM-System? Also die Diskussion wiederholt sich da jetzt erst und das schafft aber fairerweise auch eine relativ schöne Chance für diesen neuen Marktplatz. Also es beginnt ja gerade erst dieser Umbruch im Luxusbereich.

Joel Kaczmarek: Jochen, kannst du mir den Gefallen tun, noch einmal dieses Prinzip der Drops etwas detaillierter erklären? Also was genau muss man sich darunter vorstellen? Weil das wird uns, glaube ich, das Gespräch über noch tiefer beschäftigen.

Jochen Krisch: Na, Drops, ich mache es jetzt mal am Beispiel. Supreme ist eine der Marken, die immer gern genutzt wird, um, sei es mit Kooperationen oder in sonstiger Art und Weise, gezielt Kollektionen, nenne ich es jetzt mal, oder Spezialprodukte, also ein Set von Produkten auf den Markt zu bringen und einfach zu sagen, das gibt es nur in einer beschränkten Form, limitierten Marken. Auflage. An dem und dem Tag wird das veröffentlicht. Manchmal kann man sich vorab registrieren. Viele machen es jetzt so, dass sie das über die App laufen lassen, um da eben auch Aufmerksamkeit zu generieren. Oder aber es gibt es in bestimmten sehr exklusiven Stores dann und man sieht eigentlich dann die Schlangen davor. Und das ist sozusagen die Idealvorstellung, wenn Schlangen entstehen, wenn man das wieder dann auf Social Media transportieren kann und wenn die Marke einfach cool genug ist, damit man das, ja, Das auf jeder Ebene spielen kann. Aber im Kern stehen immer eigentlich exklusive Auswahl von Produkten, die man entsprechend promotet. Oftmals mit einem Star verbunden, manchmal mit einer Markenkooperation verbunden. Also da ist man dann relativ flexibel und das macht es ja auch in Sachen Kreativität eigentlich sehr spannend, weil es sehr vielfältig dann sein kann.

Joel Kaczmarek: Wenn wir jetzt über Luxury-Fashion reden, kommen wir an einem Thema nicht herum, das sind Marken. Weil ich glaube, bei anderen Segmenten, wir haben ja auch über Fast Fashion schon geredet, kann man immer auch mal sagen, Eigenmarken einstreuen oder eigene komplett aufbauen bis zu einem gewissen Punkt. Das geht ja bei Luxury nicht so. Und jetzt haben wir ja die Situation, wenn man in das wirkliche Luxussegment vorstößt, hat man ja ganz viel auch so Holding-Gebilde. Also in Frankreich vor allem, wenn ich mal hier an den Arnaud denke, reichster Europäer, wenn ich mich nicht täusche, auch so unter den Top 20 Milliardären der Welt. Dem gehört ja zum Beispiel diese LVMH, Louis Vuitton, Moët, Und Hennessy, wo dann irgendwie so Marken zugehören, auch wie Dior, Bulgari oder man hat halt solche Leute wie Kering, wo dann auch irgendwie Gucci, Saint Laurent drin hängen, Balenciaga, all sowas. Wie abhängig bin ich denn von solchen Verbünden und solchen Marken, wenn ich eigentlich Luxury Fashion verkaufen will? Das heißt, bin ich da nicht immer so ein Stück weit Diener fremder Herren? oder glaubt ihr, dass man da sogar auch eigene Ansätze fahren kann und die extra vielleicht entweder binden oder selber aufbauen?

Jochen Krisch: Du bist sehr abhängig, sehr, sehr. Und vor allem ist es gar nicht nur von der Marke abhängig, sondern auch von den Personen. Das ist auf einer sehr persönlichen Schiene, wie das läuft. Und wenn du dir etwas zu Schulden kommen lässt und zum Beispiel wäre das, über die Maßen Preisreduktionen zu machen oder eigentlich überhaupt Preisreduktionen zu machen, bist du aus dem Spiel. Dann bekommst du nicht mehr die Produkte, die du willst. Also das ist eine extreme Abhängigkeit da. Und deswegen ist auch ein MyTheresa noch da, weil da die Gründer einfach dieses Vertrauen aufgebaut haben. Und das Vertrauen ist nie gewichen. Bei anderen ist das verloren gegangen. Und das ist eigentlich die größte Problematik, Thematik da. Je, wie soll ich sagen, präsenter oder besser eine Marke am Markt etabliert ist, umso schwieriger ist das, da ein Verhältnis aufzubauen und die entsprechenden Produkte zu bekommen. Und im Luxusbereich ist das, obwohl das jetzt alles Konzerne und Holdings in irgendeiner Form sind, sind immer noch die Verantwortlichen doch so gezwungen, Ja, das ist schon fast eine Paranoia, dass der Markenkern nicht verdorben wird und dass dann nicht plötzlich Verkaufsaktionen waren. Also man hat jetzt zum Beispiel mitbekommen, bei Barneys eine Luxuskette oder ein paar Luxuskaufhäuser in New York, die pleite gegangen sind, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten konnten. Was das für ein Akt war, dass die ihre Ware losgebracht haben. weil natürlich dann plötzlich auch die ganzen exklusiven Luxusmarken preisreduziert zu verkaufen waren. Also konnte man das ganze letzte Jahr mit verfolgen und manche Marken haben ihre Ware zurückgekauft, damit sie gar nicht preisreduziert im Markt ist. Andere haben es gemacht und dann gab es halt sehr mal 10, 20 Prozent und musste sehr gemanagt werden. Selbst in so einer Situation, wo das ja eigentlich wirklich Insolvenz ist, halt so ein Fall, wo das passiert. Aber das versuchen die Marken mit aller Kraft zu vermeiden. Und das ist die Marktsituation. Also deswegen auch der Schritt von Farfetch mit den Marken allein. Darauf kann man sich nicht verlassen, da ist man zu sehr abhängig. Und das, was sie sich jetzt zugekauft haben, sind ja dann quasi ihre Eigenmarken. Da ist Off-White jetzt noch als das bekannteste dabei, was so ein bisschen cooleren Charakter wohl in der jüngeren Zielgruppe hat. Aber die Kunst wird jetzt tatsächlich auch sein, da entweder Marken aufzubauen, weiterzuführen oder andere Marken zuzukaufen. Weil einige Marken sind natürlich auch in Schwierigkeiten, weil sie mit diesen ganzen Veränderungen nicht unter denen auch leiden. Weil ihre Strukturen wegbrechen, ihre üblichen Verkaufskanäle. Also deswegen ist das schon aus unterschiedlichsten Richtungen eine sehr spannende Phase, die man gerade hat. Aber im Grunde ist es so, wie Alex auch gesagt hat, das ist jetzt alles fünf bis zehn Jahre mindestens hinterher. Also sie hatten vor zehn Jahren schon mal so einen Schwung, wo sie versucht haben, eigene Plattformen aufzubauen, haben sich dann aber wieder zurückgezogen, weil das stationäre doch ganz gut lief. Und jetzt sind sie quasi so im zweiten Anlauf als extreme Nachzügler da und müssen sich tatsächlich was einfallen lassen, wie das laufen kann.

Joel Kaczmarek: Wie ordnet ihr denn diese Käufe sonst ein? Also geht das wirklich in diese Richtung, dass man sich so ein Eigenmarkenportfolio aufbaut? Oder was für einen strategischen Blick habt ihr darauf?

Jochen Krisch: Naja, wir würden es nicht Eigenmarken nennen. Also es sollen eben Luxuslabels sein. Also was Farfetch jetzt mehr oder weniger ja macht, ist quasi das nächste Kering, Richemont etc. aufzubauen. Also sie sprechen jetzt noch neben dem, was sie haben, von Markenkooperationen, was sie machen müssen. Aber ich glaube, wenn sich günstige Optionen bieten würden, dass man die eine oder andere Marke kauft, würden sie das machen. Das macht aber zum Beispiel auch ein Boohoo, die sich auch in England pleitegegangene Marken zugekauft haben, um das entsprechend zu integrieren und einfach dann noch zusätzlich, und Boohoo ist ein No-Name-Anbieter im Billig-Segment, also da hätte man es gar nicht erwartet. Also alle versuchen gerade, sich da eine Kompetenz, im Modebereich sozusagen, alle im Modebereich versuchen gerade, da sich eine Kompetenz aufzubauen und mit Reinen Eigenmarken geht es nicht so. Also für das, was jetzt gefragt ist, braucht man eigentlich schon bekanntere Namen. Und damit rechne ich eigentlich jetzt auch bei Farfetch zum Beispiel. Noch ein paar Übernahmen in dem Segment.

Joel Kaczmarek: Könnten so eine Markenholdings eigentlich nicht selber einen Farfetch-Ansatz fahren? Also wenn ich irgendwie als so ein LVMH oder Kering schon so viele Brands unter mir habe, die ja so gefragt sind bei den Oligarchen dieser Welt oder den Oligarchen-Gattinnen dieser Welt. Ist das sozusagen realistisch? oder wird das wirklich sozusagen so ein Marktplatzspiel, wie man es eigentlich bisher kennt?

Alexander Graf: Naja, die sind ja nur Wholesale-Companies. Sie sind darauf aufgebaut und so funktioniert die ganze innere Struktur, dass sie Begehrlichkeit für die Marken schaffen und dann diese Begehrlichkeit über ihre Boutique-Struktur oder jetzt halt über Farfetch oder mal hier und da einen Bräuniger oder mal Teresa einstreuen. Und wenn sie halt selber diese Portale aufbauen, das könnten sie, dann kommen sie aber erstmal in Probleme mit ihrer bestehenden Distributionsstruktur. Die müssen sich genau überlegen, Mit welchen Marken mache ich das? Mache ich das vielleicht nur mit Marken, die ich neu akquiriere und zukaufe, die ich so einer eigenen Online-Strategie zuführe? Und B, was möglicherweise noch einen höheren Schritt darstellt, ist, wenn man sich mal anschaut, wie so eine Operations aussieht bei einem MyTheresa und Farfetch, also wie die Leute in der IT dort arbeiten, damit so eine Bestellung auch wirklich gut funktioniert, damit so eine Retoure funktioniert. Und da hast du ja möglicherweise, wenn du für 2.500 Euro ein paar Schuhe kaufst, einen etwas anderen Anspruch als der Kunde, der vielleicht bei Kik kauft. sieht man halt, dass da schon ein sehr, sehr großer Abstand zu der bestehenden Operations ist, die so eine Richemont-Gruppe hat, zu dem, was die Online aufgebaut haben. Und da wird es wahrscheinlich am ehesten sinnvoll sein, sich zu überlegen, wie möchten wir unsere Marken in Zukunft distribuieren? und dann, und das wäre ja gerade so ein Case, der auf dem Tisch liegt, sehe ich so eine Plattform wie MyTheresa zu kaufen. Momentan kann man die ja kaufen, die Bewertungen sind natürlich wahrscheinlich auch aufgrund des Finanzmarktes ordentlich gepfeffert, aber das dann irgendwie selber mal so eben nachzubauen plus die inneren Konflikte zu erzeugen, das ist nicht ganz trivial. Auf dem Papier könnten sie es, in der Realität wahrscheinlich nicht.

Jochen Krisch: Ja, aber sie versuchen es alle. Also das ist ja das Interessante auch jetzt in den letzten zwei, drei Jahren. Im Grunde jeder dieser Gruppen, die du genannt hast, hat in irgendeiner Form eine Plattform, die sie indirekt betreiben, wäre jetzt Richemont, oder direkt auch versuchen, übergreifende Plattformen hinzubekommen. Das Problem dabei ist nur, und das eine ist die Wholesale-Struktur, das andere ist, können sie die Kundenansprache online schaffen. Die müssen ja eine neue Marke letztendlich in dem Bereich etablieren. Sie könnten es machen, wenn sie exklusiv draufsetzen, dass sie ihre Produkte nur mehr exklusiv bei ihrer Plattform bringen. Nur das ist natürlich auch sehr gefährlich, wenn die Leute dann eben nicht drauf anspringen oder wenn es einfach qualitativ nicht so gut ist, nicht so gut umgesetzt ist. Da ist der Markt im Grunde zu weit. Also das ist ja eine unheimliche Dynamik, die da passiert ist in den letzten zehn Jahren. 15 Jahren, also eher 10 Jahren, was da hochgekommen ist und wie präsent dieser Online-Luxusmarkt, auf den vielleicht niemand so richtig gewettet hätte, heute schon ist in Europa, aber auch in China. China ist ja auch ihr, Asien ist ihr großes Absatzgebiet und wir haben es ja genannt. Also es gibt viele Plattformen, erstaunlich viele für den Markt, die eine echt schöne Größenordnung erreicht haben. Ist natürlich auch mal leicht mit tausend Euro Produkten, also mehreren tausend Euro Produkten da auf Umsatz und GMV zu kommen, aber das ist schon sehr, also sind alle jetzt schon sehr spät dran und deswegen bin ich eher skeptisch, ob die das so schaffen werden und schaffen können. Im Grunde haben sie bessere Chancen, wenn sie versuchen, ihre eigenen Marken, ihre starken Marken mit eigenen Kanälen, auch mobiler Experience und was alles damit zusammenhängt, zu spielen und darüber einen Exklusivcharakter zu machen.

Alexander Graf: Aber schwierig. Ich kann ja mal ketzerisch die Frage in den Podcast einwerfen, ist es denn nicht sogar leichter für eine sehr große E-Commerce-Plattform so einen Fashion-Marktplatz zu starten? Vielleicht ist da in den letzten Wochen ja auch was passiert, was man sich da mal anschauen könnte, anstatt für die größere Schmorgruppe einen eigenen Marktplatz anzuschauen. Habt ihr da was gesehen, Jochen, Joel?

Joel Kaczmarek: Du willst auf unserem Lieblingsbeispiel den großen Amerikaner heraus, wie ich höre.

Alexander Graf: Richtig.

Joel Kaczmarek: Können wir gerne machen. Aber eine Sache hätte ich vorher gerne noch gewusst. Und zwar, Jochen hat ja eigentlich eingangs gesagt, dass Net-a-Porter noch so am ehesten die Möglichkeit hätte, Farfetch quasi mit ähnlicher Strategie Wasser abzugraben oder auf sozusagen den gleichen Kundenfang zu gehen. Wir können ja mal nochmal ganz kurz die Strategie der beiden gegeneinander halten und dann rüberrobben zu Amazon. Jochen, wie verortest du denn Net-a-Porter? Also was ist die Ausgangslage und wie geht man da vor im Vergleich zu Farfetch?

Jochen Krisch: Net-a-Porter, die Ausgangslage ist insofern ein bisschen bitter, weil immer wenn du in einem Konzern bist, bist du natürlich weniger flexibel in allem, was du machen willst und machen könntest, als ein unabhängiger Player. Also das ist die Grundausgangsbasis. Und die Frage ist auch da, wie stark die Integration schon ist zwischen dem Handelsbereich und zwischen den Marken. Ich hatte ja schon gesagt, im Grunde hätten die die besten Chancen, weil sie eben genau so einen Markenkondomerat haben, dass sie über so eine Plattform mit exklusiven Aktionen bestücken können. Da ist aber eigentlich, da hat Farfetch wirklich eine nette Porte in den letzten Jahren in Rang abgelaufen. Deswegen, ich bin immer generell, also wer mich kennt, weiß, ich bin Konzernstrukturen immer gegenüber sehr viel skeptischer als unerüppelten Playern, auch wenn die sehr fluffig unterwegs sind, sage ich jetzt mal, weil ich einfach diese Hürden, Transformation, Integration und all diese Themen, die dann auftreten, ich habe noch die wenigsten gesehen, die das gemeistert haben. Deswegen, wenn man es vom Potenzial her sieht, ja, Hürden sind besser, haben die besseren Marken. Wenn Sie das genauso angehen, wie das, was eigentlich jetzt Farfetch so vorgestellt hat, hätten Sie die besseren Chancen, muss man sagen. Also aber die Hürden sind extrem groß und da das alles im April startet, bin ich gespannt, wie jetzt das Jahr 2020, 2021 läuft, ob Sie nicht zumindest so ein bisschen auch in die Richtung gehen und sagen, jetzt nehmen wir mal uns nicht unsere Marken. Super-Top-Marken, sondern die so ein bisschen drunter sind und versuchen, mit genau denen sowas zu machen. Sie müssen halt aufpassen, dass sie nicht in so eine Shopping-Club-Richtung dann gehen, die als Discount natürlich einen ganz anderen Ruf haben, ein ganz anderes Image haben, sondern die Idee ist schon, also wenn die Produkte veröffentlicht werden, also wenn sie in den Verkauf kommen, dann diese Aktionen zu machen und dann die Aufmerksamkeit zu generieren, nicht am Ende des Lebenszyklus. Da gibt es ja schon ein riesiges Marktsegment, das ja auch funktioniert, aber wo man ja versucht, immer eher unterm Radar dann die ganzen Aktionen zu machen und laufen zu lassen.

Joel Kaczmarek: Gut, dann kommen wir jetzt mal dem Kollegen Graf nach, der Amazon ins Spiel gebracht hat. Ich meine, Amazon hat ja generell so eine gewisse Fashion-History. Also vielleicht können wir ja da mal einsteigen und dann uns auf das Luxussegment dosen. Wie sieht es aus, Alex? Wie ordnest du Amazon und Fashion ein?

Alexander Graf: Ja, Das ist eine Trickfrage hier, glaube ich. In der einen oder anderen statistischen Erhebung taucht Amazon ja immer auch als größtes Fashion-Unternehmen auf, weil sich da Leute irgendwie Socken, irgendwelche Laufschuhe und Gedöns kaufen, was man im weitesten Sinne auch unter Fashion einordnen kann. Es gab historisch in den letzten zehn Jahren immer mal wieder Versuche, eigene Plattformen aufzubauen oder aufzukaufen, um Fashion zu verkaufen. Ich glaube, das bekannteste Beispiel in der Amazon-Investor ist, glaube ich, Zappos, auch wenn die natürlich aus dem Schuhbereich kommen. Man sagt, okay, wir können das irgendwie selber nicht so gut auf unserer Plattform abarbeiten. Bilden, lass uns mal was dazukaufen, die das viel, viel besser können. Haben sie mit Zappos gemacht und das köchelt seitdem, glaube ich, auf einem eher schlechten als rechten Level. dann weiter vor sich hin. Und was ich schon den Marken glaube oder was man dem Markt schon glauben muss, ist, dass natürlich Amazon auf der bestehenden Plattform, wenn wir uns mal Amazon.de anschauen oder Amazon.com, keine Möglichkeiten bietet, Fashion so anzubieten, wie es bei einem Zalando, bei einem About You oder halt im hochpreisigen Bereich bei einem MyTeresa möglich ist. Es fehlen die Filter, es ist visuell nicht mehr ansprechend, es gibt keine Möglichkeit, eine App, das gut zu filtern. Da sieht man halt das Limit des Produktdatensystems, was Amazon heute hat. Deswegen war ich so ganz gespannt, als ich dann den Newsletter gelesen habe, in den E-Commerce-Newslettern diese Woche, dass Amazon hat jetzt wieder einen neuen Versuch gestartet, aber da kommen wir vielleicht gleich noch zu sprechen. Ich weiß nicht, ob Jochen da noch andere historische Einordnungen hat, aber klar. Also wenn ich da gerade meine CDs oder Bücher online gekauft habe, dann kann ich als Mann auch noch ein paar Socken einpacken. Wenn man das als Fashion-Umsatz zählen möchte, fair enough, dann ist Amazon auf jeden Fall relevant.

Jochen Krisch: Ich sehe das genauso. Also Amazon hat jetzt so ein bisschen das Problem, einerseits versuchen sie viel unter der Amazon-Marke zu machen. Deswegen, es gibt ja das ganze Label Amazon Fashion, was relativ groß ist. Also ist Bekleidung, aber ich würde es jetzt nicht unter Fashion und Style beurteilen. Amazon hat Zappos und Amazon, was man immer übersieht, hat Shopbop. Das haben sie auch mal vor 20 Jahren übernommen und das hat überlebt. Also das ist eine wirkliche Fashion-Seite und Fashion-Marke. Gibt es für Frauen, gibt es für Männer und da machen sie auch schon ewig rum und man hat nicht das Gefühl, dass da irgendwie der Wurf kommt. Umso erstaunlicher ist es jetzt, dass sie nochmal eine neue Seite starten, die sich nur dann auf Luxus-Fashion konzentriert. Versional heißt die, V-R-S-N-L, mit den fünf Buchstaben, die eine Zappos-Tochter ist und wo sie seit September testen, wie man Luxusmode verkaufen kann. Alles ist natürlich komplett jenseits von dem, was Amazon im Onlinehandel macht. Also der generelle Modebereich passt auch nicht rein, weil Amazon ja alles ständig verfügbar machen will. und Mode ist halt einfach ein sehr wechselhaftes Segment, wo du einfach dauernd Produkte nachschieben und mit Kollektionen arbeiten musst. Auch im Prinzip die Verpackung sehr viel mehr zählt. Das heißt, Amazon ist da gut, wo es um Kategorisierung geht. Blaue Socken, grün, wo du nach Farben, wo du nach Struktur entsprechend strukturieren kannst. Hat aber, und ich verstehe nicht warum, ehrlich gesagt, diese Ambition, ein Fashionplayer zu werden. Also ich verstehe bei Amazon, warum sie ein Foodplayer werden wollen, weil da die Frequenz hoch ist. Das brauchen sie, damit sie im Prime-Kontext immer quasi Zusatznachfrage generieren. Warum sie unbedingt in dem Fashion-Bereich Fuß fassen wollen und müssen, das erschließt sich mir nicht wirklich. Und auch Zappos ist noch ein sehr klar strukturiertes Angebot, wo sie halt auch alles verfügbar haben. Und das ist ja auch ihr Serviceanspruch, das dann möglichst entsprechend anzubieten. Aber sowohl Shopbop als jetzt auch die neue Plattform gehen schon sehr in eine, ja, richtige Fashion-Richtung und Kompetenz rein. Und wir erinnern uns ja auch noch an den Versuch, als Zalando mal eine eigene Luxus-Modemarke gestartet hat. Auch das ist schiefgegangen. Auch die versuchen es jetzt mehr oder weniger in ihr bisheriges Angebot zu integrieren. Also deswegen, das ist ein wirklich irritierender Schritt. So etwas finde ich immer ganz eigenartig. Das kann ich ganz schlecht nachvollziehen. Und Alex hat es ja gesagt, wenn man sich die Seite anguckt, das ist eine sehr Einfache Seite. Also das ist mehr nur, damit man eine Seite hat, um die Marken zu akquirieren. Also ich weiß gar nicht genau, was das werden soll und wie das funktionieren soll. Und vor allem, wenn man als Amazon kommt und an die Marken rangeht, da ist man schon per se ein rotes Tuch. Da will ja gar keine Marke rein. Da wollen schon andere nicht rein. Dann geschweige die. Also vielleicht nehmen sie es als Management-Herausforderung. Ich weiß es nicht. Aber aus Markt- und aus Strategiesicht erschließt sich mir das alles gar nicht wirklich.

Alexander Graf: Wir sind ja hier in einem Audio-Format, deswegen beschreibe ich hier mal, was wir hier sehen auf der Seite versionl.com, also vrsnl.com. Ich glaube, so würde sich auch das Management von TK Maxx seine E-Commerce-Seite vorstellen. Da sehen wir tatsächlich E-Commerce 2010, großes Bild auf der quasi Mode, ohne Markennennung, im sichtbaren Bereich. Eine ganz, ganz, ganz, ganz kleine Navigation, die da überhaupt nicht richtig reinpasst. Scrollt mal weiter. Nächstes großes Bild, lieblose Taschen auf irgendeinem Ständer. Und dann kommt, da haben sie wahrscheinlich irgendwie einen Mark überzeugen können, da kommt die Essentials of Jimmy Cho, wenn man das richtig aussprochen hat. Und wenn man dort draufklickt, kommt man auf eine Rubrikenseite, die wirklich an ganz, ganz viele Seiten aus den, erinnert so ein bisschen an Zappos, so wurden dort die Schuhe dargestellt, tatsächlich vor über zehn Jahren und kommt auf eine ganz klassische Landingpage, wo man dann die Schuhe auswählen kann, da kostet man irgendwie 1000 Dollar, also Da hat Jochen schon recht, also damit würde ich mich als Außendienstbeauftragter von version.com eigentlich ungern in das Vertriebsgespräch mit einem Prada setzen wollen, weil da gibt es eigentlich nichts zu gewinnen. Man muss aber auch fairerweise dazu sagen, ich weiß nicht, wer die Info mit der Webseite ausgegraben hat, ich habe jetzt auch nichts von Amazon darüber gelesen, was jetzt da der strategische Anlass ist, vielleicht ist es einfach eine Testseite, die irgendwo mal entstanden ist.

Jochen Krisch: Muss man dazu sagen. Also das ist natürlich jetzt, also sollte natürlich noch gar nicht an der Öffentlichkeit. Ich finde auch weniger die Seite, ja die ist jetzt wirklich, die sieht sehr experimentell aus, sagen wir es mal so. Aber allein die Ambition finde ich schon wieder, da tun sich bei mir die Fragezeichen auf. Muss denn Amazon ausgerechnet in den Luxus-Fashion-Bereich rein? Gibt es nicht viele andere Themen, die Amazon genauso gut und viel besser machen könnte als bestehende Player?

Joel Kaczmarek: Also ich gucke mir auch gerade mal an den Version und dann den Bereich Männer und dann Sweaters, also Pullover. Es gibt ganze fünf Pullover und zwei davon sind Frauen. Also gibt es drei Herrenpullover und zwei Frauenpullover, wo ich mir überlegen kann, ob ich die auch als Mann kaufen will. Also was man so im Markt liest, ist es ja anscheinend eher ein Testprojekt. sich ranzuhangeln. Und ich kann sozusagen die grobe Denke verstehen. Wahrscheinlich einfach große Umsatzpotenziale und kaufkräftige Zielgruppe. Aber wir sind uns unterm Strich alle einig. Also Amazon als Plattform Stand jetzt ist so der ungünstigste Ort, um Fashion generell zu verkaufen. Zumindest, wenn sie einen gewissen Preis haben soll. Und so diese Externalisierung finde ich persönlich auch ein bisschen ulkig. Wobei Alibaba macht das ja auch, wenn ich mich nicht täusche. Ja, wobei

Alexander Graf: Also einmal kurz Stopp. Also das sehe ich nicht so. Also ich glaube, es ist halt nur falsch gedacht. Jetzt weiß ich jetzt nicht, ob die Seite jetzt wirklich so online sein soll oder ob es wirklich ein Experiment ist. Aber du musst ja mal von der Amazon-Plattform Sicht ist es so, die kennen fast jeden Haushalt in ihrer Zielgruppe. Es gibt irgendwie 100 Millionen plus Prime-Kunden. In Deutschland gibt es irgendwie 20, 30 Millionen. Die wissen genau, wie das Kauf- und Verbrauchsverhalten ist. Und daraus kannst du schon sehr, sehr genau Stati ableiten. Wer kauft sich da eigentlich was? Also jemand, der sich irgendwie eine, keine Ahnung, sozusagen Fernseher für 5000 Euro über Amazon kauft, hat wahrscheinlich einen etwas höheren Anspruch an Fashion. Dass die jetzt nicht noch irgendeine Webseite brauchen, um Fashion zu kaufen, das ist eigentlich klar. Aber für die Marken, die jetzt gerade auf der Suche sind, was sind eigentlich meine alternativen Vertriebswege, wenn mir hier oder da die Fashion-Boutiquen wegbrechen oder ich keine Lust habe, mich von einem Farfetch oder mal Theresa abhängig zu machen, kann ich mir natürlich schon aus Amazon-Sicht vorstellen, dass man denen ein Angebot stricken kann. Guckt mal, das sind hier die 10.000 besten Kunden von Amazon in Deutschland, also höchste Spendings, höchste Warenkörbe, höchste Luxuswahrscheinlichkeit. Dann baue ich mal irgendwelche Drops ein, kannst du halt mal so kleine Fashion-Geschenk-Pakete mit in die Lieferung reinlegen oder halt eine App für die bauen, aber die brauchen jetzt keine Website. Die haben ja quasi die Infrastruktur schon da und da kann man schon eine ganze Menge draus machen. Warum sie es jetzt wieder mit einem klassischen Shop versuchen, das ist mir fairerweise unklar.

Joel Kaczmarek: Also wenn ich dich jetzt richtig verstehe, unterm Strich sagst du, die können eigentlich ihre Datenbasis, ihre Kundenbasis einfach bespielen, indem sie quasi ihren Traffic, ihr Inventory einfach weiterverkaufen an die Marken direkt und müssten eigentlich keine eigene Plattform dazwischen hängen.

Alexander Graf: Ja, die Frage ist halt, wie verkaufen sie dieses Inventory? Ich will jetzt ja nichts angenommen. Der Joel Katzmarek aus Berlin kauft sich für 150.000 Euro im Jahr Dinge bei Amazon. Ja, schickt nie was zurück. Top-Kunde. Ja, ist das schon. Und ich weiß sozusagen, du kaufst doch Sachen für irgendwie deine Frau und ihr kauft irgendwie gern hochwertig ein. Da muss ich mich jetzt irgendwie hinsetzen im Business Development und überlegen, okay, wie kann ich diese Informationen verkaufen? sozusagen bündeln in ein Angebot als Plattform, App, whatever Service, um dann zu einem Prada zu gehen und zu sagen, guck mal, das ist ein alternativer Kundenzugang. Ich kann dir hier deine Ware in folgende Möglichkeiten präsentieren zu diesen Kunden. Ich kann da irgendwas exklusiv machen, ich kann irgendwas regional ausspielen, ich kann da Katalog meinetwegen ausspielen für 500 Kunden und dafür zahlst du einen Betrag X. Ich finde schon, dass da die Möglichkeiten vorherrschen und das ist auch ein schöner Einstieg eigentlich, um überhaupt Gespräche in dieser Welt zu starten. Also, Ich möchte eigentlich nicht mehr in eine Gesprächssituation kommen als Plattform, wo ich zu einer Marke gehen muss und sage, okay, bitte, bitte, bitte, liebes Prada, gib mir jetzt mal deine Ware. Ich kaufe dir für eine Million. Ich verspreche dir, dir auch keinen Off-Price zu machen. In das Geschäft will ich ja eigentlich gar nicht rein. Ich möchte eigentlich nur diesen Kundenzugang sinnvoll weiter veredeln. Und ich glaube, die Möglichkeiten hat eine Plattform wie Amazon auf jeden Fall.

Joel Kaczmarek: Aber Amazon will doch Kundenerfahrung mal kontrollieren. Meinst du, es verträgt sich, dass man die Kundenerfahrung dann jemandem Dritten überlässt?

Alexander Graf: Das muss man ja nicht. Also die Frage ist ja, was passiert dann, nachdem ich quasi für diese Kohorte eine App gebaut habe? Also muss dann die Marke irgendwas, was ich dort anbiete, in einem Amazon-Lager einliefern? Ist das tatsächlich eine Art Dropship-Business? Ist es vielleicht was ganz anderes, wo ich Boutique-Termine vor Ort machen kann, wo man dann ähnlich wie es ein Bräuninger macht, die mit ihren Top-Kunden quasi kleine Events machen, auch in großen Städten? Da gibt es dann halt irgendwie so einen Bräuninger-Lunch oder einen Bräuninger-BBQ nur mit den Top 100 Kunden. So was könntest du ja machen. Also wer hat quasi in diesem Land denn so einen Zugang, so ein aktuelles Wissen über Kauf- und Bestellverhalten? Das muss ja hier nicht als Amazon-Katalog gedruckt in meinem Briefkasten landen.

Joel Kaczmarek: Ich habe natürlich mal die Aktivitäten von Alibaba angeguckt, was die da treiben, weil was ich so mitgeriege, unter diesem T-Mall-Dach machen die ja, glaube ich, was Ähnliches, was sie irgendwie als Luxury-Pavillon bezeichnet haben. Ich finde Alibaba ist in meiner Wahrnehmung noch weniger irgendwie luxustauglich, kann mich aber auch, vielleicht sehe ich auch irgendwie was nicht. Habt ihr das auch mal verfolgt?

Jochen Krisch: In China ist das eine andere Situation. Also sie versuchen natürlich alle westlichen Marken in irgendeiner Form in China präsent zu haben und deswegen alle beide, also JD, die JD Tencent-Welt und die Alibaba-Welt haben entsprechende Marken. Also Farfetch ist jetzt eher in der JD Tencent-Welt zum Beispiel drin und Alibaba hat Parallelstrukturen, wo sie, haben sie glaube ich auch einiges übernommen und zum Teil eben dann auch Partnerschaften, Beteiligungen. Also diese Alibaba-Welt ist ja eine sehr vielfältige Welt. Also das glaube ich wirkt bei uns immer nur so, dass sie jetzt als Schnäppchenparadies gesehen werden, weil wir alle Express haben und solche Sachen. Aber Alibaba da, Tmall und wie sie alle heißen, das ist ja alles für alle und der Anspruch ist eigentlich eher die westlichen Marken in einer seriösen Form dem chinesischen Markt zur Verfügung zu stellen. Also deswegen schrecken die auch davor nichts zurück und Es ist aber, ich finde, auch nicht eine eigene Welt, sondern es sind meistens die auch europäischen, also angestammt europäischen Anbieter, die dann eben auch in China über Alibaba zum Beispiel präsent sind. Deswegen läuft viel über Kooperationen und diese eigenen Versuche, da sind sie ja wieder in derselben Situation. Da müssen sie ja als chinesische Plattform dann das Vertrauen aufbauen zu den Marken und dann ist es meistens leichter, die zu nehmen, die schon jetzt in den westlichen Märkten etabliert sind und dann bei sich zu integrieren. Das ist der Ansatz, aber das stimmt, also das Argument stimmt. Also China ist einer der wichtigsten Märkte, der ganze asiatische Markt ist für den Luxus-Mode-Bereich eigentlich so der boomende Bereich, also ob es jetzt durch Virus und andere Geschichten, ob das alles irgendwie kollabiert, weiß man ja nicht, aber jetzt mal die letzten Jahre verfolgt, deswegen zieht es ja alle hin. und dadurch, dass die Affinität zu den westlichen Marken so groß ist, ist das die Riesenchance und das ist ja eigentlich auch das, was Alibaba momentan im Westen macht, Vertrieb. Vertrieb, um die Marken zu akquirieren. und Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das, was sie für sich selber nicht bekommen, das geben sie dann eben weiter an die entsprechenden Partner, die das dann ja auch sehr hochwertig präsentieren und eben auch die ganzen Strukturen haben, damit der Versand und die Abwicklung und alles klappt. Also deswegen, das sehe ich eher so Teil der Gesamtwelt, aber jetzt nicht als Konkurrenz, die da in irgendeiner Form entsteht.

Joel Kaczmarek: Gut, wenn wir jetzt mal versuchen, so eine Endeinordnung zu finden, halbwegs für Amazon, also ist bisher ein weiteres Experiment leer, nicht raus?

Jochen Krisch: Ich fand die Beschreibung von Alex sehr schön, weil Alex hat jetzt so die Herangehensweise, wie ein Onliner rangehen würde, um den Marken deutlich zu machen, warum sie online gehen sollten. gut beschrieben. Das ist natürlich komplett konträr zu dem, wie die Marken heute denken. Deswegen bin ich da sehr gespannt. Also aus Amazons Sicht war das wunderbar und macht irgendwie Sinn, aber ob die Marken auf diese Argumentation anspringen, das wäre für mich die große Frage und das ist für mich generell die Frage, ob Amazon da Fuß fassen kann oder überhaupt jemand, der aus einem anderen Segment kommt, in dem Marktsegment Fuß fassen kann. Deswegen glaube ich, dass in dem Bereich sehr stark an die Spezialisten, die da sind und die jetzt hochgekommen sind, Ich glaube, das hat einen guten Grund, warum die die dominierenden Player sind und warum sich die anderen schwer tun, da reinzukommen. Aber ich finde die Argumentation sehr schlüssig. Also ich glaube nicht, dass ihr damit durchkommt. Ich fand das faszinierend, wie Alex das beschrieben hat. Man kann sich Alex fast schon gut als Vertriebler für Amazon jetzt in dem Fall vorstellen. Genauso würde man es machen und so würde das Coaching sein. Für die eigenen Leute. Und ich stelle mir da gleichzeitig vor, wie der Gegenpart darauf reagiert. Und ich glaube, das sind noch ein paar Jahre Übersorgungsarbeit zu leisten, bis man da zusammenkommt, könnte ich mir vorstellen.

Alexander Graf: Kann sein. Ich würde mein Geld auf mal Theresa setzen. Die haben auf jeden Fall die beste Technologie im Einsatz. Also da kann nichts passieren.

Joel Kaczmarek: Liebes Amazon, ich möchte euch sonst anregen, dem Alexander Graf fallen bald seine Nakitano-Klamotten vom Leib. Vielleicht habt ihr ja auch eine schöne Eigenmarke im Orange und überzeugt ihn davon. Gut, verstanden. Machen wir vielleicht mal so ein bisschen Wrap-up sozusagen. Wenn ihr jetzt irgendwie Luxusmarken verkaufen würdet als Hersteller, als eine dieser Gruppen, wenn man bisher an Boutiquen gewöhnt war, wie seht ihr denn die Zukunft der Luxusverkäufer? Also ich lerne, Alex sagt, MyTheresa hat die beste Technologie, Jochen sagt, die Spezialisten werden das Rennen machen, aber wie würdet ihr euch verhalten, wenn ihr euch Gedanken machen müsstet, wie man Luxusmarken irgendwie in fünf Jahren verkaufen wird?

Alexander Graf: Ich glaube, Luxusmark ist ja nicht Luxusmark, das muss man auch so ein bisschen clustern. Ich hatte mal so einen Beitrag mit dem Gründer von Juwelier.de dazu geschrieben, ABCD-Marke, ja, also auch eine Uhr, die irgendwie 3000 Euro kostet, kann auch super ersetzbar sein. Und so sehe ich es bei Luxusmarken auch. Ich glaube, die ganz, ganz Großen haben halt eine globale Strahlkraft. Wenn du die als Plattform nicht hast und nicht anbieten kannst, hast du ein Problem. Die meisten sind aber schon ersetzbar. Und als Luxusmarke muss ich auf Teufel komm raus eine Alternative finden zu dieser Plattformökonomie. Also wenn ich mich nach vorne komplett anmerklich mache von den großen Plattformen, sei es Fastfetch, sei es Metaresa, vielleicht auch Amazon, dann werde ich im Auktionsprinzip einfach irgendwann komplett meine Marge verlieren. Und ich kann mich eben nicht mehr darauf verlassen, dass die Boutiquen wie bisher und so ein bisschen Anzeigengeschäft in der Vogue dazu führen, dass ich meine Marke begehrlich mache. Ich beobachte ja relativ stark diesen Influencer-Markt aus hohen eigenen Interessen und sehe da schon, dass sich da einige Marken viel geschickter aufstellen als andere und dort viel besser picken können, wen sie mit welcher Ware ausstatten und wie sie auch ihre ganzen Modeschauen organisieren. Aber ich glaube, es wird da schon eine große Bereinigung eintreten in den Markt, wenn es dort auch eine Bereinigung auf der Boutiquenebene gibt. Dann wird es viele Marken geben, die es eben nicht schaffen werden, einen alternativen Marktzugang zu erarbeiten.

Jochen Krisch: Ich würde auch unterscheiden zwischen A, B, C und was noch darunter ist. Also ich glaube, nur die A-Marken, die haben eine Chance, wirklich mit eigener Marke zu arbeiten. Und ähnlich wie sie Flagship-Stores in den Städten aufgebaut haben, eigentlich auch eine Online-Mobile-Präsenz oder eine direkte Kundenkommunikation hinzubekommen. Selbe Argumentation natürlich wie Alex. Die anderen, die müssen in irgendeiner Form einen Weg finden, wie sie in dieser Marktplatzwelt eine Rolle spielen. Also im Prinzip das Pendant zu der Boutique zu finden und sei es jetzt über eigene Untermarkenwelten oder Markenwelten jetzt erstmal auf den Plattformen da zu sein oder sich über diese Exklusivaktionen einzubringen. Also da ist es, glaube ich, mehr ein Entgeben und Nehmen. Aber wenn ich jetzt ein Prada oder Gucci bin, glaube ich, da habe ich noch die Macht dabei. Und kann auch die Plattformen gegeneinander ausspielen und kann da versuchen, eben nur mit bestimmten Sortimenten verfügbar zu sein. Und wirklich so die High-End-Produkte, also exklusiven Geschichten, mache ich dann auf meinen eigenen Seiten. Also wäre zumindest mein Denkansatz. Es ist alles leichter gesagt als getan, weil du musst das dann auch umgesetzt bekommen. Aber die hätten die Chance und das wäre der Weg. Die anderen, die müssen in einem kooperativen Stil vorangehen. und müssen sich aber da auf eine komplett neue Welt einstellen. Also deswegen ist das auch nicht einfach. Nur, was ich nicht machen würde, ist, haben wir ja auch am Anfang ausführlich diskutiert, jetzt auf Boutiquen und auf die stationäre Welt zu setzen, weil da werden ein paar Showrooms übrig bleiben, aber die sind ja dann immer nicht vor der Haustür, sondern die sind halt weltweit, gibt es ein paar und dann machst du immer gleich einen Urlaub dahin. Gibt es ja auch Leute, die das machen und sich leisten können. Also ich glaube, da würde ich eher auf Servicekomponenten setzen und dann sagen, also so wie Wie es jetzt eigentlich Alex auch beschrieben hat im Amazon-Kontext. Es kann schon so sein, dass man exklusive Events macht. Die kann man aber auch selber machen und kann man aber mit Partnern zusammen machen. Also ich glaube, so wird sich das in irgendeiner Form drehen, aber das hängt sehr von der Marke tatsächlich ab.

Joel Kaczmarek: Ich bin ja auch mal gespannt. Ich weiß nicht, wie sehr ihr so die gängigen Streaming-Serien verfolgt. Netflix hat ja mittlerweile auch so eine Fashion-Reihe gestartet. Die nennt sich Next in Fashion. Also es ist so ein bisschen so wie Heidi Klum Laufstegmodel, nur irgendwie für Designer. Und es ist echt Entertaining. Und ich habe den Eindruck, mit relativ viel Aufwand. Also da moderiert dann irgendwie so eine Alexa Chung und hier der Ten Friends aus ihrem Konzert. Queer Eye und Netta Portet war da Partner. So hat gesagt, 250.000 ausgelobt und die Gewinnerin am Ende kriegt eine Kollektion und es hat auch irgendwie geklappt. Ne, ich spoiler mal nicht, wer es war. Und ich habe neulich vom Bekannten gesagt bekommen, dass Amazon auch gerade so eine Serie produziert. Die soll jetzt demnächst irgendwie live gehen und er weiß das, weil eine Bekannte von ihm da irgendwie sehr weit gekommen ist. Bin ja mal neugierig, auf welcher Plattform dann Amazon das vertreibt. Ob man es dann auch bei diesem Versional sieht oder ob sie sich da einen Partner reingeholt haben. Ja. Bei Twitch, ja genau.

Jochen Krisch: Es gibt auch noch Prime Video, also da mal. Ja, aber so läuft es dann letztendlich. Also so versucht man sozusagen in die nächsten Generationen oder in die nächsten Stufen reinzukommen. Das ist halt alles eine sehr diffizile Welt, weil diese Marken natürlich jetzt eher vom Überbau leben, von der Markenstory und allem, was damit zusammenhängt. Aber ja, also die müssen sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen und es ist ein guter Punkt, dass du den noch ansprichst, weil ich glaube, dieser Entertainment- Diese Entertainment-Seite, die jetzt zumindest Amazon hat und Netflix hat jetzt keine Shopping-Seite, aber die können nochmal andere Partnerschaften machen. Ich glaube, das spielt schon eine Rolle. Es ist einfach eine, dir sind die Magazine weggefallen. Du hast, Vogue ist halt, ja, nochmal beschränkt attraktiv im Vergleich. Auch da läuft vieles über Instagram und vielleicht noch nicht so vieles wie bei den mittleren Marken und Themen. Also das ist schon eine große Herausforderung. Herausforderung, vor der diese ganze Welt steht und das ist die Markenseite. Auf Händlerseite ist es immer die Herausforderung, werde ich austauschbar? Bin ich nur der Erfüllungsgehilfe für das, was dann quasi vorne passiert über Shows oder über andere Aktivitäten? Das ist halt die Herausforderung eines Händlers. Also deswegen, ja, bin da sehr gespannt.

Joel Kaczmarek: Man merkt ja auf der Vermarktungsseite manchmal, dass man vielleicht auch einfach schon ein bisschen zu alt im Kopf ist. Ich habe die Tage mit einem Bekannten telefoniert, der macht so Celebrity-Vermarktung und habe gesagt, wir möchten uns auch gerne ein Podcast-Format mit Prominenten besetzen und habe ihm so meine drei Kategorien oder drei Favoriten gesagt. und beim dritten meinte er dann so, ja, das war eine Frau, ich sage jetzt mal nicht den Namen, die macht doch gar nichts mehr, was hatten die zuletzt gemacht? Und ich so, das wäre ein Buch geschrieben. Ja, ein Buch. Und welcher Jugendliche liest noch Bücher? Und ich so, hm. Ja, okay, fair point. Also man merkt wirklich, da verschieben sich einfach die Kanäle. Von daher ist das wirklich spannend zu beobachten, was sich da so tut. Gut, wir haben ja irgendwie in meinem Eingangsthemen, habe ich ja gesagt, einen kleinen Blick wollen wir auch nochmal wagen. Vielleicht halten wir es aber kurz in Richtung Second Hand. Also könnte das auch noch eine Option sein, wenn ich über Luxury Fashion nachdenke, das Second Hand Segment etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Jochen Krisch: Das ist ja das Second-Hand-Segment, was noch am besten funktioniert, weil man da einfach wertige Ware hat, die einfach weiterhin ihren Wert behalten. Und deswegen, The Real Rail ist ja auch an der Börse, letztes Jahr an die Börse gegangen oder vorletzt, das bin ich mir genau sicher. Und das ist schon, das funktioniert in dem Markt erstaunlich gut. Und Ich weiß nicht, ob die Marken das so gerne sehen, dass das Segment so gut funktioniert. Aber natürlich diese Anbieter, da gibt es eine Fülle davon, also ein paar haben sich jetzt durchgesetzt und RealReal ist halt das, über das man sprechen kann, weil sie an der Börse sind. Die kommen auf Gute Umsätze und das Interessante ist ja da, sie erschließen sich ja auch im neuen Kundensegment dadurch. Einfach die Marken sind attraktiv, viele können sie sich aber neu nicht leisten. Deswegen sowohl das Secondhand als auch diese ganze Miet-Rental-Runway und solche Sachen, Miet-Abo-Modelle sind in dem Segment natürlich super spannend. Wie gesagt, ich bin auch immer skeptisch, ob das von den Marken umgeht. ob das da auf Wohlvollen stößt. Im Grunde müsste es das, weil es im Grunde schon, die machen ja die ganze Marktentwicklung und Erschließung neuer Kundensegmente in dem Bereich. Also das ist halt online jetzt leichter abbildbar, als man das vorher hatte. Deswegen funktionieren die und zum Beispiel jetzt auch Farfetch hat ja auch eine Secondhand-Richtung gestartet in dem Bereich. Und interessanterweise viele, von denen man es nicht gedacht hätte, gehen jetzt in die Richtung. Also ich glaube, wenn man das hochwertig umsetzt und es eben nicht als Verramschung nimmt und auch sehr klar die Grenze setzt, bis wann ist noch Luxus und ab wann ist schon aller Welts Produkte, hat man da sehr gute Karten. Also deswegen folge das faszinierend. Ich glaube, das wird nicht nur im Luxusbereich, sondern im ganzen Modebereich ein zunehmend wichtiges Segment. Aber im Luxus ist es eigentlich schon mit am weitesten gedient.

Alexander Graf: Es gibt ja bei diesen Second-Hand-Apps immer ein bisschen die Diskussion, müsste das nicht etwas sein, was von den großen Marktplätzen wie den Otto oder Salando oder von About You kommt? Müssten die das nicht dominieren? Weil die haben ja schon die Informationen, welcher Kunde hat was gekauft, haben also es deutlich einfacher, dort auch eine Verifikation bereitzustellen. Und vor ein paar Wochen war ich in Amsterdam, habe da den Gründer von United Wardrobe interviewt. Das ist so ein Wind-Konkurrent, das sind die Marktführer in Holland. Und der hat mir so ein bisschen erzählt, was eigentlich dahinter steckt. Hinter so einer Transaktion, also wie die genau rausfinden, ob da irgendwie Fake-Produkte eingestellt werden, ist natürlich auch extrem verfänglich für Fraud. Wie man das verhindert, wie man dann die Kundenzufriedenheit herstellt. Und da sieht man halt auch dort, das ist halt im Wesentlichen technische Dinge, wie man dieses Service-Center zunehmend automatisiert. Und die haben halt auch nicht die Legacy, die vielleicht ein Zalando oder eine MyTeresa hätte, wenn sie anfangen, heute Second-Hand-Mode zu verkaufen, ist das Vertriebsgespräch mit Prada auf einmal ein ganz anderes, obwohl es dort eigentlich hinpasst, obwohl die Kompetenz da ist. Ich sehe da auch einen Riesenmarkt. Ich frage mich halt immer so ein bisschen bei, also RealReal, die gibt es ja auch schon ein bisschen länger, diese Mobile-First-Player, also diese Apps, die in diesem Second-Hand-Ökosystem entstanden sind, wie schaffen die es wirklich, in dieses Luxussegment vorzudringen, weil die heute natürlich an Preispunkten unterwegs sind, wo man dann doch jetzt eher nicht die gebrauchte MS-Handtasche für 1.000 statt 12.000 Dollar bekommt. Aber ich bin da auch ein riesiger Fan von, weil das nicht das ganze ungenutzte Potenzial, was in den Kleiderschranken liegt, verfügbar macht. Und das ist ja noch viel, viel, viel größer, wahrscheinlich hundertfach größer als das verfügbare Potenzial in den Boutiquen, auf denen Farfetch jetzt abstellt und sein System basiert hat.

Jochen Krisch: Marken müssen halt aufpassen, dass der Umsatz da nicht an ihnen vorbeigeht. Davon profitieren sie natürlich überhaupt nicht. Also deswegen ist es auch sehr attraktiv. Ich meine, die Plattformen profitieren von Margen. Manchmal haben sie einen Konzertservice, dass sie das auch wirklich einlagern und einfach den Kundinnen, die ja im Grunde auch nicht die Zeit und die Lust haben, das zu machen, da sehr viel abnehmen. Das ist ja so ein Managed-Marktplatz-Service-Konzept. Also deswegen, da gibt es schon riesige Potenziale. Aber auch das würde ich mir eben als Marke sehr genau angucken, ob und wie ich da mitspielen kann und Das wäre ja zum Beispiel auch was, was man auf der eigenen Seite oder Unterseite in irgendeiner Form anbieten könnte, wo man dann einfach als Kunde sehr viel sicherer sein kann, dass es auch tatsächlich von der Marke auch stammt. Aber wie man das in eine Markenstory verpackt, habe ich jetzt auch nicht wirklich präsent. Das ist schon eine Herausforderung, das hinzubekommen. Aber man sieht es, dass es die Leute…. Es gab jetzt gerade so die Diskussion, fällt mir gerade ein, auch die, der Name fällt mir jetzt nicht ein, von der sehr jungen, neuen Politikerin in den USA, der demokratischen Partei, die in einer TV-Show plötzlich mit, die für die Demokraten eben unterwegs ist und eigentlich sehr sozialistisch geprägt unterwegs ist, in einer TV-Show dann eben so einen Luxusteil anhatte, die dann genau in den Rechtfertigungsdruck kommen musste und die dann gesagt hat, es ist ja nichts dabei, gut gekleidet für die, in Mieten ist es, Secondhand ist es. Es gibt Möglichkeiten, um das entsprechend zu nutzen und zu machen. Und das sind alles so Segmente und Themen, die man angehen kann und in die man da reingehen kann. Also deswegen im Grunde ein Riesenpotenzial. Das Image der Ecke ist nicht so gut, sage ich mal so. Aber je besser es denen gelingt, dann auch mit den, wie sagt man im Unterschied zu Secondhand, also mit den Erstanbietern, die die Ware direkt anbieten, mitzuhalten. Und eine Anmutung von einem Three-Reel zum Beispiel, das ist ja, also die geben sich unheimlich Mühe, wenn man auch bedenkt, auch die müssen alles als Einzelstücke entsprechend auf die Seite bringen und dann darstellen. Also das ist schon, können da schon mitspielen. Und mein Argument ist ja immer, eine Second-Hand-Plattform kann eher in die Neuware reingehen als umgekehrt. Deswegen finde ich die im Grunde sehr gefährlich für die ganzen Marktplätze, die nur auf Neuware setzen.

Joel Kaczmarek: Ja, also ich habe mit Heiner Kroke von Momox mich auch darüber unterhalten, dass ich mal gelernt habe, dass man jetzt Pre-Love-Fashion auch sagt und nicht mehr Second-Hand. Also man versucht dem ja auch so ein gewisses neues Label zu geben. Ich sage mal so, also ich habe das auch schon ausprobiert auf diesem U-Bub, was die da machen oder U-Bub oder wie man es ausspricht. Also ich weiß nicht, wenn man dann immer seine Marken da eingibt. Also es ist jetzt bei mir vielleicht nicht Balenciaga oder Prada, sondern meinetwegen mal ein Lacoste oder ein Hilfiger. Also die erste interessante Beobachtung war, es funktioniert nur ab einem bestimmten Preislevel. Also du merkst, mit Uni-Klo-Klamotten brauchst du da nicht kommen und das ist auch, glaube ich, nicht völlig überraschend. Und das andere ist halt, du hast aber so diesen Faktor, ich habe einmal irgendwie hilfiger Denim hingeschickt und eingetragen, es war Tommy Hilfiger und dann kriege ich eine E-Mail mit, sie haben die Wahl, sollen wir es für 3 Euro zurückschicken oder vernichten, ja, so und das ist so, da merkst du, da kann man auch noch prozessseitig wahrscheinlich das eine oder andere tun, aber das funktioniert eigentlich sonst überraschend gut und es ist natürlich bequem, ja, von daher, was mich so beschäftigt, vielleicht können wir das als abschließendes Beispiel noch ein bisschen behandeln, Unterm Strich, ich glaube, Jochen hat ganz recht. Das eine ist, bei den Marken muss man gucken, dass es nicht an einem vorbeigeführt wird, dieser Umsatz, weil die partizipieren quasi nicht am zweiten Leben. Das ist ja auch ganz viel so im Videospielebereich. Also ein Videospielehersteller, der irgendwie so einen Triple-A-Titel verkauft, die bauen ja teilweise Codes ein, dass man die Spiele nur spielen kann, wenn man sie wirklich gekauft hat beim Hersteller, weil genau das Problem eintritt, dass jemand das dann für 10 Euro sich gebraucht kauft. Also das ist mal so als den einen Faktor. Und das Zweite, was ich so ein Stück weit die ganze Zeit gedacht habe, ist, Luxury lebt ja wirklich von Markenwahrnehmung und von Level. Das heißt, ich darf eigentlich nicht das Gefühl haben, dass es günstig wird. Und ich habe mich mit einem großen Elektro-Audio-Hersteller dieser Tage mal unterhalten. Also die machen wirklich so Audio-Produkte im High-End-Bereich sehr teuer und überlegen jetzt oder sind, glaube ich, in weit fortgeschrittenen Gesprächen, teilweise mit ihren Produkten auch so zum Mediamarkt der Tonzug. Ich habe die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und meinte, wie bitte, ihr passt doch nicht zum Mediamarkt da, wo die Verkäufer irgendwie A, eine Viertelstunde gesucht werden müssen und B, mir nicht irgendwie den Unterschied zwischen einem USB-Port und einem keine Ahnung was erklären können. Da war aber so ein bisschen so das Beispiel, naja, man muss halt gucken, wie man auf Frequenz kommt. Das heißt zum Beispiel für so einen Audiohersteller könnte es interessant sein, Kopfhörer immer noch hochpreisig in einem Mediamarkt zu verkaufen. Also damit macht man Masse und hat trotzdem Klientel, die vielleicht für Upsells in Richtung Stereoanlage zu Hause interessant ist. Und dann ist man natürlich ganz schnell bei so Shop-in-Shop-Geschichten, weil ich dann meinte, naja gut, aber du kannst ja nicht zwischen irgendwie Sony-Kopfhörern, JBL und keine Ahnung was hängen, die das, was du machst, für ein Drittel anbieten. Also die Debatten sind dann interessant, die auf einmal kommen. Können sich solche Luxury-Fashion-Brands erlauben, dieses Marken-Image zu verwässern? Sollte man vielleicht sogar darüber nachdenken, dass man zum Beispiel mit Amazon oder Zalando auch Partner hat? Oder müssen die eigentlich sogar so bullisch bleiben und sagen, nein, Premium, Premium, Premium, teuer, teuer, teuer und auch gegen alles, was da drunter ist, irgendwie einen Riegel vorschieben?

Alexander Graf: Ich würde immer fragen, naja, wenn er ein Problem mit der Frequenz hat, hat er wahrscheinlich im Ursprung ein Problem mit dem direkten Kundenzugang. Und wenn ich mir Frequenz auch in Zukunft über Plattformen kaufen muss, sei es auch die Plattform Mediamarkt, die natürlich auch zunehmend in ein Auktionsprinzip gehen müssen, weil man nicht mehr über die Handelsmarge Geld verdient, dann habe ich, glaube ich, ein strategisches Problem. Für den Luxus-Audioersteller, wer immer das ist, würde ich mir überlegen, okay Das müssen ja richtig coole Kunden sein, die ich da habe. Wie kann ich, wie komme ich dort in ein Recurrent Revenue Geschäft? Also wie kann ich dort irgendwie Service verkaufen und verkaufe vielleicht Geräte nur über zehn Jahre, nehmen sie dann zurück, geben sie Tauschgeräte. Also an die muss ich eigentlich immer wieder ran, sich dann abhängig zu machen von dem Mediamarkt, auch wenn ich Mediamarkt total gerne mag. Das ist ja unser Büronachbar in Hamburg, wie Jochen gerade kennengelernt hat. Das ist, glaube ich, eher ein Zeichen dafür, dass man in den letzten zehn Jahren gepennt hat, was den direkten Kundenzugang angeht.

Jochen Krisch: Ich glaube, für B- und C-Marken jetzt im Luxusbereich, ja, die können das machen und die müssen sich sowas überlegen, wie sie die Sortimente da entsprechend anbieten. Andere haben eigentlich bessere Möglichkeiten. Ich glaube auch, also was mich so verwundert, dass zu wenig passiert. Im Grunde musst du ja, wenn du ein Luxusanbieter bist, dahin gehen, wo das Geld ist. Also dann würde ich mich ja eher mit einem zum Beispiel Modeanbieter verbünden oder mit jemandem, der, oder Home-and-Living-Anbieter, der in diesem Segment arbeitet. unterwegs ist, als jetzt zu den niederpreisigeren Anbietern im selben Segment zu gehen. Und online ist ja nichts leichter als das. Also im Laden wird es vielleicht irritieren, wenn du dich dann wirklich posizieren möchtest. Aber da erwarte ich eigentlich noch einiges, dass da wirklich unterschiedliche Welten entstehen, je nachdem, eben die Ehrvermögenden oder die, sagen wir mal, sich das leisten wollen, sind ja nicht immer nur die Vermögenden und ebenso dem Durchschnittskunden. Und da muss ich das alles Ich nenne es ja immer lieber rekonfigurieren als die anderen Worte. Das muss erst noch entstehen und da muss so mancher auch so ein bisschen über seinen Schatten springen, habe ich mir auch das Gefühl, dass er über die Kategorie rausdenkt und eigentlich eher vom Kunden her oder von der Kundin her denkt und deren Bedürfnisse in den Vordergrund stellt. Das ist ja in der Form so noch gar nicht passiert. Also deswegen… Mir wäre jetzt nicht bange. Also es gibt schon Möglichkeiten. Das Problem ist ja nur immer, mit wie viel Scheuklappen geht man durch die Welt und was schließt man von vornherein schon aus? Dann tut man sich natürlich schwer, wenn das Bestehende wegbricht und man nur unattraktive neue Kanäle hat.

Joel Kaczmarek: Gut, hervorragend. Ich danke euch für diesen spaßigen, wilden Ritt. Also ich glaube, wenn man zugehört hat, hat man einiges über Farfetch gelernt, über MyTheresa, über Bräuninger, über Netta Porté, deren einzelne Strategien und natürlich auch über Amazon. Und spaßig, dass wir auch am Ende nochmal den Second-Hand-Dreh hatten. Beim nächsten Mal, soviel können wir gleich schon mal als Sneak Preview vorwegnehmen, geht es um Tierfutternahrung. Also wir nähern uns ja ein Stück weit mal ein paar spannende Börsengeschichten an. Wir haben uns überlegt, immer mal spannende Geschehnisse von der Börse zu nehmen und zu versuchen, A zu analysieren, aber B auch in, sagen wir mal, Ableitungen zu bringen, die zeitlos sind, dass hier viele der Hörer was von lernen. Da freue ich mich schon drauf, da kriegen wir bestimmt von Kollegen Graf hier spannende Geschichten auch aus seinen Stellen, oder? Er nickt.

Alexander Graf: Absolut, absolut, ja.

Joel Kaczmarek: Habt ihr auch Hunde bei euch eigentlich?

Alexander Graf: Nee, leider nicht. Meine Tochter hat Tierallergie. Ist nicht so cool auf dem Bauernhof, aber kein Hund.

Joel Kaczmarek: Und dann sagt man immer, wir Stadtkinder sind die Allergiker, wa? Anyway, da freue ich mich schon sehr drauf. Danke euch beiden herzlich und bis zum nächsten Mal. Dankeschön.

Jochen Krisch: Tschüss.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.